Maik Nothnagel

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Last Statements

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der hier vorliegende Antrag der SPD-Fraktion mit dem Titel "Qualitätssicherung in der oberen Landesjugendbehörde" wird in den Punkten 1 bis 5 von der PDS-Fraktion aus fachlichen Gründen begrüßt und auch unterstützt. Jedoch ist für uns ein kausaler Zusammenhang zwischen den einzelnen Maßnahmen der Qualitätssicherung und der in Punkt 6 des Antrags auszuschließenden Verlagerung oder auch Teilverlagerung der Außenstelle des Landesjugendamts von Erfurt nach Suhl nicht nachzuvollziehen. Kollege Höhn hat heute Morgen bei unserem Antrag gefordert, dass wir Cross-Border-Leasing erklären. Liebe Kollegen von der SPD, schreiben Sie doch bitte in Ihre Anträge auch das hinein, was Sie damit wollen und auch meinen.
Die Punkte 1 bis 5 müssen in der Landesjugendbehörde auch unabhängig von der Standortdebatte umgesetzt werden, damit das beratende Element, welches ein sehr wichtiges in der Jugendhilfe ist, in der oberen Landesjugendbehörde eine besondere Rolle spielt und auch wieder im Mittelpunkt der Arbeit stehen muss. Mehr möchte ich an dieser Stelle zu diesem Antrag nicht äußern.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, in der ersten Beratung dieses Gesetzentwurfs im Dezember letzten Jahres äußerte Staatssekretär Benner, Frau Präsidentin, ich zitiere aus dem Protokoll der letzten Plenarsitzung: "Wir wollen alle, dass Thüringen ein behindertenfreundliches Land ist und bleibt." Wie ernst Sie diesen Satz nehmen, meine sehr verehrten Damen und Herren der Landesregierung und der CDU-Mehrheit, haben Sie uns heute wieder einmal ganz deutlich bewiesen, als es um die Novellierung der Thüringer Bauordnung ging. Herr Fiedler betonte in seiner Rede, wie sehr doch die Sozialpolitiker der CDU-Fraktion um den § 53, hier ging es um das barrierefreie Bauen, gekämpft haben, damit dieser letztendlich etwas für Menschen mit Behinderungen auch bringt. Jedoch ist von diesem angeblichen Kampf in dem Gesetz nichts zu finden. Ich habe auch heute bei der Debatte von diesem Kampf kei
ne Anzeichen der CDU-Sozialpolitiker hier verspüren können. Wenn Sie es wirklich ernst meinen, dann hätten Sie nicht gegen unseren Änderungsantrag, den Änderungsantrag der PDS-Fraktion, stimmen können. Aber so ist das mit Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren der CDU, in den Sonntagsreden und den Aufzählungen über die Fortschritte, die es für behinderte Menschen in Thüringen seit der Wende gegeben hat und welche finanziellen Mittel bis jetzt dafür geflossen sind, sind Sie immer Spitze. Aber wenn es darum geht, darüber hinaus die Lebensqualität von Menschen mit Behinderungen im Freistaat Thüringen tatsächlich zu verbessern, hapert es bei Ihnen immer sehr.
Da nützt uns auch nichts, die Enquetekommission "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen" hervorzuheben und sich selbst zu loben, welche tollen Empfehlungen der Abschlussbericht enthält, wenn sie möglicherweise nicht einmal das Papier wert sind, worauf sie geschrieben sind. Den Menschen mit Behinderungen nützt es auch nichts, wenn Sie immer theoretisch von einem Paradigmenwechsel in der Behindertenpolitik reden, wenn Sie dann bei der praktischen Umsetzung immer wieder das Problem aussitzen und auf die Zeitschiene gehen, einmal schauen wollen, was so die anderen machen und sie auch noch dabei beobachten und dann immer noch einmal auf die Bundesregierung, also auf Rotgrün, schimpfen. Das ist doch Ihre Methode, mit der Sie jedenfalls in dieser Legislaturperiode immer wieder versucht haben, das Thema "Gleichstellung für Menschen mit Behinderungen" und ein Thüringer Landesgleichstellungsgesetz zu verhindern. Sie kritisieren immer sehr stark die Vorschläge der Opposition und verweigern sich aber, im gleichen Atemzug mit uns gemeinsam diese Vorschläge zu modifizieren und auch umzusetzen. Sie tönen immer lautstark von einem Integrationsgesetz, welches in irgendeiner Schublade im Sozialministerium oder auch vielleicht in der CDU-Fraktion herumliegt. Außer diesen Ankündigungen haben Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren der CDU und der Landesregierung, aber nichts auf die Beine bekommen.
Frau Arenhövel, Sie zollten der SPD-Fraktion und insbesondere der Abgeordneten Bechthum in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs durchaus Ihren Respekt, dass sich die SPD viele Gedanken gemacht hat und sich auf das Machbare beschränkt hat. Aber genau einen Satz später lehnen Sie diesen Gesetzentwurf ab und begründen es auch noch damit, dass das Land sich momentan in einer sehr schwierigen Situation befindet, dass wir kaum in der Lage sind, die derzeitigen Gesetze überhaupt noch zu finanzieren. Nur aus diesem Grunde ist Ihr Integrationsgesetz noch nicht auf den Weg gebracht worden.
Frau Präsidentin, ich darf noch einmal aus den Plenarprotokollen der Dezembersitzung des letzten Jahres zitieren. Dort sagte Frau Abgeordnete Arenhövel, ich zitiere: "Ich
betone klar und deutlich, im Freistaat Thüringen existiert ein Referentenentwurf der Landesregierung zu diesem Thema und wir haben zugesagt und versprochen, sobald sich die finanzielle Lage bessert und wir das verantworten können, bringen wir diesen Antrag ein." Danach gab es Beifall bei der CDU-Fraktion. Wissen Sie, Frau Arenhövel, die Geschichte ist doch die: Wir erzählen wieder einmal ein Märchen, welches damit beginnt, eines schönes fernen Tages könnte vielleicht einmal sein und wir erreichen nach langer verzichtvoller Reise das Paradies. Frau Arenhövel, immer mehr behinderte Menschen im Freistaat Thüringen glauben Ihnen dieses Märchen schon lange nicht mehr.
Merken Sie eigentlich nicht, wie unglaubwürdig Sie hierbei sind? Um das Problem noch etwas zu kaschieren, benutzt man dann wieder einmal das Böse und das Bedrohliche von außen, das da in Ihrem Märchen als die rotgrüne Bundesregierung daherkommt und die wieder einmal an allem Schuld ist, daran, dass wir kein Wirtschaftswachstum haben und dass wir keine Leistung erreichen und dass somit die finanzielle Situation noch viel düsterer wird und wir nicht mehr in der Lage sind, neue Gesetze zu finanzieren. Sie und Ihre Fraktion kommen dann noch zu dem Schluss, dass Sie auch heute leider wieder die Ausschussüberweisung ablehnen müssen, obwohl Ihnen das nicht leicht fällt, wie Sie sagten, und verwiesen wiederum auf die Enquetekommission zur "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen" und wie intensiv wir uns mit dieser Problematik beschäftigt haben, wie kaum ein Landtag in Deutschland. Na toll. Und wem nützt das Ganze? Den Menschen mit Behinderungen in Thüringen wohl kaum, solange Sie die Politik maßgeblich gestalten. Aber vielleicht sehe ich das ja alles auch nur zu schwarz und bin durch meine Erfahrungen mit Ihnen in der 3. Legislaturperiode zu negativ eingestellt und erkenne gar nicht die Chance, die Sie im Dezemberplenum uns allen hier eröffnet haben, Frau Arenhövel, denn da sagten Sie, wir müssten mal überlegen, wie denn solche Integrations- und Gleichstellungsgesetze auf Landesebene aussehen. Doch das haben wir, die Opposition, Ihnen schon mehrmals gesagt und Sie wollten aber mit uns niemals darüber reden, zumindestens nicht in den Ausschüssen. Dann setzten Sie im Dezember noch einen drauf und stellten die Frage: Ist das, was momentan in Deutschland vorgelegt und beschlossen worden ist, schon das Ende der Fahnenstange oder kann man nicht noch einige von unseren Vorschlägen, die wir hier unterbreitet haben, mit einarbeiten? Ich frage Sie, Frau Arenhövel: Welche Vorschläge haben Sie überhaupt unterbreitet? Von der CDU ist mir hinsichtlich eines Landesgleichstellungsgesetzes nichts bekannt und die Enquetekommission kommt zu der Empfehlung, dass es ein Landesgleichstellungsgesetz geben soll, nicht mehr und nicht weniger. Dass Sie dann aber auch noch zu dem Entschluss kommen, sich die notwendige Zeit für die Klärung solcher Probleme zu nehmen, bis die finanziellen
Voraussetzungen vorhanden sind, nicht an den Ausschuss das Ganze zu überweisen, entzieht sich jeglicher Logik, weil das Ihrer Meinung nach dort auch nicht weiterführt. Frau Arenhövel, wäre es denn nicht ehrlicher, wenn Sie hier klipp und klar sagen, dass Sie und Ihre CDU-Fraktion ein Landesgleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderungen nicht wollen.
Dann wissen wir doch alle, woran wir sind und Sie müssen nicht mehr weiter so rumeiern.
Dass die PDS-Fraktion die Initiative der SPD-Fraktion mit ihrem Gesetzentwurf unterstützt, habe ich bereits im Dezemberplenum gesagt. Auch daran hat sich bis heute für uns nichts geändert. Dass die PDS-Fraktion jedoch einige grundsätzliche Kritikpunkte zu diesem Gesetzentwurf hat, habe ich auch in der ersten Lesung herausgearbeitet und möchte heute darauf nicht noch einmal im Einzelnen eingehen.
Abschließend möchte ich sagen, dass ich es wirklich sehr bedauerlich finde, wie hier wieder einmal in diesem hohen Hause mit der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen umgegangen wird und ich möchte Ihnen hiermit ankündigen, dass es von Seiten der PDSFraktion in der nächsten Legislaturperiode des Thüringer Landtags wiederum parlamentarische Aktivitäten geben wird, bis die Forderung der Behindertenverbände nach einem Landesgleichstellungsgesetz endlich Realität geworden ist.
Frau Arenhövel und die CDU-Fraktion sind herzlich dazu eingeladen, sich an diesem Prozess intensiv mit zu beteiligen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die vor mir gehaltene Rede nach dem Muster abläuft, das war so zu erwarten.
Natürlich gibt der Antrag der SPD-Fraktion in der Drucksache 3/3819 auch einige Angriffspunkte dazu. Aber, Frau Vopel, ich muss schon sagen, Sie haben das Thema hier ein bisschen verfehlt, denn der Antrag hat zwei Punkte.
Danke. Es geht hier um die Einbindung der örtlichen Jugendhilfe und die Verantwortung der Landesregierung, die sie endlich mal wahrnehmen muss,
und nicht nur um das Verweisen auf Rotgrün und auf Berlin und dass dort alles Böse geschieht und hier alles Gute. Das Muster geht einfach so nicht mehr auf.
Veränderungen innerhalb der Arbeitsverwaltung werden kommen. Es steht fachlich auch außer Frage, dass die Arbeitsverwaltung auch mit der Jugendhilfe zusammenarbeiten muss. Die Verantwortlichkeit der Jugendhilfe gerade in Maßnahmen der Benachteiligtenförderung darf bei sämtlichen Veränderungen der Arbeitsverwaltung nicht außen vor bleiben. Diskussionen innerhalb der Fachpraxis mahnen an, dass in perspektivischen Planungsprozessen die Verantwortlichkeit für das Klientel entscheidend sein muss. Im Bereich der Benachteiligtenförderung scheint es kein Konzept der Landesregierung zu geben, das perspektivische Defizite in der Umstrukturierung der Arbeitsverwaltung mit Sicht auf das Klientel in Blick nimmt. Die Umstrukturierung kommt, das ist richtig, aber sie wird für Jugendliche und insbesondere in der Benachteiligtenförderung kaum positive Effekte bringen, wenn nicht im Vorfeld die Jugendhilfe an diesem Prozess beteiligt wird. Dazu ist es notwendig, dass seitens der Landesregierung und der örtlichen Träger zu agieren ist. Warum die Bundesregierung die Notwendigkeit zur Kooperation allerdings im Vorfeld nicht im Blick hatte, bleibt meiner Fraktion unverständlich.
Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, ich kann Ihnen zwar auch nicht ersparen zu sagen, dass dies rational nicht nachvollziehbar ist. Es ist schon ein kleiner Spagat in diesem Antrag, ohne Kritiken an die Adresse der Bundesregierung das Ganze in Kauf zu nehmen.
Die Vorgaben der Bundesanstalt für Arbeit werden regional dazu genutzt, um Gelder einzusparen. Das, was jetzt
das Problem ist, hat mehrere Facetten. Finanzielle Sparzwänge werden gegen Qualitätsanforderungen ausgespielt, Frau Pelke hat das ja schon sehr deutlich dargestellt.
