Elke Holzapfel

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Last Statements

Danke, Frau Präsidentin.
Ausbau der Bundesstraße (B) 88
Die B 88 verbindet das Mittelzentrum Städtedreieck Saalfeld/Rudolstadt/Bad Blankenburg mit dem Oberzentrum Jena und der Bundesautobahn 4. Für die weitere Entwicklung der Region ist eine leistungsfähige Straße im Saaletal zwingend erforderlich. Hierzu wurden die Maßnahmen Ostanbindung Rudolstadt bis Kirchhasel – einschließlich Ortsumgehung Kirchhasel – mit der Nummer 31 TH (B88- G90-TH-T2-TH) als vordringlicher Bedarf und das Vorhaben Ortsumgehung Uhlstädt mit der Nummer 54 TH (B88-G90-TH-T1-TH) als weiterer Bedarf mit Planungsrecht in den Bundesverkehrswegeplan 2030 aufgenommen. Zur Umsetzung der Projekte ist die Planung durch den Freistaat Thüringen zu erbringen. Gemäß einer Projektpräsentation im Rahmen einer öffentlichen Stadtratssitzung der Stadt Rudolstadt am 6. April 2017 wurde der Beginn einer Voruntersuchung für das Jahr 2018 angekündigt.
Ich frage die Landesregierung:
1. Sind die Planungsaufträge für die eingangs genannten Projekte vergeben, und wenn ja, wann ist mit einem Abschluss der Voruntersuchung bzw. mit einem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens zu rechnen?
2. Wenn Frage 1 mit Nein beantwortet wird: Wann ist die Vergabe der Planungsleistungen vorgesehen?
3. Schätzt die Landesregierung ein, dass die Projekte im Planungszeitraum bis zum Jahr 2030 fertiggestellt werden können und wie begründet sie dies?
Danke.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, als ich vor fünf Jahren als Alterspräsidentin die Ehre hatte, die konstituierende Sitzung des 6. Thüringer Landtags zu eröffnen, hatte ich im ersten Satz darauf verwiesen, dass Alter für sich kein Verdienst ist. Seinerzeit konnte ich allerdings nicht ahnen, dass mich dieses Thema zum Ende der Legislaturperiode einholt. Insoweit darf ich mit Ihrer Genehmigung, Frau Präsidentin, nunmehr vollständig zitieren: Alter ist kein Verdienst, aber die Erfahrung des Alters ist ein wertvolles Gut.
Auf dieses wertvolle Gut darf eine Gesellschaft nicht verzichten. Seniorinnen und Senioren sind heute gesünder, vitaler und besser ausgebildet. Sie möchten auch im hohen Alter selbstbestimmt leben und ihre Lebenserfahrung gesellschaftlich einbrin
gen. Sie dabei zu unterstützen, muss das zentrale Ziel der Seniorenpolitik sein. Thüringen hat sich dazu bekannt und kann seit 2012 auf ein modernes Seniorenmitwirkungsgesetz verweisen. Die Begründung des Gesetzes stützt sich auf den demografischen Wandel unserer Gesellschaft und vor allem auf das Anwachsen des Anteils der älteren Bevölkerung. Dieses Potenzial soll zur Mitgestaltung genutzt werden. Allerdings soll die Mitgestaltung im Wesentlichen auf die Partikularinteressen der Seniorinnen und Senioren in der älter werdenden Gesellschaft beschränkt bleiben, indem ausdrücklich die Verbesserung der Beziehungen zwischen den Generationen als Ziel genannt wird.
Die Alterung der Gesellschaft im demografischen Wandel muss aber aus meiner Sicht und Erfahrung auch nicht in einer zwingenden und vorgeschriebenen Mitwirkungspflicht münden. Schauen wir uns in diesem Haus, aber auch in unseren Wahlkreisen um. Die Altersgruppe 60 plus übt längst durch eine hohe Wahlbeteiligung einen sehr großen Einfluss auf die Zusammensetzung der Gemeinde- und Stadträte, der Kreistage und auch dieses Parlaments aus. Darüber hinaus beteiligen sich Seniorinnen und Senioren besonders stark im Ehrenamt in den örtlichen Vereinen und Verbänden. Ohne ihr Engagement als Oma und Opa würde manch eine Familie nicht auskommen.
Deshalb, meine Damen und Herren, beginnt Seniorenpolitik bereits im Kindesalter in der Familie, im Kindergarten, in der Schule und ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die mit dem Respekt gegenüber dem Alter beginnt. Wer frühzeitig ältere Menschen achtet und respektiert, wird das Älterwerden besser verstehen. Wenn man in der Politik frühzeitig darauf hinwirkt, dass der Respekt für ältere Menschen in der Gesellschaft nicht abhandenkommt, dann hat man bereits eine solide Grundlage für ein gutes Zusammenleben der Generationen gelegt.
Das Seniorenmitwirkungsgesetz bestimmt in § 6 die Berufung von beratenden Mitgliedern aus Organisationen, die Relevanz für die Seniorenpolitik haben. Neutral im Sinne des § 3 sind diese Mitglieder der Seniorenvertretung daher keineswegs, sondern sie vertreten die Interessen der Senioren aus dem spezifischen Blickwinkel der Partei oder des Verbands bzw. des Vereins, dem sie angehören. Dieser Umstand spricht aus meiner Sicht aber nicht gegen die Qualität in der Seniorenvertretung. Im
Gegenteil: Wenn Seniorenvertretungen ihren Aufgaben – gerade auf Landesebene – gut nachkommen wollen, brauchen sie Mitglieder, die politisches Know-how und Erfahrungen im Politikbetrieb mitbringen. Deshalb danke ich von dieser Stelle aus allen, die sich in der Seniorenpolitik engagieren. Meine Erfahrungen waren durchweg positiv. Dafür danke ich Ihnen.
Kritisch sehe ich aber die geplanten Änderungen des Seniorenmitwirkungsgesetzes, wie sie heute vorliegen. Die Beauflagung der Gemeinden mit über 10.000 Einwohnern, Seniorenbeiräte zu wählen, scheint mir eher eine Symbolpolitik der Landesregierung zu sein. Lediglich fünf Gemeinden mit über 10.000 Einwohnern haben bisher noch keinen Seniorenbeirat.
Eine fragwürdige Neuerung ist auch in § 6 Abs. 1 zu sehen, mit der der Landesseniorenvertretung Thüringen e. V. oder deren Nachfolgeorganisation der Einfluss genommen wird. Warum wird hier das Ministerium beteiligt, wichtige zivilgesellschaftliche Akteure, wie zum Beispiel der Landesseniorenverband oder die Landesarbeitsgemeinschaft der Seniorenbüros, nicht? Noch seltsamer scheint mir die Neuerung zu § 6 Abs. 5 zu sein, die in Wirklichkeit ein Rückschritt in vergangene Zeiten ist. Warum wird der im Gesetz verankerte Grundsatz, dass die Sitzungen des Landesseniorenrats öffentlich sind, aufgegeben? Der Ausschluss der Öffentlichkeit – von einzelnen Ausnahmen abgesehen – ist meinem Demokratieverständnis fremd. Er sorgt für weniger Transparenz und steht den Zielen einer Verbesserung und Unterstützung des Zusammenlebens der Generationen entgegen, die eine wesentliche Grundlage des Seniorenmitwirkungsgesetzes bilden. Im Kontext des Rückzugs aus der Transparenz steht offensichtlich auch die Streichung des § 8, der die Vorlage des Seniorenberichts für die Zukunft aus Sicht der Landesregierung entbehrlich macht.
Nein, meine Damen und Herren, hier befindet sich die CDU-Fraktion in absoluter Übereinstimmung mit dem Landesseniorenrat. Auch wir halten die Erstellung des Seniorenberichts, der mit wissenschaftlichen Methoden erarbeitet wird und eine kompakte und leicht zugängliche Datenbasis zur Lebenswirklichkeit von Thüringer Seniorinnen und Senioren enthält, für unverzichtbar. Heute habe ich den zweiten Seniorenbericht dem Postfach entnommen. Das Verfolgen seniorenpolitischer Ziele und die regelmäßige Überprüfung ihrer Erreichung, zumal es insbesondere über die Lebenssituation von im ländlichen Raum lebenden alten Menschen nur wenig Informationen gibt, muss auch in Zukunft gewähr
leistet sein. Im Übrigen gibt es keinen Grund, dass sich der Landesseniorenrat der öffentlichen Kontrolle entziehen muss. Im Gegenteil: Transparenz und Öffentlichkeit schaffen Vertrauen und fördern den Zusammenhalt unserer Gesellschaft.
Erlauben Sie mir zum Schluss als einer Seniorin der Generation 70 plus anzumerken, dass die Grenze des Gesetzes weiterhin bei 60 Jahren geblieben ist, obwohl in der Anhörung eine Anpassung an die Lebenswirklichkeit, mindestens aber an die gesetzliche Altersgrenze angemahnt wurde.
Ich bin mir indes sicher, dass sich ein zukünftiger Landtag diesem Gesetz erneut annehmen wird. Dafür sorgt schon die Evaluationsklausel, die auf Initiative der CDU-Fraktion ihren Weg in die Beschlussempfehlung gefunden hat. Nachdem sich auch die Koalition nach reichlicher Bedenkzeit zu einer Evaluation im Jahr 2023 entschlossen hat, um nicht der von der CDU-Fraktion vorgeschlagenen Evaluation 2021 zustimmen zu müssen, wird auch in der kommenden Legislatur über den besten Weg zur Stärkung der Mitbestimmung und Beteiligung von Senioren gestritten werden.
Aus meiner Lebenserfahrung heraus wird das uns vorliegende Gesetz dazu dienen, den Einfluss des Ministeriums auf den Landesseniorenrat zu verstärken und damit einhergehend den bürokratischen Aufwand bei Gesetzentwürfen und Rechtsverordnungen zu erhöhen. Ebenfalls ist zu befürchten, dass die Transparenz und Offenheit der Mitwirkungstätigkeit der Seniorenbeiräte Schaden nimmt. Deshalb wird die CDU-Fraktion dieser Vorlage nicht zustimmen.
