Ruth Weckenmann
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Last Statements
Herr Minister, es stellt sich schon die Frage, ob Ihre Aussage angesichts des Lkw-Verkehrs durch Stuttgart aufrechtzuerhalten ist.
Aber meine Frage geht dahin: Stimmt es, wie ich informiert worden bin, dass Lkw-Fahrer, die das Durchfahrverbot missachten, mit maximal 20 € Strafe rechnen müssen und dass die Polizei auch nicht feststellen kann, ob der Fahrer das Durchfahrverbot schon mehrmals missachtet hat?
Herr Minister, mir fehlt allein aufgrund der gesparten Kilometer, wenn man Stuttgart nicht umfährt, der Glaube, dass 20 € wirklich jemanden abschrecken könnten. Ich bitte Sie, zum einen schriftlich die Frage zu beantworten, wie hoch das Bußgeld ist, und zum anderen darzulegen, ob angesichts des Vabanquespiels von 700 Kontrollen in drei Monaten darüber nachgedacht wird, Verstöße doch zu erfassen, um Mehrfachtäter davon abzuhalten, das Durchfahrverbot weiterhin zu missachten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir uns hier im Landtag umschauen und dann in die Betriebe schauen, dann haben wir den Eindruck, dass wir in zwei Welten leben. Müssten wir
uns heute in Betrieben bewerben, hätten die wenigsten von uns noch eine realistische Chance. Es gibt nur einen Punkt, bei dem ich mich auf meine Vorrednerin, Frau Berroth, beziehe, und zwar ist das der Begriff „Jugendwahn“. Ich denke, die Betriebe sind kollektiv dem Jugendwahn verfallen.
Herr Schuhmacher, wie so oft sind Sie wirklich eine Ausnahme und ein Leuchtturm auch in diesem Bereich.
Aber ich fürchte, viele andere Unternehmer sind es leider nicht.
Wenn wir jetzt noch einmal die Randstad-Untersuchung, die im Januar 2006 veröffentlicht wurde, anschauen – das muss man sich überlegen: im Jahr 2006, Herr Wirtschaftsminister! –, dann stellen wir fest, dass 40 % der Betriebe klar und deutlich erklärt haben, dass ein Bewerber mit 50 Jahren zu alt sei. Ich weiß nicht, ob bei den anderen 60 % in den Köpfen nicht die gleiche Vorstellung vorherrscht. Aber den übrigen 40 % war ihre Vorstellung schon eine klare Aussage wert.
Wenn man die anlässlich einer Fachtagung des Wirtschaftsministeriums abgegebenen Stellungnahmen der Spitzenverbände der baden-württembergischen Wirtschaft, auf die Sie alle so viel Hoffnung setzen, liest, erkennt man, dass diese unisono auf das verweisen, was ältere Arbeitskräfte für die Betriebe und die Unternehmen an Qualität und an Kraft bedeuten. Im Gegensatz zu Herrn Schuhmacher gab es von ihnen aber kein Wort dazu, dass sie von den Vorruhestandsregelungen sehr profitiert und diese als Betriebe sehr gern angenommen hätten.
Die Stellungnahmen der Spitzenverbände haben meines Erachtens mit dem betrieblichen Alltag – siehe Umfrage vom Januar – sehr wenig zu tun. Wer von Ihnen am Samstag die Stellenanzeigen gelesen hat, hat sich wohl noch einmal darin bestätigt gefühlt: Jung und flexibel muss man sein.
Professor Schmid aus Tübingen – Mitglied der RürupKommission –, der im Auftrag der Landesregierung einen Altersatlas erarbeitet hat, sagt: „Es kann nicht sein, dass man bei Volvo in Schweden mit älteren Beschäftigten Autos bauen kann, bei Daimler-Chrysler dagegen nicht.“ Ich denke, das ist eine Aussage, die Sie, Herr Wirtschaftsminister, sich noch einmal vergegenwärtigen müssen und auch in Ihre Gespräche einfließen lassen müssen.
In Skandinavien ist der Anteil der älteren Beschäftigten höher als bei uns. Warum? Auch das hat Ihnen Professor Schmid ganz deutlich gesagt – das sollten Sie ebenfalls zur Kenntnis nehmen –: Bei uns fehlt das öffentliche Bewusstsein für die Fähigkeiten der Älteren, und bei uns fehlt vollständig ein Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebot.
In beiden Bereichen haben Sie landespolitisch versagt. Was das öffentliche Bewusstsein angeht, so stoßen wir auf Vorurteile: Ältere seien häufiger krank, wenig leistungsfähig. Keine wissenschaftliche Untersuchung belegt dies. Aber der Ministerpräsident, der bei diesem Thema wieder nicht zu sehen ist, hat genau diese Vorurteile mit seiner Aussage, mit 40 habe man seinen Leistungshöhepunkt überschritten, zementiert.
Damit hat er der Beschäftigung von Älteren einen Bärendienst erwiesen.
Natürlich versucht der Ministerpräsident, zurückzurudern. Der Innenminister rudert beim Fragebogen zurück, während der Ministerpräsident bei der Altersfrage zurückrudert. Sie rudern alle zurück. Aber die Botschaft haben die Menschen doch ganz klar verstanden: Sie sind älter, und dafür sollen sie in Zukunft auch weniger verdienen.
Aber ein Problem haben wir: In unserer Gesellschaft drückt sich Leistung natürlich auch in Gehalt aus. Wenn man weniger Gehalt erhalten soll, lautet die Botschaft für einen Älteren auch ganz klar: Ich bin älter, erhalte weniger, also leiste ich offensichtlich weniger.
Bis heute hat der Ministerpräsident diese Äußerungen nicht zurückgenommen. Er hat sich darum herumlaviert, aber er hat nie deutlich gesagt, dass Ältere genauso leistungsfähig sind wie Jüngere.
Wenn ich mir den Kongress vergegenwärtige, denke ich: Sie haben die Schlagzeilen mit diesem Thema besetzt. Man hat ja auch gesehen: Die Zeitungen haben das Thema aufgegriffen. Aber an unterstützenden Maßnahmen des Landes, um die Beschäftigungssituation für ältere Arbeitnehmer zu verbessern, ist nichts gekommen. In diesem Bereich haben Sie völlig versagt.
Aber in der zweiten Runde werden wir vielleicht noch im Detail hören, was Sie vorhaben.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen uns ja heute noch darüber auseinander setzen, was wir für eine bessere Erwerbsbeteiligung tun müssen; aber was die Kollegin Berroth gesagt hat, ist an Ignoranz nicht zu überbieten. Sie müssen einfach wissen, dass Sie heute einen Arbeitnehmer ab 50 Jahren ohne sachlichen Grund uneingeschränkt befristet beschäftigen können.
Da ist überhaupt keine Alterssicherung da. Eine Alterssicherung gibt es lediglich in der Metallindustrie. Sie werden es wirklich nie lernen.
