Jürgen Walter
Appearances
13/6
13/8
13/11
13/12
13/14
13/19
13/22
13/24
13/25
13/28
13/30
13/32
13/33
13/36
13/38
13/40
13/42
13/43
13/44
13/45
13/46
13/47
13/49
13/53
13/54
13/58
13/61
13/62
13/64
13/65
13/69
13/72
13/74
13/75
13/76
13/81
13/82
13/85
13/87
13/93
13/94
13/95
13/96
13/98
13/99
13/100
13/101
13/103
13/104
13/105
Last Statements
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Aus den Worten des Kollegen Drautz geht eindeutig hervor, dass er sehr glücklich darüber ist, dass die FDP in Berlin nicht regieren muss, denn auch sie hätte natürlich dieselben Gesetze vorgelegt wie alle anderen auch. Ich denke, man sollte keine falschen Hoffnungen wecken, Kollege Drautz.
Nein, wir sind vor allem froh, dass Sie nicht regieren; denn das ist immer das Schlimmste für unser Land.
Sie haben 27 Jahre lang regiert und tun hinterher so, als wären Sie nicht dabei gewesen. Aber was daraus wurde, wissen wir ja. Aber das ist ein ganz anderes Thema. Auch wenn ich derzeit irgendwo hinkomme, habe ich den Eindruck, als sei die FDP/DVP gar nicht in der Landesregierung. Deren Abgeordnete reden immer wie die größten Oppositionspolitiker. Es geschehen schon seltsame Dinge.
Aber, Kollege Drautz, es ist schwierig gewesen, einen Weg zu finden. Der von Ihnen bis jetzt so hoch gelobte Weg, den die Landesregierung zunächst gegangen ist, konnte nicht bis zum Ende beschritten werden, weil dagegen verfassungsrechtliche Bedenken erhoben wurden – wie ich meine, zu Recht.
Jetzt hat man einen anderen Weg gefunden, der natürlich etwas abgeschwächt ist. Das muss man hier deutlich sagen. Es ist gar nicht gesichert, ob der Weg, den wir jetzt gehen, tatsächlich eine Verbesserung bringt oder ob die Landwirte aus der Schweiz nicht weiterhin trotzdem Land kaufen, wenn auch vielleicht zu etwas ungünstigeren Bedingungen. Ob es zwischen der Bundesrepublik und der Schweiz zu einer Absprache über einen Zoll für landwirtschaftliche Produkte kommt, ist noch gar nicht abzusehen. Bei allem Respekt vor diesem Problem, Kollege Drautz: Ich glaube, wir haben in Deutschland noch ein paar andere Probleme, die vorher gelöst werden müssen.
Ja, klar. Aber es gibt eben noch andere Probleme, die zunächst gelöst werden müssen.
Wir haben jetzt einen Weg beschritten, der von Rot-Grün initiiert wurde. Wir müssen dafür sorgen, dass in dieser Region in Zukunft wieder in stärkerem Maße gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen. Das ist nicht einfach. Hier sind viele Leute aufgetreten, die große Sprüche geklopft haben, insbesondere vor der Wahl.
Ich glaube, auch Ihre Partei, Kollege Drautz, könnte jetzt nichts ändern, würde sie an der Bundesregierung beteiligt
sein. Es gibt derzeit wohl keine andere Möglichkeit als das, was wir hier heute beschließen.
Kollege Kiefl, Sie sehen es genauso. Ich glaube, wir sind uns auch beide einig: Wir wissen trotzdem nicht, ob es wirklich hilft, ob das das Patentrezept ist.
Es kann sogar nachteilig werden. Aber seien wir doch jetzt einmal froh, dass wir so weit gekommen sind. Vergessen wir den Parteienstreit in dieser Frage, weil wir uns ja auch einig sind. Auch wir von den Grünen stimmen zu und hoffen auf eine Besserung,
aber ich sage gleich nochmals: Allzu viele Hoffnungen sollten wir den Landwirten, Kollege Drautz, obwohl auch uns deren Probleme letztendlich wichtig sind, nicht machen.
Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst meinen Dank an die Schweizer Bevölkerung aussprechen, die eine sehr weitsichtige Entscheidung getroffen hat. Sie hat damit gezeigt, dass sie in vielen Fragen weitsichtiger ist als die baden-württembergische Landesregierung. Sie ist in ihrem Denken in der Frage der Gentechnik auch moderner als der Ministerpräsident dieses Landes. Besonders interessant ist, dass sich die Menschen gerade in den Gegenden, in denen die Weltoffenen, die Europabefürworter sitzen, nämlich in der Westschweiz, mit den größten Mehrheiten gegen die Gentechnik ausgesprochen haben – nur eben in dem Zusammenhang, dass das eine moderne Richtungsweisung war.
Herr Hauk hat gestern gesagt, wir sollten in andere Länder schauen. Ich empfehle dieser Landesregierung den Blick in die Schweiz. Sie liegt ja nicht weit weg von hier; das werden Sie schon schaffen.
Meine Damen und Herren, leider gehen die Großkoalitionäre in Berlin, CDU/CSU und SPD, einen ganz anderen Weg, wohl auch mit Unterstützung der FDP. Geht es nach den Großkoalitionären in Berlin, werden die bisherigen Re
gelungen, die zum Umwelt- und zum Verbraucherschutz getroffen wurden, glatt auf den Kopf gestellt. Zwar ist im Koalitionsvertrag die Rede davon, dass der Schutz der Umwelt und der Gesundheit oberstes Prinzip bleiben solle, aber die Frage ist doch, wie das geschehen soll, wenn man so wachsweiche Regelungen trifft, wie sie jetzt enthalten sind. Ich glaube – und mit dieser Meinung stehe ich bei weitem nicht allein, sondern darin bin ich einig mit allen, die das, was in Berlin beschlossen wurde, kritisch angeschaut haben –, das Gentechnikgesetz wird entsprechend den Forderungen der Gentechniklobby angepasst. So soll es beispielsweise Veränderungen bei der Haftung geben.
Das war vorbildlich gelöst, meine Damen und Herren. Damit hatten die Landwirte Sicherheit, damit hatten die Verbraucherinnen und Verbraucher Sicherheit, und genau das wird jetzt verloren gehen.
Bisher galt das Verursacherprinzip, Herr Kollege Kiefl. Genau das gilt aber nicht mehr. Wir waren uns doch eigentlich auch in diesem Hause immer einig darüber, dass das Verursacherprinzip bei allen Umweltfragen ganz oben stehen sollte.
Sie wissen doch, meine Damen und Herren, dass es eine Schimäre ist, den Leuten vorzumachen, es gäbe in Deutschland eine Koexistenz von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft auf der einen und Gentechnik auf der anderen Seite. Das geht gar nicht! Das ist Ihnen auch von Bauernverbandsseite schon aufgezeigt worden. Sie wollen es einfach nicht hören.
