Protocol of the Session on May 8, 2019

Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 90. Sitzung des 16. Landtags von Baden-Württemberg.

Von der Teilnahmepflicht befreit sind Herr Abg. Berg, Herr Abg. Gall, Frau Abg. Lindlohr, Herr Abg. Nemeth, Herr Abg. Dr. Rösler, Herr Abg. Schoch, Herr Abg. Wald und Herr Abg. Dr. Weirauch.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt hat sich ganztägig Frau Ministerin Sitzmann.

Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt auf Ihren Tischen. – Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu.

Im Eingang befinden sich:

1. Mitteilung des Rundfunkbeauftragten für den Datenschutz vom 1. Fe

bruar 2019 – 11. Tätigkeitsbericht des Rundfunkbeauftragten für den Datenschutz des Südwestrundfunks für das Jahr 2018 – Drucksache 16/6070

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

2. Schreiben des Verfassungsgerichtshofs vom 11. April 2019, Az.: 1 GR

24/19 – Anrufung des Verfassungsgerichtshofs gegen die Ablehnung der Zulassung eines Volksbegehrens für gebührenfreie Kitas

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

3. Mitteilung des Ministeriums der Justiz und für Europa vom 30. April

2019 – Bericht über aktuelle europapolitische Themen – Drucksache 16/6193

Überweisung an den Ausschuss für Europa und Internationales

4. Mitteilung des Bürgerbeauftragten vom 18. April 2019 – Tätigkeits

bericht des Bürgerbeauftragten des Landes Baden-Württemberg für das Jahr 2018 – Drucksache 16/6133

Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Mi gration und federführend an den Ständigen Ausschuss

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Europa richtig machen – für Sicher heit, Frieden und Wohlstand – beantragt von der Frakti on der CDU

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung. Wie immer darf ich an dieser Stelle auch die Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorge gebenen Redezeitrahmen zu halten.

In der Aussprache erteile ich nun das Wort für die Fraktion der CDU Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Reinhart.

Frau Präsidentin, ver ehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir begehen morgen den Europatag, und unser ganzer Kontinent erinnert an die große Schuman-Rede im Jahr 1950, am 9. Mai. Heute vor 74 Jah ren endete der Zweite Weltkrieg, und am 8. Mai vor 70 Jah ren verabschiedete in Bonn der Parlamentarische Rat das Grundgesetz. Damit begann für uns in Deutschland die längs te Friedenszeit in der modernen Geschichte. Dieses beispiel lose Friedenszeitalter verdanken wir maßgeblich der Idee ei nes vereinten Europas.

Es war Europa, das uns Frieden, Freiheit und Wohlstand ge bracht hat; und nur Europa kann auch in Zukunft Frieden, Freiheit und Wohlstand sichern. Darum geht es in diesen Ta gen.

(Beifall bei der CDU, den Grünen, der SPD und der FDP/DVP)

Wir werden in zwei Wochen 70 Jahre Grundgesetz feiern. Von Anfang an hat sich dieses Grundgesetz – die beste Verfassung, die es auf deutschem Boden je gab – bereits in seiner Präam bel dem vereinten Europa als Auftrag für das deutsche Volk verpflichtet.

Europa ist auch die dringende Lehre aus unserer Geschichte. Es ist Staatsziel, und es ist für uns eine schlichte Notwendig keit. Auch das müssen wir uns immer wieder klarmachen in einer Zeit, in der der antieuropäische Reflex zur politischen Mode gemacht wird.

Wenn wir heute Morgen lesen, dass die Briten jetzt doch an der Europawahl teilnehmen, so zeigt uns dieses BrexitChaos: Der Weg hinaus aus Europa ist ein Irrweg. Mit Popu lismus, mit Nationalismus, mit Protektionismus, mit Egois mus werden wir das 21. Jahrhundert nicht gewinnen können.

(Beifall bei der CDU, den Grünen und der FDP/DVP sowie Abgeordneten der SPD)

Unsere Zukunft heißt deshalb Europa. Wir brauchen Europa. Nur als einiges Europa werden wir in einer Welt zwischen

„America first“ und neuer chinesischer Seidenstraße über haupt bestehen können.