Wir müssen als Politiker zwei Dinge machen. Das wissen wir auch. Wir müssen die Anreize, frühzeitig aus dem Erwerbsleben auszusteigen, beseitigen. Da kann man jetzt schon Fragen stellen. Frau Berroth, 1987 hat die FDP zusammen mit der CDU die Anreize ausgebaut. Nur Sie waren das und niemand sonst. 1998 hat die damalige SPD-geführte rot-grüne Bundesregierung gehandelt. Das Renteneintrittsalter ist in der Zeit von 1998 bis 2004 auf 63,1 Jahre, also um ein Jahr gestiegen. Die Erwerbstätigenquote bei den 55-Jährigen und Älteren ist von 1998 bis 2004 auf 42 % gestiegen. Da hat es eindeutige Veränderungen gegeben. Auch beim Bezug des Arbeitslosengelds wurde alles
verändert. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen. Dennoch ist unsere Erwerbstätigenquote nach wie vor zu niedrig.
Jetzt will ich noch einmal sagen – ich habe es schon vorhin gesagt –: Es gibt zwei Bereiche, in denen wir etwas tun müssen. Dem öffentlichen Bewusstsein hat Ministerpräsident Oettinger einen Bärendienst erwiesen.
Also: Oettinger, öffentliches Bewusstsein: Bärendienst.
Jetzt schauen wir den zweiten Bereich an – mein Kollege Schmiedel hat es vorhin gesagt –: Daimler entlässt 6 000 Beschäftigte und nimmt dazu noch 2 Milliarden € in die Hand. Was glauben Sie, wer da in erster Linie gehen wird? Das sind doch natürlich die Älteren.
Da hätte ich schon auch gerne vom Ministerpräsidenten einmal nicht nur ein Wort des Verständnisses gehört,
sondern auch gern ein Wort dazu, dass es Probleme bei unserer anderen Strategie gibt, Ältere im Erwerbsleben zu lassen.
Herr Professor Schmid aus Tübingen hat noch einmal gefragt, Herr Pfister, was wir tun müssen. Er hat gesagt: Qualifizierungssysteme einrichten und fördern, und der öffentliche Sektor müsse als Vorbild vorangehen. Das tut er nicht, und eingerichtet wird auch nichts. 3,5 % der Arbeitskräfte über 50 Jahre nehmen in Deutschland an Fortbildungen teil, in Schweden sind es 35 %. Damit – jetzt komme ich zu Ihnen, Herr Schuhmacher – lässt sich der Strukturwandel natürlich nicht bewältigen. Was wir brauchen, ist ein Bündnis für Weiterbildung in den Betrieben. Da kann ich nur sagen: à la bonne heure an die Metallindustrie und die IG Metall, die einen Qualifizierungsvertrag vereinbart haben. Aber sonst passiert nichts.
Und im Land, Herr Minister, wird es natürlich schon sehr eng. Im Land machen Sie genau das Gleiche. Seit 1996 haben Sie die Mittel für die öffentliche Weiterbildung halbiert. Wir haben hier über die Kürzung bei den Abendgymnasien – das betrifft die berufliche Weiterbildung – gestritten.
Nein, es ist bei den Kürzungen geblieben. Bei der Volkshochschule liegt der Anteil der öffentlichen Mittel in Ba
den-Württemberg bei 6,6 %, bundesweit bei 15 %. Herr Minister, wo sind Sie denn da? Ich höre da nie etwas von Ihnen.
Wir schlagen vor, von den Mehreinnahmen des Landes aufgrund der steuerpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung 90 % zur Reduzierung der Schuldenaufnahme zu verwenden, aber von den restlichen 10 % fünf Jahre lang 25 Millionen € in die „Weiterbildung on the job“ zu investieren. Wir müssen da etwas machen. Wir können die Älteren nicht allein auf die Betriebe verweisen, die das nicht allein stemmen, wie gerade die kleinen und mittleren Betriebe. Wir brauchen natürlich Beschäftigungsangebote für Ältere. Dazu frage ich das Land als Vorreiter im öffentlichen Dienst: Wie ist es denn mit der Altersteilzeit – nicht als Blockfreizeit, sondern wirklich als Teilzeit –, um für Jüngere einen Einstellungskorridor zu erhalten? Da könnten wir doch einmal Vorreiter sein. Da müssten wir etwas machen.
Herr Pfister, ich habe von Ihnen auch kein Wort zu einem Beschäftigungspakt gehört. Der Bund hat 250 Millionen € für einen Beschäftigungspakt für Ältere zur Verfügung gestellt. Von 62 ausgewählten Vorschlägen kommen drei aus Baden-Württemberg. Wieso sind wir da so knapp dabei? Das ist doch Geld, das wir brauchen könnten.
Vielleicht müssten wir uns in diesem Haus zusammen auch darüber verständigen, dass es für einen Teil der älteren Arbeitslosen – für einen kleinen, aber wichtigen Teil – auch zur Ehrlichkeit gehört, dass wir uns für eine dauerhaft geförderte Beschäftigung für diesen Bereich aussprechen müssen. Auch hierzu habe ich von Ihnen, Herr Ministerpräsident, nichts gehört. Diese Personen werden mit der betrieblichen Weiterbildung nicht weiterkommen.
Herr Haas, jetzt bin ich doch gespannt, ob ich Sie nicht richtig verstanden habe oder ob Sie sich vielleicht nicht ganz richtig ausgedrückt haben.
Wie soll denn jetzt ein Träger, der Kinder von außerhalb der Grenzen der Kommune in seinem Kindergarten hat und zukünftig nur noch 31 % Zuschuss bekommt, den Platz finanzieren? Sie haben doch gerade gesagt, damit könnten die leben.
Frau Vossschulte, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie der Meinung sind, dass Kinder wie zum Beispiel mein Sohn, der am Dienstag zehn Schulstunden hat und um 7:10 Uhr das Haus verlässt und um 18:00 Uhr wieder zu Hause ist – –
Jetzt halten Sie einmal Ihren Mund!
Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie meinen, dass diese Kinder an diesem Abend noch eine Stunde Hausaufgaben machen können? Meinen Sie, dass Schüler, die – wie es etwa im Gymnasium Korntal der Fall ist; Herr Oettinger sitzt ja auch hier; er kennt das Gymnasium – an diesem Tag bis 18 Uhr Unterricht haben – sie fangen ebenfalls um 7:45 Uhr an –, auch an diesem Tag noch Hausaufgaben machen können, weil sie sich ansonsten vor dem Fernseher langweilen? Das möchte ich jetzt im Ernst von Ihnen wissen.
Das hätten Sie gern.
