Protocol of the Session on December 15, 2004

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 82. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.

Urlaub für heute habe ich Herrn Abg. Braun erteilt.

Krank gemeldet ist Frau Abg. Fauser.

Dienstlich verhindert ist Herr Minister Köberle.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Fortsetzung der Ersten Beratung

a) des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Feststellung des Staatshaushaltsplans von Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 2005 und 2006 (Staatshaushaltsgesetz 2005/06) – Drucksache 13/3850

b) des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Haushaltsstrukturgesetz 2005 – Drucksache 13/3832

Allgemeine Aussprache

Das Präsidium hat für die Aussprache eine Redezeit von 30 Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Scheffold.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben den Haushaltsentwurf in diesem Jahr in schwieriger Zeit aufgestellt. Es ist eine wirtschaftlich schwierige Zeit, es ist eine sozialpolitisch schwierige Zeit, und es ist eine gesellschaftspolitisch schwierige Zeit.

Vor diesem Hintergrund gilt unser besonderer Dank zunächst dem Finanzministerium, an der Spitze unserem Finanzminister Gerhard Stratthaus und seinem Staatssekretär Wolfgang Reinhart, aber natürlich auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses für eine offene, intensive und konstruktive Zusammenarbeit, für eine vertrauensvolle und gute Abstimmung und für einen wohl überlegten und ausgewogenen Haushaltsentwurf als Grundlage dieser Beratung. Unser Dank gilt der Landesregierung, der Koalition aus CDU und FDP/DVP, an der Spitze unserem Ministerpräsidenten Erwin Teufel, für wichtige Weichenstellungen und Impulse für die Landespolitik.

Wir bleiben mit diesem Haushaltsentwurf auf gutem Kurs. Baden-Württemberg bleibt mit diesem Haushaltsentwurf wirtschaftlich, sozial- und gesellschaftspolitisch auf dem richtigen Weg. Baden-Württemberg bleibt mit diesem Haushaltsentwurf das erfolgreichste Land in Deutschland.

(Beifall bei der CDU – Abg. Capezzuto SPD: Ist das die gleiche Rede wie letztes Jahr? – Gegenruf des Abg. Hauk CDU: Wir sind halt immer gut!)

Dafür danken wir herzlich. Die CDU-Landtagsfraktion sagt zu, diesen erfolgreichen Weg des Landes auch in der Zukunft zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes zu unterstützen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Arbeitslosendaten vom November 2004 belegen das, was ich soeben gesagt habe: Baden-Württemberg ist das wirtschaftlich erfolgreichste Land. So betrug im November die Arbeitslosenquote in Baden-Württemberg 6,1 %, in Bayern, dem zweitbesten Land, 6,7 %, in Hessen 7,9 %, in Niedersachsen 9,6 % und in Nordrhein-Westfalen 10,0 %. Die Entwicklung ist eindeutig: Der Süden hängt den Norden ab. Wir sind vorn, und das ist gut so.

(Zuruf der Abg. Marianne Wonnay SPD)

Ich stelle dem einmal entgegen, was die Bundesregierung sagt. Clement im „Südkurier“ am 3. Dezember 2004: „Der Herbst ist schuld.“ Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Sommer ist vielleicht die Sonne schuld, im Winter ist es der Regen, im Frühjahr ist es das Frühjahr, und im Herbst soll es dann der Herbst sein, der schuld ist. Nein, diese Bundesregierung macht nicht die richtigen Reformen, sie macht nicht das, was in Deutschland notwendig wäre,

(Abg. Fischer SPD: Sind wir im Land Baden-Würt- temberg oder in der Bundesrepublik?)

damit Wachstum und Arbeitsplätze entstehen könnten. Es liegt an der Bundesregierung selbst, dass sich in Deutschland nichts bewegt.

(Abg. Seimetz CDU: Jawohl! – Beifall bei Abge- ordneten der CDU)

Dort, wo es wirtschaftliches Wachstum gibt, sind die Arbeitslosenzahlen niedrig. Dort, wo die Arbeitslosenzahlen niedrig sind, sind die Sozialtransfers gering. Dort, wo die Sozialtransfers gering sind, kann der Staat seine öffentlichen Aufgaben erfüllen. Das gilt für Baden-Württemberg im Besonderen. Wir hätten genügend Steuereinnahmen, um

unsere öffentlichen Aufgaben zu erfüllen. Wir könnten mit unserem Wirtschaftswachstum, wir könnten mit unserer Innovationskraft und mit unseren niedrigen Arbeitslosenzahlen das erfüllen, was wir in Baden-Württemberg zu erfüllen haben. Wir hätten genügend Geld zur Finanzierung der notwendigen Aufgaben. Wir hätten bereits heute eine Nettoneuverschuldung von null.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen eben abgeben. Wir müssen im Länderfinanzausgleich im Jahr 2005 voraussichtlich 1,8 Milliarden € abgeben,

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Das ist doch Be- standteil unserer Verfassung! Wollen Sie einen Haushalt im Konditional machen? – Abg. Drexler SPD: Verfassung!)

im Jahr 2006 1,9 Milliarden €. Das entspricht ungefähr dem, was wir an neuen Schulden aufnehmen.

