Protocol of the Session on December 14, 2020

Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 136. Sitzung des 16. Landtags von Ba den-Württemberg. Ich danke Ihnen, dass wir aus aktuellem Anlass so kurzfristig zu dieser Sondersitzung zusammenkom men können.

Von der Teilnahmepflicht befreit sind Frau Abg. Boser, Herr Abg. Halder, Herr Abg. Kenner, Herr Abg. Klos, Herr Abg. Maier, Herr Abg. Nelius, Frau Abg. Seemann, Herr Abg. Stä chele, Herr Abg. Dr. Weirauch und Frau Abg. Zimmer.

Seitens der Regierung haben sich aus dienstlichen Gründen entschuldigt Frau Staatssekretärin Dr. Splett und ab 15:45 Uhr Frau Ministerin Dr. Eisenmann. Außerdem sind entschuldigt Frau Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut sowie Frau Staatsse kretärin Mielich.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe den einzigen Punkt der heutigen Tagesordnung auf:

Regierungsinformation durch den Ministerpräsidenten im Nachgang der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Län der zur Corona-Pandemie am 13. Dezember 2020

und Aussprache

Ich erteile Herrn Ministerpräsident Kretschmann das Wort.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Grüß Gott, Pol Pot! – Gegenruf des Abg. Andreas Stoch SPD: Habe ich das richtig gehört?)

Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Lage ist ernst, sehr ernst. Wir verzeichnen einen Höchststand an Neu infektionen und einen Höchststand an Verstorbenen. Das ex ponentielle Wachstum ist zurück, das Virus ist stärker denn je.

In den letzten Wochen ist die Zahl der Neuinfizierten hochge schnellt. In den letzten sieben Tagen haben sich allein in Ba den-Württemberg 20 000 Menschen mit dem Virus angesteckt; bundesweit waren es fast 150 000. Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt täglich. Sie liegt derzeit in Baden-Württemberg bei 187, bundesweit bei 176. Am Freitag sind in Deutschland fast 600 Menschen an und mit dem Virus verstorben – ein trauriger Höchststand.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: „An“ oder „mit“? Das ist wichtig, Herr Ministerpräsident!)

Auch die Lage in den Krankenhäusern spitzt sich immer mehr zu.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Herr Abg. Dr. Fiechtner, Sie haben das Recht, ab und zu einmal Zwischenrufe zu machen. Aber Zwischenrufe – –

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Ich ha be ja noch gar nicht begonnen!)

Moment! Herr Abg. Dr. Fiechtner, Sie haben nicht das Recht, die Sitzung dauernd zu stören. Wenn Sie ständig da zwischenrufen, sind das keine Zwischenrufe mehr, sondern Dauerrufe, und dann gibt es andere Ordnungsmaßnahmen.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Was heißt „ständig“?)

Sie sind jetzt ruhig, bitte.

(Vereinzelt Beifall – Zuruf: Herr Fiechtner, bei Ihnen werden wir das auch machen!)

Auch die Lage in den Krankenhäusern spitzt sich immer mehr zu. Ich bin in ständigem Austausch mit Ärzten aus den Kliniken.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das stimmt gar nicht! Das ist falsch!)

Und was ich dabei zu hören bekomme, macht mir große Sor gen. Allein bei uns in Baden-Württemberg werden gerade 2 000 Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern behandelt, 500 davon auf den Intensivstationen – so viele wie nie zuvor, Tendenz steigend.

An der Universitätsklinik Heidelberg etwa sind die Intensiv kapazitäten zu fast 90 % ausgelastet, und auch in anderen Kli niken ist die Lage angespannt. Ärzte und Pflegepersonal auf den Intensivstationen sind an ihrer Belastungsgrenze.

(Zuruf: Ha, ha, ha! – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Dazu kommt, dass sich wegen der steigenden Infektionszah len auch immer mehr Klinikmitarbeiter mit dem Virus anste cken

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Mär chenstunde, oder wie?)

und damit ausfallen.

(Zuruf: Das ist doch nicht wahr!)

(Ministerpräsident Winfried Kretschmann)

So sind gerade in der Uniklinik Freiburg 5 % bis 10 % der ge testeten Mitarbeiter positiv.

Herr Ministerpräsident, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Fiechtner zu?

Nein, Herr Dr. Fiechtner, und Sie brauchen sich auch gar nicht darum zu be mühen. Ich werde Zwischenfragen von Ihnen generell nicht beantworten.

