Johanna Wanka
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Last Statements
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der Linkspartei, nachdem ich Ihre Redebeiträge gehört habe, komme ich zu dem Schluss, dass Sie entweder die zu Ende gehende Legislaturperiode völlig verschlafen haben und sich weigern, unsere Aktivitäten zur Kenntnis zu nehmen, oder dass Sie sehr wohl wissen, was wir erreicht haben, aber hier nur draufhauen und Wahlkampf machen wollen.
Wenn ich das Thema der von Ihnen beantragten Aktuellen Stunde lese, dann frage ich mich allen Ernstes: Wohin wollen Sie denn umsteuern? Sie steuern überhaupt nicht um, sondern reiten auf einer Welle des Opportunismus. Jede Demo, auch wenn sich die jeweils erhobenen Forderungen widersprechen, ist Ihnen Anlass zu sagen, es sei etwas nicht in Ordnung.
Herr Jürgens, auch wenn Sie heute Geburtstag haben: Ich habe den Forderungskatalog der Studierendenschaft der Fachhochschule Potsdam gelesen, auch die handgeschriebenen Ergänzungen. Da stehen viele tolle, vernünftige Sachen drin, zum Beispiel Verbesserung der Qualität der Lehre etc. Sie sagen nun, dass Sie sich hinter diese Forderungen der Studenten stellen. Ich nenne nur ein Beispiel aus dem offiziellen, nicht dem handgeschriebenen Forderungskatalog. Es heißt dort, jeder - jeder! -, der an der Hochschule tätig ist, solle einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten. - Dann wären die Hochschulen zu. Das hieße für diejenigen, die heute ausgebildet werden, dass sich in den nächsten Jahren nur dann ein Chance ergäbe, wenn ein anderer in Rente ginge. Ganz im Ernst: Bei allem Opportunismus sollte man so eine Forderung doch nun wirklich nicht unterstützen.
Eine weitere Forderung aus dem Katalog ist das „Studienhonorar“. Demnach soll jeder Student, damit er unbegrenzt und unabhängig von den Eltern studieren kann, ein Studienhonorar erhalten. Man zielt also nicht auf eine BAföG-Verbesserung im Sinne einer erweiterten sozialen Komponente, sondern auf ein unbegrenzt zu gewährendes Studienhonorar.
Frau Geywitz hat schon erklärt, was von dem Begriff „Zwangsexmatrikulation“ zu halten ist. Ich mache das höchst selten. Die Älteren unter Ihnen erinnern sich vielleicht, wie das zu DDR-Zeiten war.
- Frau Kaiser, lassen Sie mich bitte ausreden. - Zu DDR-Zeiten war es so - als Erklärung für alle, die aus den alten Bundesländern stammen -: Man hat studiert, und wenn man eine Prüfung nicht bestanden hatte, gab es die Möglichkeit einer Nachprüfung. Wenn man die vergeigt hat, konnte man nicht weiterstudieren, auch kein anderes Studienfach. Heute haben wir ein moderates...
- Vielleicht konnte man auch zwei Nachprüfungen machen, aber danach war man erledigt.
Das von Ihnen verwendete Vokabular „Zwangsexmatrikulation“ ist eigentlich eine Unverschämtheit und suggeriert etwas Falsches. Es ist lediglich festgelegt, dass es irgendwann eine Grenze gibt, wenn jemand durch eine Prüfung fällt und die Fristen versäumt. Dann muss demjenigen klar sein, dass er nicht noch weitere zehn Jahre studieren kann. Ich finde, unendlich zu studieren ist kein Menschenrecht.
Was heißt hier Umsteuern? Ich sehe bei Ihnen überhaupt keine Linie. In Ihrem Wahlprogramm vernehme ich einerseits eine ständige Miesmacherei und andererseits einen Zickzackkurs durch die Tagespolitik, je nachdem, wie es gerade opportun ist. Wohin Sie wollen, weiß ich nicht. Ich möchte zwei Punkte nennen, die immer wieder angesprochen werden und auch in der Begründung für die Aktuelle Stunde eine Rolle spielen.
Erster Punkt ist die Chancengerechtigkeit. Dazu heißt es, dass durch die Gesetzgebung in Brandenburg Chancengerechtigkeit vertan bzw. abgeschwächt worden sei. Betrachten wir einmal die letzte BAföG-Novelle. Sie hat zur Folge, dass wir im nächsten Jahr in Brandenburg schätzungsweise 22 Millionen Euro zu zahlen haben. Das bedeutet zum Beispiel, dass ein Brandenburger Jugendlicher, der BAföG-berechtigt ist und in Frankreich oder Spanien studieren will, jetzt im Gegensatz zu vor fünf oder sieben Jahren das komplette Studium dort sowie die Hälfte der Reisekosten bezahlt bekommt. Wenn er sich ein Land aussucht, in dem es Studiengebühren gibt, bezahlt ihm diese unser Staat. Das ist doch eine Chance, die es vorher nicht gab.
Dass viele nicht studieren, liegt nicht in allererster Linie an den Finanzen, sondern zum Beispiel auch daran, dass die Eltern ihre Kinder weniger auf ein Studium orientieren. Das ist in gewissen sozialen Schichten so. Deswegen ist die von uns getroffene Regelung, dass jemand, wenn er einen Beruf erlernt hat und zwei Jahre lang darin gut war, anschließend studieren kann, ein richtiger Schritt auf dem Weg zur Chancengerechtigkeit. Das macht sonst niemand in Deutschland, nur wir. Aber Sie können das nicht honorieren, sondern für Sie ist alles immer nur schlimm.
Oder schauen wir uns die strukturierte Eingangsphase an oder auch die Chancen für Frauen. Die Chancen für Frauen sind mir wichtig. Bei allen Qualifikationsstufen, ob Mitarbeiter oder
Professoren, liegt Brandenburg über dem Bundesdurchschnitt, und zwar in sämtlichen Studienfächern. Bei diesen Ergebnissen kann man doch nicht sagen, dass alles ungerecht ist und die Chancen beschnitten werden. Nein, wir haben bewusst und klug überlegt. Was die Chancengerechtigkeit im Hochschulbereich betrifft, haben wir wirklich eine Menge vorzuweisen.
Der zweite Punkt ist die Qualität der Lehre. Darum muss man sich bemühen. Das ist in Deutschland wirklich ein Problem. Das möchte ich überhaupt nicht wegreden. Wir haben jetzt mehr Personal eingestellt. An der Uni Potsdam gab es in der Legislaturperiode 20 % mehr Personal, die studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte sowie das Drittmittel-Personal nicht eingerechnet. Wir haben in dem Gesetz, das hier im Landtag beschlossen wurde, ein verbindliches Mentorenprogramm festgelegt. Wer jetzt zu studieren beginnt, bekommt einen Professor oder wissenschaftlichen Mitarbeiter als persönlichen Ansprechpartner an die Seite gestellt. Wie war Ihre Reaktion darauf? - Das geht nur, wenn die Professoren mehr Geld bekommen. - Das geht in anderen Ländern auch, und bei uns ist es jetzt verpflichtend.
Oder betrachten wir die Empfehlung des Wissenschaftsrates, Lehrprofessoren einzustellen, um die Qualität der Lehre zu verbessern. Ihre Antwort lautete: Teufelszeug! Auf keinen Fall! - Sie erwähnen das Hochschuldidaktische Zentrum als Anregung Ihrer Partei - worüber ich laut lachen musste. Ich wollte das gemeinsam mit Berlin auf den Weg bringen, aufgrund der Größe der dortigen Universitäten und der vorhandenen hohen pädagogischen Kompetenz. Leider hat Rot-Rot das nicht gewollt. Deswegen haben wir das jetzt allein in Brandenburg installiert.
Oder nehmen wir die Betreuungsrelation. Schauen Sie doch einmal in die Tabellen der bundesweiten Vergleiche. Im Fachhochschulbereich sind wir auf dem 4. Platz. Wir sind eines der besten Länder. Die Relation, die man aus den Tabellen ablesen kann, kommt durch das in den Haushaltsplänen verankerte Personal zustande. Wir haben den Hochschulen 16 Millionen Euro, die wir vom Bund erhalten haben, gegeben, damit diese zusätzliches Personal einstellen können, ohne dass das kapazitätswirksam ist - das ist ganz entscheidend.
Meine Damen und Herren, Sie schreiben am Ende Ihrer Bemerkungen zur Aktuellen Stunde, dass Sie Probleme benennen wollen - die wir nun gehört haben - und skizzieren wollen, wie man weiterzumarschieren hat. Ich kann in Ihren Äußerungen jedoch nur eines erkennen - und das verdient nicht einmal den Namen Skizze -: die Forderung nach mehr Geld. - So können wir unser Bildungssystem nicht qualifizieren. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema lautet: Eine Bilanz der 4. Wahlperiode.
Ich denke, es waren fünf gute Jahre für Brandenburg. Wir sind in diesen Jahren als Land Brandenburg zukunftsfähiger geworden. Wir haben, auch wenn die Fraktion DIE LINKE immer wieder danach gerufen hat, keine Luftschlösser gebaut. Wir haben das Stigma „Land der verfehlten Großprojekte" abgelegt. Wir sind in unseren Politikforderungen verlässlich und realistisch geblieben.
Ganz wichtig bei dieser Bilanz ist für mich, dass sich Brandenburg zu einem toleranten und solidarischen Land entwickelt hat. Wenn ich mir das Regierungshandeln vor Augen führe, dann erkenne ich drei Punkte, die für das, was wir erreichen konnten, ganz wichtig waren.
Den ersten Punkt hat der Ministerpräsident schon angesprochen. Wir haben innerhalb der Landesregierung Prioritäten gesetzt die nicht nach Parteibuch gingen -, Prioritäten für Wirtschaft, für Wissenschaft und für Bildung; Prioritäten nicht nur bei der Verteilung der Landesmittel, sondern konsequent auch hinsichtlich des Ziels, in diesen Bereichen kein Personal abzubauen, und bei der Zuweisung von EU-Strukturmitteln. Das ist vorher nicht so gehandhabt worden, aber es war zwingend notwendig.
Zweitens konnten wir viele Ressortegoismen überwinden. Wir haben eine ganze Reihe von Projekten ressortübergreifend auf den Weg gebracht, wenn ich etwa an den Tourismus im Bereich der Wirtschaft, an die Fachkräftesicherung durch das MASGF, an die konzertierte Denkmalhilfe denke. Nur so ist es mit den beschränkt zur Verfügung stehenden Mitteln in diesem Lande möglich, Erfolge zu erreichen.
Das Dritte, worauf wir alle stolz sein können, ist, dass sich die Landesregierung von Brandenburg als Vorreiter für eine ganze
Reihe von wichtigen Zukunftsthemen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland profiliert hat. Angesprochen wurde schon die Energiestrategie 2020. Die wird wahrgenommen, und zwar nicht nur in Brandenburg. Brandenburg war auch das erste Bundesland, in dem sich die Landesregierung systematisch mit der Frage der demografischen Entwicklung beschäftigt, Analysen vorgelegt und formuliert hat, wie man darauf reagieren kann. Es ist völlig klar, dass das eine Daueraufgabe ist, also keine Aufgabe, die bereits erledigt ist. Aber das Land Brandenburg hat gezeigt, dass es geht, dass Regierungshandeln insoweit eingesetzt werden muss, weil sich das nicht automatisch vor Ort erledigt.
Wie ich schon gesagt habe, ist Brandenburg zukunftsfähiger geworden. Schauen Sie sich einmal die Arbeitslosenzahlen in der jetzigen krisenhaften Situation an, die Arbeitslosenzahlen in Brandenburg im März, im April und im Mai, und vergleichen Sie diese mit den Arbeitslosenzahlen des entsprechenden Vorjahreszeitraums. Sie werden feststellen, dass die Arbeitslosenzahl im März, im April und im Mai dieses Jahres geringer ist. Wir haben wesentlich weniger Kurzarbeit gemessen an der Zahl der Beschäftigten. Schließlich haben wir so viele Ausbildungsplätze im Angebot wie noch nie. Wir haben sogar Schwierigkeiten damit, alle angebotenen Ausbildungsplätze qualifiziert zu besetzen. Damit will ich nicht etwa Optimismus dahin gehend verbreiten, dass das alles jetzt an uns vorbeigeht. Aber es ist ganz entscheidend, dass wir für die Zukunft die Wirtschaftsförderung umgestellt haben, und zwar in Richtung leistungsfähiger und innovativer Zweige, die gestärkt worden sind.
