Protocol of the Session on April 30, 2009

Ich eröffne die 43. Sitzung der Bürgerschaft (Landtag).

Ich begrüße die hier anwesenden Damen und Herren sowie die Zuhörer und die Vertreter der Presse.

Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich zwei neunte Gymnasialklassen der Wilhelm-RaabeSchule aus Bremerhaven, zwei Klassen des Schulzentrums an der Grenzstraße und eine Gruppe Jugendlicher, die an dem Jugendprojekt „10 unter 25“ der SPD Bremerhaven teilnehmen. Seien Sie ganz herzlich willkommen!

(Beifall)

Meine Damen und Herren, wir haben vier Tagesordnungspunkte, die heute zur Debatte stehen. Wir könnten es schaffen, dass wir diese bei Anstrengung bis zur Mittagspause abarbeiten könnten, sodass wir nicht den ganzen Tag in Anspruch nehmen müssten. Es liegt also jetzt an Ihnen.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Fehlende Gewerbeflächen für Windkraftunternehmen in Bremerhaven

Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 17. Februar 2009 (Drucksache 17/696)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 14. April 2009

(Drucksache 17/749)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Nagel.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Ich gehe davon aus, Herr Senator Nagel, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU nicht mündlich wiederholen möchten, sodass wir gleich in die Aussprache eintreten können und wollen.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bödeker.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Anfrage lautet „Fehlende Gewerbeflächen für Windkraftunternehmen in Bremerhaven“, und ich bedanke mich zunächst einmal für die umfangreiche Antwort des Senats, die allerdings, lieber Senator Nagel, auch einige Lücken hat!

Ich denke einmal, die Entscheidung vom 11. Februar 2003, Offshore-Windenergie in Bremerhaven zu einem Schwerpunktthema zu machen, ist die richtige Entscheidung gewesen. Ich glaube, wer die Entwicklung in Bremerhaven verfolgt, wird sehen, dass wir eine positive Entwicklung haben, aber wir haben auch Rückschläge erlitten, und dementsprechend hat die CDU große Sorgen, dass wir hier vielleicht zu langsam handeln, dass die Frage von Gewerbeflächen in diesem Bereich eine ist, die wir schneller nach vorn bringen müssen.

Wir haben zwei Problempunkte gehabt. Das eine ist die Frage der Ansiedlung von Züblin. Meine Damen und Herren, wer die Antwort liest und auch die Stellungnahme, die der Magistrat dem Senat gegeben hat, weiß, dass wir hier nicht handeln konnten, und ich denke, man muss in einer solchen Diskussion fair bleiben. Wir haben hier ganz klar nicht das bieten können, was Züblin haben wollte, nämlich den direkten schleusenfreien Zugang zu seeschifftiefem Wasser.

Bei der Firma AMBAU sieht die Frage natürlich anders aus, und ich bin überzeugt davon, und wir haben uns mit dem Thema auch ausführlich befasst, dass hier die Chance bestanden hätte, trotzdem diese Ansiedlung nach vorn zu bringen. Ich komme in meinem zweiten Beitrag auch noch einmal darauf zurück, wie wir schneller Gewerbeflächen erhalten können.

Meine Damen und Herren, der Senat antwortet bei der Frage von AMBAU, dass hier Verträge bis 2009 erfüllt werden sollten, aber ich denke auch, in Verhandlungen hätte man erreichen können, dass auch hier gestreckt worden wäre. Ich glaube, die Entscheidung von AMBAU ist ein großer Verlust für uns.

Etwas, das ganz erfreulich ist – das haben wir ja gestern zur Kenntnis genommen, und wir werden es im Mai diskutieren –, ist der Staatsvertrag zur Luneplate. Ich glaube, hier sind wir auf einem richtigen Weg, aber auch hier müssen wir natürlich in die Zukunft blicken und schnellstmöglich handeln.