Durch die Umstrukturierung in der Arbeitsverwaltung bzw. durch den Umbau der Bundesanstalt für Arbeit werden definitiv Fehler gemacht, die sich drastisch auf die Jugendsozialarbeit und die Jugendberufshilfe und deren Zielgruppen auswirken werden. Ein Teil der fachlichen Angebote der Benachteiligtenförderung wird in Losgrößen ausgeschrieben, die in Größen rangieren, die kleine und mittlere Träger benachteiligen. Letztendlich werden für die Vergabe die niedrigsten Preise entscheidend sein und nicht mehr die qualitative Anforderung an die Benachteiligtenförderung. In Baden-Württemberg gab es zentrale Ausschreibungen für die berufsvorbereitenden Maßnahmen als ein Modellprojekt. Erfahrungsberichte weisen auf Probleme hin, die bei der Durchführung des Modells auftraten, also die Vernachlässigung der Qualität hinsichtlich des Personals, der Träger, der Räumlichkeiten, des Konzepts etc. sowie der Wettbewerbsverzerrung durch Dumpingpreise und ähnliche Probleme.
Die Erfahrungen, die mit dem baden-württembergischen Modellversuch gemacht wurden, zeigen, dass eine zentrale, ortsferne Ausschreibung nicht zur Verbesserung der Qualität der berufsvorbereitenden Maßnahmen beiträgt und langfristig zu monopolistischen und damit unwirtschaftlichen Wettbewerbsstrukturen führt. Auch in Thüringen erfolgen bereits seit Herbst Ausschreibungen von Trainings- und Eingliederungsmaßnahmen. In dem Ausschreibungsprocedere werden weder die Interessen des Klientels noch die notwendigen regionalen Kenntnisse der Anbieter mit berücksichtigt. Zwingend und für die benachteiligten Jugendlichen förderlich ist, dass Ausschreibungen und Vergabe von Angeboten der Benachteiligtenförderung durch die Arbeitsverwaltungen mit den beteiligten Ämtern vor Ort abzustimmen sind, um zum einen den Forderungen des SGB III, aber auch des SGB VIII gerecht zu werden, und zum anderen die ortsnahe und differenzierte individualisierte und passgenaue Vergabe von Förderangeboten für benachteiligte junge Menschen anzukurbeln.
Hier sehen wir die Verantwortung und den Handlungsbedarf der Landesregierung, und zwar in folgender Richtung: Die verstärkte Information der Leitung der örtlichen Jugendhilfe und Sozialämter über Möglichkeiten und Erfordernisse der Zusammenarbeit vor dem Hintergrund der Hartz-Gesetze seitens des Wirtschaftsministeriums, verstärkte Informationen über örtliche Jugendhilfe durch das Sozialministerium, Initiierung und fachliche Begleitung des Prozesses der Kooperation der örtlichen Jugendhilfe in die bereits existierenden gemeinsamen Anlaufstellen der Arbeitsämter und der Sozialämter, das heißt eine verstärkte
Vernetzung aller an diesem Prozess Beteiligten, und
nicht jeder macht nur seine Sache, und das parallel nebeneinander her.
Um diese und andere Möglichkeiten zu diskutieren und fachlich beurteilen zu können, beantrage ich auch namens meiner Fraktion die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit.
Ja.
Natürlich läuft das über die Bundesanstalt für Arbeit, aber hier ist das Wirtschaftsministerium letztendlich auch mit einzubeziehen und ich habe gesagt, dass es eine Vernetzung aller am Prozess Beteiligten geben muss.
Es bringt doch niemandem was, wenn einer dem anderen den schwarzen Peter zuschiebt und sich an der Tatsache nichts verändert.
Rahmen-Integrationsvereinbarungen entsprechend dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) zwischen den Thüringer Ministerien und deren nachgeordneten Einrichtungen sowie den zuständigen Schwerbehindertenvertretungen
In der 82. Sitzung des Thüringer Landtags am 3. April 2003 wurde in der Drucksache 3/3231 die Frage gestellt, in
wieweit die Überarbeitung der Richtlinie zur Durchführung des Schwerbehindertengesetzes im öffentlichen Dienst vorgesehen ist.
Durch die Landesregierung wurde geantwortet, dass zurzeit ein Abstimmungsprozess innerhalb der Landesregierung läuft sowie die Anhörung der Schwerbehindertenvertretungen und des Integrationsamts. Dieser Prozess soll bis zum 31. Dezember 2003 abgeschlossen sein.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie ist der derzeitige Sachstand in Bezug auf die Neuerlassung dieser Richtlinie?
2. Wann wird sie veröffentlicht?
3. Mit welchen weiteren Thüringer Ministerien und deren nachgeordneten Einrichtungen - außer den bereits am 3. April 2003 erwähnten - wurden Rahmen-Integrationsvereinbarungen abgeschlossen?
4. In welchen Ministerien besteht die Absicht, RahmenIntegrationsvereinbarungen mit welchen Gründen nicht abzuschließen?
Also hinsichtlich der Frage 2, lässt sich das noch etwas konkreter darstellen, weil ich ja nun wirklich nach einer konkreten Zeit gefragt habe?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte nicht wie mein Vorredner mit Einzelschülern und Einzelbeispielen beginnen, sondern die Schuljugendarbeit doch etwas prinzipieller betrachten. So ist aus meiner Sicht festzustellen, dass der Wahlkampf mittlerweile begonnen hat, zumindest bei dem Thema "Schuljugendarbeit".
Sie loben sich mit tollen Taten, die letztendlich so wirken, wie der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Man tut etwas und muss die Wirkung nicht befürchten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, über 330 Schulen haben Mittel aus der Schuljugendarbeit beantragt. Ich erkenne das Engagement der 330 Schulen an. Doch wenn ich hinter die Kulissen schaue, kann ich unsere anfängliche Kritik an dem Programm nur als bestätigt sehen.
Betrachtet man den Bewilligungsstand der Anträge und den Fakt der Arbeitsaufnahme der Arbeitsstelle in Jena, lässt sich natürlich Positives zur Umsetzung des Programms berichten. Trotzdem - und das sollten Sie nicht aus dem Auge verlieren - sind die Resonanzen aus der Praxis nicht nur ausschließlich positiv.
Kritische Stimmen von Praktikern, wie z.B. vom Landesjugendhilfeausschuss, bemängeln berechtigt Verschiedenes. Zum einen gibt es das Problem, dass sich dieser Finanztopf dazu entwickelt hat, dass bisher bestehende Angebote, die über die Ehrenamtlichkeit an Schulen geleistet wurden, z.B. Arbeitsgemeinschaften
oder Interessengemeinschaften, jetzt mit Honoraren bezahlt werden. Was aber passiert, wenn die Zuschüsse eben nicht mehr vorhanden sind? Dann werden auch diese Aktivitäten wieder eingefroren und von Nachhaltigkeit ist wohl hier keine Spur.
Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass bestehende Projekte der Schulsozialarbeit, bisher gefördert über Jugendpauschale, nicht mehr verlängert werden, da den Kommunen inzwischen das Ganze zu teuer wird. Hier wird auf den fachlichen Ansatz, den Unterschied, die Qualität und den Nutzen der Angebote kein Augenmerk mehr gelegt. Schulsozialarbeit und Schuljugendarbeit werden unter rein finanziellen Gesichtspunkten betrachtet. Es gilt das Ar
gument, warum teuere Angebote der Schulsozialarbeit finanzieren, wenn wir Schuljugendarbeit günstiger bekommen können. Hier zeigt sich ganz deutlich, dass das Land Denkfehler in der Konzeption der Schuljugendarbeit gemacht hat und dass es nicht klar ist, dass die Fachlichkeit beider Angebote verschieden sind. Auf die Tatsache der unterschiedlichen Qualitäten hatten wir bereits im Vorfeld mehrfach hingewiesen. Und es zeigt sich, dass dieses von Ihnen bewusst oder unbewusst nicht verstanden wurde. Der Versuch, die Qualität der Angebote der Schuljugendarbeit zu erhöhen, indem kommunale Jugendhilfeausschüsse an der Prüfung der Angebote der Träger beteiligt sind, das heißt auch, die Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe zu forcieren, gelingt nur zum Teil. In Erfurt wurde ein Arbeitskreis installiert, der sich aus Schulamt, Schulverwaltung, Jugendamt und drei Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses zusammensetzt, der versucht, die Mitsprache der Jugendhilfe zu realisieren. In anderen Kreisen in Thüringen gelingt das leider nicht. Es ist wie immer, wenn ein neuer unklar definierter Begriff kreiert wird. Es kann alles oder nichts darunter ausgelegt werden. Natürlich ist es legitim zu sagen, wir proben noch, wir schauen mal auf die Ergebnisse und haben dadurch eine Chance der Verbesserung. Man muss aber aufpassen, dass man dadurch nicht mit dem Hintern das einreißt, was Jahre vorher mit den Händen aufgebaut wurde. Schuljugendarbeit kann nun mal Schulsozialarbeit nicht ersetzen, sondern wirklich nur ergänzen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, eigentlich könnte ich mir meine ganze Rede, die ich vorbereitet habe, nach den letzten Worten von Frau Arenhövel sparen, aber ich möchte schon auch noch ein paar Worte zu unserem Antrag sagen, weil Sie den mit keinem Satz erwähnt haben.
Beginnen möchte ich mit einer Pressemitteilung, die mich vorhin um 16.39 Uhr erreicht hat, und zwar über kobinetnachrichten, und Frau Präsidentin, ich möchte daraus zitieren: "Gleichstellungsgesetz für Nordrhein-Westfalen verabschiedet; Düsseldorf - Der nordrhein-westfälische Landtag hat heute Agenturmeldungen zufolge mit den Stimmen der rotgrünen Regierungsfraktion ein Gleichstellungsgesetz für Behinderte verabschiedet. Das Land und die Kommunen werden damit verpflichtet, behinderten Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Für den Neu- und Umbau öffentlicher Gebäude wird ein barrierefreier Zugang Vorschrift. Das Gesetz schreibt zudem vor, dass die Behörden Gehörlosen Gebärdendolmetscher zur Verfügung stellen und Formulare auch in Blindenschrift ausfertigen. Die Einstellung eines Landesbeauftragten für Behinderte ist im Gesetz ebenfalls vorgesehen. Das Gesetz tritt am 1. Januar 2004 in Kraft."
Ich zitiere weiter: "Die Fraktionen von CDU und FDP stimmten gegen das aus ihrer Sicht unzureichende Gesetz. Nachbesserungsbedarf sieht die Opposition vor allem in den Bereichen Bildung, Erziehung und Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt."
Eigentlich könnte ich mir jetzt meine ganze Rede sparen, aber ich möchte Sie Ihnen trotzdem nicht ersparen.
In 20 Tagen geht das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen zu Ende. In ersten Einschätzungen durch den Behindertenbeauftragten der Bundesregierung, HansHermann Haack, wurden positive Tendenzen und Entwicklungen in Bezug auf das Motto des Europäischen Jahres der Menschen mit Behinderungen "Nichts über uns ohne uns" verzeichnet. Für Thüringen, meine Damen und Herren, würde ich als behindertenpolitischer Sprecher der PDS-Landtagsfraktion dies nicht so einschätzen, denn seitens der Landespolitik wurde das Jahr 2003 nicht genutzt, um Gleichstellung sowie uneingeschränkte gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in die Realität umzusetzen. Beweis dafür sind nicht nur die Veranstaltungen, die in den zurückliegenden Monaten durch die verschiedenen Ministerien meist für Menschen mit Be
hinderungen durchgeführt wurden. Ich möchte hier nur an die Eröffnungsveranstaltung im Kaisersaal am 21. März erinnern. Frau Bechthum hat es ja auch schon in ihrer Einbringungsrede erwähnt, dass sozusagen symbolische Übernahmen von Verantwortungen für solche Veranstaltungen den behinderten Menschen hier in Thüringen herzlich wenig bringen.
Nicht zu vergessen sei an dieser Stelle die massive Kritik an den CDU-Abgeordneten hier im hohen Haus mit dem Umgang des Gesetzentwurfs der PDS-Fraktion "Gesetz zur umfassenden Verwirklichung gesellschaftlicher Teilhabe behinderter Menschen im Freistaat Thüringen" sowie dem eben schon erwähnten SPD-Antrag, der ohne Ausschussüberweisung im Juni schnöde abgelehnt wurde.
Ein weiterer Beweis für die nicht genutzte Chance für die Gleichstellung der Menschen mit Behinderungen im Europäischen Jahr ist das durch das außerparlamentarische Bündnis für Gleichstellung behinderter Menschen gezogene Resümee. Vertreterinnen und Vertreter von 26 Thüringer Behindertenverbänden und Selbsthilfeorganisationen äußerten ihre Enttäuschung über die Landesregierung. Sie forderten abermals das längst überfällige Landesgleichstellungsgesetz mit den Kernpunkten, wie Festschreibung des Rechts auf barrierefreien Zugang und Nutzung von öffentlichen Gebäuden, Sicherstellung der Anerkennung der Gebärdensprache und lautbegleitenden Gebärdensprache, Festschreibung des Rechtsanspruchs auf eine schulische Integration und die Wahl der Bildungseinrichtung, Einführung eines Verbandsklagerechts und Beweislastumkehr sowie die besondere Förderung von behinderten Frauen sowie die Schaffung eines Landesbehindertenbeauftragten, auf den Weg zu bringen. Ebenfalls in dem gestern veröffentlichten Abschlussbericht und den darin enthaltenen Empfehlungen der Enquetekommission "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen", auf den Frau Arenhövel ja schon eingegangen ist, wurden richtungsweisende Tatsachen für die Gleichstellung und Integration von Menschen mit Behinderungen der Landtagspräsidentin übergeben, deren Umsetzung im Land so schnell wie möglich realisiert werden sollte. Auch hier will ich nur das Reizwort "Gleichstellungsgesetz" benennen.
