Protocol of the Session on May 28, 2003

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 45. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.

Urlaub für heute habe ich den Herren Abg. Braun, Knapp, Kübler und Sakellariou sowie Frau Abg. Grünstein erteilt.

Krank gemeldet ist Herr Abg. Nagel.

Dienstlich verhindert sind Herr Minister Dr. Döring, Frau Ministerin Dr. Schavan und Herr Minister Köberle.

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Boris Palmer hat heute Geburtstag.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Drexler SPD: Wo ist er denn?)

Vor seiner Anwesenheit hier im Saal gratuliere ich ihm im Namen des ganzen Hauses sehr herzlich und wünsche ihm alles Gute.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir treten dann in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes und der Hochschulgesetze – Drucksache 13/2030

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Drucksache 13/2076

Berichterstatter: Abg. Dr. Klunzinger

Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Pfisterer.

(Zuruf des Abg. Pauli CDU)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 8. Mai 2003 habe ich von dieser Stelle aus ausführlich zum Gesetz zur Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes und der Hochschulgesetze Stellung genommen. Ich darf mich heute daher etwas kürzer fassen.

Ich möchte Ihnen zunächst noch einmal die aktuelle Entwicklung bezüglich der Rückmeldegebühr skizzieren und kommentieren.

Im Jahr 1997 wurde vom Land Baden-Württemberg für Studenten eine Rückmeldegebühr eingeführt. Studenten aus Karlsruhe, Konstanz und Freiburg haben gegen die Erhebung dieser Rückmeldegebühr geklagt. Hinsichtlich dieser Klage stellte letztlich der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe mit Urteil vom 19. März 2003 fest, dass die erhobene Rückmeldegebühr von rund 50 € pro Semester weit über der Kostendeckung liegt. Aus diesem Grund gab das Bundesverfassungsgericht den studierenden Klägern Recht und erklärte die Rückmeldegebühr in Baden-Württemberg für verfassungswidrig.

In diesem Zusammenhang ist es aber wichtig, darauf hinzuweisen, dass alle Studenten, die damals gezahlt haben, nach dem Urteil einen Anspruch auf Rückzahlung besitzen, und zwar ganz gleich, ob sie Einspruch eingelegt haben oder nicht. Ich weiß aus der täglichen Praxis der Universität Heidelberg, dass man daran arbeitet, das Geld schnellstmöglich zurückzuzahlen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Gericht machte aber auch klar, dass die Erhebung von Verwaltungsgebühren seitens des Landes nicht generell unzulässig ist. Die Länder dürfen in ihrer Kulturhoheit Gebühren erheben. Das tun ja auch andere Länder wie Berlin und Niedersachsen. Daher muss es auch Baden-Württemberg erlaubt sein, Gebühren zu erheben, wenn die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in der Formulierung des Gesetzes berücksichtigt wird.

Das Land Baden-Württemberg hat damals eine zu enge Begründung gewählt und stand daher vor dem Problem, dass diese Begründung nicht rechtens war.

Das Land Baden-Württemberg hat aufgrund des Urteils das Gesetz entsprechend überarbeitet und sieht nun vor, neue Verwaltungskostengebühren zu erheben, die mit der Begründung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts konform sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kostenbeteiligung von Studierenden an ihrer Ausbildung ist ein Gebot der Vernunft. Dies sollte eigentlich auch in diesem Hause unstrittig sein.

Heute geht es nun darum, einen Verwaltungskostenbeitrag in Höhe von 40 € pro Semester rechtlich einzuführen. Gestatten Sie mir dazu ein klares Wort: Ein Verwaltungskos

tenbeitrag in Höhe von 40 € ist meines Erachtens angemessen, sozialverträglich, aber auch gerecht,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

zumal nach Erhebungen bei einzelnen Hochschulen und Berufsakademien die Höhe des Verwaltungskostenbeitrags sehr sorgfältig geprüft und festgelegt worden ist. Sie ist daher ohne weiteres nachvollziehbar. Ich bitte aus diesem Grund heute um Zustimmung zu diesem Verwaltungskostenbeitrag von 40 €.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist aber auch wichtig, sich noch einmal mit der aktuellen Diskussion um die Erhebung von Studiengebühren zu beschäftigen. Es wird zurzeit breit diskutiert, und zwar unter anderem auch in SPD-regierten Ländern. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Wowereit, hat sich klar für Studiengebühren ausgesprochen. Er wurde allerdings von der Bundesbildungsministerin zurückgepfiffen. Aber die Äußerungen waren nicht überraschend. Bereits im Jahr 2001 hat der Regierende Bürgermeister bei einer Veranstaltung gesagt, man müsse dieses Thema rechtzeitig ansprechen, und man werde auch in Berlin nicht umhinkommen, über das Thema Studiengebühren zu diskutieren. Wowereit hat diese Aussage damals in der Annahme gemacht, dass sich kein Pressevertreter im Saal befindet. Er sagte damals: „Ich sage nicht, in welche Richtung die Diskussion laufen soll, das darf ich noch nicht“, doch die Beispiele für die Vorzüge von Studiengebühren brachte er damals klar zum Ausdruck, auch wenn dies in der SPD-Fraktion sehr gespalten diskutiert wird. Er sagte aber auch, um den Berliner Standard zu halten, sei es, nachdem die öffentlichen Mittel nicht mehr ausreichten, nötig, auf andere Art und Weise Mittel beizubringen. Er sagte, Studiengebühren brächten nicht nur Geld in die Kasse, sondern wirkten auch strukturverbessernd. Zitat von Wowereit: „Von den Studierenden können dann auch andere Anforderungen an die Hochschulen gestellt werden!“ – wenn sie entsprechend bezahlen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist daher richtig, dass unser Wissenschaftsminister fordert, dass das Land Berlin der Verfassungsklage des Landes Baden-Württemberg und fünf anderer Länder beitritt. Es ist Zeit, hier Farbe zu bekennen und zu zeigen, wo man wirklich steht.