Merkwürdig ist, dass wir ja nicht nur Züblin und AMBAU verloren haben, sondern der Senat antwortet, und ich zitiere: „So hat sich im vergangenen Jahr mit der Firma WeserWind ein weiteres zentrales Unternehmen der Branche für Bremerhaven als Produktionsstandort entschieden.“ So weit, so gut! Ich habe mir einmal heraussuchen lassen, was der Magistrat antwortet, denn hier ist, lieber Herr Senator, vergessen worden, dass nämlich die BARD Engineering GmbH auch ein konkretes Angebot abgegeben hat und dieses eben wegen der WeserWind GmbH nicht angenommen werden konnte. Das bedeutet in diesem Fall, dass wir 300 Mitarbeiter verlieren, die jetzt als Betriebsansiedlung in Cuxhaven angesiedelt werden. Die gleiche Diskussion haben wir mit einer Firma aus Schottland und Norwegen, die einen Standort such

te, den wir nicht vorhalten konnten, somit wandern 120 Arbeitsplätze nach Brake ab.

Ich glaube, auch die Diskussion über die Frage von Wirtschaftsförderung wird unterschiedlich geführt. In der Senatsvorlage ist da eigentlich alles in Ordnung, und der Magistrat sagt, dass natürlich auch Gespräche wegen der Neuordnung der Wirtschaftsförderung nicht durchgeführt werden konnten. Die Wirtschaftsförderung konnte nicht durchgeführt werden. Insofern denke ich, meine Damen und Herren, dass auch das, was wir als Christdemokraten in diesem Haus und in der Wirtschaftsdeputation immer bemängeln, die Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung, ein falscher Punkt gewesen ist, und auch da müssen wir uns in den nächsten Jahren wieder verändern.

Insofern, meine Damen und Herren, sehen Sie, dass es große Schwierigkeiten gibt, und jetzt hat es eine Diskussion gegeben, die nach meinem Dafürhalten ausgesprochen ärgerlich war. Wir hatten die Verhandlungen zum Staatsvertrag, und da muss man sagen, da ist ordentlich verhandelt worden, es ist ein ordentliches Ergebnis herausgekommen. Sehr geehrter Herr Senator, im Mai werden wir ja sehen, was in den Zusatzbriefen steht. Ich hoffe nicht, dass wir uns da einschränken, sondern dass der Text des Staatsvertrags gilt, dass die Luneplate für Windenergieunternehmen genutzt werden kann und wir nicht die Zustimmung Cuxhavens brauchen, denn das ist nicht unbedingt hilfreich, insbesondere wenn wir in diesem Bereich im Wettbewerb stehen.

Ich glaube, meine Damen und Herren, wir haben in Bremerhaven, und da muss man auch den Oberbürgermeister kritisieren, eine falsche Öffentlichkeitsarbeit gemacht. Es war ausgesprochen ärgerlich, mitten in den Verhandlungen zum Staatsvertrag, mitten in den Einsprüchen von Cuxhaven plötzlich zu erklären, der Flugplatz Luneort kann auch für Windenergieunternehmen zur Verfügung gestellt und gleichzeitig als Trasse für einen Weserhafen genutzt werden. Das Problem ist, dass die Frage eines Weserhafens technisch noch überhaupt nicht geklärt ist, weder die Frage von FFH haben wir in diesem Hause gemeinschaftlich verabschiedet noch die Frage, im Weserknick überhaupt einen Hafen zu bauen. Natürlich hat man als Abgeordneter sofort nachgefragt, zum Beispiel bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion, und die haben ganz erfreut zur Kenntnis gegeben, dass sie das auch interessiert in der Zeitung gelesen haben. Meine Damen und Herren, so geht das nicht!

Jeder Mensch wird alles daran setzen, Betriebsansiedlungen in diesem Bereich durchzuführen, aber es muss im Vorfeld vernünftig vorbereitet sein, und das ist hier eben nicht der Fall gewesen. Es ist schon erschreckend, wenn wir Unternehmen ansiedeln im Bereich des Flughafens Luneort und wenn die Unternehmen in diesem Bereich aus der Zeitung erfahren, dass sie vielleicht ihre Unternehmensstandorte verlieren, und wenn dann die Wirtschaftsförderungs

gesellschaft zu diesen Unternehmen geht und mit ihnen schon anfängt zu verhandeln, ob man nicht auch nach Nordholz gehen könnte. Wir wissen alle, dass der Flugplatz Nordholz unserer Freunde aus dem Landkreis nicht unbedingt so funktionsfähig ist wie der unsrige.