Liebe Kolleginnen, liebe Freunde und Mitstreiter, da ich vermutlich zum letzten Mal von dieser Stelle aus zu Ihnen reden darf – versprechen kann ich das nicht –, will ich die Gelegenheit nutzen, um mich bei Ihnen zu bedanken. Danke dafür, dass ich in den vergangenen fünf Jahren ein Parlament erleben durfte, das die Würde des Menschen weitestgehend geachtet und geschützt hat, und danke dafür, dass wir im ehrlichen Miteinander stets um die beste Lösung für unser Land gerungen haben.
Zuallerletzt möchte ich es noch ein bisschen spaßig gestalten, dafür bin ich ja auch bekannt. Vor 8 oder 14 Tagen stand eine Überschrift in der TA oder TLZ – die „Bild“ war es nicht – und davor möchte ich Sie alle warnen. Da stand: „Wer Rentner quält, wird nicht gewählt.“
Ich wünsche unserem Land, unseren Menschen und allen, die es ehrlich meinen: Bleiben Sie gesund! Das ist das Allerwichtigste, was wir auch in
den letzten Tagen erfahren durften. Ich wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, „Beschäftigte halten, bilden und fördern“, dieser Antrag begleitet uns schon fast ein Jahr. Ich verweise auf unseren Antrag von Juli 2017, der zu dem damaligen Zeitpunkt das Thema hatte: „Duale Ausbildung stärken, Unternehmertum fördern!“. Auch dieser Antrag steht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem jetzigen Thema. In Ihrem Punkt I. stellen Sie wiederum wie immer fest, dass die vorherigen Landesregierungen durch das Werben mit Niedriglöhnen negative Auswirkungen auf das Image Thüringens genommen haben. Das zeigt mir, dass Sie nur im Jetzt und Heute leben. Wer die Umbruchjahre als Werktätiger in der Wirtschaft zugebracht hat, kann über diesen allgemein gehaltenen Vorwurf nur mit dem Kopf schütteln – das nur zur Einführung.
Doch alle Auswertungen zu Ihrem Antrag, auch die durchgeführte Anhörung sagen uns, dass wir ein Lehrlingsproblem bzw. ein Ausbildungsproblem haben. Das lässt mich noch einmal auf unseren Antrag aus dem Jahr 2017 zurückkommen. So müssen berufsorientierte Programme gebündelt und Schülerpraktika flächendeckend und Verpflichtungen an allen Schulen ausgebaut werden. Wichtig ist die Vernetzung von Schulen mit den regionalen Unternehmen. Ein Schelm, der jetzt an den polytechnischen Unterricht denkt, den sicher nur noch die Älteren hier im Haus kennen. Wir fordern, das Berufsschulnetz um jeden Preis im Freistaat zu erhalten.
Thüringen braucht die Berufsschulen in der Fläche und nicht nur entlang der A4. Wir können es uns nicht leisten, dass Azubis eine Lehrstelle nicht annehmen, weil die Berufsschule zu weit entfernt ist. Nichts kann die duale Ausbildung ersetzen.
Meine Teilnahme am Arbeitslosenparlament und am runden Tisch der sozialen Verantwortung hat mir auch gezeigt, dass durch die Arbeitsmarktprogramme Langzeitarbeitslose für sehr viel Geld langsam wieder in Beschäftigung gebracht werden. Unser Ziel ist es, die Menschen wieder auf den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Hier müssen wir der Wirtschaft Anreize geben, um das auch umzusetzen.
Vor diesem Hintergrund sollten die vorhandenen Arbeitsmarktprogramme auf ihre Wirksamkeit überprüft werden.
Ich stehe auf dem Standpunkt, dass wir beide Augen benutzen müssen. Für die sozialen Probleme – ja, ich betone, für die Probleme – sind wir immer offen. Das andere Auge muss aber auch auf die schauen, die die notwendigen Mittel für die Lösungen aufbringen. Da können Sie sich drehen und wenden, wie Sie wollen: Ohne Wirtschaft geht hier nichts.
Ich warne davor, dass sich die Politik in Tarifauseinandersetzungen einmischt. Versuchen wir doch einmal durch Bürokratieabbau das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu verbessern bzw. aufzubauen. Ich spreche hier von unserem Mittelstand, der es nicht verdient, ständig mit Misstrauen überhäuft zu werden.
Hier ist das Vergabegesetz mit seinen vergabefremden Kriterien ein weiterer Hindernisgrund für eine gute Zusammenarbeit.
Leider ist der Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft nicht anwesend. Aber ich sage Ihnen, falls Sie es hören, Herr Minister Tiefensee: Ihre Rede am letzten Sonnabend in der Messe in Erfurt anlässlich der Meisterfreisprechung ist positiv aufgenommen worden. Sie haben hier unseren mittelständischen Unternehmen Hochachtung gezollt. Auch unser Dank gilt den jungen Meistern und ihren Förderern. Ihren Antrag, so wie er jetzt hier eingebracht wurde, lehnen wir ab, da er für uns zu einseitig aufgestellt ist. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste auf der Zuschauertribüne! Vielen Dank an die Fraktion Die Linke, dass ich über die Erfolge der Großen Koalition in Berlin sprechen darf.
Seit April 2017 müssen Betriebe strengere Vorschriften beachten. Das geht auf das reformierte Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zurück. Dies sieht seitdem unter anderem eine Höchstgrenze der Überlassung und grundsätzlich zwingend das Prinzip „gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit“ ab dem neunten Einsatzmonat vor. Abweichungen von dem Prinzip der gleichen Bezahlung sind über Branchenzuschlagstarifverträge der Zeitarbeitsbranche möglich. Diese müssen aber nach sechs Wochen eine Anpassung der Vergütung vorsehen. Spätestens nach 15 Monaten müssen Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt erhalten. Ziel dieser Regelung ist insbesondere, dass langfristig mehr Zeitarbeiter oder Leiharbeiter in eine Festan
stellung übernommen werden. Der Arbeitnehmer darf nach dem neuen Recht grundsätzlich nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate bei demselben Entleiher tätig werden. Da das überarbeitete Arbeitnehmerüberlassungsgesetz im April 2017 in Kraft trat, lief diese Frist zum 30. September ab. Ausnahmen von der 18-Monats-Regel gelten nur für Unternehmen, die abweichende Regelungen in einem Tarifvertrag oder einer darauf aufsetzenden Betriebsvereinbarung festgelegt haben. Verleiher, die Leiharbeiter länger als 18 Monate entleihen, müssen mit einer hohen Geldstrafe rechnen. Der Handwerksbetrieb, der den Zeitarbeiter beschäftigt, hat in der Praxis nichts mit den Kontrollen durch die Bundesagentur für Arbeit zu tun. Missbrauch soll mit diesen Kontrollen begegnet werden.
Nach den angesprochenen 18 Monaten muss das Ziel sein, dass der entliehene Arbeitnehmer eine Beschäftigung bei diesem Unternehmen findet. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass Unternehmen ein Interesse daran haben, Leiharbeiter ins Stammpersonal zu übernehmen – gerade im Hinblick auf den demografischen Wandel und den sich verstärkenden Fachkräftemangel. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende – umgangssprachlich Hartz IV – ist im SGB II § 20 geregelt. Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst neben Ernährung, Energie und Bedarfen des täglichen Lebens auch persönliche Bedürfnisse, wie die Teilhabe am sozialen sowie kulturellen Leben. Auch hier schreiben wir die Eigenverantwortlichkeit hoch, denn die Leistungsberechtigten können selbst entscheiden, wofür sie diese Gelder verwenden.
Wir als CDU wollen die Eigenverantwortlichkeit und die Freiheit der Menschen im Fokus des Handelns sehen, ohne die eigene Verantwortung zu vergessen. Sollten Sie wissen, wer hier diese Dinge missbraucht – sagen Sie es mir. Ich werde dort vorstellig – keine Bange. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, in nur 100 Jahren beinhaltet der Monat November viele Schicksalstage für unsere Nation. Nur wenige wissen, dass in den Novembertagen vor 100 Jahren die erste Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern verabredet wurde. Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigten sich am 5. November 1918 darauf, die Arbeitsbeziehungen ohne Einmischung des Staats zu regeln.
Immer mithilfe der SPD, ohne SPD geht es ja gar nicht.
Deswegen bin ich ja so traurig über euer Abrutschen.
Na ja, so doll ist das noch nicht.
Der Zwischenruf geht aber jetzt nicht von meiner Zeit ab?
Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigten sich also am 5. November 1918 darauf, die Arbeitsbeziehungen ohne Einmischung des Staats zu regeln. Sie haben damit das Prinzip der Tarifautonomie etabliert. Seither handeln Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung selbst aus und die Politik hält sich da raus. Dieser
Pakt ist ein Meilenstein in unserer Geschichte, natürlich auch mithilfe der SPD, vor allen Dingen war es damals die SPD.
Das Recht von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, Arbeitsbedingungen, Lohn und Arbeitszeit eigenständig und ohne staatliche Einmischung auszuhandeln, ist heute im Grundgesetz festgelegt. Die Tarifautonomie ist verfassungsrechtlich geschützt.
Ich verkenne jedoch nicht, dass die hohe Wertschätzung, die Sozialpartnerschaft und Tarifautonomie in unserer Gesellschaft haben, derzeit schwächelt. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Es besteht kein Zweifel, dass die Tarifautonomie auch davon lebt, dass die Mitgliedschaften der Tarifparteien einen hohen Organisationsgrad ausweisen. Es gilt zweifelsfrei der Grundsatz von Solidarität mit den Schwachen und dem starken Arm einer Gemeinsamkeit, um die jeweiligen Ziele durchsetzen zu können. Hier sind Mitgliedschaften von Unternehmen in tarifgebundenen Arbeitgeberverbänden ebenso gefordert wie die Mitgliedschaft von Arbeitnehmern in Gewerkschaften und Verbänden.
Der Ruf nach staatlichen Regelungen ist mir an dieser Stelle eindeutig zu laut. Gerade die auf Freiwilligkeit beruhende Tarifautonomie für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist ein grundlegendes Element unserer sozialen Marktwirtschaft. Letztendlich war es die Schwäche der Sozialpartner, die zu einer schleichenden Aushöhlung der Tarifautonomie führte. Die Forderungen nach Handlungsbedarf durch die Politik waren nicht zu überhören. Dies führte 2015 – wie bekannt – zur Einführung einer Lohnuntergrenze, um die Aushöhlung zu unterbinden.
