Hans-Ulrich Rülke

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Last Statements

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der vergangenen Woche hat eine erstaunte Öffentlichkeit zur Kenntnis nehmen müs sen, dass der Umweltminister bei einer privaten Autofahrt – so, wie er hinterher gesagt hat –, weil er es eilig hatte, mit Tempo 177 – abzüglich Toleranz, also wahrscheinlich Tacho 190 – bei einem Tempolimit von 120 km/h erwischt wurde. Da stellt sich die Frage, ob es für den Umweltminister persön lich und vielleicht auch für die umweltpolitische Agenda der Landesregierung so etwas wie einen Paradigmenwechsel gibt. „Bleifuß statt Dekarbonisierung“, das ist möglicherweise das neue Schlagwort.
Das kann man unterschiedlich bewerten. Ich nehme jetzt mal die Bewertung des Ministerpräsidenten, der dazu gesagt hat – Zitat –:
Persönliches Fehlverhalten ist natürlich nicht hilfreich.
Noch ein zweites Zitat – wahrscheinlich auch ein guter Satz –:
Auch Menschen mit Charakterfehlern haben schon groß artige Politik gemacht.
Also, Herr Ministerpräsident, so hart hätte ich es jetzt nicht formuliert gegenüber dem Umweltminister, aber es sei Ihnen unbenommen.
Es stellt sich aber schon die Frage nach der persönlichen und auch der politischen Glaubwürdigkeit des Umweltministers und dieser Landesregierung. Insbesondere der Verkehrsminis ter – es freut mich, dass er jetzt da ist – ist ja in einem ähnli chen Fall schon mal an die Öffentlichkeit getreten. Als ein Verkehrsminister des Landes Nordrhein-Westfalen namens Wittke 56 km/h zu schnell war,...
... hat der heutige baden-württembergische Verkehrsminister erklärt: „Das ist ein Verkehrsrowdy, der muss zurücktreten.“ Und der Umwelt minister des Landes Baden-Württemberg fährt 57 km/h zu schnell, aber dazu verweigert der Verkehrsminister des Lan des Baden-Württemberg seinen Kommentar. Es hätte uns schon interessiert, wie Sie, Herr Hermann, das bewerten, ob Sie da auch den Rücktritt fordern oder ob er das nach Ihrer Ansicht darf, weil er ein Grüner ist. Vielleicht erfahren wir das ja am heutigen Tag.
Herr Hermann, Sie führen ja auch einen drastischen Kampf für die Verschärfung der Strafen für Raser. Da würde uns in teressieren, welche Strafe Sie denn an dieser Stelle für den Umweltminister Untersteller fordern würden.
Sie selbst, Herr Untersteller, haben erklärt, das Ganze sei Ih nen nachzusehen, weil Sie ja nicht mit erhobenem Zeigefin ger unterwegs wären. Na ja, ich habe ein schönes Zitat von Ihnen gefunden:
Der geringere Verbrauch leichterer Fahrzeuge mit klei neren Motoren ist der entscheidende Vorteil eines Tempo limits für den Klimaschutz.
Herr Untersteller, mit was für einem leichten Fahrzeug waren Sie denn da unterwegs? Wie klein war denn der Motor? Vor allem: Wie sieht es denn mit dem Klimaschutz aus, wenn Sie privat Auto fahren? Das würde uns schon interessieren. Je denfalls scheint das ein klassischer Fall von grüner Doppel moral zu sein.
Es gibt noch andere Beispiele. Sie versprechen immer mehr Tierschutz. Im letzten Monat hat Kollege Salomon das Hohe lied auf BioNTech und CureVac gesungen. Wie sieht es denn aus mit der Rolle der Tierversuche bei der Entwicklung von Impfstoffen? Das würde uns schon interessieren.
Oder Herr Kollege Sckerl: Die öffentliche Anhörung zu Poli zeigesetzen sei „keine Alibiveranstaltung“. Trotzdem werden alle Polizeigesetze des Innenministers ungestreift durchge winkt.
Dann haben Sie erklärt, Sie seien für direkte Demokratie. Wie sieht es denn aus mit Bürgerbegehren auf Kreisebene?
Vor allem, Herr Ministerpräsident, werden Sie ja nicht müde, zu betonen, welch harmonische Koalition Sie führen. Es gibt keinen Streit in dieser Koalition – wenn man Sie hört. Ich will nur einmal daran erinnern, wie das vorgestern war, als bei der Regierungspressekonferenz die Wirtschaftsministerin auf den Sozialminister getroffen ist. Gab es da keinen Streit, Herr Mi nisterpräsident, oder mussten Sie am Ende ein Machtwort sprechen?
Oder wie sieht es aus mit den Weihnachtsferien – wenn sich der Ministerpräsident darüber mit der Kultusministerin aus einandersetzt? Wie sieht es aus mit dem Tempolimit auf der A 81, mit Fahrverboten in Stuttgart, dem Streit um Lang-Lkws und den Tesla-Standort, mit Ganztagsschulen und der Grund schulempfehlung, mit Frauenförderung im Wahlrecht – wo bei dann keine Wahlrechtsänderung zustande kommt –, mit Drogenkonsumräumen und der Pflegekammer?
Streit und Wider sprüche in dieser Koalition, wohin man blickt.
Insofern, Herr Kol lege Reinhart, ist es ja auch nicht verwunderlich, dass sich die Grünen in der vergangenen Woche am Ende ehrlich gemacht und gesagt haben, die CDU sei ein „Klotz am Bein“. Wie, Herr Reinhart, fühlt man sich so als Klotz? Das würde uns am heutigen Tag schon interessieren.
Das Fazit dieser „harmonischen“ Koalition ist also offensicht lich, dass es sich um eine Zwangsehe handelt. Wir hoffen sehr, dass die Wählerinnen und Wähler am 14. März ein Einsehen haben und das Land von dieser Zwangsehe erlösen werden.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Untersteller, Sie haben zu Ihrem Fehler gestanden, Sie haben sich für Ih ren Fehler entschuldigt, Sie übernehmen für Ihren Fehler die Verantwortung. Das respektieren wir.
Sie haben die Frage gestellt, welche Erwartung man an einen Politiker hat, der auch Mensch ist. Aus meiner Sicht kann ich die Frage gern beantworten. Natürlich kann man Fehler ma chen, und Sie haben recht, wenn Sie für sich in Anspruch neh men, dass nicht für jeden Fehler – vielleicht auch nicht für ei nen solchen Fehler – ein Rücktritt fällig ist.
Aber was ich mir schon gewünscht hätte, wäre die politische Vergleichbarkeit von Handlungen. Faktum ist, dass damals der nordrhein-westfälische Verkehrsminister am Ende zurück getreten ist. Wer sich an vorderster Front an der Treibjagd be teiligt hatte, war Ihr Kollege Hermann. Wir haben kein Wort dazu gehört, wie es denn zusammenpasst, dass Herr Hermann damals
den Rücktritt eines Verkehrsrowdys gefordert hat, aber zu die sem Fall schweigt.
Das ist genau das Glaubwürdigkeitsdefizit, das wir an dieser Stelle angesprochen haben. Es geht gar nicht so sehr um die sen Fehler, sondern es geht darum, dass man nicht in einem vergleichbaren Fall einen Rücktritt fordern kann und dann, wenn es einem selbst passiert, sich hier hinstellen und sagen kann: „Das ist gar keine Aktuelle Debatte wert.“
Das ist genau die Heuchelei, die zum Glaubwürdigkeitsdefi zit führt.
