Dagmar Künast
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Last Statements
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist nun mal wieder so weit, DIE LINKE
fordert beim Thema Rente wieder alles für alle, und das am besten sofort.
Im Jahr 2007 hatten Sie bereits einen ähnlichen Antrag in den Landtag eingebracht. Und wieder geht es nicht um Aufklärung und Sachlichkeit, sondern um puren Populismus. Stimmenfang ist angesagt, weder Versprechungen noch Zielsetzung sind jeweils überprüfbar. Ich habe den Eindruck, wer so agiert, will gar keine politische Verantwortung, sondern Opposition um jeden Preis. Genau darauf scheinen Sie zu setzen. Deshalb wird die Angst geschürt und das Schreckgespenst der Altersarmut im Zuge der Rente mit 67 an die Wand gemalt. Ich möchte deutlich sagen, dass die Gefahr von Altersarmut nicht von der Hand zu weisen ist. Wir müssen dieser Gefahr entschieden entgegenwirken, aber die Rente mit 67 ist nicht der Grund für Altersarmut. Die Gründe dafür sind Niedriglöhne, die in Thüringen gezahlt werden, Niedriglöhne, die diese CDU-Regierung als Standortvorteil preist und die alles unternommen hat, um jede Absicherung besserer Entlohnung zu verhindern. Ich erinnere hier nur an unseren Antrag zur Leiharbeit, Niedriglöhne, die fast 60.000 Menschen in Thüringen Monat für Monat dazu zwingen, zusätzliche Leistungen des SGB II zu beantragen. Hinzu kommen Zeiten der Arbeitslosigkeit und eine unternehmerische Philosophie, die Menschen über 50 Jahre aussortiert. Das sind die Punkte, an denen wir ansetzen müssen. Wir brauchen endlich einen gesetzlichen Mindestlohn und die Erhöhung des Lohnniveaus in Thüringen.
Erst in dieser Woche hat eine Studie des DGB wieder deutlich gemacht, dass Thüringen das Schlusslicht beim durchschnittlichen Stundenlohn ist. Zusätzlich ist die Quote an geringfügig und Teilzeitbeschäftigen sehr hoch. Dies führt dazu, dass die Menschen in Thüringen am Ende des Monats 546 € weniger im Portemonnaie als der Bundesdurchschnitt haben. Dies schlägt sich dann natürlich später in den Rentenzahlungen nieder. Wenn ein flächendeckender Mindestlohn eingeführt wird, steigt das Lohnniveau. Da die Entwicklung der Renten an dieses gebunden ist, führt ein höheres Lohnniveau auch zu höheren Renten.
Wir müssen außerdem mehr Beschäftigte über 50 Jahre in den Betrieben halten oder wieder in Arbeit bringen. Bereits heute fehlen in Thüringen Fachkräfte. Da ist es nicht zu verantworten, Menschen, die älter als 50 Jahre sind, aus dem Arbeitsprozess zu verdrängen. Viele Unternehmen haben das auch erkannt. So konnte die Beschäftigungsquote der über 50-Jährigen in den letzten Jahren erhöht werden. Dies ist zu großen Teilen der Initiative 50plus zu verdanken. Diese positive Entwicklung muss wei
terverfolgt werden.
Die Rente mit 67 wird erst ab 2012 und dann nur schrittweise eingeführt werden. Damit wird es gelingen, die Beitragssätze zur Rentenversicherung auch in Zukunft stabil zu halten. Denn es ist ja nun nicht von der Hand zu weisen, dass zukünftig weniger Beitragszahler und mehr Rentenempfänger finanziert werden müssen. Gleichzeitig mit der Einführung der Rente mit 67 ist aber auch die Revisionsklausel eingeführt worden. Ab dem Jahr 2010, also ab dem kommenden Jahr, muss die Bundesregierung berichten, ob die schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters aufgrund der Situation auf dem Arbeitsmarkt vertretbar ist. Nur wenn das der Fall ist, wird das Renteneintrittsalter schrittweise erhöht.
Die Rente mit 67 ist auch die Anpassung rentenrechtlicher Regelungen an die gesellschaftlichen Verhältnisse. Fakt ist, dass die Menschen heute später ins Berufsleben einsteigen, als das früher der Fall war. Nach Abitur, Studium und vielleicht nach einem Praktikum sind die Berufsanfänger heute häufig bereits Mitte 20 oder sogar noch älter. Die Menschen sind heute auch länger gesund und leistungsfähig, als sie dies früher waren. Die Lebenserwartung hat sich beträchtlich erhöht. All dies ist Grund zur Freude und zudem der Beweis für einen funktionierenden Sozialstaat. Diese erfreuliche Entwicklung können und dürfen wir bei der Gestaltung der Zukunft und rentenrechtlichen Regelungen aber nicht außer Acht lassen. Dennoch muss es für Menschen, die in körperlich anstrengenden Jobs arbeiten, Möglichkeiten geben, ohne Abschläge früher aus dem Berufsleben auszuscheiden.
Die Forderung in Punkt 2 Ihres Antrags teilen wir im Grundsatz. Auch wir wollen, dass nach fast 20 Jahren nach der politischen Einheit Deutschlands auch die soziale Einheit vollzogen wird. Uns geht es dabei aber nicht um das einseitige Angleichen des Rentenwertes Ost an den Rentenwert West. Damit ist es nicht getan, das wäre zu kurz gesprungen. Was wir brauchen, ist endlich ein einheitliches Rentensystem für ganz Deutschland. Versicherte und Rentnerinnen und Rentner sollen dann eben nicht mehr abhängig von ihrem Wohn- und Beschäftigungsort behandelt werden. Unser Ziel ist es deshalb, innerhalb der nächsten Legislaturperiode ein einheitliches Rentensystem für Deutschland zu schaffen; die Rentnerinnen und Rentner in Ostdeutschland haben lange genug darauf gewartet.
Zu Punkt 3: Auch wir streben abschließende Regelungen bei den Unterschieden im Rentenrecht an. Dies muss in einem Rentenüberleitungsabschlussgesetz geregelt werden. Priorität hat für uns jedoch die Angleichung der Rentensysteme in Ost und West.
Diese würden allen Menschen in Ostdeutschland zugutekommen und nicht nur einzelne Personen und Berufsgruppen treffen.
Zu Punkt 4 des Antrags: Hierzu gibt es von uns ein klares Nein. Die Renten sind an die Lohnentwicklung gebunden. Sie sind also dynamisch, auch wenn Ihr Antrag etwas anderes suggerieren will. Wir haben außerdem die Schutzklausel ausgeweitet, um sicherzustellen, dass der Rentenwert auch bei einer negativen Lohnentwicklung nicht absinkt. Dies ist in Zeiten der Wirtschaftskrise ein wichtiger Beitrag zur Rentenstabilität.
Zu Punkt 5: Wir werden die sogenannte Rente nach Mindesteinkommen bei langjährig Versicherten noch einmal bei Beitragszeiten bis Ende 2010 verlängern. Damit werden geringe Anwartschaften bei Geringverdienern höher bewertet und Armutsrenten vermieden. Die Notwendigkeit für eine Wiedereinführung ohne zeitliche Einschränkung sehen wir aber nicht.
Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion möchte getrennt über den hier vorliegenden Antrag abstimmen, denn er enthält, wie ich eben dargestellt habe, einige politische Ansätze, die wir teilen, aber er enthält auch Ansätze, die wir nicht mittragen können. Was in Ihren Anträgen zum Thema Rente immer sehr deutlich wird, ist, dass die Forderungen zu pauschal und auch sehr populistisch sind. Die rentenrechtlichen Feinheiten und Pferdefüße, die es bei diesen Forderungen zu betrachten gibt, werden von Ihnen nicht mit genannt. Sie machen es sich zu einfach und das ist unseriös, denn das Rentenrecht ist kein einfacher Bereich. Die Veränderung einzelner Faktoren zieht teilweise grundlegende Veränderungen nach sich. Die Debatte kann und darf deshalb nicht derartig vereinfacht werden, denn dadurch bringt man die Rentner in Ost und West gegeneinander auf. Man bringt aber auch die jetzigen Beitragszahler und Rentenempfänger gegeneinander auf. Das darf nicht geschehen, deshalb ist ein solcher Antrag, der wieder alles für alle fordert, nicht hilfreich. Wenn es keine Einzelabstimmung zu diesem Antrag geben sollte, werden wir uns deshalb als SPD-Fraktion enthalten. Ich danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Antrag meiner Fraktion zur Stärkung der Behindertenwerkstätten und der Vereinfachung der Übergänge auf den ersten Arbeitsmarkt stammt vom Mai 2008. Er besteht aus einem Berichtsersuchen zur derzeitigen Situation der Werkstätten und der Aufforderung, in Thüringen ein Modell analog rheinland-pfälzischem Budget für Arbeit zu entwickeln. Bei diesem Modell werden Eingliederungshilfeleistungen für eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt gewährt. Unserem Anliegen, die Werkstätten zu stärken und Übergänge trotzdem auf den ersten Arbeitsmarkt zu erleichtern, wird von Betroffenen recht gegeben, denn hier liegt nun einiges noch im Argen. Die Sozialministerin Frau Lieberknecht äußerte im Mai in einer Presseerklärung - ich zitiere: „Zur umfassenden Teilhabe von Menschen mit Behinderung gehört auch die Integration in den ersten Arbeitsmarkt. Menschen mit Behinderung gehören nicht an den Rand der Gesellschaft, sondern in unsere Mitte. Politik für Menschen mit Behinderung
ist eine kontinuierliche Daueraufgabe. Sie duldet keinen Stillstand.“
In diesen Aussagen gebe ich Ihnen völlig recht, Frau Ministerin. Ich frage mich aber auch, warum denn aufseiten der Landesregierung nicht entsprechend gehandelt wird. Warum wurde Punkt 2 unseres Antrags von der CDU-Fraktion im Sozialausschuss abgelehnt? Sie haben ja versucht, es uns zu erklären. Ich bin trotzdem nicht der Meinung, dass man ihn ablehnen muss, sondern dass man hier alles versuchen muss, um dieses durchzusetzen. Ich vermisse auch den Mut, einmal etwas Neues zu probieren. Warum hat man nicht die Courage, Projekte, die sich anders bewährt haben, als Beispiel und Anregung zu nutzen und in Thüringen anzuwenden, nämlich die Forderung, ein Modell analog zum rheinlandpfälzischen Budget für Arbeit zu entwickeln? Dieses Modell hat in Rheinland-Pfalz Dutzenden Menschen mit Behinderungen gestattet, auf dem ersten Arbeitsmarkt tätig zu sein, und zwar ohne dass sie die Rentenansprüche verloren hätten und ohne dass ihnen die Rückkehr in eine Werkstatt unmöglich gemacht würde oder sehr schwierig wäre.
Vonseiten der Thüringer Landesregierung ist immer wieder deutlich gemacht worden, dass man sich ein solches Modell in Thüringen nicht vorstellen könne. Es wurde sogar die Rechtmäßigkeit der Regelungen bezweifelt. Aber, meine Damen und Herren, in Rheinland-Pfalz gelten die gleichen Sozialgesetzbücher wie in Thüringen und auf diesen Sozialgesetzbüchern beruht das rheinland-pfälzische Modell. Mir ist auch nicht bekannt, dass es da eine Klage gegen das rheinland-pfälzische Modell gegeben hätte.
Warum soll es bei uns eine Klage geben und in Rheinland-Pfalz nicht, wir haben dieselben Gesetzbücher?
Ja, vielleicht. Meine Frage ist dann trotzdem, warum wir nicht etwas Ähnliches versucht haben, um damit für die Menschen mit Behinderungen in Thüringen etwas zu schaffen. Die Thüringer Landesregierung verlässt sich vielmehr auf die Bundesinitiativen.
Die Integrationsfachdienste werden durch Vertreter der Landesregierung immer wieder erwähnt, wenn es darum geht, Menschen mit Behinderungen auf den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Das ist ja auch rich
tig. Die Fachdienste können auch einige Erfolge nachweisen, aber es gibt keine Kontinuität oder Steigerung in den Fallzahlen. Flächendeckende Vermittlungserfolge habe ich nicht erkennen können. Die Integration von Menschen mit Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt und die Programme dazu gleichen eher Stückwerk. Das heißt, es gibt einige zeitlich begrenzte Programme von Land und Bund und natürlich die Mittel aus der Ausgleichsabgabe. Dies wurde auch durch einen Vertreter des Integrationsfachdienstes im Sozialausschuss so dargestellt. Eine wirkliche Stringenz ist im Handeln der Landesregierung für mich nicht erkennbar. Die Erarbeitung eines Modells ähnlich dem in Rheinland-Pfalz hätte die Möglichkeit zur Kontinuität gegeben.
Meine Damen und Herren, die Wichtigkeit von Werkstätten für Menschen mit Behinderungen muss hier nicht noch einmal betont werden. Ich denke, das habe ich in meinen vergangenen Reden schon öfter gesagt und das ist fest die Meinung der SPD, auch dass wir sie stärken müssen. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass die Werkstätten von der Krise mit als Erste betroffen sind und diese besonders zu spüren bekommen. Menschen mit Behinderungen sind oftmals eines der schwächsten Glieder auf dem Arbeitsmarkt. Besonders in Krisenzeiten ist es für sie schwierig, eine Beschäftigung zu finden. Manche verlieren dann auch ihren Job. In Thüringen sollten endlich mehr Anstrengungen unternommen werden, um auch außerhalb der Werkstätten Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen zu schaffen. Gleichzeitig - ich sage es hier noch einmal - müssen wir aber auch die Werkstätten erhalten. Wir brauchen diese Einrichtungen, sie geben ihren Beschäftigten Stabilität, eine sinnvolle Beschäftigung und sind ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor. Wir müssen also Wege finden, die Position der Werkstätten zu stärken, wir müssen ihnen aber auch Anreize geben, geeignete Mitarbeiter auf den ersten Arbeitsmarkt zu bringen, denn für die Werkstätten ist es verständlicherweise schwierig, ihre stärksten Mitarbeiter gehen zu lassen. Auch hier müssten wir in Thüringen mehr unternehmen.
