Nicola Beer

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Last Statements

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn der Bundeswahlleiter das endgültige Ergebnis der Bundestagswahl dieses Jahres noch nicht festgestellt hat, auch wenn die Kollegen Gremmels, Wiesmann, Jung und ich erst mit der Konstituierung des neuen Deutschen Bundestages, also ungefähr erst Ende Oktober, Mitglieder des Deutschen Bundestags werden, ist dies heute die letzte Gelegenheit, mich von Ihnen in dieser Plenarsitzung zu verabschieden. Die Gelegenheit findet im Oktober nicht mehr statt, weil uns die Herbstferien einen Strich durch die Rechnung machen.
Für mich ist das durchaus ein sehr emotionaler Moment. Mit dem Hessischen Landtag verbinden mich nicht einfach nur achtzehneinhalb Jahre beruflicher Tätigkeit, sondern eine Vielzahl an persönlichen Momenten. Meine Zwillinge waren im Wahlkampf 1999 schon dabei.
Herr Kollege Boddenberg, sogar 24 Stunden am Tag, da sie nämlich erst zehn Tage vor dem Wahltag auf die Welt gekommen sind.
Sie waren am diesjährigen Wahltag auch wieder dabei, bei der Wahlparty am Sonntag in Berlin. Sie sind mittlerweile volljährig und haben Gott sei Dank einen Führerschein, was dazu geführt hat, dass sie ihre Mutter im Bundestagswahlkampf unterstützen konnten mit der einen oder anderen Handreichung. Allerdings haben sie am Wahlabend 2017 andere Getränke zu sich genommen als am Wahlabend 1999, als sie zwischendurch gestillt werden mussten.
Ich habe durch die politische Arbeit im Landtag in Wiesbaden meine große Liebe gefunden. Das hat mir neben einer wunderbaren Partnerschaft, die mich jetzt in Richtung Berlin unterstützen will, vier Beutekinder eingebracht und dazu noch erhebliche Einblicke in das Berliner Bildungssystem. Das alles kann man hier und auch darüber hinaus weiter verwerten.
Ich kann aber auch feststellen, dass sich in diesen achtzehneinhalb Jahren politisch eine ganze Menge verändert hat. Keine Angst, ich werde jetzt nicht der Versuchung erliegen, diese achtzehneinhalb Jahre eine halbe Stunde lang Revue passieren zu lassen, auch wenn das natürlich reizt, weil man das eine oder andere miteinander erlebt, durchlitten oder auch genossen hat. Ich kann zumindest sagen: Ich habe so ziemlich alles mitgenommen, was ein Abgeordnetenleben so bieten kann. Es war von allem etwas dabei: Mitglied verschiedener Oppositionsfraktionen, Mitglied von zwei Regierungsfraktionen, auch irgendetwas dazwischen, ich erinnere mich an die Zeit 2008/2009, sogar das Handheben für die Selbstauflösung dieses hessischen Parlaments, letztendlich die fünf Jahre Regierungsbank als Staatssekretärin und Kultusministerin, die noch einmal ganz besondere Eindrücke in der Zusammenarbeit mit dem einen oder anderen hier im Haus gebracht haben.
Ich glaube, man kann auch feststellen, dass es den Freien Demokraten in dieser Zeit gelungen ist, die politische Kultur in diesem Hause mit zu verändern. Wir haben meines Erachtens mit den beiden schwarz-gelben Koalitionen auch einen Beitrag dazu geleistet, dass der einstige hessische CDU-Kampfverband mit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN koalieren und gelegentlich, Herr Kollege Wagner, auch kuscheln kann, die die CDU in früherer Zeit eher als die Erben der Steinewerfer des Frankfurter Pflasterstrandes gesehen hat.
Eine Lernkurve, die sich gegebenenfalls für Berlin fortsetzen ließe. Im Hinblick auf die Äußerungen des Ministerpräsidenten von heute Vormittag – Herr Kollege Greilich hat es schon einmal angesprochen – kann ich von einer anderen Seite reagieren, indem ich sage: Ich stimme dem Ministerpräsidenten sogar zu, der sagt, dass die CDU in einer Jamaikakoalition wieder bestimmen möge, jedenfalls insofern, als dass, wenn sich drei Partner auf Augenhöhe treffen, dann auf jeden Fall die CDU/CSU bei Jamaika endlich wieder mitbestimmen kann.
Das jedenfalls wäre der Unterschied zur Großen Koalition, bei der die Sozialdemokratie in der Vergangenheit die Agenda diktiert hat.
Es ist schön für mich, dass ich die Gelegenheit habe, im Rahmen einer Bildungsdebatte heute von diesem hessischen Landesparlament Abschied zu nehmen. In den vergangenen achtzehneinhalb Jahren – das waren immerhin fünf Legislaturperioden – durfte ich für die Freien Demokraten eine Vielzahl von Themen bearbeiten: Rechtspolitik, Justizvollzug, Petitionen – dieses Thema hat sicher auch den einen oder anderen Anfänger beschäftigt –, Wissenschaft und Kunst, Europa und letztendlich Schule. Hinzu kommt noch eine Reihe von Untersuchungsausschüssen. Dabei war und bleibt die Bildungspolitik in der gesamten Bandbreite sicher meine Leidenschaft. Als Tochter
einer Aufsteigerfamilie ist es mir wichtig, dass in unserer Gesellschaft der soziale Aufstieg durch Bildung wieder Realität wird. Ich glaube, die Zeiten zeigen, dass der Einsatz dafür wichtiger ist denn je.
Die Herausforderungen sind meines Erachtens größer geworden; denn Globalisierung und Digitalisierung prägen unser Lebens- und Arbeitsumfeld. In unseren Bildungssystemen sind sie aber allenfalls in Ansätzen angekommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zum Abschied sagen: Das werden wir uns nicht weiter leisten können, da es für die Zukunft entscheidend sein wird, Bildung von der Krippe bis zur Erwachsenenbildung so zu modernisieren, dass wirklich jeder fit ist für die Welt von morgen und übermorgen.
Lassen Sie mich das mit Blick auf die Debatte, die ich hier vorhin verfolgen konnte, noch einmal sagen – ich hoffe, das wird mir nicht übel genommen –: Ich glaube, das hat noch einmal gezeigt, dass das Allerwichtigste im Hinblick auf eine qualitätsvollere Bildung ist, dass wir uns als gesamte Gesellschaft eine Zielvorstellung von weltbester Bildung machen. Wenn wir uns darauf geeinigt haben, sollten wir langfristig Kurs halten, und zwar langfristig, über Legislaturperioden und Regierungswechsel hinweg. Wir sollten Schulen davon befreien, dass ideologische Debatten, so wie wir sie heute hier zum Teil wieder gehört haben, in ihren eigentlichen Auftrag eingreifen, einfach guten Unterricht zu machen, Kinder fit zu machen, über qualitätsvollen Unterricht ihr Leben selbstbestimmt in die Hand nehmen zu können.
Deswegen sollten wir nicht lockerlassen und konsequent auf die Expertise der Fachleute vor Ort setzen, nämlich auf unsere Lehrkräfte. Deswegen ist für mich nach achtzehneinhalb Jahren die Konsequenz daraus, dass es dringender denn je ist, Schulen so eigenständig zu machen, dass sie geschützt sind vor permanenten Umschwüngen der Politik. Ich sage das ganz deutlich. Jenseits der Debatten zu Kooperationsverboten brauchen wir eine viel grundlegendere Reform unseres Bildungsföderalismus. Ich glaube, es reicht nicht aus, nur zu diskutieren: Land versus Bund, Bund versus Land. Vielmehr geht es darum, eigenverantwortliche Schulen, Eigenverantwortung in Personal, Budget und Organisation flächendeckend in Deutschland zu erreichen; denn nur so werden wir uns auf das eigentliche Kerngeschäft von Schulen konzentrieren können. So werden wir die Schulen wie die autonomen Hochschulen abschirmen vor politischen Eingriffen.
Ich persönlich bin gespannt, ob die große Zustimmung, die wir in der Bundestagswahl erfahren haben, und zwar dafür, dass zum ersten Mal in einem Bundestagswahlkampf das Thema Bildung prioritär war für die Menschen – –
Frau Kollegin Wissler, in den Wahlkampfveranstaltungen war festzustellen, dass jenseits der Anfragen aus politisch geprägten Kreisen, gerade jenseits der Anfragen von Journalisten, die uns vorhielten, Bildung sei kein Thema für eine Bundestagswahl, die Menschen jedes Mal deutlich gemacht haben, dass ihnen die Auseinandersetzung, dass
ihnen das Schwarzer-Peter-Spiel zwischen Kommune, Land und Bund völlig egal ist. Die Menschen legen Wert darauf, dass hinten gute Bildung herauskommt.
Ich habe die Hoffnung, dass wir, wenn der Druck aus der Bevölkerung da ist, auch eine Möglichkeit haben, uns gemeinsam über alle Ebenen hinweg und vor allem über alle Fraktionsgrenzen hinweg darauf zu einigen, dass wir den Weltmeistertitel nicht nur beim Fußball innehaben, sondern dass wir den Weltmeistertitel auch für die Bildung anstreben sollten.
Zum Abschied möchte ich sagen, dass ich meinen Einsatz und auch meine Leidenschaft dafür gerne erbringen möchte. Ich nehme die Erfahrungen aus dem hiesigen Parlament, aus der gemeinsamen Arbeit in Ausschüssen, aus Delegationsreisen oder auch aus dem persönlichen Gespräch sehr gern mit. Ich werde vieles und viele vermissen, wenn auch nicht alles, was man gelegentlich in diesem Parlament gehört und erlebt hat. Ich glaube aber, dass es letztendlich wert ist, diesen Einsatz zu zeigen, und zwar unabhängig davon, auf welcher Ebene man das Ziel anstrebt, dass Deutschland Bildungsweltmeister wird. Ich darf mich ganz herzlich bedanken. Auch wenn ich vieles und viele vermissen werde, aber im Wandel liegen letztendlich viele Chancen, für Sie genauso wie für mich. – Schönen Tag.
Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gestern zur Kenntnis nehmen können, dass die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ titelte: „Al-Wazir lehnt Fahrverbote ab“. Am Dienstag hat der Ministerpräsident wortgewaltig erklärt, auch er sei gegen Fahrverbote, und
man brauche den Diesel, um die Klimaschutzziele zu erreichen.
