Wir beginnen vor Eintritt in die Tagesordnung mit einem erfreulichen Punkt: Ich gratuliere der Abgeordneten Susanne Melior zu ihrem heutigen Geburtstag. Viel schöner kann man ihn nicht verbringen.
Ich wünsche Ihnen viel Freude an dem herrlich bunten Blumenstrauß genauso wie an der weiteren Arbeit im Landtag Brandenburg.
Ein zweiter Punkt vor Eintritt in die Tagesordnung: Ich begrüße recht herzlich unsere Gäste von der Maxim-Gorki-Gesamtschule in Kleinmachnow und wünsche euch einen informativen Vormittag.
Als Drittes darf ich daran erinnern, dass sich die demokratischen Parteien im Landtag Brandenburg zum heutigen 1. September, dem Weltfriedenstag, auf eine Erklärung verständigt haben, die ich Ihnen jetzt vortragen darf:
„Am 1. September 1939 begann mit dem Überfall des nationalsozialistischen Deutschlands auf Polen die schlimmste Periode in der Geschichte des Zusammenlebens der Völker Europas. Deutsche und Polen haben nicht ohne Rückbesinnung und auch Schmerzen - aus dieser Erfahrung gelernt. Aus Nachbarn wurden Freunde. Der 1. September wird weltweit als Weltfriedenstag begangen. Der Brandenburger Landtag nimmt dies zum Anlass, die Bürgerinnen und Bürger des Landes aufzurufen, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um Gewaltfreiheit nach innen und außen als Anspruch der Gesellschaft und in ihrem Alltag fest zu verankern und zu leben. Gerade Deutschland hat heute eine besondere Verantwortung für den Erhalt von Frieden und Demokratie. Dem sollen wir uns alle verpflichtet fühlen.“
Meine Damen und Herren, die Tagesordnung der heutigen Plenarsitzung liegt Ihnen vor. Es gibt keine Änderungsanträge. Gibt es Bemerkungen zur Tagesordnung? - Wenn das nicht der Fall ist, lasse ich über die Tagesordnung abstimmen und bitte um Ihr zustimmendes Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Beides ist nicht der Fall. Damit ist die Tagesordnung einstimmig angenommen.
Thema: Stagnation der deutschen Wirtschaft - Brandenburger Firmen brauchen Vertrauen und mehr unternehmerischen Freiraum
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Stagnation der deutschen Wirtschaft - Brandenburger Firmen brauchen Vertrauen und mehr unternehmerischen Freiraum“. Wir haben die Aktuelle Stunde mit diesem hoch aktuellen Thema initiiert, weil wir es gut zwei Wochen vor der Bundestagswahl für erforderlich halten, zwei Fragen zu stellen und nach Möglichkeit ohne Wenn und Aber zu beantworten.
Erstens: Wo stehen wir wirtschafts- und arbeitsmarktpolitisch in Brandenburg, das heißt, was haben wir bisher erreicht?
Zweitens: Wie kann, wie soll, wie muss es weitergehen, damit wir aus dem Teufelskreis der Arbeitslosigkeit und der Stagnation herauskommen?
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten in den vergangenen Jahren in Brandenburg auf vielen Politikfeldern ohne Zweifel Erfolge zu verzeichnen. Vieles, was wir im eigenen Land ohne fremde Hilfe bewegen konnten, um Wachstumskräfte zu wecken und zu stärken, haben wir nach meiner Überzeugung entweder bereits umgesetzt oder auf einen wirklich guten Weg gebracht. Ich erinnere insbesondere an das Konzept des Wirtschaftsministers unter dem Motto „Stärken stärken - Wachstum fördern“. Mit dieser Neuausrichtung seiner Förderpolitik wird Brandenburg in den kommenden Jahren ein modernes Wachstumprogramm mit sektoralen und regionalen Schwerpunkten realisieren.
Diese Schwerpunktsetzungen sind sicherlich politisch unbequemer als die bisherige Breitenförderung. Aus finanz- wie auch aus wirtschaftspolitischen Gründen haben wir keine andere Wahl. Wir wollen, ja wir müssen die Investitionsförderung, die in der Vergangenheit mehr oder weniger nach dem Gießkannenprinzip erfolgte, weitestgehend auf eine Wachstumsbetrachtung ausrichten.
Wir sind mit diesem Konzept unzweifelhaft auf dem richtigen Weg und können heute insgesamt trotz aller Probleme auf das Erreichte stolz sein.
Heute übrigens wird ein erster wichtiger Schritt in Richtung des Wachstumsprogramms für den Mittelstand in Brandenburg getan. Kleine und mittelständische Unternehmen in Brandenburg haben jetzt die Möglichkeit, durch ein vereinfachtes Verfahren Fördermittel schneller und unbürokratischer in Anspruch zu nehmen.
Aber, meine Damen und Herren, all unsere Bemühungen, brandenburgische Firmen zu fördern, reichen nicht aus, solange die Rahmenbedingungen in Deutschland für mehr Innovationsbereitschaft und Kreativität der Wirtschaft und damit auch für mehr Arbeitsplätze nicht stimmen. Ich denke, wir alle sind uns darin einig, dass in Deutschland enormer Reformbedarf besteht, der sich so angestaut hat, dass schnelles und mutiges po
litisches Handeln erforderlich ist. Wir müssen Abhilfe schaffen, damit Deutschland international wieder nach vorn kommt.