Der Bericht, den wir in Punkt 1 unseres Antrags gefordert haben, sollte als Grundlage für die Maßnahmen „Budget für Arbeit“ dienen. Dass nur Teil 1 unseres Antrags angenommen wird, zeigt mir, dass die Landesregierung und die CDU-Fraktion hier nicht bereit sind, etwas zu unternehmen. Stattdessen wird es wohl bei einem Bericht zur Situation der Werkstätten bleiben, aber mit Berichten ist es nicht getan, Aktion wäre gefragt. Aktion kommt von der Landesregierung in diesem Fall nur punktuell und für mich nicht ausreichend.
Meine Damen und Herren, leider geht die Legislaturperiode zu Ende und es wird nicht mehr viel pas
sieren können auf diesem Gebiet, aber es wird eine neue Legislaturperiode geben. Ich hoffe sehr, dass in der neuen Legislaturperiode dieser Punkt auch vonseiten Thüringens angegriffen wird, so dass für die Menschen mit Behinderungen eine Möglichkeit besteht, auf den ersten Arbeitsmarkt zu gehen, ohne die Schwierigkeiten, dass sie nach den 20 Jahren in die Rente gehen können, ohne dass sie das verlieren, wenn sie auf dem ersten Arbeitsmarkt sind. Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, die Beschlussempfehlung liegt Ihnen mit der Drucksache 4/5171 vor. Anlässlich der letzten Sitzung des Thüringer Landtags im März habe ich umfangreich die Beratungsstationen des Gesetzentwurfs vom 24.01.2008 an beschrieben. Ich erlaube mir, dies hier heute nicht noch mal zu tun, denn das umfasst acht Seiten. Darum erspare ich mir heute die Wiederholung. Hinzufügen möchte ich lediglich: In der 60. Sitzung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit am 24.04. wurde der Gesetzentwurf mit der Drucksache 4/3721 abschließend beraten. Er wurde mit der Mehrheit der Stimmen der CDU im Ausschuss abgelehnt. Obwohl zuvor mehrfach angekündigt, wurden seitens der CDU keine eigenen Vorschläge in den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit eingebracht. Eine Mitberatung der anderen Ausschüsse fand angesichts der seit dem 24.04.2009 offensichtlich politischen Willensbildung der CDU-Mehrheitsfraktion im Einvernehmen aller im Landtag vertretenen Fraktionen nicht statt. Dem ist nichts hinzuzufügen, außer dass die Beratung des Gesetzentwurfs damit fast 16 Monate dauerte. Alle zwischenzeitlich vorgestellten Studien - von den Ergebnissen der Bertelsmann Stiftung, über die Studie der Landesregierung bis hin zum Kindersozialbericht von Prof. Merten - bestätigten den im Gesetzentwurf formulierten Handlungsbedarf.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Oppositionsfraktionen haben bereits am 19. Januar mit der Ihnen vorliegenden Drucksache 4/4794 erneut einen Bericht des Sozialausschusses gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung eingefordert.
Ich sage erneut, weil schon am 12. September des vergangenen Jahres ein Bericht gegeben wurde. Ich werde Ihnen deshalb nachfolgend zunächst kurz die Stationen des Gesetzes im Sozialausschuss bis zum September des vergangenen Jahres darstellen. Auf die dann nachfolgenden Beratungen des Sozialausschusses bis zum heutigen Tag werde ich dann etwas ausführlicher eingehen.
Meine Damen und Herren, das meiner Berichterstattung zugrunde liegende Gesetz zur Änderung des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes, kurz genannt das Gesetz für eine bessere Familienpolitik in Thüringen, wurde am 24. Januar 2008 von den Oppositionsfraktionen in den Landtag eingebracht. Es wurde federführend an den Sozialausschuss überwiesen und seitdem sind genau 14 Monate vergangen. Inhaltlich handelt es sich bei dem Gesetzentwurf um einen den Fraktionen des Thüringer Landtags seit Mai 2006 bekannten Antrag auf Zulassung des Volksbegehrens für eine bessere Familienpolitik in Thüringen. Die Grundlagen sind folgerichtig seit fast 3 Jahren bekannt. Der Sozialausschuss hat sich am 22.02.2008 in seiner 46. Sit
zung erstmals mit dem Gesetzentwurf befasst und eine mündliche Anhörung beschlossen. Am 18. April 2008 wurde in der 48. Sitzung des Sozialausschusses die mündliche Anhörung durchgeführt. Alle Anzuhörenden formulierten in unterschiedlicher Art und Weise personellen Mehrbedarf in den Kindertageseinrichtungen. In der 49. Sitzung am 30. Mai 2008 beauftragte der Ausschuss auf Antrag der CDU die Landtagsverwaltung bis zum 4. Juli 2008 mit der Erarbeitung einer Synopse. Landtagsverwaltung und Landesregierung wurden um exakte Berechnungen der durch das Gesetz zusätzlich entstehenden Personalstellen gebeten. Darüber hinaus wurde die Landesregierung auf Antrag der CDU gebeten, Aussagen zu den vorhandenen Ressourcen an ausgebildetem Fachpersonal zu treffen. Im Juli 2008 erfolgte die Vorlage der erbetenen Angaben durch die Landtagsverwaltung und die Landesregierung. Die Ergebnisse sind allen Kolleginnen und Kollegen bekannt, so dass ich sie hier nicht ausführe. Der Sozialausschuss befasste sich in seiner Sitzung am 5. September erneut mit dem Gesetzentwurf, diesmal auf der Grundlage der von Landesregierung und Landtagsverwaltung vorgelegten Daten. Eine abschließende Beratung kam nicht zustande, weil seitens der CDU weitere Berechnungen über die Kostenauswirkungen für die Landesregierung und die Kommunen von der Landesregierung verlangt wurden. Bis hierher hatte ich Ihnen im vergangen Jahr den Beratungsverlauf schon dargestellt.
In der 54. Sitzung am 7. November befasste sich der Sozialausschuss wiederum mit dem Gesetz. Beabsichtigt war erneut die abschließende Beratung. Entsprechend einer Vorlage des Innenministeriums wurde bei dieser Sitzung darüber informiert, dass die Kommunen bei gesetzlichen Ansprüchen die Möglichkeit hätten, eine Refinanzierung vom Land zu erwarten. Schwerpunkt der Diskussion waren nunmehr die Ergebnisse einer Studie der Bertelsmann-Stiftung sowie der Zwischenbericht des sogenannten Opielka-Gutachtens. Sowohl die Bertelsmann-Stiftung als auch der Zwischenbericht des Opielka-Gutachtens benannten die Notwendigkeit der Verbesserung der Personalausstattungen. Beide Studien nannten entsprechende Orientierungsdaten. Der Zwischenbericht von Prof. Opielka bezog sich dabei auf das mittlere Niveau im Ländervergleich, welches in Thüringen unterschritten würde. Auf Antrag der CDU-Fraktion wurde die Beratung erneut nicht abgeschlossen. Begründet wurde dies wesentlich mit der erforderlichen Vorlage des Abschlussberichts des von der Landesregierung in Auftrag gegebenen Gutachtens von Prof. Opielka im Ausschuss. Nach Mitteilung der Landesregierung sollte der Abschlussbericht in der ersten Januarwoche vorliegen.