Ich frage mich allerdings, wie all das zu den Berichten vom Freitag passt, nach denen das Umweltministerium lokale Fahrverbote plane und der Hessische Rundfunk darüber berichtet, dass das hessische Umweltministerium ihm gegenüber in einer schriftlichen Stellungnahme mitgeteilt habe, es sehe die blaue Plakette als vielversprechend an, da nur eine Sperrung einer Straße einen vergleichbaren Minderungswert aufweise wie die blaue Plakette.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, da fragt man sich doch wirklich, was nun gilt. Können sich die Autofahrer in Hessen auf das Wort des Ministerpräsidenten verlassen, oder bleibt es bei der Forderung nach der Einführung der blauen Plakette, die die GRÜNEN mittlerweile als Grundbedingung für eine Koalition in Berlin genannt haben?
Liebe Freunde, es ist doch klar, dass man den Menschen keinen Sand in die Augen streuen darf. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Kollege Wagner, auch wenn Sie den Kopf schütteln, die Einführung der blauen Plakette ist nichts anderes als ein Fahrverbot für alle Dieselfahrzeuge, die nicht die Euro-6-Norm erfüllen.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich weiß nicht, ob Sie wissen, dass das nahezu 88 % aller Dieselfahrzeuge in Hessen betrifft. Ich kann als Frankfurterin jeden Tag beobachten, was das für drastische Folgen hätte. Allein nach Frankfurt pendeln jeden Tag 350.000 Menschen zur Arbeit, und gerade diese Pendler nutzen oft Dieselfahrzeuge, weil sie auf längeren Strecken weniger Treibstoff verbrauchen und damit umweltfreundlicher sind.
Doch was passiert mit dem Wiederverkaufswert dieser Autos? – Schon jetzt hat die aktuelle Diskussion massiven Schaden angerichtet. Es ist eine massive Enteignung, die die Dieselfahrerinnen und -fahrer mittlerweile zu vergegenwärtigen haben. Ich weiß nicht, ob Ihnen schlicht die Bodenhaftung abhandengekommen ist, auch bei allen Diskussionen um die Subventionierung von Elektroautos, dass sich die meisten Menschen trotz einer solchen Subvention kein teures Elektroauto leisten können, sondern darauf angewiesen sind, selbst wenn sie in ein Elektroauto investieren wollten, wenigstens einen ordentlichen Wiederverkaufswert für ihr altes Auto erzielen zu können, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Für die Freien Demokraten kann ich klar erklären: Mit uns wird es keine Fahrverbote geben, egal ob über die blaue Plakette oder über einen anderen Weg. Bei dieser hysterischen Debatte machen wir nicht mit.
Frau Hinz, wenn Sie jetzt so von der Seite lachen: Es geht Ihnen doch an dieser Stelle gar nicht um Gesundheit.
Wer Herrn Özdemir erlebt hat, der nicht nur die blaue Plakette, sondern auch das Verbot des Verbrennungsmotors bis 2030 zur Grundbedingung in der Politik definiert, der
sieht doch, wie verzweifelt Sie angesichts absinkender Umfragewerte den Strohhalm für die Bundestagswahl ergreifen wollen. Sie führen einen ideologischen Kampf gegen das Automobil. Individualverkehr soll offensichtlich nur noch zu Fuß oder auf dem Fahrrad stattfinden.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich weiß nicht, ob sich die CDU das klargemacht hat: Die Zeche zahlen 25 Millionen Dieselfahrer in Deutschland, die Zeche zahlen 3 Millionen Beschäftigte in der Automobilwirtschaft. Frau Hinz, von Ihnen ist kein Wort darüber zu hören, dass der Verkehrssektor seine Stickoxidemissionen um 70 % reduziert hat. Von Ihnen ist nicht zu hören, dass die CO2Ziele in Deutschland ohne den Diesel überhaupt nicht realisiert werden können. Von Ihnen ist auch nicht zu hören, dass batteriebetriebene Elektroautos, wenn man den gesamten ökologischen Fußabdruck, nämlich auch die Herstellung und die Entsorgung der Batterien, betrachtet, ganz lange Zeit schlechter sind als jedes Dieselfahrzeug.
Wer den Diesel nicht will, der schadet dem Klimaschutz. Genau das ist die Wahrheit. Frau Ministerin, wenn Sie wirklich über Gesundheit sprechen würden, dann müsste man einmal über die Sinnhaftigkeit bestimmter Grenzwerte reden. Wenn man über Gesundheit redet, wie kann es dann sein, dass ein Industriearbeiter bei höchster körperlicher Arbeit 40 Stunden die Woche 950 µg NOx einatmen darf, aber seinen Diesel auf dem Weg nach Hause nicht nutzen soll, weil an einzelnen Ausfallstraßen der Wert von 40 µg NOx überschritten wird?
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, fließender Verkehr, auch beim Diesel, ist die einzige Antwort. Das haben uns auch die Experten des Fraunhofer-Institut gelehrt. Es geht um intelligente Verkehrsführung, es geht um digitale Verkehrssteuerung, es geht um Forschung und Entwicklung nicht nur beim Diesel, sondern auch bei alternativen Kraftstoffen wie Wasserstoff oder Methanol, es geht um leichtere Werkstoffe für Autos, aber es geht nicht um Fahrverbote und Enteignungen von Personen, die auf ihr Fahrzeug angewiesen sind. Es geht vor allem auch nicht um Bevormundung, wie ich mich in Hessen fortbewege. – Vielen Dank.
Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe überhaupt kein Problem, Frau Kollegin Wolff, mich mit der Stadt Darmstadt zu freuen. Herzliche Gratulation aller Freien Demokraten an Darmstadt. Ich war bei der Auszeichnung von Darmstadt anwesend.
Wir freuen uns als Freie Demokraten insbesondere darüber, dass es zu den zugesagten Investitionen der privaten Partner in Millionenhöhe kommt; denn diese werden maßgeblich dazu beitragen, dass das passiert, was Sie eben aufgezählt haben. Es ist sehr wichtig, dass das in allen Bereichen des Lebens, des Arbeitens, der Freizeit, der Bildung und der Gesundheit in einer Kommune geschieht, damit wir im digitalen Zeitalter eine Modellstadt entwickeln können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, allerdings gehört zur Wahrheit auch, dass diese Landesregierung zu diesem Erfolg nichts beigetragen hat.
Herr Minister Al-Wazir, Sie haben mit diesem Erfolg so viel zu tun wie der Baron Münchhausen mit der Mondlandung.
Im Gegenteil, die Landesregierung verschläft die Entwicklungen in diesem wichtigen Zukunftsbereich. Im europäischen Innovationsindex ist Hessen auf Platz 10 abgerutscht. Wir standen noch vor zwei Jahren auf Platz 7. Der Breitbandausbau liegt darnieder. Hessen ist sogar hinter das Agrarland Schleswig-Holstein zurückgefallen. Hinzu kommt, dass Deutschland im europäischen Vergleich der Vernetzung und Ausstattung mit Glasfaseranschlüssen auf Platz 28 liegt, also noch nicht einmal im vorderen Mittelfeld mitspielen kann. Auch bei Start-ups und bei neuen Geschäftsmodellen, den Ideentreibern im digitalen Zeitalter, liegen wir bestenfalls im Mittelfeld.
Wir Freien Demokraten wollen das ändern. Wir wollen neue Ideen ins Land holen. Dazu brauchen wir aber einen flächendeckenden Ausbau der Glasfasernetze. Wir brauchen ein Gigabit-Netzwerk und nicht das Zufriedensein mit 50-MBit/s-Leitungen, mit denen man noch nicht einmal einen intelligenten Kühlschrank betreiben kann.
Wir müssen den Digital Hub in Frankfurt stärken. Wir müssen die öffentlichen WLAN-Netze ausbauen. Insbesondere brauchen wir die 5G-Funknetztechnologie; denn sie ist die Grundlage dafür, dass wir einen modernen Mobilfunkstandard bekommen, sodass z. B. autonomes vernetztes Fahren flächendeckend in Hessen, in Deutschland und nicht nur in Darmstadt möglich wird.
Zusätzlich ist es aber auch notwendig, dass wir neben diesen neuen Technologien unser Know-how stärken, kreatives Potenzial stärken, kreatives Potenzial in unser Land holen. Das gilt nicht nur für den klassischen Bildungsbereich. Das heißt, wir müssen massiv und schneller investieren, nicht nur in eine moderne Ausstattung unserer Bildungseinrichtungen, in die Fort- und Weiterbildung unseres Lehrpersonals oder in die Vermittlung moderner Inhalte, die für unsere Bildungseinrichtungen völlig neu aufbereitet werden müssen, sondern wir müssen auch dafür sorgen, dass wir eine echte Gründerkultur in Hessen und in Deutschland schaffen.
In Hessen hätten wir die Grundlagen dafür aufgrund unseres starken Mittelstands. Wir müssen diejenigen belohnen, die Mut haben, und die belohnen, die bereit sind, ein Risiko einzugehen. Wir sollten gemeinsam alles daransetzen, Hessen attraktiv zu machen und aus dem In- und Ausland Talente und kluge Köpfe anzuwerben, um ihre Ideen und Visionen nicht nur in Darmstadt, sondern insgesamt in Hessen und auch in Deutschland umsetzen zu können.
Verehrter Herr Minister, leider schmücken Sie sich mit fremden Federn. Es sei Darmstadt gegönnt, aber die Landesregierung hat keine konsistente Digitalisierungsstrate
gie für dieses Land. Lächerliche 5,5 Millionen € sind im Haushalt dieses Ministers für die Digitalstrategie Hessen etatisiert. Das sind gerade einmal 0,3 % der Mehreinnahmen – ausschließlich der zusätzlichen Einnahmen, die Finanzminister Schäfer in der Hand hat –, die von der Landesregierung in dieses wichtige Zukunftsfeld investiert werden.
Sehr geehrter Herr Kollege Klose, ich fand es toll, als Sie von einer „digitalen Stadt“ gesprochen haben, mit einer Onlinevermittlung von Kindergartenplätzen und anderem. Wir sollten aber nicht nur auf das Übermorgen, sondern auch auf das Morgen schauen. Wir sollten ein bisschen realistischer an die Sache herangehen, uns kein Märchenschloss bauen und glauben, dass wir schon spitze seien. Wenn wir uns international vergleichen, müssen wir feststellen, dass wir eine große Aufholjagd zu starten haben.