Herr Kollege Reinhart, Sie haben die Einheit und die Erfolge dieser Koalition beschworen. Ich will darauf hinweisen: Die se Aktuelle Debatte war keine, die sich ausschließlich mit der Verfehlung des Ministers Untersteller befasst hat, sondern wir
haben diesen Fall zum Anlass genommen, über offene Streit fragen dieser Koalition zu reden: den Streit vorgestern zwi schen der Wirtschaftsministerin und dem Sozialminister, den Streit zwischen dem Ministerpräsidenten und der Kultusmi nisterin, die offenen Streitfragen um das Wahlrecht. Ich will aber nicht alles wiederholen, was ich in meinem ersten Wort beitrag genannt habe.
Darauf sind Sie natürlich wohlweislich nicht eingegangen, Herr Kollege Reinhart.
Aber auch ich räume ein: In einer Woche ist Weihnachten. In sofern will ich Ihnen dies anlässlich des bevorstehenden Fes tes nachsehen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, wir sind dankbar dafür, dass der Landtag von Baden-Württemberg am heutigen Tag die Gelegenheit hat, über die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz zu debattieren und sich im We ge der Abstimmung über Entschließungsanträge dazu zu po sitionieren. Wir hätten uns aber gewünscht, dass eine solche Debatte auch über die am Freitag verhängten Ausgangsbe schränkungen möglich gewesen wäre; denn das sind massive Eingriffe in die Grundrechte von Menschen. Vor diesem Hin tergrund wäre es sinnvoll gewesen, wenn man am Donners tag den Entschluss gefasst hätte, auch für Freitag eine Son dersitzung des Landtags von Baden-Württemberg einzuberu fen.
Was die Lage anbelangt, sehen wir sehr deutlich, dass die Pan demie, die Zahl der positiv Getesteten, die Zahl der sympto matisch Erkrankten und zunehmend leider auch die Zahl der jenigen, die mit schweren Verläufen die Krankenhäuser bele gen, im Land eine Dimension angenommen haben, die es not wendig macht, zu reagieren. Vor diesem Hintergrund sage ich in aller Deutlichkeit: Die FDP/DVP-Landtagsfraktion ist mit Ihnen der Meinung, dass es notwendig ist, Maßnahmen zu er greifen.
Wir sind allerdings nicht in der Lage, den Entschließungsan trag der Regierungsfraktionen in der vorliegenden Form zu beschließen. Dieser Antrag beinhaltet schon das eine oder an dere, was wir mittragen. Das gilt beispielsweise für Ziffer 4 oder auch für Ziffer 5 auf Seite 2, wobei wir erfreut feststel
len, dass Sie sich langsam, aber sicher von Ihrer reinen Con tainment-Strategie abwenden und sich einer Protektionsstra tegie zuwenden. Den effektiven Schutz von Risikogruppen weiter zu verstärken, ist nämlich genau dies.
Nicht zustimmen können wir aber Ziffer 1, in der die bisheri gen Maßnahmen quasi gelobt werden. Denn zu loben sind die bisherigen Maßnahmen nicht.
Der Kollege Reinhart hat in einer der vorangegangenen Land tagsdebatten den britischen Journalisten John Kampfner zu mindest sinngemäß zitiert. Dessen Buch mit dem Titel „Why the Germans Do it Better“ ist zu einem Bestseller geworden, weil man im Sommer tatsächlich der Auffassung gewesen ist, Deutschland mache es besser als viele andere Staaten. Ges tern hingegen, Herr Ministerpräsident, hat Ihr Partner im Klub der Umsichtigen, der bayerische Ministerpräsident Söder, es so formuliert – ich zitiere –:
Wenn wir nicht aufpassen, wird Deutschland schnell das Sorgenkind in ganz Europa.
Wenn ich im Sommer ein Buch mit dem Titel „Why the Ger mans Do it Better“ lese und mein offensichtlich engster Part ner dann wenige Monate später erklärt: „Wir sind auf dem Weg dahin, das Sorgenkind in Europa zu werden“, dann hat man offensichtlich einiges falsch gemacht. Dann wurde der Sommer offensichtlich eben doch verschlafen und hat man viele Maßnahmen nicht eingeleitet. Und dann hatte man bis vor wenigen Tagen offensichtlich auch eine falsche Strategie.
Das sind schon zwei zentrale Vorwürfe, die wir Ihnen nicht ersparen können.
Ebenso sind wir wie die SPD-Fraktion der Meinung – Herr Kollege Stoch, Sie haben ja auch einen Entschließungsantrag vorgelegt –, dass es nicht ausreicht, zu sagen: „Jetzt ist die Si tuation so, jetzt machen wir einen Lockdown“, ohne zu sagen, wie wir nach unserer Vorstellung aus dem Lockdown wieder herauskommen. Die Forderung nach einer solchen Wenndann-Strategie, Herr Kollege Stoch, ist schon richtig. Was wir allerdings bemängeln, ist, dass Sie sich in Ihrem Entschlie ßungsantrag allein auf die Inzidenz konzentrieren. Es gibt, wie schon mehrfach geäußert, auch noch andere Parameter, die wir gern ansetzen würden, um diese Pandemie zu beurteilen.
Am 15. Oktober – ich darf an die damalige Landtagsdebatte erinnern – habe ich Ihnen vorgehalten, Sie machten sich zum Sklaven einer Strategie, die im Grunde unweigerlich zu einem zweiten Lockdown führen wird. Genau dies ist eingetreten.
Aus der Landtagsdebatte vom 30. Oktober nur einige Stich worte, sowohl von mir als auch vom Kollegen Stoch: Symbol politik, Aktionismus, Schrotflintenpolitik. Das mit der Schrot flinte, Herr Ministerpräsident, haben Sie ja in der vergange nen Woche in einem Interview affirmiert, indem Sie gesagt haben: „Ja, wir waren mit der Schrotflinte unterwegs.“ Es mag für sich noch nicht verwerflich sein, wenn man sagt: „Wir ha ben keine Strategie und probieren es einmal.“ Das Schwieri ge aber ist, wenn eine solche Strategie möglicherweise kont raproduktiv wirkt. Ich darf zitieren, was ich am 30. Oktober im Landtag von Baden-Württemberg gesagt habe:
Wenn Sie den Menschen verbieten, sich an Orten zu tref fen, wo der Infektionsschutz gewährleistet ist, werden sie in andere Bereiche abgedrängt,... wo das nicht gewähr leistet ist.... Dann erreichen Sie eine Förderung des In fektionsgeschehens und keine Eindämmung.
Genau das ist möglicherweise passiert: Sie haben mit Ihrer bisherigen Strategie des sogenannten Wellenbrecher-Lock downs die Infektionszahlen eben nicht gesenkt, sondern Sie haben sie vermutlich gefördert, und deshalb sind wir in der jetzigen Situation, meine Damen und Herren.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass Sie jetzt plötzlich wieder den Oberbürgermeister von Tübingen an Ihren Busen drücken wollen.
Sowohl der Ministerpräsident als auch der Kollege Schwarz waren zu hören.
Nein, Frau Lösch, Ihnen unterstelle ich es nicht.