Lieber Kollege Rüeck, extra wegen Ihnen. Aber Sie sehen: Rot überwiegt.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, Sie haben einen Problembereich angesprochen, nämlich die Entlastung, die der Bund mit den 2,5 Milliarden € geregelt hatte. Das war ein Vorschlag der alten Bundesregierung. Die neue Regierung wird sich in dieser
Frage darüber einigen müssen, ob die Entlastung in dieser Form kommt oder nicht. Das werden wir nach Vorlage aller Zahlen gemeinsam verantworten müssen.
Ich denke, ein anderer Bereich müsste heute im Mittelpunkt stehen. Herr Minister Renner, Sie haben auch bei der „Pro Arbeit“ gesagt: „An der Zusammenlegung von Arbeits- und Sozialhilfe wollen wir nicht rütteln.“ Das halten wir alle für richtig. Damit ist natürlich auch eine neue Finanzierungsverantwortung verbunden. Bislang hatten sich Bund und Land die Ausgaben für die Wohngeldempfänger bei Arbeitslosen- und Sozialhilfe geteilt. Jetzt wird das den Stadtund Landkreisen übertragen. Die werden durch den Wegfall der Sozialhilfe entlastet, werden aber mit den Kosten für Unterkunft und Heizung belastet.
Der Bund verlangt jetzt durch die Neuregelung, dass die Länder ihrerseits die Einsparung, die sie ja tatsächlich erhalten haben, an die Stadt- und Landkreise weitergeben. Nach Ihren eigenen Berechnungen spart das Land BadenWürttemberg durch die Hartz-IV-Regelungen im Wohngeldbereich im Jahr 2005 132 Millionen € ein, die das Land für diesen Bereich nicht mehr ausgeben muss. Die Kommunen sagen, es sei sogar mehr. Das heißt, dass Baden-Württemberg ohne das Hartz-IV-Gesetz im Jahr 2005 mindestens die Summe von 132 Millionen € für Wohngeld hätte ausgeben müssen. Ich glaube, da sind wir uns einig.
Die Frage ist, was das Land jetzt tut. Da haben wir nach wie vor eine unterschiedliche Bewertung. Das Land verrechnet die Umsatzsteuerverteilung mit den Ersparnissen und gibt eben nur 33 Millionen € weiter. Das bezeichnet das Land als Nettoweitergabe. Die Stadt- und Landkreise müssen aber die Kosten für Unterkunft und Heizung, die das Land jetzt nicht mehr bezahlt, tragen. Denen ist mit der Weitergabe also nicht geholfen. Deswegen wehren sich die Vertreter der kommunalen Landesverbände. Die haben das in folgender Weise salopp formuliert – ich bitte das Zitat einfach so zu nehmen, wie es gefallen ist –: „An den Händen des Landes klebt das Geld der Kommunen.“ Auf Kosten der Kommunen – es ist eine Aufgabe, die das Land nicht mehr leisten muss; das gebe ich zu – wird jetzt der Landeshaushalt saniert. Da drängt sich schon der Verdacht auf, ob das ähnlich wie bei der Schulsozialarbeit ist, nämlich dass das Land eine Aufgabe, die es nicht finanzieren will, einfach an die Kommunen delegiert.
Vor diesem Hintergrund sind wir der Meinung, dass es nicht richtig ist, den Kommunen dieses Geld vorzuenthalten, weil sie diese Kosten ja wirklich tragen müssen. Deswegen können wir als Landtagsfraktion dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen.
Herr Hillebrand, trifft dann die Aussage des Finanzministers nicht mehr zu, und unterstellen Sie dem Finanzminister, dass seine Aussage dann nicht mehr gilt? Er sagte, dass eine solche Verlagerung seiner Ansicht nach keine Einsparung bringen könne. – Das war meine erste Frage.
Ich will jetzt einfach wissen, ob das stimmt.
Zusatzfrage:
Gelten dann die Aussagen, die der Finanzminister im Finanzausschuss gemacht hat, nicht mehr weiter?
Ist der Finanzminister in dieser Frage eine gespaltene Persönlichkeit? Das war die dritte Frage.
Nein, das ist keine rhetorische Frage. Für mich ist die Frage: Mit welcher Auskunft kann ich hinausgehen?
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Blenke, Sie haben mich ein bisschen hilflos zurückgelassen. Was haben Sie eigentlich gesagt? Was wollten Sie zum Ausdruck bringen? Was tun wir jetzt für die Jugendlichen?
Ich dachte, wir wären uns darin einig, dass wir eine beklagenswerte Zunahme der Jugendkriminalität haben, was uns alle zum Handeln zwingen sollte. Wir müssen uns intensiv damit auseinander setzen, was die Ursachen für diesen Anstieg sind. Vielleicht sind wir uns noch in diesem Punkt einig.
Ich schaue die Antwort der Landesregierung auf die Anfrage der Fraktion GRÜNE an, die richtige Erkenntnisse zusammenfasst: Jugendkriminalität wird begünstigt durch die Erfahrung innerfamiliärer Gewalt, durch gravierende soziale Benachteiligung, schlechte Zukunftschancen aufgrund niedrigen Bildungsniveaus, Integrationsprobleme und Gewalt in den Medien.
Ich wundere mich schon manchmal, wenn ich Sie immer höre, wenn Sie auf die Familie hinweisen. Aus diesen Familien, die diese Erziehung nicht leisten können, erwachsen die Jugendlichen, die zur Gewalt bereit sind. Da helfen uns Appelle nicht weiter. Denn offensichtlich konnten es diese
Eltern bei diesen Jugendlichen nicht leisten. Da müssen wir uns ein bisschen mehr einfallen lassen.
Ich habe den Revierleiter bei uns in Freiberg-Rot begleitet. Er hat zu mir gesagt: „Wissen Sie, Frau Weckenmann, da, wo wir Polizisten anfangen, da ist es zu spät. Bei den Jugendlichen, die Sie bei mir sehen, muss man früher anfangen.“
Also müssen wir uns mit der Prävention auseinander setzen.
Ach, seien Sie doch ruhig und hören Sie zu! – Die Landesregierung kann offensichtlich keine neuen Eltern backen.
Der Justizminister müsste angesichts dieser Zahlen vehement für den Ausbau von Präventionsmaßnahmen eintreten. Das wäre doch der vordringliche Weg.
Jetzt auf einmal höre ich die Auseinandersetzung um die Jugendsozialarbeit. In seiner Antwort sagt der Minister noch, die Landesregierung tue etwas, und nennt im Bereich des Sozialministeriums die Jugendsozialarbeit als Aufgabe der Landesregierung. Jetzt haben Sie das abgeschafft, und dann sagen Sie nach der Abschaffung, dass das kommunal gemacht werden soll. Die Schulen aber sagen Ihnen, dass die Sozialarbeit Teil des Schulalltags ist. Sie schreiben in der Antwort zu Recht, es sei ein niederschwelliges, kriminalpräventives Angebot, das Kinder und Jugendliche im Vorfeld erreichen und stabilisieren könne. Fehlanzeige, Herr Minister! Sie, die Sie so laut bei allem schreien, haben mit zugestimmt, dass die Jugendsozialarbeit abgeschafft wird.