In der 56. Sitzung des Sozialausschusses in der dritten Januarwoche, am 16. Januar 2009, war der Gesetzentwurf Gegenstand einer weiteren Beratung im Sozialausschuss. Das in der 54. Sitzung zugesicherte Gutachten lag dem Ausschuss nicht vor. Nach Mitteilung der Landesregierung lag ihr zu diesem Zeitpunkt lediglich ein unkorrigiertes Vorabexemplar vor. Die korrigierte Fassung sollte nunmehr bis Februar vorgelegt werden. Vereinbart wurde eine gemeinsame Sitzung mit dem Bildungsausschuss zur Vorstellung des Gutachtens.
Anlässlich der 58. Sitzung am 13. Februar wurde der Gesetzentwurf in einer gemeinsamen Sitzung mit dem Bildungsausschuss erneut beraten. Alleiniger Beratungsgegenstand war die Vorstellung des von der Landesregierung in Auftrag gegebenen Gutachtens durch Prof. Dr. Winkler. Mit Blick auf den Schwerpunkt des Gesetzentwurfs und der bisherigen Diskussion im Ausschuss - nämlich die Personalmehrausstattung - bestätigte das Abschlussgutachten die Empfehlung des Zwischenberichts und den erforderlichen Handlungsbedarf. Danach wird eine Verbesserung der Personalausstattung zumindest auf das mittlere Niveau des deutschen Ländervergleichs empfohlen, weiterhin eine Orientierung am Personalschlüssel, die anerkannten internationalen Standards entsprechen. Festgestellt wird in diesem Zusammenhang, dass die hohe quantitative Bedarfsdeckung mit einem erheblichen Rückstand der Personalausstattung erkauft wurde. Zusammenfassend liegt dem Ausschuss nunmehr eine weitere von der Landesregierung in Auftrag gegebene Studie vor, die den Handlungsbedarf u.a. und insbesondere im Bereich der Personalausstattung bestätigt. In der nächsten Sitzung des Ausschusses ist eine neue Beratung mit dem Gesetzentwurf vorgesehen.
Meine Damen und Herren, das war zusammengefasst und leider ziemlich lange der Ablauf der Beratung des Gesetzes im Sozialausschuss mit dem Schwerpunkt auf den letzten drei Beratungen. Abschließend habe ich anlässlich meiner Berichterstattung vor Ihnen am 12. September des vergangenen Jahres auf die damals meines Erachtens bereits vorliegende fachliche Entscheidungsreife hingewiesen. Die jetzt vorliegenden weiteren Erkenntnisse haben bestenfalls die Überfälligkeit einer Entscheidung bestätigt. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, uns liegt heute der Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Interessenvertretung von Seniorinnen und Senioren in Thüringen vor. Dass ein solcher Gesetzentwurf von der Opposition eingebracht werden muss, ist nun einmal mehr ein trauriger Beweis für die Untätigkeit der Landesregierung in diesem Bereich.
Die Landesregierung hat vor fast zwei Jahren eine Große Anfrage zu Seniorinnen und Senioren in Thüringen beantwortet. Tenor: In Thüringen ist alles in bester Ordnung in diesem Bereich und somit besteht keinerlei Handlungsbedarf. Außerdem operiert man aufseiten der Landesregierung mit 17 Thesen zur Seniorenpolitik, die dermaßen dünn und unzureichend sind, dass es schon fast peinlich ist. Neue Ideen dazu gibt es nicht. Stattdessen zieht die jetzt zuständige Ministerin durchs Land und führt zahlreiche Gespräche mit Seniorenvertretungen,
was zu begrüßen ist, Frau Ministerin, aber konkrete Initiativen daraus resultieren bis jetzt nicht. Wir wissen aufgrund vieler Gespräche mit Seniorenvertretern seit Jahren, was gefordert wird, beispielsweise eine gesetzlich verankerte Mitbestimmung von Seniorinnen und Senioren. Dass sich in dem Bereich bis heute nichts tut, das ist schon ein Schlag ins Gesicht der Interessenvertreter.
Aber nun zum eigentlichen Gesetzentwurf: Dieser enthält vieles von dem, was meine Fraktion bereits im April des letzten Jahres in einem Antrag von der Landesregierung gefordert hat, nämlich eine Stärkung der Landesseniorenvertretung, die Erstellung kommunaler Seniorenförderpläne, Erstellung eines Seniorenförderplans für das Land und die wissenschaftliche Unterstützung der Kommunen bei der Erstellung der Pläne. Wir finden es schön, dass unsere Ideen hier offensichtlich aufgegriffen wurden. Dieser Gesetzentwurf ist ein Schritt in die richtige Richtung und entspricht in vielen Teilen unseren Vor
stellungen in diesem Bereich. Es muss nun darum gehen, diese Regelungen umzusetzen und mit Leben zu erfüllen.
Meine Damen und Herren, die gesetzlich festgeschriebene Mitwirkung von Seniorinnen und Senioren muss umgesetzt werden, denn sie sind Experten in eigener Sache. Wir müssen ihr Wissen und ihre Erfahrungen nutzen und müssen ihnen die Chance geben, sich einzubringen, und müssen ihrer Stimme mehr Gewicht geben. Im Entscheidungsfindungsprozess dürfen sie nicht an den Katzentisch verbannt werden, sondern sie müssen von Beginn an aktiv mit einbezogen werden. Die Alibifunktion, die dem Landesseniorenbeirat zukommt, muss endlich ein Ende haben. Ich sage das nicht, weil die Mitglieder des Landesseniorenbeirats schlechte Arbeit leisten würden, es ist einfach nur so, dass die Rolle, die ihnen zugestanden wird, völlig unzureichend ist. Im Gesetzentwurf sind jedoch auch einige Punkte, über die diskutiert werden sollte. Wir möchten deshalb, dass der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit überwiesen wird. Dort könnten wir dann eine Anhörung durchführen und neben Seniorenvertretern auch die kommunale Seite anhören sowie wissenschaftliche Einschätzungen des Ganzen vornehmen.
Was unserer Meinung nach zum Beispiel diskutiert werden müsste, ist die Altersgrenze von 55 Jahren, die im Gesetz festgeschrieben ist, und auch die Festlegung zur Rolle des Landesseniorenbeirats würden wir gern weiter ausbauen. Über den Berichterstattungszeitraum von zwei Jahren beim Seniorenbericht sollte auch gesprochen werden. Das sind nur drei Problempunkte, über die man noch eingehender beraten sollte, die ich hier erwähnt habe. Aus einer intensiven Beratung im Sozialausschuss würden sich dann sicherlich Vorschläge zur Verbesserung des Gesetzentwurfs ergeben. Dort, wo der Gesetzentwurf zu kurz greift, könnten Ergänzungen vorgenommen werden. Darum bitte ich die CDU-Fraktion, lassen Sie uns die Möglichkeit, die dieser Gesetzentwurf uns bietet, nicht ungenutzt verstreichen. Vielen Dank.
