Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihr Lieben,mit einem frohen Glückauf begrüße ich Sie heute zum dritten Tag der Plenarsitzungsrunde. Ich freue mich, dass Sie gekommen sind, und stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.
Ich habe Ihnen folgende amtliche Mitteilungen zu sagen: Wir haben, wie immer, noch einiges offen. Dies sind die Punkte 11, 13 bis 15, 18 bis 20, 23 und 24, 27 bis 34, 36 bis 42 sowie 45 und 46. Da war auch schon mehr offen. Ich hoffe, dass wir hier wieder vieles abarbeiten können.
Eingegangen und auf Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Erweiterung zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, Drucks. 18/ 1833. Das geschieht nach Art. 92 Hessische Verfassung, § 54 GOHLT. Nach § 59 Nr. 2 der Geschäftsordnung des Hessischen Landtags sind Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen dringlich und somit auf eine bereits festgelegte oder genehmigte Tagesordnung zu setzen. Somit wird der Dringliche Antrag ohne Bejahung der Dringlichkeit durch das Plenum auf die Tagesordnung als Tagesordnungspunkt 47 gesetzt und mit Tagesordnungspunkt 20 aufgerufen. – Das findet allgemeine Freude.
Wie immer beginnen wir mit den Aktuellen Stunden. Zwei werden zusammengefasst. Da beträgt die Redezeit siebeneinhalb Minuten. Das betrifft die Anträge auf eine Aktuelle Stunde, die zuerst behandelt werden, nämlich die unter Tagesordnungspunkt 27 und Tagesordnungspunkt 30.
Wir haben uns interfraktionell auf folgende Reihenfolge geeinigt. Zuerst werden die Tagesordnungspunkte 27 und 30 aufgerufen. Danach wird, wie üblich, der Dringliche Entschließungsantrag zu diesem Thema unter Tagesordnungspunkt 45 ohne Aussprache aufgerufen und sofort abgestimmt.
Es folgen die Tagesordnungspunkte 29 und 31 und zum Schluss Tagesordnungspunkt 28. Nach Tagesordnungspunkt 28 werden die Tagesordnungspunkte 14 und 40 behandelt. Dabei handelt es sich um einen Entschließungsantrag und einen Dringlichen Entschließungsantrag zum Thema. Die werden ebenfalls ohne Aussprache aufgerufen und sofort abgestimmt.
Es fehlt heute entschuldigt Herr Abg. Reinhard Kahl. Herr Ministerpräsident Roland Koch wird ab 14 Uhr nicht mehr bei uns sein. Er ist entschuldigt. Herr Staatsminister Dieter Posch wird ab ca. 11 Uhr nicht mehr bei uns sein.
Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (Unverantwortlicher Atomkurs der Landesregie- rung – Biblis planmäßig abschalten, Energiewende gestal- ten) – Drucks. 18/1811 –
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Totalausfall Lautenschlä- ger: Lobbyistin der Atomwirtschaft statt zukunftsweisen- der Energiekonzepte) – Drucks. 18/1814 –
Danach wird der Dringliche Entschließungsantrag, Drucks. 18/1830, abgestimmt. Das wird alles behandelt.
Die Redezeit beträgt siebeneinhalb Minuten. Es beginnt Herr Kollege Norbert Schmitt von der SPD. Bitte sehr.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wünsche Ihnen allen erst einmal einen schönen guten Morgen. Ich werde vom Präsidenten sicherlich nicht gerügt werden, weil ich einen Dank an die Autobahn- und Straßenmeistereien aussprechen will, die heute Morgen hervorragende Arbeit geleistet haben.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LINKEN sowie des Abg. Stefan Müller (Heiden- rod) (FDP))
Meine Damen und Herren, wir haben eine Aktuelle Stunde beantragt, weil wir den vorgesehenen Kniefall der Frau Lautenschläger vor der Atomlobby und die verantwortungslose Verlängerung des Risikos der Nutzung der Atomkraft nicht mitmachen und das hier auch thematisieren wollen.
