Protocol of the Session on January 23, 2019

Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 81. Sitzung des 16. Landtags von Baden-Württemberg.

Von der Teilnahmepflicht befreit sind Frau Abg. Boser, Herr Abg. Grath, Herr Abg. Hoher, Herr Abg. Dr. Kern, Herr Abg. Dr. Merz, Herr Abg. Sänze sowie Herr Abg. Dr. Weirauch.

Außerdem sind Frau Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut und Frau Staatsrätin Erler entschuldigt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute ist ein besonders trau riger Sitzungstag unseres Parlaments. Denn in unserer Mitte fehlt ein Parlamentarier mit Leidenschaft: Dr. Bernhard La sotta ist tot.

Die Nachricht hat uns tief erschüttert. Am 11. Januar 2019 – nur wenige Tage vor seinem 50. Geburtstag – verstarb unser geschätzter Kollege an einer unheilbaren Krankheit, von der nur sehr wenige wussten. Als Arzt konnte er die Diagnose si cher sehr genau einschätzen. Er wusste, was auf ihn zukam.

Ende Oktober gab er den Vorsitz des CDU-Kreisverbands Heilbronn ab. Den letzten beiden Plenarsitzungen vor Weih nachten konnte er schon nicht mehr beiwohnen.

Bernhard Lasotta wurde mitten aus dem Leben, aus dem Kreis seiner Familie und aus seiner mit großer Leidenschaft betrie benen Parlamentsarbeit gerissen.

Dem Landtag gehörte er seit 2001 an, also bereits in der vier ten Wahlperiode. Er war suchtpolitischer Sprecher der CDUFraktion, Mitglied der Enquetekommission „Demografischer Wandel“, profilierter Integrationspolitiker, Experte für Justiz vollzug und – für einen Mediziner naheliegend – profunder Gesundheitspolitiker. Für seine CDU-Fraktion war er ordent liches Mitglied im Ständigen Ausschuss, im Sozialausschuss und im Parlamentarischen Kontrollgremium.

„Ich kümmerʼ mich drum“, steht als Motto auf seiner Home page. Die Wählerinnen und Wähler im Wahlkreis Neckarsulm belohnten sein Engagement, indem sie Dr. Lasotta mit dem Direktmandat ausstatteten. Auch sie schätzten – wie wir Kol leginnen und Kollegen – seine Geradlinigkeit, seine Offen heit, seine konsequente Haltung in vielen Fragen.

Kollege Lasotta brachte sich ein. Nicht wenige Male über nahm er hier im Hohen Haus die medizinische Erstversorgung. Neben seinem politischen Mandat versah er ärztliche Diens te im Klinikum. Er wollte sich, wie er es selbst begründete, seine „innere und materielle Unabhängigkeit“ bewahren.

Bernhard Lasotta hatte Überzeugungen und kämpfte für sie – ob in Integrationsfragen, in der Entwicklungs- und der Rechts politik oder beim Thema DITIB.

Dem Landtag als Kontrollorgan der Exekutive machte der Par lamentarier Lasotta alle Ehre, wie die früheren Minister Rai ner Stickelberger oder Reinhold Gall gewiss bezeugen kön nen.

„Konsequent in den großen Linien, dann kann man im Klei nen großzügiger sein“, lautete seine Devise. Es gab den hart in der Sache verhandelnden Abgeordneten Lasotta – und es gab den charmanten, fairen und respektvollen Abgeordneten Lasotta. Wir erinnern uns an sein freundliches Wesen, an sein Lächeln, an seinen Humor.

Ich zitiere: „Das Leben ist zu kurz, als dass man einen Tag da hinrauschen lassen sollte, ohne gelacht zu haben.“ Bernhard Lasotta war nicht nur ein geschätzter, er war ein gemochter Kollege. Er fehlt und wird uns fehlen. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie, bei seiner Frau und seinen Kindern, die auf einen wunderbaren Menschen verzichten müssen.

Ich bitte Sie jetzt, sich in Gedanken an Herrn Dr. Bernhard Lasotta und im Mitgefühl für seine Familie und seine Ange hörigen von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

Ich danke Ihnen.

(Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe heute Trauerbe flaggung angeordnet. Sie wird zum Sonnenuntergang enden. Sie haben die Möglichkeit, Ihre Anteilnahme in einem Kon dolenzbuch, das vor dem Moser-Saal ausgelegt ist, zum Aus druck zu bringen. Vielen Dank.

Meine Damen und Herren, wir dürfen heute einen neuen Kol legen begrüßen. Die Landeswahlleiterin hat mit Schreiben vom 14. Dezember 2018 mitgeteilt, dass Sie, lieber Herr Ni colas Fink, mit Wirkung vom 1. Januar 2019 die rechtliche Stellung eines Abgeordneten des 16. Landtags von BadenWürttemberg erworben und somit die Nachfolge von Herrn Wolfgang Drexler angetreten haben.