Umsetzung des Bundesprogramms zum Einsatz von Assistenzkräften zur Betreuung von Demenzkranken
Pressemitteilungen war zu entnehmen, dass sich die Umsetzung des o.g. Bundesprogramms in Thüringen erheblich verzögert.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie viele Arbeitnehmer und wie viele betroffene Erkrankte in Thüringer Heimen können bei vollständiger Umsetzung von dem Programm profitieren?
2. Welche Initiativen hat die Landesregierung bisher ergriffen oder beabsichtigt sie zu ergreifen, um das Bundesprogramm in Thüringen schnellstmöglich wirksam werden zu lassen?
3. Welche Mindeststandards einschließlich der Entlohnung hält die Landesregierung fachlich zur Absicherung der Qualität der von den Assistenzkräften zu leistenden Arbeit für erforderlich?
4. Wurde, und wenn ja, in welcher Form, die Landesregierung in dem Verhandlungsprozess zwischen Trägern und Pflegekassen bei der Umsetzung des Bundesprogramms in Thüringen um Unterstützung gebeten?
Herr Staatssekretär, welche Aufgabenstellung macht die Landesregierung für sich geltend in diesem Fall? Wie beurteilt die Landesregierung aus fachlicher Sicht die jetzt zustande gekommenen Abschlüsse?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Brockhausen, wir haben dem Berichtsersuchen gern zugestimmt und mit Spannung auf die Schlussfolgerungen der Landesregierung gewartet.
Der Tätigkeitsbericht des Beauftragten der Thüringer Landesregierung für Menschen mit Behinderungen liegt seit Juli vor. Es ist der Bericht des Beauftragten, der durch den Ministerpräsidenten der Landesregierung ernannt wird, denn selbst hier wird deutlich, dass Probleme systemimmanent sind. Allzu großen Widerstand gegen Entscheidungen der Landesregierung kann ja der Beauftragte gar nicht leisten, da er seinen Job ja eben dieser Landesregierung zu verdanken hat. Ein Mindestmaß an Unabhängigkeit des Behindertenbeauftragten war wohl nie das Ziel der CDU-Landesregierung und genau das können wir nun Blatt für Blatt ablesen.
Bei den Rahmenbedingungen verwundert es mich nicht, dass der Behindertenbeauftragte in den mehr als drei Jahren, in denen er für die Belange der Menschen mit Behinderungen in Thüringen eintreten soll, nicht allzu oft und vor allen Dingen nicht offensiv in Erscheinung getreten ist. Reaktion war angesagt und nicht Aktion. Verräterisch und folgerichtig ist zum Beispiel folgende Formulierung im Tätigkeitsbericht: „Im Berichtszeitraum wurde der BMB, Beauftragter für Menschen mit Behinderungen, an ca. 25 Gesetzentwürfen der Landesregierung beteiligt. In den meisten Fällen kam es zu keinen Beanstandungen.“
Genau das will die Landesregierung hören, aber das hat nichts mit der Wirklichkeit behinderter Menschen zu tun. Wenn es dann bei der Kürzung der Zahlbeträge beim Landesblindengeld im Bericht heißt: „Die Kürzung stieß bei blinden Menschen und Verbandsvertretern auf verhaltenen Protest“, dann, sehr geehrter Herr Brockhausen, spätestens dann verlassen Sie den Boden der Realität. Ich sage an dieser Stelle, trotz allem Verständnis für Ihre Abhängigkeit, zu solch einer Verzerrung der Wirklichkeit sollten Sie sich nicht hergeben,
denn diese Darstellung ist falsch, schlicht und einfach falsch, und Sie sollten sich nicht für so etwas hergeben.
Die damaligen Kürzungen waren der Auftakt für den dann folgenden Wegfall des einkommensunabhängigen Blindengeldes. Auch da wurde zwar durch den Beauftragten für Menschen mit Behinderungen verhaltene Kritik geäußert, letztlich aber die Auswirkungen bagatellisiert. Ich erinnere mich sehr gut an den heftigen Protest der blinden und sehbehinderten Menschen. Und ich erinnere mich sehr gut an die Plenarsitzung, als die Betroffenen draußen bei Wind und Wetter - es hatte geregnet - vor diesem Sitzungssaal standen, teilweise mit ihren Hunden. Dieses Engagement der Betroffenen, diesen Sturm der Entrüstung kleinzureden, das haben die Menschen nicht verdient. Weil es gegen die Kürzungen massive und
nicht abklingende Proteste gegeben hat, deshalb, und nur deshalb, hat diese Landesregierung eine Kehrtwende vollzogen. In all den monatelang und bundesweit beachteten Diskussionen über den Wegfall des Blindengeldes haben wir den Beauftragten für Menschen mit Behinderungen nicht wirklich als Lobbyisten wahrgenommen. Währenddessen stand Thüringen bundesweit am Pranger. Thüringen war nach der Kehrtwende in Niedersachsen das einzige Bundesland ohne Blindengeld, so sah das aus. Souverän wäre gewesen, diesen sozialpolitischen Fehler auch in dem Bericht offen zu benennen.
Lassen Sie mich noch ein weiteres Beispiel nennen: Das aktuelle Kindertagesstättengesetz im Rahmen der Familienoffensive hat zu einer Schlechterstellung der von Behinderung bedrohten Kinder geführt. Nach der alten Rechtsgrundlage gab es für diese Kinder zusätzliche Fachkräfte in den Kitas. Die Förderung dieser Fachkräfte ist nun entfallen. Proteste des BMB gegen diese Schlechterstellung sind uns nicht bekannt. Reden Sie mit den Eltern, reden Sie mit den Trägern von Kindergärten. Die fehlende Förderung für diese Kinder wird zu einem immer größeren Problem, landauf, landab wird das beklagt. Und im Tätigkeitsbericht - Fehlanzeige, kein Wort eines von Anbeginn des neuen Gesetzes befürchteten und immer akuteren Problems. Und so geht das munter weiter.
Ein weiteres Beispiel für Stillhalten und Verschweigen war die neue Rahmenvereinbarung für die heilpädagogische und therapeutische Versorgung behinderter Kinder. Statt wie bisher in den Kitas sollte die Behandlung nur noch bei niedergelassenen Therapeuten durch die Krankenkassen übernommen werden. Eltern und Verbände liefen dagegen landesweit Sturm und erreichten die Beibehaltung der jetzigen Regelung. Öffentlichen Einsatz des Beauftragten für Menschen mit Behinderungen habe ich zu diesem Thema nicht wahrgenommen. Aber dieser wäre notwendig gewesen, denn das ist seine ureigenste Aufgabe, sich bei solchen Fragen zu Wort zu melden.
