Klaus Möhle

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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Oktober letzten Jahres hat die Bremische Bürgerschaft einen Antrag verabschiedet, der den Senat auffordert, einen Bericht zur Lebenssituation von Lesben und Schwulen in Bremen vorzulegen. Dieser Bericht liegt nun als Senatsmitteilung vor, deswegen diskutieren wir zunächst einmal über diesen Bericht. Ich bedanke mich beim Senat außerordentlich dafür und will gleich zu Anfang sagen, dass man als toleranter, weltoffener Bürger oder weltoffene Bürgerin das Gefühl haben könnte, dass man über dieses Thema eigentlich gar nicht mehr zu diskutieren bräuchte und schon gar nicht in einem Landtag. Gleichwohl ist es offensichtlich so, dass Diskriminierungen von Homosexuellen in diesem Land immer noch stattfinden. Zeitgleich zu diesem Bericht hat das Rat & Tat Zentrum eine Umfrage veröffentlicht, in der mehr als 1 200 Menschen befragt worden sind, ich lese das einmal mit Genehmigung des Präsidenten aus den „Bremer Nachrichten“, dem „Weser-Kurier“, vor: Da––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
nach berichten über 40 Prozent der Befragten von verbalen Angriffen aufgrund ihrer gleichgeschlechtlichen Orientierung. Fast jeder siebte Mann und jede zehnte Frau berichten, sie seien wegen ihrer Homosexualität schon körperlicher Gewalt ausgesetzt gewesen.
Das weist deutlich darauf hin, dass es in diesem Bereich noch eine Menge zu tun gibt. Mein Interesse – und ich glaube, das ist das überwiegende Interesse hier im Hause – ist, dass wir in einer diskriminierungsfreien Gesellschaft leben, die weltoffen und tolerant ist und mit Homosexualität normal umgehen kann.
Rot-Grün hat sich relativ zeitnah nach dem Anfang der Regierung um dieses Thema gekümmert und auch schon eine Menge Veränderungen eingeleitet. Da ist nicht nur zu nennen der Versuch – er ist ja leider formal gescheitert –, die Landesverfassung zu ändern, das werden wir mit Sicherheit in Bälde ordnungsgemäß nachholen, und dann wird das auch in der Landesverfassung geändert werden.
Mein Eindruck ist allerdings, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen unglaublich wichtig sind, aber tatsächlich nur die Rahmenbedingungen. Es macht ganz wenig Sinn, wenn man in einen Lehrplan hineinschreibt, dass man über sexuelle Orientierung, Identitäten und Toleranz reden soll und man dann aber Lehrerinnen und Lehrer hat, die dem Thema gar nicht gewachsen sind und vielleicht rote Ohren bekommen, weil ihnen das irgendwie in irgendeiner Art peinlich ist. Das nützt dann auch nicht wirklich etwas und hilft nicht weiter.
Was wir brauchen, sind moderne, offene Pädagogen, die mit diesen Fragen gut umgehen können. Insbesondere im Bereich der jüngeren Menschen ist so etwas wie „Coming out“ mittlerweile eben nicht mehr an der Tagesordnung und normal und in, wie es vielleicht eine Zeit lang war, weil auch der Bürgermeister in Paris bekennender Homosexueller ist oder auch der Berliner Bürgermeister irgendwann einmal gesagt hat „Ich bin schwul, und das ist auch gut so.“ Es gab eine Welle, wonach man sich getraut hat, dazu zu stehen, offen dazu zu stehen, dass man eine sexuelle Orientierung hat, die eben so ist, wie sie ist.
Die Gesellschaft sollte meiner Meinung nach – und im Übrigen gerade eine Gesellschaft wie die Bremer Gesellschaft – wirklich weltoffen und tolerant sein, und wir sollten als Parlament dafür die Weichen stellen.
Das kann man tun, indem man zum einen tatsächlich die gesetzlichen Rahmenbedingungen verbessert, das kann man aber auch tun, indem man als Abgeord
neter hier im Hause vorbildlich mit diesen Fragen umgeht. Es gibt, und das weiß auch jeder hier im Haus, auch in der Bremischen Bürgerschaft homosexuelle Abgeordnete, die sich aber nicht trauen, öffentlich damit umzugehen. Ich will niemanden dazu nötigen, beileibe nicht, aber es wäre schön, wenn diejenigen, die sich dafür einsetzen, das auch öffentlich als Abgeordnete tun und diese Vorbildfunktion wahrnehmen würden, mir würde das jedenfalls außerordentlich gefallen.
Ich glaube aber, um das an dieser Stelle auch zu sagen, es ist natürlich nicht die Forderung an diejenigen, die homosexuell sind, für Toleranz zu kämpfen. Es ist eigentlich eine Aufgabe für den Rest der Gesellschaft zu sagen, wir wollen, dass Menschen ihre sexuelle Orientierung frei wählen können, ohne dass daraus irgendwelche Nachteile entstehen. Das ist ein ganz klar formuliertes Ziel.
Ich hoffe, das sehr deutlich geworden ist, dass da nicht nur Rot-Grün, so wie ich die Diskussionen bisher im Hause verfolgt haben, sondern auch DIE LINKE und die FDP eigentlich bei all diesen Entscheidungen an unserer Seite gestanden haben. Bei der CDU hapert es, es kommt manchmal eine relativ evangelikale Wertediskussion an das Tageslicht, wo man dann gelegentlich auch ein bisschen erschrocken sein kann. Es ist immer die Frage, wer da redet. Wenn der Kollege Perschau redet, dann hört sich das ein bisschen moderater an, zugegeben. Tatsache ist aber, dass die CDU sich nicht wirklich dazu bekennen kann, dass sie für diese Antidiskriminierungspolitik einsteht und immer wieder in der Frage der Gesetzgebung zurückweicht, anstatt gerade der Intoleranz die Stirn zu bieten und zu sagen, nein, wir in Bremen wollen das nicht mehr.
Der Bericht, den der Senat vorgelegt hat, weist auf ein paar Verbesserungen hin, sagt aber an einigen Stellen auch noch deutlich, wo noch etwas zu tun ist. Ich will den Bericht jetzt hier nicht in aller epischen Breite besprechen, aber es gibt in Bereichen einfach zum Beispiel bei älter werdenden Homosexuellen Fragen, wie es dort eigentlich mit der Altersversorgung ist und ob es eigentlich adäquate Maßnahmen gibt. Da ist eine gigantische Lücke, weil diejenigen, die jetzt alt werden, sich seinerzeit nicht getraut haben zu sagen, dass sie eigentlich auch schwul sind, und das eher versteckt gemacht haben. Jetzt muss man also schauen, ob man nicht in den Bereichen auch etwas tut.
In der Jugendbildung, das hatte ich schon angesprochen, ist meiner Meinung nach – und einige andere kommen auch zu dem Ergebnis – noch eine ganze Menge zu tun. Ich würde einmal sagen, wir sind da auf einem ganz guten Weg, und ich hoffe, dass wir diesen Weg auch weiter gemeinsam hier in diesem Hause gehen können.
Der zweite Punkt, der Dringlichkeitsantrag der SPD, sexuelle Identität in den Katalog der Diskriminierungsverbote des Grundgesetzes aufzunehmen, ist ein weiterer Schritt in die Richtung. Dazu redet aber mein Kollege Herr Tschöpe, weil er sich mit der juristischen Frage – wir haben das abgesprochen – im Wesentlichen hier gleich auseinandersetzen wird. Auch das ist aus meiner Sicht zumindest wieder ein Schritt in die richtige Richtung. Ich würde uns wünschen, dass die Mitglieder dieses Hauses öffentlich antidiskriminierend tätig werden würden, weil das auch einen Schritt dazu beiträgt, hier in Bremen eine liberalere Gesellschaft zu haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Möllenstädt, ich habe eben nicht davon geredet, dass ich finde, dass jemand, der hier im Haus homosexuell ist, sich sozusagen zwangsouten müsste, bei Weitem nicht!
Ich habe mir nur gewünscht, dass diejenigen, die eine solche Orientierung haben, die Kraft hätten, gerade als Abgeordnete, damit umzugehen, weil das eine deutliche Signalwirkung in die Gesellschaft hätte.
Sie sagen, dass sei eine zutiefst private Entscheidung, das ist wohl wahr, das ist aber auch gleichzeitig Kern des Problems, weil es auf der einen Seite eine zutiefst private Entscheidung ist, auf der anderen Seite ist Diskriminierung aber ein gesellschaftliches Phänomen, und genau diese Bandbreite zu überbrücken, ist auch Aufgabe des Landtags, auch mit Gesetzesanträgen!
Der SPD jetzt vorzuwerfen, dass sie mit diesem Antrag von irgendetwas ablenken wollte, mit Verlaub, das verkennt die Wirkung vollends. Den Antrag der SPD zur Änderung des Grundgesetzes als Wahlkampfspektakel abzutun, ich weiß nicht, da habe ich schon andere Geschichten erlebt, die man als solches bezeichnen kann. Ich unterstelle der SPD jedenfalls an dieser Stelle große Ernsthaftigkeit, mit uns gemeinsam, in dem Bemühen, diese Gesellschaft von Diskriminierungsabsichten zu befreien. Da ist in der Tat eine Grundgesetzänderung nicht das Allheilmittel, aber ein deutliches Signal auch des Staates, nämlich in die Richtung, was wir wollen, das wird da definiert. Der Weg dahin wird ein langer bleiben.
Frau Dr. Mohr-Lüllmann, der Bericht hat mit Sicherheit nicht alle Facetten, alle Probleme erfassen können. Sie sagen, es würde nur Sinn machen, das gemeinsam mit dem Umfrageergebnis des Rat & Tat Zentrums zu betrachten. Ich habe die Erfahrung mit dem zuständigen Menschen aus dem Ressort gemacht, dass sie sehr wohl die Rat & Tat Geschichte nicht nur haben einfließen lassen, sondern sogar gefördert und unterstützt haben. Ich würde mir wünschen, dass die Förderung für das Rat & Tat Zentrum großzügiger ausfallen würde. Das sind dann allerdings Fragen, die wir in der Haushaltsaufstellungsdebatte diskutierten müssen, und dann wird man ja sehen, wer dem dann an welcher Stelle zustimmt oder nicht.
Ich sage noch einmal, ich glaube, dass dieses Haus an der Stelle – und es ist ein ausgesprochen sensibles Thema, weil Herr Kollege Dr. Möllenstädt tatsächlich recht hat, es ist der Widerspruch zwischen zutiefst privater Orientierung und gesellschaftlicher Ächtung – die Aufgabe hat, da herauszukommen, und in dem Sinne sind wir durchaus ein Stück weitergekommen.
Ich würde mir übrigens wünschen, dass Sie den Antrag zur Grundgesetzänderung mitmachen würden,
weil ich den Eindruck habe, dass es tatsächlich weiterhilft. Deswegen würde ich dafür werben, alles zu tun, was deutlich das Signal aussendet, wir wollen in diesen Fragen überhaupt keine Diskriminierung mehr zulassen! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
bin ja nun auch schon ein paar Tage in diesem Parlament, wundere mich aber über genau diese Aktuelle Stunde.
In Wirklichkeit ist der Kern Ihrer Rede, Herr Schrörs: Der Bürgermeister ist zu einem Treffen nicht gekommen, und das ist nicht gut, Punkt!
Ich glaube, wenn wir ernsthaft darüber reden, wie das Bundesland Bremen – sprich: die beiden Kommunen Stadt Bremen und Bremerhaven – aufgestellt sind, geht es um ganz andere Fragen. Wir könnten sagen – da könnten wir uns auch einigen –, Herr Knigge würde sich angesichts des Verhaltens des Oberbürgermeisters im Grab umdrehen, ich finde das auch nicht richtig, ich finde, er hätte an dem Treffen teilnehmen müssen.
Das ist relativ einfach.
Worum es in der Tat aber eigentlich geht, sind die Probleme in einigen Projekten in Bremerhaven, und da haben Sie zu Recht auf die Havenwelten hingewiesen. Das ist ein Problem, wenn ein Projekt gemacht und kurz vor Ende gesagt wird, es könnten 50 Millionen Euro mehr sein oder noch mehr, so genau weiß man das noch nicht, das halte ich auch für ein Problem. Wenn ich mir den Projektverlauf ansehe und die entsprechenden Aktenvermerke durchlese, sehe ich sehr deutlich, dass es zumindest an der Stelle Fehler im Projektmanagement und der Projektsteuerung gegeben hat, das ist jetzt schon erkennbar. Ich finde aber die Vorwürfe, das sei Bremerhavener Finanzfilz, völlig verfehlt, denn Filz würde bedeuten, dass gemauschelt wurde, dass Vetternwirtschaft stattgefunden hat, dass der eine dem anderen etwas zugeschoben hat. All das ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht im Ansatz erkennbar, und deswegen finde ich die Vorwürfe der LINKEN an dieser Stelle abenteuerlich.