Die Zahl der innovativen Unternehmen ist bekanntlich immer ein Indikator für die Leistungsfähigkeit einer Wirtschaft; innovative Unternehmen sind ein Motor für die wirtschaftliche Entwicklung. Das sind zukunftsfähige Arbeitsplätze, die wir auch in den nächsten 10 bis 15 Jahren brauchen.
Für diese zukunftsfähigen Arbeitsplätze brauchen wir natürlich junge Leute, die engagiert sind. Frau Kaiser, Sie haben erfreut festgestellt, dass die Studenten streiken. Auf der einen Seiten finde auch ich es gut, dass sich unsere Studenten im Gegensatz zum letzten Jahr an dem bundesweiten Bildungsstreik beteiligen, weil die Studenten in meinen Augen hochschulpolitisch oftmals zu wenig interessiert sind. Wenn ich den Katalog der zentralen Forderungen der Studenten lese: keine Noten, keine Leistungsanforderungen als Voraussetzung für das Masterstudium und keine Möglichkeiten für die Hochschulen, wenn ein Student alle Prüfungen vergeigt und alle Termine überschreitet, ihn zu exmatrikulieren, dann muss ich allerdings sagen, dass das zwar für Sie gut sein mag, dass Sie sich auf die Schenkel klopfen, dem also zustimmen können, aber dass das meiner Meinung nach weder für die jungen Menschen noch für die Zukunftsfähigkeit dieses Landes gut ist.
Wir sind ein Land mit einer sehr kleinteiligen Wirtschaftsstruktur. Mehr als 90 % der Unternehmen in unserem Lande haben weniger als zehn Beschäftigte, In einem solchen Land zu organisieren, dass moderne Produkte hergestellt werden, Transfer zu organisieren, ist schwierig. Das ist viel schwieriger als in
Baden-Württemberg oder in einem anderen Bundesland mit großen wirtschaftlichen Einheiten. Das Landesinnovationskonzept, das wir in der Landesregierung in dieser Legislaturperiode gemeinsam verabschiedet haben, ist hier ein Weg, der auch schon Erfolge zeigt. Um 150 % ist die Summe gestiegen, die von der Brandenburger Wirtschaft für Forschungsleistungen in unseren Hochschulen ausgegeben wird. Dass wir bei den Fachhochschulen Spitzenreiter sind - bekanntlich befinden sich alle fünf unserer Fachhochschulen in einem bundesweiten Ranking unter den ersten 20 -, ist ein Maßstab. Dass wir im letzten Herbst neue Instrumente wie Forschungsprofessuren eingeführt haben, ist vor allem ein Weg in die Zukunft, um junge Leute zu gewinnen. Der Markt wird eng: Obama will 100 000 Leute aus Europa haben. Deswegen müssen wir hier etwas bieten, damit die jungen Leute zu uns kommen und nicht alle weggehen. Dafür haben wir eine Menge getan.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang nur einige wenige Spitzenleistungen aus dem Wissenschaftsbereich anführen. Ein Stichwort lautet Tsunami-Warnsystem. In Südostasien sind unsere Forscher vom Geoforschungszentrum Verhandlungspartner der Regierungen.
Ein weiteres Stichwort: Galileo. Was da geforscht wird, hat etwas mit Navigation in der Zukunft zu tun, Herr Baaske. In diesem Bereich sind wir nicht nur wissenschaftlich federführend, sondern überlegen auch gemeinsam, was man für die Brandenburger Wirtschaft strategisch jetzt schon daraus machen kann.
Als letztes Beispiel nenne ich das neue Institut, das hier schon angesprochen worden ist.
Natürlich braucht man für Wissenschaft Geld, wovon wir nicht so viel haben. Aber vor allem braucht man strategisches Denken. Der Ministerpräsident erwähnte hier den Namen Edenhofer. Das ist der zentrale Wissenschaftler für das betreffende Projekt im Rahmen der Klimaforschung. Herr Ministerpräsident, wir beide wissen, was Rüttgers geboten hat, und dass wir keine Chance gehabt hätten, das mit Geld aufzuwiegen. Trotzdem ist Herr Edenhofer bei uns geblieben.
Man muss also etwas machen, was zukunftsfähig ist, und darf nicht nur immer sagen: Mehr Geld, mehr Geld, mehr Geld! Manchmal ist es sogar so, dass man mit mehr Geld weniger erreicht.
Was wir in der Wissenschaft, in den Hochschulen erreicht haben, ist kein Zufall. Es ist kein Zufall, dass wir in der Region hier keinen Ingenieurmangel haben. Es ist kein Zufall, dass Brandenburg prozentual die meisten jungen Frauen bei den Studienanfängern hat. Vielmehr steckt dahinter Arbeit. Dass wir bei der demografischen Entwicklung gegen den Trend agiert haben, beginnt sich jetzt schon auszuzahlen. In dieser Hinsicht sind wir sehr daran interessiert, dass nicht nur die Wissenschaftler, sondern auch die Verwaltungen, was Berlin betrifft, dort strategisch auch mehr mitziehen. Darüber werden wir morgen reden, wenn es um Qualität in der Bildung geht.
Mein nächstes Stichwort lautet: bodenständig und verlässlich. Das Regierungsprogramm, das wir uns gegeben haben, ist sehr anspruchsvoll, und wir haben vieles davon erreicht bzw. gehalten. Natürlich konnten wir nicht die Maximalforderungen erfüllen,
die von dem Pult hier aus von manchen verkündet und eingeklagt werden. Wenn heute in diesem Land Brandenburg 88 % oder 95 % der Menschen - je nach Umfrage - gern in Brandenburg leben, dann hat das auch mit bodenständiger Politik zu tun, hat damit zu tun, dass Mittelstandsförderung an jeder Stelle in Brandenburg funktioniert, ob in Perleberg oder in Finsterwalde oder wo auch immer. Das hat nichts mit Wachstumskernen zu tun, sondern von dem, was wir dort an Programmen haben, profitiert jeder Mittelständler.
Mein nächstes Stichwort: kulturelle Strukturen. Es heißt immer, da sei etwas gut wegen der Nähe zu Berlin. - Ziesar war bekanntlich ein Highlight der letzten Legislaturperiode. Auch Neuzelle liegt weit weg von Berlin. Diejenigen, die dort einmal waren, wissen, was das für die Region bedeutet. Als weiteres Beispiel nenne ich Cottbus, das auch nicht in der Nähe von Berlin liegt.
Ich meine, Brandenburg ist bodenständig und trotzdem weltoffen. Ich nenne in diesem Zusammenhang nur die Stichworte: BBI, Tourismus, Kraftanstrengung Masterplan, Weltkulturerbe in einer Dimension für die nächsten Jahre. Das bringt Millionen von Touristen und damit auch entsprechende Einnahmen für Brandenburg.
Wenn ich hier von Weltoffenheit spreche, dann muss ich aber auch sagen, dass wir in Brandenburg ein solidarisches Miteinander, Vielfalt und Toleranz haben. Es ist ein gemeinsames Engagement von Landesregierung, Kommunen und Bürgern, dass es eine ganz konsequente Haltung gegen Rechtsextremismus gibt - Stichwort: tolerantes Brandenburg -, aber auch den Stolz, dass die ersten Rabbiner, die nach 1945 in Deutschland ordiniert wurden, hier in Potsdam ausgebildet worden sind. Netzwerke Familienpolitik, aber auch die seniorenpolitischen Leitlinien sind im Rahmen des solidarischen Miteinanders in den nächsten Jahren wichtige Punkte.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir haben eine Menge erreicht. Wir wissen, dass es noch viel zu tun gibt. Dafür brauchen wir Leistungswillen und Optimismus. Ich meine, wir, also alle Brandenburger und Brandenburgerinnen, sollten uns aber auch erlauben, ein Stückchen weit stolz zu sein auf das, was bisher erreicht wurde. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute die Möglichkeit, grundsätzlich über Kultur zu reden und - es wurde schon mehrfach gesagt - über die Kulturentwicklungskonzeption sowie über den Bericht zur kulturellen Bildung. Herr Hoffmann, Sie sprachen vom Staatsziel Kultur. Ich bin sehr dafür. Es gibt ein systematisches Argument dagegen, nämlich dass man Staatsziele nicht beliebig vermehren soll. Da man aber an manchen Stellen schon inkonsequent war, würde ich sagen, hat das Staatsziel Kultur genauso seine Berechtigung. Deswegen engagieren wir uns dafür, aber nicht mit der Illusion, dass das die Probleme löst oder dadurch auch nur ein Euro mehr in den Haushalt eingestellt wird. Es ist eine prinzipielle Haltung, die nicht schadet, aber eben auch nicht die Probleme löst.
Zu dem Bericht der kulturellen Bildung und zur Kulturentwicklungskonzeption kommt noch Ihre Große Anfrage. Sie
richten Ihre Große Anfrage an die Landesregierung zu einem Zeitpunkt, zu dem schon klar ist - Sie haben die Zeitleiste vorhin selbst genannt -, dass wir systematisch über Kulturentwicklung berichten. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass in dem Bericht viele Dinge stehen, die Sie meinen erfragen zu müssen.
Im Vorwort Ihrer Großen Anfrage steht, dass es trotz knappen Geldes und mangelnden Interesses der Kommunalpolitik und mangelnden Interesses der Landespolitik gelungen sei, die kulturelle Substanz zu wahren und innovative Ansätze zu begründen.
Wie ist es denn gelungen? Sie waren daran nicht beteiligt, sondern es ist dem Engagement der Kommunen zu verdanken. Sie engagieren sich für ihr kulturelles Erbe, sie unterhalten kulturelle Einrichtungen, und sie fördern das Engagement der Bürger. Das Land hilft dabei ganz entscheidend mit. Sie konstruieren also Probleme, die es so eigentlich nicht gibt. Sie haben - das zieht sich auch heute wieder wie ein Faden durch Ihre Argumentation eine andere Vorstellung von Kultur und wie Kultur vonstatten gehen kann, als wir sie zum Teil haben.
Ein besonderes Merkmal von Kulturpolitik ist es, dass immer wieder neu die Fragen beantwortet werden müssen: Was wird in welchem Umfang gefördert, und wie kann es finanziert werden? Das ist zum Teil ein mühseliges Geschäft. Es ist nicht einfach, und es gibt kein anderes Argument dagegen, als dass man Prioritäten setzen muss. Das heißt, es gibt auch Absagen und Enttäuschungen. Wir haben in den letzten Jahren transparent zu machen versucht, warum etwas gefördert wird und warum nicht. Wenn man die Vorstellung hat, dass das, was gefördert wird, kontinuierlich erhalten bleiben muss, dann ist der Sack irgendwann zu. Denn egal, wie groß die Summe ist, sie ist endlich. Frau Geywitz hat es erläutert: Wenn Sie nur Bestehendes finanzieren, fehlt Ihnen das Geld für kreative Projekte. Deswegen gibt es einen gewissen Umschichtungsprozess, den man weder verordnen noch Jahre im Voraus genau festlegen kann.
Wir haben uns aber wirklich um Transparenz bemüht. Wir haben alle vorhandenen Fördertöpfe zusammengelegt. Bis zum 31. Oktober können sich alle, die an den freien Mitteln des Kulturbereichs partizipieren wollen, bewerben. Bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgt dann die klare Ansage für das darauffolgende Jahr, was möglich ist und was nicht. Ich denke, das ist Verlässlichkeit.
Obwohl sich Kulturpolitik vom Bereich Straßenplanung, wo Verpflichtungsermächtigungen ohne weiteres möglich sind, unterscheidet, haben wir es in den letzten Jahren geschafft, solche für den Kulturbereich aufzulegen. Das bedeutet, dass sämtliche Landesverbände die ihnen zur Verfügung stehenden Summen im Jahr zuvor genau kennen und damit Planungssicherheit haben; das hilft, Geld zu sparen.