Die Wahlfreiheit, meine Damen und Herren, zwischen gentechnikfrei und Gentechnik geht verloren, weil es zu Auskreuzungen und zu Verunreinigungen kommen wird. Niemand weiß, wie diese Auskreuzungen aussehen werden.
Ja, das gilt es zu erforschen, aber nicht draußen im Feld, wo man diese Risikotechnologie nicht mehr zurückholen kann, sondern im Reagenzglas. Da können Sie das von mir aus erforschen.
Nein, Feldversuche kann es, solange wir nicht wissen, was passiert, nicht geben. Das ist doch wohl klar.
Meine Damen und Herren, das, was im Koalitionsvertrag steht, wird über die Hintertür diesen Haftungsfonds einführen. Das heißt – und das ist besonders zynisch –, die Bevölkerung lehnt zu 80 % den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft ab, aber letztendlich wird sie dafür blechen müssen.
Die betroffenen Wirtschaftsverbände weigern sich bisher, Haftungsfonds einzurichten. Sie werden sich auch weiterhin weigern. Aus gutem Grund lehnt es auch die Versicherungswirtschaft völlig ab, Schäden, die durch Gentechnik entstehen, zu versichern, weil sie damit wirklich in Teufels Küche kommen kann.
Deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir uns überlegen: Was ist der richtige Weg für Baden-Württemberg? Beispielsweise schreibt in der „Badischen Bauern Zeitung“ Herr Bossert, gentechnikfrei wäre etwas fürs Image. Die Landwirte in der Reutlinger Umgebung erhoffen sich Marketingvorteile durch „gentechnikfrei“.
Ihnen, Herr Minister Hauk, wurden erst vor wenigen Wochen von einem breiten Bündnis – von den Landfrauen bis hin zur Verbraucherzentrale – 38 000 Unterschriften überreicht.
Das heißt, in diesem Land wollen die Leute einen ganz anderen Weg als Sie gehen.
Sehen Sie doch endlich ein: Die Menschen in Baden-Württemberg wollen kein Genfood. Selbst Leute wie der italienische Landwirtschaftsminister, die Ihnen politisch nahe stehen, haben dem Schweizer Volk gratuliert.
In der Schweiz, Herr Kollege Scheuermann, kommt noch hinzu, dass auch Teile – –
Ich habe einmal bei Sabine Christiansen Frau Merkel gesehen, wie sie verkündet hat: „Wir machen alles so wie Berlusconi.“
Kommt das vielleicht daher, weil sie in der DDR nicht erfahren hat, was Herr Berlusconi macht? Gesagt hat sie es. Aber sei’s drum!
Meine Damen und Herren, in der Schweiz hat die Industrie, beispielsweise der größte Käsehersteller, das Referendum „Nein zur Gentechnik“ unterstützt, weil die Wirtschaft begriffen hat, dass mit Gentechnik kein Geld zu verdienen sein wird.
Meine Damen und Herren, die hohen Zuwächse bei ökologischen Lebensmitteln – das hat eine Umfrage anlässlich der Messe Biofach Anfang dieses Jahres ergeben – sind folgendermaßen zu erklären: Die Verbraucherinnen und Verbraucher sagen, sie gingen hauptsächlich deswegen in Bioläden, weil sie keine gentechnisch manipulierten Lebensmittel haben wollten, sondern Sicherheit. Das ist eines der Erfolgsrezepte von Bioprodukten, und dies sollten Sie auf die konventionellen Produkte ausweiten.
Herr Minister, Sie reisen jetzt immer durchs Land und fordern: „Wir müssen Premiumprodukte erzeugen.“
Da haben Sie uns auf Ihrer Seite. Das ist genau das, was Frau Künast immer mit „Klasse statt Masse“ gefordert hat. Ich bin froh, dass ihr jetzt auch dazu steht.
Auch wir sind der Meinung, meine Damen und Herren, Baden-Württemberg muss zum Feinkostladen Deutschlands oder gar Europas werden.
Das ist es schon, aber wir können noch besser werden, Herr Zimmermann. Wie Sie wissen, ist das ja immer möglich.
Das geht aber nur, meine Damen und Herren, wenn Sie sich mit dem Landesbauernverband zusammensetzen und die Vereinbarung treffen: „Aus ökologischen und aus ökonomischen Gründen verzichten wir zukünftig freiwillig auf die Gentechnik.“ Das wäre ein Abkommen mit dem Bauernverband, mit dem Sie etwas für das Image und für das Marketing unserer landwirtschaftlichen Produkte tun würden.
Das würde unser Profil schärfen, Kollege Kiefl.
So steht es auch in der „Badischen Bauern Zeitung“.
In der Schweiz, meine Damen und Herren, war überall die Rede davon: „Das ist eine Marketingchance für die Schweiz.“ Warum ergreifen wir diese Chance nicht? Sie haben beim HQZ – beim Fleisch etwas halbherzig, aber immerhin – auf unseren Antrag Mitte der Neunzigerjahre hin beschlossen, dass sich HQZ und Gentechnik gegenseitig ausschließen. Das war der erste kleine Schritt. Jetzt gehen Sie doch weiter
und sagen Sie: Schon allein aufgrund der Strukturen, die wir haben, müssen wir auf Gentechnik weiterhin verzichten.
Alles Weitere dann in der zweiten Runde.
Frau Kollegin Kipfer, sind Ihnen die Fristen bekannt, innerhalb derer Aktuelle Debatten normalerweise beantragt werden müssen?
Zweitens: Sind Sie bereit, zusammen mit dem Präsidium und meinem Fraktionsvorsitzenden Winfried Kretschmann dafür zu sorgen, dass zukünftig auch zwei Tage vor einer Plenarsitzung die dafür vorgesehenen Themen Aktueller Debatten noch geändert werden können?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu Frau Kollegin Kipfer möchte ich nur so viel sagen: Nicht unsere Debatte ist veraltet, sondern die Position, die Frau Vogt und die SPD in Berlin zu dieser Frage eingenommen haben.
Du hättest ja klatschen können.
Jetzt sind wieder die 68er schuld, hören wir von der Kollegin Brunnemer. Dafür bin ich jetzt, ehrlich gesagt, ein bisschen zu jung. Dazu gehöre ich nicht.
Das Zweite, was ich dazu sagen möchte, Frau Kollegin: Wir sind doch mittlerweile von Ländern umzingelt, die mit Gentechnik nichts zu tun haben wollen: Elsass, weite Teile Frankreichs, Österreich, Schweiz. In Kroatien ist die Gentechnik verboten.