Meiner Meinung nach muss man jetzt so vorgehen, dass man aufklärt, wo genau an welcher Stelle welche Fehler in der Projektsteuerung gemacht worden sind. Das Wirtschaftsressort hat, soweit ich weiß, auch im Einvernehmen mit Herrn Schulz jetzt verhandelt, einen Sonderermittler einzusetzen. Ich glaube, dass das auch der richtige Weg ist, denn wenn man externen Fachverstand heranzieht, um die gan
zen Dinge noch einmal aufzuklären und zu untersuchen, wird man zu einem gegebenen Zeitpunkt möglicherweise über einen Untersuchungsausschuss nachdenken müssen. Das weiß ich aber noch nicht, ich weiß noch gar nicht, wo im Einzelnen die Fehler sind. Ich habe einen groben Überblick, deswegen sage ich Projektsteuerungsfehler, aber, wie gesagt, das wird der Ermittler herausfinden, und dann werden wir auch als Grüne weitersehen, wie wir vorgehen. Es kann sein, dass es sinnvoll ist, einen Untersuchungsausschuss einzurichten, das möchte ich an dieser Stelle aber noch gar nicht entscheiden.
Was mich ärgert, ist, ehrlich gesagt, die ganze Diskussion, Bremerhaven an die Kandare zu nehmen, Bremerhaven an die Kette zu legen, Bremerhaven von der Stadt Bremen aus zu bevormunden, all das halte ich für großen Unfug.
Was wir im Bundesland Bremen brauchen, ist eine gemeinsame Strategie. Dass das schwierig ist, weil in der Stadt Bremen eine rot-grüne Regierung und in Bremerhaven eine Große Koalition regiert, ist einsehbar. Das darf aber nicht dazu führen, dass wir uns strategisch, gerade vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Föderalismuskommission, auseinanderdividieren lassen. An die Kette muss ich da niemanden nehmen. Es ist für mich an dieser Stelle extrem wichtig zu sagen, dass wir nach gemeinsamen Wegen suchen.
Ich würde Bremerhaven vorschlagen, über die Frage Eisstadion noch einmal neu nachzudenken. Wenn ich für ein Projekt 50 Millionen Euro mehr brauche, muss ich mir überlegen, ob ich mir das dann noch leisten kann. Darüber muss man noch einmal ganz offen eine Diskussion führen. Es kann nicht sein, dass wir vor dem Hintergrund gemeinsamer Sparanstrengungen – und im Übrigen glaube ich, dass Bremerhaven durchaus bereit ist, auch eigene Sparanstrengungen zu unternehmen, ich finde die Unterstellung, dass sie das gar nicht vorhat, noch nicht so richtig nachvollziehbar, Herr Schrörs – auch darüber nachdenken müssen, ob wir das, was wir vielleicht gut, richtig und schön finden, überall noch durchsetzen können. Ich würde davor warnen, das zu tun.
Ich glaube, die Stadt Bremerhaven muss darüber nachdenken, wie sie die 50 Millionen Euro, die jetzt in den Havenwelten fehlen, finanziert bekommt. Es kann nicht sein, dass man darüber an bestimmten Punkten nicht neu nachdenkt. Wir hatten damals als Opposition – deswegen verstehe ich es auch nicht, dass Sie das in dem Sinne nicht erwähnt haben – gesagt, man muss jetzt noch einmal alle Projekte wieder auf den Prüfstand stellen, ja, das muss man machen, das müssen wir in Bremen machen, in Bremen sind wir einen guten Schritt vorangekommen. Das muss man in Bremerhaven auch machen, das können wir aber nur mit Bremerhaven gemeinsam erreichen, um die
Strategie für künftige Verhandlungen auch mit Bremerhaven hinzubekommen.
Eine Kommunalverfassung zu ändern – um das an dieser Stelle auch noch einmal zu sagen –, ist nicht so einfach, wenn man weiß, welche politischen Mehrheitsverhältnisse man für einen solchen Schritt braucht. Deswegen muss man sehen, dass man unterhalb dieser Kommunalverfassungsänderung Wege findet, die in Richtung Gemeinsamkeiten gehen. Wir werden als Bundesland überhaupt nicht vorankommen oder gewinnen können, wenn wir nicht genau diese Gemeinsamkeiten entwickeln, und dann muss sich Bremerhaven allerdings auch gefallen lassen, dass man das eine oder andere über Bremerhaven kritisch sieht, ohne gleich als Hasser von Bremerhaven oder als Bremerhaven-Feind zu gelten.
Ich hatte erwartet, dass Sie, Herr Dr. Schrörs, hier eine kämpferische Oppositionsrede für das Bundesland Bremen halten, nicht gegen Bremerhaven, sondern für das Bundesland Bremen. Ich hätte erwartet, dass Sie Wege aufzeigen, wie wir zu mehr Gemeinsamkeiten kommen können. Wenn man denn weiß, dass gerade Bremerhaven von dem Strukturwandel viel stärker noch als vielleicht Bremen selbst betroffen ist, dann ist es richtig – und ich habe es auch immer mitgetragen und vertreten –, dass in Bremerhaven tatsächlich für den Strukturwandel viel getan wird.
Herr Bürgermeister Böhrnsen hat einmal gesagt, Bremerhaven wird über die Maßen fair behandelt. Über die Maßen fair behandelt, hieß in Zahlen ausgedrückt: immer auch mehr Geld, als eigentlich richtig gewesen wäre. Die Kammer vertritt neuerdings die Auffassung, dass vielleicht 17 Prozent der Einwohnerwertung entsprechend wären, und ist deutlich der Meinung, dass man jetzt schauen muss, ob Bremerhaven nicht zu sehr über die Maßen fair behandelt worden ist. Über all diese Fragen muss man nachdenken und verhandeln, und am Ende der Veranstaltung wird man zu einer gemeinsamen Lösung kommen.
Letzter Punkt: Wenn es der Sinn dieser Aktuellen Stunde war zu sagen, dass der Oberbürgermeister Schulz ins Rathaus hätte kommen müssen, dann sage ich, ja, das wäre schön gewesen, und das wird er das nächste Mal mit Sicherheit auch tun.
Weiß man nicht? Doch, ich gehe davon aus, dass der Oberbürgermeister in Bremerhaven wohl auch gemerkt hat, dass er da einen Fehler gemacht hat und dass es klüger gewesen wäre, ins Rathaus zu gehen. Wenn es aber eine Frage des guten Benehmens ist, sage ich, das war kein gutes Benehmen. Politisch
müssen wir daran festhalten, dass wir für beide Städte eine gemeinsame Lösung finden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
und Herren! Herr Dr. Schrörs, das verstehe ich jetzt überhaupt gar nicht mehr. Sie sagen, der Oberbürgermeister Schulz soll mit seinen Alleingängen aufhören. Warum regieren Sie denn in Bremerhaven mit der SPD gemeinsam weiter? Ich meine, Sie sind doch an der Bremerhavener Regierung beteiligt. Sich dann hinzustellen und das in dieser Weise zu kritisieren, finde ich, ehrlich gesagt, auch seltsam.
Warum ich mich aber eigentlich noch einmal gemeldet habe, war interessanterweise eine Aussage des Einzelabgeordneten Tittmann, der nämlich sagt, Bremerhaven ist und darf keine Kolonie Bremens werden. Welche Denke steckt eigentlich dahinter? Ich bin mir nicht ganz sicher, ob man darauf wirklich politisch antworten kann oder ob nicht andere Fachkräfte an diese Fragen einmal heran müssen. Politisch ist das das Fatalste überhaupt, da setzt es bei mir aus. Was ist denn das Verhältnis zur Kolonie gewesen, bitte schön? Ist denn da wirklich auch nur ein Fitzel Wahrheit daran, dass die Stadt Bremen Bremerhaven in irgendeiner Weise ausbeuten, auspressen und ausnutzen würde? Das ist ja nun wohl völliger Blödsinn!
Was mich aber auf die Palme bringt: Es gibt ein sehr sensibles Verhältnis zwischen Bremerhaven und Bremen, das weiß ich als Bremen-Norder sehr genau, weil es da ein ähnliches sensibles Verhältnis gibt.
Wir sind die Vermittler, genau! Es kommt genau darauf an, in einer bestimmten sensiblen Weise miteinander umzugehen. Es macht überhaupt keinen Sinn, in eine Denke zu verfallen, dort sei die Kolonie und hier sei die Stadt, die Bremerhaven abzockt. Was hat Bremen nicht alles auch getan, mitgetan, gemeinsam getan, damit wir den Strukturwandel in Bremerhaven hinbekommen. Ich weise das deswegen so entschieden zurück, weil ich glaube, dass der Einzelabgeordnete Tittmann sich bemüht, eine bestimmte Stimmung, also eine bestimmte Sensibilität auf seine, ich weiß gar nicht, ob man das noch Mühlen oder Mühlchen nennen kann, lenken will.
Ich möchte, dass wir ganz deutlich begreifen, dass wir nur in einer gemeinsamen Anstrengung die Probleme werden lösen können. Lassen Sie mich noch einen letzten Satz sagen: Ich glaube im Übrigen auch, dass die politischen Parteien klug beraten wären, gelegentlich die eigene politische Präferenz ein Stück weit hintenanzustellen und tatsächlich, gerade wenn
es um wirtschaftpolitische Fragen für den Standort Bremen und Bremerhaven geht, danach zu suchen, wie wir wirklich gemeinsam vorankommen, das wäre mir an dieser Stelle, ehrlich gesagt, auch ein Stück wichtiger.
Ein letzter Punkt, das ist dann wirklich der allerletzte Punkt! Herr Woltemath sagt, es sei operettenhaft gewesen, dass der Oberbürgermeister Schulz nicht in das Rathaus gegangen ist. Mein Eindruck ist, das wäre die kürzeste Operette aller Zeiten: Der Bürgermeister geht los, geht zum Rathaus und geht nicht hinein, und dann Ende der Operette. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In Wirklichkeit geht es jetzt nicht darum, noch einmal grundsätzlich über die Bedeutung von BIDs, von ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Standortgemeinschaften, zu reden. Wir haben damals, als hier in diesem Haus noch die Große Koalition regiert hatte, als Grüne gemeinsam mit der Großen Koalition für dieses Gesetz gestimmt, weil wir wollen, dass Innovationsbereiche nicht nur für den Einzelhandel, sondern auch für die Anwohner nützlich sind und den Einzelhandel stärken können. Wir wollen diese Standortgemeinschaft, um das ganz deutlich zu sagen!
Herr Richter, wenn Sie jetzt sagen, das sei handwerklich schlecht gemacht, ich sage Ihnen: Erstens ist es so, dass es dafür nicht viele Vorbilder gibt. Das ist in Amerika angefangen mit diesen Businessimprovementdistricts, wie es sich da nannte, und wir haben gesagt, das ist eine gute Idee, das wollen wir in Bremen auch machen. Dann haben wir ein Gesetz gemacht. Dann haben uns nämlich die Einzelhändler gedrängt und gesagt, ihr müsst ganz schnell ein Gesetz verabschieden, weil wir in den Startlöchern stehen, und wir wollen genau solche Standortgemeinschaften einrichten. Dann haben wir das Gesetz verabschiedet, dann ist ganz lange nichts passiert. Da hat die Politik auf die Forderung reagiert, etwas möglich zu machen, und dann ist es aber eben nicht passiert.
Jetzt gibt es wieder zwei Bereiche – das hat der Kollege Liess schon gesagt –, die Standortgemeinschaften bilden wollen, und da entdeckt man an bestimmten Punkten, dass da nachgebessert werden muss. Um nichts anderes geht es hier an dieser Stelle: das nachzubessern, um zu ermöglichen, dass die Standortgemeinschaften starten können. Wir wollen – um das an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich zu sagen –, dass dieser Versuch, und für mich ist es erst einmal auch immer noch ein Versuch, die Möglichkeit bekommt, zu beginnen. Dann werden wir wahrscheinlich sogar an der einen oder anderen Stelle noch einmal nachbessern müssen, dass kann durchaus passieren.