Während wir uns nämlich darauf freuen, dass demnächst Services wie die Vermittlung von Kindergartenplätzen online erfolgen können, plant Amazon zu derselben Zeit schon den Bau von Drohnenflugplätzen in Städten, um Waren mittels Drohnen zu den Kunden bringen zu können, und Airbus experimentiert bereits mit den ersten Drohnen, die selbstlenkend Personen transportieren können. Die Urban Drone ist bereits im Testeinsatz – aber natürlich nicht in Deutschland oder in Darmstadt.
Ich komme zum Schluss. – Überall wächst die digitale Wirtschaft dynamisch, aber wir in Deutschland liegen nach der ersten Halbzeit der Digitalisierung 0 : 2 zurück und müssen wirklich Gas geben, damit wir uns in der zweiten Halbzeit an die Spitze setzen. Diese Landesregierung trägt dazu leider nicht bei. Sie hat offensichtlich die Breite der Thematik noch nicht einmal ansatzweise verstanden.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute über das Thema Netzwerkdurchsetzungsgesetz diskutieren, stellt sich dabei glatt die Frage: Wie halte ich es mit dem Rechtsstaat? Ganz konkret: Wie halte ich es mit der Meinungsfreiheit?
Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist ein Angriff, und er kommt nicht von autokratischen Herrschern, sondern vom Bundesjustizminister.
Der Bundesjustizminister Maas hat keine Gesetzgebungskompetenz; denn der Schutz des Kommunikationsprozesses fällt unter die Länderkompetenz. Die Länder haben dafür Sorge zu tragen, dass die Anbieter sozialer Netzwerke die verfassungsmäßige Ordnung beachten. Die Aufsicht hierüber obliegt den Landesbehörden. Statt eines Bundesgesetzes ist ein Staatsvertrag denkbar – so wie der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, den wir beschlossen haben –, weil es eben keine Bundeskompetenz in dem Bereich gibt.
Aber, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, der Bundesjustizminister lässt sich nicht stoppen. Herr Maas peitscht ein verfassungswidriges Gesetz durch das Parlament und den Bundesrat, das massiv in die Meinungsfreiheit eingreift; denn dieses Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist nichts anderes als die Privatisierung der Rechtsdurchsetzung im Hinblick auf Hasskommentare und rechtswidrige Falschmeldungen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, verstehen Sie mich nicht falsch: Auch wir als Freie Demokraten wollen Hasskommentare und rechtswidrige Falschmeldungen bekämpfen, aber bitte im Rahmen unseres Rechtsstaats.
Die Feststellung, ob eine Meinungsäußerung noch Satire ist, ob sie zwar geschmacklos, aber im Rahmen der Meinungsfreiheit zu ertragen ist, oder ob sie schon die Grenze zur Strafbarkeit überschreitet, ob sie Beleidigung, Verleumdung oder gar Volksverhetzung ist, kann doch nicht Privaten überantwortet werden. Das ist Sache des Rechtsstaats; hierzu sind Polizei und Justiz berufen.
Das ist schwieriger geworden, weil sich im Netz vieles ganz schnell verbreitet. Aber dann muss man Polizei und Justiz so ausstatten, dass sie das leisten können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind bei dem NetzDG eben nur Verdachtsfälle. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit kann kein Privater vornehmen. Private sollen hier von Herrn Maas offensichtlich zur Zensurbehörde gemacht werden; denn in diesem NetzDG gibt es kein Meldeverfahren an die Staatsanwaltschaft. Es ist offensichtlich nicht wichtig, dass es bis zur Strafverfolgung kommt. Es gibt nur einen immensen Löschdruck durch Bußgelder bis zu 50 Millionen €.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, da ist auch Ihr Antrag falsch. Wir haben momentan keine Löschverpflichtung. Der Anbieter kann selbst entscheiden, ob er sich in Mithaftung nehmen lässt oder ob er löscht. Das bedeutet, wir haben momentan den Grundsatz: im Zweifel für die Freiheit. Das, was Sie daraus machen wollen, ist der Grundsatz: im Zweifel löschen, im Zweifel Eingriff in die Meinungsfreiheit.
Herr Kollege Schmitt, wir haben nach den jetzt vorgeschlagenen Regelungen ein Verfahren, bei dem – wenn Sie die Zahl der Fälle hochrechnen – ganze acht Sekunden für die Entscheidung zur Verfügung stehen, ob gelöscht wird oder nicht. Wie hätten Sie denn im Fall Böhmermann agiert, wenn Sie acht Sekunden gehabt hätten, um zu entscheiden, ob das noch geschützte Kunstfreiheit ist oder ob das gelöscht gehört?
Nein, liebe Freunde von der Sozialdemokratie, das ist allenfalls ein gutes Geschäftsmodell für die, die jetzt schon anbieten, geschäftsmäßig zu löschen. Es gibt mittlerweile die ersten Unternehmen, die Löschen am Fließband anbieten. Da besteht auch keine Gefahr, dass man für das Löschen in irgendeiner Weise in Haftung genommen wird; denn der Entwurf Ihres Justizministers sieht nicht einmal eine Möglichkeit der Nutzer vor, sich gegen eine unrechtmäßige Löschung zu wehren, keine Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben.
Es gibt keine Möglichkeit, Widerspruch einzulegen, z. B. bei einer Clearingstelle. Nein, stattdessen soll hier im Zweifel in die Freiheit eingegriffen werden. Dieses Gesetz ist ein Zensurgesetz und sonst nichts.
Herr Kollege Schmitt, ja, wir müssen bei der Bekämpfung strafbarer Inhalte im Internet eine hohe Dringlichkeit walten lassen. Ja, bei der Rechtsdurchsetzung gegenüber Straftaten im Internet muss es einen hohen Handlungsbedarf geben.
Sehr geehrter Herr Kollege Schmitt, ich frage Sie allen Ernstes: Warum gehen wir bei den Hasskommentaren nicht wie bei der Kinderpornografie vor? Hier haben wir ein staatlich legitimiertes Verfahren. Das schafft über unsere Landesmedienanstalten mit den zugehörigen Jugendschutzstellen in der größten Anzahl der Fälle innerhalb von 48 Stunden Klärung. Herr Schmitt, die sind staatlich legitimiert, die sind unabhängig.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von SchwarzGrün, Sie haben es in der Hand. Es reicht nicht, nur – wie in der kritischen Stellungnahme im Bundesrat – Zweifel zu formulieren. Es reicht nicht, nur Prüfaufträge zu vergeben. Sie müssen dieses Gesetz stoppen. Sie müssen den Vermittlungsausschuss anrufen und dieses Gesetz in die Diskontinuität schicken.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Ich glaube, es ist wichtig, zu sagen: Lippenbekenntnisse reichen hier nicht. Dieses Maas-Gesetz muss gestoppt werden. Die Landesregierung hat es in der Hand. Sie muss den Vermittlungsausschuss anrufen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es mag sein, dass die hier diskutierte Vereinbarung ein Durchbruch ist. Es mag sein, dass eine ganze Reihe von Streitpunkten und das Fehlen einer ganzen Reihe von Investitionsmaßnahmen jetzt geklärt sind. Als Abgeordnete habe ich aber folgendes Problem: Trotz mehrfacher Nach
frage, auch im Ministerium, ist uns diese Vereinbarung nicht zugänglich.
Jetzt werden auch noch haushaltsrelevante Punkte vereinbart. Das entnehme ich zumindest der Presseerklärung der Landesregierung und der Presseerklärung der Koalitionsfraktionen. Mir ist nicht ganz klar, ob nur der Opposition die Vereinbarung nicht zugänglich gemacht wird oder ob die Koalitionsfraktionen nur das abschreiben, was die Landesregierung in ihrer Presseerklärung veröffentlicht hat. Herr Kollege Schäfer-Gümbel, auf jeden Fall es ist nicht angemessen, dass der Haushaltsgesetzgeber in diese Beratungen nicht eingebunden ist.
Wir als FDP-Fraktion halten es für das Mindeste, dass diese Vereinbarung im zuständigen Ausschuss für Wissenschaft und Kunst zur Beratung vorgelegt wird – gern auch in einer nicht öffentlichen Sitzung, wenn das ein so sensibles Thema ist, Herr Minister.
Wie sollen wir denn sonst darüber entscheiden? Alle Kollegen, die hier schon gesprochen haben, in Ehren, aber all das, was sie gesagt haben, ist doch reine Spekulation. Der Haushaltsgesetzgeber kann doch keine Politik betreiben, die Millionen Euro in Bewegung setzt, ohne die Grundlage dafür gesehen zu haben. Insofern mag es zwar sein, dass das ein Durchbruch ist. Ich persönlich wünsche mir, dass wir damit viele der dort bestehenden Probleme endgültig geregelt haben; aber ich bitte die Landesregierung doch sehr eindringlich, die Möglichkeit der Beratung darüber, ob es so ist, zügig herzustellen.
Herr Minister, damit meine ich gar nicht vordringlich das Verbot betriebsbedingter Kündigungen und die Übernahme von Auszubildenden. Angesichts der derzeitigen Nachfrage nach Fachkräften in Krankenhäusern – sowohl auf ärztlicher Seite als auch in der Pflege – halte ich ein derartiges Handeln für ein Krankenhaus, das auf höchstem Leistungsstandard arbeitet, für eine Selbstverständlichkeit.
Die Personalschlüssel sind Gegenstand einer anderen Diskussion; das zu regeln ist schwer genug. – Wir suchen mittlerweile mithilfe von Headhuntern im Ausland händeringend gutes Personal. Ich glaube, das ist nicht wirklich der Punkt, den Sie, Herr Minister, hier aushandeln konnten, aber Sie haben das medial gut dargestellt.