Die weit über dem Bundesdurchschnitt liegende Quote an Förderschülern in Thüringen ist ein weiteres, ein ungelöstes Problem. Sie ist ein Beweis dafür, dass die Integration von Menschen mit Behinderungen in Thüringen von Kindesbeinen an immer noch nachrangig ist. Das spiegelt sich auch im Bericht wider. Lediglich im Ausblick findet sich zu dem Thema eine unkonkrete Äußerung, ich erlaube mir, zu zitieren: „Der hohe Anteil an Förderschülern ist zu hinterfragen.“ Als ob das eine neue Erkenntnis wäre. Konkrete Initiativen und Gegenmaßnahmen werden jedoch nicht benannt. Unsere Vorschläge zur integrativen Beschulung im Behindertengleichstellungsgesetz wurden damals nicht aufgegriffen und das rächt sich nun.
Auch die berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen sollte ein Schwerpunkt der Politik für Behinderte sein. Stattdessen findet die Vermittlung in reguläre Arbeitsverhältnisse auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur im Ausblick eine kurze Erwähnung. Ich hätte erwartet, dass es vonseiten des BMB und der Landesregierung, die ja Schlussfolgerungen zieht, Überlegungen zum Budget für Arbeit gibt. In Rheinland-Pfalz hat dies immerhin 70 Menschen mit Behinderung den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglicht. Zugegeben, kleine Schritte sind auch das, aber wichtige Schritte. Ähnliche Konzepte und Projekte wünschen sich Menschen mit Behinderungen in Thüringen. Ich lese aber nichts im Bericht und höre nichts von der Landesregierung dazu. Das persönliche Budget, eine Leistung des SGB IX, bei der sich Menschen mit Behinderungen in Thüringen von der Landesregierung ebenfalls mehr Initiative gewünscht hätten. Immer wieder wurde und wird beklagt, dass die Informationspolitik darüber sehr schlecht ist. Auch aufgrund dieser unzureichenden Information ist das persönliche Budget noch immer eine Ausnahme in Thüringen. Es würde jedoch für viele der Thüringer mit Behinderungen Erleichterung bringen. Dem BMB stehen für Öffentlichkeitsarbeit und Information 30.000 € zur Verfügung. Ich kann nicht verstehen, dass damit nicht viel mehr bewegt werden kann. Informationen sind eben nicht nur regierungsfreundliche Broschüren. Beratungen, Fachforen, Informationsveranstaltungen gemeinsam mit den Verbänden sind erforderlich und daran mangelt es.
Es muss also festgehalten werden, dass der Tätigkeitsbericht nicht mehr ist, als er aufgrund der Abhängigkeit des Beauftragten für Menschen mit Behinderungen sein kann. Als dessen Position im Gleichstellungsgesetz verankert wurde, haben wir dies begrüßt. Dass er jedoch nicht gewählt, dass die Verbände bei der Auswahl keinerlei Einfluss haben, dass er vom Ministerpräsidenten ernannt wird, all das haben wir von Anfang an skeptisch gesehen und uns für eine andere Lösung ausgesprochen. All unsere Befürchtungen, die auf der fehlenden Unabhängigkeit des Beauftragten von Menschen mit Behinderungen einhergehen, sind durch dessen ersten Bericht und seine bisherige Arbeit leider bestätigt worden. Der Bericht und die Schlussfolgerungen der Landesregierung sind der Beweis dafür, dass unter diesen Bedingungen die Rechte und Standpunkte der Menschen mit Behinderungen nicht effektiv vertreten werden können, denn er wird eben schon durch das Konstrukt, in dem er sich befindet, in seiner Arbeit behindert.
Deshalb kann ich dem Bericht selbst und seinem Verfasser zusammenfassend nur das Zeugnis ausstellen - mein Kollege hat es ähnlich gesagt -, der Bericht ist eine Fleißarbeit und Herr Brockhausen hat sich sehr viel Mühe gegeben, aber das reicht eben
nicht aus. So sind dann auch die Schlussfolgerungen der Landesregierung unzureichend. Es gibt in diesem Freistaat noch viel zu tun. Die Bemühungen um die Herstellung von Barrierefreiheit, die sind richtig, denn Barrierefreiheit ist Grundvoraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben von Menschen mit körperlicher Behinderung, aber es gibt viele Arten von Behinderungen und nicht alle lassen sich mit abgesenkten Bordsteinen und Fahrstühlen erleichtern. Wie ernsthaft ist das Bemühen um Barrierefreiheit, wenn z.B. der Haushaltstitel „Investitionsschaffung von barrierefreien Wohnungen und Kommunikationsstätten für ältere Menschen“ von 574.000 € im Jahre 2007 auf 268.000 € im laufenden Haushalt gekürzt wird? Und es gibt noch mehr Barrieren. Ich denke an Hürden bei der therapeutischen Behandlung in Kitas, beim Zugang zu regulären Schulen oder auf dem ersten Arbeitsmarkt. Auch hier brauchen wir im übertragenen Sinne Barrierefreiheit. Ich bin sicher, dass der Beauftragte für Menschen mit Behinderungen in diesem Bereich sehr gern, sehr viel aktiver wäre. Aber dies ist ihm ja aufgrund eines dürftigen und wenig konkreten Gesetztes nicht in dem Maße möglich, wie es notwendig und wünschenswert wäre. So ist es nicht verwunderlich, wenn auch die Schlussfolgerungen der Landesregierung mehr als dürftig sind. Die Menschen mit Behinderungen haben anderes, haben mehr erwartet. Doch dafür wird wohl erst diese Landesregierung abgewählt werden. Vorher wird sich wohl nichts bewegen. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Oppositionsfraktionen haben mit der Ihnen vorliegenden Drucksache 4/4386 am 2. September einen Bericht des Sozialausschusses gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung eingefordert. Inhaltlich geht es um das Gesetz zur Änderung des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes, kurz genannt um das Gesetz für eine bessere Familienpolitik in Thüringen.