Im Namen des ganzen Hauses heiße ich Sie, lieber Herr Fink, im Landtag herzlich willkommen und wünsche Ihnen für Ihre Arbeit alles Gute und viel Erfolg.

(Beifall bei allen Fraktionen)

(Präsidentin Muhterem Aras)

Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt Ihnen vor. – Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überwei sungsvorschlägen zu.

Im Eingang befinden sich:

1. Mitteilung der Landesregierung vom 14. Dezember 2018 – Bericht

der Landesregierung zu einem Beschluss des Landtags; hier: Landes beteiligungen an Unternehmen und Mitgliedschaften in Aufsichtsgre mien – Drucksache 16/5473

Überweisung an den Ausschuss für Finanzen

2. Mitteilung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst

vom 17. Dezember 2018 – Bericht des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst zu einem Beschluss des Landtags; hier: Bericht über die Praxis der Promotionsförderung nach dem Landesgraduier tenförderungsgesetz – Drucksache 16/5476

Überweisung an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst

3. Mitteilung der Landesregierung vom 27. Dezember 2018 – Bericht

der Landesregierung zur Verzichtbarkeit von Formerfordernissen im Landesrecht Baden-Württemberg nach Artikel 7 Absatz 2 des Geset zes zur Förderung der elektronischen Verwaltung und zur Änderung weiterer Vorschriften – Drucksache 16/5533

Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Mi gration

Auf Ihren Tischen finden Sie einen Vorschlag der Fraktion der AfD (Anlage 1) sowie einen Vorschlag der Fraktion der SPD (Anlage 2) für Umbesetzungen in verschiedenen Ausschüs sen. – Ich stelle fest, dass Sie den vorgeschlagenen Umbeset zungen zustimmen.

Wir kommen nun zu zwei Nachwahlen.

Herr Abg. Sascha Binder hat mit Schreiben vom 15. Januar 2019 gegenüber dem Vorsitzenden des Richterwahlausschus ses und des Staatsanwaltswahlausschusses, Herrn Justizmi nister Guido Wolf, erklärt, dass er zum nächstmöglichen Zeit punkt auf die Mitgliedschaft in den beiden Gremien verzich tet. Daher sind für beide Gremien heute Nachwahlen durch zuführen.

Nach den §§ 54 a und 89 a des Landesrichter- und -staatsan waltsgesetzes sind für den Rest der Amtszeit Nachfolger für den Richterwahlausschuss und für den Staatsanwaltswahlaus schuss zu bestimmen.

Die vorschlagsberechtigte Fraktion der SPD schlägt als künf tiges Mitglied des Richterwahlausschusses und des Staatsan waltswahlausschusses jeweils Herrn Abg. Dr. Boris Weirauch und als stellvertretendes Mitglied Herrn Abg. Reinhold Gall vor, der bereits in beiden Gremien persönlicher Stellvertreter des Herrn Abg. Binder war. Die Wahlvorschläge liegen als Tischvorlage auf Ihren Plätzen (Anlage 3).

Sind Sie damit einverstanden, dass diese Wahlen offen durch geführt werden? – Das ist der Fall. Vielen Dank.

Wer diesen Wahlvorschlägen zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Den Wahl vorschlägen ist einstimmig zugestimmt. Vielen Dank.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Regierungsinformation zum Thema „Europa-Leitbild der Landesregierung“ durch Herrn Ministerpräsident Kretsch mann

und Aussprache

Ich darf das Wort Herrn Ministerpräsident Kretschmann er teilen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor zwei einhalb Jahren – sechs Tage nach dem Brexit-Votum im Ver einigten Königreich – habe ich an dieser Stelle eine Regie rungserklärung abgegeben. Die Entscheidung der Britinnen und Briten hatte damals nicht nur die Europäische Union tief erschüttert, sondern auch mich und die meisten von uns hier in diesem Hohen Haus. Die Volksabstimmung machte deut lich: Europa steht am Scheideweg – und das betrifft unser al ler Zukunft.

Gerade wir in Baden-Württemberg haben den Satz „Europa ist unsere Zukunft“ tief verinnerlicht. Er ist für uns kein schnell dahergesagter Satz. Er ist die Lehre aus der Vergangenheit, in einem Land, dessen zentrale Lage in Europa über Jahrhunder te Fluch und Bedrohung war. Heute ist sie ein Segen – dank des vereinten, friedlichen Europas.

In diesem Sinn gibt uns die Landesverfassung den Auftrag,

dieses... Land... in einem vereinten Europa... zu gestal ten und an der Schaffung eines Europas der Regionen... aktiv mitzuwirken,...

(Beifall bei den Grünen und der CDU)