Protocol of the Session on July 22, 2020

Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 125. Sitzung des 16. Landtags von Baden-Württemberg.

Von der Teilnahmepflicht befreit sind Herr Abg. Dörflinger, Herr Abg. Keck, Frau Abg. Lindlohr, Herr Abg. Nelius, Frau Abg. Wolle sowie Frau Abg. Zimmer.

Im E i n g a n g befindet sich die Mitteilung des Rech nungshofs vom 16. Juli 2020 – Denkschrift 2020 zur Haus halts- und Wirtschaftsführung des Landes Baden-Württem berg, Drucksachen 16/8400 bis 16/8426. Ich schlage vor, die Mitteilung an den Ausschuss für Finanzen zu überweisen. – Sie stimmen zu. Vielen Dank.

Ein Geschäftsordnungsantrag. Frau Abg. Dr. Baum, bitte.

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Ich beziehe mich auf § 84 der Geschäftsord nung und beantrage, als neuen Punkt 1 die Beschlussfassung des Landtags auf die Tagesordnung zu setzen, dass die Lan desregierung zur sofortigen Aufhebung der zwanghaften Mas kenpflicht in § 3 der Corona-Verordnung,

(Unruhe)

die das Tragen einer nicht medizinischen Alltagsmaske oder einer vergleichbaren Mund-Nasen-Bedeckung verlangt, auf gefordert wird.

(Beifall – Zuruf: Bravo!)

Ich begründe diesen Antrag wie folgt: In der letzten Woche erhielten wir AfD-Abgeordneten einen Brief – einen Brief wie einen Hilfeschrei.

(Unruhe)

Wir gehen davon aus, dass auch Sie alle diesen Brief erhalten haben. Er schilderte die Qualen von 7 646 Mitarbeitern in 134 Edeka-Märkten durch das Maskentragen. Gerade die vielen guten Geister im Lebensmitteleinzelhandel waren es, die in den schweren Wochen des vollständigen Lockdowns unsere Versorgung in hervorragender Weise aufrechterhalten haben. Und nun leiden sie unter der Maskenpflicht. Sie leiden an Hautausschlägen um Mund und Nase, an Atemnot, an Sauer stoffmangel, an permanenter Müdigkeit, an Panik und an Schwindelgefühlen und wünschen sich nichts weiter als Er leichterung.

Auch das medizinische Personal klagt über die erschwerten Arbeitsbedingungen, wenn auch geräuschlos.

Im Namen aller Betroffenen bat ich Minister Lucha bei der letzten Sitzung des Sozialausschusses am 9. Juli 2020 erneut eindringlich darum, diese unsinnige Maskenpflicht endlich abzuschaffen. Er entgegnete mir ungerührt, die Maskenpflicht bleibe, da die Maske zwar nicht den Träger, sehr wohl aber sein Gegenüber vor Viren schütze.

Als Einzige unter uns mit jahrzehntelanger Erfahrung mit dem Tragen einer Maske wies ich im Ausschuss und in Pressemit teilungen von Anbeginn auf die Nachteile und die Gefahren hin, u. a. auch durch das verstärkte Einatmen von CO2 und das Entstehen von Feuchtigkeit, das zu einer vermehrten Aufnah me von Bakterien und Viren in der Lunge führen kann.

Dazu kommen eine gravierende Verletzung der Menschen würde, ein starker Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, mas sive Einschränkungen der nonverbalen Kommunikation durch die Mimik und akustische Verständigungsprobleme, vor al lem bei älteren Menschen. Die psychischen Auswirkungen ge rade auch auf unsere Kinder lassen sich überhaupt noch nicht abschätzen.

(Unruhe)

Selbst die Weltgesundheitsorganisation sieht keinen Nutzen im allgemeinen Maskentragen. Es gebe keinerlei Anzeichen dafür, dass damit etwas gewonnen wäre, sagte der WHO-Not hilfedirektor Michael Ryan bereits Ende März in Genf. Das Gegenteil ist der Fall: Die mehrfach genutzten Masken sind die reinsten Bakterienschleudern.