Meine Damen und Herren, die PDS-Fraktion hat nach dem verheerenden Abschmettern ihres Gesetzentwurfs zur umfassenden Verwirklichung zur gesellschaftlichen Teilhabe behinderter Menschen im Freistaat Thüringen den Thüringer Behindertenverbänden und Vereinen in vielen Gesprächen zugesagt, sich weiter dieser Problematik zu widmen und mit Einzelanträgen noch in dieser Legislatur kleine Schritte zur Umsetzung der Maximalforderung zu gehen. Aus diesem Grund hat sich die PDS-Fraktion dafür ausgesprochen, noch in dieser Legislatur das Amt eines Landesbehindertenbeauftragten zu fordern sowie diesen zu installieren.
Der Landesgleichstellungsbeauftragte soll die Interessen der rund 183.000 anerkannten schwer behinderten Thüringerinnen und Thüringer in den nächsten Jahren vertreten. Diese Forderung nach einem Gleichstellungsbeauftragten für behinderte Menschen ist keine neue Forderung. Sie wurde bereits in der 1. Legislaturperiode des Thüringer Landtags durch die Fraktion der Linken Liste/PDS gestellt. Wir sind der Meinung, ein Landesgleichstellungsbeauftragter soll das Zugangsrecht zum Kabinett haben, die umfassenden Rechte auf die Stellungnahme zu Vorhaben und Gesetzentwürfen besitzen sowie einige Vorschläge unterbreiten können. Wichtig erscheint uns dabei, dass ein Landesgleichstellungsbeauftragter der Landesregierung sowie den nachgeordneten Einrichtungen Empfehlungen zur Verbesserung der Situation behinderter Menschen geben kann und auch geben muss, denn bei näherer Betrachtung einiger Dienststellen und nachgeordneter Einrichtungen der Thüringer Landesregierung, besonders aber in der Justiz, kommen oft Zweifel auf, ob wirklich alles vom Dienstherren getan wird, um angemessene Arbeitsbedingungen - ich meine hier Behinderten gerechte Ausstattung des Arbeitsplatzes - für Menschen mit Behinderungen zu schaffen. Nicht für umsonst scheint auch die Empfehlung Nr. 26 der Enquetekommission darauf hinzuzielen, dass verbindliche Integrationsvereinbarungen zwischen dem öffentlichen Dienst und den jeweiligen Schwerbehindertenvertretern oder Schwerbehindertenvertretungen abzuschließen sind. Hier liegt vieles noch im Argen. Durch einen Landesgleichstellungsbeauftragten könnte diesem abgeholfen werden. Die jährliche Berichterstattung über die Arbeit des Beauftragten ist ebenso unverzichtbar. Dadurch kann dokumentiert werden, wie groß das Feld der Betätigungen ist und erste Ergebnisse oder Kritiken an den zuständigen Behörden können festgehalten werden.
Meine Damen und Herren, in unserem Antrag zielen wir darauf ab, dass im Mai 2004 das Amt des Landesgleichstellungsbeauftragten zu schaffen sei. Ich sage es unumwunden, es wäre ein politischer Zugewinn für uns alle, wenn in Thüringen anlässlich des europaweiten Protesttages der Menschen mit Behinderungen für die Gleichstellung, der 5. Mai des nächsten Jahres, dieses Amt geschaffen wäre und der Beauftragte auch berufen würde.
Auf die Thüringer Behindertenverbände und -vereine kommt im Rahmen der Benennung eines solchen Beauftragten eine große Verantwortung zu. Denn sie sollten aus ihrer Mitte eine geeignete Person für dieses ehrenvolle sowie auch wichtige Amt benennen. Das bedeutet für die Akteure vor Ort konstruktiven Meinungsstreit, um den Besten für die Sache zu finden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch ausführlicher könnte ich die Aufgaben und Kompetenzen dieses Landesgleichstellungsbeauftragten für Menschen mit Behinderungen umschreiben. Eine ausführliche Diskussion zu dieser Thematik sollten wir
gemeinsam fraktionsübergreifend im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit nach öffentlicher Anhörung mit Vertretern von Vereinen und Verbänden führen.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein paar Sätze zu dem Gesetzentwurf der SPD "Thüringer Gesetz zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen" ausführen. Ihre Initiative, werte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ist zu begrüßen. Jedoch ist laut zu sagen, dass ohne Bestimmungen über tatsächliche Nachteilsausgleiche die Regelungen in einem Gleichstellungsgesetz, insbesondere solche Vorschriften wie ein Benachteiligungsverbot oder ein Fördergebot für behinderte Frauen, schöne aber auch leere Versprechungen auf dem Papier bleiben werden. Erst konkrete Maßnahmen wie Mobilitätsausgleich oder der Anspruch auf Assistenz werden die Vorgaben eines Gleichstellungsgesetzes in die Lebenswirklichkeit und den Alltag des einzelnen behinderten Menschen tatsächlich umsetzen. Hier ist der SPD-Entwurf, abgesehen von der Gebärdensprache, weit gehend ein Ausfall. Das Thema Barrierefreiheit ist nach Ansicht der PDS-Fraktion sowieso anders zu betrachten. Barrierefreiheit ist eigentlich kein Sonderinteresse behinderter Menschen, obwohl es im Zusammenhang mit der Gleichstellung behinderter Menschen besonders angesprochen und auch problematisiert wird. Dass aber die barrierefreie Gestaltung des gesamten Lebensumfelds allen zugute kommt und somit eigentlich ein Allgemeininteresse ist, hat sich zum Beispiel in den Ländern wie den USA oder Schweden längst durchgesetzt. Der neue Gesetzentwurf unterscheidet sich inhaltlich nicht von dem im April eingereichten, mit einer Ausnahme. Die Änderungen zur Bauordnung wurden herausgenommen. Die vorhandenen sonstigen Unterschiede beziehen sich auf das In-Kraft-Treten. So wird nun der Landesbeauftragte erst zum 1. Januar 2005 sein Amt antreten, auch andere Regelungen, wie zum Beispiel Übergangsbestimmungen zum barrierefreien Bauen sind dem späteren In-Kraft-Treten und dem Legislaturwechsel angepasst worden.
Zu einzelnen Punkten, sowohl im alten als auch im neuen Entwurf, ist Folgendes kritisch anzumerken. Im Grunde könnte ich mir das jetzt sparen, da üblicherweise in den Ausschüssen über Einzelheiten beraten wird. Aber da die Mehrheit wieder mal nicht bereit ist, über diesen Gesetzentwurf in den Ausschüssen mit uns zu beraten, muss ich jetzt auf die Einzelheiten hier in meiner Rede konkret eingehen. Bei der Definition von Behinderung in § 2 Abs. 1 wird immer noch auf das Kriterium des für das Lebensalter typischen Zustands Bezug genommen, obwohl diese Formulierung und dieser Beurteilungsmaßstab in der neuen Diskussion zum Beispiel in den Mustervorschlägen für Landesgleichstellungsgesetze von dem Forum der behinderten Juristinnen und Juristen eindeutig festgelegt wurde. Die Mitglieder dieses Forums haben immerhin auch federführend an der Erarbeitung des Behindertengleichstellungsgesetzes mitgewirkt. Problematisch an dem Kriterium des für das Lebensalter typischen Zustands ist, dass es
schon fast diskriminierenderweise zum Beispiel typische Alterserscheinungen zum persönlichen unabwendbaren Schicksal des Betroffenen erklärt, der dieses bitte schön auch klaglos zu tragen habe. In § 5 kommt in der Formulierung im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel zum Ausdruck, dass der Gesetzentwurf nicht wagt, Finanzgarantien auszusprechen. Warum bei der Barrierefreiheit die Anwendung der Regeln der Technik zweifach eingeschränkt wird, ist nicht klar ersichtlich. Der optimale, verfügbare Standard wird immer umschrieben mit "aktueller Stand der Technik" oder sogar "aktueller Stand von Wissenschaft und Technik". Die von der SPD gewählten Formulierungen bleiben ein bis zwei Schritte hinter den Formulierungen der behinderten Juristinnen und Juristen zurück. In § 7 wird die Anwendung bzw. der Anspruch auf die Inanspruchnahme von Gebärdendolmetschern für die Fälle innerhalb eines Verwaltungsverfahrens beschränkt. Das ist unserer Meinung nach problematisch, weil auch Fälle denkbar sind, die außerhalb förmlicher Verwaltungsverfahren die Notwendigkeit von Gebärdendolmetschern erfordern, wie zum Beispiel bei Beratungsgesprächen. Gerade solche Gespräche können eine wichtige Funktion für die Verwirklichung der Gleichstellung von behinderten Menschen sein. In § 9 fehlt unserer Meinung nach eine Art Stichtagregelung, bis wann die elektronischen Angebote barrierefrei hergestellt sind. Als weiteres Problem stellt sich, dass mit der Einschränkung, dass ein Verbandsklagerecht nur bei Fällen allgemeiner Bedeutung zulässig ist, die Funktion dieses Rechts als Entlastung für den Betroffenen erheblich eingeschränkt wird. Bei der Ausgestaltung der Regelung über den Landesbehindertenbeauftragten fällt auf, um das kritisch anzumerken, dass ausgerechnet die Landesregierung das Vorschlagsrecht hat. Warum nicht Organisationen von und für Menschen mit Behinderungen? Weiter wird in der Regelung gefordert, dass er aus dem Kreise der Verbände behinderter Menschen kommen soll. Damit ist aber realistischerweise leider nicht sichergestellt, dass er als Bewerber dann selbst ein behinderter Mensch ist. Denn in der Realität sieht es leider doch oft so aus, dass in den Verbänden die Funktions- und Geschäftsführerebenen, die am ehesten für die Beauftragtenfunktion ins Auge gefasst werden, von nicht behinderten Menschen besetzt werden. Als rein formaler Aspekt ist in § 11 noch anzumerken, dass es in Absatz 1 nicht heißen sollte, die Kosten trägt die Staatskanzlei. Kostenträger für die Funktion des Behindertenbeauftragten ist der Freistaat Thüringen als Gebietskörperschaft. Es kann nur um eine Einordnung der Finanzmittel für den Beauftragten im Haushaltsplan der Staatskanzlei gehen, am besten mit einem eigenen Haushaltstitel. Des Weiteren fällt auf, dass der Beauftragte nur für die Dauer der Wahlperiode gewählt wird und damit keine solche unabhängige Stellung hat, als wenn er über die Wahlperiode hinaus im Amt bliebe. Außerdem ist auch die Ehrenamtlichkeit ein großes Problem. Damit ist sein Aktionsradius und seine Kapazität aller Wahrscheinlichkeit nach doch um einiges eingeschränkt im Vergleich zu Beauftragten mit ordentlicher Anstellung. Am besten nachzufragen bei der bayerischen Behindertenbeauftragten, die ehrenamtlich tätig war. Des Weite
ren ist kritisch anzumerken, dass der Beauftragte nur eine sehr schwache Moderatorenfunktion hat und zum Beispiel keine Befugnisse zur Beanstandung von Missständen und zu deren Beseitigung bekommt. Also ein bisschen Modell des zahnlosen Tigers.
Die SPD liefert mit ihrem neuen Gesetzentwurf einen "weichgespülten" Entwurf und traut sich nicht, die Tatsache auszusprechen, dass Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen Geld kostet und es eine Frage des politischen Willens ist, ob sie stattfindet, weil es eine politische Entscheidung ist, die dafür notwendigen finanziellen Mittel auch zur Verfügung gestellt werden. Statt des neuen Landtags oder auch nur des neuen Plenarsaals hätte man viele Gleichstellungsgesetze machen können. Sogar nach dem Motto und nach dem Modell der PDS-Fraktion, der im vergangenen Frühjahr als Gesetzentwurf eingebracht wurde, der auch allumfassende Nachteilsausgleiche mit umfasste. Und es bleibt dabei, Gleichstellung ohne tatsächliche, gerade auch finanzielle Nachteilsausgleiche bleibt für die Mehrzahl der betroffenen behinderten Menschen ein zahnloser Papiertiger.
Ich bitte im Namen unserer Fraktion, den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion sowie unseren Antrag an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu überweisen. Vielen Dank.
Herr Staatssekretär, der Behindertenbeirat, den wir hier in Thüringen haben, ist doch aber nur einer des Sozialministeriums und nicht der Behindertenverbände hier im Freistaat, die hier tätig sind. Geben Sie mir Recht, dass es eine Institution des Thüringer Sozialministeriums ist?
Wird der neue Thüringer Plenarsaal barrierefrei?