Wir brauchen Europa für unsere Sicherheit, für die Verteidi gung unserer Freiheit und auch für unsere Werte und Interes sen.

Wir haben oft betont, dass Europa auf drei Säulen aufgebaut ist: auf Rom und dem römischen Recht, auf der Akropolis, dem griechischen Geist, aber auch auf Golgota, dem jüdischen Eingottglauben, aber auch auf der Aufklärung, auf der Verfas sungsgeschichte, der Französischen Revolution, auf Kunst und Kultur. Das sind unsere Werte. Die wollen wir bewahren. Das sind unsere Wurzeln, um die es geht.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen, der SPD und der FDP/DVP)

Wir brauchen Europa auch für unsere Sicherheit, für die Ver teidigung unserer Freiheit und vor allem für den Schutz unse rer Grenzen. Auch im Kampf um den Freihandel brauchen wir es, für echte Visionen, wie sie jetzt z. B. Manfred Weber mit dem europäischen Masterplan gegen den Krebs vorgeschla gen hat. Wir brauchen Europa für die großen Aufgaben im grenzüberschreitenden Bereich, im Umweltschutz, im Klima schutz, für eine große Innovationsstrategie, aber auch als ge meinsamen Raum des Rechts.

Meine Damen und Herren, wenn hier heute junge Menschen auf der Tribüne sitzen: Die junge Generation hatte noch nie solche Chancen mit freiem Reisen, Studieren, Arbeiten in al len Ländern, für Europa. – Es ist eure Zukunft, und das sind Chancen wie nie zuvor.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der FDP/DVP)

Allein durch Horizont 2020 sind 729 Millionen € in dieses Land geflossen.

Wir brauchen Europa auch als Gegenmodell gegen die auto ritären Zumutungen und Anmaßungen in China, Russland oder anderswo. Gerade für Baden-Württemberg als Export land Nummer 1, als Innovationsregion Nummer 1, als Regi on im Herzen des Kontinents bleibt Europa Chancensicherer und Wohlstandsgarant. Jeder dritte Arbeitsplatz in BadenWürttemberg hängt von diesem Europa ab. Auch das müssen wir schützen, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU, Abgeordneten der Grünen und der FDP/DVP sowie des Abg. Andreas Stoch SPD)

Herr Abg. Dr. Reinhart, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Stickelberger zu?

Am Ende der Rede. Im Moment nicht, weil die Zeit ja sehr begrenzt ist.

Das gemeinsame europäische Haus ist niemals fertig. Wir müssen es immer wieder verändern, stärken und verbessern. Manchmal müssen wir seinen Aufbau auch wieder vereinfa chen, klären und straffen. Deshalb darf sich dieses Europa auch nicht im Klein-Klein verlieren. Wir wollen kein Europa, das von oben herab und aus der Ferne verordnet, normt, be fiehlt oder verbietet,

(Abg. Stefan Räpple AfD: Nein! Niemals!)

wir wollen ein Europa der Freiheit, der dezentralen Verant wortung und vor allem auch der Subsidiarität.

Als Landesparlamentarier wehre ich mich dagegen, wenn im mer mehr Macht von unten nach oben verlagert wird. Jede Aufgabe muss aus unserer Sicht dort erfüllt werden, wo sie besser, billiger und bürgernäher erfüllt werden kann. Auch das ist uns ein Anliegen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Stefan Räpple AfD)

Das gilt in Europa genauso wie in unserem Föderalismus. Gu te Politik braucht die Kraft in den Graswurzeln, braucht Trans parenz, braucht Bürgernähe.

Wir haben die meisten Städtepartnerschaften mit Frankreich – über 400 – und mit Ungarn – 157.

(Zuruf des Abg. Stefan Räpple AfD)

Deshalb wollen wir ein Europa, das nationale und auch regi onale Besonderheiten schützt und respektiert. Nur so kann es stärker und besser werden.