Es wird über eine Verstärkung der gesetzlichen Regelungen für den Kulturbereich diskutiert. Ich glaube, dass eine weitere Verrechtlichung des Kulturbereichs nicht dazu führt, dass Kunst und Kultur sich gut und zukunftsfähig weiterentwickeln. Mehr Gesetze heißt nicht mehr Kultur, und eine Geldvermehrung kommt dadurch auch nicht zustande. Wir haben im Land Brandenburg zum Beispiel ein Musikschulgesetz. Das bedeutet, dass im Kulturetat eine bestimmte Summe festgelegt ist und die Summe, die frei beweglich ist, dadurch eingeschränkt wird. Wenn wir das für zig Sparten übernehmen würden, gäbe es kaum noch Bewegungsfreiheit.
Thüringen liefert mit seinem Bibliotheksgesetz ein gutes Beispiel. Ich habe sehr oft mit dem Bibliotheksverband diskutiert, der ein Bibliotheksgesetz forderte. Nach langen Diskussionen ist er nun der Meinung, dass ihm ein Gesetz wie das Thüringer nichts nütze. Es nützte nur etwas, wenn es auch finanziell untersetzt würde. Aber genau dies wollen wir nicht in Form von Vorfestlegungen tun.
Der Staat bietet die kulturellen Rahmenbedingungen. Herr Hoffmann, 25 Ihrer Fragen an die Landesregierung beschäftigen sich mit statistischen Dingen im Detail, zum Beispiel: Wie viele Schülerkonzerte gibt es in diesem Land? Wie viele Spielstätten ohne Ensemble gibt es? Und: Kann eine Aussage zur Finanzierung getroffen werden? Dazu zählt jede Dorfkneipe mit Saal.
Eindeutig ja, das ist eine Spielstätte ohne Ensemble. Darüber haben wir keinerlei Informationen. Wir sind kein Orwellscher Staat, diese Informationen brauchen wir auch nicht.
Deshalb werden diese Fragen nicht beantwortet, auch in Zukunft nicht. Alle Informationen haben wir auf unserem Kulturportal zusammengefasst. Dort finden Sie das komplette Angebot.
Sie fragen: Was hält die Landesregierung von dem Museumsförderverein? Natürlich halten wir sehr viel davon. Wir haben 400 Museen und fast genauso viele Fördervereine. Manchmal sind sie klein, manchmal groß, manchmal gut. Was erwarten Sie denn? Dass gut bezahlte Angestellte und Beamte recherchieren und für jeden Förderverein ein Votum abgeben? Das kann man nicht leisten. Ich meine, dass wir da sehr konsequent waren.
Es tut mir leid, dass unbedingt immer Lesehilfe gegeben werden soll, obwohl die erfragten Dinge im Internet gut abrufbar sind oder in anderen Materialien schon dargestellt wurden. Ich halte es für völlig legitim zu sagen: Die Informationen finden Sie da und da auf Seite sowieso. Das ist zumutbar. Das mag früher vielleicht anders gewesen sein, als es noch Kulturschaffende gab, die einen gewissen gesellschaftlichen Auftrag wahrgenommen haben. Wir machen das an dieser Stelle nicht so, sondern lassen eine große Freiheit.
Sie schreiben, dass Defizite der Kulturpolitik des Landes immer dann sichtbar würden, wenn es sich um ressortübergreifende Fragestellungen handele oder Haushaltsvorbehalte gegenüber wichtigen inhaltlichen Anliegen die Oberhand gewännen. Das ist nicht nur ein Problem im Bereich der Kulturpolitik, sondern ein generelles. Wir haben einen begrenzten Haushalt und im Rahmen dessen muss versucht werden, jene Dinge zu realisieren, die uns wichtig sind.
Was die ressortübergreifenden Kooperationen anbetrifft, so weise ich Sie darauf hin, dass wir das ausführlich dargestellt haben. Auf diesen Punkt bin ich sehr stolz; da ist uns in den letzten Jahren so manches gelungen. Zum Beispiel haben wir den Einsatz der EU-Strukturfonds ressortübergreifend bewerkstelligt.
Das haben wir gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium und dem Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung in exzellenter Art und Weise zustande gebracht. Nehmen Sie zum Beispiel den Punkt Stärkung der Schulen mit Ganztagsangeboten. Natürlich ist das mit dem Bildungsministerium in vielen Punkten besprochen worden; wir haben diesbezüglich eine gemeinsame Strategie. Denken Sie an die Konzeption „Kulturland Brandenburg“, die wir aus Eigeninitiative zusammen mit dem Städtebauministerium realisieren. Aber es ist nicht so, dass sich bei diesen Aufgaben die Beamten zusammensetzen und einen strategischen Plan erstellen, sondern wir versuchen, Initiativen zu starten, zu reagieren und Probleme zu lösen.
Frau Geywitz hat es schön gesagt: Die Kulturentwicklungskonzeption ist kein Fünfjahrplan, sondern ein Leitfaden.
Wo Sie Recht haben, Herr Hoffmann, das ist beim Auflisten der Zeitschiene. Wir hatten da Verzug, das muss man deutlich sagen. Aber ich fand es schade, dass bei der begrenzten Redezeit, die Sie hier haben, die Auflistung aller Termine größere Priorität hatte, als den Inhalt dessen, was wir da getan haben, zu reflektieren.
Wir hatten bei dieser Kulturentwicklungskonzeption gerade deshalb eine lange Bearbeitungsdauer, weil wir die Konzeption nämlich nicht vorlegen und jetzt darüber diskutieren, sondern weil sie ein Ergebnis langwieriger intensiver Diskussionen ist. Zum Beispiel gab es mit allen 18 kreisfreien Städten und Landkreisen große Diskussionsrunden von zwei bis fünf Stunden über die gesamte Thematik, festgelegt in Protokollen mit Entscheidungen: Was macht das Land in den nächsten Jahren, was der Kreis, wo ist es sinnvoll, zu unterstützen? Diese Gespräche mit den Kommunen, mit den Landkreisen, mit den Trägern der Kultur sind sehr wichtig, sie sind eigentlich noch wichtiger als das dann auf dem Papier Zusammengefasste und Geschriebene.
Ich glaube, dass wir bei dieser Kulturentwicklungskonzeption auch gut aufgestellt sind, was die bundesweite Positionierung betrifft. Es war unsere Idee, in Brandenburg so etwas zu machen. Im Bericht der Enquetekommission des Bundestages, die fünf Jahre lang gearbeitet und ein Resultat gezeitigt hat, spielt das kleine Land Brandenburg überproportional eine Rolle. Es sind dort mehrere unserer Initiativen, Dinge, die wir machen, besonders erwähnt. Zu unserer, auch zu meiner Überraschung hat die Enquetekommission zum Beispiel zur Kulturentwicklungskonzeption Folgendes gesagt:
„Die Enquetekommission empfiehlt den Ländern, zu prüfen, ob gemeinsam mit den Kommunen und freien Trägern im Diskurs Landeskulturentwicklungspläne/konzeptionen erarbeitet werden sollen, und empfiehlt sogar dem Bund, dieses auch zu tun. Das heißt, dieser strategische Ansatz wird geschätzt, und er enthält auch die Visionen und Vorstellungen für die nächsten Jahre. In der ersten Kulturentwicklungskonzeption zum Beispiel gab es - nach heftigen Diskussionen - die klare Aussage: Was sind Landesaufgaben im Bereich der Kultur? Was sind Aufgaben des Landes? Was müssen wir fordern, oder was lassen wir von vornherein im kommunalen Bereich? Das sind Dinge, die tragen, die wir nicht geändert haben. Sie haben weiterhin Bestand.“
Noch einmal in Richtung der Fraktion DIE LINKE, die jetzt sagt: Zu wenig Aussagen etc.: Bei der ersten Kulturentwick
lungskonzeption - Herr Trunschke, Sie erinnern sich - waren meine Mitarbeiter sehr sauer, weil dann im Parlament gesagt wurde, da seien viele bunte Bildchen und Zahlen. Wir hatten damals mit zwei ausgewiesenen Statistikern - Söndermann richtig Geld in die Hand genommen und den gesamten Kulturbereich in Brandenburg mit allen anderen Bundesländern nach Sparten etc. verglichen, haben Auflistungen, Tabellen, Karten gemacht: Wo ist was? Wir haben uns also intensiv Mühe gemacht. Das war bei Ihnen „gar nichts“. Jetzt gibt es die Forderung: Das muss alles genau bilanziert sein: Wo ist jede Volkshochschule oder was anderes, was Kultur macht? Ich denke, das ist nicht fair. Der strategische Ansatz, den wir damit verfolgen, ist ein anderer.
Zum Denkmalschutz: Frau Geywitz, als das Programm „Dach und Fach“ beim Bund gestrichen wurde - was ich sehr bedauerte -, haben wir als Land Brandenburg - die eine Hälfte Bundesmittel, die andere Landesmittel -, obwohl es damals eine schwierige Situation war, den Landesanteil nicht gestrichen. Der Landesanteil ist bestehen geblieben, und wir haben nun die konzertierte Denkmalhilfe. Konzertierte Denkmalhilfe heißt, die verschiedenen Ressorts konzentrieren ihre Mittel auf große Dinge. Damit haben wir auch große Dinge, zum Beispiel Niederfinow, geschafft.
Diese konzertierte Denkmalhilfe ist nicht überbucht, sondern es ist so, dass wir die Listen mit den Prioritäten für die Landkreise haben. Sie schreiben die Listen nicht nur für dieses Jahr, sondern sie haben längere Listen, bei denen man genau prüfen muss: Was kann man wie finanzieren, was lässt sich machen? Wir haben de facto einen Fonds, weil wir jedes Jahr mit unseren Mitteln und denen des Landesamtes die der anderen Ressorts kofinanzieren können.
Probleme haben wir bei der Aussage im Denkmalschutzgesetz, dass, wenn die Auflagen des Denkmalschutzes für den privaten Eigentümer nicht zumutbar sind, entweder die Auflagen gestrichen werden oder er Finanzhilfe vom Staat erhält. Eine finanzielle Lösung des Problems steht jedoch noch aus. Es ist nicht kalkulierbar, wie verfahren werden sollte, wenn jemand plötzlich Hilfe für den Erhalt seines denkmalgeschützten Hauses bekommen müsste. Da fehlen uns die Flexibilität und auch die Größenordnung.
Noch eine Zahl zum Denkmalschutz: In unserer Kulturentwicklungskonzeption steht, dass wir seit dem Jahr 2000 441 Millionen Euro für die Sicherung und Wiederherstellung von Denkmalen ausgegeben haben. Diese Summe steht nicht in unserem Etat, sondern in den unterschiedlichsten Etats, sie ist aber beachtlich.
Letzter Punkt, kulturelle Bildung: Kulturelle Bildung ist in den letzten Jahren zunehmend ein Handlungsfeld von Kultur-, Schulund Bildungspolitik geworden. Wir haben im Land Brandenburg das gehört auch zu den Positiva, die die Enquetekommission würdigt - seit Anfang der 90er Jahre Initiativen und Einrichtungen der kulturellen Bildung, die vom Land und von den Kommunen unterstützt werden. Natürlich ist das Ziel, dass jedes Kind Zugang zu diesen Angeboten hat. In Anbetracht dessen, dass diese Angebote sehr gestaffelte Teilnahmegebühren oder Freiheitsgrade haben, glaube ich, dass dies gewährleistet ist.
Natürlich ist kulturelle Bildung eine Querschnittsaufgabe, die das Kulturministerium nicht allein leisten kann, sondern sie ist mit den anderen Ministerien, insbesondere mit denen, die sich um Jugendbildung oder schulische Bildung kümmern, nur gemeinsam zu leisten.
Ich hatte heute früh gesagt: Demografischer Wandel ist eines der Gebiete, mit dem sich die Landesregierung sehr frühzeitig systematisch beschäftigt hat. Auch hier haben wir in den letzten Jahren versucht, vieles auszutesten, Handlungsempfehlungen zu geben, weil der einzelne Künstler oder die Kommune sich nicht damit auseinandersetzt. Es ist Aufgabe von Kulturpolitik, Anregungen zu geben. Unser Projekt „Kultur im Wandel“ - ich habe hier schon einmal dargelegt, wie die Jugendeinrichtungen mit der veränderten Bevölkerungsstruktur umgehen, wie man ein entsprechendes Angebot für die über 55-Jährigen kreieren kann - ist eines der wenigen erfolgreichen Modellprojekte, die es in der Bundesrepublik Deutschland zum Thema Kultur und demografischer Wandel gibt.