Ich wünsche mir wirklich, dass wir bei dem sehr diffizilen Punkt der Trennungsrechnung – wir haben im Ausschuss extra eine Anhörung zu dieser Frage vereinbart – einen Schritt weiterkommen. Wenn Herr Kollege Dr. Bartelt hier darstellt, dass es gerade bei den zusätzlichen 15 Millionen € darum geht, den ganz besonderen Auftrag eines Universitätsklinikums zu sichern, dann schließt sich für mich die logische Frage an: Was ist denn dann mit der Universitätsklinik in Frankfurt? Diese befindet sich im Hinblick auf die von der Koalition gerade dargestellte Regelung zur Trennungsrechnung in genau derselben Lage. Auch die Universitätsklinik in Frankfurt arbeitet als Krankenhaus der Maximalversorgung. Auch die Universitätsklinik in
Frankfurt steht zwischen Patientenversorgung und Forschung und Lehre vor derselben Problematik wie die Klinik in Mittelhessen. Deswegen fragen ich: Heißt das für die Landesregierung, heißt das für die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass wir einen ebenso großen Nachfinanzierungsbedarf für das Universitätsklinikum Frankfurt haben?
Frau Kollegin Wolff, wir gehen ja bei Forschung und Lehre nicht über die Bauinvestitionen. Die früheren Landesregierungen unter Beteiligung von Ministerin Ruth Wagner – ich freue mich für Herrn Minister Rhein, dass ich diesen Namen aufgrund des Zwischenrufs einbringen kann – haben in diesen Standort in Form von Baumaßnahmen investiert.
Wir haben kürzlich mit dem Herrn Minister das Richtfest des neuen Kantinenkomplexes gefeiert. Frau Kollegin Wolff, wenn wir aber über Forschung und Lehre reden, dann ist das ein anderer Punkt. Das wissen Sie so gut wie ich.
Mir geht es um die Ausbildung unseres Nachwuchses. Hierbei geht es um neue, innovative Methoden. Wenn die in Gießen nach den bisherigen Sätzen der Landesregierung nicht ausreichend finanziert sind, dann gilt das für Frankfurt allemal, und dann müssen Sie an dieser Stelle Farbe bekennen.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Deutschland braucht endlich ein Einwanderungsgesetz.
Deutschland ist ein Einwanderungsland, und zwar bereits seit Jahrzehnten. Aber dadurch, dass es kein Einwanderungsgesetz in unserem Land gibt, haben wir auch seit Jahrzehnten eine De-facto-Einwanderung über den Umweg des Asylrechts. Über die Härtefälle hat dann der Petitionsausschuss zu entscheiden. Auch das Aufenthaltsgesetz in diesem Lande mit seinen unpraktikablen und unzureichenden Regeln kann ein entsprechendes Einwanderungsgesetz nicht ersetzen.
Für uns als Freie Demokraten ist deswegen absolut nicht nachvollziehbar, warum diese Landesregierung die aktuelle Initiative verschiedener Bundesländer – Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Thüringen und Bremen – für ein Einwanderungsgesetz in Deutschland nicht unterstützt hat.
Ganz im Gegenteil: Wir fordern die Landesregierung auf, solch eine Initiative voranzutreiben. Das ist auch aus den Bundesländern über den Bundesrat möglich.
Der Antrag, hinter dem Sie sich heute verstecken wollen mit dem Hinweis auf die Kompetenz des Bundes, ist wirklich peinlich, meine Damen und Herren.
Mir geht es gar nicht um die Koalitionsarithmetik. Mir geht es inhaltlich darum, dass man heute mehr denn je weiß, dass wir dringend ein Einwanderungsgesetz brauchen. Insofern ist es nahezu fahrlässig, die Augen davor zu verschließen, wie sehr es uns schadet, dass wir dieses Einwanderungsgesetz nicht haben.
Deutschland braucht eine qualifizierte Einwanderung, aber bitte gesteuert und nicht derart chaotisch und ungesteuert, wie wir das momentan organisieren.
Wir brauchen Einwanderung über ein Gesetz mit einem Punktesystem, das klare Kriterien für Qualifikation, Berufserfahrung, Sprachkenntnisse und Integrationswillen aufstellt. Wir brauchen dieses Einwanderungsgesetz, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Wir wissen doch, dass wir jedes Jahr ca. 350.000 zusätzliche Fachkräfte brauchen. Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz auch als Einladung zum Eintritt in unseren Arbeitsmarkt, um die sozialen Sicherungssysteme zu stützen. Zusätzliche Fachkräfte, die arbeiten, Steuern und Abgaben zahlen, stabilisieren auch in schwierigen Situationen das System.
Mit einem Einwanderungsgesetz würden wir auch erreichen, dass der Druck aus dem Asylsystem genommen wird, sodass wir die Hilfen, die Antragsberatung und die Beschleunigung der Verfahren auf diejenigen konzentrieren, die wirklich politisch oder religiös verfolgt sind, auch auf diejenigen, die in der zweiten Säule als Bürgerkriegsflüchtlinge auf Zeit in unser Land kommen. Daher wäre es
auch wesentlich humaner, über ein Einwanderungsgesetz zu steuern.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatten in diesem Land kann ich die Position der Christdemokratie an diesem Punkt nicht nachvollziehen. Die Bevölkerung erwartet doch, dass man ihr über ein Einwanderungsgesetz aufzeigt, dass wir Möglichkeiten haben, Einwanderung zu steuern und nicht chaotisch abzuwickeln, dass es klare Kriterien gibt, die transparent sind und die entsprechend rechtstaatlich angewendet werden, um das Chaos endlich zu beenden. Ich glaube, es ist auch nur fair gegenüber den Einwanderungswilligen, transparent auf den Tisch zu legen, welche Bedingungen wir daran knüpfen, wie wir in unseren Arbeitsmarkt einladen und an wie viele wir jährlich diese Einladungen aussprechen. Das wäre ein faires Angebot an all diejenigen, die aus wirtschaftlichen Gründen zuwandern wollen. Diese sollten wir nicht zum Missbrauch des Asylsystems drängen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Debatte ist ja nicht neu. Ruth Wagner hat diese Debatte bereits im Jahr 2000 im Bundesrat aufgegriffen. Im Jahr 2001 sind die Ergebnisse der Süssmuth-Kommission vorgelegt worden.
Es sind also bereits brauchbare Vorschläge von Ihrer Parteifreundin gemacht worden. Ich darf im Übrigen darauf hinweisen, dass die Süssmuth-Kommission bereits im Jahr 2001 darauf hingewiesen hat, dass eine Datenerhebung mit Foto usw. dringend notwendig ist.
Nach meiner Uhr habe ich noch 42 Sekunden.
Okay. Dann müsst ihr aber einmal an dem Apparat arbeiten, weil man sich ja nach der Redezeit richtet, die hier angezeigt wird. – Dann komme ich etwas verkürzt zum Schluss.
Wir wollen, dass es ein Einwanderungsgesetz gibt. Es ist ein Fehler, dass sich die Große Koalition im Bund auf ein Integrationsgesetz beschränkt. Es ist ein Fehler, dass die Landesregierung an dieser Stelle nicht handlungsfähig ist; denn das wird den Wohlstand in diesem Land schädigen, und das wiederum schadet Deutschland.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, uns allen ist ein Stein vom Herzen gefallen nach den niederländischen Wahlen – vor allem deswegen, weil die Euroskeptiker dort eben nicht stärkste Kraft geworden sind, auch wenn sie leicht an Sitzen zugelegt haben.
Wir als Freie Demokraten freuen uns – das kann ich hier, glaube ich, auch unumwunden sagen – darüber, dass unseren freidemokratischen Schwesterparteien, nämlich sowohl die VVD als auch die D66, mit insgesamt 52 mehr als ein Drittel der 150 Sitze bei diesen Wahlen gewinnen konnten.
Ich sage Ihnen ganz deutlich, liebe Frau Kollegin Waschke: Wir gratulieren auch dem Ministerpräsidenten Rutte; denn er hat in diesem sehr schwierigen Wahlkampf mit einem klaren marktwirtschaftlichen und auch mit einem klaren proeuropäischen Kurs gestanden. Was Sie hier unterstellen, dass es Ausgrenzung wäre, klar und deutlich zu sagen, dass Rechtsbrecher in diesem Land ebenso wenig erwünscht sind wie die antidemokratische Wahlkampfkampagne von Herrn Erdogan – mit Verlaub, das teilen wir als Freie Demokraten, und das hat nichts mit Ausgrenzung zu tun, sondern damit, dass Regeln, die gelten, auch klar durchgesetzt werden.
Liebe Frau Kollegin Waschke, ich glaube, das ist ein Teil des Problems der aktuellen Debatte: Wir dürfen solche Probleme – auch Probleme mit den Fragen der Integration – nicht zudecken, sondern wir müssen diese Probleme deutlich und rechtzeitig ansprechen – aber um sie zu lösen. Nur das entzieht den Populisten vom rechten genauso wie vom linken Rand den entsprechenden Boden.
Es ist für uns als Freie Demokarten klar, dass Europa nur dann erfolgreich sein kann, wenn es auch durch seine Bürgerinnen und Bürger getragen wird. Das ist dann eben nicht nur eine Frage des Kopfes, sondern das ist auch eine Herzensangelegenheit.
Da begrüße ich ausdrücklich – und da bin ich durchaus wieder bei Ihnen, Frau Waschke – die Initiative von „Pulse of Europe“, gerade weil sie zeigt, dass quer durch Europa Menschen für Europa auf die Straße gehen und nicht nur gegen Europa.
Sie demonstrieren für Europa, für die Sicherung des Friedens in Europa, sie demonstrieren für die Gewährleistung individueller Freiheiten, für Gerechtigkeit und Rechtssicherheit. Sie setzen den Menschen etwas entgegen, die Europa abschotten wollen, und zwar von der AfD bis auf der anderen Seite Linkspartei und Attac. Aber, das finde ich das Interessante, sie sind nicht blauäugig hinsichtlich des Zustands Europas. Sie glauben aber an die Reformierbarkeit und die Weiterentwicklung der Europäischen Union. Genau da müssen wir ansetzen. Hier liegt auch die Verantwortung der Politik: Wir müssen die Herausforderungen angehen, die gerade durch den Brexit entstanden sind, und jetzt zügig die Europäische Union wieder entscheidungs- und handlungsfähig machen. Genau das muss den Bürgerinnen und Bürgern in Europa deutlich werden, damit dieser entsprechende proeuropäische Kurs quer durch alle Mitgliedstaaten getragen wird.