Summa summarum ist definitiv festzustellen, dass die Masken, noch dazu die selbst hergestellten, überhaupt keinen Schutz vor Viren bieten, aber eine hochgradige gesundheitliche Ge fährdung für den Träger selbst darstellen, wie eine aktuelle wissenschaftliche Studie der Universität Leipzig bestätigt.

Wer das Tragen dennoch erzwingt, macht sich der Körperver letzung und Nötigung schuldig. Da Sie, Herr Kretschmann und Herr Lucha, die geschilderten Probleme sehr wohl ken nen, machen Sie sich sogar der vorsätzlichen Körperverlet zung schuldig, denn Sie machen gesunde Menschen krank. Ich weiß nicht, ob Ihnen das überhaupt bewusst ist.

(Beifall)

Ich jedenfalls habe in einem offenen Brief an die Edeka-Mit arbeiter versprochen, dass sich die AfD-Fraktion ihrer Nöte annehmen wird. Dieses Versprechen lösen wir heute ein und bitten alle Abgeordneten – von denen die Hälfte oder noch mehr nicht zuhört – inständig, bei der Abstimmung diesmal nur ihrem Gewissen und nicht der Parteiräson zu folgen. Über

nehmen Sie jeder für sich selbst Verantwortung; denn die Auf gabe der Parlamentarier ist die Kontrolle der Regierung.

Lassen Sie sich nicht zu willfährigen Beifallklatschern degra dieren, und lassen Sie uns gemeinsam zu einem normalen so zialen Verhalten zurückkehren, das eine menschliche Gesell schaft überhaupt erst ausmacht. Bei aktuell nur noch 745 po sitiv Getesteten in Baden-Württemberg ist alles andere nicht mehr vertretbar.

Vielen Dank.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag von Frau Abg. Dr. Baum gehört, die für die AfD-Fraktion den Antrag gestellt hat: Erweiterung der Tages ordnung. Ich lasse jetzt darüber abstimmen. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Antrag ist damit mehrheitlich abge lehnt.

Wir treten nun in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Aufhebung der Schulpflicht, Sommer entlassungen und mangelnde Nachhilfe – Eisenmann ver spielt die Zukunft unserer Kinder – beantragt von der Fraktion der SPD

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuelle Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Da rauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Frak tion zur Verfügung.

In der Aussprache erteile ich nun das Wort für die SPD-Frak tion Herrn Abg. Dr. Fulst-Blei.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Eisenmann, zurzeit läuft etwas gehörig schief an Baden-Württembergs Schulen. Seit Beginn der Covid-19-Krise treibt uns bildungs politisch eine große Sorge um: Kinder und Jugendliche, die den Anschluss verlieren. Geldbeutel und Bildungshintergrund der Eltern schlagen voll durch. Digitale Ausstattung, Räum lichkeiten, Fähigkeit zur Unterstützung durch die Eltern – ja, der Bund hat dank der SPD-Initiative reagiert und Mittel für Endgeräte bereitgestellt. Erst dann hat auch das Land nachge zogen. Noch ist aber unklar, ob dies bis September auch für einen Fernunterricht reicht, ob die notwendigen Geräte, aber auch ausreichende Datenleitungen bereitgestellt werden kön nen.

Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche weitere Problemlagen, denen oft eines gemeinsam ist: Die Kultusministerin kommu niziert schlecht, schiebt die Verantwortung an die Schulleitun gen ab und lässt wirkliche Unterstützung für die Schulen, für die Schülerinnen und Schüler vermissen. Kolleginnen und Kollegen, das kann so nicht weitergehen.

(Beifall)

Ihr Nachhilfeprogramm unter dem Namen „Lernbrücke“ droht mehr und mehr zur „Lernkrücke“ zu werden. Wie oft haben wir dies hier nicht schon kritisch reflektiert!