Das Freiwillige kulturelle Jahr - ich habe gerade mit einer Gruppe von Jugendlichen, die ihr Freiwilliges kulturelles Jahr unlängst abgeschlossen haben, zusammengesessen - ist ein Erfolgsmodell. Da Sie die hohe Zahl der Bewerbungen nannten, möchte ich darauf hinweisen, dass die Jugendlichen zu meiner Überraschung - über Internet informiert - aus Kassel, Karlsruhe und München hierher kamen, weil es dort so etwas nicht gibt. Die Zahl der Plätze, die Sie nannten, die wir vergeben, betrifft die Plätze, die wir kofinanzieren, für die wir Geld einsetzen. Es können wesentlich mehr sein, wenn die Einrichtungen das selbst finanzieren. Das ist beim Staatstheater oder auch anderen großen Einrichtungen möglich.
Was ich nicht als Kritik akzeptiere, ist, dass gesagt wurde, in Ermangelung einer eigenen Institution ordnet man diese jungen Leute den entsprechenden Stellen in Berlin oder Berliner Einrichtungen zu. Ich denke, wir wollen die Fusion, und wenn etwas gemeinsam geht, brauchen wir nicht zwei getrennte Mechanismen. Ich sehe es sogar als einen Vorteil an, dass wir da seit langem mit Berlin gut und engagiert zusammenarbeiten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gerade von den Linken, Sie sollten nicht versuchen, den Künstlern einzureden, dass es nur die Alternative gibt: Entweder prekär und allein oder glücklich und kulturschaffend, sondern es gibt in diesem Land viele Möglichkeiten, aktiv kulturell tätig zu sein. Gerade die Kultur vor der friedlichen Revolution und nach der friedlichen Revolution zeigt, dass sich da sehr, sehr viel geändert hat. Ich bin der Meinung, dass Kultur im Land Brandenburg vielfältig möglich ist, dass sie anspruchsvoll ist und für die Menschen in diesem Land gemacht wird. Wir als Landesregierung haben nur die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen. Alles andere schreiben wir nicht vor. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Hoffmann, was die Ausgaben für Kultur anbetrifft: Die sind nachlesbar. Sie zitieren Sachsen. Es ist so, dass die neuen Bundesländer pro Einwohner für Kultur mehr ausgeben als die alten Bundesländern. Der Spitzenreiter bei den neuen Bundesländer ist mit Abstand Sachsen. Das ist zugestanden. Aber vergleichen Sie uns an dieser Stelle mit Bayern und anderen Ländern. Die Zahlen haben wir ja vorgelegt.
Ich höre immer aus der linken Richtung: Wir wollen kulturelle Bildung für alle. Das wollen wir auch, das ist ganz wichtig. Das heißt zum Beispiel Musikschule, Musikschulgesetz.
Für mich heißt kulturelle Bildung für alle: Alle Jugendlichen müssen die Möglichkeit haben, zum Beispiel ein Instrument spielen zu lernen, wenn sie das wollen. Das muss finanziell möglich sein. Da muss ein Lehrer in der Nähe sein. Das muss von den Entfernungen her möglich sein. Das ist für mich die Prämisse. Das ist für mich wichtig. Das heißt, ich möchte gern ein vielfältiges Angebot. Das sind die Musikschulen, das sind die freien Schulen, das sind die privaten Schulen, das sind auch die Orchestermusiker, die sehr wohl in der Lage sind, Musikunterricht zu geben. Alles das will ich. Deswegen haben wir im Musikschulgesetz, so wie es vorliegt, wie es im Land Bestand hat, eine Förderung: Wir unterstützen die Unterrichtsstunde. Dafür gibt es einen Zuschlag. Den kann man sich größer wünschen, aber so ist das System.
Aber in dem Musikschulgesetz, das Sie eben als zeitgemäß und als empfehlenswert bezeichneten, gibt es einen Paradigmenwechsel. In diesem Musikschulgesetzentwurf, wie er jetzt vor
liegt, wird verlangt, wir sollen zahlen, nicht nach den Stunden für die Kinder, sondern nach der Zahl der fest angestellten Lehrer. Das ist eine ganz andere Förderphilosophie, die ich ablehne und die dazu führt, dass zum Beispiel in der Uckermark und an anderen Orten die ganze Sache sofort scheiterte und noch andere Dinge einträten oder dass man Musikschulen auf Vereinsbasis schlechter stellte. Das steht in Ihrem Gesetzentwurf.
Kulturelle Bildung für alle heißt nicht Privilegierung eines Weges, sondern Vielfalt. Deswegen glaube ich, dass wir darüber sehr wohl diskutieren müssen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hoffmann, der Wunsch der Überlebenden nach einem würdigen Ort des Gedenkens besteht, aber nicht erst seit zwölf Jahren, sondern seit 1945, und zwar berechtigt. Pierre Gouffaut, der jetzige Vorsitzende des Internationalen Sachsenhausenkomitees, hat selbst in diesem Todeslager arbeiten müssen.
Es war nicht möglich, dort zu gedenken, denn das Gelände des Klinkerwerks hat die Nationale Volksarmee beansprucht. In all den Jahren wurden dort Fahrer ausgebildet, und eine chemische Kompanie des Regiments übte auf der Fläche, in deren Bombentrichtern die Toten verscharrt sind, die bei den letzten Angriffen kurz vor der Befreiung umgekommen sind. Erst im Jahr 1977 wurde es erstmals möglich, auf der Zufahrtsstraße zum ehemaligen Klinkerwerk eine Tafel anzubringen, die an das Außenlager erinnert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, stellen Sie sich einmal die Situation 1989 vor, wenn es um den Bereich des Gedenkens an das geht, was vor 1945 geschah, aber auch an das, was danach geschehen ist. Ich denke, jedem ist sehr klar, dass sich die Erinnerungskultur grundlegend verändert hat. Nach 1989 gab es keine einseitig ausgerichteten Strukturen mehr, sondern es geht seitdem um die gleichberechtigte Erinnerung an alle Opfer: an Linksintellektuelle, an Sinti und Roma, an die sogenannten Asozialen, an die Juden - an alle Opfer.
Ich würde gern erst zu Ende reden; danach gern.
Aber die Situation ist sehr viel komplizierter. Es geht nicht nur darum, wissenschaftlich zu forschen und die Ergebnisse darzustellen. Wir haben vielmehr die Situation, dass jahrelang Spuren, die an Verbrechen von vor 1945 und auch an solche von nach 1945 erinnern, ignoriert wurden. Einige Relikte, die daran erinnern, sind beseitigt worden. Ich nenne einige Beispiele, um uns die Situation 1990/91 vor Augen zu führen.
Das Gelände des eigentlichen KZ Ravensbrück, des größten Frauenkonzentrationslagers, das es in Deutschland gab, befand
sich in den Händen der sowjetischen Armee und durfte überhaupt nicht betreten werden, nicht einmal zu Gedenkveranstaltungen, sodass der Gedenkort vor den Toren des Lagers errichtet werden musste.
Es gab 100 KZ-Außenlager und -Außenkommandos. Das KZAußenlager Lieberose wurde nach 1945 vom NKWD genutzt; Sie kennen den Namen Jamlitz. Auf dem Gelände dieses Außenlagers wurden Eigenheime errichtet, um Spuren zu verwischen. Als man sterbliche Überreste fand, hat man diese heimlich an eine andere Stelle gebracht.
Bei Bauarbeiten wurde in der DDR das Massengrab des NKWD-Speziallagers Ketschendorf gefunden. Die sterblichen Überreste wurden heimlich entnommen und ebenso heimlich auf dem Friedhof in Halbe beerdigt. Wenn heimlich Kränze abgelegt wurden, dann sind diese über Nacht entfernt worden.
Das klingt jetzt so, als ob das Stellen außerhalb der offiziellen Gedenkstellen gewesen seien. Dem war aber nicht so. Folgendes wird Ihnen unwahrscheinlich vorkommen, aber es ist tatsächlich geschehen: In der Gedenkstätte Sachsenhausen hat man jahrelang ohne jede Pietät akzeptiert, dass die Besucher über Wege gingen, die zum Teil aus Menschenasche bestanden. Im gesamten Umfeld des Krematoriums in Sachsenhausen, der Station Z, befand sich oberflächlich mit Sand vermischte Menschenasche. Erst in den Jahren nach 1990 ist diese Menschenasche beerdigt worden. Ich war bei dieser sehr würdigen Veranstaltung dabei. Die entsprechenden Flächen bzw. die Gruben, in denen sich Menschenasche befand, sind jetzt als Massengräber ausgewiesen.
Nach 1990 war also nicht nur zu überlegen, wie die Ausstellung zu gestalten ist, sondern man hatte sich auch darum zu kümmern, wo Spuren sind, wie diese zu sichern sind und wo man sie bewusst ignoriert oder beseitigt hat. Ich glaube, man kann deutlich feststellen, dass an den von mir soeben nur beispielhaft genannten Orten seit 1990 Stätten der Erinnerung entstanden sind, wo an die Toten würdig erinnert wird und wo ihrer gedacht werden kann.
Das Gelände des Klinkerwerks - die Nutzung durch die NVA habe ich erwähnt - wurde in den 90er Jahren unter Denkmalschutz gestellt. Wir haben 1997 an der Nordspitze des Geländes einen Gedenkort mit vier Tafeln zur Geschichte eingeweiht. Einige Zeit später, 1998, folgte die Einweihung eines Gedenkortes an der Südspitze. Es fanden mehrere Workcamps statt, und auch anderswo wurden Überlegungen angestellt, wie man mit diesem Gelände umgehen kann. Im Oktober 2000 gab es im Rahmen von „Kulturland“ zum Klinkerwerk die große Ausstellung „Steine für Germania - Granaten für den Endsieg“.
Im vergangenen Jahr haben wir in Sachsenhausen endlich die letzte Hauptausstellung der Gedenkstätte eröffnet. Ein Teil ist natürlich der Geschichte des Klinkerwerks gewidmet.
Wenn jetzt die Frage gestellt wird, ob das im Konzept der Landesregierung steht, dann antworte ich: Ja, Herr Hoffmann. Das Lager an der Lehnitzschleuse - das Klinkerwerk - war schon Teil des ersten Entwurfs. Wir haben in dem endgültigen Entwurf den Absatz noch erweitert. Es ist jedoch unmöglich, in diesem Erinnerungskonzept über alle Außenlager ausführlich zu berichten. Aber einer der Handlungsschwerpunkte, der am Ende des Konzeptes steht, ist die Geschichte der Außenlager.
Wir waren, was das Klinkerwerk angeht, also nicht untätig; ich sagte es soeben. Das Konzept, das Pierre Gouffaut gern verwirklichen möchte, sieht vor, dass ein Gelände von 60 ha zum Geschichtspark umgestaltet wird. Zur Gedenkstätte Sachsenhausen selbst gehören 42 ha; der Bereich, den Sie kennen, innerhalb der Umfriedung, 15 ha. Wir sehen das Konzept als gute Variante an, aber wenn laut Kostenvoranschlag allein 4 Millionen Euro auf Bodenerkundungen entfallen, dann sprengt das weitaus den Rahmen. Im Kernbereich des Lagers Sachsenhausen sollen die Barackenreste freigelegt werden. Herr Morsch setzt allein dafür 3,1 Millionen Euro an. Angesichts dessen ist klar, dass das ein ganz großes und sehr teures Vorhaben wird.
Wir haben sehr viele Handlungsfelder, auf den etwas getan werden muss und mit denen die Überlebenden Hoffnung verbinden. Darum habe ich zu Beginn meiner Rede die vielen Beispiele genannt. Es ist ganz klar, dass die Landesregierung und alle, die damit befasst sind, auch Prioritäten setzen müssen.