In viel zu wenigen, und Sie wissen das. Der flächendeckende Ausbau der Prävention – –
Das reicht eben nicht aus. Ludwigsburg allein drückt die Jugendkriminalität im Land nicht herunter.
Wir brauchen einen Ausbau der Prävention, und zwar einen viel stringenteren.
Er muss gekoppelt sein mit einem Jugendstrafrecht, das dazu beiträgt, den Einstieg von Jugendlichen in Kriminalitätskarrieren zu verhindern. Das muss unser größtes Anliegen sein. Wenn sie schon kriminell geworden sind, dann muss man sie herausholen.
Auch hier, Herr Justizminister, wundert man sich ja manchmal: Haus des Jugendrechts. Sie loben das zu Recht. Wir alle, die es besucht haben, loben es zu Recht: sofortige Zusammenarbeit Polizei, Jugendamt, Staatsanwaltschaft, Richter; intensive Befassung mit den jugendlichen Delinquenten, Gesamtschau von Tat und Täter, schnelle Reaktion. Das ist bei jungen Leuten ganz wichtig. Das weiß man von den Kindern. Du kannst nicht sagen: „Abends verhaut dich der Papa, wenn er heimkommt.“
Vielmehr musst du dich mit dem Kind auseinander setzen.
Nein, eben nicht. Du musst es nicht verhauen. Du musst dich mit der Situation auseinander setzen.
Herr Justizminister, Sie loben es zu Recht, aber Sie machen das nicht, weil Sie in Ihrer Antwort auf die Große Anfrage sagen, das koste zu viel. Sie werden also Ihrem Ruf als Prävention unterstützender und die richtigen Maßnahmen unterstützender Minister nicht gerecht, sondern irgendwie sind Sie ein rechtspolitischer Haudrauf. Das kennen wir: beim Vaterschaftstest, beim Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit, beim Antidiskriminierungsgesetz.
Zu dem, was Sie vorschlagen, hat Kollege Oelmayer alles gesagt. Alle Ihre Maßnahmen klingen markig, wenn man die Einzeltaten ansieht. Aber Sie verschweigen natürlich, dass die Jugendkriminalität damit nicht zurückgedrängt werden kann und dass Sie nur so tun, als ob, dass Sie zu spät anfangen. Damit haben Sie die Lufthoheit über den Stammtischen. Aber der Skandal ist: Das reicht nicht. Die Jugendkriminalität drängen Sie damit nicht zurück.
Herr Minister Goll, habe ich das in der Antwort Ihres Hauses richtig gelesen,
dass Sie die Jugendsozialarbeit als ein niederschwelliges Angebot für gefährdete Jugendliche erachten, um gar nicht den Einstieg in eine Kriminalitätskarriere zuzulassen? Das ist die erste Frage.
Warum haben Sie die Mittel gestrichen?
Sie haben die Jugendarbeitslosigkeit angesprochen. Sind Sie dann der Meinung, dass es falsch war, dass die Landesregierung die Mittel für langzeitarbeitslose Jugendliche gestrichen hat?
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Renner, ich fand es schon toll, dass Sie Ihr Manuskript noch einmal ablesen konnten. Aber besser ist es deswegen auch nicht geworden.
Sie sind zwar jetzt neu im Amt, aber Sie müssten doch den Unterschied zwischen dem Entsendegesetz und einem Mindestlohn begriffen haben. Beim Entsendegesetz entscheiden die Tarifvertragsparteien, ob sie eine Lohnuntergrenze ein
ziehen wollen, und sie entscheiden, ob diese allgemein verbindlich sein soll. Ein Mindestlohn ist dagegen etwas, was der Staat und die Regierung festlegen.
Aber Sie können bei mir gern Aufklärung holen.
Ich dachte, wir sind uns einig, dass wir in Deutschland und in Baden-Württemberg menschenwürdige Arbeits- und Entlohnungsbedingungen wollen.
Wie viele Berichte, Herr Renner – der Wirtschaftsminister taucht eh ab –, brauchen Sie noch? Ich habe hier einen Arbeitsvertrag von Joey’s Pizza Service: 150 Stunden, Entlohnung 400 € brutto im Monat. Für 150 Stunden! Wie weit wollen Sie denn noch hinunter, Herr Renner? Ist Ihnen das noch immer zu viel? Reichen Ihnen all die Beispiele zum Lohndumping in der Bundesrepublik nicht?
Das ist ein legaler Vertrag. Bitte, Herr Noll, Sie sind halt Zahnarzt.
Wir sprechen in diesem Bereich – das sollten sich eigentlich die verantwortlichen Minister merken – von Gewinnmargen, die in der gleichen Größenordnung liegen wie beim Drogenhandel.
Aber die Strafen, die bisher bei Schwarzarbeit und Scheinselbstständigkeit verhängt werden, sind natürlich nicht annähernd so hoch. Und die Gewinne bleiben nicht bei denen, die zu 4,50 € in der Stunde arbeiten. Deswegen brauchen wir eine Entsenderichtlinie und die Ausweitung dieser Richtlinie auf alle Betroffenen, damit sie alle unter diesen Schutz kommen.
Wir schützen die Betroffenen und die mittelständischen Unternehmen, aber wir schützen nicht die Gewinne derjenigen, die sich daran bereichern.
Ein Beispiel: Ich kenne einen schwäbischen Gartenbaumeister. Er hat seine Mitarbeiter ganz normal angestellt. Jetzt lässt ein Konkurrent Leute aus Polen oder aus der Slowakei für 2,50 € in der Stunde hier arbeiten. Und Sie wollen nicht, dass das unterbunden wird!
Sie sagen, der Markt solle das richten. Das ist eine ungeheure Sauerei!
Die Erfahrungen mit dem Entsendegesetz sind doch gut. „Lob für den Mindestlohn“, lese ich hier. Wieso hat man das gemacht? Kohl hat damals Hunderttausende polnische Werkarbeitnehmer hereingelassen. Dann gab es einen Aufstand und mordsviele Entlassungen in der Bauindustrie. Dann hat man das mit dem Entsendegesetz korrigieren müssen. Das waren Sie, die das damals verursacht haben, und das Entsendegesetz war der richtige Weg. Deswegen müssen wir das auf die Branchen ausweiten, für die wir heute noch die gleichen Probleme sehen.
Ich kann nur sagen: Ministerpräsident Oettinger hat ja in seiner Regierungserklärung erklärt:
Die Situation... wird auch dadurch erschwert, dass Arbeitnehmer aus den neuen EU-Ländern zu dort üblichen Niedriglöhnen in Deutschland beschäftigt werden. Einheimische Arbeitskräfte werden so in die Arbeitslosigkeit abgedrängt.