Der entsprechende Gesetzentwurf der Oppositionsfraktionen wurde am 24.01.2008 in der Folge der ersten Beratung im Thüringer Landtag federführend an den Sozialausschuss überwiesen. Thematisch handelt es sich dabei um den gesetzlichen Regelungsinhalt des den Fraktionen seit Mai 2006 bekannten Antrags auf Zulassung des Volksbegehrens für eine bessere Familienpolitik in Thüringen. Der Sozialausschuss hat sich am 22.02.2008 in seiner 46. Sitzung erstmals mit dem Gesetzentwurf befasst. Am 18. April 2008 wurde in der 48. Sitzung des Sozialausschusses die mündliche Anhörung durchgeführt. Neun Anzuhörende nahmen an der Anhörung teil. Alle Anzuhörenden formulierten in unterschiedlicher Art und Weise personellen Mehrbedarf in den Kindertageseinrichtungen. Die Details wurden während der Anhörung umfangreich und sehr differenziert erörtert. In der 49. Sitzung am 30. Mai 2008 beauftragte der Ausschuss auf Antrag der CDU die Landtagsverwaltung bis zum 4. Juli 2008 mit der
Erarbeitung einer Synopse. Weiterhin wurden die Landtagsverwaltung und die Landesregierung gebeten, exakt zu berechnen, wie viele VbE infolge der Umsetzung des Gesetzes zusätzlich erforderlich werden. Darüber hinaus wurde die Landesregierung auf Antrag der CDU gebeten, Aussagen zu den Ressourcen an ausgebildetem Fachpersonal zu treffen. Am 04.07.2008 erfolgte die Zusendung der Berechnung der Vollzeitstellen seitens des Thüringer Landtags an den Ausschuss sowie die Synopse. Am 23. Juli 2008 erfolgte die Zusendung der Berechnung der Landesregierung. Die Berechnungen des Landtags ergaben einen Mehrbedarf von 2.832 Vollbeschäftigten, die der Landesregierung von 2.617 Vollbeschäftigten. Weiterhin teilte die Landesregierung mit, dass nur knapp über 22 Prozent der Beschäftigten in Kindertageseinrichtungen vollzeitbeschäftigt sind. Sie leiteten daraus ab, dass noch mehr Potenzial für einen Mehrbedarf an Personal vorhanden sei. Als derzeitige Absolventen für den Beruf der staatlich anerkannten Erzieherinnen, des Erziehers wurden 451 Fachschüler in Thüringen genannt, von denen 271 ihr Berufspraktikum in Kindertageseinrichtungen absolvieren. Die Landtagsverwaltung fügte ihrer Berechnung eine Bewertung bei. Dort heißt es unter anderem - ich erlaube mir, auszugsweise zu zitieren: „Allerdings handelt es sich hierbei“, also bei den VbE, „nur um eine rechnerische Größe und nicht um einen exakten Wert, der der Realität entsprechen würde. Dies liegt darin begründet, dass sowohl die geltende Rechtslage als auch der Gesetzentwurf nur einen Rahmen vorgibt, der von den Trägern der Kindertagesstätten ausgefüllt werden muss.“ Die Landtagsverwaltung verweist weiterhin darauf, dass aus den Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände zu entnehmen sei, dass viele Kommunen freiwillig über den derzeitig geltenden Mindestschlüssel hinaus Fachkräfte eingestellt haben. Dies würde zu einer Verminderung der rechnerischen Differenz führen. Der Sozialausschuss befasste sich in seiner Sitzung am 5. September erneut mit dem Gesetzentwurf. Eine abschließende Beratung kam nicht zustande, weil seitens der CDU weitere Berechnungen über die Kostenauswirkungen für die Landesregierung und die Kommunen von der Landesregierung verlangt wurden. Die nächste Beratung soll in der Sitzung am 8. November stattfinden. Ich danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der ursprünglich von der LINKEN vorgelegte Antrag hat offensichtlich für eine beträchtliche Dynamik in der Mitte und auf der linken Seite dieses Hauses gesorgt. Aus einem zunächst begrenzten Anliegen wurde ein umfassender Alternativantrag der CDU und das konnten die Ursprungsverfasser nun nicht auf sich sitzen lassen, also gibt es nun von der LINKEN eine Neufassung.
Wir haben uns bewusst an diesem parlamentarischen Geplänkel von höher, weiter, schneller durch einen eigenen Antrag nicht beteiligt. Uns geht es darum, möglichst realistisch und schnell zur Überwindung der offensichtlichen Ungerechtigkeit beizutragen. Das Grundverständnis für einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf ist offenbar fraktionsübergreifend vorhanden. Das ist doch eine gute Ausgangsbasis und das lässt auf Ergebnisse hoffen.
Es scheint so, als ob wir uns in der Auffassung einig sind, dass es bei der Rentenüberleitung vom Versicherungssystem der ehemaligen DDR in das bundesdeutsche Rentenversicherungssystem zu beträchtlichen Ungerechtigkeiten gekommen ist, zu Ungerechtigkeiten, die auch über 18 Jahre nach der Wende noch vorhanden sind und von denen immer mehr jetzt in Rente gehende Arbeitnehmer betroffen sind. Wenn dies von allen anderen Landtagen der neuen Länder und parteienübergreifend bei den Bundestagsabgeordneten aus den neuen Ländern eben
falls so gesehen wird, dann werden wir realistische Chancen zur Beseitigung der Ungerechtigkeiten haben. Als ehemalige Krankenschwester weiß ich sehr genau, wie meine damaligen Kolleginnen und Kollegen, erst recht aber die damaligen Gemeindeschwestern im Falle der heutigen Verrentung benachteiligt sind. Dabei will ich sie nur beispielhaft benennen. Die Benachteiligung gilt noch für weitere Arbeitnehmer aus Niedriglohnbereichen der ehemaligen DDR. Umso schmerzlicher ist es für die Betroffenen, als sie in den letzten Jahren miterleben mussten, wie sich die staatstragenden Eliten der ehemaligen DDR Gerichtsentscheidung für Gerichtsentscheidung hohe Rentenansprüche gesichert haben. Man kann auch sagen, die damals gut verdient haben, werden auch heute gut bedient. Währenddessen haben diejenigen das Nachsehen, die zum Beispiel damals mit niedrigen Löhnen die Kranken- und Altenpflege und das gesamte Gesundheitswesen gesichert haben. Diese Situation ist nicht nur das subjektive Empfinden der Betroffenen, sondern es ist auch bittere Realität. Wer damals durch niedrige Einkommen bereits benachteiligt war, dem wird heute sogar sein Rechtsanspruch auf eine bessere Rentenleistung abgesprochen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage „Rechtsanspruch“, selbst wenn er nach geltendem Recht nicht als solcher anerkannt ist. Nach der geltenden Rechtsprechung handelt es sich bei dem für das Gesundheitswesen geltenden damaligen Steigerungssatz von Rentenansprüchen von 1,5 Prozent um ein Privileg, ein Privileg, das bei gleicher Beitragsleistung einen um 50 Prozent höheren Rentenanspruch verursachen würde und deshalb nicht in das gesamtdeutsche Rentenrecht zu übernehmen ist. So und so ähnlich lauten die gängigen Begründungen. Was aber war damals tatsächlich? Es war alles andere als ein Privileg, es war bestenfalls die Beschönigung zu niedriger Löhne, denn die gab es auch in der DDR. Es ist bezeichnend, dass diese niedrigen Löhne unter anderem im Bereich des mittleren medizinischen Personals und pflegerischen Personals gezahlt wurden. Es ist bezeichnend für den Stellenwert dieser Arbeiten einer angeblich sozialistischen Gesellschaft. Für die Betroffenen galt das Prinzip: „Verzichte heute und hoffe auf die Zukunft.“ Bei einem Arbeitsentgelt bis 600 Mark monatlich wurde ein Steigerungssatz von 1,5 Prozent pro Arbeitsjahr des für die Rentenberechnung maßgeblichen Durchschnittsverdiensts angerechnet, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass man mindestens zehn Jahre zu diesen Bedingungen ununterbrochen beschäftigt war. Die entsprechenden Übergangsregelungen des Rentenüberleitungsgesetzes endeten am 31.12.1996. Der Bundesgesetzgeber hat sich damals und bis heute gegen eine Fortführung dieser Übergangsregelungen entschieden. Er begründet dies unverändert damit, dass der Steigerungssatz