Die hessische Umweltministerin verkündet per Interview, dass das Kraftwerk Biblis, Block A, mindestens – ich unterstreiche: mindestens – zehn Jahre länger laufen könnte. Sie macht klar, dass vom Grundsatz her die Mövenpick-Koalitionen in Bund und Land längst schon die schmutzigen Deals hinsichtlich der Atomenergie gemacht haben. Dafür sorgt auch der neue Abteilungsleiter im Bundesumweltministerium, Gerald Hennenhöfer. Herr Hennenhöfer war von 1998 bis zum Jahre 2003 immerhin Generalbevollmächtigter für die Energiepolitik bei der VIAG AG und bei E.ON. Er war also der Cheflobbyist der Atomindustrie. Er wurde jetzt auf Bundesebene zum Abteilungsleiter gemacht.
Jetzt wird es hochinteressant.Vor drei Jahren verfasste er ein Gutachten, in dem er festgestellt hat, dass für die Frage der Laufzeitverlängerung nicht die Sicherheitsfragen entscheidend sind, sondern allein die betriebswirtschaftlichen Überlegungen der Betreiber, die das beantragen. Damit wird deutlich, in welche Richtung diese ganze Veranstaltung gehen soll. Es geht um die Lobbyinteressen der Atomindustrie und nicht um die Sicherheit.
Woher sollen die Laufzeiten bis zur offiziellen Verkündung der Entscheidung – die steht wohl im Oktober 2010 an – genommen werden? Außerdem bleibt zu fragen, wie viele Brosamen von den zusätzlichen Gewinnen in Milliarden-Euro-Höhe – hier geht es wirklich um Milliarden Euro –, die von der Atomindustrie gemacht werden, an die Allgemeinheit verteilt werden.
Ist das nicht ein Irrwitz? In der gleichen Woche,in der verkündet wurde, dass die Wespen-Koalition der Solarenergie die Luft wegdrücken will, soll das Auslaufmodell Atomkraft wiederbelebt werden. Ich zitiere:
Politisch ist der Kurs klar: Weg von einem nachhaltigen, sinnvollen Energiemix, hin zur kurzfristigen Befriedigung der Interessen einer ganz speziellen Klientel. Die großen Kraftwerksbetreiber dürfen sich freuen. Verantwortungsvolle Politik aber sieht anders aus.
Das schreibt Christian Matz in einem Kommentar der „Rhein-Main-Presse“ vom 25. Januar 2010. Recht hat er. Matz hat recht, wenn er zur Verkündung der Verlängerung der Laufzeiten von Frau Ministerin Lautenschläger schreibt:
Dass Ministerin Lautenschläger Sicherheit einfordert, ist einerseits das Mindeste, andererseits ein schlechter Witz. Am sichersten wäre, Biblis A endlich ganz abzuschalten.
Hochinteressant ist ein Kommentar, der in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ erschienen ist. Ich habe ihn online gelesen und halte ihn deswegen nicht in den Händen. Manfred Köhler schreibt am 23. Januar 2010 – ich zitiere –:
Von der hessischen Umweltministerin Lautenschläger würde man gern mehr erfahren als nur, dass sie weiterhin und sogar noch ein Jahrzehnt auf Biblis A setzt. Seit fast einem Jahr im Amt, ist die Unionspolitikerin die Antwort schuldig geblieben,
welchen Anteil Hessen zur allgemein befürworteten Energiewende leisten will; der wesentlichste Beitrag der hessischen CDU in Sachen erneuerbare Energien ist der hartnäckige Widerstand gegen das Aufstellen von Windrädern,die angeblich die Landschaft verschandeln (als ob Atom- und Kohlekraft- werke Sehenswürdigkeiten wären).
Welcher Irrsinn sich da anbahnt, zeigt doch die Erklärung des hessischen Landesverbandes der kommunalen Ener
gieunternehmen. Sie befürchten, dass bei einer Verlängerung der Laufzeit vorgesehene Investitionen in die Nutzung erneuerbarer Energien und in die Nutzung der Kraft-Wärme-Koppelung nicht mehr vorgenommen werden, weil sie sich dann nicht mehr rentieren.
Welcher Irrsinn – mit Ihrem Atomkurs werden Sie es am Ende zu verantworten haben, dass erneuerbare Energien in Hessen gestoppt werden. So weit zur angeblichen Vorreiterrolle.
Das können Sie übrigens in der „FAZ“ vom 23.01. nachlesen. Ja, bei der „FAZ“ ist man weiter als bei der HessenCDU. Das ist allerdings nicht ganz so schwer, denn die Atomgläubigkeit der CDU in Hessen ist aus den Sechzigern.