Er sagte weiter, wir sollten
durch zeitlich befristete Schutzbestimmungen die Arbeitsmärkte der alten und der neuen EU-Staaten behutsam aneinander heranführen, ohne dass es bei uns zu Lohndumping kommt...
Das aber geht natürlich nur mit einem Entsendegesetz und mit Schutzregelungen.
Nein, Sie müssen es ausweiten, sonst geht es nicht. Sonst – und auch das hat der Ministerpräsident gesagt – wird die Arbeitslosigkeit bei uns noch weiter steigen.
Meine Vorrednerin hat wunderbar aufgezeigt:
Sie sind sich in dieser Koalition nicht darüber einig, was Sie machen wollen, um die betroffenen Arbeitnehmer und die betroffenen Unternehmen zu schützen. Sie haben eine Chance: Sie können am 8. Juli im Bundesrat diesem erneut eingebrachten Gesetzentwurf zustimmen und dadurch für die Unternehmen und die Beschäftigten etwas tun. Oder aber Sie sind anderer Meinung und sagen: „Wir wollen, dass du für zwei oder drei Euro in der Bundesrepublik arbeitest.“ Aber dann sagen Sie es auch!
Herr Staatssekretär, wie will die Landesregierung sicherstellen, dass die Staatsanwaltschaft die jetzt bekannten Fälle der Jugendkriminalität zeitnah behandeln kann? Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft beklagt ja – das wissen Sie auch –, dass sie noch Personal abbauen muss, sodass deswegen zu erwarten ist, dass eine zeitnahe Behandlung der Fälle überhaupt nicht möglich ist. Sie rechnet mit fünf bis sechs Monaten. Verstehen Sie darunter immer noch die Maßnahmen, die im „Haus des Jugendrechts“ getroffen waren, nämlich zeitnahe Verurteilungen auch sicherzustellen?
Herr Scheffold, Sie haben von „Bürgern“ gesprochen. Für mich ist jetzt die Frage: Haben Sie auch die Bürgerinnen gemeint? Konkret ist die Frage: Werden Sie deshalb – weil Sie sagen, Sie werden diese Gruppen im Land berücksichtigen – die Kürzungen für den Landesfrauenrat in Höhe von 8 000 €, die das Ende des Landesfrauenrats bedeuten, zurücknehmen? Machen Sie eine Aussage dazu in Ihrer Rede, oder berücksichtigen Sie die Frauen in Ihrer Rede nicht?
Herr Minister, Sie haben jetzt viel geredet, aber auf viele offene Fragen haben Sie noch keine Antwort gegeben. Ich will fragen, ob Sie dazu noch Stellung beziehen, warum Sie eine Regelung getroffen haben, Frauenbeauftragte bei dem Auswahlverfahren für Stellenbesetzungen nur dann zuzulassen, wenn keine andere Frau dabei ist. Haben Sie das ernsthaft vor, und wie wollen Sie das begründen? Denken Sie, eine Frau steht für alle und für das Amt der Frauenbeauftragten? Ist dies Ihr Verständnis von Frauenförderung?
Herr Theurer, was zahlen Sie im Monat an Rundfunkgebühr?
Sagen Sie es mir bitte.
Sie zahlen etwas mehr, Sie zahlen 16 ½ €.
Herr Theurer, sind Sie der Meinung, dass Sie zur Sozialverträglichkeit beitragen, wenn Sie eine Gebühr für den Einzelnen statt um 30 oder 35 Cent um einen geringeren Betrag erhöhen? Wagen Sie ernsthaft zu sagen, dass Sie das mit Sozialverträglichkeit für den einzelnen Bürger begründen, oder halten Sie das jetzt nicht für eine Lachnummer?
Herr Pfister, Sie werden mir sicherlich Recht geben, dass Sie jetzt ziemlich viele Sachen zusammenmischen, ohne konkrete Zahlen zu nennen.
Das ist die erste Frage.
Die zweite Frage: Ich hätte von Ihnen gerne möglichst konkret gewusst, wie niedrig die Lohnnebenkosten Ihrer Meinung nach sein müssten oder um wie viel sie sinken müssten, damit wir keine Schwarzarbeit haben.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Thema unserer heutigen Debatte ist der baden-württembergische Ausbildungspakt. Dieser Pakt wurde geschlossen als Folge des von der Bundesregierung abgeschlossenen nationalen Pakts für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland. Unser Änderungsantrag liegt Ihnen vor.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist wirklich erfreulich, dass auch Baden-Württemberg nach Nordrhein-Westfalen einen Ausbildungspakt abgeschlossen hat. Aber nachdem ich gestern solche Elogen gehört habe, frage ich mich schon: Warum muss erst die rot-grüne Bundesregierung einen nationalen Pakt schließen, damit die baden-württembergische Landesregierung einen Handlungszwang erkennt?
Ich meine, lieber spät als gar nicht. Aber die Frage, die noch viel wichtiger ist und die wir heute klären sollten, ist folgende: Warum trifft die Landesregierung keine Vereinbarungen, die über die Berliner Vereinbarung hinausgehen, und warum unternimmt sie nichts, was speziell den Problemen in unserem Land Rechnung trägt?
Immerhin: Der Ministerpräsident stellt sich erstmals der Tatsache, dass wir in Baden-Württemberg ein Ausbildungsplatzproblem haben. Aber ich denke, in der Ausbildung ist es wie bei den Ganztagsschulen: Ohne Druck aus Berlin nimmt diese Landesregierung wichtige gesellschaftliche Probleme nicht wahr.
Ja, ihr hättet ohne uns keine Ganztagsschulen gemacht.
Ohne Druck aus Berlin, Herr Seimetz, wäre nichts gekommen.
Mit dem Abschluss dieses Pakts zeigt sich auch, dass die Spitzengespräche im Land zur Ausbildungssituation, die immer stattgefunden haben, gescheitert sind und erfolglos waren, und zwar deshalb, weil die Vereinbarungen, die man getroffen hat, nicht fest waren und die Landesregierung sich an ihren Teil nie gehalten hat.
Das Problem in Baden-Württemberg liegt doch offen zutage: Wir haben zu wenig Ausbildungsplätze, und wir haben
eine wachsende Zahl von Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz suchen. Wir haben – die Kultusministerin ist ja erfreulicherweise da – Jahr für Jahr fast 20 000 Jugendliche, die im BVJ oder in Maßnahmen des Arbeitsamts vielfach eine Warteschleife drehen. Das hat übrigens Herr Heil aus dem Kultusministerium im letzten „Magazin Schule“ genauso gesagt.