Ich finde es relativ vermessen zu behaupten, man verabschiedet Gesetze in einem Bereich, in dem man keinerlei richtige Erfahrung hat, und meint, man könnte das gerichtsfest an jedem einzelnen Punkt machen. Nein, wir werden im Laufe der Erfahrungen mit diesen Standortgemeinschaften sehen, wie das wirkt, ob das wirkt, und dann werden wir es politisch ständig begleiten. Der Sinn ist, bestimmte Einkaufslagen zu stärken, das unterstützen wir voll und ganz, und wir unterstützen auch die Änderungen, die wir hier jetzt vorgeschlagen haben. Ich bitte das Haus darum, diesen Änderungsanträgen zu folgen, damit die beiden Standortgemeinschaften jetzt endlich anfangen können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht muss man auch für etwas normalere Menschen einmal erklären, worum es eigentlich geht, wenn man über Vergabegesetze redet! Es geht darum, dass die öffentliche Hand, der Staat also, Bauaufträge vergibt oder Ähnliches. Ich würde zu Bauaufträgen als Privatmann sagen: Wenn ich mir ein Haus bauen will, will ich erstens möglichst wenig bezahlen und zweitens eine gute Qualität. Das sind die Kriterien, die mich als Privatmensch zuerst interessieren. Aufgabe des Staates ist es also, weil die Bauaufträge mit Steuermitteln vergeben werden, also mit unser aller Geld, auf gute Qualität zu einem guten Preis zu achten. Das ist das erste Anliegen.
Das Zweite ist aber – und dann kommt man nämlich dazu, dass das Vergabegesetz immer komplizierter wird –, man möchte natürlich auch nicht nur gute Qualität zu einem guten Preis, sondern man möchte selbstverständlich auch bestimmte Rahmenbedingungen an die Vergabe knüpfen. Ich warne wirklich ganz deutlich davor, zu glauben, dass man all das, was man in anderen Politikfeldern vielleicht nicht so erreicht, wie man es sich gewünscht hätte, in die Vergabe hineinzubasteln. Ich wäre froh, wenn die Vergabestrukturen und -gesetze schlicht und einfach auch für den kleinen und mittelständischen Unternehmer überschaubar wären, sodass er sich dafür vernünftig bewerben kann, und nicht nur Großunternehmen, die in der Lage sind, jemanden dafür ein- und abzustellen, der die Vergabe bearbeitet, dann am Ende die Aufträge bekommen. Davor warne ich an dieser Stelle ganz deutlich!
Ich glaube, ehrlich gesagt, ein allgemein verbindlicher Tarifvertrag, der einen Mindestlohn regeln würde, wäre mir lieber. Dann bräuchten wir das an dieser Stelle überhaupt nicht zu thematisieren, weil es keine Frage ist, sonst würden alle den Mindestlohn bekommen. Das ist zurzeit aber nicht so.
Jetzt haben wir versucht, gemeinsam mit der Sozialdemokratie zu schauen, ob wir diese Frage nicht in die Vergabegesetzgebung aufnehmen können. Der Europäische Gerichtshof hat nun allerdings gesagt, so, wie Niedersachsen das in seinem ersten Entwurf gemacht habe, ginge das nicht. Daraufhin haben wir angefangen, sehr gründlich darüber nachzudenken, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
wie man das so formulieren kann, dass es auch europakompatibel ist.
Es macht keinen Sinn, liebe Fraktion der LINKEN, wenn Sie schreiben und uns auffordern, ein mutiges Gesetz zu erlassen. Ich habe wirklich schon sehr viel über Gesetzgebung gehört, aber dass man mutige Gesetze erlassen muss, ist mir wirklich eine ganz neue Erkenntnis. Es nützt gar nichts, wenn wir noch so mutig sind und der Europäische Gerichtshof dann sagt: Ja, Mut hin, Mut her, so geht es auf gar keinen Fall. Dann fangen wir nämlich wieder von vorn an. Nein, wir brauchen eine Gesetzgebung, die gerichtsfest ist. Was wir hier als Gesetz beschließen, muss am Ende auch Bestand haben! Wir müssen also möglichst im Vorfeld das Risiko vermeiden, dass wir vor dem Europäischen Gerichtshof mit unserer Gesetzgebung scheitern. Das wollen wir möglichst vermeiden.
Will man aber das Scheitern vor dem Europäischen Gerichtshof vermeiden, muss man sehr gründlich prüfen. Ich weiß nicht, ob Sie alle das auch so sehen. Ich habe das Gefühl, wenn man fünf Juristen zusammenbringt, hat man mindestens fünf verschiedene Meinungen.
Manche behaupten sogar, noch mehr! Tatsache ist aber, dass die Einen sagen, jawohl, man könne das in dem Vergabegesetz unterbringen, und die Anderen sagen, das ginge auf gar keinen Fall. Wir sind nun dabei, sorgfältig zu prüfen, was wir an dieser Stelle tun. Wir haben die erste Lesung und die zweite Lesung durchgeführt, und bekannterweise ist die Zeit zwischen der Ersten und Zweiten Lesung gerade dafür vorgesehen, noch einmal nachzudenken, nachzuarbeiten, nachzubessern. Genau das machen wir sehr gründlich. Wir sind in dem Verfahren meiner Auffassung nach relativ nah daran, zu einem Abschluss zu kommen. Ich freue mich darauf, wenn wir ein paar Punkte, die noch zu klären sind, klären. Im Übrigen stimmen wir deswegen einer Überweisung zu und nehmen auch viele Ihrer Anregungen mit auf. Nur über das Wort „mutig“ würde ich an Ihrer Stelle noch einmal nachdenken!
Ich will trotzdem gern ein paar Dinge auch darüber hinaus sagen! Es gibt Menschen, die glauben, „Bremen zuerst“ sei die einzige richtige wirtschaftspolitische Aussage. Ich bin da sehr vorsichtig. Wenn Bremer Unternehmen glauben, dass die Vergabe so gestrickt sein muss, dass die Aufträge ausschließlich in Bremen bleiben, macht man einen großen Fehler, weil Bremer Firmen auch im niedersächsischen, aber auch im europäischen Umland Aufträge bekommen wollen. Deswegen hat die Europäische Union gerade dafür ein paar gesetzliche Regelungen ge- und erfunden, damit wir einen fairen europäischen Wettbewerb bekommen. Das mag im Einzelfall für das eine oder
andere Bremer Unternehmen ärgerlich sein, auf lange Sicht gesehen aber – davon bin ich fest überzeugt – denke ich, dass der europäische Wirtschaftsraum genau diese Dimension braucht. Ich erinnere an dieser Stelle auch noch einmal an die AFB, die eigentlich damals nichts anderes im Vergabeausschuss gesagt hat, als „Bremen zuerst“ und „Wo sind die Bremer Unternehmen?“. Das ist eine Denkweise, die nicht gesund für unsere Wirtschaft ist, auch wenn es im Einzelnen dem einen oder anderen Unternehmer vielleicht so vorkommt, als wäre es klüger zu sagen „Bremen zuerst“. Ich bitte, das wirklich allgemein in diesem Haus zu sehen, das ist gar nicht gegen eine Fraktion oder irgendetwas Politisches gerichtet, sondern wir machen generell, wenn wir den Bremer Wirtschaftsraum auf die Bremer Landesgrenze in unserem Denken beschränken, wirtschaftspolitisch einen riesengroßen Fehler,
zumal – auch das ist ja jedem hier im Hause auch bekannt – auch die Bremer Wirtschaft natürlich sehr stark eine exportorientierte Wirtschaft ist. Man kann nicht auf der einen Seite sagen, wir sind exportorientiert, wir wollen die Weltmärkte „erobern“, aber auf der anderen Seite in Bremen komplett abschotten. Das darf man auf lange Sicht gesehen auf keinen Fall machen.
Deswegen warne ich davor, weil man zu der Auffassung gelangen könnte, dass Europa an dieser Stelle für Bremen nachteilig sei. Ich weise das ausdrücklich zurück! Ich glaube, die Entsende- und Dienstleistungsfreiheitsgesetzgebung der Europäischen Union – das sind ja die beiden, die dafür relevant sind – sind im Wesen richtig. Da mag man an der einen oder anderen Stelle damit hadern, aber wir wären gut beraten, wenn wir unsere Ökonomie so aufstellen, dass sie den Wettbewerb als solchen annimmt und dann auch gute Chancen auf dem Markt im europäischen Umland, aber auch im deutschen Umland hat. Ansonsten überweisen wir jetzt diesen Antrag der LINKEN und diskutieren munter weiter. Ich habe das Gefühl, wir sind kurz vor der Fertigstellung dieses Gesetzes. Dann kommt eben die nächste Lesung, dann wird es zum Gesetz, und dann sind alle glücklich und zufrieden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Fraktion der LINKEN, das ist hier keine Gewerkschaftsversammlung, sondern eine Landtagssitzung.
Ich sage das gar nicht mit Häme, aber ich habe zunehmend den Eindruck, dass Sie glauben, dass man hier eins zu eins die Forderungen der Gewerkschaften vertreten müsste. Das kann man sicher auch tun. Bei der Frage der Vergabe haben Sie eben gesagt, Sie haben mit den Mitarbeiterinnen und den Gewerkschaften geredet. Wo haben Sie denn mit den Unter––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
nehmern geredet? Verstehen Sie? Das ist das, was hier aus meiner Sicht ein richtiges Problem ist. Wir müssen eine Lösung finden, die für alle Teile dieser Gesellschaft sinnvoll ist, und da gehören selbstverständlich immer dann, wenn wir über Wirtschaft reden, die Unternehmen dazu. Also muss ich auch schauen, was können die Unternehmer tragen und was können sie nicht tragen.
Nicht, dass hier an der Stelle ein falscher Eindruck entsteht: Ich bin weder gewerkschaftsfeindlich noch etwas Ähnliches, aber dieses Haus ist keine, sage ich einmal, Betriebsversammlung oder Gewerkschaftsversammlung. Das ist leider – –.
Das würde ich anders interpretieren, aber gut! Ich sage einmal so: alles an seinem Ort und jedes zu seiner Zeit!
Wir reden hier über die Vergabe. Ich will aber trotzdem sagen, weil eben einmal so locker und einfach behauptet wurde, ein Mindestlohn wäre nicht gut, ich bin absolut dafür, dass wir einen Mindestlohn in der Bundesrepublik Deutschland bekommen.
Und zwar für alle! Ich habe es versucht, eingangs zu sagen, dass es schwer ist, das in der Vergabe zu regeln. Stattdessen hätte ich mir gewünscht, wir würden eine bundeseinheitliche Regelung bekommen. Ich sage einmal, wenn man als Mindestlohn 7,50 Euro zugrunde legt, dann erhält man brutto circa 1 200 Euro, das sind netto ungefähr 900 Euro. Ich möchte, dass unsere Wirtschaft in der Lage ist, Arbeitsplätze so anzubieten, dass jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer davon auch leben kann.
Das geht auch! Ja, das ist wenig, aber es geht! Es ist für mich wichtig, dass wir nicht beliebig sagen: Mindestlohn, wer bietet mehr, und wer am meisten bietet, ist am besten. Die Wirtschaft muss auch in der Lage sein, das zu bewältigen, wenn man das fordert. Ich bin der Auffassung, dass man sich mit 7,50 Euro auf einem Niveau befindet, wo es funktionieren kann. Deswegen bin ich dafür, das an der Stelle zu tun.
Mich ärgert aber, wenn man einfach so darüber hinweggeht und sagt: Ach, das brauchen wir nicht. Ich will keine 450 Euro-Jobs ohne Ende, keine Ein
Euro-Jobber, und ich will keine Arbeitsverhältnisse, bei denen Menschen den ganzen Tag arbeiten und nicht von ihrem Einkommen leben können.
Man sagt, Deutschland ist eines der reichsten Länder dieser Welt, dann, finde ich, sollte man darauf Rücksicht nehmen und tatsächlich einen unteren Sockelbetrag als Sicherung festschreiben. In dem Sinne bin ich total für einen Mindestlohn – Vielen Dank!
Ja, bitte!
Das kann ich nicht nur bestätigen, es macht auch meine Hoffnung aus, dass Deutschland das schaffen kann.
Wenn ich jetzt schon einmal hier stehe, dann sage ich doch noch einmal einen Satz, auch wenn hier immer gesagt wird, das sei immer nur Wahlkampf. Das ärgert mich ganz empfindlich.