Eine große Priorität war über viele Jahre die Gedenkstätte Sachsenhausen. Dort sind wir fast fertig, bis auf die Freilegung der Barackenreste. Wir haben seit 1999 mit dem Bund gemeinsam allein in die Gedenkstättenstiftung über 50 Millionen Euro gegeben. Natürlich fließt weiterhin regelmäßig Geld in die Stiftung.
Wir haben nunmehr den Schwerpunkt darauf gesetzt - ich verteidige ihn entschieden -, dass auch das größte Frauenkonzentrationslager als einziges großes Lager ohne Dauerausstellung endlich eine würdige Gedenkstätte bekommt. Die Frauen drängen jedes Jahr erneut darauf. Das ist im Moment unsere Priorität.
Meine Damen und Herren, ich glaube, die Herausforderung, vor der wir stehen, dieses alles zu bedenken, habe ich in der Kürze der Zeit deutlich machen können. Wir ziehen keinen Schlussstrich unter das, was dort geschieht, sondern wir sind uns der Verantwortung bewusst. Aber es müssen Prioritäten gesetzt werden. Die sahen - wie eben geschildert - nicht so aus, dass es uns möglich war, dort die Vorstellungen schon zu realisieren. - Danke.
Herr Hoffmann, ich glaube, ich habe relativ deutlich gesagt, dass die Idee eines Geschichtsparks nicht das ist, worüber wir streiten. Es gibt auch die Beschlüsse der Stadt Oranienburg. Es geht darum, wie, in welchen Schritten und zu welchem Zeitpunkt man das realisieren kann.
Was heißt Abstimmung? Würden Sie das einmal definieren!
Ich hörte hier Protest. Ich wollte ganz deutlich wissen, ob es eine verbindliche...
- Ach, Herr Görke, Sie entscheiden nicht darüber. - Eine verbindliche Zusage kann es zu diesem Zeitpunkt, Mitte der 90er Jahre, nicht gegeben haben. Das Ministerium, dem ich jetzt vorstehe, hat Anfang der 90er Jahre, bevor das Klinkerwerk unter Denkmalschutz gestellt wurde, Forschungen
darüber in Auftrag gegeben. Über die Ergebnisse und auch über die Unterschutzstellung gab es dann Gesprächsrunden, an denen mein Haus beteiligt war und zu denen es auch federführend eingeladen hat. Zu diesem Zeitpunkt gab es überhaupt noch kein Konzept, wie man mit dieser Fläche umgeht. Das Konzept Klinkerwerk als Geschichtspark ist erst später, im Jahr 2000,
aufgeworfen worden. Da gibt es die grundsätzliche Aussage, dass wir diesen Weg für richtig halten. Ich habe deutlich gemacht, dieser Weg wird mit enormen finanziellen Mitteln verbunden sein und ist im Moment nicht der, der sozusagen erste Priorität hat angesichts der vielen berechtigten Beispiele. Das Klinkerwerk ist nur ein Beispiel. Ich glaube, illustriert zu haben, dass es viele Beispiele gibt. Angesichts dieser vielen Beispiele gibt es keine verbindliche Zusage und auch keine Detailplanung, nicht einmal eine realistische finanzielle Schätzung für das Vorhaben insgesamt.
Okay.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon vieles zu dem, was in der Antwort auf die Große Anfrage von uns erarbeitet und an Daten und Fakten zusammengestellt wurde, gesagt worden.
Noch einmal zum Grundsätzlichen: Zehn Jahre Bologna. In den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts gab es starke Bestrebungen, nicht aus den Hochschulen heraus, sondern eindeutig aus der Wirtschaft und der Politik. Es wurde bemängelt, dass das deutsche Diplom im Ausland nicht anerkannt wird und keiner weiß, was man damit anfangen kann. Es gab starke Forderungen danach, dass man Hochschulabschlüsse, wie es sie in den USA und anderswo gibt, anbieten kann und deswegen die deutsche Studienstruktur von Diplom- und Magister- auf Master- und Bachelorabschlüsse umstellen muss.
Die Hochschulen haben auf die Bedeutung des deutschen Diploms und des deutschen Ingenieurs als qualitativ hohe Abschlüsse seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts hingewiesen. Trotzdem war der politische Druck so groß, dass die Hochschulen dem Rechnung tragen mussten. Sie haben auf die neuen Abschlüsse umgestellt. Die damit verbundene Intention, dass man hier in Potsdam einen Abschluss erwirbt, der dann in Spanien, Frankreich und überall nur durch Vorlage des Titels
anerkannt wird, hat sich bisher nicht erfüllt. Ich halte das auch nicht für das einzig Wichtige beim Bologna-Prozess.
Die Studienstrukturumstellung war unter anderem erforderlich, weil früher weniger junge Menschen eines Altersjahrgangs studierten. In dem Moment, in dem sich der Anteil erhöht, muss man das Studium individueller gestalten, um den unterschiedlichen Interessenlagen gerecht zu werden. Das ist mit einer gestuften Studienstruktur möglich. Das ist für mich der große Vorteil von Bologna.
Es gibt in Deutschland immer wieder Diskussionen darüber, dass Studenten ihr Studium abbrechen; Herr Jürgens sprach es an. Es gibt vielfältige Gründe dafür, dass man anfängt zu studieren und dann aufgibt. Einer der Gründe ist, dass man sich nach dem Lernen in der Schule mit den vielen Freiheitsgraden und der Unübersichtlichkeit an den Hochschulen nicht so schnell orientieren kann. Durch die Bachelorstruktur der Studiengänge haben wir eine viel stärkere Orientierung für die Studenten. Das wird sich auch deutlich in den Ergebnissen niederschlagen. Wir haben die Möglichkeit, dass jemand, der anfängt zu studieren und merkt, dass er es nicht bis zum Masterabschluss schafft, dann einen Abschluss hat, mit dem er in der Berufswelt etwas anfangen kann. Er gibt nicht auf, weil er das Diplom nicht schaffen kann, sondern er hat die Möglichkeit, gestuft zu studieren, nach drei Jahren in die berufliche Praxis zu gehen und eventuell für einen Masterstudiengang wiederzukommen. Frühzeitig und mit größerer Wahrscheinlichkeit einen Abschluss zu erlangen ist einer der Vorteile des Umstellungsprozesses.
Es gibt eindeutig auch Schwächen und Dinge, bei denen das Land Brandenburg überlegt, ob etwas geändert werden muss oder ob es einen Vorstoß in der Kultusministerkonferenz machen soll. Wenn ich mir das System der Akkreditierung anschaue, dann sehe ich, dass es mittlerweile eine richtige Maschinerie geworden ist. Wenn ein Studiengang akkreditiert, also akzeptiert ist, dann muss er nicht nach vier oder fünf Jahren schon wieder überprüft werden. Aber es gab schon damals ganz viele Diskussionen darüber und Aussagen wie: Das kann die staatliche Seite nicht. - Was man zum Beispiel in einem Studiengang Biologie können muss, können unabhängige Akkreditierungsagenturen am besten sagen.
Jetzt sagen an den Hochschulen viele, dass die Rahmenstudienordnungen, die allen Bundesländern Orientierung gaben, ein vernünftiger Weg waren. Trotz der Schwäche wird dieser Prozess in keiner Weise zurückgedreht; denn die Vorteile überwiegen, wie ich glaube.
Wir haben in Brandenburg etwas gemacht, was uns zum Teil von anderen Bundesländern unterscheidet. Wir haben keinen Zwang verkündet. In anderen Ländern wurde festgelegt, dass alle Studiengänge bis zu einem festen Zeitpunkt umgestellt werden müssen und sonst nicht finanziert werden. Wir haben keinen Zwang für den Umstellungsprozess festgelegt und befinden uns trotzdem an der Spitze der Bundesländer, die umgestellt haben. Wie schon mehrfach gesagt wurde, sind 90 % unserer Angebote bereits umgestellt worden. Dabei haben wir viele Erfahrungen gesammelt. Ihre Fragen, Herr Jürgens, dazu, was aus dem Diplomstudiengang geworden ist, fand ich kontraproduktiv. Das ist das alte Bild: Man nimmt ein Diplom, schneidet etwas ab und macht einen Bachelor und Master daraus. Diese Fragen sind ohne Informationswert. Wenn es in
einem Fall - was ich gar nicht ausschließen möchte - einmal so erfolgt, dann ist das genau nicht die Intention von Bologna.
Zu sagen, wir brauchen einen Master für alle, einen Master wie das Diplom, geht an der Idee von Bologna vorbei. Es geht darum, dass ein Masterstudium für jeden, der dazu qualifiziert ist, möglich sein muss. Deswegen ist es völlig legitim, dass man zum Beispiel Notenanforderungen stellt oder manchmal spezielle Praxiserfahrungen prüft. Wir haben im Gegensatz zu anderen Bundesländern keine Übergangsquote festgelegt. Bei uns gibt es keinen einzigen Studiengang, bei dem festgelegt ist, dass nur 30, 40 oder 60 % der Bachelorabsolventen einen Master machen dürfen. Es gibt nur eine inhaltliche Orientierung. Es wird danach geschaut, wie gut jemand mit seinem Bachelorabschluss ist und ob er es schaffen kann, den Master zu realisieren.
Frau Münch sprach es dankenswerterweise an: Wenn ein Bachelorstudiengang erfolgreich sein soll, dann bedarf es vernünftiger Voraussetzungen, was die Qualität der Lehre betrifft. Deswegen ist unser Hauptaugenmerk auch auf die Qualität der Lehre gerichtet. Nur dann kann es gelingen, in drei Jahren einen berufsqualifizierenden Abschluss zu erwerben. Die Maßnahmen, die wir ergriffen haben, ob nun mit Mentoren über das Hochschulgesetz oder auch mit dem Zentrum für Didaktik und Qualitätssicherung, sind richtig. Aber man kann heute noch nicht mit messbaren Zahlen belegen, wie erfolgreich sie sind.
Herr Jürgens, Sie haben ein wenig höhnisch Zahlen dazu genannt, wie viele Studenten tatsächlich ins Ausland gehen. Das war schon immer problematisch in Deutschland. Der Anteil der Studenten, die für ein Praktikum oder sogar für einen gesamten Studiengang ins Ausland gehen, ist geringer als in anderen Ländern. Dabei sind auch noch Fächerunterschiede zu berücksichtigen: Betriebswirte und Sozialwissenschaftlicher gehen viel eher ins Ausland als Informatiker.
Nach einer Einschätzung von Anfang Mai ist es so, dass innerhalb des ERASMUS-Programms - mithilfe dessen viele Auslandsaufenthalte finanziert werden - Deutschland so viele Studenten im Ausland hat wie noch nie. Aus diesem Grund kann man sagen: Alles nicht genug; es müssen mehr sein. - Aber es hat sich verbessert. Wir haben so viele Studenten im Ausland wie noch nie und liegen von allen europäischen Ländern - nach Spanien und Frankreich - an der Spitze.
Ein weiterer Punkt ist das Auslands-BAföG, das es noch nicht sehr lange gibt. Die Tatsache, dass man als deutscher Student in Österreich oder anderswo studieren kann und dieses Studium mit BAföG finanziert wird, gibt es erst seit dem vorletzten Sommer. Deswegen kann man daran noch nicht die Effekte nachweisen, aber auch diese werden sich einstellen.
Bezüglich der Erfolgsquoten - wie viele Studenten ihren Abschluss machen - ist zu sagen: Wir stehen hinsichtlich der Anzahl der Bachelor- und der Master-Studenten natürlich am Anfang der Entwicklung. Belastbare Zahlen, in welchem Maße es Verbesserungen gegenüber der klassischen Studienorganisation bringt, sind noch nicht vorzuweisen. Jedoch glaube ich, dass man - ausgehend von den mittelbaren Zahlen, die wir haben und die Sie auch in diesen Untersuchungen lesen konnten dort recht optimistisch sein kann.
Es ist wie mit jeder Reform: Eine Reform hat Chancen, aber
auch Risiken, und sie kann an manchen Stellen fehlschlagen. Bologna ist nicht umkehrbar. Der Hochschulverband führte seine Präsidiumstagung zum ersten Mal in Brandenburg durch. Die zwei- bis dreistündige Diskussion über diese Thematik wurde sehr lebhaft geführt mit der klaren Ansage bzw. mit der Gemeinsamkeit: Wir wollen hinsichtlich der einen oder anderen inhaltlichen Korrektur gern Vorreiter sein, aber zu versuchen, den Prozess jetzt zurückzudrängen, wäre kontraproduktiv.