In wenigen Wochen im "Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderung 2003" wird der neue Plenarsaal seiner Bestimmung übergeben. In geführten Gesprächen mit Vertretern von Behindertenverbänden sowie des Architekturbüros Factus II wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass größte Bedenken dahin gehend bestehen, dass der neue Plenarsaal nicht barrierefrei gebaut würde.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie viele barrierefreie behindertengerechte Zuschauerplätze sind im neuen Plenarsaal auf der Zuschauertribüne konzipiert und werden realisiert?
2. Welche Aktivitäten unternimmt die Landesregierung, um zurzeit noch bestehende Mängel in Bezug auf die Barrierefreiheit zu beseitigen?
3. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen dem Architekturbüro Factus II, der Landesregierung und den durchführenden Bauunternehmen, um einen barrierefreien Plenarsaal seiner Bestimmung zu übergeben?
Eine Nachfrage zu Frage 1: Sie sagten acht bis zehn und dann variabel. Was heißt das variabel? Wie viele variable Behindertenplätze wären das dann, weil in der Planung waren es 12. Jetzt sind es acht bis zehn, das heißt für mich eine Minimierung. Noch eine Frage hinsichtlich anderer Behinderungsarten: Hörschleife und Vorkehrungen auch für blinde Menschen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ohne Zustimmung der einbringenden Fraktionen, die bekanntlich beantragt hatten, die zweite Beratung der beiden Gesetzentwürfe im Juli-Plenum durchzuführen, hat die Mehrheitsfraktion bei der Feststellung der heutigen Tagesordnung diese zweite Lesung beantragt, und zwar ohne inhaltliche Beratung.
Die beiden Gesetzentwürfe sollen scheinbar so schnell wie möglich beerdigt werden. Dies wird den Menschen mit Behinderung im Freistaat gerade im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderung in tiefer Erinnerung bleiben als segensreicher Fehlschritt für mehr Teilhabe für Menschen mit Behinderung. Aber, wie gesagt, diese heutige Beratung findet fast ohne Ausschussberatung statt. Die PDS-Fraktion hatte einen Selbstbefassungsantrag für die letzte Sitzung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit gestellt, um zumindest die ominösen in der ersten Sitzung von Herrn Minister Dr. Pietzsch genannten 500 Mio.    !
Als in der ersten Lesung der damalige Sozialminister Pietzsch diese 500 Mio.        mein Kollege Werner Buse ganz spontan gesagt: "Diese 500 Mio. "  #   !$% glaube, seine spontane Reaktion war genau die richtige.
In der Sitzung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit konnten der Minister und seine Mitarbeiter uns diese 500 Mio.  "     "  meine, nicht gerade sehr fachkompetent.
Ich komme noch dazu, Frau Vopel, bleiben Sie doch ganz ruhig. Das, was uns dort geboten wurde, zeigt mir sehr deutlich, dass Sie unseren Gesetzentwurf nicht einmal richtig gelesen haben. Ansonsten hätten Sie mit so einem Schmarren nicht zusammengerechnet und diese Summe hier so felsenfest als ein Totschlagargument gegen unseren Gesetzentwurf eingesetzt.
Dass diese 500 Mio.    "  %  jetzt im Folgenden, und Ihnen auch Frau Vopel, beweisen. Ich fange an mit dem Thema "Mobilitätsgeld, Mobilitätspauschale." Von Seiten des Ministeriums wurden hier 329 Mio.  &  !%   ist falsch. Der gewählte Ansatz von über 182.000 potenziellen Anspruchsberechtigten ist nicht korrekt, denn die Mobilitätspauschale kann nur dann gewährt werden, wenn jemand die Einzelabrechnung nach §§ 4 und 5 nicht geltend machen will. Das heißt aber auch, der jeweils behinderte Mensch muss nachweisen, dass er in diesem Monat wegen der Unterstützung der Behinderung Fahrten zur Behandlung oder zu Beratungsstellen unternommen hat und diese nicht durch andere gesetzliche Vorschriften, wie z.B. dem SGB V oder SGB IX, abgedeckt sind. Die Pauschale soll also kein genereller Zuschuss sein, sondern lediglich an die Stelle der Einzelberechtigung im konkreten Fall treten. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass zum einen die konkreten Ansprüche im Einzelfall den Betroffenen nur unter sehr bestimmten Voraussetzungen zustehen, so dass zum Beispiel der Anspruch nach § 4 Abs. 1 nur dann, wenn sie wegen Art und Schwere der Behinderung den ÖPNV, den öffentlichen Personennahverkehr, nicht nutzen können. Das betrifft nur wenige, besonders schwer benachteiligte und beeinträchtigte Menschen. Selbst der Anspruch auf Auskunft und Beratung ist eingeschränkt für Fälle der Unterstützung zur Bewältigung der Behinderung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Übrigen darf nicht übersehen werden, dass auch im Steuerrecht Mobilität ohne Murren und größere Diskussionen in erheblichen Größenordnungen öffentlich subventioniert wird.
Ein weiteres Thema ist das Thema "Assistenz und das Assistenzgeld". Hier wurden 135 Mio. ' #rium errechnet, ein systematischer Fehler. Der Anspruch auf Assistenzgeld setzt neben einer Schwerbehinderung von 80 Prozent noch einen erhöhten, wegen Art und Schwere der Behinderung über den üblichen Bedarf hinausgehenden Assistenzbedarf voraus. Diese besonderen Anspruchskriterien treffen nur auf einen Bruchteil der Behinderten zu, die einen Grad der Behinderung von 80 oder mehr haben. Denn zum einen benötigen nicht alle, die einen Grad der Behinderung von 80 oder mehr haben, Assistenz, zum anderen müssen bei Assistenz selbst höhere Anforderungen erfüllt sein. Es ist also systematisch falsch, als Ausgangszahl für die Anspruchsberechtigten von Assistenzgeld die Zahl aller Schwerbehinderten mit einem Grad
der Behinderung von 80 oder mehr anzusetzen. Im Übrigen haben nur diejenigen Schwerbehinderten einen Anspruch auf Assistenz, die diese Leistung zur Sicherung einer selbstbestimmten Lebensführung benötigen. Wie gesagt können viele der Schwerbehinderten ihr Leben auch ohne die Assistenzleistung selbstbestimmt führen.
Meine Damen und Herren, dass die finanziellen Bedenken nur vorgeschoben sind, ist doch offensichtlich. Wenn Sie es wirklich ehrlich gemeint hätten mit der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen im Freistaat Thüringen, dann hätten Sie den Gesetzentwurf der PDS mit seinen Artikeln, insbesondere mit dem Artikel 2, den Nachteilsausgleichen, ernster genommen. Das wollten Sie aber nicht, weil die Mehrheit im Haus der Meinung war und ist, dass es dieser parlamentarischen Initiative nicht bedurfte, da wir hier im Haus sowie im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit schon sehr intensiv über diese Thematik gesprochen haben und hätten. Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDUMehrheit im Haus und von der Landesregierung, geredet wurde über dieses Thema hier im Haus wirklich viel, aber getan hat sich diesbezüglich noch nichts. Die Betroffenen im Land...
Frau Arenhövel, was hat sich hinsichtlich Gleichstellung getan? Dann sagen Sie es, ich spüre davon nichts.
Die Betroffenen im Land sind es langsam Leid, dass nur darüber geredet wird und sich Politiker in Sonntagsreden profilieren, aber in keinster Weise bereit sind, die Lebensverhältnisse behinderter Menschen zu verbessern, indem sie sich für Bürgerrechte und Menschenrechte stark machen und diese letztendlich auch durch Gesetze umgesetzt werden.
Wenn Sie nur ein bisschen daran interessiert wären, ein Landesgleichstellungsgesetz mit zu erarbeiten, dann hätten Sie nicht die Überweisung an die Ausschüsse verweigert. Aber damit haben Sie versucht, mit einem Federstrich diese Debatte abzubügeln, um möglichst schnell wieder zu einer Tagesordnung zu kommen, um von diesem Thema abzulenken. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie wirklich Interesse gehabt hätten, dann hätten Sie mit uns in den Ausschüssen um die besten Lösungen für die betroffenen Menschen hier im Land diskutieren und streiten können. Und wenn Sie Ihr Kostenargument wirklich ernst genommen hätten, dann hätten Sie doch mit uns über den Artikel 2, die Nachteilsausgleiche, reden können. Dann hätten wir doch gemeinsam Lösungen finden können, wie zum Beispiel das In-Kraft-Treten eines Landesgleichstellungsgesetzes, in dem zeitlich geregelt wird, wann und in welcher Form die Nachteilsausgleiche nachgeschoben werden. Die Zeit dafür wäre ja noch, wenn Sie heute unserer erneuten Bitte nachkom
men würden, die Gesetzentwürfe an die Ausschüsse zu überweisen, damit wir gemeinsam daran arbeiten können. In diesem Sinne hoffe ich, dass Sie im Juni gereifter sind und sich Ihre heutige Entscheidung nochmals gut überlegen.
Behinderte Menschen in Thüringen haben mir in Vorbereitung auf die heutige zweite Lesung folgende Hinweise und Argumente noch einmal mit auf den Weg gegeben. Ich möchte Sie Ihnen noch einmal ganz kurz benennen.
Wenn es in Thüringen ein Landesgleichstellungsgesetz geben würde, vorausgesetzt die Inhalte stimmen, dann wäre erstens die Kommunikation mit Landesbehörden für Gehörlose durch die Anerkennung der Gebärdensprache möglich und hätte Bindungswirkung für alle Landesverwaltungen.
Zweitens wären öffentliche Gebäude wie Behörden und Verwaltungen, Kultur- und Freizeiteinrichtungen, Bildungseinrichtungen, aber auch Gaststätten, Arztpraxen usw. für alle mobilitätsbehinderten Menschen zugänglich und auch nutzbar.
Drittens gäbe es mit einem Landesgleichstellungs- bzw. Behindertenbeauftragten einen Ansprechpartner für alle behinderten Bürgerinnen und Bürger. Dieser muss einen direkten Draht zur Landesregierung haben, um die Belange behinderter Menschen auch wirkungsvoll zu vertreten und umzusetzen. Diesem Anliegen kann ein Bürgerbeauftragter nicht gerecht werden.
Viertens wäre eine gleichberechtigte Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs möglich, was sehr wichtig für das ländlich strukturierte Thüringen ist.
Fünftens hätten behinderte Kinder und Erwachsene bessere Bildungsmöglichkeiten und wären unabhängiger von Sonderprogrammen und Fördermitteln.
Die Behindertenverbände gehen nicht davon aus, dass sich die Bedingungen für behinderte Menschen von heute auf morgen verbessern, aber Gesetze, die in der Zukunft wirksam werden, müssen bereits heute entsprechende Richtungen weisen und Festlegungen beinhalten. Ein Landesgleichstellungsgesetz ohne Leistungsgesetz ist ähnlich dem Behindertengleichstellungsgesetz, also kostenneutral. Somit, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Landesregierung und von der CDU-Mehrheit, wird Ihr Kostenargument und die wirklich abenteuerliche und lächerliche Zahl von 500 Mio.    geführt.
Ich frage Sie heute, sehr geehrter Herr Minister Dr. Pietzsch: Sind Sie immer noch der Meinung, dass die PDS-Fraktion mit ihrem Gesetzentwurf Utopia aufgebaut hat oder sind Sie es nicht, der mit seiner Phantasiezahl versucht hat, ein Totschlagargument zu geben, um diese Utopiatheorie von Ihnen zu untermauern? Das, was
Sie sich während der ersten Lesung bei beiden Gesetzentwürfen erlaubt haben, zeigt uns sehr deutlich, wie Sie mit Ihrer Mehrheit umgehen und dies in eine Politik der Arroganz der Macht umsetzen. Dass Sie, meine Damen und Herren der Landesregierung, aber auch von der CDUMehrheit im hohen Hause, nichts vom Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderung verstanden haben, das nämlich unter dem Motto läuft: "Nichts über uns - ohne uns", ignorieren Sie und deutlicher, wie Sie sich zur ersten Lesung verhalten haben, konnten Sie das auch nicht zeigen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wenn heute die Mehrheit des Hauses die feierliche Beerdigung beschließt, kann ich Ihnen - und dies auch im Namen der Thüringer Behindertenverbände - Folgendes mit auf den Weg geben:
1. Die PDS-Fraktion wird in den verbleibenden Monaten dieser Legislaturperiode Einzelanträge zum Thema "Gleichstellung von Menschen mit Behinderung" in den parlamentarischen Gang geben.
2. Außerparlamentarisch wird die PDS alle Aktivitäten von Vereinen und Verbänden, insbesondere die des außerparlamentarischen Bündnisses unterstützen, die ein Landesgleichstellungsgesetz für Thüringen fordern.
Ich gestatte.
Gut, Herr Abgeordneter Dr. Pietzsch, ich habe gesagt, auch im Namen der Thüringer Behindertenverbände, und das lässt doch alles offen. Ich habe das außerparlamentarische Bündnis benannt und in diesem Bündnis haben sich diese Verbände organisiert.
Das ist keine Eierei, Herr Bergemann. Ich unterstütze die Forderungen des außerparlamentarischen Bündnisses und das unterstützen wir auch als PDS-Fraktion. So viel zu Ihrer Frage.