Damit hat der Staat vermieden, unmittelbar in die Tarifhoheit einzugreifen, um auf die leider zunehmenden weißen Flecken in der Tariflandschaft zu reagieren. Mit Einsetzen einer Mindestlohnkommission ist kein Eingriff in die Tarifautonomie erfolgt. Die Kommission arbeitet unabhängig und ist paritätisch von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern besetzt.
Jetzt kommt eine Wiederholung der Zahlen: Der Beschluss, die Lohnuntergrenze auf 9,19 Euro zum 01.01.2019 und auf 9,35 Euro zum 01.01.2020 anzuheben, wird deshalb von der CDU-Fraktion akzeptiert. In einer Begründung hat sich die Kommission in ihrer Entscheidung an dem Grundsatz orientiert, dass der Mindestlohn allen beteiligten Interessenten gerecht wird. Unter der Gesamtabwägung des Mindestlohngesetzes bedeutet dies: Er muss zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmer beitragen. Er muss faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen ermöglichen. Er darf die Beschäftigung nicht gefährden. Der Endverbraucher, meine sehr geehrten Damen und Herren,
muss am Ende auch die höheren Kosten, das heißt, die Preise mit in Kauf nehmen. Dass die Festsetzung des Mindestlohns nachlaufend an die Tarifentwicklung erfolgt, …
... bestätigt ebenfalls, dass die Tarifautonomie durch den Staat nicht angetastet wird. Dafür stehen wir. Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bin doch ein bisschen erstaunt und freue mich, dass dieser Antrag so viele Emotionen hervorruft.
Ich danke der Frau Staatssekretärin für Ihren Bericht.
Lassen Sie mich hier mal meine oder die Ansicht der CDU nennen. Als ich am 14. Oktober 2014 die Ehre hatte, die sechste Wahlperiode dieses Parlaments zu eröffnen, hatte ich mir die Bemerkung erlaubt, dass Alter allein kein Verdienst ist.
Heute erlaube ich mir, hinzuzufügen: Älterwerden gehört nun einmal zum Leben. Es ist ein ganz natürlicher Vorgang, eben ein Reifeprozess, der Gott sei Dank nicht zu verhindern ist. Der Soziologe Leopold Rosenmayr bringt diesen Vorgang aus seiner Sicht auf das Alter mit dem Hinweis auf die „Späte Freiheit“ zum Ausdruck. Da dieser Hinweis auch meiner Lebensphilosophie entspricht, möchte ich auf zwei seniorenpolitische Vorbemerkungen nicht verzichten.
Jetzt kommt es sicher dazu, dass ich Zahlen wiederhole, aber man kann sie gar nicht genug hören. Aktuell gibt es in Deutschland rund 17,5 Millionen Menschen, die 65 Jahre oder älter sind. Damit bildet diese Zielgruppe der Seniorinnen und Senioren einen Anteil von rund 21 Prozent der Gesamtbevölkerung unseres Landes. Dieser Anteil wird sich, der Prognose folgend, in den nächsten zwei Jahrzehnten auf über 30 Prozent erhöhen. Sie alle werden hoffentlich dazugehören.
Obwohl wir Älteren schon heute die zahlenmäßig größte Bevölkerungsgruppe bilden, sind die Seniorinnen und Senioren keine Egoisten nach dem Motto „zuerst wir und dann die anderen“. Nein, meine Damen und Herren, die Senioren und insbesondere die, die noch auf der Schiefertafel schreiben gelernt haben und heute mit ihren Enkelkindern auf Laptops oder Tablets schreiben, wissen um den Wandel der Zeit. Ihnen ist bewusst, dass Seniorenpolitik auch Familienpolitik und damit auch Generationenpolitik ist. Deshalb erwarten sie von Gesellschaft und Politik, dass man sich mit ihren Forderungen und Wünschen argumentativ auseinandersetzt. Sie wollen nicht mit Sonntagsreden und wiederkehrenden Ankündigungen in immer neuen Berichten abgespeist werden.
Meine zweite Vorbemerkung betrifft die Feststellung, dass es in Deutschland kein eigenes Rechtsgebiet für die Rechte älterer Menschen gibt. Das Grundgesetz und auch die Thüringer Verfassung kennen keine spezifische Regelung für das Alter bzw. für ältere Menschen. Eine klare, verbindliche gesetzliche Regelung auf das Grundrecht der älteren Menschen, ein würdiges und unabhängiges Leben zu führen und auch die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben, ist derzeit nicht verbrieft. Zwar gibt es Vorschläge, die Sozialgesetzgebung um ein dreizehntes Buch zu erweitern, in dem das gesamte Recht der älteren Menschen zusammengefasst werden soll. Jedoch fehlt es seit Jahren an der konkreten Umsetzung. Deshalb dürfen wir in
Thüringen stolz darauf sein, dass wir als kleines Flächenland von insgesamt nur 4 der 16 Bundesländer zumindest einen Teil dieser Thematik aufgegriffen haben. Seit dem 16. Mai 2012 gibt es das Thüringer Seniorenmitwirkungsgesetz, das dazumal unsere Kollegin Johanna Arenhövel mit auf den Weg gebracht hat. Dafür sind wir ihr sehr dankbar.
Das Ziel dieses Gesetzes ist die Stärkung der Mitwirkungsrechte der Senioren, die Förderung der aktiven Teilhabe an der Willensbildung bei wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Entscheidungen sowie die Verbesserung und Unterstützung des Zusammenlebens der Generationen. Das Gesetz enthält in § 8 eine Berichtspflicht über die Lage der Senioren in Thüringen durch die Landesregierung an den Landtag. Dieser Bericht dient dem Ziel, die Mitgestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten weiter zu fördern und nachhaltig zu stärken. Von dem Bericht über die Ergebnisse der externen Wirksamkeitsprüfungen des Thüringer Seniorengesetzes erwarten wir entscheidende Impulse für die Weiterentwicklung des Gesetzes – mehr nicht.
Es gilt, den Anspruch und die Wirklichkeit aneinander anzupassen, denn das „Alter“ gibt es ebenso wenig wie die „Alten“. Dem einen versagen schon mit Mitte 60 die geistigen und körperlichen Kräfte und andere können mit 90 völlig klar denken und sich selbst versorgen. Dann gibt es tatsächlich die wohlsituierten Rentner, die man selten zu Hause antrifft, weil sie zwischen der letzten Kreuzfahrt und dem nächsten Kurzurlaub ihr Theater- oder KinoAbo ausnutzen. Aber es gibt auch die – und das sind nicht wenige –, die jeden Cent umdrehen müssen und die darüber verbittert sind, dass sie trotz lebenslanger Arbeit kein würdiges Auskommen haben. Es gibt aber auch jene, die bei einer der vielen Lebensmitteltafeln in unserem Land mithelfen, oder auch solche, die selbst auf diese Tafeln angewiesen sind. Und es gibt die fitten und sportlichen Senioren, die morgens beim Schwimmen und nachmittags beim Nordic Walking sind, und es gibt andere, die auf eine Rundumpflege angewiesen sind, die keinen Schritt mehr gehen können und sich in ihrer Verlassenheit über noch so kurze Besuche unendlich freuen.
Der Austausch zwischen den Generationen geschieht zuallererst in der Familie. Für ein eigenständiges, selbstbestimmtes Leben spielen Wohnung und Lebensumfeld eine zentrale Rolle. Wenn wir diesen Austausch fördern und sicherstellen wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass es ausreichend bezahlbare und altersgerechte Wohnungen gibt. Wenn wir wollen, dass sich die Alten nicht an den Rand unserer Gesellschaft gedrängt fühlen, dann müssen wir sicherstellen, dass gesellschaftliche Treffpunkte und die soziale Infrastruktur in unseren Städten und vor allem auf dem Land nicht
wegbrechen. Deshalb, meine Damen und Herren, ist es so wichtig und höchste Zeit, dass wir das Thüringer Seniorenmitwirkungsgesetz aktiver gestalten und weiter ausbauen.
Das hat nichts mit Gedanken zu tun, sich hier hervorzutun, sondern es hat einfach etwas damit zu tun, den Finger immer wieder in die Wunde zu halten. Wir werden das Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“ begleiten. Im Moment ist aus unserer Sicht völlig offen, inwieweit dieses Programm tatsächlich dem steigenden Anteil der Senioren innerhalb der Thüringer Bevölkerung gerecht wird. Für ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben ist das engere Lebensumfeld von besonderer Bedeutung. Hier muss der Schwerpunkt im Fokus der Kommunalpolitik liegen. Da haben meine Vorredner recht: Kommunalpolitik ist hier der Hebel zum Handeln. Dort, wo für Senioren das Wohnen zu teuer ist, ist es auch für normalverdienende Familien mit Kindern nicht mehr bezahlbar. Die Entscheidungsspielräume der Thüringer Kommunen und damit auch die Verwaltungshemmnisse und die finanziellen Möglichkeiten müssen stark verbessert werden.
Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Blick auf die Stellungnahme des Landesseniorenrats zum Evaluationsbericht zum Thüringer Seniorenmitwirkungsgesetz mit Erarbeitungsstand vom 08.10.2017 werfen. Das Ergebnis der Wirkungsanalyse wird von den Autoren in ihrer Zusammenfassung als „schwach“ bezeichnet. Dies kann uns in keiner Weise zufriedenstellen. Darüber, meine Damen und Herren, werden wir nicht einfach hinweggehen. Die heutige Seniorengeneration bringt sich ein, in allen Bereichen unserer Gesellschaft wirkt sie aktiv mit. Da liegt auch ein großer Teil des Mitwirkens bei uns – in unseren Kommunen, in unseren Stadträten, in unseren Kreistagen. Es liegt auch an uns, mitzuwirken; ich mache das zum Beispiel in der Volkssolidarität oder auch in unseren Kirchengemeinden. Die Seniorengeneration bildet das Rückgrat der Ehrenamtlichen. Nicht nur dafür gebührt ihr unser aller Dank. Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren – Zuschauer haben wir heute nicht –,
einige Zahlen werden sich wiederholen, gezwungenermaßen. Thüringen liegt beim Anstieg der Bruttolöhne und -gehälter an der Spitze aller Bundes
länder. Sie sind zwischen 2010 und 2017 um 26,8 Prozent angestiegen. Das ist sehr erfreulich. Hierbei ist jedoch auch das Niveau entscheidend. So liegt Thüringen im deutschlandweiten Vergleich insgesamt nach wie vor auf dem viertletzten Platz. Das zeigt, dass wir noch viel nachzuholen haben. Da sind wir schon mal auf einer Wellenlänge. Abhaken!