Diesen Tatbestand haben wir seit Jahren im Land, ohne dass Sie irgendetwas Zählbares unternommen hätten. Die SPD-Fraktion hat in der gesamten Legislaturperiode Forderungen gestellt. Aber ich denke, es spricht schon für das Problembewusstsein der Landesregierung, wenn auch im jetzigen Pakt formuliert ist, im letzten Jahr sei es zu einem Ausgleich zwischen Lehrstellenangebot und Nachfrage gekommen.
Ob Sie sich mit diesen zynischen Äußerungen nach außen wagen, frage ich mich schon.
Tausend Jugendliche, die sich ohne Erfolg um einen Ausbildungsplatz bemüht haben, stempeln Sie einfach ab.
Am 8. September 2003, eine Woche vor Ferienende, hatten wir noch fast 16 000 Lehrstellensuchende gegenüber 7 500 offenen Stellen bei den Arbeitsämtern. Es fehlten also rund 8 000 Stellen. Bis zum 1. Oktober 2003 haben Sie statistisch ein Plus von fast 1 000 Stellen daraus gemacht. Da Sie gestern Abend ja alle die Fußball-EM verfolgt haben, kann ich doch die Frage stellen: Wie hat diese Landesregierung das „Wunder von Reitzenstein“ vollbracht, aus minus plus zu machen?
Sie bauen Potemkin’sche Dörfer auf, und Sie versündigen sich an den Jugendlichen, denen nach Warteschleifen im BVJ und in Vollzeitschulen vom Arbeitsamt keine Lehrstelle angeboten wird, die keine Hoffnung und damit auch keine Perspektive entwickeln können.
Was mir unverständlich ist, aber für den Geist des Landes spricht, ist, dass Sie die Gewerkschaften nicht einbezogen haben.
Wir brauchen, um die notwendige Zahl von Ausbildungsstellen sicherzustellen, alle, die in den Betrieben Verantwortung tragen. Oder wollen Sie den Betriebsräten jetzt ihre Verantwortung für die Ausbildung absprechen? Dann melden Sie sich hierzu einmal.
Vereinbarungen können wir nur gemeinsam abschließen. Wenn wir diesen Teil nicht berücksichtigen, wird der Landespakt nicht erfolgreich bleiben.
Die Wirtschaft beklagt im Ausbildungspakt wieder einmal die mangelnde Ausbildungsreife der Jugendlichen.
TIMSS, PISA, OECD-Gutachten belegen diesen Tatbestand. Und was machen Sie?
Die „Schwäbische Zeitung“ schreibt gestern den absolut zutreffenden Satz:
Chefsache im Kultusministerium müsste es sein, die Schwächsten besser als bisher zu fördern – im Pakt mit den Lehrern.
Chefsache im Kultusministerium aber ist es, die Schwächsten zu ignorieren, die Lehrer vor den Kopf zu stoßen und Berufsschullehrer mit Deputatserhöhungen zu belasten.
In der nächsten Runde komme ich im Detail zum Ausbildungspakt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wahrscheinlich sollten die Kultusministerin und ich einmal die Paktunterlagen austauschen. Bei dem, was sie über den Pakt gesagt hat, könnte man fast meinen, ihr liege ein anderer Pakt vor als der, der uns zur Verfügung steht und über den in der Presse berichtet wurde.
Tatsache ist doch, dass die Landesregierung in allen Bereichen dieses Pakts, in denen sie direkt handeln könnte, absolut unverbindlich geblieben ist.
„Verbesserung der allgemeinen Ausbildungsreife“ lautet eine Überschrift des Pakts. Was steht darunter? Sie wollen Kontakte zu Wirtschaft und Schule vertiefen.
Gut, dagegen hat niemand etwas, aber das ist doch sehr wenig präzise.
Herr Casper moniert, die Auszubildenden könnten nicht rechnen und schreiben. Es gibt aber keinen einzigen Satz von der Landesregierung darüber, wie es zum Beispiel mit Stützunterricht in Mathematik und Deutsch zur Steigerung der Allgemeinbildung aussieht. Kein Satz dazu!
Zu den leistungsschwächeren Jugendlichen: Das, was Sie dazu erzählt haben, Frau Ministerin, ist echt ein Gag.
Um die leistungsschwächeren Jugendlichen kümmern Sie sich bei diesem Pakt erst, wenn sie in der Berufsschule sind. Es findet sich kein Satz dazu, was man in den allgemein bildenden Schulen machen sollte, damit die Jugendlichen nicht leistungsschwächer werden. Kein einziger Satz!
Sie haben sich für viel Geld ein „tolles“ Gutachten vorlegen lassen – die Kollegin hat es zitiert –, in dem steht, dass wir zur sozialen Stärkung und zur Stärkung der Kompetenz der Jugendlichen dringendst Jugendberufshelfer und Schulsozialarbeiter brauchen. Kein Satz steht in dem Bündnis, dass die Landesregierung hierzu irgendeine Anstrengung unternimmt.
Was Geld anbelangt, hat ein Partner in dem Pakt definitiv festgeschrieben, was er bringt. Das ist die Bundesagentur für Arbeit. Sie bringt im nächsten Jahr 450 Millionen € zur Förderung der schwachen Jugendlichen.
Ich gehe noch einmal auf das ein, was Sie gesagt haben. Ich sehe Ihnen, Frau Schavan, Ihre Ausführungen zu der Ausbildung bei den Gewerkschaften nach. Sie kennen sich im dualen Ausbildungssystem nicht so aus.
Sie werden mir doch nicht erzählen wollen, dass jemand, der bei der IG Metall als Bürokauffrau ausgebildet wurde, anschließend von Daimler-Chrysler übernommen wird. Das ist nur ein Popanz und hat mit der Ausbildungsplatzsituation überhaupt nichts zu tun.
Klar.
Es ist schon erstaunlich, für welche Fragen Ihre Fraktion Beifall klatscht.
Herr Wieser, wenn Sie mir Unternehmen nennen, die die bei den Gewerkschaften Ausgebildeten einstellen, ist das wunderbar. Aber mit der Ausbildung durch die Gewerkschaften können wir das Ausbildungsproblem nicht lösen. Nennen Sie mir bitte nachher einfach ein paar Betriebe, die einstellen. Ich kenne nämlich zwei Personen, die bei Gewerkschaften ihre Ausbildung genossen haben und dringend einen Platz suchen. Das klären wir untereinander.
Seien Sie doch nicht so aufgeregt!
Zu den zweijährigen Berufsausbildungen: PIA, Offenburger Modell, das sind Projekte mit zweijährigen Ausbildungen. Das haben Sie immer von mir gehört, das haben wir alles abgeschlossen. Aber denen, die in einem Modell den dreijährigen Ausbildungsgang schaffen – da ziehen wir doch Hand in Hand –, wollen wir die dreijährige Ausbildung anbieten. Und nur den paar Personen, die das kognitiv nicht schaffen, wollen wir die zweijährige Ausbildung anbieten.