In Italien ist sie nicht erlaubt; Italien gehört auch zur EU, wie Sie wissen sollten.
Viele Länder haben sich längst gegen die Gentechnik ausgesprochen.
Jetzt sagt der Minister wider besseres Wissen, man könne in Baden-Württemberg Koexistenz ermöglichen.
Wie soll das bei den Parzellen, die wir haben, denn geschehen? Schauen Sie doch nach Kanada! In Kanada mit wesentlich größeren Flächen gibt es praktisch keinen biologischen Anbau mehr.
Jeder, der in Baden-Württemberg dafür plädiert, dass es Gentechnik gibt, sagt, dass es auch zukünftig keinen reinen ökologischen Landbau mehr geben wird. Alles andere ist verlogen und geheuchelt.
Dasselbe trifft letztlich all diejenigen konventionellen Bauern, die umweltfreundlich produzieren wollen.
Sie reden von Premiumprodukten. Glauben Sie denn, dass gentechnisch manipulierte Ware ein Premiumimage hat? Es ist doch hirnrissig, so etwas zu behaupten! Man kann sich doch nicht ernsthaft hier hinstellen und sagen, man sei für Premiumprodukte. Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt: Seit Gerhard Weiser gibt es bei der CDU kein Leitbild, kei
ne Vision mehr für die Landwirtschaft in Baden-Württemberg. Das ist das Hauptproblem, meine Damen und Herren.
Man kann doch nicht einerseits sagen, man erzeuge Premiumprodukte für den heimischen Markt, und dann andererseits wieder für den Weltmarkt sein. Das passt nicht zusammen.
Ja, das tut weh. Das wollt ihr nicht hören. Das ist klar.
Meine Damen und Herren, jetzt möchte ich noch etwas zu dem Thema sagen, das Frau Kipfer angesprochen hat, weil es natürlich – –
Ich muss ja laut reden, weil viele hier dazwischenquatschen und nicht zuhören.
Ich sage Ihnen: Gentechnik ist immer aktuell, solange wir hier nicht eine klare Entscheidung haben.
Zu dem, was der Kollege Hauk gesagt hat: Glauben Sie denn im Ernst, Herr Minister, dass diese Umetikettierungen und was da noch alles zu diesem Gammelfleisch-Skandal gehört, in den letzten 14 Tagen begonnen haben?
Das ist doch nur die Spitze des Eisbergs.
Letztendlich wurde doch der Skandal nur zufällig durch Zollkontrollen oder sonstige Kontrollen festgestellt. Erst nachdem der Skandal in anderen Ländern bekannt wurde, hat man in Baden-Württemberg plötzlich auch Kühlhallen mit Gammelfleisch gefunden. Glauben Sie wirklich, in Baden-Württemberg wurde mit Umetikettierungen erst angefangen, nachdem man in der Zeitung gelesen hatte, dass das in Gelsenkirchen so gut funktioniert hat? Nein, das ist die Regel. Davon muss man leider ausgehen.
Natürlich, meine Damen und Herren, hat dazu auch die Schnäppchenmentalität beigetragen. Die Leute, die glauben, dass sie zum Preis von Hundefutter hochwertiges Fleisch bekommen, sind auf dem Holzweg. Wer Fleisch zum Preis von Hundefutter kauft, der bekommt halt Hundefutter. So einfach ist das.
Deswegen, meine Damen und Herren, sind alle in dieser Gesellschaft gefordert.
Sie sagen, Herr Minister, die Lebensmittelkontrolle funktioniere noch genauso gut wie vorher. Ich habe mit vielen Betroffenen darüber geredet. Erstens einmal haben sich viele geweigert, vom Polizeidienst zu den Landratsämtern zu wechseln,
und zwar hoch qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Sie sind selbst Beamter, Herr Herrmann.
Aber Sie scheinen den Beamten nicht zuzutrauen, dass sie selber denken können.
Nein, die Leute vom WKD haben das schon selbst gesagt, als wir uns noch gar nicht dazu geäußert hatten.
Von Herrn Kiefl immer.
Herr Kollege, wenn Sie eine Statistik – –
Ich bin natürlich froh, dass Sie mich noch einmal darauf hinweisen, wann die Verwaltungsreform in Kraft getreten ist. Das wäre uns wahrscheinlich sonst entfallen.
Soll ich jetzt dem Kollegen Kiefl eine Antwort geben, oder wollen Sie sie geben, Herr Herrmann?
Wenn Sie die Statistiken aus dem Verbraucherschutzministerium lesen, merken Sie: Das Problem ist, dass wir bereits in den letzten Jahren zu wenig Lebensmittelkontrollen in Baden-Württemberg hatten. Trotzdem haben Sie noch eins draufgesetzt: Der WKD, der in dem ihm von der Landesregierung zur Verfügung gestellten Rahmen sehr gut gearbeitet hat, wurde noch weiter geschwächt, weil Sie Fachwissen einfach ignoriert bzw. abgeschafft haben, indem Sie die Zuständigkeit an die Landratsämter gegeben haben
und viele Bedienstete des WKD nicht bereit waren, zum Landratsamt zu gehen.
Sie sind einer der wenigen, der die Verwaltungsreform gut findet. Aber Ihnen muss ich mich ja nicht anschließen.
Meine Damen und Herren, wenn wir vermeiden wollen, dass es zukünftig weitere Fleischskandale gibt, dann ist es an der Zeit, die Kontrollintensität zu erhöhen. Es ist einfach ein hoch sensibler Bereich.
Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas anderes sagen, Herr Kollege Hauk. Der Ministerpräsident ist jetzt leider hinausgegangen. Es ist in den letzten Tagen, Wochen und Monaten viel davon die Rede: Wir machen jetzt eine neue Verbraucherschutzpolitik, wir machen jetzt eine neue Umweltschutzpolitik, wir machen jetzt eine neue Naturschutzpolitik. Ich sage Ihnen: Immer, wenn es ans Eingemachte geht, zeigt sich, das dies nur Rhetorik ist.
Sie reden von einer neuen Energie- und Umweltschutzpolitik und wollen doch das Alte erhalten. Sie verhindern damit, dass das Neue, das Arbeitsplätze schafft, kommt.
Sie, Kollege Scheuermann, wollen weiterhin auf Gentechnik setzen. Ist das etwas Neues? Selbst der Chef des Forschungslabors des Chemiegiganten Syngenta hat gesagt: Wir haben so viele Enttäuschungen erlebt, wir ziehen uns deshalb wieder mehr auf die konventionelle Forschung zurück.