Gleichzeitig arbeiteten die Thüringerinnen und Thüringer einer aktuellen Datenauswertung zufolge – Sie sagten es schon – bundesweit mit 1.371 Stunden im vergangenen Jahr am längsten. Auch das wirkt sich wiederum negativ auf das Lohnniveau aus.
Klar ist auch, dass der Wirtschaftsstandort Thüringen auch heute noch strukturelle Nachteile im Vergleich zu westdeutschen Flächenländern aufweist. Das wirtschaftliche Profil Thüringens ist vom Fehlen größerer industrieller Strukturen bestimmt. Daraus resultiert eine im Vergleich zu den westdeutschen Flächenländern signifikante Forschungsschwäche der Unternehmen, denn rund 90 Prozent der Thüringer Unternehmen haben weniger als zehn Beschäftigte. Hört, hört! Deshalb sind die privaten Forschungs- und Entwicklungsausgaben in Thüringen bei nur knapp über 1 Prozent und damit deutlich unter dem Bundesschnitt von 2 Prozent. Außerdem fehlen Konzernzentralen, sodass die Beschreibung Thüringens als verlängerte Werkbank nach wie vor Gültigkeit besitzt.
In den Aufbaujahren nach der friedlichen Revolution lag der Schwerpunkt vor allem auf der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Auch ich als damalige Verantwortliche, als Betriebsratsvorsitzende kann Ihnen davon ein Lied singen. Wir hatten noch im Jahr 2005 eine Arbeitslosenquote von 18,6 Prozent. Da ist es nur verständlich, dass für die vorigen Landesregierungen die Schaffung von Arbeitsplätzen ein bedeutendes Ziel war. Nicht einmal zehn Jahre später hat sich die Arbeitslosigkeit mehr als halbiert und lag 2014 bei 7,8 Prozent.
Heute liegt unser Freistaat mit 5,4 Prozent an der Spitze der jungen Länder und es fehlen nur noch 0,3 Prozent zum Bundesdurchschnitt. Die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der vergangenen Landesregierungen hat mehr als gewirkt.
Wir sind es leid, immer noch eine Niedriglohnstrategie vorgehalten zu bekommen – so wie es die Linken in dieser Woche in einem Tweet wieder einmal getan haben –, denn die Angleichung der Einkommensverhältnisse war und ist ein zentrales Ziel unserer Politik.
Richtig ist, dass für gute Arbeit auch guter Lohn gezahlt werden muss. Von Ihrer Fraktion unterscheiden wir uns allerdings erheblich in den Maßnahmen, die wir zur Erreichung dieses Ziels für geeignet halten. So wird in Ihren Reihen immer wieder eine erhebliche Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro ins Gespräch gebracht. Wir erteilen einer außerplanmäßigen Anpassung des Mindestlohns auf die gewünschten 12 Euro eine Absage, weil sie in das Tarifgeschehen und in die Tarifautonomie eingreift. Hierfür wurde eine Kommission im Bund gegründet. Es gibt Branchen wie die Systemgastronomie, das Bäckerhandwerk oder das Friseurhandwerk, in denen die Tariflohnentwicklung durch die Mindestlohnentwicklung bestimmt wird. Es würde das Tarifgefüge ausgehebelt werden, wenn wir einen politischen Mindestlohn einführen, und es würde Arbeitsplätze gefährden, wenn es zu einem wirtschaftlichen Abschwung kommt.
Klar ist aber auch, dass der Mindestlohn keine Armutsprobleme löst. So ist die Anzahl der Aufstocker seit der Einführung des Mindestlohns kaum gesunken. Deshalb plädieren wir für die gezielten Maßnahmen, um Menschen dauerhaft in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Zu der von Ihnen propagierten Aufholjagd gehört auch,
endlich die bürokratischen Barrikaden und Hindernisse zu durchbrechen und zu beseitigen, damit sich die Unternehmen auf ihre eigentliche Geschäftstätigkeit konzentrieren können.
Gute Arbeit, gute Löhne, ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, sexuelle Gewalt ist wie kein anderer Deliktbereich mit Scham und Angst besetzt. Deshalb fällt es vielen Opfern schwer, diese Taten anzuzeigen. Anzeigen werden oft gar nicht oder oft spät gestellt. Viele Betroffene sind unmittelbar nach der Tat traumatisiert und daher nicht in der Lage, eine Entscheidung für oder gegen eine Anzeige zu treffen. Viele bleiben, weil sie befürchten, dass eine andere
Person über ihren Kopf hinweg eine Anzeige erstattet, medizinisch unversorgt und nehmen keine Hilfe in Anspruch. Hierdurch wird eine zeitnahe erforderliche Spurensicherung unmöglich. Bei Strafanzeigen, die erst später gestellt werden, kommt es bei einem Prozess mangels objektiver Beweismittel zu Problemen in der Beweisführung. Durch die anonyme Spurensicherung wird jedem Opfer eines sexuellen Übergriffs oder einer Vergewaltigung die Möglichkeit gegeben … Andererseits wird die Konfrontation mit dem traumatischen Erlebnis durch das Ermittlungsverfahren auf einen Zeitpunkt verschoben, zu dem es sich hierzu physisch wie psychisch in der Lage sieht. Die Hoffnung dabei ist, dass sich Opfer nach einer anonymen Behandlung einfacher entscheiden können, auf Grundlage der gesicherten Beweise Anzeige zu erstatten. Damit wird dem Selbstbestimmungsrecht von Vergewaltigungsopfern über den Umgang mit traumatischen und die Intimsphäre betreffenden Ereignissen der erforderliche Vorrang eingeräumt.
Zahlreiche Bundesländer haben in den letzten Jahren Angebote der vertraulichen Spurensicherung etabliert. Trotzdem existiert bislang kein auf einheitliche Standards beruhendes, bundesweit etabliertes Konzept für die Versorgung nach einem sexuellen Übergriff, wenn keine polizeiliche Anzeige erstattet wird. Aber auch in diesem Fall ist es notwendig, die erhobenen Befunde und Daten fachgerecht, das heißt beweisverwertbar und in anonymisierter Form, zu sichern und mindestens bis zum Zeitpunkt der Verjährung entsprechend zu lagern. Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch die Schulung der Ärzte in der Durchführung der Spurensicherung und im sensiblen Umgang mit den Opfern sowie eine Bekanntmachung des Angebots durch die Landesregierung. Aus diesem Grund befürworten wir die Initiative der Koalitionsfraktionen mit dem vorliegenden Antrag grundsätzlich und möchten diesen gern im zuständigen Fachausschuss sowie in den Ausschüssen für Soziales, Arbeit und Gesundheit, im Justizausschuss und im Innenausschuss – aber federführend im Gleichstellungsausschuss – weiterbehandeln. Er ist einfach zu wichtig. Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, werte Gäste auf der Tribüne, der Begründung Ihres Antrags, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, ist zu entnehmen – ich zitiere mit Ihrer Genehmigung –: „Vielmehr wird befürchtet, dass der grundgesetzlich geschützte Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern durch Tarifverhandlungen und Tarifverträge seitens des Konzerns ignoriert wird.“ Hintergrund ist eine aktuelle Tarifauseinandersetzung der Celenus Klinik an der Salza in Bad Langensalza. Als langjährige Betriebsratsvorsitzende – zunächst in einem Einzelunternehmen und später auch in einem Konzern – weiß ich, wie wichtig es ist, einen stabilen und verlässlichen Interessenausgleich zwischen den Tarifparteien zu gewährleisten.
Das Aushandeln von Tarifverträgen zwischen den Tarifparteien ist Bestandteil der Koalitionsfreiheit nach Artikel 9 Abs. 3 des Grundgesetzes und dadurch verfassungsrechtlich garantiert. Sie ist frei von staatlicher Einflussnahme. Dass wir in unserem
Land besser als andere in Europa durch die Krisen der vergangenen Jahre gekommen sind, dazu hat das gemeinsame verantwortliche Handeln von Arbeitgebern und Arbeitnehmern einen wesentlichen Beitrag geleistet. Die Tarifautonomie ist von zentraler Bedeutung für unsere Arbeits- und Wirtschaftswelt. Sie ist ein Eckpfeiler der freien sozialen Marktwirtschaft. Die Tarifautonomie sichert verantwortliche Abschlüsse, die zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über den Wert der Arbeit in der jeweiligen Branche ausgehandelt werden. Sie basieren auf einer partnerschaftlichen kompromiss- und konsensorientierten Wirtschaftstradition. Diese Tradition hat den sozialen Frieden im Land und damit auch ein Stück Stabilität für die gesamte Wirtschaft gesichert. Den Arbeitgebern hat sie Wettbewerbssicherheit gegeben, da in den Branchen, soweit allgemein verbindlich festgestellt, gleiche Lebensverhältnisse gelten, und sie hat auch für eine Friedenspflicht gesorgt. Den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bietet diese Tradition Schutz sowie Einkommenssicherheit und auch die Chance zur Mitbestimmung. Tarifautonomie ist und bleibt unverzichtbar. Allerdings verschließe ich auch nicht die Augen vor den Problemen, die insbesondere die Gewerkschaften trotz der vorgenannten Erfolge in den vergangenen 25 Jahren im Osten der Bundesrepublik zu verzeichnen haben. Wenn die Statistik stimmt – wie gesagt, wenn sie stimmt –, unterliegt nur noch jeder fünfte Betrieb einem Tarifvertrag. Die Entwicklung hat natürlich auch Auswirkungen auf die inneren Unternehmensstrukturen und die sozialpolitische Ordnungskompetenz innerhalb der Unternehmen.