Aber denjenigen, die mit dem pünktlichen Erscheinen Probleme haben, nützt eine zweijährige Ausbildung auch nichts, Herr Wieser.
Dann noch einmal zu den Stellen für die beruflichen Schulen. Frau Schavan, ich finde es fast schon ärgerlich, dass Sie sich hier hinstellen und sagen: „Was wollen Sie denn? Wir haben ja nirgends gesagt: zusätzlich.“ Ich glaube, die Pressevertreter haben das aber so verstanden, wie es die breite Öffentlichkeit auch verstanden hat. Die haben gedacht: Wir wissen, in den Berufsschulen fällt Unterricht aus, und jetzt kommt zusätzlich zu dem Vereinbarten noch einmal etwas hinzu.
Jetzt sagen Sie: „Das war nur das, was wir eh gesagt haben. Für Zusatzmaßnahmen gibt es auch weiterhin nichts.“
Vielleicht noch zu der Frage „Ausbildungsumlage oder Ausbildungspakt?“ Warum hat das Land Baden-Württemberg diesen Pakt nicht schon im letzten Jahr abgeschlossen, als wir – die Zahlen habe ich Ihnen vorhin genannt – auf dem Ausbildungsmarkt Probleme noch und nöcher hatten? Sie sind doch hier im Schulbereich beinahe abgesoffen,
weil alle in den schulischen Bereich drängten. Das wäre doch diesem Land unbenommen geblieben. Nein, Sie haben die Bundesregierung gebraucht, die dieses Gesetz gemacht hat, um die Bereitschaft zu diesem Pakt zu bekommen. Jetzt haben wir diesen Pakt, und deshalb sollten wir froh sein.
Zur Ausbildung in der Landesverwaltung: Ich hätte es schon interessant gefunden, wenn Sie, Frau Ministerin, vielleicht etwas zum Rückgang der Zahl der Ausbildungsplätze in den Universitätsklinika gesagt hätten. Das ist nur ein Bereich. Generell wäre das in Ihrem Haus ein anderer Bereich, in dem der Ansatz wirklich notwendig ist. Da haben Sie sich im Pakt auf nichts eingelassen – keine einzige verbindliche Zusage, die einem schwachen Jugendlichen hilft.
Herr Kretschmann, mich würde interessieren, wie Sie sich diese Beweisführung angesichts des vorliegenden Falles vorstellen, bei dem wir auch schon überlegt haben, wie der Beweis für den Grund, aus dem Frau Ludin das Kopftuch trägt, zu führen ist.
Herr Minister Döring, wie Sie bin ich froh, dass die rechnerische Relation zwischen Ausbildungsplatzsuchenden und Ausbildungsstellen aufgegangen ist. Aber interpretiere ich Ihre Aussage richtig, dass die ca. 20 000 Jugendlichen, die wir auch in diesem Jahr wieder in Maßnahmen der Arbeitsverwaltung und in BVJMaßnahmen haben, alle nicht ausbildungsfähig und nicht ausbildungswillig sind?
Ich muss diese Frage stellen, Herr Minister, denn diese fünf Ausbildungsgänge, auf die Sie sich beziehen, haben ja schließlich eine dreijährige Ausbildung zum Ziel. Teilen Sie die Auffassung Ihres Hauses, die auch schriftlich vorliegt, dass es gelungen ist, in diesen fünf Modellen, die wir ja ausweiten wollen, fast 90 % der Jugendlichen zu einem qualifizierten dreijährigen Abschluss zu bringen?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst gilt mein Dank all jenen Betrieben, die sich
auch in diesem Jahr für die Sicherstellung der notwendigen Zahl von Ausbildungsplätzen eingesetzt haben.
Das waren die Betriebe, die ihre gesamtgesellschaftliche Verantwortung wahrgenommen haben. Wir haben leider auch Betriebe, die das nicht getan haben.
Ich habe heute Morgen von meinen Vorrednern schon einiges an Polemik gehört.
Aber ich glaube, dass wir in der Frage der Ausbildung auch ein paar Gemeinsamkeiten haben. Diese möchte ich gern festhalten.
Erstens: Die duale Berufsausbildung ist unverzichtbar für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg. Sie ist die beste Vorbereitung auf das Berufsleben. Ich glaube, Herr Birk und Herr Hofer, da sind wir uns sicherlich einig.
Zweitens – und ich glaube, Herr Dr. Birk, dass wir uns auch da einig sind –: Die Verantwortung für ein ausreichendes Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen liegt bei der Wirtschaft. Die Wirtschaft hat diese mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts seit 1980 als ihre ureigenste Aufgabe angenommen.
Die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen – und ich hoffe, da sind wir uns immer noch einig – ist keine Freiwilligkeitsleistung der Wirtschaft,
sondern sie ist konstitutiv für das duale System. Es gibt kein duales System ohne die Freiwilligkeitsleistung der Wirtschaft. Und funktioniert dies, wie es im Osten der Republik in Teilen der Fall ist, nicht, dann muss der Staat diese Ausbildung übernehmen. Ich hoffe, dass dies nicht in unserem Interesse ist, sondern dass wir die duale Ausbildung stärken wollen.
Herr Dr. Birk, noch einmal – man kann es ja im Wirtschaftsausschuss diskutieren, aber ich frage mich, wie viel ich noch reden muss, damit das begriffen wird –: Die Zahl der Ausbildungsplätze hat in Baden-Württemberg besorgniserregend abgenommen, und zwar seit 1992;
das haben wir geklärt. Der größte Rückgang erfolgte bis zum Jahr 1998, und das hat nicht allein mit der Regierung zu tun,
sondern das weist auf ein strukturelles Problem hin. Seit 1992 – bitte kapieren Sie das einmal – wurde die Zahl der Ausbildungsplätze von 138 000 auf 75 000 fast halbiert.
Darin sehen wir einfach ein großes Problem, das unabhängig von der konjunkturellen Lage die duale Ausbildung gefährdet.
Nur wenn sie nicht auf dem Niveau Ihrer Zwischenrufe ist, Herr Hauk.
Herr Hauk, ich antworte Ihnen gerne.
Herr Präsident, ich möchte darum bitten, dass das nicht von meiner Redezeit abgeht.
Ich will das nicht kommentieren, aber ich möchte Ihnen eines sagen: Wenn junge Menschen in der Gewerkschaft ausgebildet werden – das habe ich in meiner Zeit beim DGB erlebt –
und danach die Gewerkschaft verlassen, dann – das wissen Sie so gut wie ich – haben sie es sehr oft schwer, in einen normalen Betrieb überzuwechseln.
Eine Gewerkschaft ist ein Tendenzbetrieb; das ist so, da gilt auch das Gesetz. Und für eine Bürokauffrau, die bei der IG Metall gelernt hat, ist es schwer, hinterher zum Arbeitgeberverband zu wechseln. Ich glaube, darüber sind wir uns einig.