(Abg. Drexler SPD: Das haben Sie doch selber ver- einbart! – Abg. Kretschmann GRÜNE: Was wollen Sie damit sagen?)

Wenn wir diesen Betrag nicht an die anderen Länder abgeben würden, hätten diese eine Neuverschuldung, die um zirka 50 % höher wäre, als sie tatsächlich ist.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Wenn mein Onkel kein Schwänzle hätte, wäre er meine Tante!)

Sie wäre um 50 % höher, und die Haushalte aller dieser Länder würden in die Verfassungswidrigkeit hineinlaufen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Es ist aber nicht Aufgabe von Baden-Württemberg und nicht Aufgabe unserer Unternehmen und Betriebe und auch nicht Aufgabe unserer Bürgerinnen und Bürger, dafür zu arbeiten, dafür Steuern zu erwirtschaften und zu zahlen, dass die anderen Länder verfassungsmäßige Haushalte aufstellen können. Es muss mit dieser Überbeanspruchung Schluss sein.

(Beifall bei der CDU – Glocke des Präsidenten – Abg. Drexler SPD: Sie haben es doch vereinbart! Reden Sie doch keinen Unsinn! Ihr Ministerpräsi- dent hat es doch unterschrieben! Mann, redet der einen Stuss! – Gegenruf des Abg. Blenke CDU: Ein bisschen Niveau schadet nicht, Herr Kollege! Selbst Ihnen würde es nicht schaden!)

Herr Abg. Dr. Scheffold, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Moser?

Herr Moser, bitte schön.

Herr Kollege Dr. Scheffold, muss ich Ihre Rede dahin gehend verstehen, dass Sie dafür plädieren, dass Baden-Württemberg aus der Bundesrepublik Deutschland austritt?

(Abg. Drexler SPD: So ist es! Das ist die Vision von Herrn Scheffold!)

Nein, Herr Kollege Moser. Sie müssen nur meiner Rede zuhören. Ich habe im letzten Satz gesagt: Wir wenden uns – zuhören, Herr Kollege Kretschmann –

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Weil ich zuhöre, da- rum beunruhigt mich das, was Sie sagen!)

hören Sie bitte zu! – gegen die Überbeanspruchung von Baden-Württemberg. Das ist das Entscheidende.

(Abg. Drexler SPD: Baden-Württemberg hat doch zugestimmt?)

Ich will den Blick zunächst auf die Einnahmen unseres Landes richten. Die Einnahmen Baden-Württembergs beliefen sich – ich will einmal weiter zurückgreifen – im Jahr 1998 auf 21,14 Milliarden €, im Jahr 1999 waren es 22,31 Milliarden €, im Jahr 2000 waren es 22,98 Milliarden €, im Jahr 2001 22,06 Milliarden € und im Jahr 2002 21,30 Milliarden €. Wir hatten also einen drastischen Rückgang in den Jahren 2001 und 2002.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Steuerentlastung!)

Nein, das ist nicht die Folge der Steuerentlastung, Herr Kollege Palmer, sondern die Folge eines völlig verfehlten Körperschaftsteuergesetzes, das in Berlin entstanden ist.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das ist Entlastung der Unternehmen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist der wahre Grund. Das lag nicht an der Weltkonjunktur, das lag nicht am 11. September, sondern an einem völlig verfehlten Körperschaftsteuergesetz, das Sie in Berlin verabschiedet haben. Man würde ja in diesem Zusammenhang gern von handwerklichen Fehlern sprechen, Herr Kollege, aber das wäre eine Beleidigung für jeden Handwerker. So schlecht arbeitet kein Handwerker in Deutschland.

(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Haben Sie das aus der Rede von Herrn Merz im Bundes- tag abgeschrieben?)

Wir hatten im Jahr 2000 23 Milliarden € Steuereinnahmen aus der Körperschaftsteuer. Im Jahr 2001 ergab sich bei den Körperschaftsteuereinnahmen ein Minus von 450 Millionen €. Das heißt, der Staat hat 2001 mehr Körperschaftsteuer zurückerstattet, als er überhaupt eingenommen hat.