Dass alles nur Wahlkampf ist, ist schierer Blödsinn! Natürlich sind wir im Europawahlkampf, und natürlich ist Wahlkampf genau der Zeitpunkt, an dem die Parteien ihre Programme, ihre Sicht der Dinge darlegen, und wenn man das als etwas Schlechtes herabwürdigt, dann halte ich das nicht für gut für unsere Demokratie, weil man genau im Wahlkampf für seine Politik wirbt.
In dem Sinne vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Dr. Möllenstädt, Ihren Beitrag möchte ich mir zuerst noch einmal vornehmen! Sie sagen, der Staat soll sich heraushalten. Ich sage einmal: Ein Teil der Finanzkrise ist genau dadurch entstanden, dass der Staat sich aus dem Finanzwesen herausgehalten hat,
dass man Managementfehler provoziert hat, indem man eine Ordnungspolitik gemacht hat, die Wildwuchs ohne Ende zugelassen hat, und ich bin fest davon überzeugt, dass wir genau das ändern müssen!
Da können Sie auf Ihren Sitzen zappeln, so viel Sie wollen, es ist Tatsache, und da zitiere ich mit Genehmigung des Präsidenten den Altbundeskanzler Helmut Schmidt, der schon vor schätzungsweise zehn Jahren bei der Eröffnung der IUB gesagt hat, dass Deutschland das schlechteste und raffgierigste Management aller Zeiten hat. Darüber lohnt es sich nachzudenken. Das gilt mit Sicherheit nicht für jeden und nicht für alle, aber das gilt genau für diejenigen, die am Markt Großkonzerne gegen die Wand fahren und dann die Mitarbeiter die Zeche zahlen lassen oder nach dem Staat rufen.
Es gibt nicht nur im Arcandor-Konzern deutliches Missmanagement. Nein! Wir werden etliche Konzerne finden, wo man ganz klar sagen kann, die Ursache für die Krise liegt genau in deren Managementfehlern. Darum geht es aber an dieser Stelle gar nicht. Uns geht es darum, ganz deutlich zu sagen, dass wir Karstadt in Bremen genau an dem Standort, wo es ist, erhalten wollen, und zwar aus mehreren Gründen: zum einen mit Sicherheit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zum anderen aber – ich rede jetzt erst einmal nur von Bremen und dann von Bremerhaven, da braucht es jetzt keine Aufregung zu ge––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
ben, denn es geht mir auch um Bremerhaven –, ist es gerade in Bremen ein Traditionsbetrieb, der für die Innenstadt und für den Einzelhandel in der Innenstadt außerordentlich wichtig ist. Stellen sie sich, Herr Dr. Schrörs, einmal vor, die Immobilie Karstadt steht leer! Stellen Sie sich das nur einmal vor! Da bekommen Sie auch eine Gänsehaut und stellen sich sofort vor, das kann nicht richtig sein. Stellen Sie sich die Alternativen vor, die man für solche Immobilien dann hätte, die sind nicht beliebig! Ich sage hier ganz deutlich: Für den Bremer Einzelhandel ist die Innenstadt zentral wichtig. Ich bin Vertreter und Fan der europäischen Kulturstädte, das bedeutet, wir brauchen kein Innenstadt-/Altstadtmuseum und Einkaufen auf der grünen Wiese. Ich will, dass das zusammen bleibt, was an der Stelle zusammen gehört.
Bremen halte ich in seiner historischen Substanz zusammen mit dem Einzelhandel für schützenswert, und das ist einer der ganz wichtigen Gründe, warum ich mich dafür einsetze. Jetzt nach einem Einzelhandelskonzept zu rufen, halte ich für absurd! Wir haben die Diskussion hier im Haus an jeder Stelle geführt. Es ging damals um die große Fläche im Space Park, es ging um die großen Flächen – –. Ich zähle sie jetzt nicht alle auf, das wäre zu mühselig. Wenn man aber zulässt, dass der Handel sich in den Randbereichen der Stadt ansiedelt, und nicht im Blick hat, dass die Innenstadt auch geschützt werden muss, und dann von fairem Wettbewerb redet, dann hat man, glaube ich, auch nicht so richtig verstanden, was Wettbewerb eigentlich ausmacht.
Ich will die Innenstadt wettbewerbsfähig erhalten, und dann muss man bestimmte andere Möglichkeiten begrenzen. Da werden wir auch künftig weitaus schärfer darüber nachdenken, davon bin ich fest überzeugt, als es vielleicht noch vor sechs, sieben, acht, neun Jahren der Fall war. Heute ist klar, dass Karstadt gefährdet ist,
und ich sage das nicht nur, weil die Betriebsräte und Kolleginnen und Kollegen von Karstadt dort oben sitzen, sondern ich sage es deswegen, weil ich es absurd finde, dass ein Kaufhaus, das im internen Ranking Karstadts an fünfter Stelle rangiert, das immer noch schwarze Zahlen schreibt, das eigentlich bei Licht besehen ein durchaus gesundes Unternehmen ist, und das gilt – jetzt komme ich zu Bremerhaven! – für Bremerhaven mindestens genauso, in seinem Bestand gefährdet ist. Das halte ich für absurd.
Dann, bitte schön, wenn Sie denn schon so allgemein über Marktwirtschaft und Privatwirtschaft re
den, sage ich Ihnen, bin ich auf einmal Fan der sozialen Marktwirtschaft, dann stelle ich mich total auf die Seite der sozialen Verantwortung. Wenn der Markt es nicht geregelt bekommt, dann bin ich sehr dafür, dass sich zumindest der Staat auf die Seite der sozialen Marktwirtschaft stellt.
Diese Aufforderung richten wir, weil Bremen das gar nicht kann, an die Bundesregierung dieser Republik. Dafür werden wir bei unseren eigenen Bundestagsabgeordneten werben – ich gehe davon aus, dass das die Sozialdemokraten und die LINKEN auch tun –, ich würde die CDU dringend bitten, das mit ihrer Kanzlerin, die ja wirklich sehr viel Einfluss in dieser Republik hat, sorgfältig zu erörtern!
Mir ist klar, dass wir den Konzern damit nicht in gesundes Fahrwasser bringen. Dennoch geht es mir darum, dass deutlich wird – –.
Im Übrigen – das Argument muss ich an dieser Stelle wohl auch noch einmal nennen – gibt es kleine Gemeinden in dieser Republik, in denen ein solches Kaufhaus zentral wichtig ist. Wollen Sie das alles gefährden und in einem Handstreich sagen, private Marktwirtschaft, und dann schauen wir einmal?
Wir werden das von Bremen aus nicht lösen. Das habe ich auch überhaupt nicht behauptet, Herr Dr. Schrörs! Wir wollen der Bundesregierung aber von Bremen aus ganz deutlich signalisieren, wir möchten, dass die Bundesregierung sich für Karstadt einsetzt, damit Karstadt am Standort Bremen erhalten bleiben kann, und das ohne Wenn und Aber!
Ich sage Ihnen, Herr Dr. Schrörs, ich weiß ganz sicher, dass der Konzern noch lange nicht gerettet ist und dass da noch viel Aufräumarbeit zu verrichten ist. Mir geht es hier ganz konkret vor Ort um den Standtort Bremen, und ich sehe die Bedeutung für die Innenstadt – das habe ich eben erwähnt – für Bremerhaven und für Bremen.
In diesem Sinne – aber auch wirklich nur in diesem Sinne! – stimmen wir natürlich unserem eigenen Antrag zu. In diesem Sinn bedanke ich mich auch bei der LINKEN für die Initiative. Wir als Rot-Grün
haben jetzt einen Änderungsantrag eingereicht, den DIE LINKE übernimmt. Das ist richtig und klug, weil der Antrag der LINKEN nämlich schon Zahlen formuliert und genau sagt, wer wie was machen soll, was wir von hier aus gar nicht machen können und auch nicht machen wollen, sondern wir wollen das Signal an Berlin senden, an die Bundesregierung sich für den Standort Karstadt einzusetzen. Das ist eigentlich auch schon alles. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, das Fazit dieser Debatte ist, wenn man es zusammenfasst, dass alle Fraktionen in diesem Hause großes Interesse daran haben, den Standort Karstadt in Bremen zu sichern.
Ich hoffe, dass ich das richtig zusammengefasst habe. Der Applaus gibt mir allerdings in der Frage recht. Ich habe eben nicht behauptet, dass es der Innenstadt einfach nur schlecht geht, aber der Innenstadt geht es auch nicht einfach nur gut. Das Problem ist, dass wir große Sorge dafür haben müssen und dafür eben auch gerade das Einzelhandelskonzept benötigen, von dem Staatsrat Dr. Heseler auch schon geredet hat. Daran wird gearbeitet, darüber wird nachgedacht. Wir wollen, dass die Innenstadt konkurrenzfähig bleibt, und die Konkurrenz auf der grünen Wiese ist auch marktwirtschaftlich nicht fair und nicht richtig, um das einmal ganz deutlich zu sagen. An der Stelle jedenfalls bin ich hartnäckig und entschieden dafür, den Konzern Karstadt hier in der Innenstadt und in Bremerhaven zu erhalten. Herr Tittmann, eines ärgert mich wirklich! Ich glaube einfach nicht, dass es richtig ist zu glauben, wenn ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
man hier relativ undeutlich und schwammig formuliert, man sei irgendwie für die Mitarbeiter, sodass die Mitarbeiter dann sagen: Dann sind wir aber auch für Ihre Position. Das ist unredlich! Sie versuchen immer wieder, auch an dieser Stelle, aus den Ängsten von Mitarbeitern für Ihre politischen Interessen irgendwie Profit zu saugen.
Das ist richtiggehend ärgerlich, weil alle anderen Fraktionen ernsthaft versucht haben, ihre Argumente auszutauschen. Diese sind an bestimmten Punkten in der Tat unterschiedlich, wir haben nicht alle die gleichen Argumente. Ich habe mich eben deswegen noch einmal gemeldet, weil ich glaube, dass es wichtig ist, am Ende zu sagen, dass alle Fraktionen Karstadt in Bremen am Standort erhalten wollen, bei aller unterschiedlichen Begründung, bei aller unterschiedlichen Wahrnehmung. Was Sie aber hier abliefern, ist einfach nur zu versuchen, sich irgendwie einzuschleimen nach dem Motto: Dann werde ich auch ernst genommen. Ich kann Ihnen sagen, das wird nicht so sein! Die Kolleginnen und Kollegen bei Karstadt brauchen Ihre Solidarität am allerwenigsten!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn der Antrag neu eingebracht ist, werden wir ihn an dieser Stelle mit Sicherheit genauso ablehnen wie das letzte Mal auch.
Die Begründung für die Ablehnung möchte ich mir an dieser Stelle ersparen. Ich halte die dritte Lesung und damit ja auch sozusagen endlich den Punkt, an dem die Verfassung tatsächlich geändert wird, eigentlich für eine Art Feierstunde dieses Parlaments.
Ich bin felsenfest dieser Überzeugung! Ich kann es auch ganz persönlich sagen: Das sind Augenblicke, wo Politik auch wirklich Spaß macht, weil man real, ganz konkret etwas ändert, nämlich erst einmal die Verfassung.
Der Kollege Tschöpe hat natürlich völlig recht, dass die Lebenswirklichkeit in unserem Bundesland natürlich selbstverständlich noch nicht frei von Homophobie, von Diskriminierung und Unterdrückung ist, aber damit, dass dieses Haus hier mit Zweidrittelmehrheit beschließt, dass sie die Landesverfassung dahingehend ändern wird und somit will, dass eben diese Diskriminierung in unserem Bundesland keinen Platz mehr hat, darauf bin ich stolz. Ich bin begeistert, dass wir das an dieser Stelle tun können.
Ich habe bei der letzten Lesung gesagt, dass ich das für einen Meilenstein halte, das kann ich an dieser Stelle mit ganz viel Zufriedenheit noch einmal wiederholen, und ich freue mich darauf, dass wir gleich eine Zweidrittelmehrheit bekommen, dass wir die Landesverfassung ändern. Ich kann Ihnen versichern, wir werden auch weiterhin daran arbeiten, dass Dis––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
kriminierung jedweder Art in unserem Bundesland keinen Platz findet.