Wir sind uns sicher auch darin einig, dass das Problem der Ausbildung mit solchen Anmerkungen nicht gelöst wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich natürlich auch mit dem Herrn Wirtschaftsminister, den ich heute wirklich begrüße – dass er beim Thema Ausbildung da ist, ist eine große Freude für mich –,
dass es uns gelungen ist, rein rechnerisch ein ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. So ehrlich sollten wir hier doch sein:
Erstens sind wir natürlich meilenweit von einem vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen auswahlfähigen Angebot entfernt. Das Bundesverfassungsgericht sagt: 112 Plätze für 100 Auszubildende. Wir haben jetzt ungefähr 98 oder 100.
Also auswahlfähig ist das Angebot überhaupt nicht. Das ist das eine. Wir haben in diesem Jahr wieder über 20 000 Jugendliche in der Warteschleife, die eigentlich eine Ausbildung nachfragen und die man jetzt in das Berufsvorbereitungsjahr oder in Maßnahmen der Arbeitsämter schicken muss.
Und dabei haben wir in den letzten Jahren einen enormen Anstieg zu verzeichnen. Eines ist uns doch hier auch klar: Die stehen doch im nächsten Jahr wieder als Ausbildungsnachfragende auf der Matte. Das heißt, das Problem „Sicherstellung der Ausbildungsplätze“ ist in diesem Jahr gar nicht gelöst. Das ist eine Aufgabe, die uns begleiten wird. Und das ist natürlich der Hintergrund der Gesetzesinitiative der Bundesregierung. Niemand darf doch in den Bemühungen um die Ausbildungsplätze nachlassen.
Ich baue darauf – und da bin ich mit Ihnen völlig einer Meinung –, dass die Betriebe mit Unterstützung der Tarifvertragsparteien – siehe chemische Industrie – mit Branchenregelungen – wie beim Bau und bei der Landschaftsgestaltung – mit IHKs und Handwerkskammern diese Ausbildungsplätze in den nächsten Jahren zur Verfügung stellen werden. Aber sie müssen jetzt klar machen, dass sie das tun werden. Dann will niemand ein Gesetz und will niemand eine Umlage.
Wir entlasten auf Bundesebene die Betriebe, indem wir versuchen, sie von ausbildungsbezogenen Kammergebühren zu befreien.
Ich höre den ganzen Morgen nur, was Sie bundespolitisch ablehnen. Ich höre aber nicht, was Sie landespolitisch ändern wollen,
um die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe und das Schulabschlussniveau zu verbessern. Herr Ministerpräsident Teufel, dessen Auffassung ich, wie Sie wissen, höchst selten teile, hat eine Aussage gemacht, mit der er Recht hat. Er hat zur Ausbildung gesagt: Wir müssen die schulischen Voraussetzungen der Auszubildenden verbessern. Da frage ich Sie von der Regierungskoalition nur: Warum machen Sie das nicht?
Spricht denn der Ministerpräsident mit seiner Kultusministerin eigentlich nur über die Zeitung, oder nimmt er sie einmal ins Gebet und fragt: „Was passiert mit unseren 20 000 schwächeren Jugendlichen? Wieso nehmen Sie es hin, dass jedes Jahr so viele schwächere Jugendliche aus der Schule kommen?“
Warum kürzen Sie in all den Bereichen, die die Ausbildung stützen? Schulsozialarbeit, Jugendberufshelfer, sozialpädagogische Betreuung von Jugendlichen in Ausbildung in Internaten – alles, was die Ausbildung sichert und unterstützt, kürzen Sie weg.
In der ersten Runde noch ein Letztes. Das ist ein Problem, das Sie lösen müssen und nicht wir: 60 % der Betriebe, die ausbilden, fordern eine Umlage, weil sie sagen: „Wir bilden aus, und Betriebe, die nicht ausbilden, können sich dann auf unsere Kosten mit qualifizierten Arbeitskräften versorgen.“
Noch ein Allerletztes: Vaterlandslose Gesellen sind unsere Betriebe, die nicht ausbilden, nicht. Sie kaufen sich nicht frei. Das halte ich für eine Unterstellung.
Herr Dr. Birk, lassen Sie mich bitte ein paar Sachen klarstellen, die Ihnen wahrscheinlich in der Aufregung durcheinander geraten sind.
Erstens: Den Angriff auf Frau Kultusministerin Schavan hat Herr Ministerpräsident Teufel gemacht – nicht ich. Er hat gesagt, die schulischen Voraussetzungen seien als Erstes zu verbessern, wenn wir das Ausbildungsproblem lösen wollen. Das war der Ministerpräsident und nicht ich.
Zweitens: Wenn es eine Verengung in der Wahl der Ausbildungsberufe gibt, dann kann ich nur wieder sagen: Es ist Aufgabe, in der Schule – wahrscheinlich nicht nur in der Hauptschule – Berufsorientierung durchzuführen. Wenn da eine Verengung stattfindet, dann bitte ich Sie, zu bedenken: Eltern kennen die Ausbildungsberufe nicht. Das muss die Schule vermitteln.
Sie können gern die Eltern da auch hinzunehmen. Manche Eltern kennen die Ausbildungsberufe, manche nicht. Viele Eltern wissen nicht, was ein Mechatroniker ist, viele von Ihnen wahrscheinlich auch nicht.
Auf jeden Fall ist klar: Von dieser Seite kann man sehr viel tun. Herr Döring, wir arbeiten seit vielen Jahren am Ausbildungsspektrum für Mädchen. Da muss man viele Jahre dranbleiben, um das überhaupt zu öffnen.
Ich will noch etwas zur Ausbildungsplatzabgabe sagen, Herr Hofer. Keiner will eine Ausbildungsplatzabgabe,
wenn die Betriebe ihrem verfassungsrechtlichen Auftrag nachkommen. Wer will denn so etwas? Niemand.
Jetzt hat sich gerade das Bild auf der Zuschauertribüne verändert. Vorher sind lauter junge Menschen dort oben gesessen, die wissen, dass sie ein Recht auf einen Ausbildungsplatz haben.
Ich gehe davon aus – so wurde auch der Beschluss gefasst –, dass wir eine Ausbildungsplatzabgabe nicht brauchen werden, weil schon durch den Druck in diesem Jahr – dieser Druck war hilfreich, Herr Döring, das wissen Sie auch, Sie haben auch Druck gemacht, Sie waren auch oft draußen – auch im nächsten Jahr die Wirtschaft in Baden-Württemberg ihrem Auftrag nachkommen und die Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen wird.
Ich vertraue auf die Branchen, ich vertraue auf die Tarifvertragsparteien, dass sie ihre Aufgabe übernehmen.
Was ich nicht will: Ich will keine weitere Verstaatlichung der Ausbildung.