Ich war erstaunt, meine Damen und Herren, als ich in Vorbereitung auf diese Aktuelle Stunde um einen Gesprächstermin in der Klinik an der Salza nachsuchte und feststellen musste – es wurde mir auch schriftlich bestätigt –, dass ich bisher die einzige Abgeordnete war, die sich die Sichtweise der Unternehmensseite anhören wollte. Für mich ist klar: Um den gordischen Knoten zu lösen, müssen die Parteien an den Verhandlungstisch zurückkehren. Hierzu empfehle ich den Weg über ein Schlichtungsverfahren.
Die Sorge, dass die im Grundgesetz garantierte Tarifautonomie in der Klinik an der Salza infrage gestellt wird und damit der geschützte Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern ausgehebelt werden kann, teile ich nicht.
Denn wenn maßgebliche Grundsätze des Arbeitskampfrechts verletzt werden, greifen zweifelsfrei die Vorgaben der richterlichen Festsetzungen des Bundesarbeitsgerichts. Auch gehe ich davon aus, dass unrechtmäßige Maßnahmen gegen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, gleich aus welchem Rechtsgrund, …
… einer richterlichen Überprüfung unterzogen werden müssen und möglichst geschehenes Unrecht wiedergutzumachen ist.
Und jetzt mein letzter Satz: Meine Damen und Herren, damit ich nicht missverstanden werde, auch mein Herz schlägt auf der linken Seite
und für alle, die für ihren Arbeitsplatz und gerechte Löhne kämpfen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, danke für diesen allumfassenden Bericht, er kam quasi einer Regierungserklärung in Bezug auf Rente sehr nahe.
Die Rente muss für alle Generationen gerecht und zuverlässig sein. Dazu gehören die Anerkennung der Lebensleistung und ein wirksamer Schutz vor Altersarmut. Als Otto von Bismarck am 1. Januar 1891 die gesetzliche Rentenversicherung einführte, ahnte er sicher nicht, dass er damit die Basis für eine besondere Erfolgsgeschichte schuf. Die gesetzliche Rentenversicherung ist in unserem Land der Garant für die soziale Sicherung schlechthin. Die Rentenversicherung ist im Laufe ihrer Geschichte durch entsprechende Reformen immer wieder an politische, ökonomische und demografische Veränderungen angepasst worden. Eine der größten Herausforderungen für dieses staatliche Rentensystem war zweifellos die Wiedervereinigung Deutschlands. Das unter Konrad Adenauer eingeführte Umlagesystem der gesetzlichen Rentenversicherung zeigte hier seine außergewöhnliche Anpassungsfähigkeit. Die Ansprüche aus dem Alterssicherungssystem der DDR mussten quasi über Nacht in die bundesdeutsche Rentenversicherung überführt werden. Wer sich an diese Zeit noch erinnern kann, weiß, dass dies ein Kraftakt ganz besonderer Art war, denn für die Bundesbürger war eines sicher: die Rente, personifiziert durch den christdemokratischen Arbeitsminister Norbert Blüm.
Ein Paradigmenwechsel wurde dann durch die Regierung Schröder mit seinem Arbeitsminister Walter Riester Anfang der 2000er-Jahre beschlossen. Die zuvor geltende Vorgabe, wonach allein die gesetzliche Rente den Lebensstandard im Alter sichern sollte, wurde durch ein Drei-Säulen-Modell ersetzt. Den Lebensstandard im Alter sollten ab sofort auch private und betriebliche Altersversorgungen ergänzen. Frau Ministerin, so weit sind wir gar nicht auseinander bei der Beurteilung der Säulen. Auch in
anderen Dingen könnten wir sicher gegenseitig ein Papier unterschreiben. Aber es gibt auch ideologische Hemmnisse, die dazwischenliegen, keine Frage.
Mit der Bitte um Verständnis für den kurzen historischen Rückblick betrachte ich nunmehr den vorliegenden Antrag der Thüringer Koalition. Kein Zweifel, die Feststellung, dass die Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West nach mehr als 25 Jahren längst überfällig ist, kann die CDU-Fraktion nur bestätigen.
Dies gilt auch für die Situationsbeschreibung Ihres Antrags zu Punkt I.2.a) und b) in Bezug auf die Angleichung und die Erwerbsbiografien. Nun können alle wieder loslegen und sagen: Ja, ihr habt regiert und ihr könntet ja und ihr hättet ja. Für das Gehabte gibt keiner was. Wir müssen nach vorn gucken und wir müssen es jetzt tun. Die Gelegenheit – das sage ich jetzt von hier aus – ist günstig. Sie gilt aber nicht für den Abschnitt II und insbesondere nicht für den Auftrag an die Landesregierung. Der Faktencheck ist eindeutig.
Ab 2025 – sicher hat man sich dabei was gedacht – wird die Rente in ganz Deutschland einheitlich berechnet. Der Rentenwert Ost wird dem im Westen geltenden Rentenwert schrittweise angeglichen. Der Deutsche Bundestag hat das Gesetz am 1. Juni 2017 beschlossen und der Bundesrat hat es am 7. Juli 2017 gebilligt. Im parlamentarischen Verfahren wurde noch eine Klarstellung bei der Rentenberechnung aufgenommen. Sollten die Durchschnittslöhne in den neuen Ländern schneller steigen, sodass die Rentenwerte Ost ebenfalls schneller steigen als in den sieben Schritten vorgesehen, wird die Rente nach dem bisher üblichen Modus angepasst. Oder anders gesagt: Ergibt die Berechnung nach der Rentenformel für die neuen Länder einen höheren Wert, als in den sieben Schritten vorgesehen, wird eine Rente nach dem höheren Wert bezahlt. Ab dem 1. Januar 2019 wird schrittweise auch die Bewertung der Arbeitsentgelte angepasst. Insoweit werden auch mögliche Überführungslücken in der Rentenüberleitung bei bestimmten Personen und Berufsgruppen geschlossen, sodass zum 1. Januar 2025 die Hochwertung ganz entfällt. Natürlich ist das eine riesige Zeitspanne. Da die Rentenversicherung die zusätzlichen Kosten der Angleichung selbst übernimmt und ab 2022 der Zuschuss aus dem Bundeshaushalt erheblich aufgestockt wird, ist eine solide Finanzierung der Rentenangleichung gesichert.
Noch nicht Gesetzeskraft, aber mit einem klaren Bekenntnis hat sich der Bund zur Erhöhung des Anteils bei den Erstattungen an die Rentenversicherung für die Ansprüche aus den Sonder- und Zusatzversorgungssystemen der ehemaligen DDR bekannt. Damit werden die ostdeutschen Länder
entlastet. Auch dieses Begehren ist Ihrem Antrag zu entnehmen. Aber auch zur Beseitigung der Ungleichheiten bei der Anerkennung von Kindererziehungszeiten für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, sowie die Einführung einer sogenannten Mütterrente II als einen wichtigen Baustein zur Bekämpfung von Altersarmut haben sich die Verantwortlichen auf Bundesebene erklärt. Es macht deshalb auch wenig Sinn, die eigene Landesregierung zu beauftragen, auf Bundesebene aktiv zu werden, um Dinge in die Wege zu leiten, die bereits schon Gesetzeskraft erlangt haben oder zu denen schon ein klares Bekenntnis vorliegt.
Es steht für die CDU-Fraktion, meine Damen und Herren, außer Frage, dass eine zukunftssichere Altersversorgung eine breite politische Basis braucht. Die Rente muss auch für die nächsten Generationen gerecht, berechenbar und zuverlässig sein.
Deshalb haben wir mit der Drucksache 6/4871 einen Alternativantrag vorgelegt. Wenn wir wollen, dass die Empfänger die Rente als Lohn für ihre Lebensleistung betrachten, dann müssen wir dafür sorgen, dass diese Rente sicher über dem Grundsicherungsniveau liegt.
Wenn wir wollen, dass sich die Menschen neben der gesetzlichen Rentenversicherung freiwillig mit einer privaten und betrieblichen Altersvorsorge absichern, dann müssen wir dafür Sorge tragen, dass alle Säulen der Altersvorsorge gestärkt werden.
Dabei müssen wir die Erwerbsminderungsrente, die Grundsicherung und die Betriebsrenten ebenfalls in den Fokus nehmen. Wer nicht mehr fähig ist zu arbeiten, kann die Erwerbsminderungsrente beantragen. Die Höhe der Erwerbsminderungsrente berechnet sich individuell aus den bis zum Eintritt der Erwerbsminderung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten. In den zurückliegenden drei Jahren lag der Betrag bei voller Erwerbsminderung zwischen 704 und 792 Euro im Monat. Auch hier steigen seit dem 01.01.2018 die Auszahlungen und werden schrittweise bis 2024 um durchschnittlich bis zu 7 Prozent erhöht. Allerdings wird die Zurechnungszeit nur bis auf das 65. Lebensjahr gewährt, obwohl das gesetzliche Eintrittsalter bereits auf 67 Jahre fixiert wurde. Hier ist der Handlungsbedarf offensichtlich.
Wohl wissend, meine Damen und Herren, dass die Grundsicherung eine steuerfinanzierte Sozialleistung ist, die nicht dem Rentensystem zugeordnet werden kann, müssen wir auch auf diese Leistung unser Augenmerk richten, wenn wir Altersarmut
überzeugend entgegentreten wollen. Auch wenn bei der Grundsicherung ab dem 01.01.2018 eine Anpassung erfolgte, besteht hier weiter Nachbesserungsbedarf. Der Regelbedarf liegt bei 416 Euro, das Schonvermögen bei 5.000 Euro. Ab dem 01.01.2018 bleiben monatlich 100 Euro anrechnungsfrei. Dass bei der Berechnung von Einkommen in der Grundsicherung bei der Bedürftigkeitsprüfung die Kindererziehungszeiten im Alter angerechnet werden, bedarf ebenso einer Korrektur wie eine stärkere Berücksichtigung der familiären Pflegearbeit im Rentenbezug.
Aber auch das neue Betriebsrentengesetz, das am 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist, bleibt nicht ohne Kritik. Insbesondere für die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen in Thüringen müssen Hemmnisse im Verwaltungsablauf abgebaut werden. Derzeit stellen ungünstige steuerrechtliche sowie auch sozialversicherungsrechtliche Regelungen und die fehlende Transparenz die Haupthindernisse für eine breite Akzeptanz dar. Aufklärung und eine die Säulen übergreifende einheitliche Renteninformation aller erworbener Anwartschaften könnte auch eine zusätzliche Stärkung der Betriebsrente sein. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, im Bund aktiv zu werden und dort für eine bessere Anerkennung der Lebensleistungen sowie eine nachhaltige Weiterentwicklung der Altersvorsorge zu werben.