Noch ein letzter Punkt, meine Damen und Herren, zum Thema Informationen. Sie fordern diese jetzt, Herr Kollege Hauk. Sie, CDU und FDP, haben – deswegen tragen Sie zu einem Teil die politische Mitverantwortung für diese Fleischskandale – verhindert, dass der Bundesrat bereits vor drei Jahren einem von Frau Künast eingebrachten Verbraucherinformationsgesetz, das der Bundestag verabschiedet hatte, zugestimmt hat. Das hätte manchen Gastronomen und manchen Zwischenhändler, der jetzt in diesen Skandal verwickelt ist, davon abgehalten, mitzumachen. Das heißt, hätten
Sie das, was Sie jetzt fordern, schon vor drei Jahren gemacht, müssten wir heute wahrscheinlich nicht über dieses Gammelfleisch streiten.
Ich frage Sie: Wenn Sie schon die Produktion von konventionellen Lebensmitteln nicht in den Griff kriegen, wie soll das erst bei einer Hochrisikotechnologie gehen, wie sie die Gentechnik darstellt?
Herr Kollege, ich anerkenne Ihre bisherige Haltung gegen die Gentechnik. Dass das jetzt
nach dem, was die SPD verhandelt hat, für Sie schwierig ist, verstehe ich; aber Sie sollten schon bei der Wahrheit bleiben.
Die Frage lautet: Ist Ihnen bekannt, dass im Koalitionsvertrag steht: „Die Bundesregierung wird darauf hinwirken, dass sich die beteiligten Wirtschaftszweige für Schäden … auf einen Ausgleichsfonds verständigen“? Ist Ihnen bekannt, dass dies eine völlige Umkehr von dem ist, was unter Frau Künast beschlossen wurde?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich muss dem Kollegen Kiefl Recht geben: Wir haben jetzt endlich ein modernes Naturschutzgesetz auf Bundes- und auf Landesebene vorliegen. Nachdem der frühere Umweltminister Klaus Töpfer und die frühere Umweltministerin Angela Merkel an dem damaligen Bundeskanzler Kohl gescheitert sind, ist es Jürgen Trittin gelungen, nun endlich ein Gesetz vorzulegen, das dem 21. Jahrhundert gerecht wird.
Ja, ich glaube, dem Trittin ist in wenigen Jahren mehr gelungen als der FDP in 40 Jahren, in denen sie mitregiert hat.
Ihr seid auch nicht gewählt worden, also seid ruhig.
Zum Verfahren habe ich schon in der ersten Lesung etwas gesagt. Ich möchte jetzt hier nicht nachkarten. Ich hätte mir gewünscht, dass wir uns mehr Zeit nehmen, nachdem das Gesetz schon sehr lange von der Landesregierung verschleppt worden war. Trotzdem möchte ich mich damit nicht mehr beschäftigen. Das ist jetzt Vergangenheit. Ich möchte mich mit den Inhalten auseinander setzen.
Der Kollege Caroli hat es schon angesprochen: Obwohl das Gesetz auf Bundesebene sehr viele Vorgaben enthält, die sehr gut sind, gibt es auch Schwachstellen, beispielsweise den ebenfalls schon erwähnten Biotopverbund. Nachdem aufgrund des Drucks der Europäischen Kommission mehrmals nachgemeldet werden musste, sind in Baden-Württemberg mittlerweile etwa 17 % der Landesfläche als FFH-Gebiete ausgewiesen.
An den schwarzen Listen können wir nicht mitwirken. Wir sind nur für die grünen Listen zuständig.
Wir haben aber gleichzeitig das Problem, dass wir nur noch sechs unzerschnittene Flächen haben, die größer als 100 Quadratkilometer sind. Die Zahl dieser Flächen hat in den letzten 20, 30 Jahren rapide abgenommen. Jetzt wird in dem Gesetz zwar gefordert, unzerschnittene Landschaften zu erhalten – was wir prinzipiell begrüßen. Nur: Klar ist doch, dass man dazu auch einen Handlungsrahmen haben muss. Wenn man 17 % FFH-Fläche hat und gleichzeitig feststellen muss, dass wir nur noch wenige unzerschnittene Flächen haben – das eben sind die Tatsachen, mit denen sich Kollege Drautz auseinander setzen will – und dass es eine Verinselung gibt, die dafür sorgt, dass wir einen massiven Rückgang bei der Artenvielfalt haben, dann müssen wir doch dafür sorgen, dass diese Biotope und auch die FFHGebiete in irgendeiner Weise miteinander verbunden sind. Sonst hat das Ganze keinen Sinn.
Deswegen, meine Damen und Herren – das ist ja nur eine Vorgabe des Bundesnaturschutzgesetzes –, wäre es mehr als sinnvoll, dass ein Flächenland wie Baden-Württemberg, das zu einem guten Teil auch davon lebt, dass es eine gepflegte und gut erhaltene Kulturlandschaft hat – was auch für den Tourismus wichtig ist –, hier über die Vorgaben des Gesetzes hinausgeht. Das Gesetz muss ja für alle gelten, auch für die Stadtstaaten. Deswegen konnte hier nicht mehr als 10 % hineingeschrieben werden. Das ist der eine Punkt.
Den zweiten Punkt habe ich auch schon bei der ersten Lesung angesprochen: Die Landesregierung drückt sich um eine klare Definition, was eigentlich „gute fachliche Praxis“ ist.
Ich glaube, das ist gar nicht vereinbar mit dem Gesetz, das auf Bundesebene vorgelegt wurde, wenn Sie jetzt darstellen, Landwirtschaft per se sei kein Eingriff in die Natur. Das glaubte man in einer Zeit, bevor man die Augen geöffnet und die ausgeräumten Landschaften zur Kenntnis genommen hat.
Ich glaube, Herr Minister, hierbei sind Sie auf einem völlig falschen Weg. Man muss durch ein Gesetz eigentlich diejenigen viel mehr unterstützen – und das sind in Baden-Württemberg sehr viele Landwirte –, die eine umweltfreundliche Praxis betreiben. Sie generalisieren hier, als ob es durch die Landwirtschaft keine schädlichen Eingriffe in die Landschaft gäbe. Das halten wir für falsch. Das ist reine Ideologie.
Jetzt noch zu Ihrer Darstellung, der Bundesgesetzgeber mache hier mehr Vorschriften, und jetzt komme die liberale Landesregierung, die das alles anders mache. Wer das Bundesgesetz gelesen hat, Kollege Drautz, kann solche Behauptungen, wie Sie sie geäußert haben, schlichtweg nicht aufstellen, denn dem Vertragsnaturschutz wird in diesem Bundesnaturschutzgesetz eine wichtige Stellung eingeräumt.
Weiter konnte man im Bundesnaturschutzgesetz gar nicht gehen. Man hat den Ländern den Spielraum gegeben, weil man auch auf Bundesebene dem Vertragsnaturschutz Vorrang gegeben hat.
