Protocol of the Session on November 30, 2016

Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Ich eröffne die 19. Sitzung des 16. Landtags von BadenWürttemberg.

In Anbetracht des Todes unseres Kollegen Wolfgang Raufel der möchte ich mit einigen Worten der Wertschätzung, Erin nerung und Trauer beginnen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, vom Tod unseres geschätzten Kollegen Wolfgang Raufelder sind wir alle zutiefst betroffen. Wir sind bestürzt, wir sind fas sungslos, wir sind traurig. Konfrontiert mit dem Unbegreifli chen trauern wir um einen fachlich und persönlich sehr ge schätzten Kollegen, der vielen von uns zum Freund geworden ist.

Wolfgang Raufelder hat dem Landtag seit 2011 als Mitglied der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angehört. Von Beruf Ar chitekt und Stadtplaner mit vorangegangenem Biologiestudi um widmete er sich engagiert, hoch kompetent und leiden schaftlich der Umwelt- und Verkehrspolitik. Menschengerech tes, ökologisch verantwortungsbewusstes und zugleich pra xistaugliches Gestalten – darum ging es ihm. Dafür leistete er parlamentarische Kärrnerarbeit im besten Sinn. Wolfgang Raufelder setzte bei seinen Initiativen nicht auf große Worte, sondern auf fundierte Begründungen und auf seine Fähigkeit, gewinnend zu argumentieren.

Zu Beginn dieser Wahlperiode übertrug ihm seine Fraktion den Vorsitz ihres Arbeitskreises „Verkehr“ und die Aufgabe des Sprechers für ÖPNV und Bahn. Er war nicht nur Mitglied im Verkehrsausschuss, sondern auch im Finanzausschuss. Nachhaltigkeit in all ihren Facetten war ihm wichtig. Wolf gang Raufelder hat viel bewegt.

Er, seine Ideen, seine sympathische Ausstrahlung und sein ein nehmendes Lachen werden uns fehlen. Er war ein Politiker der leisen Töne und vor allem ein liebenswerter Mensch.

Unsere Gedanken sind in diesen schweren Stunden bei seiner Familie und all seinen Angehörigen. Wir werden uns an un seren verstorbenen Kollegen Wolfgang Raufelder immer mit Hochachtung und Sympathie erinnern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben die Möglichkeit, Ihre Anteilnahme in einem Kondolenzbuch zum Ausdruck zu bringen. Dieses Buch liegt vor dem Moser-Saal aus.

Ich bitte Sie jetzt, sich in Trauer um Wolfgang Raufelder und im Mitgefühl für seine Familie und seine Angehörigen von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

Ich danke Ihnen.

(Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

Wir kommen nun zu den üblichen Bekanntmachungen:

Beurlaubt habe ich für heute Herrn Abg. Dr. Balzer und Frau Abg. Erikli.

Krankgemeldet sind Frau Abg. Böhlen, Frau Abg. Martin, Herr Abg. Dr. Merz, Herr Abg. Stein, Herr Abg. Wacker und Herr Abg. Dr. Weirauch.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich ganztägig Herr Minister Strobl sowie Frau Ministerin Sitzmann und ab 16 Uhr Herr Minister Wolf.

Im E i n g a n g befindet sich die Mitteilung des Ministe riums für Finanzen vom 23. November 2016 – Bericht der Landesregierung zu einem Beschluss des Landtags; hier: Be schäftigungsbedingungen, Bezüge, Dotationen und Ausstat tung der vom Land Baden-Württemberg aufgrund außertarif licher Sonderverträge Beschäftigten –, Drucksache 16/1120. Ich schlage vor, diese Mitteilung an den Ausschuss für Finan zen zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Damit ist es so beschlossen.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – „Under 2 MOU“: Wie Baden-Würt temberg die internationale Klimaschutzallianz vorantreibt – beantragt von der Fraktion GRÜNE

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung. Ich darf die Mitglieder der Landes regierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Rede zeitrahmen zu halten.

Schließlich darf ich auf § 60 Absatz 4 der Geschäftsordnung verweisen, wonach im Rahmen der Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich das Wort Herrn Frakti onsvorsitzenden Schwarz.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich bedanke mich bei Ihnen, Frau Prä sidentin, für Ihr würdiges Gedenken. Ihnen, liebe Kollegin nen und Kollegen, danke ich für die Anteilnahme aufgrund des Todes unseres Kollegen Wolfgang Raufelder.

Wir führen nun unter Tagesordnungspunkt 1 eine Aktuelle De batte, und ich möchte gern in diese Aktuelle Debatte einstei gen.

Ich möchte beginnen mit einem Zitat des noch amtierenden US-Präsidenten Barack Obama. Er hat gesagt:

Wir sind die erste Generation, die den Klimawandel spürt, und die letzte, die etwas dagegen tun kann.