Es ist richtig, wir sprechen heute für Thüringen, und das ist auch so gewollt. Jedoch sind wir nicht der Nabel der Bundesrepublik, wenn wir auch in der Mitte liegen. Es ist wichtig, für alle Rentnerinnen und Rentner der Bundesrepublik zu sprechen. Dabei ist das, was der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, wenn er auch hier nicht so sehr im Fokus steht, in puncto Altersvorsorge aufzeigt, für ganz Deutschland wichtig.
Ich habe es gehört und sicher viele von Ihnen auch – das spreche ich jetzt mal so, wie ich auf der Straße angesprochen werde –: Die da oben kümmern sich ja doch nicht so richtig um uns oder sie wissen doch nicht alles. Aber ich habe von denen da oben gehört: Wir haben verstanden. Darauf baue ich und darauf hoffe ich, dass mit dem Koalitionsvertrag auch die Geschichte der Rente nicht zu den Akten gelegt wird, aber dass die Geschichte der Rente jetzt auf den richtigen Tischen liegt. Ich bedanke mich vielmals.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Zuschauer auf der Tribüne! Wie eben schon gesagt, dieser Gesetzentwurf befindet sich heute hier in der zweiten Lesung. Ich mache es also kurz. Häusliche Gewalt und sexueller Missbrauch von Frauen sind immer noch TabuThemen, obwohl sie in allen Altersgruppen und Schichten überall in Deutschland stattfinden. Etwa 35 Prozent aller Frauen haben bereits Gewalterfahrungen gemacht, eine unglaublich hohe Zahl. Es ist deshalb weiterhin notwendig, für dieses Thema „Häusliche Gewalt“ zu sensibilisieren, es nicht zu verschweigen und über Hilfsangebote zu informieren. Hilfe muss unkompliziert da angeboten werden, wo sich Frauen bewegen, da es für die betrof
fenen Frauen ohnehin schon schwierig ist, überhaupt Hilfe anzunehmen.
Ich möchte aber an dieser Stelle auch darauf hinweisen, dass Thüringen über ein breites Hilfe-System aus Frauenhäusern, Interventionsstellen, Hilfetelefon und zahlreichen anderen Hilfe-Institutionen verfügt.
Zunehmend stärker rückt in den letzten Jahren auch der Aspekt „Männer als Opfer häuslicher Gewalt“ in den Fokus. Deshalb wurde von der Landesregierung – Danke dafür – ein Pilotprojekt für den Umgang mit männlichen Opfern häuslicher Gewalt – das Pilotprojekt A4 – ins Leben gerufen. Im Rahmen dieses Projekts soll geklärt werden, wie Zugänge zu Hilfen für Betroffene sinnvoll gestaltet werden können, welche Bedarfe innerhalb der Zielgruppe bestehen und ob vorhandene Beratungsstrukturen sinnvoll und nutzbar sind. Die Ergebnisse dieses Projekts werden im Frühjahr 2018 erwartet. Schon jetzt stehen die vier Interventionsstellen des Landes allen Opfergruppen, also auch männlichen Opfern, zur Verfügung. Sie bieten Opfern eine schnelle psychosoziale und rechtliche Kurzzeitberatung an. Dennoch finden männliche Opfer häuslicher Gewalt nur selten speziell auf sie zugeschnittene Hilfsangebote. Über die Notwendigkeit von Veränderungen am derzeitigen Hilfe-System muss aus unserer Sicht nach Abschluss des Pilotprojekts und der entsprechenden Auswertungen nachgedacht und natürlich geholfen werden. Zum jetzigen Zeitpunkt über eine Novelle des Thüringer Gesetzes zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern nachzudenken bzw. eine neue gesetzliche Grundlage schaffen zu wollen, ist verfrüht. Aus diesem Grund lehnen wir den Antrag der AfD ab. Danke.
Danke, Frau Präsidentin, ich werde in Vertretung der erkrankten Kollegin Tasch die Mündliche Anfrage zur Landesgartenschau 2024 vortragen.
Landesgartenschau 2024
Am 19. September 2017 teilte eine Mitarbeiterin des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft den Oberbürgermeistern bzw. Bürgermeistern der Bewerberstädte für die Landesgartenschau 2024 per E-Mail mit, dass das Kabinett die Entscheidung für die Vergabe der 5. Thüringer Landesgartenschau auf März 2018 vertagt habe.
Pressemeldungen zufolge („Thüringer Allgemeine“ vom 23. September 2017) habe die Stadt Leinefelde-Worbis „die Voraussetzungen für die Durchführung der 5. Thüringer Landesgartenschau am besten erfüllt“, so das Zitat der Medien aus einer Kabinettsvorlage des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft.
Ich frage die Landesregierung:
1. Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Vertagung der Entscheidung für die Vergabe der 5. Thüringer Landesgartenschau auf März 2018 und der von der Landesregierung beabsichtigten Gebietsreform oder wie begründet die Landesregierung die Vertagung?
2. Wie schätzt die Landesregierung die organisatorischen Folgen für die Bewerberregionen aufgrund einer Verschiebung der Entscheidung um mindestens sechs Monate, auch mit Blick auf die zur Verfügung stehenden Organisationsfristen der vorangegangenen Landesgartenschauen, ein?
3. Beabsichtigt die Landesregierung bis zur Vergabeentscheidung im März 2018, den bislang gültigen Kriterienkatalog beizubehalten und damit die Ergebnisse der Bewertungskommission auch weiterhin für die Entscheidung zugrunde zu legen?
4. Plant die Landesregierung Veränderungen am Kriterienkatalog und wenn ja, welche, mit welcher Begründung?
Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, es ist nach wie vor notwendig, auf die Gewalt gegen Frauen insbesondere als Opfer häuslicher Gewalt öffentlich aufmerksam zu machen. Die Ächtung von körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt gegen Frauen, mittlerweile auch gegen Männer, hat merklich Fortschritte gemacht. Trotzdem ist Gewalt
nach wie vor ein Thema, das im gesellschaftlichen Diskurs tabuisiert, verharmlost oder ignoriert wird. Dieser Gewalt vorzubeugen und von Gewalt betroffenen Frauen, Kindern und Männern Schutz und Hilfe zu bieten, ist Aufgabe, die der Staat wahrzunehmen hat.
Erstaunt bin ich in letzter Zeit über Veröffentlichungen in den Medien über sexuelle Übergriffe auf Schauspielerinnen, Schauspieler, Models, ja, selbst Politikerinnen sind offenbar Opfer sexueller Handlungsweisen. Wir haben in den vergangenen 20 Jahren in Thüringen ein gut funktionierendes Hilfesystem aus Frauenhäusern, Interventionsstellen, Hilfetelefonen und zahlreichen anderen Institutionen etabliert. Die Maßnahmen der Thüringer Landesregierung gegen häusliche Gewalt wurden im Jahr 2002 und als Fortschreibung im Frühjahr 2006 im Kabinett beschlossen. Damit hat die Thüringer Landesregierung ein deutliches Zeichen gesetzt. Gewalt wird im familiären Bereich nicht akzeptiert, sondern zieht staatliche Sanktionen für den Täter bzw. für die Täterin nach sich. Die Opfer häuslicher Gewalt werden vor weiterer Gewalt geschützt. Allen Familienmitgliedern muss ein Leben ohne Gewalt ermöglicht werden.
Thüringen ist im Vergleich mit anderen Ländern mit der im Jahr 2008 in Kraft getretenen Thüringer Frauenhausförderverordnung zur Unterstützung von Frauenschutzeinrichtungen sehr gut aufgestellt. Danach werden die Frauenschutzeinrichtungen vom Land mit 1,0 VbE und Sachkosten kofinanziert, wenn die Kommune ihrerseits die Finanzierung von einer VbE in einer Leistungsvereinbarung mit der Frauenschutzeinrichtung sicherstellt. Rechtsgrundlage dieser Förderung ist das Thüringer Gesetz zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern und zur Förderung von Frauenhäusern. Allen Opfern häuslicher Gewalt stehen die vier Interventionsstellen des Landes zur Verfügung. Interventionsstellen stellen eine Ergänzung von Maßnahmen der Gefahrenabwehr bei häuslicher Gewalt dar. Sie arbeiten proaktiv und bieten allen Opfergruppen, egal ob weiblichen oder männlichen Opfern, eine schnelle psychosoziale und rechtliche Kurzzeitberatung. Derzeit gibt es außerdem ein Pilotprojekt für den Umgang mit männlichen Opfern häuslicher Gewalt, Projekt „A4“. Im Rahmen dieses Projekts soll geklärt werden, wie Zugänge zu Hilfen für Betroffene sinnvoll gestaltet werden können, welche Bedarfe innerhalb der Zielgruppe bestehen und ob vorhandene Beratungsstrukturen sinnvoll und nutzbar sind. Die Ergebnisse des Projekts werden im Frühjahr 2018 erwartet. Für die CDU-Fraktion ist der Schutz aller Opfer häuslicher Gewalt ein wichtiges Anliegen, seien es Männer oder Frauen. Aus diesem Grund unterstützen wir das Pilotprojekt „A4“. Über die Notwendigkeit von Veränderungen des derzeitigen Hilfesystems muss gegebenenfalls nach Abschluss dieses Projekts und der entspre
chenden Auswertung nachgedacht und gehandelt werden. Zu diesem Zweck über eine Novelle des Thüringer Gesetzes zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern nachzudenken bzw. eine neue gesetzliche Grundlage schaffen zu wollen, ist deutlich verfrüht. Aus diesem Grund lehnen wir das Ansinnen/den Antrag der AfD ab. Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, bereits in zwei Plenarsitzungen im Herbst des vergangenen Jahres hatten wir uns mit einem Antrag zur Änderung des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes zu befassen. Der Antragsteller begehrte seinerzeit unter anderem eine neue Fassung des § 12 Abs. 3, mit dem der Erlass einer Rechtsverordnung durch das zuständige Ministerium im Einvernehmen mit dem zuständigen Ausschuss des Landtags vollständig entfallen wäre. Aber gerade eine solche Rechtsverordnung bietet die Möglichkeit, flexible Rahmenbedingungen zu schaffen, um Ausnahmen für bestimmte Personengruppen sowie in Einzelfällen bei der Samstagsarbeit verbindlich zu regeln.