Natürlich wollen wir – wir unterstützen schließlich MEKA und die anderen Agrarumweltprogramme –, dass auf Vertragsnaturschutz gesetzt wird.
Etwas anderes haben wir nie behauptet. Nehmen Sie doch einmal diesen Baustein aus Ihrer Rede heraus oder sagen Sie das Ihrem Redenschreiber! Wir haben das jetzt so oft gehört. Es wird nicht besser, wenn Sie es noch öfter wiederholen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zum Verhältnis und zur geistigen Haltung der Landesregierung gegenüber den Umweltverbänden hinzufügen. Es gibt jetzt Umwelt- und Naturschutztage bei der CDU und bei der FDP/DVP, jetzt auch auf der Villa Reitzenstein.
Damit soll signalisiert werden: „Auch wir besetzen jetzt grüne Themen.“
Dann muss man es aber ernsthaft betreiben. Wenn man einen besseren Dialog mit den Umwelt- und Naturschutzverbänden sucht, meine Damen und Herren, dann wäre es eine Selbstverständlichkeit, dass wir in dieses Landesgesetz explizit ein Verbandsklagerecht aufnehmen,
anstatt uns hinter der Bundesebene zu verschanzen. Das hätten wir uns gewünscht, und das wäre ein Zeichen an die Umweltverbände gewesen, dass hinter dem, was an diesen Tagen geredet wird, mehr als nur Rhetorik steckt.
Wir begrüßen, dass jetzt – auch bedingt durch die Vorgabe des Bundesnaturschutzgesetzes; Herr Kollege Caroli hat darauf hingewiesen; auch hier wünschen wir ein energischeres Vorgehen der Landesregierung – Nationalparks und Biosphärengebiete mit aufgenommen werden. Dieser Schritt war längst überfällig.
Wir erwarten, dass die PLENUM-Gebiete, die wir jetzt haben, daraufhin untersucht werden, inwieweit sie ebenfalls in Biosphärengebiete überführt werden könnten – zumindest ein Teil davon. Wir können uns jetzt nicht mit dem Feigenblatt Münsingen zufrieden geben. Das ist ein erster wichti
ger Schritt, den wir seit Jahren gefordert haben und der jetzt endlich kommt. Aber bei diesem ersten Schritt dürfen wir nicht Halt machen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Nägel, die Kollege Drautz jetzt reingeschlagen hat, würden jedes Barriquefass zum Platzen bringen.
Ich finde es schön: Hier gibt es nur noch Väter und Mütter des Erfolgs.
Jetzt kommt die Version, dass sich alle Beteiligten von Anfang an des Problems bewusst waren.
Weil hier so groß getan wurde, man tue das alles für die Bürgerinnen und Bürger: Man hat viel für das eigene Parteivolk oder das Wohl der eigenen Partei getan. Denn wenn man ehrlich mit dem Problem umgegangen wäre, dann hätte man erkennen müssen, dass so leicht eben keine Lösung gefunden werden kann.
Wenn man ehrlich hier hinsteht, dann muss man auch sagen, Herr Kollege, dass auch die Bundesratsinitiative der Landesregierung auf verfassungsrechtliche Bedenken gestoßen ist. Deswegen hat das alles etwas länger gedauert.
Es ist doch unsinnig, dass wir uns immer streiten und jeder sagt: Die sind schuld, und wir sind immer die Helden. Es ist eine wichtige Frage: Das Eigentumsrecht war betroffen, der Gleichheitsgrundsatz und das Diskriminierungsverbot waren betroffen. Hier waren wichtige rechtliche Grundlagen betroffen.
Ja, sind und waren. Deswegen hat das so lange gedauert. Deswegen konnte man hier auch keinen Schnellschuss bringen.
Wenn man dann kritisiert, dass der Kanzler in die Schweiz fährt und auch andere Probleme diskutiert: Entschuldigung, es gibt auch noch andere Probleme zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland.
Offensichtlich war es halt so.
Meine Damen und Herren, seien wir doch froh, dass die rot-grüne Bundesregierung, nachdem Verfassungsbedenken aufgetaucht waren, einen Weg gefunden und aufgezeigt hat, der jetzt ins Gesetz kommt, dass es nämlich eine Öffnungsklausel für die Länder gibt, die es ermöglicht, wenn es regionale Probleme gibt, entsprechend zu reagieren. Der Gesetzentwurf, die Bundesratsinitiative des Landes, hatte doch den Nachteil, dass sie zu sehr auf die spezifischen Probleme in Südbaden zugeschnitten war. Das hat unter anderem die verfassungsrechtlichen Bedenken verursacht.
Jetzt haben wir einen richtigen Weg gefunden. Wir sind uns alle einig. Deshalb sollten wir ab sofort aufhören, über dieses Thema zu streiten, sondern den Gesetzentwurf schnellstmöglich verabschieden, ihm einstimmig zustimmen und dann dafür sorgen, dass die Wettbewerbsverzerrungen, um die es geht, wegfallen.
Es ist doch klar, dass hier nicht derjenige im Vorteil sein soll, der besser subventioniert ist, sondern dass der im Vorteil sein soll, der besser arbeitet. Wir brauchen gleiche Bedingungen zwischen den badischen Landwirten und den Schweizer Landwirten. Die badischen Landwirte hatten doch bisher keine Chance, hier noch Land zu kaufen, weil eben die Schweizer Bauern besser subventioniert sind. Sie waren ferner benachteiligt, weil in der Schweiz höhere Preise erzielt werden können. Es mussten nicht einmal – darauf hat der Herr Minister hingewiesen – mehr Zölle gezahlt werden. Deswegen gab es Vorteile für die Schweizer Landwirte. Wir hoffen, dass wir mit der Öffnungsklausel diese Vorteile wieder in den Griff bekommen und dass sich die
ganze Szenerie dann wieder beruhigt. Aber hören wir auf, jetzt zu streiten, wie das einmal war und was da war! Wichtig ist, dass wir jetzt eine Lösung gefunden haben.
Daran hat die rot-grüne Bundesregierung entscheidend mitgewirkt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch wir werden diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Ja, das ist noch eine wegweisende Rede. Vielleicht wollen Sie auch noch eine halten. Die FDP/DVP hat vielleicht noch Redezeit.
Ich habe schon bei früherer Gelegenheit gesagt, weil dieses Damoklesschwert mit der eigenen Wette des DFB schon eine Weile über uns schwebt, der jetzige Finanzminister solle sich doch bitte einmal mit seinem Vorgänger unterhalten, um ihn zu überzeugen, dass der DFB auf eine solche Wette verzichten soll. Es wäre in der Tat fatal, nicht nur für den Breitensport, sondern wohl auch für die Kultur im Land, wenn es hier massive Einbrüche bei den Einnahmen von Toto-Lotto geben würde.