Denn die Skepsis quer durch Europa ist gestiegen. Auch in Deutschland ist nicht mehr die Mehrheit der Befragten nach einer infratest-dimap-Umfrage der Meinung, dass Europa bzw. die Europäische Union eher Vorteil findet. Die größte Gruppe ist diejenige, die das Gefühl hat, das liege schon irgendwo zwischen Vorteil und Nachteil. Das heißt aber doch, wir brauchen ganz dringend eine Neujustierung der Europäischen Union, und zwar zügig. Wir müssen den Bürgern wieder beweisen, dass Europa in der Lage ist, die großen Fragen zu lösen, dass vereinbarte rechtliche Regelungen eingehalten und auch durchgesetzt werden, um den Populisten quer durch die EU den Boden zu entziehen.
Dafür müssen wir Europa dort stark machen, wo wir nur gemeinsam bessere Regelungen finden können. Das gilt bei einer soliden Währung statt weiterer Verschuldungshilfen, das gilt im Hinblick auf den Europäischen Binnenmarkt. Weder Strom noch Digitalisierung sind etwas für Insellösungen. Das gilt aber auch – das sage ich sehr deutlich, weil die Diskussion hier ja gestern geführt wurde – in der Handelspolitik. CETA ist von großer Bedeutung für diese Europäische Union, und schnelle Abschlüsse mit Japan sind gerade jetzt eine große Chance, wo Trump nicht nur TPP, sondern auch TTIP-Verhandlungen gekündigt hat.
Wir brauchen eine andere, gemeinsame Flüchtlings- und Asylpolitik. Dieser Politikbereich ist ja ein Paradebeispiel für Verschleppung in den letzten Jahren und Jahrzehnten, die zur aktuellen Krise geführt hat. Und wir brauchen auch, Herr van Ooyen, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Denn wenn man Binnenmarktgrenzen abbauen will, dann muss man Außengrenzen garantieren.
Wir haben große Chancen, aber nicht auf der Basis des Sammelsuriums, das Herr Kommissionspräsident Juncker momentan vorlegt. Führung in Europa geht anders. Wir müssen es schnell angehen, damit Europa zum Kontinent der Chancen quer durch die Mitgliedstaaten wird. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Kollege van Ooyen, auch von meiner Seite alles Gute für die nächste Zeit. Mit dem aufgerufenen Setzpunkt bleiben Sie sich auch im Moment des Abschieds treu: ein bisschen Friedensbewegtheit und Ostermärsche, etwas mehr Kapitalismuskritik sowie reichlich Amerikakritik und NATO-Bashing. Ich muss sagen – und bin da ganz beim Kollegen May –: Bei aller Gemeinsamkeit, dass jeder von uns Frieden will – ich denke, Sie unterstellen niemandem der Kolleginnen und Kollegen hier im Saal, eine andere Meinung zu haben –, ist es doch reichlich naiv, zu glauben, wir müssten nur die Waffen wegwerfen, schon gar einseitig, dann sei das Ziel, der Frieden, zu erreichen.
Ich könnte es auch mit den Worten meiner Großmutter ausdrücken. Sie war eine kluge Frau. Sie sagte bei solchen Diskussionen – Gott hab sie selig –: Ach Kind, jedes Land hat eine Armee; wenn es nicht die eigene ist, dann ist es eine fremde. – Genau das erleben wir jetzt, wenn die baltischen Staaten im Zusammenhang mit der NATO auf Schutz dringen. Die Präsenz der NATO soll vor allem verhindern, dass es zu kriegerischen Auseinandersetzungen kommt.
Herr Kollege van Ooyen, ich sage Ihnen sehr deutlich: Ich halte es für einen großen Fehler, sich mit einer Haltung wie der Ihren im Grunde genommen wegzuducken und wegzuschauen, wenn Despoten und Kriegstreiber Völker unterdrücken. Das kann nicht wirklich Ihr Ernst sein.
Sie haben als Aufhänger für diesen Setzpunkt das Friedensgebot der Hessischen Verfassung gewählt, um überhaupt einen Dreh zu bekommen, ein derartiges Thema auf die Landtagsbühne zu heben. Auch dazu sage ich Ihnen sehr deutlich: Ich bin – gerade als Freie Demokratin – der festen Überzeugung, dass mit Blick auf Art. 69 unserer Hessischen Verfassung, aber auch mit Blick auf Art. 26 des Grundgesetzes die Auslandseinsätze der Bundeswehr weder verfassungswidrig sind noch die Grundlagen der Verfassungen ad absurdum führen.
Mir ist klar, dass Sie das anders sehen. Aber ich betone das auch deswegen, weil ich es richtig und gut finde, dass der Deutsche Bundestag darüber entscheidet, ob und wie lange sich unsere Bundeswehr an internationalen Einsätzen beteiligt. Wir Freie Demokraten haben dafür gefochten, dass es diesen Parlamentsvorbehalt gibt – gefochten auch vor dem Bundesverfassungsgericht, sowohl für den Parlamentsvorbehalt als auch und insbesondere für dessen Einhaltung.
Ihre Ablehnung jeglicher Auslandseinsätze der Bundeswehr halte ich für unverantwortlich.
Das kann ich Ihnen sagen, Herr Kollege van Ooyen. – Sie können nicht auf der einen Seite den Vereinten Nationen immer das Prä geben
und sich auf der anderen Seite bei der Durchsetzung von UN-Resolutionen davontrollen und wegducken. Ich finde, dass die Bundesrepublik Deutschland, gerade wenn es um das geht, was die Vereinten Nationen beschlossen haben, Verantwortung übernehmen und die Vereinten Nationen bei der Schaffung und dem Erhalt des Friedens – Herr Kollege, darum geht es nämlich – unterstützen muss.
Die Bundeswehr hat das in der Vergangenheit getan. Sie hat in den vergangenen 20 Jahren in verschiedenen Einsätzen zusammen mit anderen dazu beigetragen, dass internationales Recht durchgesetzt wird. Ich erinnere an dieser Stelle an die Einsätze KFOR und EUFOR, also die Einsätze in Kosovo und in Bosnien-Herzegowina.
Wenn ich das, was Sie heute gesagt haben, und das, was von der LINKEN immer wieder geäußert wird, ernst nehme, muss ich sagen: Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, würden wir heute noch mit dem Genossen Slobodan Milo
sevic reden und die von ihm veranlassten Säuberungen im Kosovo dulden. Das kann nicht Ihr Ernst sein.
Wenn Sie jetzt den Kopf schütteln: Mit Verlaub, nur das Eingreifen der internationalen Gemeinschaft hat dort einen Genozid verhindert. Das werden selbst Sie nicht negieren können.
Ähnlich wichtig sind für uns als Freien Demokraten auch die Einsätze gegen den internationalen Terrorismus und die Piraterie. Herr Kollege van Ooyen, die Operation Atalanta am Horn von Afrika ist ein Erfolg. Sie hat dazu geführt, dass in dem Seegebiet seit 2013 kein Schiff mehr entführt wurde. Das nur zur Erinnerung, da ich nicht weiß, ob Sie verstehen, wie viel Leid dort sonst geschehen wäre.
Sie haben doch schon geredet, vielleicht hören Sie mir einfach einmal zu. Dies ist ein Ort der Meinungsvielfalt und der Meinungsfreiheit.
Noch im Jahr 2011 wurden 176 Angriffe auf Schiffe am Horn von Afrika durchgeführt und 25 Entführungen gezählt. Seit 2013 geschah das bei keinem einzigen Schiff mehr,
während 2011 noch 736 Seeleute auf 32 Schiffen als Geiseln gehalten wurden. Sie können doch nicht sagen, dass das kein Erfolg und kein Vorankommen einer friedlicheren Welt ist. Dazu sage ich Ihnen: Es geht nicht nur um diese Maßnahmen.
Wenn Sie nämlich diese Auslandseinsätze ablehnen, lehnen Sie es auch ab, dass über diese Einsätze die humanitäre Versorgung durch das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen möglich wird.
Deswegen sage ich – im Gegensatz zu Ihnen – an dieser Stelle im Namen der Freien Demokraten unseren Soldatinnen und Soldaten, aber auch den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten im internationalen Einsatz ausdrücklich Danke für ihren Dienst; denn ich glaube, dass sie an dieser Stelle eine sehr wichtige Arbeit leisten und auch bereit sind, ihre Gesundheit und ihr Leben dafür einzusetzen, dass an anderer Stelle Frieden hergestellt oder erhalten wird.
Jetzt komme ich zu dem Thema „NATO und Russland“. Den von Ihnen zitierten Satz von Frank-Walter Steinmeier: „Dauerhafte Sicherheit für Europa kann es nur mit und
nicht gegen Russland geben“, teile ich durchaus. Lieber Herr Kollege van Ooyen, die Frage ist aber, wie eine Zusammenarbeit mit Russland erreicht werden kann. An dieser Stelle hätte mich rasend interessiert, wie DIE LINKE die Handlungen Russlands in der Ukraine, z. B. die Annexion der Krim, einschätzt. Aber es kam an dieser Stelle kein Wort dazu.
Warum fragen Sie sich nicht einmal, warum die baltischen Staaten so aufgeschreckt sind und wie wir verhindern, dass die nächste Grenze, die Putin überschreitet – im Gegensatz zum internationalen Recht, entgegen den Verträgen, die von Russland selbst unterschrieben worden sind –, die zum Baltikum, etwa zu Litauen und Estland, ist.
Herr Kollege van Ooyen, die Zusammenarbeit erfordert auch vertrauenswürdiges und rechtsstaatliches Agieren, und zwar auf beiden Seiten. Ich persönlich kann nicht sehen, dass Russland unter Wladimir Putin bisher auch nur ansatzweise bewiesen hätte, dass es hierzu bereit ist.
Entschuldigung, aber dann kann ich das hier doch nicht so vortragen, wie Kollege van Ooyen das getan hat.
Dann kann ich an dieser Stelle doch nicht den Putin-Versteher geben.
Herr Schaus, dann hätten Sie zumindest skizzieren müssen, wie Sie es erreichen wollen, Putin auf den Weg der Rechtsstaatlichkeit zurückzuführen. Sie haben sich hier zu Recht über die Zustände und die weiteren Entwicklungen in der Türkei unter Erdogan aufgeregt; aber, mit Verlaub, Putin ist jemand, der sein Volk schon länger unterdrückt und bespitzelt und sogar bereit ist, andere Völker zu überfallen und ihre Länder rechtswidrig zu besetzen.