Deshalb hatte sich die CDU-Fraktion in den parlamentarischen Beratungen zum einen für die Weiterbehandlung des Antrags in den Fachausschüssen Soziales, Arbeit und Gesundheit sowie Wirtschaft und Wissenschaft ausgesprochen und zum anderen die Erarbeitung einer Rechtsverordnung zu § 12 Abs. 3 Thüringer Ladenöffnungsgesetz eingefordert. Leider hatten sich die drei Koalitionsfraktionen gegen eine Überweisung in die Fachausschüsse entschieden.
Um bei den Fakten zu bleiben, meine Damen und Herren, mache ich mit dieser Antragsbegründung deutlich, dass es sich bei unserem Antrag nicht um eine Änderung des bestehenden Gesetzes handelt, sondern unser Antrag zweifelsfrei und unmissverständlich den Vollzug des bestehenden Gesetzes zum Inhalt hat.
Fakt ist, dass der § 12 Abs. 3 Thüringer Ladenöffnungsgesetz dem zuständigen Ministerium im Einvernehmen mit dem zuständigen Ausschuss des Landtags den Erlass einer Rechtsverordnung zuweist. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist das Mi
nisterium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie für eine solche Rechtsverordnung zuständig.
Fakt ist auch, dass dem Thüringer Landtag bereits seit Juni 2016 eine Petition von über 70 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vorliegt, die den Erlass einer Rechtsverordnung gemäß § 12 Abs. 3 Thüringer Ladenöffnungsgesetz fordern.
Fakt ist ebenfalls, dass dem Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft sowie dem Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie Eingaben, Stellungnahmen von einzelnen Handelsunternehmen, von Arbeitgeberverbänden, von Handelskammern und der Handwerkskammer vorliegen, die allesamt auf den Erlass einer Rechtsverordnung setzen, um die dringend benötigten Ausnahmeregelungen für flexiblere Arbeitszeitmodelle und die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen zu können.
Und Fakt ist auch, meine Damen und Herren, dass sich zwischenzeitlich der Thüringer Wirtschaftsminister als für den Handel zuständiger Minister dafür ausspricht, eine entsprechende Regelung zu erlassen. Die Auffassung des Herrn Ministerpräsidenten ist aus öffentlichen Mitteilungen und diversem Schriftverkehr mit Unternehmern hinreichend bekannt.
Offensichtlich scheint das Problem der Landesregierung aber nicht in der Vorlage des Entwurfs für eine Rechtsverordnung zu liegen, sondern in der Sorge des zuständigen Ministeriums, keine für alle Beteiligten tragbare Lösung zu finden.
Diese Sorge lässt sich aber im ehrlichen und konstruktiven Dialog, für den auch wir selbstverständlich zur Verfügung stehen, sehr schnell entkräften.
Deshalb liegt unserem Antrag der Appell zugrunde, den Ministerpräsidenten aufzufordern, endlich von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen und den Erlass einer Rechtsverordnung gemäß § 12 Abs. 3 des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes
im Wege des Gesetzesvollzugs als
Aufgabe der Exekutive durch das zuständige Ministerium zu veranlassen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Ministerin, meine Frage: Aus den Briefen des Wirtschaftsministers und aus den Besprechungen von Herrn Minister Ramelow, die uns zugänglich gemacht wurden, geht hervor, dass Verhandlungen geführt werden sollen, so wie das auch schon angeklungen ist, nicht nur zwischen den Tarifpartnern, sondern auch, dass die Regierung bereit ist, selbst der Ministerpräsident, an solchen Verhandlungen
teilzunehmen und diese auch zu beflügeln. Sage ich das jetzt hier richtig?
Ich nehme jetzt mit, erstes und zweites Quartal. Eine Frage noch, Frau Ministerin: Ist Ihnen bekannt, dass die Situation längst nicht mehr so ist wie vor drei, vier, fünf, Jahren? Ist Ihnen bekannt, dass es einen äußersten Mangel an Fachkräften in allen Gewerken gibt, und dass eigentlich hier der Hilfeund der Notruf kommt?
Bestandsgarantie für die Gemeinde Amt Wachsenburg (Ilm-Kreis)
In den Jahren 2010 bis 2013 kam es in Thüringen zu insgesamt 55 freiwilligen Zusammenschlüssen von kreisangehörigen Gemeinden.
Mit dem Thüringer Gesetz zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2012 – Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 446 – wurde die Gemeinde Amt Wachsenburg neu gebildet.
Damit wurde dem Willen nach einer Stärkung der kommunalen Verwaltungsstruktur auf freiwilliger Grundlage Rechnung getragen. Aufgrund des herbeigeführten Zusammenschlusses der vorherigen Bestandsgemeinden im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung durften diese auf eine langfristige tragfähige Kommunalstruktur vertrauen.
Ich frage im Auftrag des Abgeordneten Thamm die Landesregierung:
1. Kann die Gemeinde Amt Wachsenburg bei einer geplanten Gebietsreform auf Bestandsschutz hoffen und auch nach einer geplanten Gebietsreform ihre Eigenständigkeit behalten und wie begründet die Landesregierung dies?
2. Durch welche Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung – bezogen auf die Gemeinde Amt Wachsenburg – im Falle einer zwangsweisen erneuten Neugliederung den verfassungsrechtlichen Maßstäben für Mehrfachneugliederungen zu genügen?
Ich bitte den Herrn Staatssekretär, komplett zu antworten und sich nicht auf die Anfrage von Frau Meißner zu beziehen, da ich diese Anfrage auch für einen anderen Kollegen stelle.
Herr Staatssekretär, ich will Sie wirklich nicht schikanieren, aber Sie haben ja sicher mitbekommen,
dass die Frau Meißner nicht mehr da ist und ich für jemanden anderes hier die Frage stelle. Ich bitte Sie, die Frage 2 doch noch mal genau zu beantworten. Danke.
In den Jahren 2010 bis 2013 kam es in Thüringen zu insgesamt 55 freiwilligen Zusammenschlüssen von kreisangehörigen Gemeinden.
Mit dem Thüringer Gesetz zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2011 – Gesetzund Verordnungsblatt 5/10 vom 28.11.2011, Seiten 293 bis 296, Teil 1 – wurde die Gemeinde Südeichsfeld neu gebildet.
Damit wurde dem Willen nach einer Stärkung der kommunalen Verwaltungsstruktur auf freiwilliger Grundlage Rechnung getragen. Aufgrund des herbeigeführten Zusammenschlusses der vorherigen Bestandsgemeinden, im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung, durften diese auf eine langfristige tragfähige Kommunalstruktur vertrauen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Kann die Gemeinde Südeichsfeld bei einer geplanten Gebietsreform auf Bestandsschutz hoffen und auch nach einer geplanten Gebietsreform ihre Eigenständigkeit behalten und wie begründet die Landesregierung dies?
2. Durch welche Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung jeweils im Falle einer zwangsweisen erneuten Neugliederung den verfassungsrechtlichen Maßstäben für Mehrfachneugliederungen zu genügen?
Danke, Herr Präsident.
Maßnahmen der Thüringer Landesregierung zur Integration von Langzeitarbeitslosen – Teil II
Die Einleitung, die Einführung ist die gleiche. Ich fange daher sofort mit meinen Fragen an.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie hat sich die Teilnehmerzahl am Landesprogramm „Arbeit für Thüringen“ seit Inkrafttreten der Richtlinie für das Landesprogramm „Öffentlich geförderte Beschäftigung und gemeinwohlorientierte Arbeit“ im Vergleich zu den Jahren 2013, 2014 und 2015 entwickelt?
2. Wie viele der für das Jahr 2016 bereitgestellten Mittel wurden jeweils für das Landesprogramm „Öffentlich geförderte Beschäftigung und gemeinwohlorientierte Arbeit“ – bitte Mittelverwendung nach den einzelnen Säulen des ÖGB aufteilen – und für das Landesprogramm „Arbeit für Thüringen“ bereits verausgabt?
3. Wie viele Landesmittel werden insgesamt zur Integration von Langzeitarbeitslosen im Jahr 2016 durch die Landesregierung bereitgestellt und wie hoch ist der Mittelabruf durch die einzelnen Maßnahmen seit Beginn des Jahres 2016?
4. Wie schneidet Thüringen im bundesweiten Vergleich bei den Gesamtausgaben (Landesmittel) für die Integration von Langzeitarbeitslosen ab (bitte Volumen in Euro beim Ranking angeben)?
Danke schön.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren: Samstags gehört Mutti mir!
Die Republik horcht auf, in Thüringen haben Verkäuferinnen und Verkäufer zwei freie Samstage im Monat. Mit Erlaubnis, Herr Präsident, zitiere ich aus der „Frankfurter Allgemeinen“ vom 22. März 2015. Ich zitiere: „Aus Sicht der Gewerkschaften steht Thüringen jetzt als Vorbild da. Und zwar mit einem Gesetz, das klingt, als hätte es Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linkspartei gemacht. Hat er aber gar nicht. Denn das Gesetz stammt aus dem Jahr 2011, als eine große Koalition unter der CDUMinisterpräsidentin Christine Lieberknecht regierte.“
Dass dieses Gesetz zwischenzeitlich gegen viele Widerstände auch einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht am 14. Januar 2015 standgehalten hat, macht mich persönlich sehr zufrieden.
Ich halte dieses Gesetz mit seiner inhaltlichen Festlegung für einen weiteren Meilenstein für eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit, nämlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zukunftsfähig zu gestalten.