Ich bin erfreut, dass die FDP/DVP einmal auf der Seite des Staates ist. Wir müssen ein großes Interesse haben, dass die Wetten so, wie sie bisher sind, erhalten bleiben. Deshalb stimmen wir zu.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie so oft, wenn es um den Naturschutz geht, hat die Landesregierung wieder einmal die Langsamkeit entdeckt. Fast vier Jahre ist es her, seitdem das Gesetz auf Bundesebene vorliegt. Aber selbst die eingeräumte Frist für die Anpassung des Landesnaturschutzrechts an das Bundesnaturschutzgesetz bis zum April dieses Jahres wurde nicht eingehalten.
Fragwürdig ist auch der Umgang mit dem Gesetzentwurf im Parlament, Herr Kollege Drautz. Sie haben doch auch ange
mahnt, die Bauernverbände mehr zu hören. Wir fragen: Wenn man sich schon so viel Zeit lässt, warum muss die Behandlung des Gesetzes jetzt – es liegen wenige Tage zwischen erster Lesung und Beratung im Ausschuss – so schnell durchgezogen werden? Warum gibt es keine Anhörung der Verbände, wenn man sieht, wie viel Zeit und Energie sie in ihre Stellungnahmen gesteckt haben und was davon letztendlich übernommen wurde?
So sollte man mit den Verbänden und damit den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes nicht umgehen. Da haben Sie eine Gelegenheit, das zu ändern.
Meine Damen und Herren, ich glaube, der Naturschutz hat, auch wenn es der Kollege Drautz etwas geschönt dargestellt hat, immer noch nicht die Priorität bei der Landesregierung, die er haben sollte.
Es steht zu befürchten, Kollege Drautz: Hätte es nicht eine rot-grüne Regierung gegeben, die hier immer so heftig angegriffen wird, speziell auch vom Herrn Minister, dann hätte es diese Novellierung gar nicht gegeben. Schon zwei CDU-Minister, nämlich Herr Töpfer, der es ernsthaft versucht hat, und Frau Merkel, die es vielleicht weniger ernsthaft versucht hat, sind daran gescheitert. Ich sage Ihnen: Ohne Rot-Grün würde es diesen Biotopverbund nicht geben.
Es würde keine Schutzkategorien wie Nationalparks – Kollege Caroli hat es angesprochen – geben, und es gäbe keine Stärkung der Landschaftsplanung – um nur einige Beispiele zu nennen.
Dabei haben Sie, Kollege Hauk, wenn man sich die Vergangenheit anschaut, wirklich – das ist auch Ihre Chance als neuer Minister – einiges gutzumachen. Wenn ich sehe, wie diese Regierung in den letzten Jahren mit der Abrissbirne durch die Verwaltung des Naturschutzes gezogen ist, beispielsweise durch die Zerstörung der BNLs
oder indem Sie die ehrenamtlichen Naturschutzbeauftragten entmachtet haben, dann kann ich nur sagen: Sie haben wirklich viel zu tun.
Was noch auffällt, Herr Minister: Immer wieder kommt der Hinweis: Wir müssen das jetzt machen, weil das Bundesgesetz ist. Sie erwecken den Eindruck, Sie seien hier, wie es der Kollege Caroli gesagt, zum Jagen getragen worden. Deswegen, Herr Kollege Hauk, müssen wir darauf eingehen. Überall dort, wo Sie Spielraum hatten – und das Positive an diesem Gesetz ist ja, dass es Spielraum lässt, beispielsweise beim Vertragsnaturschutz – –
Ja, natürlich. Ich nenne das ja positiv.
Aber, Herr Kollege Fleischer, Sie üben sich wieder im Hofknicks vor der Agrarlobby. Hören Sie sich bloß einmal den folgenden Satz an – das ist wirklich ein unglaublicher Satz in diesem Gesetzentwurf –:
Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft leisten einen besonderen Beitrag zur Erhaltung und Pflege von Natur und Landschaft.
Im Jahr 2005 kann man das doch nicht so pauschal sagen. – Jetzt lassen Sie mich doch mal ausreden. Setzen Sie sich auf die Regierungsbank! Da können Sie keine Zwischenrufe machen.
Herr Kollege Hauk, Sie haben gesagt, Sie wollten hier Duftmarken setzen. Ja, das ist eine echte Duftmarke.
Aber ich sage Ihnen: Das ist eine Duftmarke, die zum Himmel stinkt. Man kann das doch so pauschal nicht sagen. Nach Ihrer Definition ist jede Legehennenbatterie ein Beitrag zur Pflege und zum Erhalt der Landschaft, wenn man das so pauschal sagt. Selbst das Ausbringen von gentechnisch manipuliertem Saatgut ist dann noch ein Beitrag zum Naturschutz. Es ist doch unsinnig, so etwas hineinzuschreiben.
Weil Sie das so hineinschreiben.
§ 12, Herr Kollege Formalist. – Sie verzichten auf eine klare Definition, was Sie darunter verstehen, was die gute fachliche Praxis sein soll, wenn Sie solche Sätze hineinschreiben.
Sie müssen doch einmal sagen: Wer ist denn für den Artenrückgang verantwortlich? Das muss man doch benennen. Sie haben gestern gesagt, der Wald sei auch deswegen so geschädigt, weil es so viel Stickstoffeintrag gibt. Ja, wer ist denn unter anderem für den hohen Stickstoffeintrag zuständig? Das muss man doch endlich einmal einräumen.
Nein, wir reißen keine ideologischen Gräben auf, aber Sie tun das, indem Sie solche völlig unnötigen Sätze in ein Gesetz hineinschreiben. Wir sind uns vollkommen einig, dass es gut ist, dass wir mehr Vertragsnaturschutz haben. Dafür hat Ihnen das Bundesnaturschutzgesetz auch den erforderlichen Spielraum gelassen. Das begrüßen wir, und wir unterstützen den von Ihnen gegangenen Weg. Aber wenn man solche Sätze hineinschreibt, sagt man doch, dass alles, was da getan wird, von vornherein der Natur gut tut. Das ist eben nicht der Fall.
Aber was für eine Nutzung? Deswegen hätten Sie eben die gute fachliche Praxis näher definieren sollen.
Herr Kollege Hauk, ich bin allerdings dankbar, dass Sie jetzt etwas klargestellt haben, damit kein Sand in die Augen der Landwirte gestreut wird: Alles, was Sie hier sagen – wenn Anforderungen über die Standards der guten fachlichen Praxis hinausgehen, dann zahlen wir Geld –, steht unter dem Haushaltsvorbehalt. Ich glaube, diese Ehrlichkeit muss man in diesem Hause wirklich haben.