Den Thüringer Behindertenverbänden möchte ich von dieser Stelle aus nochmals ausdrücklich danken für ihr jahrelanges Engagement, auch mit unserer Fraktion, und möchte sie gleichzeitig ermuntern, nicht müde zu werden bei der Realisierung unseres Traums eines Landesgleichstellungsgesetzes für Thüringen, nicht nachzulassen und weiterhin dafür zu kämpfen.
Danke, Frau Präsidentin. Herr Maaßen, ich habe hier noch einmal mein Skript hervorgezogen und ich zitiere jetzt einfach noch einmal die drei Zeilen: "In der Sitzung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit konnten der Minister und seine Mitarbeiter uns diese 500 Mio.  " "   nicht sehr fachkompetent." Danach habe ich mich in meiner folgenden Rede auf Mobilitätsgeld und auf Assistenz
geld bezogen. Haben Sie das so wahrgenommen oder so wie Sie es jetzt eben kundgegeben haben? Dann ist einfach falsch, was Sie hier vom Rednerpult gesagt haben.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Elfte Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung stellt das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in privater und öffentlicher Verantwortung in den Mittelpunkt seiner Analyse, wie es auch Herr Panse hier schon erwähnt hat. Er setzt hierzu bei den Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen an. Der Bericht zeigt das Verständnis, Jugendpolitik als Lebenslagenpolitik zu sehen. Der Bericht geht sehr ausführlich auf die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen ein und analysiert deren Lebenslagen. Die Kommission zieht zum Teil sehr weit reichende und unbequeme, aber notwendige Konsequenzen für die Arbeit der Jugendhilfe sowie auch der Politik in Deutschland. Dieser Ansatz gewährleistet, die Leistungen und Angebote für Kinder und Jugendliche zielgruppengerecht zu organisieren und die Bedingungen eines Lebensraumes auch zu verändern. Die Konsequenzen, die die Landesregierung aus diesem Bericht für sich entnimmt, sind aber schon sehr beachtlich.
Meine Damen und Herren, es ist richtig, dass das System der Kinder- und Jugendhilfe in Thüringen über eine qualitativ und quantitativ gut ausgebaute Struktur verfügt, sie als Bestandteil der allgemeinen Infrastruktur behandelt und gehört demnach zur sozialpolitischen Grundversorgung in unserem Lande. Die Kinder- und Jugendhilfe richtet sich dann nicht mehr nur an die Schwierigen und an die Auffälligen. Damit wird die Stellung der Kinder- und Jugendpolitik als Querschnittspolitik nochmals unterstrichen. Der Sinn der Jugendberichte der Bundesregierung besteht darin, Bestehendes zu evaluieren, fachlich zu hinterfragen und neue Entwicklungen innerhalb der Zielgruppe Kinder und Jugend zu betreuen, zu begleiten und unterstützend Einfluss darauf zu nehmen.
Meine Damen und Herren der Landesregierung, es gibt aber nichts, was ideal, fachperfekt und noch nicht verbesserungswürdig ist. Oft entsteht beim Lesen von Ihren Berichten, aber auch von Ihren Stellungnahmen zu verschiedenen Themen der Eindruck der absoluten Vollkommenheit. Ob in dem letzten Sozialbericht oder auch bei den Folgerungen der Landesregierung aus dem Elften Kinderund Jugendbericht, alles scheint sich in der einzigsten Top-Thüringen-Phantasie wiederzufinden. Ein Aspekt in Ihrer Stellungnahme ist, das alles zu erwähnen, was Sie glauben erreicht zu haben. Ein anderer Teil impliziert, dass die Fachideen der Kommission zwar schon in Ordnung sind, aber nicht unbedingt geteilt werden. Es mutet an, als sei der Stein des Weisen schon ausgegraben und läge verschlossen im Safe der Landesregierung.
Meine Damen und Herren, eine Politik, die ausschließlich die individuelle Verantwortung stärkt, öffentliche Verantwortung nicht oder nur zum Teil anerkennen bzw. wahrnehmen will, läuft Gefahr, die Rahmenbedingungen nur grob auszusägen und zu vergessen, dass nachgefeilt werden muss. Im Zusammenhang mit der Empfehlung der Kom
mission zu Tageseinrichtungen für Kinder wird zum Beispiel erklärt, ich zitiere: "Die Landesregierung stellt in Übereinstimmung mit der Empfehlung der Kommission fest, dass alle angesprochenen Punkte bereits erfüllt sind." Es ist schon eine gewisse Neigung zur Selbstgefälligkeit festzustellen. Gerade im Bereich Kindertagesstätten kritisieren wir den ausschließlichen Blick auf die Männer, denen in der Realität die nötige Flexibilität fehlt auf tatsächliche Bedürfnisse von vornehmlich Frauen zu reagieren. Die zahlenmäßige Auflistung der Nutzung von Kindertagesstätteneinrichtungen - für Kitas 94 Prozent, Hort 65 Prozent und 40 Prozent Kinderkrippe - lässt Sie folgern, dass das Angebot quantitativ und qualitativ ausreichend und für Eltern bezahlbar ist.
Diese Folgerung sieht aber die Einseitigkeit Ihrer Betrachtungsweise,
wenn nicht gleichzeitig soziale Rahmenbedingungen als Nutzungskriterien gesehen werden, wie zum Beispiel Zwang Geld zu verdienen, Zwang möglichst in vollem Umfang zu arbeiten, die so genannte Verfügbarkeit für das Arbeitsamt, die so genannten Kürzungen bei sozialen Leistungen. Öffentliche Verantwortung, die die Landesregierung ablehnt, geht aber tatsächlich über die teilweise Unterstützung von Vereinbarkeit von Familie und Beruf hinaus, weil nämlich gleichzeitig auch die Notwendigkeit bestehen muss, individuelle Bedürfnisse von Eltern zu berücksichtigen. Ich denke da zum Beispiel an Öffnungszeiten, Einbeziehung in Planung, Erziehungsauftrag der Kindertagesstätten usw. Kindertagesstätten sollen die tatsächliche Ergänzung des Zuhauses für Kinder sein.
Meine Damen und Herren, Thüringen braucht tatsächlich Verbesserungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, aber auch die Entschärfung materieller und sozialer Notlagen muss vorangetrieben werden.
Meine Damen und Herren, in Zusammenhang Ihrer Stellungnahme zum Bereich Teilhabe, Partizipation und Rechtsstellung möchte ich Folgendes sagen: Teilhabe und Partizipation beziehen sich als Grundmaxime in ihrer jugendpolitischen und sozialpolitischen Zielsetzung. Die Tatsache allein, dass alle Angebote und Maßnahmen allen zur Verfügung stehen, umfasst nicht den Beteiligungsbegriff. Die theoretische Zugangsmöglichkeit ist nicht gleich Teilhabe und nicht gleich Mitbestimmung. Sie ist an dieser Stelle wirklich nur ein Aspekt, zumal diese von Ihnen beschriebene Grundmaxime nicht wirklich alle Kinder und Jugendlichen betrifft. Ein Hauptkritikpunkt liegt an dieser Stelle in der Verfahrensweise im Umgang mit Kindern von Asylbewerbern und Asylbewerberinnen und Emigrantinnen,
die eben nicht über die gleichen Anspruchsmöglichkeiten an Leistungen der Jugendhilfe verfügen. In diesem Bereich werden für Entscheidungen immer rechtliche Aspekte aus dem Asylrecht vorrangig zur Grundlage genommen. Hier bestimmt nicht das so genannte Kindeswohl die Zugangsmöglichkeiten für Leistungen. Ich denke da zum Beispiel an strukturelle bzw. gesetzliche Barrieren für Bildung und das zwar bestehende Schulrecht für diese Kinder und Jugendlichen, das dann aber in der Umsetzung so unterschiedlich gehandhabt wird, dass weitere Bildungswege von vornherein blockiert werden.
Ich denke da zum Beispiel an den Besuch von Kindertageseinrichtungen für Kinder von Asylbewerberinnen und Emigrantinnen oder Fragen mangelnder Integration bzw. Integrationshilfen. Teilhabe und Mitbestimmung, meine Damen und Herren, das ist für uns auch das Mitreden bei Entscheidungsprozessen und die Möglichkeit des Mittreffens von Entscheidungen für Kinder und Jugendliche. Solche Grundmaximen sichern nämlich dann auch das breite Mittragen der Ergebnisse. Gängige Maßnahmen zur Stärkung der Beteiligung von Betroffenen dürfen sich deshalb nicht nur auf symbolischer Ebene beschränken. Beteiligungsformen entfalten nur dann eine Wirkung, wenn sie bereit wären, Verantwortungsbereitschaft und Verantwortungsfähigkeit zuzulassen und auch diese anzuerkennen. Beteiligung fängt unserer Meinung nach an der Basis an und muss aber von der Landesregierung auch gewollt sein. Ein Großteil der Beteiligungsmodelle, die im Bereich Kinder- und Jugendhilfegesetz in Thüringen umgesetzt und ausgeführt werden, entwickeln sich dann zu tatsächlichen Beteiligungsformen, wenn in konsequenter Umsetzung durch Erwachsene die Ideen, die Belange und Interessen der Jugendlichen diskutiert und auch berücksichtigt werden. Für Erwachsene und an dieser Stelle auch für uns Politiker ungewohnt erscheint, dass wir nicht die Bestimmer sein sollen, sondern Sie werden zu Lernenden. Sie müssen teilhaben und partizipieren von den Gedanken, Diskussionen und Ideen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz ein Letztes sagen, etwas zur Situation Ausbildung, Arbeit, insbesondere Jugendberufshilfe. Ich halte es schon für erstaunlich, dass es Ihnen gelingt, eine 14-seitige Lobeshymne zu singen. Dies ist keine Frage im Hinblick darauf, dass das Thema "Ausbildung" wohl eines der brennendsten in Thüringen ist. Die berufliche Integration ist eine der wichtigsten für junge Menschen und gerade hier an diesem Punkt kommt der Blick in die Zukunft, den wir von einer Landesregierung erwarten, etwas zu kurz. Die Diskussion zur Aktuellen Stunde während der 74. Plenarsitzung im November dürfte Ihnen noch im Ohr liegen. Dort versuchten Sie, die Auswirkungen der Kürzung von 75 Prozent zu verkaufen als zwar schmerzlich, aber unschädlich. Diesen Abschnitt Ihrer Stellungnahme, der in
ausführlicher Weise die bisherige Förderpolitik der Landesregierung beschreibt, halte ich schlichtweg für eine Augenwischerei, wenn perspektivische Alternativen zu Ihren Kürzungen nicht benannt werden können.
Meine Damen und Herren, angesichts des Berichts der Kommission hätten wir von der Landesregierung eine Stellungnahme erwartet, die
1. objektiv von den sozialen Unterschieden in den Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen in Thüringen ausgeht und sich in der Analyse und Konsequenz auf diese richtet, nämlich insbesondere auf die Unterschiede nach Geschlecht, Bildung, Schicht bzw. Klasse, Region, Migration und Alter,
2. nach den Einstellungen und Handlungsmöglichkeiten der Kinder und Jugendlichen selber fragt und ihre Selbstständigkeit stärkt,
3. den Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe nach § 1 Kinder- und Jugendhilfegesetz ernst nimmt und die Schaffung positiver Lebensbedingungen stärkt, indem
4. Überlegungen zu Perspektiven in den Bereichen getroffen werden, die in Thüringen bisher nur teilweise und nicht umfassend umgesetzt werden.
Meine Damen und Herren, wir möchten über Ihre Stellungnahme eine breite öffentliche Diskussion mit Vereinen und Verbänden einfordern, denn gerade diese perspektivische Sichtweise der Praxis schienen in der weiten Entwicklung der Jugendhilfe in Thüringen eine wesentliche Rolle zu spielen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Arenhövel, zur DDR-Geschichte hatte ich Ihnen am 5. Mai vor der Staatskanzlei schon das Dementsprechende gesagt. Es geht weiß Gott nicht um die Vergangenheit, bei der Gleichstellung geht es um Bürgerrechte und Menschenrechte.
Zu den Kosten werde ich später noch etwas sagen. Aber das, was Sie heute vor dem Thüringer Landtag zu dem Berliner Gleichstellungsgesetz gesagt haben, das haben Sie auch vor der Staatskanzlei getan, das stimmt so in seiner absoluten Form nicht. Es hat sich schon in Berlin etwas getan und hier zu behaupten, das Gesetz hat nichts verändert, halte ich einfach für unlauteren Wettbewerb.
Der heute vorliegende Gesetzentwurf hat eine lange Geschichte, die weit in die 2. Wahlperiode zurückreicht. Die Fraktion der PDS hat sich in der 3. Wahlperiode des Thüringer Landtags in mehr als dreieinhalb Jahren sehr intensiv mit den Themen Gleichstellung, gesellschaftliche Teilhabe behinderter Menschen und Nachteilsausgleiche sowie deren gesetzliche Umsetzung beschäftigt. Wir waren bemüht, einen wirklichen Diskussionsprozess mit den Betroffenen zu führen. Wichtig war uns als PDS-Fraktion im Thüringer Landtag, sich nicht nur isoliert auf der parlamentarischen Ebene mit diesen Themen zu beschäftigen, sondern die Behindertenverbände und Behindertenvereine hier intensiv mit einzubeziehen. Somit kann ich heute mit Fug und Recht behaupten, dies ist ein Gesetzentwurf, der von einer breiten außerparlamentarischen Mehrheit getragen wird.