Ich komme zum letzten Punkt, nämlich zu der Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr. Wir als Freie Demokraten unterstützen das 2-%-Ziel.
Es geht letztendlich darum, nicht nur im Hinblick auf die Ausstattung selbst verteidigungsfähig zu sein. Ich spreche gar nicht davon,
dass es mehr als peinlich ist, wenn unsere Verteidigungsministerin in Moskau strandet.
Ich rede vielmehr auch davon, unsere Soldatinnen und Soldaten so auszustatten, dass sie geschützt sind, sowohl mithilfe der passiven Ausstattung als auch mithilfe der aktiven Ausstattung. Das sind wir diesen Frauen und Männern gerade dann schuldig,
wenn sie international Verantwortung übernehmen, wie es unser Parlament beschlossen hat.
Ich wünsche Ihnen für Ihren Ruhestand alles Gute.
Dann wünsche ich Ihnen für Ihren Unruhestand alles Gute. Sie sind im persönlichen Umgang ein anständiger Kerl.
Leider gehen Ihre Positionen nicht mit Ihnen in den Ruhestand. Das wäre die bessere Lösung gewesen.
Herr Minister, heißt das, Sie glauben, dass die Europaabgeordneten mit der Wahrnehmung dieser Termine überfordert sind? Haben Sie bereits in die Wege geleitet, dass Sie wenigstens die Informationen über die Förderprojekte weitergeben, die hier in Hessen umgesetzt werden, sodass die örtlichen Abgeordneten auch über derartige Abläufe informiert sind?
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vonseiten der Freien Demokraten – auch von mir ganz persönlich – geht ein herzlicher Glückwunsch an die drei beteiligten Hochschulen: Die Universität Gießen, die Universität Marburg und die Technische Hochschule Mittelhessen
haben sehr frühzeitig erkannt, wie notwendig es ist, Kooperationen einzugehen, die Clusterbildung, wie das heute auf Neudeutsch heißt, voranzubringen und sich damit gegenseitig zu stärken. Sie haben sehr frühzeitig diesen Weg einer langfristigen strategischen Allianz eingeschlagen. Dazu gratulieren wir ihnen nicht nur, sondern dafür bedanken wir uns auch; denn sie haben – meines Erachtens nicht nur für Hessen, sondern auch darüber hinaus – ein BestPractice-Beispiel gegeben. Sie waren ein Vorreiter, der jetzt viele Nachahmer findet.
Aber, Herr Kollege Hofmeister, das ist eine Geschichte, die wahrlich älter ist als die schwarz-grüne Landesregierung. Das geht auf das Jahr 1991 zurück – also noch zu rotgrünen Zeiten –, als diese Hochschulen in Mittelhessen entschieden haben, eine gemeinsame Transfereinrichtung, den Wissenschafts- und Technologietransfer betreffend, einzurichten.
Wenn Sie sich einmal die hessische Wissenschaftsgeschichte vor Augen führen, sehen Sie, dass es kaum eine Regierungskonstellation gab, die keine stützenden Rahmenbedingungen für diesen Weg geschaffen hat. Im Jahr 2000 ist das Ganze durch den Autonomieprozess weiter vorangetrieben worden. Sie werden sich daran erinnern, damals hatten wir eine schwarz-gelbe Landesregierung mit Ruth Wagner als Wissenschaftsministerin.
Im Jahr 2005, als die CDU allein regiert hat, wurde der sogenannte Mittelhessenvertrag geschlossen, eine Kooperationsvereinbarung, die auch schon auf eine Zusammenarbeit und auf eine gemeinsame Schwerpunktsetzung, insbesondere auf ein Abstimmen der Lehrangebote und der Lehrschwerpunkte, abgestellt hat.
Es ging weiter: 2011 – das waren wieder schwarz-gelbe Zeiten – wurde diese Vereinbarung erneuert. Es wurde z. B. die Zusammenarbeit bei Promotionen in die Vereinbarung mit aufgenommen, etwas, was wir in der Anhörung zur letzten Novellierung des Hessischen Hochschulgesetzes wahrgenommen haben: dass man dort schon wesentlich weiter ist als an anderen Standorten.
Von daher kann man nur sagen: Dass sich in Mittelhessen so etwas wie der Forschungscampus gestaltet hat, ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Kooperation. Das ist den drei hessischen Hochschulen zu verdanken, die mit einem gewissen Weitblick in diese langfristige strategische Allianz eingetreten sind.
Aber, sehr geehrter Herr Kollege Hofmeister, sehr geehrter Herr Kollege May, es wäre seitens der Hessischen Landesregierung doch töricht, das nicht weiterhin zu unterstützen. Von daher versuche ich jetzt einmal den Nebel der Weihrauchkerzen ein bisschen beiseitezuschieben, weil das, was Sie heute feiern, in Ermangelung anderer visionärer weiter reichender Diskussionspunkte offensichtlich schon über Jahre angelegt worden ist, selbst zu Ihrer Regierungszeit. Diesen Forschungscampus finden wir bereits in den Zielen und Leistungsvereinbarungen hinterlegt, die ab dem Jahr 2016 gegriffen haben. Das heißt, das ist im Jahr 2015 ausverhandelt worden. Schon damals ist festgelegt worden, dass das mit Geld dotiert werden soll. Mehrere Beschlüsse des Haushaltsgesetzgebers dieses Hauses haben das entsprechend unterstützt.
Das ist genau der Grund, warum wir vom Jahr 2000 an im Hessischen Hochschulpakt in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen ein Innovations- und Strukturbudget vorgesehen haben, um eben solche weit vorausschauenden Entwicklungen entsprechend flankieren zu können. Von daher ist es einfach eine weise Entscheidung dieser Hessischen Landesregierung, es so zu halten wie die Vorgängerregierung, nämlich an der Stelle unterstützend tätig zu sein und sich dem nicht entgegenzustellen. Es ist aber auch Ausdruck einer autonomen Entscheidung vor Ort. Ich glaube, da beweist sich noch einmal das Rezept unserer autonomen Hochschulen, so wie wir es in Hessen über Jahre – mittlerweile sind es über zehn Jahre, man könnte fast sagen, es sei ein Jahrzehnt – vorangetrieben haben. Ich glaube, es tut gut, dass es mittlerweile bundesweit Schule gemacht hat.
Daher würde ich mich freuen, wenn wir in dieser Debatte zur Wissenschaftspolitik nicht nur zu dem Schluss kämen, dass wir hier die guten Entscheidungen, die Kooperationen und vorausschauenden Beschlüsse, die unsere Hochschulen im Rahmen ihrer Autonomie treffen, feiern, sondern wenn wir in Fragen der Wissenschaftspolitik auch wieder etwas über den weiteren Blick der Landesregierung erfahren würden, zu den Stichpunkten:
duales Studium, Internationalisierung, Digitalisierung oder bessere Vereinbarkeit von Studium, Familie und Pflege. Vielleicht können Sie irgendwann einen Antrag schreiben, der sich mit den nächsten zehn, 15 Jahren der Hochschulpolitik beschäftigt statt damit, was unsere Hochschulen in den letzten zehn, 15 Jahren richtig gemacht haben. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vom ehemaligen Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher stammt das Zitat: „Europa ist unsere Zukunft, sonst haben wir keine“. Das ist sicher ohne Zweifel auch heute noch richtig. Herr Kollege Boddenberg, ich wüsste mich mit Hans-Dietrich Genscher aber auch darin einig, dass er dies so verstanden hat, dass man seine Zukunft gestalten muss, weil sie sonst verloren geht. Das heißt, wir müssen sie gestalten, und zwar am besten mit Herzblut und Verstand.
Lieber Kollege Boddenberg, deswegen möchte ich meinen Beitrag heute auch ein bisschen anders anlegen als Sie; denn ich meine, dass wir auf der emotionalen Tonspur am
Gefühl der Bevölkerung ein bisschen vorbeigehen, wenn hier nur Drohgebärden im Hinblick auf wirtschaftliche Stärke, Abhängigkeiten oder anderes aufgebaut werden. Mich persönlich treibt es um, dass dieses Europa, das wir alle, die wir hier sitzen, für eine großartige Idee halten – einen geeinten Kontinent zu haben, einen Kontinent des Friedens und der Freiheit, einen Kontinent, der gemeinsame Werte teilt und gleichzeitig auch gemeinsam Wohlstand erarbeitet –, möglicherweise keine Herzensangelegenheit der Bürgerinnen und Bürger auf diesem Kontinent mehr ist.
Müsste das nicht etwas sein, was mit sehr viel Herzblut, und zwar von allen Menschen in den Mitgliedstaaten, vorangetrieben wird? Herr Kollege Boddenberg, müsste es nicht eine Herzensangelegenheit und nicht nur eine Drohkulisse sein, damit sich die Menschen engagieren und für Europa eintreten?
Wir müssen uns nämlich gewahr werden, dass, wenn von der Politik in Brüssel die Rede ist, viele Menschen in der Europäischen Union heute nicht an Frieden, Freiheit und Wohlstand denken, sondern eher an Krise, Bürokratie und Fremdbestimmung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Sorgen darf niemand ausblenden, der Verantwortung für Europa trägt; denn letztendlich, Herr Kollege Boddenberg, gewinnt die Europäische Union, das europäische Projekt, seine Rechtfertigung aus der Überzeugung der Menschen, dass es mit der Europäischen Union eine bessere Zukunft gibt und dass die Gesamtheit der Europäischen Union mehr ist als die Addition ihrer Mitgliedstaaten.
Völlig zu Recht sind Russland, China, die USA und die Populisten quer durch die europäischen Länder angesprochen worden, die versuchen, mit Angst Politik zu machen, während sie allenfalls Scheinlösungen haben. Gerade weil wir uns in diesen unruhigen Zeiten befinden, brauchen wir umso mehr mutige und anpackende Europäer, die endlich Lösungen finden, um die gemeinsamen westlichen europäischen Werte nicht nur zu verteidigen, sondern sie weiter voranzubringen.
Herr Kollege Boddenberg, genau deswegen muss diese Europäische Union längst an einer Neujustierung interessiert sein. Sie muss endlich tatkräftig unter Beweis stellen, dass sie in der Lage ist, auf die großen Fragen Antworten zu finden, die vereinbarten Regeln einzuhalten und vor allem durchzusetzen. Ich glaube, das ist die einzige Möglichkeit, den Populisten auf dem europäischen Kontinent sowie denen im Westen und Osten den Boden zu entziehen und gegen die Abschottung sowie für die Freiheit, für den gemeinsamen Binnenmarkt und für den Freihandel einzutreten.