Ich denke einmal, bevor man Öffentlichkeitsarbeit macht, muss erst einmal alles an Machbarem geklärt sein, sonst kann das nicht funktionieren. Wir haben hier eine falsche Strategie verfolgt, insbesondere wenn man dann in der einen Gesellschaft, der Flugplatzbetriebsgesellschaft – da bin ich auch noch im Aufsichtsrat –, dem Geschäftsführer das Wort verbietet, während die Wirtschaftsförderer sich immer noch öffentlich äußern. Das ist natürlich ein Thema, das nicht so erfreulich ist.

Wir erkennen an dieser Anfrage, dass wir unbedingt Gewerbeflächen brauchen. Wenn ich dann in der Vorlage des Senats vom 17. März lese, dass, wenn dann der Staatsvertrag in Kraft gesetzt wird – und das wird jetzt ja schnellstmöglich umgesetzt – wir in den Jahren 2010/2011 für 7,5 Millionen Euro Erschließungsstraßen in dieses Gebiet bauen wollen, ist das natürlich zu wenig.

Ich glaube, wir müssen schnellstmöglich zusammenkommen in der Wirtschafts- und Hafendeputation und im Hafenausschuss, um hier das Machbare zu sehen, um Ergebnisse zu bekommen, um auf der Luneplate auch Betriebe schnellstmöglich anzusiedeln, dass wir eben nicht noch mehr Abwanderungen als jetzt schon haben.

(Beifall bei der CDU – Glocke)

Herr Kollege, Ihr Engagement in allen Ehren, aber die Redezeit ist weit überschritten!

Herr Präsident, dann komme ich zum Schluss!

Für uns ist ganz wichtig, dass die Luneplate schnellstmöglich, wenn der Staatsvertrag in Kraft gesetzt worden ist, erschlossen wird, dass wir schnellstmöglich die Gelegenheit bekommen, dort weitere Betriebe für Offshore-Windenergie anzusiedeln. – Herzlichen Dank! (Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Günthner.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Wir haben eben den etwas krampfhaften Versuch erlebt, die Erfolgsgeschichte Windenergie in Bremerhaven zu zerreden.

(Beifall bei der SPD) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. (A) (C)

Ich erinnere mich an viele Debatten in diesem Haus, die wir in den vergangenen Jahren geführt haben, wo wir eigentlich nur von Hoffnung gesprochen haben, davon gesprochen haben, dass wir in diesem boomenden Markt der Windenergie ein Standbein bekommen müssen, dass wir schauen müssen, wie wir es schaffen können, irgendetwas zu erreichen.

Wenn man jetzt auf die letzten fünf Jahre zurückblickt und sich vor Augen führt, dass wir im Fischereihafen keine freien Gewerbeflächen mehr für Windenergieunternehmen haben, dass wir im Bereich des Grauwallrings Teststandorte angesiedelt haben, den Windkanal angesiedelt haben, dass wir mit der letzten Entscheidung, das Fraunhofer-Institut zur Windenergieforschung anzusiedeln, einen weiteren wichtigen Schritt gemacht haben, dann zeigt das, wie hervorragend wir inzwischen in diesem Bereich aufgestellt sind und auf welche Erfolgsgeschichte im Bereich der Windenergie wir zurückschauen können. Insofern kann ich Sie nur auffordern, Herr Kollege Bödeker von der CDU, reden Sie diese Entwicklung nicht schlecht, sondern stehen Sie zu dieser Entwicklung!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Bremerhaven ist auf dem besten Weg, sich mit den Schritten, die unternommen worden sind, zur Stadt der Windenergie an der deutschen Küste zu entwickeln.