Zu Recht hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass das Thüringer Ladenöffnungsgesetz die betroffenen Unternehmen nicht etwa daran hindert, ihre Geschäfte an umsatzstarken Samstagen zu öffnen, sondern das Gesetz zielt auf den Arbeitsschutz und den Schutz der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie ab und entspricht damit den Belangen des Gemeinwohls. Diese Regelung ist verhältnismäßig und insbesondere angemessen. Sie reagiert auf die mit den Ausweitungen der Ladenöffnungszeiten verbundenen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen im Einzelhandel, die sowohl die Gesundheit als auch das Familienleben beeinträchtigen können. Aus meiner Sicht ein sozialpolitischer Ritterschlag für den Thüringer Landtag, auf den wir mit Recht stolz sein können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, angesichts der veränderten Altersstruktur und des Anstiegs der Lebenserwartung ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu einer der wichtigsten Aufgaben der Beschäftigungs- und Sozialpolitik in unserem Land geworden. Die Gleichstellung von
Mann und Frau, von Frau und Mann in der Gesellschaft sowie auch in Familie und Beruf steht in einem sehr engen Zusammenhang mit den Zielen aller in diesem Haus vertretenen Parteiprogramme. So lese ich zum Beispiel in Ihrem Antrag „Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes“ – dazu steht in Ihrem Programm ganz krass gegenüber die Aussage auf Seite 7, hier bringen Sie zum Ausdruck, und jetzt zitiere ich noch mal: „Maßnahmen, die Familien stärken, haben Priorität, was Familien schadet, muss unterbleiben.“
Wir alle kennen den Lebensalltag in den Familien und wissen, dass die Bewältigung oftmals einem Kraftakt ähnelt. Es wird gefeilscht und gestritten, verteilt und verhandelt über das, was wer wann zu erbringen hat. Oft erst beim Frühstück, sofern sich dafür noch eine gemeinsame Zeit genommen wird, erfahren die Kinder, wie der Tag oder die Woche verlaufen. Auch ich habe in jüngeren Jahren geglaubt, wenn man etwas will und alles gut organisiert, ist alles miteinander vereinbar. Heute ist mir bewusster denn je, dass die Bedürfnisse von Familie nach Nähe und Zeit füreinander eine unabdingbare Voraussetzung für das Funktionieren dieser kleinsten Zelle unserer Gemeinschaft und unserer Gesellschaft sind.
Zeit in und mit der Familie ist eine sichere Bindung, um das Leben in seiner ganzen Vielfalt kennen und begreifen zu lernen. Deshalb, meine Damen und Herren, bin ich davon überzeugt, dass die Vorgabe des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes ein absoluter Beitrag für unsere Gesellschaft ist, der sowohl die Gesundheit der Betroffenen sowie das Familienleben und damit die Vereinbarkeit mit dem Beruf unterstützt. Zwei arbeitsfreie Wochenenden stellen einen wichtigen Ausgleich zu den gestiegenen Arbeitsbelastungen im Einzelhandel dar. Die Regelung ermöglicht den Beschäftigten ein planbares Familienleben und unterstützt den Wert der Familienarbeit, die leider oft viel zu wenig Beachtung findet. Und längst, meine Damen und Herren, haben sich die betroffenen Unternehmen, die ihre Geschäfte an umsatzstarken Samstagen öffnen, auf diese Situation eingestellt.
Vielen Unternehmern ist inzwischen bewusst, dass die Balance zwischen Erwerbsarbeit und Familienarbeit gefördert werden muss. Nur so können sie dem Fachkräftemangel begegnen und gleichzeitig Mut zur Familie und damit für Kinder als zukünftige oder künftige Konsumenten und Arbeitnehmer unterstützen. Für die CDU-Fraktion besteht kein Zweifel, dass wir uns mit den zwei arbeitsfreien Samstagen auf dem richtigen Weg einer guten Familienpolitik bewegen.
Das Ladenöffnungsgesetz regelt nicht nur die zwei freien Samstage, von denen wir nicht zurücktreten. Nach fünf Jahren lohnt es sich aber, die Wirkung des Gesetzes zu überprüfen. Daher stimmen wir einer Überweisung an die Fachausschüsse zu. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren. Frau Leukefeld, so richtig habe ich nicht verstanden, über was Sie jetzt geklagt haben.
Sie haben schon geklagt, aber es war mir nicht so ganz ersichtlich. Sie haben hier ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts gerügt, so viel nehme ich aus Ihrem Vortrag mit.
Herr Präsident, ich möchte aus dem Wahlprogramm der CDU-Fraktion zum Thema „Vollbeschäftigung bei fairen Löhnen“ zitieren: „Unser Ziel ist es, spätestens bis zum Jahr 2019 Vollbeschäftigung bei fairen Löhnen zu erreichen. Wir haben harte Jahre der Massenarbeitslosigkeit erlebt – und gemeistert.“ – die haben wir alle erlebt. – „Die Thüringerinnen und Thüringer haben die Chance, dass jeder arbeiten kann, der arbeiten will. Wir setzen dabei auf eine starke Wirtschaft und den ersten Arbeitsmarkt. Zudem bekennen wir uns zu einem Mindestlohn, der im Einklang mit den Interessen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer steht.“ So weit aus unserem Programm.
Sie können nicht abstreiten: Auch wir, die CDU und insbesondere ich, haben uns ganz stark für den Mindestlohn eingesetzt. Ich möchte aber dazu noch sagen, dass das Ganze ja unter anderem auch in der Hand des Bundes liegt. Ich habe in der letzten Sitzung die AfD kritisiert, die hier in der Aktuellen Stunde Themen aufwirft, die nur im Bund geklärt werden können. So ähnlich kommt es mir heute auch vor. Dazu möchte ich aus dem Koalitionsver
trag der Bundesregierung, die ja bekanntlich von CDU und SPD geführt wird, zitieren: „Für Tarifverträge, bei denen bis 31. Dezember 2016“ – den 31. Dezember 2016 haben wir noch nicht – „das Mindestlohnniveau nicht erreicht wird, gilt ab 1. Januar 2017 das bundesweite gesetzliche Mindestlohnniveau.“ Also wir sind auf einem guten Weg, stelle ich fest. Es ist noch ein halbes Jahr Zeit und die sollten wir der Bundesregierung auch geben, um diese Geschichte zu klären.
Dann wollte ich Ihnen sagen: Ihre Klage ist wohl eher angebracht bei den Mitgliedern der Kommission, die von Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer gebildet wurde. Wissenschaftlicher Sachverstand ist hier gefragt, und dieser Sachverstand wird auf Vorschlag der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer hinzugezogen. Ich denke, wenn diese Gruppe tagt, dann müssten auch Ihre Klagen hier vorgebracht werden.
Dann habe ich mich kundig gemacht. In einer Pressemitteilung, die Sie herausgegeben haben, fordern Sie einen Mindestlohn von mindestens 12 Euro. Jetzt frage ich Sie: In welcher Welt leben Sie? Ich würde das sofort unterschreiben, wenn mein Handwerksmeister, der im Nachbarhaus seinen Arbeitsplatz hat, überhaupt dazu in der Lage wäre, diese 12 Euro zu zahlen. Oder der kleine Unternehmer, der Mittelständler, der überhaupt nicht dazu in der Lage ist. Wir müssen doch erst mal die Wirtschaft bevollmächtigen oder ihr das Werkzeug geben, um diese Löhne zu zahlen. Ich weiß auch nicht, vielleicht kommen in Ihr Büro bzw. Bürgerbüro – bei uns heißt das Bürgerbüro – keine Handwerker oder keine Mittelständler, die sich zu diesem Thema äußern.
Dann möchte ich Ihnen noch sagen: Wir haben noch gar nicht die Landwirtschaft unter die Lupe genommen. Mein ehemaliger Betrieb hat etliche Hektar Erdbeeren umgeackert, weil er für die rumänischen Arbeitnehmer keine 8,50 Euro zahlen kann. Demzufolge wird jetzt Weizen oder Mais angebaut und wir müssen die Erdbeeren aus Spanien oder Marokko oder aus der Dritten Welt kaufen, denn unsere Erdbeeren mit einem Stundenlohn von 8,50 Euro hätten Sie garantiert nicht gekauft oder derjenige, der einkaufen geht. Also wie gesagt, wir haben da noch Lücken.
Aber 12 Euro oder 12,50 Euro ist wirklich ein bisschen zu fett. Dann muss ich Ihnen noch sagen:
Sofort! – Ich weiß, dass unsere Richter beim Bundesarbeitsgericht eine kluge Entscheidung getroffen haben, der ich auch voll und ganz vertraue. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr oft werde ich in meinem Wahlkreis gefragt: Ihr habt doch die AfD im Landtag? Was treibt die eigentlich? Meine Antwort: Der Fraktionsvorsitzende benimmt sich wie ein Agitator, manchmal so schlimm, dass man den Plenarsaal am liebsten verlassen möchte.
Drei Abgeordnete der AfD haben die Fraktion bereits verlassen, andere beschäftigen die Justiz und Staatsanwaltschaft oder das Parlament mit der Aufhebung ihrer Immunität. Und einige versuchen mit parlamentarischen Anfragen, politische Kontrollaufgaben zu simulieren, indem sie zum Beispiel wis
sen wollen, wie viele Homo-, Bi-, Transsexuelle in Thüringen leben.
Aber wirkliche landespolitische Themen und eine ernsthafte Debatte – da habe ich bisher von der AfD nichts erlebt.
Und wer die heutige Tagesordnung für diese Aktuelle Stunde noch einmal reflektiert, kann den Geist und das Verständnis der AfD zur Landespolitik unschwer erkennen.
„Erhalt der BStU-Außenstellen in Erfurt, Gera und Suhl“, ein Antrag mit klarem Ziel und der Zuständigkeit der Landespolitik, „Planungssicherheit für Thüringer Krankenhausstandorte gewährleisten“, ein Antrag mit klarem Ziel und der Zuständigkeit der Landespolitik, „Konsequenzen für die Thüringer Finanzpolitik“, ein Antrag mit klarem Ziel und der Zuständigkeit der Landespolitik,
„Stärkung der Prävention und Weiterentwicklung des Gesundheitsprozesses in Thüringen“, ein Antrag mit klarem Ziel und der Zuständigkeit – nein, ich antworte nicht.
Und nun Ihre Formulierung – ich komme zum Thema, keine Bange!
Und nun Ihre Formulierung: „Alt und arm! Ein unabwendbares Schicksal für Thüringen?“. Mit dieser Formulierung suggerieren Sie und wollen dies vermutlich auch, dass Altersarmut ein besonderes Problem in Thüringen ist,