Ich möchte mich bei den auf der Besuchertribüne anwesenden Vertreterinnen und Vertretern der unterschiedlichsten Thüringer Behindertenverbände und -vereine bedanken, dass Sie heute hier mit ihrer Anwesenheit ihre Unterstützung für ein Thüringer Gleichstellungsgesetz dokumentieren.
Die PDS-Fraktion im Thüringer Landtag und insbesondere ich als deren behindertenpolitischer Sprecher verstehen uns somit als parlamentarischer Arm dieser außerparlamentarischen Initiativen. Wir haben mit diesem Gesetzentwurf viele Probleme, Anliegen und Anregungen sowie Lösungsvorschläge der betroffenen Menschen mit Behinderung und ihrer Interessenvertretungen aufgenommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, über einen langen Zeitraum von mehr als drei Jahren hat die PDS-Fraktion sechs Veranstaltungen hier im Thüringer Landtag
durchgeführt, um gemeinsam mit diesen Verbänden, die die Interessen behinderter Menschen im Freistaat vertreten, unseren Gesetzentwurf weiterzuentwickeln und zu verbessern. Die Themen unserer Veranstaltungen waren u. a.: "Arbeit für Menschen mit Behinderung", "Barrierefreiheit", "Gebärdensprache", "persönliche Assistenz" und "Landesbehindertenbeauftragte".
Also, noch einmal kurz und knapp: Das Gesetz ist das Ergebnis der Arbeit von behinderten Menschen und in der Arbeit mit behinderten Menschen Erfahrenen für behinderte Menschen. Es geht daher nicht am Leben vorbei, sondern es ist gelebte Erfahrung. Somit denke ich, das kann ich hier und heute behaupten, dieser Entwurf ist ein Entwurf zur umfassenden Verwirklichung gesellschaftlicher Teilhabe behinderter Menschen im Freistaat Thüringen. Und es ist nicht nur ein Gesetzentwurf der PDS-Landtagsfraktion, sondern er beinhaltet auch die Interessen der behinderten Bürgerinnen und Bürger hier im Freistaat.
Mit dieser Arbeitsweise entsprechen wir dem Motto des Europäischen Jahres der Menschen mit Behinderung 2003, welches da heißt "Nichts über uns ohne uns", und darauf lege ich als selbst behinderter Mensch sehr großen Wert.
Meine Damen und Herren, warum bringen wir als PDSFraktion nun heute unseren Gesetzentwurf in den parlamentarischen Gang? Ich denke, ein Jahr nach In-KraftTreten des Bundesgleichstellungsgesetzes am 1. Mai 2002 - das ist der erste Punkt - ist es Zeit, auf Landesebene gesetzliche Gleichstellungsgesetze umzusetzen. Es gibt ein weiteres nahe liegendes zeitliches Argument, das ist das Jahr 2003, nämlich das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderung. Als Letztes, und ich denke auch wichtiger Punkt, ist der 5. Mai, der europaweite Protesttag der Behinderten für die Gleichstellung, der jedes Jahr auch hier in Thüringen stattfindet und auch in diesem Jahr war die Veranstaltung vor der Thüringer Staatskanzlei mit einer Demonstration, denke ich, eine massive Forderung behinderter Menschen hier in Thüringen für ein Thüringer Gleichstellungsgesetz.
An dieser Demonstration nahmen mehrere hundert Menschen mit Behinderung teil. Der Ort der Kundgebung und deren Motto waren auch mit Bedacht gewählt. Die dort anwesenden Politiker konnten deutlich hören und sehen, was Menschen mit Behinderung fordern. Ausgangspunkt für diese deutlichen verbalen Zeichen war unter anderem die Äußerung der Landesregierung, insbesondere des Herrn Minister Gnauck und des Herrn Minister Dr. Pietzsch im April, welche mit diversen Schlagzeilen für einiges Aufsehen bei den Thüringer Behindertenverbänden und -vereinen sorgten. So wurde verkündet, dass trotz vollmundiger Ankündigungen kein Integrationsgesetz für Thüringen im Jahr 2003 vorgelegt wird, wobei schon der Titel "Integra
tionsgesetz" signalisiert, dass die Landesregierung offensichtlich nicht viel von den Kompetenzen Gleichstellung und Selbstbestimmung hält.
Meine Damen und Herren, im letzten Plenum habe ich Sie, Herr Minister Dr. Pietzsch, aufgefordert, endlich etwas für die Gleichstellung behinderter Menschen in Thüringen zu tun. Jetzt könnten Sie etwas tun, indem Sie unseren Gesetzentwurf unterstützen und sich nicht nur auf die Thüringer Verfassung berufen, wie Sie es heute in Ihrer Pressemitteilung mit langen Anlagen tun. Die Verfassung allein kann die Lebensqualität behinderter Menschen in Thüringen nicht spürbar verbessern, weil die Vorgaben noch viel zu abstrakt sind und sich nicht konkret am Alltag des einzelnen behinderten Menschen auswirken können.
Dort heißt es in Artikel 2 Abs. 4 der Thüringer Verfassung, Frau Präsidentin, ich zitiere: "Menschen mit Behinderung stehen unter dem besonderen Schutz des Freistaats. Das Land und seine Gebietskörperschaften fördern ihre gleichwertige Teilnahme am Leben in der Gesellschaft."
Meine Damen und Herren von der Landesregierung, aber auch von der CDU-Fraktion, wir Menschen mit Behinderung brauchen keine geschützten Räume, sondern die Schaffung von Rahmenbedingungen, damit wir unsere Menschen- und Bürgerrechte selbstbestimmt wahrnehmen können. Die Notwendigkeit zur Schaffung eines Landesgleichstellungsgesetzes leitet sich zum einen aus dem zum 1. Mai 2002 in Kraft getretenen Behindertengleichstellungsgesetz und aus der Existenz der Benachteiligungsverbote zugunsten behinderter Menschen im Grundgesetz sowie in der Landesverfassung ab. Deshalb müssen Gesetze geschaffen werden, die das Grundgesetz und die entsprechenden Regelungen auf der Landesebene wie Artikel 2 Abs. 4 in Thüringen konkret untersetzen und einklagbare Rechte für Menschen mit Behinderung und konkrete Förderungsgebote und Förderungsmaßnahmen festschreiben.
16 Jahre schwarzgelber Bundespolitik haben die Umsetzung solcher Gesetze wie ein Behindertengleichstellungsgesetz, geschweige denn ein Antidiskriminierungsgesetz nicht auf den Weg gebracht. Der konservative Politikansatz ging davon aus, dass es genügend gesetzliche Regelungen für Menschen mit Behinderung gäbe und dass genügend für diese Bevölkerungsgruppe getan werde und dass deshalb Änderungen und Verbesserungen nicht nötig seien. Dieses Denken und Handeln scheint auch bei 13 Jahren Thüringer CDU-Politik verinnerlicht zu sein.
Meine Damen und Herren, da Sie als CDU nicht in der Lage sind, einen Gesetzentwurf zur Gleichstellung für Menschen mit Behinderung dem Landtag vorzulegen, müssen wir als Opposition Ihnen offensichtlich auf die Sprünge helfen mit unserem Gesetzentwurf.
Ich wende mit eindringlich an die Landesregierung, aber auch an Sie von der CDU-Mehrheit im hohen Hause, das Thema von Menschen mit Behinderung und deren Gleichstellung nicht nur unter finanziellen und haushalterischen Aspekten zu betrachten, sondern Sie sollten vor allem daran denken, dass bei dem Thema Gleichstellung behinderter Menschen es um Menschenrechte und Bürgerrechte, um Verfassungsrechte und individuelle Grundrechte geht; Rechte, die das Fundament und den Kern unseres Rechtsstaats ausmachen.
Die PDS möchte Ihnen Vorschläge unterbreiten, wie sie ein solches Gesetz zur Gleichstellung für Menschen mit Behinderung finanzieren können.
Der erste Vorschlag bezieht sich auf die Imagekampagne "Willkommen in der Denkfabrik", welche mit 1,5 Mio.  untersetzt ist. Ein weiterer Vorschlag: Wie wäre es mit dem Titel für "Zwecke des Verfassungsschutzes", aus dem Spitzel wie Dienel oder Brandt bezahlt werden. Dafür gibt es immerhin jährlich 360.000 !#   müsste der Verfassungsschutz mit knapp 5 Mio.   kommen. Oder die so genannten Lottomittel mit einem Umfang von 4 Mio.   $ %   rangig durch die CDU-Abgeordneten im Lande für soziale, mildtätige, kulturelle und ähnliche Zwecke verteilt werden. Das Ganze geschieht aber eher nach Gutdünken, dient mitunter eher dem Lobbyismus als zielgerichteter Sacharbeit. Hinzu kommt die Tatsache, dass Ende 2001 im Haushaltstopf mit den Mitteln aus der Ausgleichsabgabe für unbesetzte Schwerbehindertenarbeitsplätze umgerechnet ca. 15,4 Mio.      ten. Meines Wissens hat sich an dieser grundsätzlichen Situation nichts geändert. Warum nehmen Sie diese objektiv belegbaren Fakten nicht zur Kenntnis? Das legt den Verdacht nahe, Geldargument ist nicht das Eigentliche Ihrer Ablehnung. Würden Sie diese Tatsachen von vornherein betrachten, könnten und müssten Sie durchaus zu anderen Erkenntnissen kommen. Ein wichtiger Faktor sollte nicht vergessen werden. Behinderte Menschen sind auch Konsumenten. Und je besser die Teilhabe und der Nachteilsausgleich im Lande Thüringen gewährt wird, je mehr Geld wird von ihnen auch wieder ausgegeben. Die PDSFraktion weiß, dass Gleichstellung letztendlich nur durch Nachteilsausgleiche erreicht werden kann. Dies kostet natürlich Geld. Bei der ganzen Debatte um Gleichstellung und Teilhabe behinderter Menschen in der Gesellschaft muss es auch um Umverteilung und Neuordnung von Finanzen gehen. Geld ist genügend da. Den Mut, den Frau Arenhövel bei der Neustrukturierung der Sozialhilfe vorhin im Tagesordnungspunkt 3 hatte, sollten Sie auch hierbei haben, aber bitte schön auch im Interesse der Betroffenen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich nun im Konkreten auf das Gesetz zur umfassenden Ver
wirklichung gesellschaftlicher Teilhabe behinderter Menschen im Freistaat Thüringen in der Drucksache 3/3249 eingehen. Die PDS-Fraktion bleibt bei ihrer grundsätzlichen Kritik am Behindertengleichstellungsgesetz auf Bundesebene, die vor allem darin besteht, dass es kein Leistungsgesetz ist bzw. keine individuellen Leistungsrechte normiert, ausgenommen vielleicht den Aspekt der Verwendung der Gebärdensprache. Deshalb haben wir bei der Erarbeitung unseres Gesetzes das Thema Nachteilsausgleich schwerpunktmäßig mit berücksichtigt und dieses weit gehend in einem eigenen Gesetz, dem Nachteilsausgleichsgesetz, zusammengefasst.
Unser Gesetz ist in drei Artikel unterteilt: Artikel 1 - Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen im Freistaat Thüringen, das Thüringer Behindertengleichstellungsgesetz mit fünf Abschnitten,
Artikel 2 - Thüringer Gesetz über Nachteilsausgleiche für behinderte Menschen, das Thüringer Nachteilsausgleichsgesetz mit sechs Abschnitten sowie
Artikel 3 - In-Kraft-Treten des Gesetzes.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Artikel 1 des Gleichstellungsgesetzes findet sich vieles, was auch im Bundesgesetz normiert ist, wieder. Es sind jedenfalls Forderungen der behinderten Menschen und ihrer Interessenvertretungen. Das Bundesgesetz basiert vor allem auf der Arbeit des Forums der behinderten Juristinnen und Juristen. Der PDS-Entwurf des Gleichstellungsgesetzes hat ein stark ausgestaltetes Benachteiligungsverbot zum Inhalt, das durch entsprechende Ansprüche bis hin zu Staatshaftungsansprüchen gegen die öffentliche Hand bei Verletzung des Verbots abgesichert ist. Die Regelungen gehen über das Bundesgesetz und die Gleichstellungsgesetze anderer Länder hinaus. Doch unserer Ansicht nach ist die Einhaltung des Diskriminierungsverbots nur durch eine solch weit gehende Sanktionierung abzusichern. Ähnlich gelagert ist die Festschreibung des so genannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Das soll heißen, wenn z.B. behinderte Menschen durch einen Beratungsfehler einer Behörde Leistungseinbußen erlitten haben, sie sind nachträglich so zu stellen, als sei die Beratung von Anfang an korrekt erfolgt. Äußerst wichtig erschien uns, das Gebot der besonderen Förderung behinderter Frauen festzuschreiben, um dem Problem der doppelten Benachteiligung dieser Bevölkerungsgruppe, zum einen als behinderter Mensch und zum anderen als Frau, wirksam begegnen zu können. Diesem Gebot entspricht dann auch die besondere Aufgabenstellung an den Landesgleichstellungsbeauftragten in diesem Punkt.