(Beifall – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Weil Sie keine Argumente haben! Weil Sie generell überhaupt gar keine Antwort hätten!)

Einen Moment, Herr Minis terpräsident! – Herr Abg. Dr. Fiechtner, erstens haben Sie vor hin den Ausdruck gebraucht: „Grüß Gott, Pol Pot!“ Dafür be kommen Sie einen Ordnungsruf.

Zum Zweiten: Wenn Sie weiterhin so stören, bekommen Sie den nächsten Ordnungsruf; und es geht noch weiter, wenn man weiterhin stört.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Wunder bar!)

Ansonsten wür de ich vorschlagen, dass ich in der zweiten Runde hinausge he, damit Sie gern Ihre Fragen an mich stellen können, die ich dann auch gern beantworte.

Bereits jetzt werden fast alle ohne größeres Risiko für die Pa tienten verschiebbaren sogenannten elektiven Operationen verschoben, um die Kliniken zu entlasten. Aber natürlich ha ben auch diese Patienten ein Recht auf die Behandlung ihrer Leiden. Bei alledem müssen wir auch sehen: Es trifft längst nicht nur die Alten. Das Durchschnittsalter der intensiv beat meten Patienten liegt etwa in der Uniklinik Freiburg bei nur 58 Jahren.

(Zuruf: Das ist Freiburg!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit den differenzierten Ver schärfungen, die wir Anfang November beschlossen hatten, konnten wir für einige Zeit den exponentiellen Anstieg der Zahl der Neuinfektionen stoppen

(Zuruf: Krachend gescheitert!)

und das Infektionsgeschehen in eine Seitwärtsbewegung brin gen. Das Ziel, unser Gesundheitssystem vor einer Überlas tung zu schützen, hatten wir damit erreicht. Allerdings ist es nicht gelungen, mit diesen Maßnahmen die Infektionszahlen deutlich herunterzudrücken.

Nun sehen wir erneut einen massiven Anstieg; deshalb müs sen wir jetzt weitere einschneidende Maßnahmen ergreifen und das öffentliche Leben radikal herunterfahren, um die Zahl der Neuinfektionen drastisch zu senken. Nur so können wir die Kontrolle über das Virus zurückgewinnen; denn erst bei einer Sieben-Tage-Inzidenz unter 50 sind die Gesundheitsäm ter wieder in der Lage, alle Kontakte nachzuverfolgen und die Infektionsketten zu brechen.

Tatsache ist aber: Ein kleines Feuer kann man schnell löschen, einen Flächenbrand dagegen nur sehr schwer. Deshalb hat meine Landesregierung am vergangenen Freitag landesweite Ausgangsbeschränkungen beschlossen, und deshalb haben die Bundeskanzlerin, meine Länderkollegen und ich uns gestern erneut beraten. Dabei waren wir uns einig: Die Lage ist bit terernst. Wir müssen die Kontrolle über das Virus zurückge winnen. Das schaffen wir aber nur, wenn wir jetzt noch ent schiedener handeln.

(Beifall – Zurufe)

Anders geht es nicht. Deswegen haben wir gemeinsam und sehr einmütig entschieden: Wir fahren das ganze Land herun ter, und zwar konsequent.

(Zurufe, u. a.: An die Wand, meinen Sie!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, folgende Beschlüsse haben wir im Einzelnen gefasst – sie gelten erst einmal bis zum 10. Januar 2021 –:

Erstens: Die Kontaktbeschränkungen werden aufrechterhal ten. Das heißt, es dürfen sich weiterhin maximal fünf Perso nen aus zwei Haushalten treffen. Kinder bis 14 Jahre können dazukommen. Für Familien werden wir für die Weihnachts tage, das heißt für den – nochmals verkürzten – Zeitraum vom 24. bis 26. Dezember, eine zusätzliche Option schaffen. Mög lich sind danach auch Treffen mit maximal vier Personen, die nicht zum eigenen Hausstand, aber zum engsten Familienkreis gehören. Dazu gehören Ehegatten, Lebenspartner sowie Ver wandte in gerader Linie, Geschwister, Geschwisterkinder, auch wenn dies mehr als zwei Hausstände bedeutet. Auch hier werden dazugehörige Kinder bis zum 14. Lebensjahr nicht mitgezählt.

(Zuruf: Mann, Mann, Mann!)