Die vielfältigen Umfragen zeigen, dass die Akzeptanz der Bachelorabschlüsse in der Industrie enorm wächst.
Diese Reform ist vom Prinzip her richtig. Wir müssen in Brandenburg versuchen, alles zu tun, damit wir es vor allem in diesem Bereich qualitativ besonders gut machen. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir feiern im Jahr 2009 den 20. Jahrestag der friedlichen Revolution und den Jahrestag der deutschen Einheit. Das heißt, wir haben 20 Jahre erlebte und gelebte Demokratie für den Bereich, über
den wir zu diesem Tagesordnungspunkt diskutieren, hinter uns. In diesen 20 Jahren gab es lange und pluralistische Diskussionen sowie teilweise sehr kontrovers geführte erinnerungskulturelle Debatten. Zudem haben wir sehr viele Projekte der zeitgeschichtlichen Aufarbeitung. Dies alles ist Grund genug, an dieser Stelle Bilanz zu ziehen.
Ihnen liegt unser Konzept mit dem Titel „Geschichte vor Ort: Erinnerungskultur im Land Brandenburg für die Zeit von 1933 bis 1990“ vor. Zum einen ist dies ein Grundsatzpapier der Landesregierung zum Umgang mit der Zeitgeschichte. Wir wollen mit ihm die Diskussion um gesellschaftlich verhandelte, nicht: verordnete, Leitlinien für eine demokratische Erinnerungskultur führen. Zum anderen wird damit zum ersten Mal von einem Bundesland eine systematische Bestandsaufnahme in diesem kulturpolitisch wichtigen Feld vorgelegt.
Wir haben in Brandenburg eine vielfältige und dezentrale Erinnerungskultur. Dass dies so vielfältig ist, verdanken wir den gemeinsamen Anstrengungen vom Bund, vom Land und von den Kommunen. Ein besonderer Verdienst kommt dabei den vielen ehrenamtlich Engagierten vor Ort - den Initiativen, den Verfolgtenverbänden, den Opferverbänden und auch Einzelpersonen - zu. Deshalb war es für uns wichtig, dass insbesondere diejenigen, die sich enorm engagiert haben, die Möglichkeit erhalten, in diesen Diskussionsprozess einbezogen zu werden. Aus diesem Grund haben wir eine vielleicht nicht gewöhnliche Variante gewählt. Wir haben in meinem Haus ein Konzept erarbeitet und es ins Internet gestellt. Dabei haben wir mehr als 100 Initiativen und Verbände angeschrieben und sie aufgefordert, uns Anregungen zu geben und sich zu positionieren, was sie davon halten. Mehr als 80 Stellungnahmen sind eingegangen, was eine sehr hohe Quote ist.
Die Stellungnahmen von denjenigen Betroffenen, die damit einverstanden waren, haben wir ins Netz gestellt. An den Reaktionen ist zu erkennen, dass die große Mehrheit positiv angenommen hat, dass wir diesen Weg gehen. Zudem wurde das Papier als ausgewogen bewertet. Natürlich gab es eine Fülle von Anregungen, Korrekturen, von Meinungen. Ich glaube, es ist uns gelungen, vieles von dem, was dort als Kritik oder Anregung eingebracht wurde, in das überarbeitete Papier der Landesregierung, das Ihnen heute vorliegt, einzuarbeiten.
Nun möchte ich noch etwas zu den Zielen und den wichtigsten Ergebnissen des Konzepts sagen. Anschließend möchte ich etwas zu einem Punkt sagen, der mir sehr wichtig ist und über den ich auch gern streiten möchte. Dabei geht es um die Frage nach der Rolle der Landesregierung. Was hat denn eine Landesregierung in einem solchen Prozess an Aufgaben, Rechten, Pflichten und Möglichkeiten?
Als dritten Punkt: Was folgt denn daraus, dass wir eine Bilanz gezogen und uns verständigt haben? Was sind die Konsequenzen? Was ist der Mehrwert für die Zukunft?
Zu Punkt 1, den Zielen und wichtigsten Ergebnissen: In einem grundsätzlichen Teil legen wir unsere Überzeugung und die Prämissen aus Sicht der Landesregierung für den Umgang mit der Geschichte dar. An dieser Stelle ist es vor allen Dingen der Bezug zur Geschichte des Nationalsozialismus, zur sowjetischen Besatzungszeit und den DDR-Verhältnissen. Diese Frage wurde immer emotional diskutiert und wird immer noch sehr intensiv diskutiert.
Wir treffen hier immer wieder auf die Befürchtung der in der NS-Zeit Verfolgten, dass die Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur dazu führen könnte, dass die Verbrechen des Nationalsozialismus relativiert würden. Auf der anderen Seite fühlen sich die Opfer der Diktatur nach 1945 oft als Opfer zweiter Klasse. Deswegen ist es außerordentlich wichtig, wie wir das aus Sicht der Landesregierung werten.
Ich glaube, wir haben deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es sich beim nationalsozialistischen Völkermord an den europäischen Juden, den Sinti und Roma und an all den anderen Opfern um einen unvorstellbaren Zivilisationsbruch handelt. Wir betonen auch die herausgehobene Bedeutung nicht nur in der brandenburgischen, sondern auch in der globalen Kultur.
Zudem setzt sich die Landesregierung dafür ein, dass die stalinistischen Verbrechen und das Unrecht der SED-Diktatur eindeutig und ungeschönt genannt werden. Hierzu gehört auch unsere Überzeugung - das ist immer wieder kontrovers diskutiert worden -, dass es eben nicht reicht, die Repressionsgeschichte zu erzählen, sondern es ganz wichtig ist, dies auch mit der Alltagsgeschichte und der Herrschaftsgeschichte zu verbinden.
Die Kluft bei vielen Menschen zwischen dem, was sie aus ihrem Leben in der DDR erinnern, und der öffentlichen Geschichtsauffassung, macht notwendig, dass man gerade anhand der Alltagsgeschichte aufzeigt, wie dort die Wirkungsmechanismen sind. Wir werden das jetzt, im Jahre 2009 - ein guter Zeitpunkt, wie glaube ich -, intensiver angehen.
Die Bestandsaufnahme „Geschichte vor Ort“ ist wörtlich zu nehmen. Das heißt, es ist keine Bilanz bzw. keine auf die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten reduzierte Geschichte, sondern geht weit darüber hinaus. Es geht eben nicht nur um Verfolgung und Repression, sondern auch um andere Schwerpunkte, die gerade für die brandenburgische Identität wichtig sind, zum Beispiel die Erinnerung an das weitgehend zerstörte jüdische Leben in Brandenburg oder die Geschichte von Herrschaft, Alltag und Widerstand oder auch die Geschichte der deutschen Teilung und die friedliche Revolution.
Wir haben die Fragen gestellt: Wo stehen wir 20 Jahre nach der friedlichen Revolution? Was haben wir geschafft? Was ist unbefriedigend? - Der Blick zeigt, dass der Prozess der Aufarbeitung der Geschichte des Nationalsozialismus und der Geschichte der stalinistischen Repression nach 1945 sowie der SED-Diktatur weit vorangebracht werden konnte. Der größte Handlungsbedarf, den wir sehen, wurde heute früh angesprochen, zum Beispiel der Bereich der Außenlager der großen ehemaligen Konzentrationslager. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, Ausstellungen zur Geschichte des 20. Jahrhunderts zu erarbeiten und gerade in den regionalen Museen zu verankern. Das betrifft, wie gesagt, die Verknüpfung von Alltagsgeschichte und Herrschaftsgeschichte. Das gilt für die Zeit des Nationalsozialismus, aber auch für die Zeit der sowjetisch besetzten Zone, und das gilt für die DDR-Zeit. Gerade Brandenburg ist ein Land mit herausragenden Zeugnissen der Ergebnisse und des Verlaufs des Zweiten Weltkriegs.
Das ist ein Bereich, in dem noch sehr viel zu ist. Als ein Land, durch das die Mauer partiell hindurchging, sind wir besonders gefragt, wenn es um die Ereignisse der friedlichen Revolution und die zuvor erfolgte deutsch-deutsche Teilung geht, wenn es darum geht, der Mauertoten zu gedenken.
Wir sehen also, dass es bei den eben genannten wichtigen Aufgaben eine große Verantwortung gibt. Es wird angesichts des begrenzten Budgets sehr schwierig, dort Förderentscheidungen zu treffen. Die zu erfüllenden Aufgaben gehen weit darüber hinaus, die entsprechende Infrastruktur bereitzustellen oder gewisse Erlasse seitens des Ministeriums herauszugeben. Wichtig ist für uns in Zukunft die inhaltliche Ausgewogenheit dessen, was getan wird, sowie die Sicherung von Qualitätsstandards.
Wie verhält es sich mit der Rolle der Landesregierung in diesem Politikfeld der Erinnerungskultur? Wenn Sie sich die Stellungnahme im Internet zum Konzept anschauen, stellen Sie fest, dass es ein großes Meinungsspektrum - angefangen beim Verlangen nach eindeutig staatlichen Vorgaben über eindeutig staatliche Eingriffe in diesem Gesamtkontext bis hin zu der Aussage „Ablehnung jeder inhaltlichen Äußerung vonseiten der Landesregierung“ - gibt.
Wir sehen es als vordringlichste Aufgabe an, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen sich Aufarbeitung und Deutung von Geschichte auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse pluralistisch entwickeln können. Diese Formel klingt erst einmal gut. Die Frage lautet aber: Was bedeutet das konkret? Was ist denn nun das Selbstverständnis der Landesregierung in diesem geschichtspolitischen Feld?
Eine inhaltliche Auseinandersetzung ist nur möglich, wenn wir für Ausgewogenheit sorgen. Das heißt, die Landesregierung wendet sich gegen die Vorstellung, die Entwicklung der Erinnerungskultur ausschließlich dem Spiel freier Kräfte wie Interesse und Engagement zu überlassen, andererseits aber auch gegen ein Durchregieren, also gegen staatliche Vorgaben.
Beide Haltungen sind, glaube ich, mit einer funktionierenden Demokratie nicht zu vereinbaren. Eine funktionierende Demokratie lebt durch die Kontrolle der Exekutive. Wir können dem Bürger unsere Förderentscheidungen und inhaltlichen Schwerpunktsetzungen also nur dann plausibel machen, wenn es nachvollziehbare - keine formalen, sondern inhaltliche - Kriterien gibt und wenn die inhaltlichen Schwerpunkte nicht von oben verordnet und die Einrichtungen nicht verpflichtet werden, gewisse Zielvorgaben einzuhalten. Wir, die Landesregierung, verstehen unsere Rolle also nicht nur als Geldgeber, sondern als Akteur mit eigenen Positionen, der zu Projekten motiviert, aber eben auch Debatten und Entwicklungen anstößt. All das wollen wir in einer offenen gesellschaftlichen Diskussion gemeinsam bewältigen. Das geht nur, wenn es verlässliche und dauerhafte Partnerschaften zwischen staatlichen und gesellschaftlichen Akteuren gibt. Aus diesem Grund haben wir uns zu einer solch breiten öffentlichen Debatte entschieden.
Die Landesregierung hat als einer von vielen Akteuren im Feld der Erinnerungskultur eine zentrale Rolle. Die Kulturpolitik ist zum einen Vermittlerin zwischen den gesellschaftlichen Akteuren untereinander und zum anderen Vermittlerin zwischen der Gesellschaft und staatlichem Handeln. Leggewie spricht in diesem Zusammenhang von einem ermunternden Staat. Ich denke, dass dies auch auf den Bereich der Erinnerungskultur zutrifft.
Zur letzten zu beantwortenden Frage: Wozu wollen wir denn ermuntern? - Wir wollen die Beziehungen der Akteure, die wir zum Teil erst durch die Erarbeitung des Konzepts kennengelernt haben, aktivieren und zu neuen Kooperationen anregen sowie Projektvorhaben unterstützend begleiten.
Wir wollen stärker als bisher fachwissenschaftliche Begleitung vermitteln. Beispielsweise unterstützen wir derzeit in besonderer Weise die Neukonzeption der Seelower Höhen - ein ganz wichtiger Erinnerungsort im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg - sowie das Dokumentationszentrum Eisenhüttenstadt.