Es geht selbstverständlich nicht nur gegen Diskriminierung von homosexuellen Paaren. Es gibt auch andere Diskriminierungstatbestände, die wir mit Sicherheit auch hier versuchen zu bekämpfen. Wir wollen eine tolerante Gesellschaft, die andere Lebensformen akzeptiert, damit umgeht, keine Angst davor hat und Andersartigkeit nicht bekämpft, sondern integriert. In diesem Sinne freue ich mich auf die weitere Arbeit an der Landesverfassung. Es gibt noch ein paar Sachen mehr zu tun, was wir mit Sicherheit auch tun werden.
Lassen Sie mich zuletzt den Dank auch noch einmal an die FDP und an die LINKEN aussprechen, die die Verfassungsänderung mittragen. Allein würde RotGrün das nicht machen können, weil wir über keine Zweidrittelmehrheit verfügen. Wir haben also einen großen Grund zu feiern. Für die CDU kann ich nur sagen, die Richtung ist vorgegeben, folgen Sie uns, dann haben auch Sie viele Gründe, mit uns gemeinsam an diesen Stellen hier zu feiern. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem Abgeordneten Tittmann wird hier allzu häufig gesagt, man brauche nicht auf ihn eingehen. Ich will an ein paar Punkten doch einmal nachweisen, welchen wirtschaftspolitischen Unsinn dieser Abgeordnete hier vertritt. Er stellt sich ans Rednerpult und sagt, zur Windenergie könne man stehen, wie man wolle. Es sei aber eine Schlüsselentwicklung in Bremerhaven. Was heißt denn, man kann dazu stehen, wie man will? Entweder sagt man, ja, wir wollen in Bremerhaven genau das Cluster Windenergie fördern und befördern, dann steht man positiv zu dieser Windenergie, oder man sagt, ich will keine Windenergie, dann muss man es sein lassen. Da muss man sich an solch einer Stelle schon einmal klar ausdrücken.
Ein zweiter Punkt: Wenn man hier permanent sagt, Bremerhaven sei ein Armenhaus, und jeden wirtschaftspolitischen Fortschritt, der in Bremerhaven deut––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
lich sichtbar ist, ignoriert – ich glaube, da sind sich alle anderen Fraktionen hier im Haus einig, dass Bremerhaven in jedem Fall deutliche Fortschritte in der Windenergie gemacht hat –, wenn man dann auch an dieser Stelle noch glaubt, diese Erfolge müsse man kaputt reden, dann ist man, glaube ich, so gestrickt, dass man glaubt, man könne politisch nur dann gewinnen, wenn es den Menschen im eigenen Ort schlecht geht, und das halte ich für eine ganz gefährliche politische Grundhaltung.
Ich glaube, man sollte daran interessiert sein im Interesse des Bundeslands Bremen, aber auch im Interesse der Seestadt Bremerhaven, dass es den Menschen vor Ort gut geht, und dafür sollten alle Abgeordneten hier in diesem Haus kämpfen. Ich habe Herrn Bödeker und auch Herrn Müller so verstanden, dass sie unterschiedliche Sichtweisen haben, wie es denn besser wird, aber das gemeinsame Interesse, dass es unserem Bundesland besser gehen soll, habe ich an dieser Stelle deutlich erkannt, nur bei Herrn Tittmann nichts davon!
Es ist sozusagen ein Kernstück von Demagogie zu glauben, wenn man dann noch in einer Wirtschaftsdebatte sagt, es gibt auch zu wenig Lehrer und dies und das und jenes und alles in einen Topf schüttet, rührt und meint, noch oben darauf eine braune Soße zu gießen, dann könne man damit politisch Erfolg haben. Ich weise das ganz deutlich zurück, jedenfalls für meine Fraktion, ich maße mir hier nicht an, für alle anderen gleich mitzureden. Ich ahne aber, dass es alle anderen Fraktionen deutlich ähnlich sehen, und ich möchte darum bitten, dass mit diesem Spuk in diesem Haus irgendwann auch einmal Schluss ist und man nicht permanent diese Reden ertragen muss. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal bedanke ich mich bei der Ausschussvorsitzenden für diesen Bericht. Der ist korrekt wiedergegeben, ich habe an der Sitzung teilgenommen, es ist genauso gewesen. Die Differenz ist klar und deutlich skizziert worden. Ich will an dieser Stelle sagen, dass es nicht alltäglich ist, die Landesverfassung zu ändern. Wir haben lange sehr gründlich darüber diskutiert, was rechtlich möglich ist. Herr Tschöpe hat es schon gesagt: Was wir jetzt tun, ist verfassungsrechtlich möglich, und ich sage dazu, es ist politisch richtig und auch höchst notwendig.
Der lange Weg der Verfolgung homosexueller, auch lesbischer Lebenspartnerschaften muss endlich aufhören.
Wir wollen das rechtlich sicherstellen, weil eine moderne Gesellschaft es sich in keinerlei Bereichen leisten kann, weiterhin in irgendeiner Form der Diskriminierung gegen homosexuelle oder lesbische Partnerschaften zu sein. Es ist doch so, selbst in der CDU gibt es bekennende Homosexuelle, bei den Grünen sowieso, bei der SPD auch. Es ist doch parteiübergreifend so, dass in allen Gesellschaftsschichten, unabhängig von der politischen Zugehörigkeit, eine sexuelle Orientierung frei möglich sein muss. Ich will das ganz deutlich sagen, dass wir das an dieser Stelle unterstützen wollen. Wir wollen rechtlich sicherstellen, dass das so sein muss. Ich bin ganz sicher, wenn wir diese Verfassungsänderung beschlossen haben werden, dann ist das ein großer Meilenstein in Richtung Antidiskriminierung, und deswegen sind wir froh darüber, dass wir das hier mit zwei Dritteln der Abgeordneten des Hauses machen können.
Ich würde mir wünschen, dass sich die CDU bei aller christlichen Herkunft dennoch darüber Gedanken macht, ob es nicht gerade auch als Christ oder Christin möglich ist, den Menschen die sexuelle Orientierung frei zu überlassen und nicht so zu tun, als seien diejenigen, die eine andere Lebensform wählen, entweder weniger christlich oder weniger vernünftig oder weniger richtig.
Wir werden auch weiterhin dafür kämpfen – um das an dieser Stelle zu sagen, mit der Verfassungsänderung ist mit Sicherheit noch nicht das Ende der Diskriminierung erreicht –, dass in allen anderen Bereichen eine Gleichstellung sichergestellt wird, und wir wünschten uns die Unterstützung der CDU an dieser Stelle, weil ich glaube, das würde einer modernen Stadtgesellschaft guttun, wenn alle Parteien dies täten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich saß nun schon länger dahinten und grübelte. Ich grübelte, weil es so ist, dass Käthe Popall eine gute Freundin meiner Pflegeeltern war, ich Käthe Popall persönlich sehr gut gekannt habe, und wenn Sie, Frau Troedel, Käthe Popall hier für DIE LINKE instrumentalisieren, dann ist mir nicht wohl dabei. Ich weiß nicht, wo die liebe Käthe heute politisch organisiert wäre, aber bin mir ziemlich sicher, dass sie nicht bei der LINKEN organisiert wäre. Ich weise insofern eine Instrumentalisierung eben jener Freundin meiner Pflegeeltern an dieser Stelle zurück! Käthe Popall war ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
eine toughe Frau, die für ihre politische Überzeugung sieben Jahre im KZ gesessen hat. Ich ehre sie sehr, aber ich mag nicht haben, dass sie hier instrumentalisiert wird. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was an diesem Antrag Neuland ist, erschließt sich mir überhaupt nicht. Es ist sozusagen ein uralter Antrag, der hier im Haus schon mit einer außerordentlich großen Mehrheit abgelehnt worden ist. Mir ist also überhaupt nicht klar, was der Sinn dieser Übung ist.
Ich will zu dem Alkoholverbot nur sagen, es geht überhaupt nicht um ein Alkoholverbot, und jeder Verein, der Ausschank machen will, kann das beantragen und wird das auch genehmigt bekommen. Wer sagt, das sei eine überirdische oder übergroße bürokratische Hürde, der hat, glaube ich, auch nicht so richtig verstanden, worum es hier geht. Wir wollen gern, dass an dieser Stelle das Gesetz nicht verändert wird. Wir werden Ihrem Antrag nicht zustimmen, weil wir nicht wollen, dass an dieser Stelle Tür und Tor für alle, die Schindluder treiben wollen, geöffnet wird, und deswegen haben wir das damals abgelehnt. Mit der gleichen Begründung tun wir das an dieser Stelle wieder. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ein bisschen unüblich, dass der wirtschaftspolitische Sprecher sich in eine bildungspolitische Debatte einmischt. Das hat vor allem damit zu tun, dass meine Kollegin Frau Stahmann krank ist, ich möchte ihr von dieser Stelle aus gute Genesung und Besserungswünsche übermitteln.
Lassen Sie mich mit Genehmigung des Präsidenten mit einem Zitat aus einem Bürgerschaftsprotokoll beginnen! „Herr Präsident, meine Damen und Herren!“ – steht im Protokoll –, „Parlamentarische Anfragen haben für die Fragen stellenden Fraktionen mitunter Folgen wie diese: Erstens, manchmal begreift man erst anhand der Senatsantwort, was man wirklich gefragt hat, was man meinte, gefragt zu haben, was man vielleicht noch präziser hätte ausführen sollen, und zweitens, man hat manchmal nach den Senatsantworten zwar viele Antworten, aber noch viel mehr ganz neue, dringlichere Fragen.“
Das ist aus dem Protokoll der Bürgerschaft aus dem Jahr 1999, das war das Eingangsstatement des Abgeordneten Jäger von der CDU. Vizepräsident Dr. Kuhn übernahm danach den Vorsitz, vermerkt das Protokoll auch. Es ist zehn Jahre alt. Die Frage damals hieß: „Verständnis im Unterricht und Lehre für ökonomische Prozesse an Schulen und Hochschulen fördern“, irgendwie ziemlich identisch, irgendwie ziemlich kontinuierlich, irgendwie aber auch nicht falsch.
So gesehen glaube ich, Herr Rohmeyer, und da kommen wir jetzt zu dem Inhaltlichen. Sie machen es sich einfach, Sie sagen, Schule soll erklären, was soziale Marktwirtschaft ist. Wenn Ökonomie so einfach wäre, dass es eine exakte Wissenschaft im Sinne von Naturwissenschaft wäre, hätten Sie recht. So ist es aber nicht! Es gibt mehrere, es gibt eine Vielzahl ökonomischer Systeme, die sich grundsätzlich ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
unterscheiden. Da könnte man sagen, von Marx bis Adams ist die Bandbreite sehr breit. So gesehen glaube ich, dass man die Schülerinnen und Schüler auch darauf vorbereiten muss, dass sie begreifen, welches System denn eigentlich ihren Interessen am nächsten kommt, denn es ist immer auch eine Interessensfrage und nicht ausschließlich – –.
Herr Rohmeyer, lassen Sie mich doch einmal ausreden! Ich bin doch hier bildungspolitisch ganz neu unterwegs, und hören Sie sich doch an, was ein Wirtschaftspolitiker der Grünen wichtig findet, was Bildungspolitik an dieser Stelle leisten sollte!
Ich möchte gern, dass Schülerinnen und Schüler begreifen, wo eigentlich der Unterschied liegt in dem Interesse, das vielleicht die Handelskammer hat, und dem, das die Gewerkschaften haben. Wo liegen da die Unterschiede? Auch das sind wichtige Fragen, die Sie hier mit dem Begriff soziale Marktwirtschaft einmal eben schlankweg natürlich nicht abgearbeitet haben.
Meine These ist zum Beispiel: Wirtschaftspolitik muss heute immer auch eine sozialökologische Marktwirtschaft sein, nicht nur sozial, sondern auch ökologisch.
Das könnte man in aller Breite nicht in fünf Minuten erklären; gleichwohl ist es mir zu einfach, was Sie in Ihrem Beitrag eben vorgetragen haben.
Ich habe mir die Mühe gemacht, die Antwort des Senats durchzulesen, wobei es mir an einigen Stellen schwergefallen ist, einfach schon aufgrund der Sprache. Mich wundert es manchmal, dass im Hause Bildung, das ja eigentlich eine ganze Menge mit Didaktik und Vermittlung zu tun hat, eine Sprache gewählt wird, die zu verstehen selbst für einen Abgeordneten relativ mühsam ist. Ich bin beileibe nicht so ungebildet, dass ich an Fremdwörtern scheitern würde, aber – mit Verlaub, Frau Senatorin – die Sprachmelodie ist mir manchmal doch sehr fremd. In Ordnung, das sind die Spezialisten, und ich bin es eben nicht.