Zu den Studiengebühren sagt die „Berliner Zeitung“ Mitte Mai, Studiengebühren seien finanziell nötig und sozial fair. Die Zeitung stellte die Frage: Warum soll ein Studium umsonst sein, wenn man gleichzeitig für Kindergartenbetreuung Geld zahlt? Wenn die Meisterprüfung eines Gesellen Tausende von Euro kostet, warum soll dann ein Magisterabschluss umsonst sein? An der Uni kann man zum Beispiel gratis Medizin studieren, obwohl der Mediziner nach dem Studium viel Geld verdient. Aber wer Physiotherapeut werden will, muss für seine Ausbildung zahlen. Studiengebühren sind daher sinnvoll und finanziell vertretbar; das gilt vor allem für diesen Verwaltungskostenbeitrag von 40 €.

Man muss auch gleichzeitig sagen: Eine Einrichtung, die für ihre Arbeit Geld verlangt, muss auch eine entsprechende Leistung erbringen. Man muss überlegen: Warum soll man für überfüllte Hörsäle oder für eine schlechte Ausbildung Geld bezahlen? Deswegen muss man ganz klar und deutlich

sagen: Ein Student, der zahlt, ist kritischer als einer, der etwas geschenkt bekommt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden aus diesem Grund zukünftig auf ein intelligentes Modell der Studiengebühren setzen, ein Modell, das soziale Aspekte berücksichtigt. Die Studiengebühren müssen dann allerdings direkt den Hochschulen zugute kommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir von der CDU setzen uns daher dafür ein, dass die Hochschulen optimale Bedingungen bekommen, um für den nationalen und internationalen Wettbewerb bereit zu sein. In diesem Sinne bitte ich Sie heute darum, den 40 € zuzustimmen.

Lassen Sie mich mit einem Zitat von Lothar Späth schließen. Lothar Späth sagte:

Wir müssen Professoren und Studenten wieder etwas abverlangen. Wir müssen vor allem darauf achten, wieder Stürmer in dieser und für diese Gesellschaft auszubilden und nicht allein Schiedsrichter. Wir haben unzählige Schiedsrichter in der Wohlstandsgesellschaft ausgebildet, die jedem, auch in der internationalen Welt, die Spielregeln erläutern, ohne selber spielen zu können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Bregenzer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! 20 Tage nach der Ersten Beratung findet heute die Zweite Beratung zum Thema „Verwaltungskostenbeitrag für Studierende“ statt. Da kann es eigentlich keine neuen Argumente geben. Nicht umsonst hat sich deshalb der Kollege Pfisterer zu der Thematik „allgemeine Studiengebühren“ geäußert und weniger zu dem Gesetz, das wir hier jetzt endgültig verabschieden sollen. Ich verzichte auf das Zitieren von Stellungnahmen von CDU- oder CSU-Politikern gegen allgemeine Studiengebühren, und ich verzichte auch auf allgemeine Argumente gegen Studiengebühren.

(Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Ich will mich vielmehr auf dieses Gesetz, das wir heute hier zu verabschieden haben, beschränken. Ich denke, das ist auch der richtige Punkt.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der SPD: Sehr gut! – Jawohl!)

Es gibt keine neuen Argumente für dieses Gesetz, und es gibt sicher auch keine neuen Argumente gegen dieses Gesetz, weil wir alle Argumente ausgetauscht haben. Es sollte aber auch keine neuen Argumente zwischen der Ersten und der Zweiten Beratung geben. Deshalb haben die Kollegen von der CDU und der FDP/DVP im Ausschuss unseren Antrag auf eine Anhörung der Betroffenen abgelehnt. Sie hat

ten offensichtlich Angst. Sie fürchteten die Stellungnahme der Betroffenen, sie fürchteten, die Öffentlichkeit zu wecken, und sie fürchteten es, die Berechnungsgrundlage offen zu legen und dafür Rede und Antwort zu stehen.

(Abg. Pfisterer CDU: Die Zahlen liegen doch vor! Die Zahlen liegen vor!)

Wenn sie diese Befürchtungen nicht gehabt hätten, dann wäre es für sie sicher kein Problem gewesen, einer Anhörung zuzustimmen. Dann hätten wir auch ganz schnell einen Termin für die Durchführung der Anhörung gefunden und hätten wirklich auch diejenigen in diese Gesetzgebung einbezogen, die von dem Gesetz betroffen sind.

(Beifall bei der SPD)

Was wir heute verabschieden, ist ein Etikettenschwindel erster Güte.