Aber vom Ministerpräsidenten und dem Kollegen Schwarz war am Wochenende zu hören: „Wir haben ihn jetzt wieder lieb, unser Borisle.“
So waren Sie zu verstehen. Denn er ist in Tübingen offensicht lich erfolgreicher als Sie gewesen –
wobei man schon zu Recht die Frage stellen kann: Schmückt er sich da mit fremden Federn? Haben nicht andere dieses Konzept federführend erarbeitet, und er vermarktet es nur am besten? Aber sei’s drum. Das, was Palmer und andere in Tü bingen entwickelt haben, ist eine Protektionsstrategie, und die se funktioniert offensichtlich besser als Ihre Eindämmungs strategie.
Ganz sicher nicht.
Ich darf an dieser Stelle den Oberbürgermeister von Tübingen zitieren:
Wir hätten jede Art von Lockdown mit moderner Kontakt verfolgung wie in Taiwan oder Südkorea und Schutz der Risikogruppen wie in Tübingen vermeiden können.
Protektion statt Eindämmung – es war falsch, was Sie gemacht haben. Offensichtlich leuchtet Ihnen das jetzt zunehmend ein, und deshalb wollen Sie ihn wieder ins Boot holen.
Der Ministerpräsident hat eingeräumt, dass der Sommer ver schlafen wurde. Er hat eingeräumt, dass Sie nicht mit dem ge rechnet haben, was passiert ist, indem er öffentlich geäußert hat:
Damit haben wir nicht gerechnet; das muss man schon ehrlicherweise sagen.
Insofern gehört zur Wahrheit auch, dass die Tatsache, dass wir in diese Lage gekommen sind, schon auch mit der Politik im Land Baden-Württemberg sowie mit falschen Entscheidun gen der Ministerpräsidentenkonferenz zu tun hat.
Dennoch gibt es bei den 16 Punkten, die die MPK am vergan genen Sonntag beschlossen hat, Punkte, die wir mittragen. Es ist richtig – Punkt 11 –, die Pflegeheime in den Blick zu neh men. Es ist richtig – Punkt 13 –, an die Bevölkerung zu ap pellieren, vernünftig zu sein, auf Reisen zu verzichten und sich auch über die Feiertage zu beschränken.
Was zu diffus ist, ist Punkt 14 im Zusammenhang damit, was Sie für die Wirtschaft vorhaben. Hier wird unscharf erklärt, wie die Folgen des erneuten Lockdowns abgemildert werden sollen. Und wen Sie einmal mehr nicht in den Blick nehmen, das sind die mittelbar Betroffenen. Ich höre, dass man sagt: „Na ja, wenn wir jetzt – vorgezogen – den Handel in den Weihnachts-Lockdown schicken und die Händler dann auf Waren sitzen bleiben, dann ersetzen wir ihnen den Verlust.“ Aber was ist mit den Zulieferern? Was ist mit denen, die für Silvester kalkuliert haben? Dies war schon einmal Gegenstand einer vorangegangenen Landtagsdebatte; aber einmal mehr schweigen Sie sich dazu aus.
Was wir ebenfalls nicht mittragen können, ist Punkt 7, bezo gen auf die Schulen. Denn diese Springprozession in der Bil dungspolitik ist – Kollege Stoch hat es ausgeführt – mittler weile schon mehr als problematisch.
Ich will nur ansprechen, was am heutigen Tag ein Lehrerver band der Kultusministerin ins Stammbuch geschrieben hat, nämlich dass sie immer bestimmte Forderungen als völlig ab wegig bezeichnet, um sie dann wenige Tage später überstürzt und zur Verwirrung des gesamten Bildungswesens zu über nehmen.
Nehmen wir das Frühjahr. Im Frühjahr hat ein Lehrerverband die Schließung der Schulen gefordert. Daraufhin hat die Kul tusministerin von diesem Pult aus erklärt, das sei eine völlig unverantwortliche Forderung. Zwei Tage später hat sie es um gesetzt. Hinsichtlich der Weihnachtsferien oder Weihnachts pause oder was auch immer – die Verwirrung ist ja groß – hat der Ministerpräsident zunächst erklärt: Diese beginnt in die sem Jahr zwei Tage früher. Die Kultusministerin hat gesagt, das trägt sie mit. Dann hat sie gewaltig die Muskeln spielen lassen und hat erzwungen, dass der Unterricht an diesen zwei Tagen doch stattfinden soll,
und jetzt ist übermorgen an den Schulen in Baden-Württem berg auf einmal Schluss.
Glauben Sie ernsthaft, mit einer solchen Politik könnte man im Land Baden-Württemberg Vertrauen in die politisch Han delnden und ins Bildungswesen gewinnen, meine Damen und
Herren? Das, was Sie hier machen, spottet jeder Beschrei bung.
Dann haben Sie, Herr Ministerpräsident, im Frühjahr erklärt, Sie geben eine Studie in Auftrag. Diese Studie soll die Frage beantworten, ob kleine Kinder in besonderem Maß Träger der Infektion sind. Daraufhin haben Sie diese Studie vorgestellt. Die Kultusministerin durfte sogar vorab die Öffentlichkeit in formieren – beim Impfstoff wäre das so eine Art Notfallzulas sung – und erklären: „Der Tenor dieser Studie ist, dass die kleinen Kinder ungefährlich sind. Deshalb machen wir die Kindergärten und die Schulen – zumindest die Grundschulen – wieder auf.“ Das haben Sie anschließend auch gemacht.
Wenn das aber so ist, Herr Ministerpräsident, warum schlie ßen Sie dann jetzt die Kindergärten und Grundschulen wie der? Das ist doch unlogisch. Sie haben hier im Landtag von Baden-Württemberg erklärt: „Wir machen das, was die Wis senschaft sagt.“ Das hat die Wissenschaft aber so nicht erklärt, Herr Ministerpräsident.
Was die älteren Schüler anlangt, da folgen wir Ihnen durch aus. Wir können durchaus nachvollziehen, Herr Ministerprä sident, dass es für die älteren Schülerinnen und Schüler, für die dieser Befund der vier Universitätskliniken in BadenWürttemberg nicht gilt, notwendig sein kann, Schulen zu schließen.
Und sicher ist es auch sinnvoll, einerseits für die jüngeren Schüler bis Klasse 7 und auch für jene, die keine Eltern ha ben, die in systemrelevanten Berufen tätig sind, die Notbe treuung vorzuhalten. Es ist sicher auch richtig, den Fernun terricht für die Abschlussklassen zu gewährleisten.
Wir stellen uns aber schon die Frage, warum für die Jahrgän ge dazwischen – Klasse 8 und folgende – quasi überhaupt kein Bildungsangebot mehr gewährleistet werden soll. Die Erklä rung kann ja nur eine sein: weil Sie es nämlich versäumt ha ben, die digitale Ausstattung der Schulen auf einen Stand zu bringen, von dem aus das möglich ist.
Es ist auch Teil Ihres Versagens, dass die Schüler der Klasse 8 und folgende jetzt in den Lockdown müssen, meine Damen und Herren. Auch das sind Versäumnisse dieser Landesregie rung.
Für die Unternehmen predigen wir immer wieder das Instru ment des Verlustrücktrags. Ich habe erfreulicherweise vor ei nigen Tagen andere Töne aus Ihrem Lager gehört. Im Be schluss findet sich das nicht. Wie schon erwähnt, sind die mit telbaren Branchen wieder einmal ausgeklammert.