Mein Interesse ist, dass die Schülerinnen und Schüler frühzeitig begreifen, welche Rolle Geld spielt; das Taschengeld ist – es wurde schon angesprochen – eine gute Möglichkeit zu lernen, wie man mit Geld umgeht, wie man sich in Geschäften verhält, wie man Waren und Qualitäten vergleicht und wie man all das Komplexe, das Wirtschaft ausmacht, lernbar und begreifbar macht.
Meine These ist, dass die CDU die Kontinuität dieser Frage ein Stück weit da herleitet, denn – und da zi
tiere ich auch noch einmal aus dem Protokoll, was ich eben schon getan habe – da sagte eine Bildungsministerin vor zehn Jahren in Bezug auf die Industrie- und Handelskammer: „Das Ziel muss die Sicherung einer systematischen und breit angelegten Vorbereitung auf unternehmerische Selbstständigkeit sein.“ Das, glaube ich, muss das Ziel gar nicht sein.
In dem Kontext der Frage Ökonomie an Schulen und Lernen!
Nein, das war in Nordrhein-Westfalen, und Frau Behler hat es in Bezug auf die Kammern gesagt. Zum Verständnis, Herr Rohmeyer, im Grunde genommen hat sie versucht, die Position der Kammern darzulegen, und die ist mir dann doch viel zu einseitig. Ich glaube, dass Ihr Interesse an diesen Fragen sich eher aus dieser Richtung speist, während mein Interesse ist, dass wirtschaftspolitisches Verständnis auch damit zu tun hat, dass man sich in dieser Gesellschaft zurechtfindet und nicht nur, dass man am Ende seiner Ausbildungskarriere Unternehmer werden will. Auch die Arbeitnehmer müssen verstehen, wie ökonomische Zusammenhänge funktionieren. Wenn Sie bei der Handelskammer einen Kurs über Ökonomie belegen, wird er deutlich andere Akzente setzen als ein Kurs zu dem gleichen Thema bei der Gewerkschaft. Daran sehen Sie, dass die Ökonomie eben nicht aus einem Guss ist, und man es sich nicht einfach machen und erklären kann, dass – ähnlich wie in der Mathematik – zwei und zwei vier ergeben, so ist Ökonomie nicht! Wenn ich noch einen Satz zur derzeitigen Krise sagen darf! Ich glaube, dass die Theorien in der Ökonomie häufig gar nicht geeignet sind, die Wirklichkeit zu verstehen, denn wir stehen allesamt derzeit relativ ratlos davor, was in der Weltwirtschaft gerade passiert. Noch vor einem Jahr war die Stahlbranche die Boombranche überhaupt, und ehe man sich versieht und so richtig weiß, warum eigentlich, wird auf einmal Kurzarbeit gemacht. Da sagen Sie mir: Welche ökonomische Theorie kann uns das detailliert erklären und vor allem,
welche ökonomische Theorie, Herr Rohmeyer, wäre in der Lage, vorausschauend zu definieren, was man an welcher Stelle politisch wie machen könnte, damit man möglicherweise diese oder jene Wirkung hat?
Wir haben gestern über das Konjunkturpaket diskutiert. Ehrlich gesagt, alle Redner – selbst der Bürgermeister – haben doch deutlich zugegeben, dass man nicht hundertprozentig weiß, ob die erhoffte Wirkung tatsächlich eintritt. Das zeigt schon die Ungenauigkeit in den Fragen der Ökonomie, und mein Interesse ist, dass Bildungspolitik diese Ungenauigkeit zumindest mittransportiert und in diesen Bereichen aufgreift. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bildungsdebatten sind ja immer deswegen so schön, weil jeder Experte ist, weil er irgendwie ja auch einmal zur Schule gegangen ist. Ich fühle mich so nicht, um das ganz deutlich zu sagen. Ich weiß nicht, wie man Ökonomie an der Schule vernünftig vermittelt, davon habe ich keine Ahnung, ich weiß aber, dass es wichtig ist, dass es passiert. So gesehen müssen Sie mir verzeihen, wenn ich keine Ratschläge dazu gebe. Wie man didaktisch die Probleme im Unterricht klärt, das ist nicht meine Aufgabe. Ich sage noch einmal ganz deutlich, auch an den Kollegen der FDP –
Herr Dr. Buhlert, ist in Ordnung! –, ich habe nicht gesagt, dass Unternehmertum etwas Schlechtes ist. Ich habe gesagt, dass es verkehrt und fatal wäre, wenn man ausschließlich in die Richtung Ökonomie unterrichtet, dass am Ende der gute Unternehmer herauskommt, weil die Gesellschaft, in der wir hier leben, eben nicht nur aus Unternehmern besteht. Es ist doch ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
klar, sie besteht aus Unternehmern und aus Arbeitnehmern, und beide Interessen sind sich oft auch entgegengesetzt. Die Frage, ob man mit ökonomischem Verstand zum Beispiel auch in den Gewerkschaften rechnen muss, ist doch wichtig, das ist doch für uns alle eine hochinteressante und wichtige Frage! Herr Rohmeyer, dass das hier unterschiedlich ist, ist doch nicht verwunderlich. Schauen Sie sich die Wirtschaftspolitik der FDP an und dann auf der anderen Seite die der LINKEN. Dazwischen liegen Welten, und wir fühlen uns als sozialökologische Marktwirtschaftler relativ mittig in der Frage.
Mein Eindruck in dieser Debatte ist, dass allen gemein war zu sagen, man muss aus vierlerlei Gründen Ökonomie an Schulen vermitteln – aus ganz engen, kleinmaschigen, persönlichen Gründen, nämlich Umgang mit Taschengeld, Umgang mit Bonbons kaufen und Umgang mit vielleicht auch zu viel Geld ausgeben, zu schauen, was passiert eigentlich, all diese ganzen kleinen Dinge –, aber man muss Ökonomie auch im Großen und Ganzen versuchen zu begreifen, so schwer es ist, und da, glaube ich, ist die Schule gefordert, das zu tun.
Ich wollte aber noch einen anderen Aspekt in die Diskussion bringen, weil ich glaube, auch die Wirtschaft ist gefordert. Die Wirtschaft muss Praktika anbieten, die Wirtschaft muss auf die Schulen zugehen, viel mehr, als es derzeit passiert. Wenn ich mit Wirtschaftsfachleuten rede, auch in der Kammer, habe ich ständig den Eindruck, dass man zwar bemängelt, dass man gelegentlich nicht gut genug ausgebildete Schüler in die Unternehmen bekommt, aber dass der Einsatz noch zu wünschen übrig lässt. In dieser Hinsicht würde ich auch die Kammern und die Wirtschaftsverbände auffordern, sich dem Thema genauso anzunähern, offen auf die Schulen zuzugehen.
Ich habe in der Antwort des Senats gesehen, dass es ein paar Unternehmen gibt, die da auch vorbildlich sind. Da ist nicht nur bremenports oder die BLG zu nennen, denn die sind ja ausdrücklich in der Antwort genannt worden. Das sollten meiner Auffassung nach mehr Unternehmen machen, kooperieren mit Schulen und gemeinsam zu schauen, dass man die Kenntnis über das Wirtschaftsgeschehen verbreitert. So gesehen habe ich wenig Interesse, hier einen wirtschaftspolitischen Streit über die Richtung der jeweiligen Parteien zu führen, das kann nicht Aufgabe von Schule sein. Schule muss nur darstellen, wo die Unterschiede sind, und das, glaube ich, relativ fair und breit angelegt im Verständnis dessen, dass man eben am Ende auch weiß, worum es geht. Der Glaube, Herr Rohmeyer, wenn man Ökomomie an der Schule unterrichtet, kommen am Ende CDU-Wähler dabei heraus, wäre jedenfalls grob fahrlässig. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Ich habe eine Zwischenfrage, weil ich den Eindruck habe, dass alle davon geredet haben, dass in diesem Land die soziale, ökologische, wie auch immer, Marktwirtschaft richtig ist. Sie haben eben gesagt, dass wir sie irgendwie bekämpfen. Wen meinen Sie da?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Beilken, wenn das eben eine Unterrichtsprobe war, dann weist mich das deutlich darauf hin, dass die Lehrerfortbildung hier noch nicht genügend gewürdigt ist.
Weil aber die Lehrerfortbildung einen großen Bestandteil in der Antwort des Senats ausmacht – und ich finde, dass der Senat darauf sehr klug antwortet – und weil hier auch deutlich ist, dass natürlich wirtschaftspolitische Themen immer auch politische Streitthemen sind, kommt es natürlich darauf an, dass Schule in einem hohen Maß an Neutralität vermittelt, welche verschiedenen Ansätze es gibt. Ich hatte beim Lesen Ihrer Anfrage den Eindruck, dass genau das auch Zielsetzung Ihres Anliegens ist.
Letzter Punkt, der, wie ich finde, an dieser Stelle vielleicht doch noch einmal gesagt werden muss: Hinsichtlich der Schule denkt jeder, er oder sie weiß, wie es geht, weil man selbst einmal dort war. Ich weiß nicht, ob das heute wirklich so ist, wie immer gesagt wird, es sei zu viel zu lernen, oder ob es gelegentlich nicht auch eine Frage ist, wie ich etwas vermittele. Ich glaube nicht, dass wir ein Unterrichtsfach speziell zu Ökonomie brauchen würden.
Meiner Meinung nach müssen die ökonomischen Themen quer durch alle Bereiche, wo es relevant ist, behandelt werden, und ich kann nicht erkennen, dass es sinnvoll wäre, ein gesondertes Fach daraus zu machen. Ich glaube, dass in diesem Sinne jetzt für mich auch die Debatte erst einmal zu Ende ist. Ich habe mich gefreut, an einer Bildungsdebatte teilnehmen zu dürfen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann mich eigentlich in den wesentlichen Punkten, die mein Vorredner Herr Liess hier erläutert hat, anschließen. Die Debatte, die wir jetzt zu führen haben, ist nicht neu, die Diskussion über das Gaststättengesetz ist eine etwas längere. Deswegen bin ich auch ein bisschen enttäuscht von dem, was die LINKEN machen, dass sie just einen Tag vorher einen Änderungsantrag zu einem Gesetzesverfahren einbringen, das, wie gesagt, schon sehr lange in der Schwebe ist. Man hätte erwarten können, dass das zeitiger eingegangen wäre.
Zu dem eigentlichen Antrag der LINKEN möchte ich sagen, ich selbst bin Vorsitzender eines gemeinnützigen steuerbegünstigten Vereins. Wenn ich den Antrag, den Sie einreichen, sehe, kann ich nur sagen, die Verlockung, damit dann Geld zu verdienen, lässt mich manchmal zweifeln. Aber ich glaube, dass der Kollege Liess recht hat, dass wir diesen Antrag einfach deswegen auch ablehnen müssen und dass das auch richtig ist, will ich an dieser Stelle betonen.
Ich finde den Antrag der FDP auch ein bisschen unterirdisch. Wir hatten lange Zeit eine Debatte über dieses sogenannte Flatrate-Trinken und hatten große Sorge, dass man sich für wenig Geld total betrinken kann und dass das für unsere Jugendlichen und teilweise sogar Kinder hochgradig gefährlich ist. Als die Diskussion begann, als das „in“, „obercool“ und modern war, waren wir uns hier im Haus einig, dass wir das verhindern müssen, und genau das steht jetzt in diesem Gesetz. Seinerzeit hat auch die FDP hier im Haus sehr massiv gegen diese Flatrate-Partys argumentiert, und nun will sie den Teil dieses Gesetzes außer Kraft setzen oder beantragt, ihn zu strei––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
chen. Ich finde es richtig und gut, dass wir das nicht tun werden.
Zur Frage der Sperrstunde: Meine Kollegin Krusche fragt mich seit langem, ob man wirklich eine Sperrstunde haben muss. Ich bin mir ganz sicher, dass es da gegensätzliche Interessen gibt. Die einen möchten gern so lange Kneipen besuchen, wie es irgendwie geht, die anderen, nämlich die Anwohner, möchten aber ab einer bestimmten Zeit gesichert Ruhe finden.