Dem Aspekt Akteneinsicht, Auskunft und Beratung behinderter Menschen haben wir in den §§ 20 bis 23 einen eigenständigen Abschnitt gewidmet. Das macht insoweit Sinn, als nur derjenige wirksam seine Rechte wahrnehmen kann, der um seine Rechte umfassend weiß. Es gilt gerade auch hier die Binsenweisheit: "Wissen ist Macht!"
Im Falle behinderter Menschen bedeutet Macht in diesem Zusammenhang vor allem auch Selbstermächtigung, oder auf neudeutsch Empowerment, und Selbstbestimmung. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass Beratung nach der Möglichkeit entsprechend dem Prinzip des Peer Counselling Beratung behinderter Menschen durch behinderte Menschen selbst stattfinden soll. Doch zu einer wirksamen Durchsetzung der eigenen Rechte reicht eine umfassende Information und Beratung nicht aus. Meist muss auch die wirksame Unterstützung bei der Rechtsdurchsetzung vor Behörden und Gerichten hinzukommen. Die rechtlichen Regelungen und ihre Handhabung sind mittlerweile so kompliziert, dass der einzelne Betroffene allein oft schon fast überfordert ist. Dem hilft die Verankerung einer Vertretungsbefugnis und eines Verbandsklagerechts ab. Diese beiden Instrumente ermöglichen den Interessenvertretungen behinderter Menschen unter bestimmten Vorgaben, so muss eine qualitativ hochwertige Rechtsvertretung durch die Organisation gewährleistet werden, den Betroffenen wirksame Rechtsvertretung zu geben. Der Einzelne muss so nicht mehr als Einzelkämpfer Behörden und Gerichten gegenübertreten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein weiterer Schwerpunkt des Gleichstellungsgesetzes ist im Abschnitt 4 des Artikels 1 die Herstellung der Barrierefreiheit. Dieses Thema wird uns im nächsten Tagesordnungspunkt 6 noch mal in der Änderung der Bauordnung begegnen. Jedoch gibt es bei dieser Gesetzesänderung, die nachher beraten wird, schon noch einige Barrieren. Wohlgemerkt, für die PDS-Fraktion haben wir Barrierefreiheit in einem sehr weitestgehenden Sinne geregelt, also nicht nur bezogen auf die Bereiche Bau und Personenbeförderung; es ist auch der ganze Bereich der Kommunikation erfasst, angefangen von der Gestaltung von Bescheiden, Internetpräsentationen und Museumsangeboten bis hin zum Bereich der Gebärdensprache. Gerade an diesen Regelungen im Gesetzentwurf der PDS-Fraktion lässt sich exemplarisch die enge Zusammenarbeit zwischen dem außerparlamentarischen Bereich, den Betroffenen und ihren Interessenvertretungen und der Fraktion ablesen. Die für einen unbedachten Betrachter vielleicht skurril anmutenden Regelungen nach qualifiziertem Lehrpersonal an Schulen für hörbehinderte Menschen oder die Pflicht zur Sicherstellung ausreichender Ausbildungsmöglichkeiten für Gebärdendolmetscher sind Lösungsangebote für Probleme, die von den Betroffenen als solche benannt werden und in Thüringen Realität sind, auch wenn das mancher nicht so gern hören mag.
Unter dem Aspekt der Barrierefreiheit, das heißt des ungehinderten Zugangs zu allen gesellschaftlichen Lebensbereichen, ist es nicht zuletzt auch als Gebot der weitestgehenden Umsetzung des gemeinsamen Unterrichts von behinderten und nicht behinderten Kindern zu sehen. Im Gesetzentwurf ist es als Wahlrecht der Eltern ausgestaltet. Die Vorschrift beinhaltet darüber hinaus ein entsprechendes Finanzierungsgebot an das Land. In Sachen gemeinsamer Unterricht hätten die Landesregierung und die CDU
Mehrheit mit der Novellierung der Schulgesetze alle Möglichkeiten gehabt, sie konnten und wollten sie offenbar nicht nutzen.
Übrigens noch ein Argument in Bezug auf Barrierefreiheit unter finanziellen Aspekten. Untersuchungen und Erfahrungen in anderen Ländern, aber auch in Deutschland zeigen, auch Barrierefreiheit ist kein Kostengrab. Wird Barrierefreiheit von Anfang an mit eingeplant, kostet sie nicht mehr als konventionelle Verfahren und Umrüstungsverfahren werden mittlerweile aufgrund der technischen Entwicklung auch immer kostengünstiger.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Nachteilsausgleichsgesetz Artikel 2 des Entwurfs nimmt viele langjährige Forderungen behinderter Menschen und ihrer Interessenvertretungen auf. So beinhaltet es das seit Jahren geforderte Gehörlosengeld. Aber auch die behinderten Menschen, die unter schwierigen Bedingungen in Werkstätten arbeiten, sollten durch das Werkstattgeld einen kleinen finanziellen Nachteilsausgleich erhalten. Damit ist einmal das dringendste Problem der Werkstätten angepackt. Diese Forderung dürfte auch im Interesse des Herrn Minister Pietzsch sein, wenn ich Sie am Montag auf der Demo richtig verstanden habe. Die Tatsache nämlich, dass in diesen Einrichtungen unter Konkurrenz und oft auch unter belastenden Arbeitsbedingungen der so genannten sozialen Marktwirtschaft zu miserablen Löhnen von den behinderten Menschen für Verkauf und Konsum produziert und malocht wird. Weitere wichtige Punkte des Nachteilsausgleichs sind der Ausgleich von Mobilitätsnachteilen und die Festschreibung eines umfassenden Rechts auf Assistenz in allen Lebensbereichen. Ein solch umfassendes Recht ist nicht einmal in dem SGB IX und in dem Bundesgleichstellungsgesetz gewährleistet. Und doch stellt es für viele behinderte Menschen das Kernstück eines selbstbestimmten Lebens trotz Behinderung dar. Es kann dazu beitragen, behinderte Menschen vor dem oftmals bevormundenden Los der stationären Betreuung zu bewahren. Der Lebensalltag der Betroffenen wird unabhängiger, vielgestaltiger und abwechslungsreicher, aber vor allem lebenswerter. Viele Aktivitäten und Unternehmungen sind für behinderte Menschen nur oder viel besser mit Assistenz möglich. In Thüringen scheint dies ein Fremdwort zu sein. Zuständige Sozialämter scheuen Anträge zur Übernahme von Assistenzleistungen wie der Teufel das Weihwasser. Vergessen sollten wir aber auch nicht, Assistenz schafft Arbeitsplätze.
Anlässlich einer Tagung, die in Mainz zu dem Thema "Assistenz und Assistenzmodelle" durchgeführt wurde, gab es in den letzten Tagen eine Mitteilung, dass bun
desweit bereits 16.000 Arbeitsplätze geschaffen und Anstellungsverträge aufgrund von praktizierter Assistenz abgeschlossen wurden. Außerdem zeigen Untersuchungen von Modellprojekten, dass Assistenzmodelle in den allermeisten Fällen kostengünstiger sind als stationäre oder anders organisierte Betreuung. Deshalb sieht der Gesetzentwurf der PDS den Grundsatz ambulant vor stationär vor.
Was in anderen Bundesländern gang und gäbe ist, muss auch in Thüringen endlich Realität werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch ein kurzes Wort zu den Regelungen in Artikel 2 Abs. 4 Landesförderplan für den öffentlichen Dienst. Ich weiß, das Land hat schon Sonderprogramme zur Förderung behinderter Menschen im Arbeitsleben aufgelegt. Aber zum einen sind sie, soweit ersichtlich, wieder ausgelaufen und unseres Erachtens auch nicht ausreichend in ihrem Umfang. Ein verräterisches Indiz ist, dass bis zum 18.10.2002 im Topf Ausgleichsabgabe des Landeshaushalts ein Überschuss von 15,4 Mio.    !&'schuss ist nicht abgebaut. Diese Tatsache beantwortet im Übrigen auch, wie sich die PDS-Fraktion die Finanzierung eines solchen Förderplans vorstellt.
Zum Abschluss des Überblicks noch zwei juristische Aspekte: Dass die PDS mit dem Nachteilsausgleichsgesetz kein Utopia für Behinderte schaffen will, ist hoffentlich deutlich genug daran zu erkennen, dass durch die Vorlage gleichartiger bundesrechtlicher Leistungen eine Doppelversorgung, Frau Arenhövel, ausgeschlossen wird. Um das Nachteilsausgleichsgesetz auch verfahrenstechnisch in das schon vorhandene sozialrechtliche Leistungssystem einzupassen, werden die Regelungen des Ersten und des Zehnten Sozialgesetzbuchs für entsprechend anwendbar erklärt. Neu ist, dass Streitigkeiten aus dem Nachteilsausgleich den Sozialgerichten zugewiesen werden, was nach § 51 Abs. 1 Nr. 10 Sozialgesetz auch möglich ist. Diese Zuweisungen haben darüber hinaus den wichtigen Vorteil, dass das sozialrechtliche bzw. gerichtliche Verfahren in vielen Punkten, z.B. die Überprüfung von Bescheiden auch nach Ablauf der Widerspruchsfrist oder auch die Gebührenfreiheit betroffenenfreundlicher ist als das normale Verwaltungsverfahren.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss noch auf einen Schwerpunkt des Gleichstellungsgesetzes eingehen, die Schaffung des Amtes eines Gleichstellungsbeauftragten und die Schaffung von Interessenvertretungen behinderter Menschen auf kommunaler Ebene. Diese Forderungen haben im Thüringer Landtag schon eine über zehnjährige Geschichte. Bereits in der 1. Legislatur gab es diesbezüglich mehrere Anträge von der Fraktion Linke Liste/PDS. Und dass sie zum damaligen Zeitpunkt
richtig gewesen sind, kommt in den formulierten Forderungen der Verbände nach einem Landesbehindertenbeauftragten auch im Jahre 2003 zum Ausdruck.
Alle Punkte, die ich zuvor im Überblick aufgezählt habe, hängen eng zusammen mit der Inanspruchnahme und Durchsetzung von Rechten für und durch den einzelnen behinderten Menschen. Daneben ist es aber auch genauso wichtig, eine gesellschaftliche und politische Instanz bzw. entsprechende Instrumente zu haben, die Belange behinderter Menschen nicht nur als individuelle Angelegenheit durchzusetzen, sondern als gesamtgesellschaftliche und politische, auf jeden Fall übergeordnete soziale Aufgabe zu bearbeiten. Diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe nimmt der Landesgleichstellungsbeauftragte zusammen mit dem Behindertenbeirat schwerpunktmäßig wahr. Er soll im politischen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess auf frühzeitige und wirksame Problemlösungen im Bereich Gleichstellung Behinderter hinwirken.
Ihre heutige Pressemitteilung, Herr Minister Pietzsch, müsste Ihre noch vor Wochen und Monaten ablehnende Haltung gegenüber der Schaffung eines Amts eines Landesbehindertenbeauftragten doch eigentlich aufheben.
Ja, dann muss ich sie falsch gelesen haben.
Der Landesbehindertenbeauftragte sollte das Zugangsrecht zum Kabinett haben, die umfassenden Rechte auf die Stellungnahme zu Vorhaben und Gesetzentwürfen, das Rederecht im Plenum und im Ausschuss und das Recht, eigene Vorschläge zu unterbreiten, allerdings kein Recht zur Einbringung von Gesetzen. Das hätte eine Verfassungsänderung nötig gemacht und nach unserer Ansicht auch das demokratische Verfassungsgefüge gesprengt. Aus diesem Grunde, meine Damen und Herren, geht die PDSFraktion den Schritt, dass ein Behindertenbeauftragter mit all seinen wichtigen Aufgabenfeldern diese Funktion nicht ehrenamtlich ausüben kann. In den von uns durchgeführten inhaltlichen Beratungen, auch zum Thema Landesbehindertenbeauftragter, hat die Mehrheit der anwesenden Behindertenbeauftragten aus den Bundesländern SchleswigHolstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Berlin und Bayern eindringlich davor gewarnt, diese wichtige Stelle ehrenamtlich zu besetzen. Vor allem Ina Stein aus Bayern, die selbst ehrenamtlich als Behindertenbeauftragte tätig ist, macht es sehr deutlich, dass sie diese aufopferungsvolle Arbeit, quasi den Rund-um-die-Uhr-Job, nur realisieren kann, da sie - ich zitiere jetzt Frau Stein: "Gut finanziell von ihren Mann leben kann." Wer kann das hier in den neuen Bundesländern schon von sich behaupten?