Es ist nun offensichtlich leider so, dass dieser Lockdown un vermeidbar geworden ist. Aber es wird höchste Zeit, ihn zu nutzen, um endlich, was auch die SPD-Fraktion fordert, eine Strategie zu entwickeln. Entwickeln Sie endlich eine Strate gie. Sagen Sie uns endlich, was Sie im weiteren Verlauf der Pandemie vorhaben. Sagen Sie uns, wie Sie die Wirtschaft,
wie Sie das gesellschaftliche Leben nach diesem Lockdown wieder öffnen wollen und was die Kriterien sind.
Wenn Sie nun von Tübingen gelernt haben und wenn sich Tei le dieser Protektionsstrategie jetzt endlich auch in Ihren An trägen widerspiegeln, dann kann ich nur sagen: Machen Sie bitte weiter. FFP2-Masken in Altenheimen ebenso wie Luft filter und Schnelltests,
ein Ampelsystem im Sinne von Herrn Streeck – wir haben das schon mehrfach gefordert –, eine Weiterentwicklung der App sowie Luftfilter und FFP2-Masken in Schulen für die Lehre rinnen und Lehrer, aber auch für die Schülerinnen und Schü ler, das sind die Maßnahmen, die notwendig sind, um das In fektionsgeschehen dort zu begrenzen, wo Infektionen wirk lich vorkommen und wo Sie Infektionen wirklich bekämpfen können. Dies gilt auch für Altenheime, wo es vulnerable Grup pen gibt. Diese Strategie ist notwendig. Es ist zu wenig, zu sa gen: „An dieser Stelle brauchen wir einen Shutdown. Darü ber, wie wir aus diesem Shutdown wieder herauskommen, ha ben wir uns keine Gedanken gemacht; das erläutern wir euch vielleicht später.“ Das ist zu wenig für verantwortliche Poli tik in Baden-Württemberg.
Deshalb, Herr Ministerpräsident, Hohes Haus, wird sich die FDP/DVP-Fraktion bei der Abstimmung über den Entschlie ßungsantrag der Regierungsfraktionen enthalten.
Wir sind der Überzeugung, dass manches davon – ich habe es angesprochen – richtig ist, dass aber nicht alles richtig ist, bei spielsweise die Vorschläge zum Thema Bildung. Schon gar nicht ist es richtig, sich selbst auf die Schulter zu klopfen und zu loben, wie Sie es in Ziffer 1 für das angeblich bisher Ge leistete tun.
Deshalb haben wir im Sinne dessen, was ich an dieser Stelle gefordert habe, einen eigenen Entschließungsantrag vorgelegt, der das widerspiegelt, was ich in meiner Rede deutlich ge macht habe. Diesen Antrag werden Sie ablehnen, das ist Ihr gutes demokratisches Recht. Aber Sie können nicht sagen, wir machten keine Alternativvorschläge.
Da ich feststelle – es ist am Beispiel Tübingen auch offen sichtlich bewiesen –, dass Sie anfangen zu lernen, wollen wir auch die Hoffnung nicht aufgeben, dass Sie unseren Entschlie ßungsantrag, nachdem Sie ihn abgelehnt haben, dann viel leicht heimlich abends herausnehmen und beginnen, den Lock down, den sie leider in Ihrer Politik in die Wege geleitet ha ben, zu überwinden. Dann ist diese Debatte am heutigen Tag nicht umsonst gewesen.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch mich, Herr Minister präsident, hat die Aussage etwas verblüfft, als Sie gesagt ha ben: „Wir impfen alle durch, und dann ist die Pandemie be endet.“ Also, ich habe es bisher so verstanden, dass auch Sie nicht für eine Impfpflicht eintreten.
Wenn man nun sieht, dass etwa 30 % der Bevölkerung – nach Umfragen; Sie zitieren ja gern Umfragen – erklären, sich nicht impfen lassen zu wollen, dann ist eigentlich die logische Schlussfolgerung aus Ihrer Aussage, dass diese Pandemie nie endet.
Ja, gut, Kollege Mack erklärt es den 30 %, und dann lassen sich alle impfen.
Wenn das gelingt, dann ist es gut. Aber, Kollege Mack, ich habe selbst bei Ihnen gewisse Zweifel, dass die härtesten Impfgegner sich von Abg. Mack von der Ostalb dazu bewe gen lassen, sich impfen zu lassen. Also: Mit dieser Möglich keit muss man immerhin rechnen.
Wenn das so ist, dann reicht eben die Aussage nicht aus: „Wir impfen alle durch, und dann ist die Pandemie zu Ende“, son dern dann treffen wir uns möglicherweise an dem Punkt, an dem wir sagen: Wir werden an irgendeiner Stelle mit dem Vi rus leben müssen.
Natürlich wünschen wir uns, dass sich möglichst viele imp fen lassen. Sie haben ja gesagt, Sie wollen die Eindämmungs
strategie mit der Protektionsstrategie verbinden. Dann wird es weiter notwendig sein, vulnerable Gruppen, insbesondere auch in Alten- und Pflegeheimen, zu schützen. Aber irgend wann ist der Punkt erreicht, wo man sagt: Ja, jetzt sind hinrei chend viele geimpft, jetzt haben wir die vulnerablen Gruppen geschützt, und jetzt müssen wir mit einem gewissen Restrisi ko leben und dann die Gesellschaft, die Wirtschaft und die Schulen wieder öffnen.
Genau das ist der Punkt, bei dem Sie Antworten schuldig ge blieben sind, Herr Ministerpräsident. Sie haben gesagt: Da fahren wir halt auf Sicht, und wenn es am 10. Januar noch im mer einen Inzidenzwert von über 50 gibt, dann ändert sich gar nichts, und dann werden wir die Maßnahmen möglicherwei se sogar noch verschärfen. Also, ich glaube mal, dass die Mehrheit der Bevölkerung da etwas mehr von der Politik er wartet als eine solche Aussage.
Das ist nicht hinreichend.
Natürlich können Sie sagen: „Die Vorschläge der Oppositi on,“ etwa der SPD-Fraktion – Kollege Stoch hat ja zitiert, was die SPD-Fraktion vorgeschlagen hat – oder unsere Vorschlä ge – die habe ich in jeder Landtagsdebatte zu diesem Thema zitiert – „die gefallen uns nicht, wir gehen einen anderen Weg.“ Aber Sie können doch nicht ernsthaft hier von diesem Redepult aus sagen: „Was soll ich denn machen? Sie haben keine Vorschläge.“
Diese Vorschläge lagen immer auf dem Tisch, Herr Minister präsident, und Sie setzen sich zu wenig mit diesen Vorschlä gen auseinander, weil Sie stur auf dem beharren, was die Mi nisterpräsidentenkonferenz beschließt.
Es ist doch erkennbar, dass da falsche Beschlüsse getroffen wurden, dass man gesagt hat: „Na ja, wir müssen sehen, wo wir Infektionen verhindern“, und Sie sagen dann so noncha lant: „Na ja, das Leben muss man nach vorn leben; hinterher ist man immer schlauer“, aber auf diejenigen, die es schon vorher gepredigt haben, will man halt nicht hören.
Es ist doch klar erkennbar: Wenn es, wie wir das immer be tont haben, etwa im Hotel- und Gaststättengewerbe funktio nierende Hygienekonzepte gibt und wenn man nicht nachwei sen kann, dass in diesem Bereich ein besonderes Infektions geschehen stattfindet – und dann schließt man ausgerechnet diesen Bereich und wundert sich, dass man diese Pandemie nicht in den Griff bekommt –, dann muss man vielleicht auch mal darauf kommen, dass man es hätte vorher besser wissen können, Herr Ministerpräsident, und nicht nur hinterher schlau er ist.