Da Sie als konkreten Anlass – und da, finde ich, ist es äußerst fair gewesen, dass Sie wenigstens für Züblin zugestanden haben, dass daran nicht die rotgrüne Koalition Schuld war, dass sie nicht nach Bremerhaven gekommen sind – angesprochen haben, dass es im Wettbewerb um Unternehmen zwischen verschiedenen Standorten, den wir in allen Branchen erleben, durchaus immer wieder einmal dazu kommen kann, dass sich das eine oder andere Unternehmen, aus welchen Gründen auch immer, dafür entscheidet, nicht an den Standort Bremerhaven oder nicht an den Standort Bremen zu kommen: Das hat auch etwas mit der Marktentwicklung und den Marktbedingungen zu tun! Das immer jemandem politisch zuspielen zu wollen, finde ich an der Stelle fadenscheinig; das ist jedenfalls nicht das, was nach unserer Auffassung seriöse Politik ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Sie haben ausgiebig den Magistrat zitiert und als Kronzeugen gegen die Senatspolitik ins Feld geführt, und auf der anderen Seite haben Sie dann den Magistrat dafür kritisiert, dass er das gemacht hat, was in der Situation notwendig war, nämlich ohne Denkverbote zu prüfen, in welchen Bereichen der Stadt Bremerhaven es weitere Möglichkeiten gibt, Unter

nehmen anzusiedeln. Dazu gehört natürlich die Luneplate, dazu kann aber auch der Regionalflughafen gehören, weil wir dort eine vorhandene Infrastruktur haben; das wird im Moment geprüft. Da gilt das Gleiche, was auch für Unternehmensansiedlungen gilt. Ich weiß nicht, ob es gut ist, wenn wir unter dem Stichwort Züblin, unter dem Stichwort AMBAU, unter weiteren Stichworten hier in diesem Haus öffentlich über Unternehmen diskutieren, die sich am Standort Bremerhaven ansiedeln könnten oder hätten ansiedeln können, sondern ich glaube, dass es wichtig ist, dass die Wirtschaftsförderer, dass der Senator, der Oberbürgermeister in Bremerhaven mit der nötigen Seriosität diese Themen angehen, diese Themen abarbeiten, und das wird zurzeit im Bereich der Frage, wie man Bremerhaven weiterentwickeln kann, getan. Ich finde, das ist ein richtiger Weg.

Ich habe im Hafenausschuss den Eindruck gehabt, dass Sie den Planungen für einen Weserhafen noch eher positiv gegenüber gestanden haben. Nun weiß ich aber auch, dass sich das bei Ihnen durchaus sozusagen nach Tagesform einmal ändern kann, dass Sie dann auf einmal anderer Auffassung sind. Ich sage Ihnen meine Auffassung dazu: Wenn wir einen privaten Investor haben – und den haben wir! –, der bereit ist, an diesem Standort für den Bereich OffshoreWindenergie mit den entsprechenden Unternehmen, die dahinter angesiedelt werden können, etwas zu machen, dann, sage ich Ihnen, wird er große Unterstützung der SPD dafür bekommen, weil das ein weiterer wichtiger Schritt ist, um Bremerhaven im Bereich der Windenergie weiterzuentwickeln.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage Ihnen, schauen Sie sich das im Bereich der Ölindustrie an. Fahren Sie einmal nach Norwegen, schauen Sie sich einmal an, wie dort die Basishäfen für die Wartung der Ölplattformen auf See aussehen! Das sind Boomzonen! Bei der Frage – erstens Luneplateentwicklung, parallel dazu die Frage, wie geht man mit dem Regionalflughafen um – geht es nicht nur darum, ob Bremerhaven ein herausragender Produktionsstandort für den Bereich der OffshoreWindenergie mit entsprechenden Forschungseinrichtungen, die natürlich auch eine Magnetwirkung auf den Standort haben, ist, sondern es geht vor allem auch um die Frage, ob wir es schaffen, Basishafen für die Wartung der Offshore-Windparks auf hoher See zu werden.

Das ist eine Frage, die sozusagen die Zukunftsfrage für den Standort Bremerhaven ist. So schön es auch ist, Produktions- und Forschungsstandort zu sein, entscheidend – und gerade für die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt – wird es sein, ob wir es schaffen, Wartungsstandort zu werden. Dafür ist die Frage, wie man mit einem Hafen am seeschifftiefen Wasser für die riesigen Plattformen, die im Bereich der Windenergie genutzt werden, umgeht, die durch die Schleusen