Das Treffen in Koblenz zeigt nämlich, dass längst zum Angriff auf die europäische Idee geblasen worden ist. Herr Kollege Boddenberg, daher hilft kein Gesundbeten und kein Beschönigen. Auch die Entscheidung in Großbritannien – der Brexit – hat etwas mit dem aktuellen Zustand der Europäischen Union zu tun. Wir müssen letztendlich darangehen, das europäische Haus grundlegend zu sanieren.
Es ist in vielen Reden immer wieder betont worden, aber wir müssen es endlich umsetzen: Die Europäische Union konzentriert sich auf die großen Fragen unserer Nationen und hält sich dort heraus, wo regional vielfältig entschieden werden kann. Wir brauchen dringend mehr Gemeinsamkeiten dort, wo Europa nur gemeinsam stark ist, und wir müssen mit sinnvollen Lösungen vorankommen.
Da gibt es unglaublich viel zu tun, und da kann sofort angefangen werden. Statt weiter Verschuldungshilfen zu zahlen, sollte es eine gemeinsame Währung geben, die solide ist. Mit Verlaub, es macht mir Sorgen, dass einer wie Herr Schulz – den wir in Europa auch beim Kokettieren mit der griechischen Regierungspartei Syriza erlebt haben – jetzt in der Bundesrepublik Deutschland Verantwortung tragen will.
Wir brauchen einen Europäischen Binnenmarkt, der sich – bei der Energie genauso wie bei der Digitalisierung – modern aufstellt; denn das sind moderne Infrastrukturen. Hier wird Wachstum und Wohlstand erarbeitet. Das wird für die Zukunft entscheidend sein, denn weder Strom- noch Funkfrequenzen, so wie sie momentan auch in Deutschland verfolgt werden, sind etwas für Insellösungen, liebe Kollegen.
Wir müssen uns gemeinsam dafür aufstellen, diese westlichen Werte auf Augenhöhe mit unseren Partnern in den USA weiterzuverbreiten. Das ist klar. Ich persönlich habe meine Sorge, dass das Auswärtige Amt ausgerechnet in so schwierigen Zeiten zur Schiebemasse verkommt. Aber, ich glaube, wir müssen vor allen Dingen die Herzen der Menschen in Europa gewinnen, weil es kein Europa der Bürokraten ist. Europa wird nur eine Zukunft haben, wenn wir es mit den Menschen auf diesem Kontinent gestalten.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach den Ausführungen des Kollegen May muss ich, obwohl er heute Geburtstag hat, hier doch etwas anders einsteigen, als ich es ursprünglich geplant hatte, weil es mich dann doch geärgert hat.
Gerade die berufliche Bildung mit ihrer Vielzahl an Möglichkeiten und Abschlüssen, mit ihren Angeboten an permanenter Anschlussfähigkeit und lebenslangem Lernen hat stets – und nicht erst seit dem neuen hessischen Modellversuch – die Durchlässigkeit, den sozialen Aufstieg durch immer wieder neue Möglichkeiten in unserem Bildungssystem sichergestellt. Ich glaube, dass es auch etwas mit der Wertschätzung und dem Respekt gegenüber der dualen Ausbildung und den anderen Möglichkeiten der beruflichen Bildung zu tun hat, hier nicht so zu tun, als würden Sie dies erst in dieser Woche neu herstellen.
Herr Kollege May, das ging auch ohne Zeitverlust. Sie werden wissen, dass man parallel zur dualen Ausbildung durch Zusatzunterricht und entsprechende Vorbereitung auch den Hochschulzugang jederzeit erwerben konnte, und zwar parallel zur Gesellenprüfung. Da gibt es also keinen Zeitverlust, aber entsprechende Vorbereitung.
Meine Damen und Herren, lieber Herr May, der neue hessische Modellversuch muss erst unter Beweis stellen, dass er ohne diese Vorbereitung, die es bis jetzt an unseren beruflichen Schulen gegeben hat, dieselbe Qualität und vor allem auch dieselben Grundlagen für die Gesellen und den erfolgreichen Einstieg in eine akademische Ausbildung zur Verfügung stellt. Sie spielen hier nämlich auch mit Biografien. Uns kann nicht daran gelegen sein, den Zweig derer zu stärken, die nach dem Versuch einer akademischen Ausbildung dann Wiedereinstiegsprogramme brauchen – so löblich es ist, dass das Handwerk und andere dies mittlerweile organisieren –, um wieder in der Berufswelt anzukommen. Ich glaube, uns muss daran gelegen sein, alle Talente in unserer Gesellschaft angemessen zu fördern.
Zu dieser angemessenen Förderung gehört eben, dass uns stets alle Wege im beruflichen Bereich und in der akademischen Bildung offenstehen, und zwar völlig unabhängig davon, wie alt wir sind. Auch da wird sich einiges in unserer Arbeitswelt verändern. Deswegen stehen wir Freie Demokraten für ein Bildungs- und Ausbildungssystem, das gerade diese Durchlässigkeit und die Weiterqualifizierung nicht nur für Nachwuchskräfte, sondern auch im vorangeschrittenen Alter sicherstellt.
Mit Blick auf den Fachkräftemangel und vor allem auf die Veränderungen in der Arbeitswelt im Zuge der Digitalisierung haben wir wirklich jeden gut ausgebildeten Menschen nötig, Herr May. Wir brauchen sie, als bestausgebildete Menschen, und zwar sowohl im Bereich der beruflichen Qualifizierung als auch im Bereich der Akademiker. Ich finde, die Leistungen dieser Frauen und Männer sind unabhängig von der Art ihres Ausbildungsabschlusses zu würdigen und wertzuschätzen.
Herr Kollege May, was mir bei Ihnen zu kurz gekommen ist, ist die Tatsache, dass wir aufgrund der demografischen Entwicklung wissen, dass wir im Arbeitsmarkt zu über zwei Dritteln Facharbeiter und Fachkräfte verlieren, nur zu gut einem Drittel akademische Arbeitskräfte. Das bedeutet doch, dass es entscheidend sein muss, nicht die Flucht aus dem Bereich der Ausbildungsberufe schneller zu organisieren, sondern dass wir die berufliche Bildung und die Berufswelt attraktiver machen müssen. Dazu aber haben Sie hier nichts gesagt.
In Zeiten von Arbeit 4.0 müssen wir die Berufsbilder zügig an die Herausforderungen und Bedürfnisse des digitalen Zeitalters anpassen. Die Berufe haben sich schon jetzt weiterentwickelt, und es werden in den nächsten Jahren völlig neue Berufsbilder entstehen, die wir heute noch gar nicht kennen und die auch die alten Berufsbilder ablösen werden. Wir wissen doch aus Studien, dass über 60 % der Kinder, die dieses Jahr in Hessen eingeschult werden, nach ihrem Schulabschluss in Berufen arbeiten werden, die wir heute noch gar nicht kennen.
Das heißt doch, wir müssen uns rechtzeitig auf genau diese neuen Entwicklungen vorbereiten. Wir müssen dem Rechnung tragen, und zwar quer durch unser Bildungssystem, aber auch quer durch unsere Berufswelt. Neue Berufsbilder müssen schneller entstehen als in der Vergangenheit und dann auch zu passenden Ausbildungsbildern führen. Die Curricula sind anzupassen und vielfach sogar völlig neu zu entwickeln, Herr May. Die moderne Ausstattung der Berufsschulen ist endlich voranzutreiben, und die Aus- und Fortbildung der Berufsschullehrkräfte muss diesen Veränderungen Rechnung tragen. Wenn mir dieser Tage ein junger Mann erklärt, dass er bei einer Examensprüfung eines Referendars anwesend gewesen sei, der nur deswegen durch die Prüfung gefallen ist, weil er anstelle eines Kreidetafelbildes mit digitalem Handwerkszeug gearbeitet hat – Herr Kollege May, es tut mir schrecklich leid –, dann sind wir in all diesen Rahmenbedingungen, die wir brauchen, um unsere neue Berufswelt attraktiv zu machen, nicht auf der Höhe der Zeit.
Deswegen streiten wir sehr dafür, vor allem den Bereich der beruflichen Bildung wieder attraktiver zu machen. Die Veränderungen in unserer Arbeitswelt müssen auch in der Bildungswelt reflektiert werden, vor allem auch deswegen, weil dies völlig neue Bildungs- und Arbeitsbiografien mit sich bringen wird. Frau Kollegin Habermann hat schon darauf hingewiesen, und ich glaube, dass dies auch extrem viele Chancen für die Menschen in unserem Land mit sich bringt; denn sie haben die Chance, sich regelmäßig neu zu erfinden – nicht nur im Sinne von vertikal und horizontal, sondern wir werden uns daran gewöhnen müssen, verschiedene Berufe in verschiedenen Branchen über die Le
benszeit auszuüben. Das ermöglicht aber eben gerade auch die Chance, sich hier weiterzuentwickeln.
Wir müssen die Menschen dafür stark machen und ihnen gleichzeitig die Angst nehmen, dass sie auf irgendeinen Bereich festgelegt sind, für den sie sich zunächst entschieden haben. Genau das und die Anstrengungen hierzu fordern wir als Freie Demokraten ein, weil wir sie in diesem Land bislang leider vermissen.
Dies bedeutet für uns auch eine landesweite Strategie, ein abgestimmtes Konzept, von dem in Hessen leider wenig zu sehen ist – ein abgestimmtes Konzept mit deutlich mehr an Digitalisierung, deutlich mehr an Technologie- und Innovationsoffenheit und insbesondere auch einer neuen Betonung von Interdisziplinarität sowie die aktive Verzahnung gerade zwischen Praxis und akademischem Bereich. Herr Kollege May, das könnte etwa so funktionieren, wie wir das im dualen Studium sehen; denn hier haben wir den Vorteil, dass der jeweilige Auszubildende oder Studierende auch im Unternehmen verbleibt. Das Unternehmen profitiert also davon, sich bei der Ausbildung im beruflichen Bereich engagiert zu haben, und muss nicht befürchten, dass der Geselle den Ausbildungsbetrieb wieder so schnell wie möglich verlässt.