Seitdem sind die Stimmen aber noch viel lauter geworden. Nicht nur der VBE mahnte – am 16. Juli – eine bessere Kom munikation an. Auch inhaltlich krankt Ihr Konzept. Sie wol len ernsthaft die Defizite von vier Monaten in zwei Wochen freiwilligen Unterrichts am Ende der Sommerferien auffan gen? Noch immer wissen Sie übrigens nicht, ob Sie dies or ganisatorisch in der Breite auch gewährleisten können. Und selbst wenn: Es wird nicht reichen.

Die Schulschließungen haben zu äußerst unterschiedlichen Entwicklungsständen bei den Schülerinnen und Schülern ge führt, und das muss auch nach der Einschätzung von den Fachkräften, von Gewerkschaften und Verbänden einen stark individualisierten Unterricht nach sich ziehen. Vom Regelbe trieb sind wir da weit entfernt. Aber die Lernbrücken sind zu kurz; sie werden das Problem nicht lösen: zu wenig Zeit, vor allem aber auch zu wenig Verbindlichkeit. Es ist zweifelhaft, ob sie gerade diejenigen Schülerinnen und Schüler mit Nach holbedarf erreichen und ob diese die Motivation aufbringen, zwei Ferienwochen lang Deutsch und Mathematik zu pauken.

Ist die Lernbrücke aber zu kurz, fällt das Kind ins Wasser. Das dürfen wir nicht zulassen.

(Beifall)

Ich sage Ihnen daher im Namen der SPD-Fraktion heute er neut: Viel sinnvoller wäre es, den Schulen ein Budget zur Ver fügung zu stellen, sodass sie auch während des Schuljahrs Nachhilfe anbieten können. Ein wesentlicher Baustein könn te die Einbindung externer Partner sein, zertifizierter Dozen tinnen und Dozenten von Volkshochschulen oder auch von Nachhilfeinstituten. Viele Schulleitungen unterstützen diesen Vorschlag – erst heute Morgen kamen wieder zwei Mails da zu – und fordern ausdrücklich, dass sie diese Nachhilfe auch verbindlich anordnen können.

Ferner brauchen wir mehr pädagogische Assistenzkräfte oder auch Studierende, die die Lehrkräfte in dieser besonderen Zeit unterstützen. Das können Sie alles nachlesen in unserem Kon zept „Das krisenfeste Klassenzimmer“.

Ihr Lernbrückenprogramm hingegen greift zu kurz, und Sie wissen das. Doch zusammen mit Ihrer unsäglichen Debatte innerhalb der Regierung um die Schulpflicht wird daraus ei ne regelrecht toxische Mischung. Ein Anruf genügt, und die Schulpflicht ist passé. Soll das über Monate so laufen?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Quatsch!)

Wie wollen Sie verhindern, dass ausgerechnet diejenigen Kin der und Jugendlichen zu Hause bleiben, die Förderung beson ders nötig hätten? Welche Antwort geben Sie hier?

Können Sie auch aufsuchende Arbeit gewährleisten? Gibt es z. B. auch klare Verabredungen mit den Kommunen, Stich wort „Aufsuchende Schulsozialarbeit“?

Und wenn die Kinder daheim bleiben müssen: Wie wollen Sie diese einbinden? Haben Sie geklärt, dass diese per Videoschal te am Unterricht teilnehmen können? Ist das datenschutzrecht lich geklärt, Frau Ministerin? Denn das ist Ihre Aufgabe und nicht die der Schulleitungen.

(Beifall)

Bitte hierzu heute an dieser Stelle einmal eine konkrete Ant wort!

Gestern hat mich übrigens noch eine telefonische Anfrage ei ner geschiedenen Mutter erreicht: Was passiert eigentlich, wenn die Eltern sich nicht einig sind? Nein, das ist alles nicht durchdacht.

(Zurufe)

Für die SPD ist die Schulpflicht, ist das Recht auf Bildung der Kinder ein sehr hohes Gut.