Wir wollen anregen, dass sich Museen und Gedenkstätten mit Themen, die bisher vernachlässigt wurden - beispielsweise sind das in Brandenburg militärgeschichtliche Themen -, sehr viel stärker beschäftigen und auseinandersetzen.
Wir möchten - das ist ein Vorteil des Konzepts -, dass Initiativen, die sich an unterschiedlichen Stellen des Landes bewegen und inhaltlich Verbindung halten, miteinander Kontakt aufnehmen, um eine größere Wirkung durch Zusammenarbeit von Erinnerungsorten zu erreichen.
Wir wollen auf Grundlage dieses Konzepts und in Anlehnung an die Kriterien des Bundes Fördergrundsätze erarbeiten, auf deren Grundlage die einzelnen Einrichtungen Anträge stellen können. Wir werden in meinem Haus ein Expertengremium einrichten, das die fachwissenschaftliche Begutachtung der Anträge, die bei uns eingehen werden, vornimmt.
Durch dieses Verfahren wird, glaube ich, der Bedarf an Projekten, aber auch die Kooperation zwischen den Projekten sehr viel besser zu befördern sein. Ich glaube, das Miteinander der unterschiedlichsten Akteure in diesem komplizierten Prozess der Erinnerungskultur ist zentral, und es kann nicht sein, dass es eine Arbeitsteilung gibt, die so aussieht, dass die „Zivilgesellschaft“ als innovativer Impulsgeber fungiert und demgegenüber ein Staat steht, der sich ausschließlich um die finanzielle Förderung bemüht. In diesem Sinne glaube ich, dass unser Papier kein Abschluss ist, sondern eine Weiterführung der Diskussion verlangt. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte das nicht so stehen lassen. Frau Münch sagte, Sie würde sich wünschen, dass so etwas wie in Sachsen passiert, dass unterschiedliche Opfergruppen einander akzeptieren. Ich denke, wir sind uns alle einig, wenn es um Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Vergleichen geht: Was nicht verglichen werden kann, ist das Leid. Dieses muss individuell anerkannt werden. Ich habe viel mit den unterschiedlichsten Opfergruppen zu tun. Wir hatten in den letzten Jahren eine ganze Reihe von erfreulichen Entwicklungen, dass die Opfergruppen der Ereignisse von vor 1945 oder nach 1945 zu den Gedenktagen der jeweils anderen kommen und Kränze niederlegen. Wir hatten gerade im Zusammenhang mit der Diskussion des Konzepts in der Landeszentrale für politische Bildung ganz heterogene, unterschiedliche Opfergruppen. Frau Kaminsky sagte zum Schluss in ihrer Einschätzung, die ich bewundernswert fand, dass dies eine sachliche, sehr von Aufeinander-Reagieren getragene Veranstaltung war.
Der zweite Punkt, meine sehr verehrten Damen und Herren:
Solch ein Konzept darf nicht überfordert werden. Wir schreiben jetzt nicht die Geschichte von 1933 bis 1990 neu und ergänzen alle Lücken, die vorhanden sind. Wir haben auch exzellente Forschungen im Zentrum für Zeithistorische Forschung. Zum Beispiel zur Frage nach der Rolle der Massenorganisation FDGB gibt es viele Arbeiten.
Aber ich möchte mich dem anschließen, was Wieland Niekisch zum Schluss sagte. Wichtig ist, dass dies auch präsentiert wird, nicht nur in wissenschaftlichen Arbeiten, die vielleicht wenige erreichen, sondern in den regionalen Museen vor Ort. Wenn wir, Herr Dellmann und Herr Woidke, am nächsten Sonntag eine Ausstellung in der Schorfheide über Macht und Jagd eröffnen, dann ist das wieder ein beredtes Beispiel dafür, wie das in der Nazi-Zeit funktionierte und was nach 1945 dort geschah. Das sind Dinge, die wir uns vermehrt wünschen.
Wir hoffen, dass dieses Konzept auch ein Grund ist, daran anzuknüpfen und derartige Dinge vor Ort zu befördern. - Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Jürgens, wenn Sie wissen wollen, warum in dem Bericht etwas steht oder nicht steht, müssen Sie eigentlich den Verfasser, also das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, fragen. Ich konnte das nicht entscheiden, aber ich sage: Ich war dezidiert nicht dafür. - Das werde ich Ihnen im Folgenden erklären.
Warum war ich dezidiert nicht dafür? - Es gab keinerlei Absprachen, und plötzlich kam Frau Rockmann und präsentierte einen Bericht entsprechend dem Bildungsteil für Berlin und Brandenburg auch für die Hochschulen.
Wenn man einen solchen Bericht verfasst, muss natürlich etwas dabei herauskommen, muss man etwas davon haben. Bei dem, was präsentiert wurde, bzw. bei dem, was jetzt in dem Bericht zu finden ist, handelt es sich aber um überhaupt keine neuen Daten. Keine einzige Zahl darin ist neu. Alle Daten in dem Bericht sind bereits vorher veröffentlicht worden. Das sind Daten, die auf den Seiten der HIS GmbH und des Bundesamts für Statistik stehen usw. Es wurde also nichts Neues gemacht; vielmehr wurden schon bekannte Daten genommen und für Berlin und Brandenburg zusammengestellt.
Die, wie gesagt, bereits vorhandenen Daten sind korrekter, umfassender und ausführlicher als das, was in dem mir vorgelegten Bericht zum großen Teil steht. So etwas macht Sinn, wenn man die jetzt in den Spalten für Berlin und Brandenburg wiedergegebenen Daten fachlich einordnet, interpretiert und die Spezifik von Berlin und Brandenburg berücksichtigt. Dann kann so etwas großen Sinn machen. Aber genau das ist hier nicht gemacht worden. Ich möchte das an einem Beispiel aus dem Bericht illustrieren:
Die Zahl der ausländischen Studenten - Spalte Berlin, Spalte Brandenburg; das kann man ja überall abschreiben, und nur so steht das in dem Bericht. So wird beim Leser der folgende Eindruck erzeugt: Berlin hat natürlich einen höheren Anteil an ausländischen Studenten, was in dem Bericht auch noch mit einem lobenden Satz bedacht wird. Dass Berlin diesen höheren Anteil hat, muss aber auch so sein; denn Berlin ist die Hauptstadt, und Brandenburg hat im Vergleich dazu natürlich einen geringeren Anteil an ausländischen Studenten. Dabei wird aber überhaupt nicht kommentiert und richtig eingeordnet, dass Brandenburg im Vergleich der neuen Bundesländer einen Spitzenplatz einnimmt und damit auch über dem Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer liegt, also so gesehen auch eine sehr gute Quote hat.
Ich könnte das mit weiteren Beispielen fortführen. Deshalb stellt sich für mich die Frage, was das soll. Wenn man eine Gegenüberstellung für alle Bundesländer hat, dann kann man das genau ablesen. Wenn man das auf die beiden Bundesländer Berlin und Brandenburg allein bezieht, muss das aber entsprechend kommentiert werden.
Noch schwerer wiegt, dass niemand in dem Landesamt eine spezielle Kompetenz für den Bereich Wissenschaft besitzt, dass man sich dort nicht einer Mitarbeit durch ein fachlich kompetentes Institut versichert hat mit der Folge, dass es in dem Bericht eine Fülle von Fehldaten gibt. Lassen Sie mich auch dafür ein Beispiel anführen. - Ich sehe das Zeichen hier schon, aber ich werde noch ein Weilchen reden.
Bei diesem Beispiel geht es um den Anteil der Studierenden in Brandenburg, die BAföG erhalten: 36 %. - Das ist aber einfach Quatsch. In der Sozialerhebung des Studentenwerks ist das korrekt wiedergegeben: 36 % der Brandenburger, die in Brandenburg studieren, erhalten BAföG. Die Quote ist also ganz anders. Der Bericht strotzt von solchen Dingen.
Ein anderes Beispiel: die Übergangsquote, das heißt die Quote derjenigen, die ein Hochschulstudium aufnehmen; eine auch für uns wichtige Sache. Nach der Darstellung von Frau Rockmann wurde diese Übergangsquote ein halbes Jahr vor dem Übergang ermittelt. Ich könnte die Reihe der Beispiele fortsetzen.
Deswegen haben wir deutlich gesagt: Das könnt ihr machen. Das könnt ihr so veröffentlichen. Das ist eure Entscheidung, aber ich kommentiere das dann. Daraufhin hat sie entschieden, das nicht in dieser Form zu veröffentlichen. Den Bericht entsprechend unserem Angebot zu überarbeiten war aus ihrer Sicht aus zeitlichen Gründen nicht möglich. Frau Rockmann liegt mein folgendes eindeutiges Angebot vor: Ich fände es sehr sinnvoll, wenn es einen regionalen Bildungsbericht Berlin-Brandenburg gäbe, dem man wirklich etwas entnehmen könnte. Das Hochschulsystem Berlin-Brandenburg ist das am stärksten verflochtene im Vergleich zu allen anderen Bundesländern. Dies gilt es zu demonstrieren und zum Beispiel zu zeigen, dass es Fächer gibt, bei denen Berlin unter und Brandenburg über dem Durchschnitt liegt, wie es in der Hauptstadtregion aussieht, wie wir uns da präsentieren und vieles mehr, worüber man systematisch nachdenken muss.
Für den Teil Schule ist das in dem Bericht geschehen. Da gab es von Anfang an die Kooperation mit den beiden Ministerien, und das Köller-Institut für Schulqualität hat die fachliche Kompetenz, um die betreffenden Zahlen richtig zu interpretieren. Im Wissenschaftsbereich wollte man das sozusagen auf Mitarbeiterbasis allein machen. Das nützt aber nichts, bringt nur Fehlurteile und schadet.
Einige Brandenburger Zahlen sind in dem Bericht ja enthalten. Das gilt etwa für den Vergleich, dass die Agrarwissenschaften an der Uni Potsdam vom Preis her zwischen dem der Agrarwissenschaften an der Humboldt-Uni und der Freien Universität liegen. Das Problem ist nur, dass wir keine Agrarwissenschaft haben. - Vielen Dank.
Das Amt hat sich den Auftrag selbst gegeben, einmal alles zusammenzustellen, was auf den unterschiedlichen Internetseiten zu finden ist, und das als Bildungsbericht für den Hochschulbereich - beim Schulbereich ist das, wie gesagt, anders gelaufen zu veröffentlichen. Das kann man diesem Amt nicht absprechen. Wenn man so etwas vernünftig macht, dann ist das ja auch eine kluge Maßnahme. Ich habe Frau Rockmann gegenüber unsere Intention klargemacht. Meine Mitarbeiter haben da stundenlange Diskussionen geführt und dabei deutlich gemacht, was alles nicht geht. Daraufhin hat Frau Rockmann entschieden, das, was so nicht korrekt ist, nicht zu veröffentlichen.
Das Angebot lautet ganz einfach: Man überlegt, was man erreichen will, was ein solcher Bericht aussagen soll, was dafür recherchiert werden muss. Dann muss man eine Stelle wie etwa hier das Schulinstitut oder die HIS GmbH oder eine andere Stelle haben, die das wissenschaftlich mit bearbeitet, sodass die Daten richtig interpretiert werden. Also der ganz normale Vorgang. Wir alle wissen, dass man mit Zahlen und Daten eine Menge Unfug anrichten kann. Genau das wollen wir nicht. Deswegen hat sie das dann so entschieden. Sie hätte es aber auch drucken lassen können.
Dazu muss ich etwas klarstellen: Wenn man eine Untersuchung in Auftrag gibt, dann definiert man das Ziel, was erfragt und recherchiert werden soll; im Gegensatz zu früher definiert man
also nicht die Ergebnisse. Das heißt, dass dabei immer etwas Unerwartetes herauskommen kann. Das passiert auch uns, dass Dinge ermittelt werden, die nicht so positiv sind; das ist ganz klar. Wichtig ist, dass das Untersuchungsdesign korrekt ist und dass die Aufgabenstellung erörtert wird. Das Köller-Institut ist für uns nicht zuständig. Köller beschäftigt sich mit Schulqualität. Dieses Institut könnte das also gar nicht, weil es für den Bereich Hochschule fachlich nicht ausgewiesen ist. Das ist aber auch gar nicht der Anspruch.