Abschließend zum Thema Schulen: Da gilt das Gleiche. Das haben Sie auch schöngeredet, nach dem Motto: „Na ja, die Kultusministerin will das eine, der Ministerpräsident will das
andere, und dann ruckelt es halt ein bisschen und geht ein biss chen hin und her, aber das ist doch gar nicht schlimm, denn mit Wahlkampf hat das Ganze überhaupt nichts zu tun. Nie mand in diesem Haus hat eine Wahl im Blick. Es findet ei gentlich überhaupt keine Wahl statt.“ Also, Herr Ministerprä sident, für wie naiv halten Sie die Menschen in diesem Land und die Abgeordneten in diesem Haus?
Selbstverständlich geht es darum, Geländegewinne vor der Landtagswahl zu realisieren. Nur, wenn man das halt so macht wie die Regierung, dann hat man letztlich Verwirrung in der Bevölkerung und Verwirrung im Bildungswesen. Genau das ist eben nicht die Aufgabe der Politik, in einem solch wichti gen Bereich Verwirrung zu stiften, meine Damen und Herren.
Es geht doch da um klare Ziele. Es geht darum: Das Beste für die Schülerinnen und Schüler ist Präsenzunterricht.
Deshalb sollte man alles tun – Kollege Röhm bestätigt es – –
Kollege Röhm hat jahrzehntelange Erfahrung mit Präsenzun terricht.
Bitte?
Sehen Sie, Kollege Zimmermann, Ihre Rolle gefällt mir im mer besser. Das erinnert mich an eine Fernsehsendung – wie hieß sie? –, die „Muppet Show“. Das kam auch immer gern von da oben.
Aber jetzt zurück zum Kollegen Röhm. – Es sind sogar drei.
Der Kollege Dörflinger rückt schon ab, da passt es. – Spaß beiseite. Kollege Röhm: Präsenzunterricht ist das Beste, und man sollte alles tun, um Präsenzunterricht zu gewährleisten. Wenn man nun feststellt – das ist im Moment der Fall –, dass ältere Schülerinnen und Schüler zu Infektionsherden beitra gen und der Präsenzunterricht nicht mehr möglich ist, dann sollte man zu Fernunterricht kommen und nach Möglichkeit vermeiden, dass die Schüler gänzlich frühzeitig in die Ferien geschickt werden.
Jetzt muss man sich die Frage stellen: Warum funktioniert das nicht? Das funktioniert doch offensichtlich deshalb nicht, weil es Versäumnisse bei der Digitalisierung der Schulen gibt.
Am heutigen Tag haben wir nichts gehört, Herr Ministerprä sident, was in die Richtung geht, dass Sie sagen: „Das räumen
wir ein“ oder: „Da haben wir Konzepte, um das zu verbes sern.“ Es ist doch auch notwendig, darüber zu reden, wie wir die Kinder wieder an die Schulen bekommen – wenn nicht präsent, so zumindest im Fernunterricht. Welche Pläne haben Sie da für Schulöffnungen nach dem 10. Januar? Da sind Sie am heutigen Tag völlig blank gewesen, Herr Ministerpräsi dent.
Wir haben auch nicht gehört, was mit der Wirtschaft nach dem 10. Januar passiert. Das Einzige, was der Handel, die Gastro nomie, all diese Bereiche, die Friseure etc., denen Sie jetzt den Lockdown verordnet haben, von dieser heutigen Debatte mitnehmen, ist: Wenn die Inzidenzzahl am 10. Januar noch immer höher ist als 50 – und zwar unabhängig von regiona len Schwerpunkten –, dann geht es für uns nicht weiter.
Herr Ministerpräsident, machen Sie sich eigentlich keine Vor stellung, was das für die Leute heißt? Sie brauchen doch eine Perspektive, sie brauchen eine gewisse Hoffnung. Die fehlt am heutigen Tag, und deshalb war das, was Sie am heutigen Tag geboten haben, so enttäuschend.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst, Herr Ministerprä sident, herzlichen Dank für Ihre Regierungsinformation. Ich denke, die Situation, in der sich das Land in dieser Pandemie befindet, rechtfertigt diese Sondersitzung durchaus. Es ist auch gut, dass das Parlament nach dieser Runde der Ministerpräsi denten mit der Kanzlerin informiert wird.
Aber ich denke, es kann nicht nur darum gehen, das Parlament zu informieren, sondern das Parlament muss auch in die Ent scheidungsfindung einbezogen werden.
Es geht ja um erhebliche Eingriffe in die Grundrechte. Es geht um Eingriffe in die wirtschaftlichen Verhältnisse von Men schen, es geht um Eingriffe in individuelle Biografien. Des halb ist es der falsche Weg, solche Entscheidungen nur auf ei ner Art orientalischem Basar der Ministerpräsidenten zu tref fen.
Es gingen ja in den zurückliegenden Tagen alle möglichen Pa piere und alle möglichen Aussagen durch die Medien, bis man sich dann gestern zusammengesetzt hat, offensichtlich sieben oder acht Stunden konferiert hat, und am Schluss kam dann das heraus, was die Öffentlichkeit schon vorher wusste. Das ist zwar ein – na ja – etwas bemerkenswertes Verfahren, aber es liegen im Grunde von allen Fraktionen Entschließungsanträ ge vor – ich nehme an, über die wird dann auch abgestimmt –, und insofern ist es ein demokratisch durchaus akzeptables Ver fahren.
Die Lage ist nach wie vor ernst, keine Frage. Sie haben, Herr Ministerpräsident, behauptet, die Politik des Novembers sei erfolgreich gewesen. Da habe ich schon meine Zweifel; denn mit den Beschlüssen, die Anfang November in Kraft traten, wurde der Bevölkerung signalisiert, das sei ein Teil-Lockdown für den November, und die notwendigen finanziellen Über brückungsmittel hießen ja dann auch Novemberhilfen.
Sie haben allerdings in zweifacher Weise recht: Diese Novem berhilfen sind keine Novemberhilfen, weil sie erstens frühes tens im Dezember fließen, und das Zweite ist, dass sie verlän gert werden müssen. Das, was der Bevölkerung, aber auch dem Hotel- und Gaststättengewerbe, dem Sport und der Kul
tur in Aussicht gestellt wurde – im Dezember gehe es viel leicht wieder weiter, da dürfe vielleicht wieder geöffnet wer den –, das haben Sie nicht erreicht. Deshalb kann man nicht so einfach behaupten, diese Politik sei erfolgreich gewesen, sondern man könnte durchaus zu dem Ergebnis kommen, dass dieser Teil-Lockdown vom November 2020 ein Rohrkrepie rer gewesen ist, meine Damen und Herren.
Die Maßnahmen waren nicht zielgerichtet. Sie haben im Grunde – wie ich es schon bei der Debatte zu diesen Novem bermaßnahmen ausgeführt habe – mit der Schrotflinte ge schossen in der Hoffnung, vielleicht irgendwo Infektionsge schehen zu erwischen. Das ist durchaus umstritten, und zwar von allen Seiten. Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit etwa sagt: Pauschale Maßnahmen zur Kontaktreduktion sind nicht angemessen, sondern man muss sich anschauen, wie die Hy gienekonzepte aussehen, und man muss sich anschauen, ob Infektionsherde tatsächlich nachgewiesen sind.