Nicht hilfreich sind da in meinen Augen allerdings das aktuelle Verharren im Status quo und – ich muss es so ansprechen, auch wenn es wehtut – die zunehmend wirtschaftsfeindliche Einstellung dieser Landesregierung, wie wir sie erst kürzlich wieder im Kultusbereich beim Umgang mit Unterrichtsmaterial zu Gründung und Gründergeist manifestiert gesehen haben.
Dies konterkariert unserer Meinung nach eben auch die Bemühungen, den richtigen und notwendigerweise eingeschlagenen Weg zur schulformunabhängigen Berufs- und Studienorientierung fortzuführen; denn wenn wir gerade in dieser besonderen Findungsphase Schülerinnen und Schüler dazu ermuntern wollen, sich der beruflichen Welt zuzuwenden und nicht darin zu verharren, die Schulzeit so lange wie möglich durch entsprechende Angebote zu verlängern, nicht darin zu verharren, vielleicht an der Hochschule eine ähnliche Ausstattung wie im Schulbereich zu suchen, dann macht es wenig Sinn, sich entsprechend feindlich gegenüber der Berufs- und Wirtschaftswelt aufzustellen. Dann gilt es, die individuelle Förderung, die auch hier eine zentrale Rolle spielt, um diesen Blickwinkel zu ergänzen.
Letztendlich warne ich davor, bei all den Anstrengungen, die diesbezüglich zu unternehmen sind, an den Qualitätsstandards der Bildungsabschlüsse Abstriche zu machen. Es wird darauf ankommen, die Attraktivität der beruflichen Ausbildung zu steigern, ohne auf Standards zu verzichten, die nötig sind. Sonst erweisen wir den Menschen in zweierlei Sinne einen Bärendienst: zum einen im Hinblick auf ihre eigenen beruflichen Qualifikationen und Fertigkeiten, zum anderen im Hinblick auf die Sicherstellung der Standards und der Qualität im Gesamtsystem.
Ich komme zum Schluss. – Der hier so bejubelte hessische Modellversuch muss erst den Beweis erbringen, dass er die Standards aufrechthält und nicht senkt. Wir möchten, dass sich die Menschen aus Gründen der Attraktivität der beruflichen Bildung für diesen Weg entscheiden. Sie hatten schon immer die Möglichkeit, eine entsprechende Anschlussverwendung und damit einen sozialen Aufstieg zu organisieren.
Herr Kollege May, die Antwort ist relativ einfach – das können Sie im Protokoll nachlesen –: Sollten das spontane
Ausführungen von Ihnen gewesen sein, sind sie ein bisschen an der Sache vorbeigegangen. Sie haben sich hierhin gestellt und haben sich dafür gefeiert, dass es für Gesellen erstmalig eine Möglichkeit des direkten Hochschulzugangs gebe. Das ist schlicht nicht der Fall, weil dieser Zugang schon bisher möglich war, wenn man parallel zur dualen Ausbildung Zusatzprüfungen in Mathematik, Deutsch und Englisch absolviert hat. Wurden in der dualen Ausbildung beide Prüfungen, der Gesellenabschluss und diese Zusatzprüfungen, abgelegt, dann war ein direkter Zugang zu einer Hochschule erworben. Deshalb ist es so, dass inzwischen 40 % der Abschlüsse, die einen Hochschulzugang ermöglichen, im beruflichen Ausbildungssystem erlangt werden.
Trotz der Kürze der Zeit kann ich Ihnen den Zusammenhang mit der Frage der Anpassung der Ausbildungen, der Prüfungsbedingungen und Fortbildungsmaßnahmen für unsere Lehrerinnen und Lehrer erläutern. Die Schülerinnen und Schüler von heute merken doch, dass ein großer Teil ihrer Lehrkräfte angesichts der Rasanz der Veränderungen nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist. Dementsprechend macht es doch einen Teil der Attraktivität unserer dualen beruflichen Ausbildung aus, dass wir nicht nur neue Berufs- und Ausbildungsbilder schnellstmöglich umsetzen, sondern dass wir auch unsere Lehrkräfte für genau diese Bereiche fit machen. Ich halte z. B. den Einsatz digitaler Systeme im Rahmen der Pädagogik und der Ausbildung an unseren Berufsschulen für etwas, was die Ausbildungsgänge interessant und attraktiv macht. Herr May, Ihre Ausführungen haben aber gezeigt, dass Sie diesen Zusammenhang leider nicht verstehen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn ich stimmlich angegriffen bin, muss ich sagen: Nachdem ich dieser Debatte gelauscht habe, insbesondere den Ausführungen von Herrn Minister Al-Wazir, hat es mich als Frankfurter Abgeordnete echt nicht mehr auf dem Sitz gehalten.
Das ist die reinste Verdummung der Bevölkerung, die nicht nur aus dem Frankfurter Osten, sondern auch aus
dem Main-Kinzig-Kreis und dem Wetteraukreis im Frankfurter Osten tagtäglich nicht nur im Stau langsam fährt, sondern im Stau im wahrsten Sinne des Wortes steht,
und das nahezu rund um die Uhr, Herr Kollege Bellino. Das hat Rückwirkungen, Herr Kollege Bellino, auf Offenbach, auf Offenbach-Land, und das hat Rückwirkungen bis hoch in den Hochtaunuskreis. Vielleicht sind Sie da noch nicht langgefahren. Deswegen ist es eine Unverschämtheit, den Menschen in dieser Region zu sagen, dass sich vor 2031 an dieser Situation nichts ändern wird.
Herr Minister, es ist für jemanden, der sich in der Materie nicht auskennt, vielleicht geschickt, zu versuchen, jetzt auf die Minister Posch und Rentsch abzulenken. Aber wenn Sie hier behaupten, dass von Herrn Posch zunächst nur vierspurig geplant worden ist, wissen Sie ganz genau,
dass Minister Rentsch aufgrund der geänderten Verkehrsprognose einen sechsspurigen Ausbau vorgesehen hat und dass damit genau das, was Sie hier ankreiden, schon längst geschehen war.
Nein, die Verschiebung des Tunnels im letzten Jahr vor der Kommunalwahl hatte doch keine Lärmschutzgründe, Frau Kollegin Wissler. Da ging es doch nicht um die Anwohner. Lassen Sie sich das doch nicht vormachen. Der einzige Grund für diese Verschiebung war, nachher hinterrücks auch die Abstufung der A 661 zu erreichen. Genau das ist es, was mit diesem Bundesverkehrswegeplan jetzt geschehen ist.
Herr Minister, es ist wirklich Hohn und Spott für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger, wenn Sie ihnen dann sagen, es wäre doch alles nicht so schlimm, Sie würden jetzt noch ein bisschen was planen und sich hier und da etwas anschauen, und dann könnte man gemäß Punkt 5 Ihres Antrags – CDU und GRÜNE, ich würde mich schämen, als CDU so einen Antrag zu beschließen – ab 2031 noch ein bisschen etwas weiterentwickeln. Das heißt nämlich nichts anderes, als dass Sie dieses Projekt, und zwar sowohl die A 661 als auch den Riederwaldtunnel, beerdigen wollen.
Nein, umgekehrt wird ein Schuh daraus: Ein eindrucksvoller und durchsetzungsstarker Minister hätte sowohl den sechsstreifigen Ausbau der A 661 als auch die Veränderungen auf der A 3 durchgesetzt, damit der Verkehr endlich wieder fließt und nicht ständig steht, Herr Kollege Bellino.
Doch, ich rege mich deswegen auf, weil ich weiß, wie viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wie viele Handwerker, wie viele Logistiker, wie viele Familien jeden Tag betroffen sind. Ich sage Ihnen noch etwas:
Es ist eine Frechheit, Herr Kollege Bellino, dass ausgerechnet der grüne Verkehrsminister – –
Ich habe das Wort. Wenn Sie möchten, dürfen Sie sich für Ihre Fraktion noch einmal melden.
Es ist eine Frechheit, dass ausgerechnet dieser grüne Verkehrsminister sich jetzt hierhin stellt und sagt, der Ausbau der A 3 sei doch die Entlastungsfunktion, und das habe er doch angeboten.
In Wirklichkeit ist es doch genau umgekehrt, Herr Minister. Sie wollten den Ausbau der A 3 nicht. Die GRÜNEN haben im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages dagegen votiert, und nur die Große Koalition hat gesagt, dass man nicht beides streichen kann.
Wo waren aber – Herr Kollege Bellino, das frage ich Sie – denn, bitte schön, die CDU-Abgeordneten? Wo waren die Landtagsabgeordneten gegenüber diesem Verkehrsminister, als er seine Stellungnahmen abgegeben hat?
Wo waren die CDU-Bundestagsabgeordneten im Verkehrsausschuss, die sich nicht zu Wort gemeldet haben, als es um die A 661 und den Ausbau des Riederwaldtunnels ging, und die glatt in Kauf genommen haben, dass durch eine solch perfide Agenda dieses Bauprojekt auf ewig sterben wird? Genau dagegen werden wir uns als Freie Demokraten wenden.
Herr Minister, das kann ich Ihnen garantieren: Nicht erst im September, nicht erst im August, sondern wir werden das jede Woche zum Thema machen, bis dieser Tunnel und diese Autobahn endlich ausgebaut sind, und zwar so, dass der Verkehr fließt.
Ich komme gern zum Ende. – Aber ich sage Ihnen, Herr Caspar: Sie werden es erleben. Mit den jetzt steigenden Pendlerströmen werden auch die jetzt schon vorhandenen Brückenbauwerke keine ausreichende Tragkraft haben, um den Verkehr zu bewältigen. Das heißt, sie haben jetzt schon ein massives Problem. Dieses Problem ist dadurch größer geworden, dass Sie die Klappe dazu halten,
dass durch eine perfide Agenda die Verkehrsführung im Osten Frankfurts behindert wird. – Herzlichen Dank.
Wie hat denn die Landesregierung Vorsorge für den Fall getroffen, dass sie sich mit ihrer Rechtsauffassung, der Bund habe dies zu verschulden und hafte damit, nicht durchsetzt im Hinblick darauf, dass sie Schaden vom Land abwendet, der dadurch entstünde, dass sie eventuelle Schadenersatzforderungen gegenüber Ministerin Puttrich nicht mehr wahrnehmen kann?