Der Behindertenbeauftragte soll die Umsetzung der Regelung zur Gleichstellung durch die Exekutive kontrollieren. Dazu bekommt er ähnlich weit gehende Befug
nisse, wie sie Datenschutzbeauftragte haben, denn auch in seiner Tätigkeit geht es um Einhaltung von Grund- und Bürgerrechten. Dass der Landesbeauftragte gleichzeitig Anlaufstelle für Petitionen ist, steht nicht im Widerspruch zu einer vorrangig gesellschaftlich-politischen Querschnittsaufgabe. Aus der Bearbeitung von Einzelfällen lassen sich oftmals übergeordnete allgemeinpolitische Problemlagen erkennen, sozusagen eine induktive Methode, um zur Lösung übergeordneter bzw. grundsätzlicher politischer Probleme zu kommen. Wir hoffen auch, dass es durch Regelungen im Gesetzentwurf gelungen ist, Reibungsverluste in der Arbeit mit dem Petitionsausschuss sowie eine ungute Konkurrenz mit dem wichtigen Gremium des Landtags zu vermeiden. Doch diese gesellschaftspolitische Entwicklung im Bereich Gleichstellung muss auch auf der kommunalen Ebene ankommen. Deshalb enthält der Gesetzentwurf auch die Pflicht für die Kreise und Kommunen, Interessenvertretungen für behinderte Menschen zu schaffen. Hier könnte ich ein Beispiel als Kommunalpolitiker im Landkreis Schmalkalden-Meiningen benennen: Wir streiten uns nun schon seit öfterem wegen der Fortschreibung des Nahverkehrsplans und der Beteiligung von Behindertenverbänden bei dieser Fortschreibung. Da wird seitens der Verwaltung bezüglich des Behindertengleichstellungsgesetzes zum Teil die Frage gestellt, welche Behindertenverbände nun auch Behindertenverbände sind. Dieses Beispiel spricht dafür, dass hier endlich eine Regelung für Rechtssicherheit sorgen sollte.
Um ihnen das Eingehen auf die besonderen lokalen Gegebenheiten zu ermöglichen, haben sie ein Wahlrecht, ob Sie die Form des Gleichstellungsbeauftragten oder des Beirats wählen wollen. Immerhin ist das unseres Erachtens ein wichtiger Schritt, damit Gleichstellung auch wirklich vor Ort stattfindet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass heute zwei Gesetzentwürfe zur Thematik in erster Lesung beraten werden, zeigt, dass sich insbesondere die Oppositionsfraktionen dieser Problematik angenommen haben und Ihre Vorschläge und Auffassungen in einem Gesetzentwurf verankert wissen wollen. Die Behandlung beider Entwürfe kann der Diskussion, der Suche nach der geeignetsten Lösung nur dienlich sein. Vieles, meine Damen und Herren, ist in beiden Entwürfen identisch. Aber es gibt aus meiner Sicht drei wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Entwürfen. Erstens, Ihr Entwurf, verehrte Kollegen der SPD, wurde kaum mit Betroffenen und Interessenvertretern be- oder erarbeitet. Zweitens, die Regelung des Nachtragsausgleichs fehlt in Ihrem Entwurf in Gänze. Drittens, wollen Sie wirklich, dass der Behindertenbeauftragte ehrenamtlich tätig ist?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Entschließungsantrag der PDS-Fraktion zum Gesetzentwurf der PDS: Alle existierenden Landesgesetze, Richtlinien und Verordnungen müssen nach In-Kraft-Treten eines Lan
desgleichstellungsgesetzes auf die Beseitigung von diskriminierenden Elementen gegenüber Menschen mit Behinderung durchforstet werden. Wir haben versucht, die nach unserer Meinung wichtigsten Gesetze zu erfassen, auch diese Liste ist Ergebnis der Zusammenarbeit mit außerparlamentarischen Organisationen, Sie können auch gerne noch weitere hinzufügen und ergänzen. Dieser Antrag soll deutlich machen, dass Gesetzgebung in Sachen Gleichstellung eine sehr umfassende Querschnittsaufgabe ist, die alle gesellschaftlichen Lebensbereiche umfasst.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Vogel - der jetzt leider hier im Raum nicht anwesend ist -, für Sie als einer der Erstunterzeichner der Campagne "Gleichstellung 2000 für behinderte Menschen im Freistaat Thüringen", welches eine Initiative der Interessenvertretung "Selbstbestimmt Leben in Thüringen" war, gefördert durch die "Aktion Grundgesetz" der "Aktion Mensch", müsste es heute doch leicht sein, Ihr damaliges Versprechen vor dem BAR-Kongress der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation im April 1999 in Suhl einzuhalten und sich mit besonderem Elan für die Gleichstellung behinderter Menschen in Thüringen einzusetzen.
Herr Ministerpräsident, dies ist jetzt genau die richtige Gelegenheit, dieses Versprechen einzuhalten und auf dem wichtigen sozialen Feld wirklich Top zu werden.
Ich hoffe, dass es dem Gesetzentwurf zur Gleichstellung behinderter Menschen in Thüringen nicht so geht wie den roten Luftballons, die vor der Staatskanzlei am 5. Mai dieses Jahres nicht aus den Startlöchern kamen bzw. auf halben Weg im Baum stecken geblieben sind.
Im Namen meiner Fraktion beantrage ich, den vorliegenden Gesetzentwurf an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit als federführendem Ausschuss sowie an den Haushalts- und Finanzausschuss, an den Innenausschuss, sowie den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik und den Justiz-, und Gleichstellungsausschuss als mitberatend zu überweisen.
Wir haben uns mit unserem Gesetzentwurf sehr weit vor gewagt, aber nur so sind unserer Meinung nach gesellschaftliche Veränderungen zu erreichen. Ich wünsche mir eine breite Diskussion dieses Gesetzentwurfs, um im besten demokratischen Sinne um die beste Lösung des Problems Gleichstellung für behinderte Menschen zu ringen. Dazu wird auf jeden Fall eine öffentliche Anhörung sinnvoll, ja notwendig sein und ich gehe davon aus, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass Sie sich diesen Tatsachen und Argumenten nicht verschließen und meinem Antrag auf Überweisung an die Ausschüsse zustimmen werden.
Eine Bitte hätte ich noch, meine Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, legen Sie doch bitte Ihren "Pawlow'schen Effekt" ab und lehnen Sie nicht jeden Gesetzentwurf, der von der PDS kommt, sofort ab. Die behinderten Bürgerinnen und Bürger Thüringens müssten Ihnen das Wert sein, für die Gleichstellung behinderter Menschen auch etwas zu tun und nicht unseren Gesetzentwurf sofort abzulehnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Woche ist eine ganz besondere, um nicht zu sagen eine ganz tolle Woche für die Thüringer Menschen mit Behinderung. Ich würde nur sagen, das ist die Woche der Einsparungen. Aus dem Kabinett, wo der Öffentlichkeit am Montag der Wegfall eines Integrationsgesetzes...
Herr Fiedler, wollen Sie mir auch zuhören oder wollen Sie draußen weiterquatschen?
Na gut, ich habe Sie nur bis hierher gehört. Vielen Dank für das "nicht ganz dicht". Ich weiß nicht...
Danke. Aus dem Kabinett, wo der Öffentlichkeit am Montag der Wegfall eines Integrationsgesetzes bekannt gegeben wurde, welches an 300.000      dolmetscher scheitert, wie aus gut informierten Kreisen zu hören war, und nun heute am Donnerstag im Thüringer Landtag soll eine weitere Änderung des Thüringer Blindengeldgesetzes beschlossen werden. Das zeigt, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie top Thüringen für Menschen mit Behinderung wirklich ist. Wie Teilhabe, Selbstbestimmung und Gleichstellung für Menschen mit Behinderung in Thüringen umgesetzt werden, zeigte ja schon sehr deutlich die kürzlich im Kaisersaal stattfindende Eröffnungsfeier im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderung 2003 für Thüringen. Thüringen ist das Schlusslicht hinsichtlich des Paradigmenwechsels in der Behindertenpolitik, auch wenn Sie, Herr Minister Dr. Pietzsch, immer mit dem Verweis auf die Thüringer Verfassung behaupten, dass Thüringen führend und fortschrittlich beim Thema "Behindertenpolitik" sei. Herr Minister, Sie irren hier gewaltig, denn den Alltag von Menschen mit Behinderung kann nur ein Landesgleichstellungsgesetz und Nachteilsausgleiche tatsächlich verbessern.
Die Verfassung ist dabei nur der Anfang. Taten in Form von Gesetzen müssen nun endlich folgen. Tun Sie endlich etwas dafür und gehen Sie nicht nur zähneknirschend zu Pressekonferenzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will die Kritik der PDS-Fraktion an der Änderung des Thüringer Blindengeldgesetzes nochmals verdeutlichen. Das Drama begann bereits im Jahr 2000 in Vorbereitung des ersten Doppelhaushalts. Die Kritik nun im Einzelnen:
Die PDS-Fraktion, und dies habe ich bereits zur ersten Lesung hier gesagt, bezieht sich vor allem darauf, wie die erste Änderung zum Landesblindengeldgesetz im Herbst 2000 entstanden ist. In Windeseile wurde mit der Einbringung des Doppelhaushalts 2001/2002 im so genannten Haushaltsbegleitgesetz eine Vielzahl von Thüringer Leistungsgesetzen, wie auch das Thüringer Blindengeldgesetz, drastisch gekürzt. Da die Streichorgien vor gut zwei Jahren nur unter fiskalischen Aspekten gesehen wurden und es nur um eine Einsparung ging und eine inhaltliche Diskussion in den zuständigen Fachausschüssen aufgrund der bestehenden Mehrheiten in diesem Hause strikt abgelehnt wurde, ist es aus meiner Sicht kein Wunder, dass die fachlichen Aspekte, wie zum Beispiel die 18 verschiedenen Anrechnungsvarianten der Pflegebedürftigkeit auf das Blindengeld oder die gravierende Schlechterstellung von blinden pflegebedürftigen Kindern und Jugendlichen, nicht ausdiskutiert wurde. Herr Panse, erinnern Sie sich daran oder war das nur unsere Fantasie
und die Schlechtrederei der PDS?
2. Zu Beginn des Jahres 2003 kommt die zweite Novelle. Hier geht es um die Änderung in § 4 Abs. 2 ff., also um die Anrechnung von Leistungen aus der Pflegeversicherung nach dem SGB XI auf das Blindengeld. Der jetzige Gesetzentwurf soll eine verwaltungstechnische Vereinfachung der Anrechnung von Pflegeleistungen auf das Blindengeld bringen sowie eine Besserstellung von blinden pflegebedürftigen Kindern. Dieses Vorgehen wird von der PDS-Fraktion für gut gehalten und befürwortet, auch dass allen jetzigen pflegebedürftigen blinden Menschen Bestandsschutz zugebilligt wurde.
3. Der Bestandsschutz wird außer Kraft gesetzt, sobald es zu einer Höherstufung in der Pflegeversicherung kommt. Genau diesen Punkt, meine sehr verehrten Damen und Herren, kritisiert meine Fraktion auf das Schärfste, weil es zukünftig zu einer finanziellen Schlechterstellung von blinden Menschen kommen kann. Ebenfalls kritisiere ich, dass keine Bereitschaft im Sozialausschuss vorhanden war, über diesen Fakt zu diskutieren und diese Befürchtungen zu beseitigen.
4. Meine Damen und Herren, in den Augen der PDSFraktion wird aufgrund dieses Gesetzes der harte Einsparungskurs zu Lasten von blinden pflegebedürftigen Menschen konsequent fortgesetzt. In der Begründung ihres Gesetzentwurfs ist zu lesen, dass aufgrund der pauschalen Anrechnung der häuslichen, teilstationären und Kurzzeitpflege auf das Blindengeld verbunden mit einer sachgerechten Leistung bei den Kindern sowie eine Reduzierung des Verwaltungsaufwands es zu einer weiteren Kostenersparnis auf Seiten des Landes kommen wird, und zwar abermals in einer Höhe von 1 Mio.  Fraktion bleibt bei ihrer Kritik und wird diesem Gesetz nicht zustimmen. Wir sind uns dabei bewusst, dass der Thüringer Landesverband des Blinden- und Sehbehindertenverbandes keinen großen Widerstand gegen die erneute Änderung des Blindengeldgesetzes aufgebracht hat und keine Kritik verlauten ließ, was uns sehr verwundert und mich persönlich als behinderten Abgeordneten sehr enttäuscht und was ich sehr bedauere.
Herr Panse, gestatten Sie mir zwei Nachfragen. Das eine betrifft die Stellungnahmen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und des Landesverbandes der Blinden und Sehbehinderten. Wem lagen die vor?
Es lag Ihnen vor zu dieser Ausschuss-Sitzung.
Den Abgeordneten der Opposition nicht, um das mal ganz klar zu sagen.
Meine zweite Frage hinsichtlich der Anhörung: Wer beantragte die und wer lehnte eine Anhörung ab?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es wäre schön gewesen, wenn Frau Bechthum auch mal das Zitat genau benannt hätte, woraus sie gerade zitiert hat, aus diesem Schriftstück, denn das ging nicht an die Mitglieder des Ausschusses, es ging an das Sozialministerium, an die Landesregierung.
Ich als Abgeordneter der Opposition bin erst in der Ausschuss-Sitzung darüber informiert worden. Wir wollten eine Anhörung beantragen und anschließend wurden uns diese Stellungnahmen zugesandt. Das mussten wir auch noch mal ganz deutlich sagen zur Richtigstellung. Hier sind wir einfach ausgegrenzt worden als Abgeordnete, das muss man sehr deutlich sagen.