Deshalb ist es eben nach wie vor falsch, wenn sich die Minis terpräsidenten sozusagen ihre Lieblingsgegner vorknöpfen – das Hotel- und Gaststättengewerbe, den Sport und die Kultur – und sagen: Auf die schießen wir mal mit der Schrotflinte, und damit werden wir schon den Wellenbrecher-Lockdown erreichen. Das ist Ihnen offensichtlich nicht gelungen, meine Damen und Herren. Das ist nicht gelungen.
Dasselbe sagen auch Verfassungsrechtler. Ich zitiere Profes sor Ferdinand Kirchhof, wirklich keine umstrittene Gestalt,
sondern ein unumstrittener Verfassungsrechtler. – Da ruft ei ner von den Grünen: „Doch!“
Wenn irgendein Verfassungsrechtler etwas sagt, was Ihnen nicht passt, dann ist er schon deshalb umstritten.
Er sagt, auf keinen Fall dürften Regeln lediglich ein erziehe risches Ziel verfolgen. Ich zitiere:
Letztlich ist vom Staat zu verlangen, dass er sich auf kon krete Risiken... bezieht... und nachweist, dass seine Maß nahmen nicht nur am Rande zur Eindämmung beitragen.
Genau diesen Nachweis haben Sie nicht erbracht,
sondern Sie geben sich damit zufrieden, am Rande zur Ein dämmung beizutragen. Das ist Ihre Politik, und die ist nicht hinreichend begründet.
Das, was Sie tun, ist virologisch fragwürdig und verfassungs rechtlich bedenklich, meine Damen und Herren.
Ach, Herr Kollege Sckerl, ich komme schon noch auf die Widersprüche in Ihrer eigenen Regierung,
wenn es beispielsweise darum geht, ob es Wechselunterricht an den Schulen gibt oder wann die Ferien anfangen. Da gibt es genügend Brüche in Ihrer eigenen Regierung. Da brauchen Sie gar nicht nach Rheinland-Pfalz zu flüchten. Darauf kom men wir noch; verlassen Sie sich darauf.
Sie haben den Sommer verschlafen – ganz eindeutig. Herr Mi nisterpräsident, kürzlich sagten Sie – nachdem fast jede Pan demie in der Geschichte eine zweite Welle hatte; ich darf Sie zitieren –:
Damit haben wir nicht gerechnet, das muss man schon ehrlicherweise sagen.
Das war der Satz des Ministerpräsidenten. Und weil die Zah len im Sommer offensichtlich rückläufig waren, haben Sie ei nen Sommer der Sorglosigkeit verlebt, meine Damen und Her ren.
Deshalb gibt es jetzt Einschränkungen der Tests von Men schen mit Erkältungssymptomen, deshalb haben Sie Verbes serungen bei den Apps verpasst.
Deshalb auch die Zwischenfrage vom Kollegen Schweickert; Sie haben Verbesserungen bei den Apps verpasst.
Nach wie vor nicht berücksichtigt ist die Bedeutung...
... von Clustern beim Infektionsgeschehen.
Ja, Sie dürfen sich gern aufregen.
Wir schenken ihm zum Geburtstag auch ein Blutdruckmessgerät, damit es nicht übertrieben wird – aber sonst würde mir ja etwas fehlen.
Sie haben es versäumt, Antigentests zum Schutz vulnerabler Gruppen bereitzustellen. Erst jetzt gibt es ein 200-Millionen-€Programm auf Bundesebene. Dasselbe gilt für die Beschaffung von FFP2-Masken. Außerdem gibt es große Rückstaus bei Test ergebnissen.
Es ist schon auffällig, Herr Ministerpräsident, wie Sie immer wieder Ihren zuständigen Minister loben müssen – der ja of fensichtlich überfordert ist. Der Kollege Stoch hat Sie dann zu Recht aufgefordert, ihm die Verantwortung für die Pande miebewältigung zu entziehen. – Herr Lucha, all diese Ver säumnisse haben einen Namen, nämlich Ihren. In der Bevöl kerung gibt es schon eine Wortneuschöpfung: den „LuchaSchlaf“. Es gibt auch eine Definition: Im Vergleich zum „Lucha-Schlaf“ ist der Dornröschenschlaf ein Power Nap, Herr Lucha.
Das ist das, was Sie im Sommer geleistet haben, meine Da men und Herren.
Hilflos wird jetzt der Lockdown verlängert bis zum 20. De zember.
Anschließend gibt es dann weitere Optionen zur Verlänge rung. Das ist das, was wir schon vor vier Wochen diskutiert haben: eine Jo-Jo-Politik in der Hoffnung, dass es dann irgend wann den Impfstoff gibt.
Ja, auf den Impfstoff hoffen wir alle,
ohne Zweifel.
Dieser Impfstoff wird dann hoffentlich auch der Weg aus die ser Pandemie sein.
Was Sie aber versäumt haben, ist eine langfristig nachvoll ziehbare Strategie. Sie stochern immer wieder im Nebel, hin ken quasi von einem Teil-Lockdown zum nächsten und hof fen, dass irgendwann der Impfstoff kommt: eine Jo-Jo-Politik bis hin zum Impfstoff.
Im Übrigen gibt auch Ihre eigene Koalition – Herr Sckerl, ich habe Ihnen ja versprochen, darauf zu sprechen zu kommen – ein bemerkenswertes Bild ab. Vonseiten der A-Länder ist ein Verbot des Silvesterfeuerwerks ins Spiel gebracht worden. Am Montag haben Sie, Herr Kollege Schwarz, das begrüßt und haben im SWR gesagt, Sie fänden es gut, wenn man das Sil vesterfeuerwerk verbieten würde.
Ja, ja. – Am Dienstag hat der Ministerpräsident dann erklärt, er sei nicht für ein solches Verbot.
Die jetzigen Vorschläge sind ja vernünftig. Man sagt, auf öf fentlichen Plätzen sollte man das einschränken – wo mögli cherweise Infektionsgeschehen droht. Man kann der Bevöl kerung aber doch nicht generell mit dem Alibi „Corona“ eine solche Verbotsdiskussion aufs Auge drücken.
Da waren manche unterwegs, die Corona nutzen wollten, um bestimmte Verbote durchzudrücken, die sie in der Vergangen heit nicht hinbekommen haben.
Dafür ist diese Pandemie nicht das richtige Alibi, meine Da men und Herren.
Man kann dies mit Rücksicht auf die Umwelt einschränken. Man kann es auf öffentlichen Plätzen einschränken. Dies der Bevölkerung aber generell zu verbieten ist der falsche Weg.
Auch bei der Verlängerung der Schulferien bietet diese Koa lition ein sehr divergierendes Bild. Der Ministerpräsident ist dafür, die Ferien zu verlängern. Die Schulministerin ist dage gen, beugt sich aber – sehen Sie, sie nickt.
Es gibt also genügend Brüche in dieser Koalition. Ich kann Ihnen sagen, Frau Eisenmann, dass ich Ihre Haltung durchaus nachvollziehen kann. In diesem Jahr ist genügend Unterricht ausgefallen.
Ich finde es auch bemerkenswert, dass der Ministerpräsident, wenn er gefragt wird, ob das zusätzliche Ferien seien oder ob das nachgeholt werde, antwortet, das habe er sich noch nicht überlegt.
