Protocol of the Session on October 1, 2003

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 50. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.

Krank gemeldet ist heute Herr Abg. Alfred Haas.

Dienstlich verhindert ist Herr Minister Köberle.

Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich Sie darauf hinweisen, dass der Landtag ab heute alle seine Sitzungen in voller Länge im Internet live übertragen wird.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Wer also Zugang zum Web hat, kann die Debatten des Plenums am Computerbildschirm mitverfolgen. Tagesordnungspunkte und die Namen der Redner werden jeweils eingeblendet. Das Angebot ist abrufbar über die Homepage des Landtags unter www.landtag-bw.de.

Ich freue mich, dass wir damit auch Interessenten, die nicht hier bei uns sein können, Gelegenheit geben, das Plenargeschehen mitzuerleben. Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, sollten also bedenken: Ab sofort sind sowohl Sie als auch die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes immer im Bild – und das weltweit.

(Lachen der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Elke Brunnemer hat heute Geburtstag.

(Beifall im ganzen Haus – Abg. Drexler SPD: Wer?)

Im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich Ihnen, Frau Kollegin, sehr herzlich und wünsche Ihnen alles Gute.

Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt vervielfältigt auf Ihren Tischen. – Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu.

Im Eingang befinden sich:

1. Antrag des Rechnungshofs vom 2. September 2003 – Prüfung der Rechnung des Rechnungshofs (Einzelplan 11) für das Haushaltsjahr 2001 durch den Landtag – Drucksache 13/2384

Überweisung an den Finanzausschuss

2. Mitteilung des Südwestrundfunks vom 2. September 2003 – Dritter Erfahrungsbericht über die Anwendung des Staatsvertrages über den Südwestrundfunk – Drucksache 13/2387

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

3. Schreiben des Bundesverfassungsgerichts vom 2. September 2003, Az.: 2 BvF 1/03 – Normenkontrollantrag der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt betreffend Sechstes Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

4. Mitteilung des Finanzministeriums vom 8. September 2003 – Vierteljährliche Unterrichtung über Steuereingänge und Staatsausgaben (Beschlüsse des Landtags vom 15. März 1973, Druck- sache 6/1993, und vom 20. Dezember 1973, Drucksache 6/3910 Ziffer II Nr. 6); Haushaltsjahr 2003 (Januar bis Juni) – Drucksache 13/2394

Kenntnisnahme, keine Ausschussüberweisung

5. Mitteilung der Landesregierung vom 9. September 2003 – Bericht über die Europapolitik der Landesregierung im Jahre 2002/2003 – Drucksache 13/2400

Überweisung an den Ständigen Ausschuss mit der Ermächtigung, hierzu bei Bedarf Stellungnahmen anderer Fachausschüsse einzuholen

6. Mitteilung der Landesregierung vom 16. September 2003 – Information über Staatsvertragsentwürfe; hier: Entwurf des Siebten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Siebter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) – Drucksache 13/2409

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Rückenwind für eine neue Energiepolitik in Baden-Württemberg – beantragt von der Fraktion GRÜNE

Es gelten die üblichen Redezeiten: fünf Minuten für die Eingangserklärungen und fünf Minuten für die Sprecher in der zweiten Runde.

Das Wort erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzendem Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Was ist eigentlich die Aufgabe eines Ministerpräsidenten in der Energiepolitik? Eine Zukunftsvision zu entwickeln, klare Zwischenziele anzugeben und dafür zu sorgen, dass die selbst gesteckten Ziele auch umgesetzt werden.

Vollmundig hat Ministerpräsident Teufel in seiner Regierungserklärung gesagt:

Wir schaffen die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Baden-Württemberg 2020.

Die Energiepolitik ist dabei gewiss nicht ins Visier genommen, und die selbst gesteckten Ziele, den Anteil der regenerativen Energien bis 2010 zu verdoppeln, werden nicht umgesetzt.

Was ist gewiss nicht die Aufgabe des Ministerpräsidenten? Die selbst gesteckten Ziele selber noch aktiv zu bekämpfen, indem er mit an Fanatismus grenzender Inbrunst Windkraft bekämpft.

(Beifall bei den Grünen – Oh-Rufe von der CDU)

Damit konterkariert er auch die Ziele seiner eigenen Verwaltungsreform, die dazu führen soll, dass mehr vor Ort entschieden wird, dass man wieder mehr Vertrauen in die kommunalen Gebietskörperschaften und in die Regionalverbände hat. Auch wenn vor Ort klar entschieden wurde, wird bei jeder Windkraftanlage direkt vom Staatsministerium bis in jede örtliche Entscheidung eingegriffen. Das ist das, was Sie unter Bürokratieabbau verstehen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Birzele SPD: Sehr gut!)

Völlig unglaubwürdig. Wenn einem etwas nicht passt, entscheidet man von oben herunter. Und Ihre ganze Politik, dass Sie auf einmal den Landschaftsschutz entdeckt haben wollen, ist bei einem täglichen Flächenverbrauch von 12,1 Hektar in Baden-Württemberg noch viel unglaubwürdiger. Das ist der größte Flächenverbrauch nach Bayern.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Die Energiepolitik von Teufel ist völlig orientierungslos. Es wird nicht nach vorne geschaut und gearbeitet, sondern nach rückwärts.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Jawohl!)

Energiepolitik der Siebzigerjahre ist angesagt. Merkel, Teufel, Schavan, heute auch Oettinger in der Zeitung: Wiederbelebung der Atomkraft. Eine abenteuerliche und dilettantische Debatte, wenn man weiß, welche Risiken in der Atomkraft stecken und dass die Entsorgungsfrage völlig ungelöst ist.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Hauk CDU: Das hat aber einen Grund!)

Eine abstruse Debatte, wenn man das Interview des EnBWVorstandsvorsitzenden Claassen liest, der überhaupt nichts vom Bau neuer Atomkraftwerke wissen will und der weiß, dass es einen Konsens zum Atomausstieg gibt und dass die Zukunft ganz anders aussieht.

(Abg. Scheuermann CDU: Sagen Sie einmal, wie! – Gegenruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Zu- hören!)

Trotz des Debakels, das wir im Sommer hatten, als Großkraftwerke, die 70 % ihrer Energie in Flüsse ableiten, nicht mehr klarkamen und der Umweltminister dieses Landes Umweltstandards ruinierte, indem er die Grenzwerte hochsetzte, wollen Sie weiterhin in die Großkrafttechnologie.

(Beifall bei den Grünen)

Was ist der Hauptgrund für das völlige Versagen der Regierung in der Energiepolitik? Der Hauptgrund: Klimaschutz wird von dieser Regierung und den sie tragenden Fraktionen nicht ernst genommen,

(Beifall bei den Grünen)

obwohl Minister Frankenberg auf einer Pressekonferenz gesagt hat: „Klimaschutz ist eine der wichtigsten Herausforderungen dieses Jahrhunderts.“