Brandenburg ist mit seinen strukturschwachen Regionen von der gesamtwirtschaftlichen Stagnation besonders betroffen. Die Folgen sind uns allen bekannt. Insbesondere mangelt es an einem selbsttragenden Wirtschaftsaufschwung und damit an Impulsen für den Arbeitsmarkt. Nur wenn es in Deutschland insgesamt wieder aufwärts geht, kann der wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Wandel auch in Brandenburg funktionieren.
Leider hat die Bundesregierung in den vergangenen Jahren die dringend notwendigen Reformmaßnahmen nicht oder nur halbherzig angepackt.
Die jetzt anstehende Neuwahl bietet nach meiner Überzeugung die große Chance, umzudenken und moderne Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu setzen.
Dabei muss es vor allem um den Abbau von Hemmnissen und damit um die Eröffnung von mehr Freiräumen für Selbstentfaltung und unternehmerische Eigeninitiative gehen. Reformvorschläge gibt es in großer Zahl. Das jedoch schafft noch keine Arbeitsplätze.
Vielmehr müssen jetzt in Deutschland mutige politische Entscheidungen getroffen werden, damit wir bei der Bewältigung der größten Herausforderung, die Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen, entscheidend vorankommen. Dabei ist es besonders wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Politik zurückgewinnen. Ein „Heute so und übermorgen so“ darf es nicht mehr geben.
Von großer Bedeutung ist auch die Tatsache, dass wir in Deutschland insgesamt eine pessimistische Grundstimmung zu verzeichnen haben. Damit kann man keine Zukunftsperspektive aufbauen. Daraus resultiert insbesondere auch eine schwache Binnennachfrage. Die Menschen sind zutiefst verunsichert, was sich in Konsumverweigerung und Zukunftsangst ausdrückt. Der Konsum im Inland ist aber ein nicht zu unterschätzender Faktor für die Konjunkturbelebung.
Eine neue Bundesregierung darf sich nicht mehr in schönen Worten und Ankündigungen ergehen, sondern muss unverzüglich und konsequent handeln. Die Prioritäten lauten: Reform der Sozialversicherungssysteme mit dem Ziel, Lohnzusatzkosten zu senken und damit die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen zu stärken.
Reform des Steuerrechts: Was wir brauchen, sind ein effizientes und einfaches Steuersystem, das wirtschaftliche Entscheidungen nicht verzerrt, die Flexibilisierung des Arbeitsrechts mit dem Ziel von mehr Beschäftigung, eine wirkliche Entlastung der Unternehmen von Bürokratie sowie die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. Es muss Schluss sein mit der Schuldenpolitik, weil sonst mangels notwendiger Handlungsspielräume die großen Reformvorhaben - darin sind wir uns doch alle einig, sie werden Jahre dauern - nicht gelingen können. Für den Mittelstand in Brandenburg und für die Wirtschaft insgesamt sind die von mir genannten Reformen von entscheidender Bedeutung. Wir brauchen mehr Wirtschaftswachstum und mehr Beschäftigung.
Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Brandenburg haben wir bereits im Rahmen unserer Möglichkeiten Flagge gezeigt, gehandelt und auch eine Menge bewegt. Über die neue Förderkonzeption „Stärken stärken Wachstum fördern“ habe ich bereits gesprochen.
Die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit in Deutschland wird die größte Herausforderung einer neuen Bundesregierung. Arbeitslosigkeit grenzt die Menschen aus, untergräbt die soziale Sicherheit und die Einnahmebasis des Staates. Deshalb gilt: Sozial ist, was Arbeit schafft. Deutschland wird und muss seine Chancen nutzen. Am 18. September haben die Menschen in Deutschland die Wahl.
Mein Appell zum Schluss: Lassen Sie uns gemeinsam für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands und damit auch für unsere Heimat Brandenburg kämpfen! - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wahlkampfzeiten führen offensichtlich unter anderem auch dazu, dass zwischen Koalitionären deutliche Unterschiede sichtbar werden. Es mag Ihr Geheimnis bleiben, wie Sie nach dem Wahlkampf wieder zusammenfinden wollen. Das ist Ihr Problem, nicht das unsrige.
Ich habe gestern und heute die Berichterstattung zum Absinken der Arbeitslosenzahlen zur Kenntnis genommen und will vorweg sagen: Ich freue mich über jeden existenzsichernden Arbeitsplatz, der geschaffen wird, weil wir als Politiker auch einen Beitrag dazu zu leisten haben, dass so etwas gelingt.
Wenn ich aber in der Berichterstattung höre, dass Bundeswirtschaftsminister Clement von einer Trendwende spricht, sage ich nur: Die Trendwende findet tatsächlich nur im Bereich der Statistik statt. Wir wissen doch alle, das die 1-Euro-Jobs, die mittlerweile in der Bundesrepublik mehrere hunderttausend Fallzahlen aufweisen, aus der Statistik herausgefallen sind. Das heißt, die Strukturkrise am Arbeitsmarkt ist nicht bewältigt. Im Gegenteil, sie wirkt fort und in dieser Situation sollte man
wirklich nicht von einer Trendwende am Arbeitsmarkt sprechen, weil die Strukturprobleme in der Bundesrepublik Deutschland nach wie vor riesengroß sind.
Herr Homeyer, ich bin sehr dafür, dass wir die Binnennachfrage stärken, ich bin sehr dafür, dass der politische Schwerpunkt auf die Stärkung des KMU-Bereiches sowohl in der Bundesrepublik insgesamt als auch in Brandenburg gelegt wird. Das Geheimnis, das Sie mir erklären müssen, ist, warum Sie dann die Mehrwertsteuer um 2 % erhöhen wollen.