Das ist mir zu wenig. Man sollte sich schon die Frage stellen, ob man diesen Unterricht dann nicht nachholen sollte. Ich glaube, dass in diesem Jahr schon genügend Unterricht aus gefallen ist.
Auch beim Wechselunterricht oder Hybridunterricht blickt niemand mehr durch, wofür diese Regierung eigentlich steht.
Da heißt es: Wechselunterricht – ja, möglicherweise. Dann heißt es: Wechselunterricht – nein. Jetzt heißt es, wenn ich das richtig verstanden habe, Herr Ministerpräsident: Wechselun terricht ab einer Inzidenzzahl von 200. Aber offensichtlich ist diese Koalition auch hier alles andere als einig.
Das Ganze ist auch nicht zu Ende gedacht, meine Damen und Herren. Denn wer Wechselunterricht will, muss sich natürlich auch die Frage stellen: Was bedeutet das für die Betreuung der Kinder? Was bedeutet das für die Eltern, die möglicherweise
arbeiten sollen? Das ist ja auch der Grund dafür, Herr Minis terpräsident, warum Sie davon sprachen, dass dies in der Schulpolitik eine politische Entscheidung sei. Ich nehme an, das ist so zu verstehen, dass Sie der Meinung sind: Aus Infek tionsgesichtspunkten hätte man anders entscheiden müssen.
Aber eine politische Entscheidung muss ein Parlament oder eine Regierung immer treffen, weil Sie abwägen müssen. Die se Abwägung führt eben dazu, dass man sich auch die Frage stellen muss, welche Auswirkungen ein solcher Wechselun terricht hat. Hat er die Auswirkung, dass die Kinderbetreuung noch gewährleistet werden kann? Hat er die Auswirkung, dass die Eltern arbeiten können? Vor allem: Bleibt die Bildungs gerechtigkeit gewährleistet?
Denn eines haben wir doch erlebt, als wir im Sommer den Schul-Lockdown hatten: dass genau diejenigen Kinder in un serer Gesellschaft zu den Bildungsverlierern wurden, die di gital abgehängt waren, die beispielsweise in Regionen wohn ten, wo es zwar einen Schwarzwaldhof gibt, Herr Minister Strobl, aber dieser Schwarzwaldhof noch lange nicht ans Breitband angeschlossen wurde.
Kinder, die keine leistungsfähigen digitalen Endgeräte hatten, oder Kinder, bei denen die Lehrerinnen und Lehrer eben nicht dafür gesorgt haben, dass das digitale Angebot vorhanden ge wesen ist, das waren die Bildungsverlierer, und das sind auch die Verlierer beim Wechselunterricht. Deshalb muss man sich sehr gut überlegen, ob man diesen Wechselunterricht für gut befindet – insbesondere nach dem Ergebnis der Studien, die Sie sich von den vier Universitätskliniken haben erstellen las sen.
Für die FDP ist klar: Wir wollen diesen Wechselunterricht nicht. Wir wollen, dass Schulunterricht stattfindet, und wir wollen auch eine Betreuungsgarantie, meine Damen und Her ren.
Im Übrigen ist es doch naiv, zu glauben, wenn die Schule am 18. Dezember schließt, dann gehen die Kinder sechs Tage lang in Quarantäne, damit Oma und Opa an Heiligabend nicht an gesteckt werden. Das verkünden Sie zwar, aber es ist bar je den Realismus, zu glauben, zusätzliche Ferientage, die man den Kindern gibt, verbringen sie dann in Quarantäne. Das glauben Sie doch selbst nicht, meine Damen und Herren.
Deshalb ist es besser, in Richtung FFP2-Masken zu gehen. Das haben Sie gesagt; dafür bin ich dankbar. Das ist der rich tige Weg. Aber, Frau Ministerin, wir würden uns auch wün schen, dass Sie etwas aufgeschlossener gegenüber Raumluft reinigern wären.
Das sind nämlich die beiden Methoden, mit denen man Un terrichtsausfall und Wechselunterricht vermeiden kann. Bes ser FFP2-Masken und Raumluftreiniger als Wechselunterricht und Ferienverlängerung, meine Damen und Herren.
Herr Strobl, wenn Sie Glück haben und vielleicht über die Zweitauszählung in den Landtag gewählt werden, dann sind Sie auch zu Zwischenrufen berechtigt. Im Moment sind Sie das nicht. Bitte merken Sie sich das.
Zum Einzelhandel: Der Einzelhandel ist ja schon gebeutelt genug. Aber auch da haben Sie aus verlorenen Prozessen nicht gelernt. Das betrifft beispielsweise das Urteil, mit dem Ihnen die 800-m2-Regelung um die Ohren geflogen ist. Für die 800-m2-Regelung ist die Landesbauordnung der Ausgangs punkt. Herr Ministerpräsident, Sie haben damals hier erläu tert, dass offenbar die Landesbauordnung ein Instrument zur Pandemiebekämpfung sei. Anschließend haben die Gerichte gesagt, dass dem nicht so ist. Und jetzt kommen Sie wieder mit der Landesbauordnung und einer 800-m2-Regelung.
Es ist doch ersichtlich: Wenn Sie Geschäfte mit über 800 m2 anders behandeln als Geschäfte mit unter 800 m2, dann ver stoßen Sie gegen den Gleichheitsgrundsatz. Ihre Replik auf die Zwischenfrage des Kollegen Schweickert, ob dann das Personal mit eingerechnet wird oder nicht – „Das haben wir uns noch nicht überlegt“ –, zeigt doch, dass das Ganze wie der nicht zu Ende gedacht ist. Eine solche Politik ist nicht zu Ende gedacht.
Wenn Sie jetzt gleichzeitig noch der Bevölkerung erklären, sie solle in der Woche vor Weihnachten in Quarantäne gehen, dann führt dies zu einer Verödung der Innenstädte, während bei Amazon die Sektkorken knallen. Das kann man doch nicht wollen, meine Damen und Herren. Das ist die falsche Politik.
Auch diese fragwürdige Fokussierung auf Weihnachten ist verfassungsrechtlich höchst problematisch.
Wenn es auch nicht allen gefällt, zitiere ich noch mal Ferdi nand Kirchhof:
Lokale zu schließen mit der Begründung, damit lasse sich dann ein schönes Weihnachtfest feiern, ist nicht zulässig.
Das ist verfassungsrechtlich problematisch, meine Damen und Herren, und es ist offensichtlich reiner politischer Opportu nismus, weil Sie und die anderen Ministerpräsidenten wahr scheinlich gedacht haben: „Wenn Weihnachten nicht so rich tig funktioniert, dann gibt es den Volkszorn, und den wollen wir vermeiden; deshalb machen wir eine Politik, die sich in der Infektionsbekämpfung ausschließlich an Weihnachten aus richtet.“ Das ist verfassungsrechtlich problematisch, und es ist auch, was die Pandemiebekämpfung anlangt, nicht nach vollziehbar.
Es sind auch durchaus positive Einzelmaßnahmen in Ihrem Beschluss enthalten – ich habe schon einige genannt, Stich wort FFP2-Masken. Ich glaube auch, dass die Reduktion der Quarantänezeit von 14 auf zehn Tage, so wie beschrieben, richtig ist. Natürlich ist es nach diesen Beschlüssen auch not wendig, die sogenannten Novemberhilfen zu verlängern. Aber, wie gesagt, diese Novemberhilfen fließen ja gar nicht. Ich hof fe, dass die Novemberhilfen dann wenigstens im Dezember
und die notwendigen Dezemberhilfen dann im Januar fließen. Aber vielleicht taufen Sie sie dann gleich Januarhilfen – in der Hoffnung, dass dann die Gastronomie, der Sport und die Kul tur vielleicht wieder öffnen können.
