Protocol of the Session on October 6, 2005

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 100. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Urlaub für heute habe ich den Herren Abg. Maurer und Dr. Repnik erteilt.

Krank gemeldet ist Herr Abg. Seimetz.

Dienstlich verhindert sind Herr Minister Pfister

(Abg. Drexler SPD: Das geht doch nicht! Wieso denn das?)

und Herr Minister Hauk sowie – heute Nachmittag – Herr Staatssekretär Köberle.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unter den Gästen auf der Zuhörertribüne gilt mein besonderer Gruß den Conseillers du commerce extérieur de la France mit dem Präsidenten der Außenhandelsräte in Deutschland, Herrn André Wurtz, und dem baden-württembergischen Präsidenten Patrice Bert an der Spitze. Begleitet werden die Außenhandelsräte vom französischen Generalkonsul in Stuttgart, Henri Reynaud, und von Herrn Jack Pillain von der französischen Botschaft in Berlin.

Bei den CCE handelt es sich um im Ausland tätige französische Unternehmer, die auf Vorschlag des Wirtschaftsministers vom Premierminister der Französischen Republik für drei Jahre ernannt werden.

Ich darf Sie alle im Landtag von Baden-Württemberg herzlich willkommen heißen und Ihnen weiterhin einen angenehmen Aufenthalt in der Landeshauptstadt und erfolgreiche Gespräche wünschen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Finanzierungskonzept für den Ausbau von Ganztagsschulen – Drucksache 13/4284

b) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Verteilung der 528 Millionen € aus dem IZBB-Programm des Bundes – Drucksache 13/4251

c) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Initiati

ve des Landes für einen gerechten und flächendeckenden Ausbau der Ganztagsschulen – Drucksache 13/4252

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu a fünf Minuten, zu b und c fünf Minuten und für die Aussprache über a, b und c fünf Minuten je Fraktion.

Zur Begründung des Antrags Drucksache 13/4284 erteile ich Herrn Abg. Zeller das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! „Ich bin überzeugt, dass die Ganztagsschule zur Schullandschaft der Zukunft gehört. Sie bietet die Chance für zusätzliches Lernen.“ Diese Erkenntnis stammt nicht etwa von Andreas Schleicher oder Rainer Dahlem, diese späte Erkenntnis stammt von der ehemaligen Kultusministerin Schavan.

(Oh-Rufe von der SPD – Abg. Drexler SPD: Also, sag einmal! – Abg. Wacker CDU: Plötzlich wird sie von euch gelobt!)

Kaum ist sie nach Berlin enteilt, wird sie offenbar mutig. Gegenüber dem „Focus“ sagte sie in Richtung Ministerpräsident gerichtet, dass mit Ehrenamtlichkeit allein – hier sind die Jugendbegleiter gemeint – eine Ganztagsschule nicht zu schaffen sei.

(Abg. Drexler SPD: Recht hat sie! – Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Meine Damen und Herren, jahrelang haben diese Kultusministerin, der damalige Staatssekretär und die gesamte CDU-Fraktion die flächendeckende Einrichtung von Ganztagsschulen verhindert und boykottiert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Capez- zuto SPD: Richtig!)

Sie haben ständig dagegen polemisiert. Ich kann Ihnen das anhand vieler Zitate auch belegen.

(Abg. Drexler SPD zur CDU: „Freiheitsberaubung“ habt ihr geschrieben! – Lachen des Abg. Fleischer CDU)

Nun will der neue Ministerpräsident den Ausbau der Ganztagsschulen verbessern. Laut BNN sagte er bei seiner Regionalbereisung:

Dieses dicke Brett werde ich in meiner Partei durchbohren – gegen alle Machos.

(Beifall bei der SPD – Abg. Drexler SPD: Aha! Machos! Kollege Fleischer, so darf man sich nicht behandeln lassen!)

Erst gestern haben wir hier im Hause erleben müssen, dass die Machos in der CDU noch lange nicht ausgestorben sind, als Herr Müller die Ganztagsschule verteufelte und davon sprach, dass Ganztagsschulen Familien die Kinder wegnehmen.

(Unruhe bei der CDU)

Das war seine Aussage hier. Welch ein verqueres Weltbild, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD – Abg. Fleischer CDU: Noto- risch die Unwahrheit sagen! Notorisch Unwahr- heit!)

Lesen Sie das Protokoll nach, Herr Fleischer! Ich hoffe, Sie können lesen.

(Abg. Drexler SPD: Das ist nicht sicher!)

Ich frage Sie: Nimmt denn die katholische Bodenseeschule, seit über 30 Jahren eine Ganztagsschule, den Familien die Kinder weg? Das ist doch die Frage.

Solange eine solch familienfeindliche Position durch Mitglieder der CDU-Fraktion hier vertreten wird, so lange sind Sie unglaubwürdig in Sachen Ganztagsschule!

(Beifall bei der SPD und der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

In seiner Pressekonferenz zum Schuljahresbeginn hat das Kultusministerium die Ganztagsschulen wieder auf so genannte Brennpunktschulen reduziert und die alten Positionen übernommen. Gerade einmal 206 Ganztagsschulen nach dem Landeskonzept sind in Baden-Württemberg eingerichtet. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Hauptschulen. Diese alte Position, meine Damen und Herren, wird auch vom neuen Kultusminister vertreten.

Ich will für meine Fraktion nochmals eindeutig feststellen: Wir brauchen ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen, und mit „flächendeckend“ meine ich ein Angebot in vertretbarer Nähe für alle, die dies brauchen und dies wollen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

Wir brauchen ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen, weil dadurch die Lehr- und Lernbedingungen verbessert werden, weil die Leistungsschwächeren, aber auch die Leistungsstärkeren gleichermaßen davon profitieren, weil es in Ganztagsschulen weniger Aggressionen gibt, weil die Kinder dort besser gefördert werden können,

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

weil für alle die Bildungschancen verbessert werden und weil soziale Unterschiede verringert werden. Dies alles begründet die Ganztagsschule.

Die Ganztagsschule ist dabei nicht eine Halbtagsschule mal zwei, sondern braucht ein eigenes pädagogisches Profil.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Carla Bregenzer SPD: So ist es!)

Wie sieht aber die baden-württembergische Realität aus? Nach wie vor werden Ganztagsschulen vonseiten der CDU auf Brennpunktschulen reduziert.

(Abg. Pauli CDU: Stimmt gar nicht!)

Es gibt lediglich Lippenbekenntnisse für den Ausbau von Ganztagsschulen, aber Taten haben wir bisher nicht sehen können. Das IZBB-Programm der Bundesregierung wird lächerlich gemacht und als „Gag“ bezeichnet, und der riesige Bedarf wird geleugnet.

(Widerspruch bei der CDU)

Ja, das sind Zitate aus Ihren Äußerungen. – Dann wiederum wird vom Bund verlangt – das ist das Interessante –, er solle ein neues Ganztagsprogramm auflegen.

(Lachen des Abg. Drexler SPD)