Das ist im Grunde genommen eine Konfliktlage, in der man eigentlich nichts anderes tun kann, als einen Kompromiss zu finden. Aus meiner Sicht ist das, was wir jetzt in dieses Gesetz hineingeschrieben haben, ein Kompromiss, mit dem im Übrigen Bremen schon lange lebt, weil an der Stelle alles so bleibt wie es ist.
Der letzte Punkt, den ich eigentlich nur noch kurz ansprechen will, ist der Aspekt der Zuverlässigkeit von Kneipenwirten. Ich habe vorher kurz mit Herrn Senator Nagel gesprochen, er wird gleich noch einmal gründlicher erläutern, warum es ausgesprochen wichtig ist, dass wir das so belassen, wie es in diesem Gesetz steht. Ich möchte nur, dass wir uns darüber im Klaren sind, dass jemand, der eine Kneipe betreibt, auch eine hohe Verantwortung hat. Ich möchte nicht, dass an betrunkenen Leuten aus Gewinninteresse weiter Alkohol ausgeschenkt wird. Das muss geregelt sein, und das ist gesetzlich geregelt. Ich finde, es besteht doch eine Versuchung, dass ein Wirt möglichst viel Alkohol verkaufen will, weil er natürlich ein Geschäftsinteresse an einem höheren Umsatz hat. Das ist nachvollziehbar. Gleichzeitig ist aber eine Unmenge an Gebrauch von Alkohol zumindest drogenähnlich. Wir wissen alle, dass Alkohol ein hohes Maß an Suchtgefährdung beinhaltet, dass Alkohol mindestens genauso süchtig machen kann wie andere Drogen auch. Alkoholismus ist durchaus auch eine ernst zu nehmende Krankheit in unserer Gesellschaft. Genau deswegen ist es sehr wichtig, dass diejenigen, die Kneipen betreiben, wo man Alkohol ausschenkt, verantwortungsbewusst sind, und das berücksichtigen wir in diesem Gesetz.
Lassen Sie mich noch einen allerletzten Punkt erwähnen! Ich glaube, gerade auch nach Rücksprache mit dem Landesbehindertenbeauftragten Herrn Dr. Steinbrück, dass wir die Belange der Behinderten so gut es irgendwie möglich war – natürlich auch immer auf der Ebene eines Kompromisses, was ein Gesetz
ja immer ist –, in dieses Gesetz aufgenommen haben. Dass später möglicherweise vielleicht noch Verbesserungsvorschläge eingearbeitet werden können, steht außer Frage, und wir werden natürlich auch sehen, wie dieses Gesetz, wenn es dann in Kraft getreten ist, wirkt. Möglicherweise muss man an der einen oder anderen Stelle noch einmal nachsteuern, das will ich hier nicht ausschließen, aber ich schlage vor, es so zu machen, wie sowohl die SPD als auch die Grünen es an dieser Stelle vorgetragen haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie der Kollege Liess richtig bemerkt hat, haben wir in der letzten Wirtschaftsdeputation eigentlich recht ausführlich über all diese Fragen diskutiert. Wenn wir dies hier allerdings noch einmal tun, möchte ich sagen, was ich dort gesagt habe: Die Finanzkrise – jetzt Wirtschaftskrise – ist nicht vom Himmel gefallen! Es gab Akteure im wirtschafts- und finanzpolitischen Bereich, die diese Krise mit einer unglaublichen Abzockermentalität herbeigeführt haben!
Ich sage das an dieser Stelle ganz deutlich, weil auch ich finde, dass die Frage des Vertrauens in die Finanzwirtschaft, aber auch in die Wirtschaft, eine ganz entscheidende Größe ist. Ich glaube, dass wir alles tun müssen, dieses Vertrauen wiederherzustellen. Wenn die Menschen in dieser Gesellschaft das Gefühl haben, dass das Wirtschaftssystem ungerecht ist, dann verschiebt sich das politische Koordinatensystem in ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
eine Richtung, die hier im Hause niemand haben möchte, davon bin ich fest überzeugt! Das lassen Sie mich vorab einfach einmal sagen.
Man hat mittlerweile den Eindruck, dass diese Krise irgendwie vom Himmel gefallen ist, dies ist nicht der Fall, wenn man sich an die Anfänge zurückerinnert. Ich glaube, dass die Bundesregierung aufgefordert ist, vernünftige Kontrollinstrumente für das Bankenund Finanzwesen zu installieren, derzeit kann ich so etwas noch nicht erkennen. Die Banken untereinander trauen sich momentan noch nicht einmal und können nicht ausreichend Mittel zur Verfügung stellen.
Nun zu Bremen! Es geht Herrn Dr. Schrörs – jedenfalls habe ich ihn so verstanden – im Wesentlichen darum, dass wir in Bremen gut aufgestellt sein sollen. Wir haben in der letzten Wirtschaftsdeputation unter anderem – und das ist für mich das ganz Entscheidende gewesen – davon gehört, dass es jetzt einen Notfallfonds gibt. Eigentlich nennt er sich anders, ich nenne ihn Notfallfonds. Die Frage ist doch: Gibt es ein Wirtschaftsunternehmen, das konkret an einem mangelnden Kredit in Schwierigkeiten kommt? Diese Frage gilt es zu lösen. Ist die Bremer Regierung in der Lage, dann zu helfen, ja oder nein? Mit genau diesem Fonds können wir das machen! Der Bericht, den Senator Nagel in der Wirtschaftsdeputation vorgetragen hat, hat mich von der Hilfsmaßnahme deutlich überzeugt.
Die andere Frage ist: Sind wir wirklich in der Lage, Bremen allein in den konjunkturellen Fragen nach vorn zu bringen, oder sind wir das nicht? Wir sind abhängig von dem Bundesprogramm. Das Bundesprogramm, Herr Dr. Schrörs, ist ja gerade erst halbwegs beschlossen, und die Diskussionen darüber, welche Maßnahmen die besten sind, sind immer noch im Gange. Sie erwarten nun, dass wir unabhängig von dem, was auf Bundesebene an Konjunkturprogrammen beschlossen wird, für Bremen konkrete Projekte machen. Dabei wissen Sie selbst, dass Investitionsprojekte in der Regel sehr lange Vorlaufzeiten im Planungsbereich haben. Das ist im Straßenbau und bei der Eisenbahn mit Sicherheit genauso der Fall wie bei Hafeninvestitionen. All diese Projekte haben eine sehr hohe Vorlaufzeit. Wir haben einige Projekte benannt, die funktionieren könnten und die funktionieren sollen, und sie werden auch angegangen. Ein paar sind benannt worden. Sie regen sich über die Frage auf, ob man die eine oder andere Variante noch einmal neu diskutieren sollte, was ich an der Stelle ziemlich verfehlt finde.
Lassen Sie mich noch etwas zu den Kollegen von der FDP sagen! Sie kommen ja immer nur mit der – wie ich finde – sehr populistischen Maßnahme der Steuersenkung daher.
Ja, ist gut, bleiben Sie doch gelassen! Auf der einen Seite haben wir die Aufforderung, dass wir mehr Wirt
schaftsförderung machen sollen: Mit Verlaub, das sind dann aber Steuermittel, mit denen wir das machen! Auf der anderen Seite sagen Sie ständig, wir sollen die Steuern senken.
Ich frage mich, wie Sie das miteinander vereinbaren können. Wir haben im Sozialbereich und in vielen anderen Bereichen Probleme, wo wir überhaupt nicht in der Lage sind, auf Steuereinnahmen zu verzichten, jedenfalls nicht in dieser jetzigen Situation. Aus meiner Sicht wäre das auch überhaupt keine Hilfe für die Konjunktur. Nun möchte ich noch etwas zu der LINKEN sagen. In solchen Diskussionen kommen Sie – was mich langsam nicht mehr überrascht – mit einer Art Umverteilungsdebatte. Man nehme es doch den Reichen und gebe es den Armen, dann werde die Wirtschaft schon laufen.
Das ist eine uralte, aber, wie sich nachweisen lässt, ökonomisch völlig unsinnige Forderung. Mit solchen Forderungen werden Sie der Konjunktur auch nicht helfen. Ich schlage vor, dass wir sehr deutlich darauf achten und genau schauen, was auf Bundesebene an Programmmöglichkeiten vorhanden sind, und dass Bremen sich flexibel dazu verhält und dann die Angebote, die der Bund macht, auch als Bundesland Bremen nutzen kann. In diesem Sinne ist Herr Nagel tätig geworden, und ich habe nichts auszusetzen. Ihren Antrag, Herr Dr. Schrörs, lehne ich schlichtweg ab, weil er nicht weiterhilft. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin allein schon deswegen über diese Debatte froh, weil sie eine Debatte ist, die sich um wirtschaftspolitische, nämlich um ökonomische Fragen dreht. Früher, vielleicht vor zehn Jahren, wurde die Frage der Unternehmen mit Migrationshintergrund ausschließlich als eine Integrations-, eine Sozialfrage diskutiert. Man hat lange Zeit auch in der Politik vernachlässigt, welche ökonomischen Potenziale genau dort liegen.
Wir haben – und Herr Dr. Schrörs, das wissen Sie – als Grüne sehr früh genau darauf hingewiesen, dass wir eben genau diese ökonomische Bedeutung hervorheben müssen. Ich finde, Her Rupp hat durchaus recht. Das hat immer auch eine soziale und auch eine integrative Seite, die möchte ich auch gar nicht vernachlässigen. Ich will nur, dass wir ganz deutlich und präzise sagen, dass es Menschen sind, die im Wirtschaftsleben, an unserem Wirtschaftsleben auch erfolgreich teilnehmen. Die Zeiten, in denen sich ausschließlich Änderungsschneidereien und vielleicht noch Dönerbuden in dem Bereich befunden haben, ohne etwas gegen Änderungsschneidereien und Dönerbuden sagen zu wollen, sind aber vorbei. Es gibt mittlerweile Betriebe, die in der IT-Branche sehr erfolgreich sind, die von Menschen geführt werden, die einen Migrationshintergrund haben, um das noch einmal vorwegzustellen, warum uns das überhaupt wichtig ist und warum ich das auch ökonomisch spannend finde.
Zu dem Bericht, gebe ich zu, könnte ich mir vorstellen, dass man im Weiteren noch daran arbeitet, dass man ihn verbessert. Es wird aber so sein, dass wir auch künftig sehr viel Wert darauf legen werden, genauere Zahlen zu bekommen, die Szene genauer zu beobachten und auch die Potenziale, die dort liegen, entsprechend zu heben.
Ich habe es nie verstanden, dass wir in Bremen einen hohen Anteil von türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern haben, die auch unternehmerisch ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
tätig sein wollen, wir aber nicht begreifen, dass das zum Beispiel auch eine Brückenfunktion hinein in die türkischen Märkte hat. Das ist bis heute, finde ich, viel zu schlecht genutzt. Das gilt nicht nur für die türkischen, sondern eben auch für die entsprechend anderen Herkunftsländer. Es ist eine große Chance, wenn man den türkischen Markt deutlich beobachtet, dann erkennt man, dass er sich deutlich im Wachstum befindet und eigentlich auch eine Chance für uns hat.
Ich erzähle noch einmal die Geschichte, wie ich eigentlich darauf gekommen bin, die Frage für mich überhaupt als ökonomisch zu begreifen: Es gab in Bremen einen Altautohändler, der versucht hat, sich hier niederzulassen. Er ist bei den Wirtschaftsförderern auf Granit gestoßen – das ist aber zugegebenerweise vor zehn Jahren gewesen –, das war diskriminierend, benachteiligend und nicht wirklich angebotsorientiert. Seither sind wir in der Frage hier auch im Hause – und da haben Sie recht, Herr Dr. Schrörs, die Frage ist hier schon häufiger diskutiert worden –, glaube ich, insgesamt einen großen Schritt weiter. Ich glaube, es gibt eine breite Akzeptanz und auch das Bewusstsein dafür, dass man Menschen mit Migrationshintergrund, die wirtschaftlich tätig werden wollen, hier in unserem Bundesland tatkräftig unterstützt. Das ist mir wichtig, das als Botschaft auch noch einmal nach außen zu senden, dass die Menschen mit Migrationshintergrund, die Ideen und Lust haben, sich zu gründen, herzlich willkommen sind, an unserem Wirtschaftsleben teilzunehmen, und ich glaube, diesen Geist atmet der Bericht komplett aus. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Auch ich halte die BremerExistenzGründungsinitiative für ein Erfolgsmodell. Ich glaube, an der Stelle sind wir uns hier im Haus schlichtweg auch einig. Ich finde, um das vor allem auch noch einmal hervorzuheben, den Netzwerkcharakter von B.E.G.IN außerordentlich erfolgreich. Sie ist ja nicht nur mit der Handwerks- und der Handelskammer und mit belladonna verbunden, sondern auch mit ganz vielen anderen Institutionen netzwerkartig verbunden, ge-rade um Existenzgründung zu erleichtern, zu ermöglichen, manchmal aber auch, um davon abzuraten, weil das wirtschaftliche Risiko deutlich erkennbar ist. In beide Richtungen macht B.E.G.IN eine außerordentlich gute Arbeit.