Was fehlt, ist eine langfristige Strategie. Sie haben keinen Plan zum Umgang mit dieser Pandemie, sondern stochern im Ne bel. Es kommt dann ein Teil-Lockdown nach dem anderen, der Wellenbrecher-Lockdown heißt. Es gibt Papiere über Pa piere, die zunächst in der Öffentlichkeit bekannt werden, dann stundenlang diskutiert werden. Aber nirgendwo gibt es einen klaren Kurs.
Nur zu einem, Herr Ministerpräsident, kann man Sie beglück wünschen, nämlich zur Nibelungentreue der Regierungsfrak tionen. Am gestrigen Abend, als die Ministerpräsidentenkon ferenz noch lief und noch gar nicht klar war, was eigentlich beschlossen wird, haben die beiden Regierungsfraktionen – Herr Kollege Schwarz und Herr Kollege Reinhart – schon ei nen Entschließungsantrag eingereicht.
Ja, ja, Sie waren in der Sitzung. – Ich darf einmal zitieren:
2. dass die Vereinbarung der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten von Bund und Ländern vom 25. No vember 2020 einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu ei ner deutschlandweit einheitlichen Eindämmung der Pan demie nach einheitlichen Maßstäben darstellt;
Das haben Sie schon gewusst und beantragt, als die Minister präsidenten mit der Kanzlerin noch tagten. Meine Damen und Herren, so machen Parlamentarier sich zum willenlosen Ins trumentarium von Regierenden. Das ist das Problem in die sem Haus.
Zu dieser Politik gibt es Alternativen. Unser Entschließungs antrag – Sie können und werden ihn wahrscheinlich ablehnen – ist eine Alternative,
um von der Eindämmungs- zur Protektionsstrategie zu kom men und ein Ampelsystem zu etablieren, das nicht nur auf die Zahl der positiven Tests, sondern auf die Zahl der Tests ins gesamt rekurriert, auf tatsächlich symptomatisch Erkrankte und auch auf die Klinikkapazitäten.
Wir haben schon damals gesagt und sagen es wieder – ich ha be es schon gelobt, Sie gehen da durchaus einen Schritt auf uns zu –: Den verstärkten Einsatz von FFP2-Masken – eben nicht bloße Alltagsmasken – empfehlen wir auch für den Be reich der Schülerbeförderung. Denn es ist schon einigerma ßen grotesk, wenn manche Politiker vorschlagen, man solle Kinder morgens in überfüllten Bussen zur Schule transportie ren, anschließend zu Dreißigst in Klassenzimmern sitzen las sen, und nachmittags dürfen sie sich mit nur noch einem Freund treffen, um die Pandemie zu bekämpfen. Solche Vor schläge entbehren jeglicher Logik.
Deshalb ist es notwendig, FFP2-Masken statt Alltagsmasken auch in der Schülerbeförderung einzusetzen.
Schnelltests stärker als bisher für vulnerable Gruppen einset zen – da hat der Sozialminister im Sommer viel zu wenig ge macht. Die Novemberhilfen habe ich schon erwähnt. Es ist auch notwendig, den Blick neben dem Schaustellergewerbe, das Sie erwähnt haben, verstärkt auf die Soloselbstständigen zu legen, die in dieser Pandemie vielfach leiden. Sie leiden mittelbar, weil eben bestimmte Branchen, die vielleicht auch die Novemberhilfen erhalten – im Dezember oder Januar –, von den Soloselbstständigen mit bedient werden und denen dann das Geschäft wegbricht.
In diesem Zusammenhang ist die 80-%-Regelung deutlich zu hoch angesetzt. Auch darüber sollte man noch einmal nach denken.
Zu nieder.
Nein, doch, zu hoch. Zu hoch. Wie gesagt: ist zu hoch an gesetzt. Ja. Ich habe es so gemeint, wie ich es gesagt habe, Herr Sckerl.
Und was den Verlustrücktrag anlangt: Auch den braucht die baden-württembergische Wirtschaft. So kann man den Unter nehmen schneller helfen als durch Zuschüsse, die möglicher weise durch bürokratische Verwerfungen oder eben dadurch, dass manche nicht handeln, nicht oder zu spät kommen.
Deshalb ist es notwendig, jetzt endlich einmal dahin zu kom men, diese Politik vom Kopf auf die Füße zu stellen. Bemü hen Sie sich endlich um eine langfristige Strategie. Mit einem Hangeln von Teil-Lockdown zu Teil-Lockdown werden wir aus dieser Krise nicht herauskommen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus unserer Sicht ist es zwingend notwendig, diese am Sonntag notverkündeten Co ronaverordnungen im Landtag von Baden-Württemberg nicht nur zu debattieren, sondern dem Parlament auch die Möglich keit zu geben, sich dazu in einer Abstimmung zu positionie ren.
Herr Ministerpräsident, anknüpfend an die Debatte vom ver gangenen Freitag lege ich Wert auf die Feststellung, dass es natürlich nicht so ist, dass die Ministerpräsidentenkonferenz ein Gremium wäre, das keine Legitimität hat. Sie haben na türlich die Legitimität, sich in der Ministerpräsidentenkonfe renz auf Maßnahmen zu verständigen und diese Maßnahmen in Verordnungen zu gießen – diese Verordnungen dann aber dem Parlament vorzustellen, sodass das Parlament sich auch im Wege von Abstimmungen dazu verhalten kann.
Denn es ist einfach zu wenig, bei derart massiven Eingriffen in die Grundrechte von Menschen und die Interessen von Un ternehmen einfach nur auf dem Verordnungsweg zu agieren und auf eine Parlamentsbefassung bzw. eine Parlamentsab stimmung zu verzichten.
Deshalb ist es gut, dass wir uns im Präsidium am gestrigen Abend darauf verständigt haben, dass Entschließungsanträge zu diesen Verordnungen am heutigen Tag hier zur Abstim mung kommen.
Meine Fraktion unterstützt, wie am vergangenen Freitag an gedeutet – damals lagen die Verordnungen ja noch nicht vor; heute liegen sie vor, und deshalb kann man sie auch konkret bewerten –, eine ganze Reihe dieser Maßnahmen, beispiels weise das, was über Hygienekonzepte, über Abstand, über Maskenpflicht und insbesondere auch über Aufrufe, im priva ten Raum Kontakte zu reduzieren, in diesen Verordnungen steht. Wir sind auch dankbar für die Sicherstellung des Schul unterrichts und der Kinderbetreuung.
Aber an dieser Stelle ist es uns wichtig – so habe ich auch den Entschließungsantrag der SPD-Fraktion verstanden –, an der einen oder anderen Stelle darüber hinauszugehen, beispiels weise durch eine Betreuungsgarantie,
beispielsweise durch FFP2-Schutzmasken für Lehrerinnen und Lehrer, aber auch für Schülerinnen und Schüler,
und vor allem auch durch den Einbau von Luftfilteranlagen in Klassenzimmern. Wir haben kein Verständnis dafür, dass Sie gestern bei Ihrer Regierungspressekonferenz dieses Thema im Grunde vom Tisch gewischt haben.