Ein weiterer Punkt, auf den ich eingehen möchte – –
Darauf können Sie gespannt sein.
Kommen wir zu den Schwachpunkten.
Biotopverbund. Sie selbst sagen, die Vorgabe, auf mindestens 10 % der Landesfläche ein Biotopverbundsystem einzurichten, sei problemlos zu erfüllen. Der Kollege Kiefl spricht von 17 %
FFH –, wenn alle Gebiete gemeldet sind. Nur frage ich Sie, warum Sie sich mit 10 % Biotopverbund zufrieden geben.
Klar ist doch, dass Insellösungen uns nichts nützen. Wir brauchen doch mehr Verbünde.
Die Insellösungen sind es doch, die den Artenrückgang verursachen. Auch Sie kennen die Studien, Herr Kollege. Vor 15 Jahren hatten wir noch 31 unzerschnittene Gebiete, 1992 waren es nur noch acht, und gegenwärtig sind es nur noch sechs. Das zeigt doch, dass wir hier etwas tun müssen, damit wir von diesen Insellösungen wegkommen. Deshalb wäre es aus Sicht des Naturschutzes gut – das ist der eine Punkt –, auf mindestens 15 % der Landesfläche ein Biotopverbundsystem zu haben.
Der andere Punkt ist: Baden-Württemberg ist ein Land, das vom Tourismus abhängig ist. Die Leute gehen aber nicht irgendwo hin, wo sie auf eine zerstörte oder eine ausgeräumte Landschaft treffen, sondern sie gehen da hin, wo sie eine gepflegte Kulturlandschaft vorfinden.
Ja, und genau deswegen wäre es notwendig, hier eine größere Menge an Verbünden zu haben. Das würde nicht nur der Ökologie, sondern auch der Ökonomie gut tun.
Heute Vormittag haben wir über ein Kinderland BadenWürttemberg geredet. Bei einem Kinderland muss man wegkommen von diesem Beton- und Asphaltdenken, das Ihre Politik jahrelang beherrscht hat.
Kinder brauchen Raum zum Spielen. Deswegen gehört zu einem Kinderland auch ein Naturschutzland. Beides gehört zusammen.
Sie wollen jetzt unzerschnittene Landesteile schützen. Das begrüße ich, Herr Minister. Das ist ein positiver Punkt in Ihrem Gesetz. Nur, es ist alles völlig unverbindlich, wie Sie das eigentlich erreichen möchten. Das ist ein Schwachpunkt dieses Gesetzes, denn es ist wieder zu befürchten, dass man sich im Zweifelsfall, wenn man zwischen Ökologie und Ökonomie abwägen muss, wieder für die Ökonomie entscheidet, wie das eben in der Vergangenheit schon oft der Fall war.
Dann, Herr Kollege Hauk, hätte ich mir gewünscht, dass Sie etwas weniger Misstrauen gegenüber den Umweltverbänden entwickeln. Ihr Ministerpräsident – jetzt ist er leider gegangen – redet – –
Oh Herr Fleischer. Der Ministerpräsident redet viel von Dialog, von neuem Verständnis, davon, dass man aufeinander zugehen müsse. Aber das sind doch Worthülsen, wenn man dann den Umweltverbänden kein Verbandsklagerecht einräumt, obwohl man die Chance hat, es ins Gesetz aufzunehmen.
Ja, aber das hätte man auch noch explizit in dieses Landesgesetz aufnehmen können. Wir sind uns doch einig, Herr Hauk: Überall dort, wo es ein Verbandsklagerecht gibt,
wird von den Umweltverbänden verantwortungsvoll damit umgegangen. Es gibt keinen Missbrauch. Es wäre einfach ein gutes Symbol gewesen, wenn Sie das Verbandsklagerecht aufgenommen hätten. Das hätten wir uns gewünscht.
Noch zwei kurze Punkte. Meine Redezeit ist leider gleich zu Ende.
Die Einführung eines Ökokontos begrüßen wir. Der Kollege Caroli hat darauf hingewiesen, dass das räumliche und zeitliche Auseinanderziehen des Ganzen ein Schwachpunkt ist. Was nützt es dem „Lurchi“ auf der Schwäbischen Alb, dessen Biotop Sie zerstören, wenn Sie dafür ein neues Biotop im Schwarzwald errichten? Das nützt wirklich gar nichts.
Auch zur Landschaftsplanung hätten wir uns etwas mehr Verbindlichkeit gewünscht. Ich werde im Ausschuss und in der zweiten Lesung hier im Plenum näher darauf eingehen.
Fazit: Das gute Gesetz, das von Rot-Grün vorgelegt wurde, kann von Ihnen gar nicht wirklich verwässert werden. Das lässt der für Sie vorhandene Spielraum nicht zu. Die Spielräume, die Sie haben, Herr Hauk, haben Sie leider – siehe die gute fachliche Praxis – nicht in dem Maße genutzt, wie wir uns das gewünscht hätten. Ich kann Ihnen nur sagen: Auf Dauer reicht ein Feigenblatt „Münsingen“ nicht aus, wenn Sie mehr wollen, als den Eindruck zu erwecken, dass Ihnen der Naturschutz wirklich am Herzen liegt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Kollege Mack hat darauf hingewiesen, dass
auch die deutsche Bevölkerung Europa sehr schätzt. So muss man für Reisen in die europäischen Länder, die den Euro eingeführt haben, kein Geld mehr umtauschen, man muss keine Grenzstellen mehr passieren, weil die Grenzen aufgehoben sind. Das stimmt schon, aber das ist nur eine Sicht der Dinge. Denn wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben: Wenn wir im Rahmen eines Volksentscheids eine Debatte über die Verfassung bekommen hätten, wäre diese Debatte wahrscheinlich ähnlich verlaufen wie in den Niederlanden und in Frankreich.
Deswegen, Kollege Mack, diskutieren wir über diesen Europabericht der Landesregierung vor dem Hintergrund einer umfassenden Krise der EU. Er erscheint mir übrigens nicht zu kurz geraten, wie ich gleich hinzufügen möchte. Wir sind froh, dass der Europabericht nicht mehr 200 Seiten umfasst, auf denen nicht viel mehr stand als auf den 50 Seiten, die der Bericht jetzt hat.
Meine Damen und Herren, wir stehen vor der größten Krise der EU. Es gilt, dieser Krise jetzt entgegenzusteuern.