Im Gegensatz zu Ihrer Behauptung wusste ich nicht, dass so etwas für den Wissenschaftsbereich geplant ist. Vielmehr kam ganz überraschend die Anfrage: „Wir möchten es gern auch für den Wissenschaftsbereich machen“, und dann kam die Präsentation. Das war also genau so, wie ich es schon geschildert habe. Wenn man das rechtzeitig vorher gewusst hätte, dann hätte man sich da einbringen oder hätte sagen können: Machen wir es doch gleich. - Das war eine Idee von Zöllner, das auch für den Wissenschaftsbereich zu machen. Der Verfahrensgang war dann so, wie ich es bereits beschrieben habe. Dass falsche Daten von Nutzen sind, bezweifle ich sehr; denn dann muss man ständig Abwehrbewegungen machen, um zu erklären, was das für ein Blödsinn ist.
Das, was zum Wissenschaftsbereich vorgelegt wurde, was wir kritisiert und wo wir Korrekturbedarf angemeldet haben, ist darin nicht zu finden. Für den Berliner Teil hat Frau Rockmann versucht, möglichst viel von unseren Korrekturen zu übernehmen. Dies ist jedoch nicht umfassend. Diese kleinen Nickligkeiten, ob von Agrarwissenschaftlern oder Theologen etc., sind eine Sache, die einen bei einem solch umfangreichen Bericht nicht weiter jucken muss.
Es gibt derzeit keine Überlegung, den Bericht zu ergänzen. Ich hätte Interesse daran, dass man so etwas macht. Dann muss man auch bereit sein, nachzudenken, was man für die Wissenschaftsregion Berlin-Brandenburg erreichen und in den Bericht aufnehmen will. Ich sage es noch einmal: Die Daten selbst, also die Tabellen, sind nicht irgendwo recherchiert, sondern sie sind alle amtlich; man hat sie nur anders zusammengestellt.
Da Sie gerade den Schulbereich lobten: Was den Wissenschaftsbereich betrifft, so gab es in dem Entwurf überhaupt keine historische Einordnung, also keine Erklärung, warum wir welche Strukturen haben. Beim Schulbereich war dies besser, weil es von Anfang an eine wissenschaftliche Begleitung gab, und diese benötigt man hier auch. Es gibt jedoch für diesen Bereich keinen einzigen Mitarbeiter dort, der dafür kompetent ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alle hier im Raum wissen, dass wir ein relativ kleines Hochschulsystem haben. Alle wissen, dass das, was bei den Grundschulen passiert ist die Schülerzahlen sind um 40 % gesunken -, bei den Hochschulen in den nächsten Jahren ankommt. Deshalb ist die Frage relevant: Wie wollen wir denn in dieser Situation Fachkräfte für das Land Brandenburg und darüber hinaus sichern?
Es wurde erwähnt, dass Brandenburg im Jahre 1990 eigentlich ein fast hochschulfreier Raum war, dass es eine große Aufbauleistung war - ein Lob in Richtung derjenigen, die damals regiert haben -, dass wir gut aufgestellt sind, obwohl wir von allen neuen Bundesländern die schlechteste Startsituation hatten.
Wir haben im Jahre 2001 - ein Jahr, in dem die Finanzsituation des Landes dramatisch schlecht war, ein Jahr, in dem alles Mögliche gestrichen und gespart wurde - ein weiteres Studienplatzerweiterungsprogramm beschlossen - 3 500 neue Studien
- Ja, es werden mehr. 2007 waren es 1 000.
1 100 Ingenieure haben im letzten Jahr diese Hochschulen mit einem Diplom oder einem entsprechenden Abschluss verlassen. Genauso viele Mathematiker und Naturwissenschaftler haben ihr Studium beendet. Damit ist völlig klar, dass wir derzeit das macht nicht nur Brandenburg, sondern machen auch andere ostdeutsche Länder - über den eigenen Bedarf hinaus Fachkräfte zur Verfügung stellen, obwohl wir ein nur kleines Hochschulsystem haben.
Wir wollen die Absolventenquote weiter verbessern, weiter stärken, indem wir vor allem in die Qualität des Studiums investieren. Dem haben wir im Hochschulgesetz durch Vorgaben, die von den Hochschulen nicht einfach zu bewältigen sind, was Beratung, Betreuung etc. angeht, Rechnung getragen. Diese Landesregierung hat bei all den Kürzungsmaßnahmen beim Personal den gesamten wissenschaftlichen Bereich seit Jahren völlig ausgenommen. Dort wird keine einzige Stelle gestrichen. Ich denke, das ist eine gute Voraussetzung für die Zukunft.
Der zweite Punkt ist die demografische Entwicklung. Die Zahl der Schulabgänger mit einem Hochschulabschluss sinkt drastisch, hatte ich gesagt. 2012 wird sich ihre Zahl wahrscheinlich halbieren. Das war uns klar, weil wir als erste Landesregierung Demografieberichte erstellt hatten. Mein Ressort hat schon im Jahr 2000 auf einer wissenschaftlichen Grundlage kalkuliert, wie sich die Zahl der jungen Menschen bis 2015 und darüber hinaus entwickeln wird, und, Herr Jürgens, eine Strategie entwickelt. Was hier von Frau Geywitz, von Herrn Jürgens, von Herrn Niekisch gelobt wurde bei dem, was die Hochschulen machen, ist Teil einer Gesamtstrategie. Da mosert nicht jeder herum. Wir geben Geld dafür. Wir haben auf wissenschaftlicher Grundlage Maßnahmen und Konzepte entwickelt, gerade auch Konzepte, um junge Menschen zu erreichen, die sonst nicht studieren würden, zum Beispiel in den Oberstufenzentren.
Das heißt, all diese gemeinsam mit dem Schulministerium initiierten Kampagnen zur Steigerung der Studierneigung der Brandenburger Jugendlichen zeigen Wirkung. Ich habe hier letztens gesagt, wie sich die Anzahl der Brandenburger, die studieren - Gott sei Dank! - erhöht hat.
Wir versuchen mit den Präsenzstellen zum Beispiel in Schwedt, zum Beispiel in der Prignitz, zum Beispiel in Eisenhüttenstadt und in Zukunft in Henningsdorf, schon ganz frühzeitig Unternehmen, Jugendliche und Hochschulen zusammenzubringen.
Ein weiterer Punkt, der genauso wichtig ist, um die Hochschulen auszulasten - auch dann, wenn unsere eigenen Jugendlichen viel weniger werden -, ist die Zuwanderung von Studierenden aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland. Ich habe es mehrfach gesagt: Die deutschen Studenten sind relativ immobil. Nur 13 % wandern wirklich. Wir dagegen haben sehr gute Wanderungsquoten. Wenn man sich die Resultate der letzten beiden Jahre - seit es den Hochschulpakt auf Bundesebene gibt anschaut, stellt man fest, dass Brandenburg das Land mit der größten Steigerung der Zahl der Studienanfänger ist. Wir könnten noch wesentlich mehr Studenten zum Beispiel an der Universität Potsdam unterbringen, wenn wir nicht viele Studiengänge zulassungsbeschränkt führen müssten. Das machen wir aber, weil wir strategisch denken. Wir können jetzt keine Überkapazitäten haben und diese dann jahrelang vorhalten.
Aus diesem Grund bedauere ich sehr, dass es am Montag keine Einigung, keine Verständigung auf den Hochschulpakt II mit über 3 Milliarden Euro gab. Wir setzen die Gelder des Hochschulpakts zielgerichtet ein, um die Studienqualität und die -attraktivität zu erhöhen.
Eine besondere Zielgruppe bei unseren Bemühungen, junge Leute auch aus anderen Bundesländern nach Brandenburg zu holen - wir haben eine der höchsten Importquoten im Hochschulbereich -, sind junge Frauen. Es geht darum, sie anzusprechen und gerade für technische Fächer zu interessieren.
Wir sind das Bundesland mit dem höchsten Frauenanteil unter den Studenten, obwohl wir auch viele technische Fächer haben. In diesen Fächern studieren zu 31 % junge Frauen. Im Bundesdurchschnitt sind es mehr als 10 % weniger. Das heißt, die Maßnahmen zeigen über viele Jahre wirklich Erfolg. Wenn Bayern und Baden-Württemberg nach der Föderalismusreform die Grundgehälter der Professoren hochsetzen, so können wir das nicht, auch nicht in den nächsten Jahren. Also müssen wir mit Dingen gegenhalten, die dort nicht vorhanden sind, die uns auszeichnen. Ein Punkt dabei ist, dass wir das familienfreundlichste Wissenschafts- und Hochschulsystem der ganzen Bundesrepublik haben werden. Wir sind auf einem sehr guten Weg dahin.
Wir haben junge Frauen, die gute Schulabschlüsse machen, die es gilt zu überzeugen, ein Studium aufzunehmen. Ich habe ein Zitat von Ludwig Erhard, über den wir in der letzten Zeit sehr oft reden, aus den 50er Jahren gelesen: „Ohne Frauen ist kein Staat zu machen.“ Das galt schon damals, und das gilt in Zukunft erst recht.
Meine Damen und Herren, zum letzten Punkt, der das Problem darstellt, der auch ein Grund für die heutige Aktuelle Stunde war: Wir wollen natürlich nicht nur, dass die jungen Leute bei uns gut studieren und es klasse finden, weil die Kinder versorgt werden und das Drumherum stimmt, sondern wir möchten auch, dass sie der Wirtschaft in Brandenburg zur Verfügung stehen und nicht nach dem Studium nach Bayern oder anderswohin gehen. Deswegen sind die Haltefaktoren sehr wichtig.
Wir geben Geld für die Career Center in den Hochschulen, die die Vermittlung unserer Absolventen passgenau an die Firmen im Land übernehmen. 1,3 Millionen Euro geben wir in der nächsten Zeit dafür allein für die Fachhochschulen aus. Zu Lotsendiensten, Jobmessen und ähnlichen Dingen wird die Sozialministerin etwas sagen, weil das ein Thema ist, das uns verbindet, das wir gemeinsam bearbeiten.
Wie ist die derzeitige Situation? Stichwort Fachkräftemangel. Im letzten Jahr hat das Deutsche Institut für Wirtschaft in Köln noch vor der Krise im Sommer eine große Analyse erstellt, bei der diese dramatischen Zahlen von 50 000 oder 60 000 - je nachdem, wie untersucht wird - zutage traten. Es existiert eine Ausnahme: In der gesamten Bundesrepublik Deutschland gibt es eine Region, die zurzeit keinen Ingenieurmangel hat. Das ist Berlin-Brandenburg. So gesehen könnte man sich zurücklehnen und sagen: Thema Ingenieurmangel ist nicht aktuell. - Das wäre aber völlig falsch. Denn im Wissenschaftsbereich kann man nicht den Schalter umlegen und, wenn man
in drei Jahren Akademiker braucht, diese dann plötzlich produzieren, sondern man muss langfristig denken. Deswegen ist das gerade jetzt in der Krisensituation eine Notwendigkeit.
Deswegen geben wir den Hochschulen 70 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket. Deswegen wollen und sollten wir an dieser Stelle an die Firmen appellieren: Was die Wirtschaft machen kann, um junge Leute zum Studium zu motivieren, ist sehr viel mehr, als wir mit allen Marketingkampagnen erreichen. Es bedarf nicht einmal des Geldes. Es bedarf aber der direkten Ansprache und der Aktivitäten, die zum Teil bei kleinen Firmen schon gemacht werden: in die Schulen zu gehen, sich gute junge Leute auszusuchen und diese für ein Studium mit eventueller Stipendienunterstützung zu motivieren.
Wir haben, wie gesagt, ein kleines Hochschulsystem, aber wir haben weitsichtig entschieden. Wir sind gut gerüstet, müssen jetzt aber die Wirtschaft intensiv mit ins Boot bekommen, damit das, was wir gut angefangen haben, über die nächsten Jahre trägt. Dann, meine Damen und Herren, bin ich optimistisch, dass Brandenburg in diesem Punkt sehr gut aussieht. Danke schön.