Protocol of the Session on June 21, 2017

Meine Damen und Herren, nehmen Sie bitte die Plätze ein, und stellen Sie Ihre Gesprä che ein oder verlagern diese nach außerhalb des Plenarsaals, damit wir beginnen können.

Guten Morgen. Ich eröffne die 36. Sitzung des 16. Landtags von Baden-Württemberg.

Von der Teilnahmepflicht befreit sind Herr Abg. Dürr, Frau Abg. Erikli, Herr Abg. Herre, Herr Abg. Kopp sowie Frau Abg. Lindlohr.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich ganztägig Herr Minister Lucha, Herr Minister Wolf, Frau Staatssekretä rin Schütz, Frau Staatsrätin Erler sowie Herr Abg. Dr. Aden und Herr Abg. Hentschel, die Frau Staatsrätin Erler auf ihrer Delegationsreise nach Italien begleiten.

Ab 13 Uhr entschuldigt ist Herr Staatssekretär Dr. Baumann, ab 15:30 Uhr Herr Minister Untersteller und ab 16 Uhr Herr Minister Hermann.

Im Eingang befindet sich das Schreiben des Verfassungsge richtshofs vom 24. Mai 2017, Az.: 1 GR 35/17 – Organ streitverfahren eines Abgeordneten gegen seine Fraktion wegen Abberufung aus Ausschüssen und Erteilung eines Redeverbots für die Fraktion im Plenum. Ich schlage vor, dieses Schreiben an den Ständigen Ausschuss zu überwei sen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so be schlossen.

Meine Damen und Herren, wir haben heute zwei Geburtstags kinder in unseren Reihen. Ich beginne mit Frau Staatssekre tärin Friedlinde Gurr-Hirsch.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Liebe Frau Gurr-Hirsch, im Namen des ganzen Hauses gratu liere ich Ihnen sehr herzlich. Schön, dass Sie Ihren Geburts tag mit uns feiern!

(Heiterkeit)

Wir haben ein weiteres Geburtstagskind, nämlich Frau Kol legin Sabine Wölfle. Auch Ihnen wünsche ich im Namen des ganzen Hauses alles Gute zum Geburtstag. Schön, dass Sie hier feiern!

(Beifall bei allen Fraktionen)

Wir treten nun in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Ist Datenschutz Verbrecherschutz? – Wie glaubwürdig ist Grün-Schwarz bei diesem Thema? – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung. Wie immer darf ich die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebe nen Redezeitrahmen zu halten.

Schließlich darf ich auf § 60 Absatz 4 unserer Geschäftsord nung verweisen, wonach im Rahmen der Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.

Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Frakti onsvorsitzenden Dr. Rülke.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade in Zeiten des Terro rismus ist auch für eine liberale Fraktion immer wieder die Frage zu stellen, wie sich das Verhältnis von Freiheit und Si cherheit austariert. Nach wie vor gilt das berühmte Wort von Benjamin Franklin: „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren.“

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen, der SPD und der AfD)

Es gilt aber auch das Wort von Wilhelm von Humboldt: „Denn ohne Sicherheit ist keine Freiheit.“

Der Innenminister hat es, glaube ich, gerade bestätigt. Er ist ja jetzt sozusagen als dritter großer abendländischer Philosoph hinzugetreten

(Vereinzelt Heiterkeit)

im Zusammenhang mit der Maut – mit dem Satz:

Datenschutz darf kein Täterschutz sein.

Der Landesdatenschutzbeauftragte hat dazu gesagt, dass ihm diese Äußerung zu einfach sei. So ist es auch, und so sieht es offensichtlich auch der grüne Koalitionspartner bei der CDU. Denn Kollege Sckerl hat sich in diesem Zusammenhang mit dem Satz zitieren lassen:

Wir lassen nicht zu, dass der Datenschutz in der aufge heizten sicherheitspolitischen Debatte unter die Räder kommt.

Sein Landesvorsitzender, Herr Hildenbrand, ging noch deut lich weiter. Er warnte vor „ausufernden Kontrollfantasien“ der CDU und sagte – ich zitiere –:

Die Möglichkeit zur Erstellung von umfassenden Bewe gungsprofilen würde George Orwell auf die Autobahn bringen.

Der George Orwell des 21. Jahrhunderts ist aber vermutlich weniger Herr Strobl als vielmehr Herr Hermann.

(Heiterkeit – Beifall bei der FDP/DVP und Abgeord neten der SPD – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Selten so gelacht!)

Denn Herr Hermann will ja George Orwell nicht nur auf die Autobahn, sondern in den Stuttgarter Talkessel bringen,

(Beifall bei der FDP/DVP)

nachdem er am 25. April 2017 noch geschrieben hat – ich zi tiere aus der Landtagsdrucksache 16/1817 –:

Technische Maßnahmen zur Kontrolle, wie z. B. eine au tomatisierte Kennzeichenerkennung, sind gegenwärtig nicht vorgesehen.

„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“

(Beifall des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD)

Denn in der „Südwest Presse“ vom 14. Juni 2017 wird – ver mutlich auf Betreiben des Innenministeriums – enthüllt, dass Herr Hermann gleichzeitig seinen Amtschef, Herrn Lahl, mit der Frage an das Innenministerium losgeschickt hat, ob es denn möglich sei, in einem ersten Schritt Kfz-Kennzeichen und Kfz-Typ mit den beim Kraftfahrt-Bundesamt hinterleg ten Fahrzeug- und Schadstoffdaten abzugleichen.

Ich habe natürlich Verständnis dafür, dass sich Herr Strobl über diese grüne Moral empört, die da heißt: Wenn Strobl Mörder fangen will, ist das George Orwell, aber wenn Her mann Dieselfahrer jagt, ist alles erlaubt. Meine Damen und Herren, was für eine Moral ist das?

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der AfD und der SPD)

Ihre Ausrede, Herr Minister Hermann, Sie hätten sich auf ei nen Prozess vorbereitet, war schon allerliebst.

(Zuruf des Ministers Winfried Hermann)

Das Ganze ist sehr grotesk. Der einzige Prozess, der einem in diesem Zusammenhang einfällt, ist „Der Prozess“ von Franz Kafka.

(Heiterkeit)

Herr Hermann, so grotesk ist diese Ausrede.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Rainer Podeswa AfD)

Denn offensichtlich ging es Ihnen ja darum, einen prominen ten Dieselfahrer zu fangen – ich sehe ihn im Moment nicht –, einen Großvater, der sich erst kürzlich einen neuen Diesel ge

kauft hat, um Sand für seinen Enkel zu holen. Denn dafür braucht man ja ein gescheites Auto.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Ich meine den Ministerpräsidenten. Ich hätte ihn jetzt gern ge fragt, ob das wenigstens ein Euro-6-Diesel ist. Herr Murawski, wissen Sie das vielleicht? Wissen Sie das nicht?

(Vereinzelt Heiterkeit)