Wir brauchen – darüber sind wir uns alle in diesem Haus einig – eine EU-Verfassung. Im Gegensatz zu den Gegnern der EU-Verfassung sehe ich in der Verfassung eine Stärkung der demokratischen Rechte, beispielsweise der des Europäischen Parlaments. Die Rechte der EU-Kommission werden durch die Verfassung beschnitten – genau das, was man im Prozess der Demokratisierung der EU immer gefordert hat. Genauso – der Kollege Theurer hat darauf hingewiesen – werden die Rechte der Regionen – eine solche ist auch ein Land wie Baden-Württemberg – festgeschrieben.
Das heißt, wir haben selbst ein existenzielles Interesse daran, dass diese EU-Verfassung demnächst kommt. Auch die Länder sind gefordert, Herr Minister Stächele, diese Diskussionen und diesen Prozess wieder in Gang zu bringen. Verfassungen sind der Grundpfeiler einer Demokratie. Ein demokratisches vereintes Europa kann es ohne Verfassung nicht geben. Deswegen muss hier dringend etwas geschehen.
Für uns wäre ein gangbarer Weg, wenn wir uns zunächst einmal auf die ersten beiden Teile beschränken würden. In einer Verfassung sollte eigentlich nur das Wichtigste und das Wesentlichste stehen. Deswegen, denke ich, ist diese Verfassung – das ist meine Kritik daran – einfach zu lang geraten.
Wir sollten aber nicht die wesentlichen Punkte – die auch schon Kompromisse darstellen – wieder neu aufschnüren. Damit würden wir beispielsweise den Verfassungsskeptikern und den Europaskeptikern in Großbritannien nur neue Hoffnung machen. Das wäre falsch.
Darüber können wir auch noch diskutieren.
Ich begrüße es, dass die Landesregierung für die Verfassung kämpfen möchte. Wichtig aber ist – darauf haben schon mehrere meiner Vorredner hingewiesen –, dass diese Debatten nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden. Das ist doch eines der Probleme, die zu dem Ergebnis in den Niederlanden und in Frankreich geführt haben. Das Hauptproblem ist, dass die Menschen sich auf diesem Prozess eines größeren und erweiterten Europas und einer Verfassung, die wahrscheinlich kaum einer, der darüber abgestimmt hat, im Detail kannte, nicht mitgenommen gefühlt haben. Es wurde das Gefühl vermittelt, Europa sei ein blutleerer Moloch, von dem man überrannt wird. Es wurde das Gefühl vermittelt, Europa nehme die sozialen Errungenschaften weg, die die eigenen Staaten in den letzten Jahren und Jahrzehnten aufgebaut haben. Die Menschen hatten das Gefühl, eine unkontrollierbare Bürokratie greife noch ins letzte Detail ihres Lebens ein und schreibe ihnen unnötige Dinge vor.
Bei dem Beispiel der Norm für Traktorensitze, Herr Kollege Mack, das Sie genannt haben, muss sich Ihre Partei an die eigene Nase fassen. Denn meines Wissens kam diese Initiative vom Kollegen Stoiber,
der ja derzeit aus München weggelobt wird und Wirtschaftsminister oder sonst was werden soll. Da muss man vorsichtig sein.
Außenminister, noch schlimmer!
Dann kann er sich ja wieder für Traktorensitze einsetzen.
Meine Damen und Herren, man muss sich verdeutlichen: In Brüssel arbeiten 22 000 Beamte und Angestellte in der Verwaltung. Das hört sich viel an. Wenn Sie aber bedenken, dass allein eine Stadt wie Stuttgart 14 000 Beschäftigte in der Verwaltung hat,
dann erkennen Sie, dass im Verhältnis dazu die Bürokratie in Brüssel gar nicht so groß ist. – Ja, dem ehemaligen Bürgermeister gefällt es nicht, wenn man so etwas sagt.
Wichtig ist – da bin ich mit Ihnen und auch mit dem Kollegen Herrmann einig –: Man muss die Ängste dieser Menschen wahrnehmen, man muss sie ernst nehmen. Man muss beispielsweise dafür sorgen, dass Dinge wie die Dienstleistungsrichtlinie wieder geändert werden. Ich hätte es begrüßt, wenn der Kompromiss, der nun vorliegt, auch von der konservativen Seite im EU-Parlament mitgetragen worden wäre.
Es ist doch klar: Das umstrittene Herkunftslandprinzip muss ersatzlos gestrichen werden, sonst gibt es keine Akzeptanz in den Ländern.
Wir brauchen aber für diese Richtlinie wie für alle anderen wichtigen Vorschriften, die die EU erlässt, einen breiten Konsens. Deshalb hoffe ich, dass die konservative Seite noch einen Schritt nach vorne macht. Die Botschaft muss lauten – sonst gibt es keine Akzeptanz für Europa, weder in Deutschland noch anderswo –: Europa ist kein Vorreiter für Sozialdumping; mit Europa gibt es kein Sozialdumping.
Ein zweiter wichtiger Punkt, der mehrfach angesprochen wurde, ist die Bürokratie. Ich begrüße es, dass EU-Kommissar Verheugen nun eine Entbürokratisierungskampagne gestartet hat. Es geht nicht nur um die 68 Entwürfe, die vorgestellt wurden, sondern alle Richtlinien sollen geprüft werden. Das ist genau der richtige Ansatz. Ich glaube, dass Europa da auf dem richtigen Weg ist.
Richtig und wichtig ist auch, dass der Ausschuss der Regionen daran arbeitet, wie künftig das Prinzip der Subsidiarität eingehalten werden soll.
Das ist wirklich auch gerade für die Länder – Sie sagen es – etwas Entscheidendes.
Ich kann nur sagen – ich habe das Beispiel mit den Traktorensitzen gebracht –, auch die Länderregierungen müssen aufhören, neue Regelungen zu verlangen, weil sie denken, irgendetwas nütze einer bestimmten Firma in ihrem Land. Sonst macht das Ganze keinen Sinn.
Ein dritter Punkt – damit komme ich zu dem, was in der öffentlichen Diskussion unbedingt vorkommen muss –: Wir müssen den Menschen wieder vermitteln, wie wichtig Europa ist.
Sie dürfen nicht das Gefühl haben, es gehe nur um freien Warenaustausch, es gehe nur darum, frei über die Grenzen fahren zu können und eine gemeinsame Währung zu haben.
Ja, wir wollen sie nicht überfordern. Dazu komme ich noch. – Wichtig ist – das müssen wir den Menschen immer wieder verdeutlichen –: Wir leben, weil es diese EU gibt, seit 60 Jahren in Europa in Frieden. Das ist ein ganz entscheidender Punkt.
Europa ist für uns der wichtigste Exportmarkt – das glauben manche nicht, weil immer nur über die Zahlungen gesprochen wird –; das meiste, das wir in Deutschland an Geld verdienen, wird in Europa verdient. Würde es die EU nicht
geben, dann würde es in Deutschland wesentlich schlimmer mit der Wirtschaft aussehen.