Ich bin selbst sehr stark und auch schon sehr lange wirtschaftspolitisch unterwegs, um sagen zu können, man muss sehr deutlich auf die Existenzgründung schauen, man muss sehr deutlich auf Kleinstund Kleinunternehmen schauen, weil auch das ein eigentlich sehr bedeutender Anteil beim Strukturwandel ist. Große Industrien sind schwere Tanker, kleine Betriebe flexibel, schnell zu gründen. Sich mit einer guten Idee am Markt zu behaupten, ist durchaus eine ganz wichtige Funktion, auch im Strukturwandel, auch in der wirtschaftspolitischen Aufstellung hier im Bundesland Bremen. Das lassen Sie mich vorweg sagen!
Frau Winther, allerdings zu sagen, das Projekt sei gefährdet, schießt meiner Meinung nach weit über das Ziel hinaus. Ich hätte aus meiner Sicht auch darauf verzichtet, die Kürzungen zu machen, um das ganz deutlich zu sagen, mir tut das in der Seele weh, einfach auch aus meinem ökonomischen Verständnis heraus. Aber – und an dieser Stelle sage ich wirklich noch einmal aber – wenn wir uns den Bremer Haushalt anschauen, dann können Sie, Frau Winther, nicht einfach nur sagen, Wirtschaft gibt zu wenig Geld aus. Nein, die Wirtschaft muss genau wie alle anderen Ressorts einen Beitrag zur Haushaltssanierung leisten
und Schwerpunkte setzen, ja, richtig! Wir sparen jetzt im Bereich B.E.G.IN 200 000 Euro ein. Sie sagen, in Bremen-Nord gäbe es nunmehr keine Beratung. Ich lese dann an dieser Stelle doch mit Genehmigung des Präsidenten einmal kurz den Bericht vor: „Die B.E.G.INGründungsleitstelle betreibt in Bremen-Nord kein Büro. Gründerinnen und Gründer hatten in den letzten zwei Jahren jedoch die Möglichkeit, in den Räumen des Projekts ReSoStar Beraterinnen und Berater zu treffen.“ Im Weiteren steht dann, dass die Räumlichkeiten nunmehr bei der BIG sind und dass die Beratung in Bremen-Nord durchaus weiter aufrechterhalten wird. Sagen Sie also nicht, in Bremen-Nord würde gar nichts mehr passieren! Das finde ich nicht fair, denn die Antwort liegt ja nun öffentlich vor, die können
Sie nachlesen. Es ist eine zumindest nicht ganz so präzise Aussage Ihrerseits gewesen.
Wir haben lange darum gerungen, nicht nur Herr Liess, nicht nur ich und nicht nur das Wirtschaftsressort, wie wir damit umgehen sollen. Wir haben festgestellt: An ein paar Punkten kann man tatsächlich Einsparungen vornehmen, ohne dass es wehtut, denn erstens glauben wir, dass die Start-Messe sowieso neu aufgestellt und neu diskutiert werden muss.
Zweitens – und da bin ich auch wirtschaftspolitisch durchaus geneigt, dem zuzustimmen – ist diese Meisterprämie abzuschaffen, weil ich in diesem Haus schon öfter gesagt habe, dass ich für den Meisterzwang ohnehin nicht unbedingt zu haben bin, weil ich glaube, dass das ein Marktzugangshemmnis ist. Ich weiß nicht, ob ich das mit den Sozialdemokraten gleich sehe, es ist jedenfalls meine Position an der Stelle. Da kann man durchaus Gelder einsparen, ohne dass es deutlich wehtut.
Dann kommt der Punkt, den ich dazu noch erwähnen muss. Das Ressort hat durchaus in Absprache mit den B.E.G.IN-Mitarbeitern diese Maßnahmen beraten und auch einvernehmlich beraten. Tun Sie also nicht so, Frau Winther, als würde man den Stab über diese Initiative B.E.G.IN brechen!
Ganz im Gegenteil, wir werden, und da teile ich die Auffassung von Herrn Liess, sehr sorgfältig darauf achten, wie sich das künftig entwickeln wird. Ich bin auch fest davon überzeugt, dass wir im Zweifel schauen, dass wir an der Stellenschraube noch einmal nachjustieren müssen. Wie gesagt, wirtschaftspolitisch finde ich das bedauerlich, aus meinem Bedauern will ich an dieser Stelle auch überhaupt keinen Hehl machen. Ich sehe aber die Sachzwänge des Bremer Haushalts, und ich sehe vor allen Dingen auch, und ich finde das Argument auch immer extrem bedauerlich, dass gesagt wird, der Wirtschaft wird zu viel Geld weggenommen. Es gibt eine gesamtstaatliche Verantwortung in diesem Bundesland. Das heißt, wir müssen auch in anderen Bereichen schauen, dass wir mit wenig Geld vernünftige Sozialpolitik, vernünftige Bildungspolitik, vernünftige Politik im Gesundheitsweisen hinbekommen, und das ist schwer genug.
Ich sage Ihnen: Wenn man die gesamtstaatliche Verantwortung ernst nimmt, dann muss man auch in diesen Bereichen möglicherweise ein kleines bisschen kürzer treten. Das Projekt B.E.G.IN ist aus meiner Sicht jedenfalls in seiner Existenz überhaupt nicht bedroht oder gefährdet, sondern wir werden das erfolgreich weiterführen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich eigentlich nur noch einmal gemeldet, weil ich sowohl die Kritik der FDP als auch die der LINKEN an B.E.G.IN nun überhaupt nicht mehr verstehe, überhaupt nicht mehr! Wenn denn Arbeitsplätze von Unternehmerinnen und Unternehmern geschaffen werden, was ist eigentlich schlecht daran? Ist eigentlich nur der ein guter Arbeitnehmer, der sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist, oder sind das keine Arbeitsplätze, die wichtig wären, wenn ein Unternehmer in seinem eigenen Betrieb arbeitet, vielleicht als Einziger, vielleicht zu zweit, zu dritt, zu viert?
Um es ganz deutlich zu sagen: Ich finde, dass man diejenigen fördern muss, die eine gute Geschäftsidee haben, von der man absehen kann, dass sie marktwirtschaftlich sinnvoll ist, dass sie sich am Markt behaupten kann. Dass man diese Menschen fördert, davon bin ich richtig überzeugt, dass das richtig ist! Um es an dieser Stelle ganz deutlich auch der FDP ins Stammbuch zu schreiben,
es ist extrem wichtig, wenn wir uns den Bereich Kulturwirtschaft anschauen, um zu sehen, was da in der Existenzgründung für Potenziale liegen, wenn wir uns das Netzwerk B.E.G.IN anschauen – ich will da gar nicht alle aufzählen, aber eben auch belladonna in der Frage Frauenförderung und Unternehmensgründung. Das ist alles richtig, gut und wertvoll. Da sind wir uns auch sehr einig, Frau Winther, ich glaube, inhaltlich haben wir da überhaupt keinen Dissens, auch mit den Sozialdemokraten nicht. Die Frage ist: Wie viel Mittel bekommen wir zusammen, um diesen Bereich vernünftig zu fördern? Ich habe mein Bedauern, was die Sparmaßnahmen betrifft, zum Ausdruck gebracht. Manchmal tut regieren in der Tat auch weh. – Danke!
In der Tat ist es so, dass es nicht egal ist, ob jemand einen versicherungspflichtigen Job hat, in dem er regelmäßig Urlaub hat, einigermaßen bezahlt wird, eine geregelte Arbeitszeit hat, oder ob sich Menschen aus der Not heraus auf eine Weise persönlich ausbeuten, mit dem Geld gerade eben so überleben können, aber eben keinen Urlaub und keine geregelte Arbeitszeit haben. Das sage ich nicht aus irgendeinem Lehrbuch, das weiß ich aus meinem unmittelbaren Umfeld. Vielleicht wissen Sie, dass ich freiberuflicher Ingenieur bin. Ich weiß eben, dass in diesem Bereich eine Menge Leute versuchen, sich selbstständig zu machen. Der Preis, den viele dafür zahlen, ist erstens, dass sie sich möglicherweise zu hoch verschulden – da kann B.E.G.IN eingreifen und möglicherweise sagen: Mach das nicht! –, zweitens, dass sie aber ein eigenes Geschäftsmodell haben, das darauf aufgebaut ist, dass sie sich selbst ausbeuten.
Meine Bitte war nur, dass man schaut, wenn man diese Form von Begleitung und Existenzgründung fördert, was am Ende dabei herauskommt. Da reicht es nicht aus, einfach nur zu sagen, es sind 23 000 Arbeitsplätze. Ich habe nur eine qualifiziertere Antwort gefordert, um dann möglicherweise auch anders steuernd eingreifen zu können, um möglicherweise eine bessere Begründung zu haben, in diesen Bereich noch einmal 200 000 oder 400 000 Euro zu investieren, damit die Arbeit geändert wird. Ich habe nur gesagt, dieser Bericht ist keine Grundlage für eine enorme Kritik an dieser Geschichte, aber er ist auch keine Grundlage für Jubelschreie. – Danke!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich am Anfang ein paar ganz persönliche Worte sagen. Die Arbeit in dem Untersuchungsausschuss hat mich damals sehr betroffen gemacht, hat meinen Blick auf das, was man Sozialpolitik nennt, deutlich und auch nachhaltig geändert. Ich habe seitdem den Satz einer Zeugenaussage immer wieder im Kopf, der besagt, der kleine Kevin hatte keinen Muskeltonus, war entwicklungsverzögert und weinte ohne Tränen. Das macht ein bisschen deutlich, womit man es in diesem Fall konkret zu tun hatte. Es ging nämlich um die kleine Person, den kleinen Menschen Kevin, es geht nicht um politischen Klamauk. Dieser kleine Kevin ist zu Tode gekommen, obwohl er unter Amtsvormundschaft stand. Amtsvormundschaft bedeutet, an Eltern statt übernimmt der Staat die Verantwortung für das Kind, und dieser Verantwortung ist der Staat nicht gerecht geworden. Deshalb war es richtig, seinerzeit einen Untersuchungsausschuss einzurichten. Deshalb war es richtig, die ganzen Stationen des Lebens dieser kleinen Person nachzuvollziehen.
Senator Mäurer war der erste, der den Bericht erstattet hat, relativ schnell, relativ zügig, und schon in dem Bericht konnte man mit Schrecken feststellen, wie wenig die einzelnen Teile ineinander griffen, wie wenig es funktioniert hat, dass zum Beispiel ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
der Casemanager mit den Krankenhäusern, mit den Ärzten, mit allen zuständigen Hilfsinstanzen zusammengearbeitet hat. Der Casemanager ganz persönlich, aus meiner Sicht ist es vielleicht dramatisch, hat im Grunde die Kommunikationskette komplett zerstört und durchbrochen. Eigentlich konnte man sich im Nachhinein an jeder Stelle des Lebens des kleinen Kevin fragen, warum an dieser Stelle eigentlich niemand eingegriffen hat. Es ist mir beim Lesen des ersten Berichts von Herrn Senator Mäurer schon so gegangen, dass ich ratlos davorstand und gefragt habe: Wieso nicht?
Es gab einen Ärztebericht der Klinik, darin stand, sechs Knochenbrüche, darin stand, dass der Junge vermutlich misshandelt wurde. Das war klar, es war bekannt, und trotzdem ist dieser kleine Junge seinem Ziehvater zurückgegeben worden. Das sind erschreckende Dinge gewesen. Wir haben durch die ganze Zeit des Untersuchungsausschusses – das will ich an dieser Stelle hier auch noch einmal sagen – der Versuchung widerstanden, parteipolitische Profilierung auf Kosten dieses Kindes zu betreiben. Wir haben versucht, ganz ernsthaft, sachlich und auch aufklärungsorientiert herauszufinden, wo die Fehler lagen. Ich rate uns allen hier im Haus, an dieser Linie festzuhalten.