Dieses Zitat beschreibt in meinen Augen sehr zutreffend die Wirklichkeit: Der Klimawandel ist spürbar. Er wird von uns Menschen verursacht. Er betrifft die Menschen, die Natur und die Wirtschaft – wenn wir jetzt nicht mutig handeln. Obama fordert uns also auf – aber auch viele andere tun dies –, gegen den Klimawandel einzutreten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

In Baden-Württemberg ist die mittlere Jahrestemperatur seit 1881 bereits um 1,3 Grad Celsius gestiegen. Das ist mehr als im globalen Durchschnitt; da waren es „nur“ 0,8 Grad Celsi us. Starkregenereignisse werden häufiger vorkommen als in der Vergangenheit. Die Landwirtschaft wird sich verändern; schon jetzt beklagen die landwirtschaftlichen Betriebe im Land lange Dürreperioden. Unwetterereignisse, Extremwet terlagen werden zunehmen. Die Natur wird sich verändern; auf den Streuobstwiesen in meinem Wahlkreis etwa blühen die Apfelbäume zehn Tage früher als vor 30 Jahren. Auch die Gesundheit der Menschen wird leiden. Hitzewellen werden häufiger. Gesundheitlich angeschlagene Menschen wird das verstärkt vor Probleme stellen.

Zwei Fakten sind mittlerweile klar. Erstens: Wir befinden uns am Anfang einer globalen Klimaerwärmung. Zweitens: Die Zunahme der CO2-Emissionen ist vom Menschen verursacht, der Klimawandel ist menschengemacht.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Stimmt nicht!)

Aber diese Aussage ist für mich auch das klare Signal einer Hoffnung. Denn wenn der Klimawandel von den Menschen verursacht ist, dann können wir Menschen auch etwas gegen den Klimawandel tun. Dazu haben wir die heutige Aktuelle Debatte beantragt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Präsident Obama hat es richtig festgestellt: Wir sind tatsäch lich wohl die letzte Generation, die von sich behaupten kann, etwas gegen den Klimawandel, gegen die weitere Erderwär mung tun zu können. Deswegen muss unser Motto heute lau ten: Packen wir es an! Treten wir für den Klimaschutz ein, lie be Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Baden-Württemberg ist stark vom Klimawandel betroffen. Aber Baden-Württemberg kann und muss als Technologiere

gion Vorreiter sein bei der Begrenzung der Klimaerwärmung. Wir müssen Vorreiter sein aus globaler Verantwortung, Vor reiter aus wirtschaftlicher Vernunft. Denn von unserer Vorrei terrolle können auch wir und die Unternehmen in unserem Land wirtschaftlich profitieren.

Baden-Württemberg nutzt den Schulterschluss mit anderen Innovationsregionen in der Welt. Gemeinsam werden wir zei gen: Das Streben nach weniger Ressourcenverbrauch, das Streben nach einem möglichst hohen Anteil erneuerbarer Ener gien ist Motor für Wachstum, Motor für die Wirtschaft in Ba den-Württemberg, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Wir werden die Modellregion sein für einen Wohlstand, der eben nicht auf Kosten der Kinder erwirtschaftet wird. Dabei warten wir in Baden-Württemberg nicht auf Entscheidungen auf anderen politischen Ebenen, sondern wir geben ein Bei spiel.

Es gibt eine Reihe von guten Signalen. Vor einem Jahr wurde in Paris ein Abkommen unterzeichnet, in dem sich die Unter zeichner verpflichten, die weltweite Erderwärmung unter 2 Grad Celsius zu halten. Dieses Abkommen ist in Rekordzeit ratifi ziert worden. Weltweit haben sich Regierungen hierauf ver ständigt. Wir dürfen nicht mehr Zeit verlieren, wir müssen jetzt handeln.

Die Bundesregierung hat in Bezug auf den aktuellen Klima gipfel in Marrakesch etwas länger gebraucht. Da hat die Mei nungsbildung zwischen dem Umweltministerium, dem Ver kehrsministerium, dem Landwirtschaftsministerium und dem Wirtschaftsministerium etwas länger gedauert. Man könnte fast den Eindruck haben, dort seien sechs Parteien in der Ko alition. Aber Schwamm drüber! Ich bin froh, dass wir in Ba den-Württemberg Vorreiter in Sachen Klimaschutz geworden sind und dass bei uns im Landtag die Prozesse wesentlich ein facher laufen. Ich komme gleich darauf zu sprechen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Das Thema Klimaschutz ist zu wichtig, um es allein den na tionalen Regierungen zu überlassen.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD)

Wir sind froh, dass der Ministerpräsident zusammen mit dem kalifornischen Gouverneur Jerry Brown im Mai 2015 eine In itiative gestartet hat. Diese Initiative trägt den englischspra chigen Namen „Under 2 MOU“. Es ist ein Memorandum of Understanding mit dem Inhalt, die Klimaerwärmung auf un ter 2 Grad Celsius zu begrenzen. Das ist ein klares Signal, das Baden-Württemberg für den weltweiten Klimaschutz ausge sandt hat – ein wichtiges Signal, liebe Kolleginnen und Kol legen.

(Beifall bei den Grünen)

Besonders beeindruckt hat uns, dass andere Partnerregionen mit einbezogen sind, z. B. die Region Ontario in Kanada und die Region Katalonien in Spanien. Katalonien ist einer der Partner der „Vier Motoren für Europa“, mit denen wir gemein sam in Europa unterwegs sind. Baden-Württemberg stimmt

sich im Klimaschutz also mit anderen innovativen Regionen ab.

Wir in Baden-Württemberg können zeigen, dass wir diesen Transformationsprozess, der aus dem Klimaschutz, aus der Energiewende erfolgt, hier hinbekommen. Wir können zei gen, wie es geht. Wir werden Vorreiter, und alle anderen kön nen davon profitieren.