mit den Grundsätzen des lohn- und beitragsbezogenen Rentenrechts der Bundesrepublik Deutschland nicht zu vereinbaren ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese mehrheitliche Betrachtung, ich sage Westbetrachtung, ist aber kein Naturgesetz. Es ist nur Mehrheitsauffassung des Bundestags und Rechtsposition der dementsprechend geschaffenen Gesetze. Mehrheitsauffassung und Gesetze aber kann man ändern. Ich will nicht verleugnen, dass bei dieser Thematik in der Berliner Regierungskoalition ein Konflikt zwischen den Parlamentariern der alten und der neuen Länder besteht, und wenn es richtig ernst wird, vermutlich nicht nur in den Parteien der Regierungskoalition. Deshalb werbe ich gemeinsam mit meiner Fraktion für eine differenzierte Betrachtungsweise und für eine neue Nachdenklichkeit. Wir vertreten die Auffassung, dass die Beschäftigten in diesem Niedriglohnbereich der DDR durch diktierten Lohnverzicht ihre Beitragsleistung bereits damals erbracht haben. Sie haben während ihres aktiven Arbeitslebens verzichten müssen in der Hoffnung, dass sie während der Rentenzeit etwas von diesem Verzicht zurückerhalten. Ähnliche Regelungen gibt es durchaus im bundesdeutschen Versorgungsrecht, nur wurden sie dort nicht erzwungen, sondern waren das Ergebnis von Tarifverhandlungen. Die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes beispielsweise haben in der Vergangenheit bei Lohnverhandlungen auf Erhöhung zugunsten einer zunächst allein vom Arbeitgeber zu finanzierenden Zusatzversorgung verzichtet. Auch in der damaligen Bundesrepublik gab es also aufgrund von Lohnverhandlungen ein Ergebnis, das auf dem Prinzip der Zukunftshoffnung beruht, ein Tarifvertragsergebnis, das Auswirkungen auf spätere Versorgungsleistungen hatte und bei dem der Arbeitnehmer zunächst nicht in das System einzahlte. Das Prinzip ist in seinen Rentenauswirkungen durchaus vergleichbar. Der wesentliche Unterschied besteht allerdings darin, dass in der freiheitlichen Demokratie der Bundesrepublik Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften Verträge geschlossen und so Rechtsansprüche für die spätere Versorgung gesichert haben. Im Arbeiter-und-Bauern-Staat DDR gab es für die betroffenen Arbeitnehmer nichts zu verhandeln, sondern es wurde ihnen diktiert. Aber daraus heute abzuleiten, dass damals versprochene spätere Rentenleistungen heute ein Privileg wären, das ist schlicht und einfach falsch.
Ich formuliere das bewusst sehr, sehr vorsichtig. Ich weise noch einmal darauf hin, es handelt sich um Arbeitnehmer der ehemaligen DDR mit einem damaligen Arbeitsentgelt bis 600 Mark monatlich. Ich brauche wohl nicht zu betonen, dass das nicht die Beschäftigten waren, die diesen Unrechtsstaat getragen haben. Ganz im Gegenteil, es waren diejenigen, die 1989 zu Tausenden auf der Straße stan
den und zur Überwindung der Diktatur maßgeblich beigetragen haben. Die geltende Rechtslage darf also nicht das Ende der politischen Diskussion sein.
Deshalb liegt mir und meiner Fraktion daran, dass die noch bestehenden Ungerechtigkeiten bei der Angleichung der Rentenversicherungssysteme schnell beseitigt werden. Dazu zählt selbstverständlich die schnellstmögliche Angleichung des Rentenwerts Ost an den Rentenwert West. Dies alles wird nur gelingen, wenn wir dafür alle Kräfte bündeln und wenn das Anliegen weder auf die lange Bank geschoben noch auf unrealistisch kurze Zeiträume gedrängt wird. Ich gehe davon aus, dass die Antragsteller von der CDU und der Fraktion DIE LINKE das ähnlich sehen.
Ziel muss die Beseitigung der Ungerechtigkeit im Rentenrecht sein. Dafür ist Solidarität über Landesgrenzen hinaus erforderlich. Dies wiederum setzt eine differenzierte Vorarbeit voraus. Wir werden daher beiden Anträgen zustimmen. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn wir zwei Wochen länger gewartet hätten, dann hätten wir hier gemeinsam den ersten Geburtstag unseres Antrags „Seniorenarbeit in Thüringen stärken“ feiern können. Auch der Alternativantrag der CDU zu diesem Thema jährt sich nächsten Monat. Aber ich frage mich wirklich, warum hat die CDU diesen Antrag überhaupt eingebracht, wo dieser inhaltlich doch erheblich hinter dem unseren zurückbleibt und hauptsächlich viel Lärm um nichts ist. Es wäre doch einfacher gewesen, mit dem Antrag der SPD umzugehen, den vielleicht etwas zu verändern und dann gemeinsam hier ins Plenum zu geben.
Überwiegend besteht der CDU-Antrag aus Augenwischerei und vermag meiner Meinung nach nichts anderes als Aktivität vorzutäuschen. Lassen Sie mich dieses näher ausführen und begründen:
Punkt 1 des CDU-Antrags erbittet einen Bericht zur Arbeit des Landesseniorenbeirats. Das ist ja schön und gut, aber konkrete Veränderungen im Bereich der Seniorenpolitik Thüringens bewirkt das nicht. Vielmehr wird damit versucht, Zeit zu gewinnen, um sich vor den wirklich dringenden Fragen zu drücken und hinterher wird dann gesagt werden, aber wir haben ja was getan - und genau das haben Sie eben nicht. Es ist auch fraglich, ob ein einmaliger Bericht über die Arbeit des Landesseniorenbeirats sinnvoll ist. Es sollte wohl besser eine regelmäßige Berichterstattung geben und diese muss auch vernünftigerweise durch ein Nichtregierungsmitglied gegeben werden. Aber das nur als Anmerkung.
Nun zu Punkt 2 des Antrags: In diesem wird die Landesregierung gebeten, auf der Grundlage der 17 Thesen der Seniorenpolitik ein seniorenpolitisches Konzept zu entwickeln. Dazu muss ich sagen, diese 17 Thesen bieten nicht mehr als eine wacklige Grundlage und bedürfen einer umfassenden inhaltlichen Unterfütterung, bis sie als Grundlage dienen können. In den Thesen sind die meisten Aspekte der Seniorenpolitik nur ansatzweise oder gar nicht vorhanden. Beispielsweise wird im Bereich bürgerschaftlichen Engagements lediglich auf die Thüringer Ehrenamtsstiftung hingewiesen. Das reicht aber, meine Damen und Herren, nicht. Hier müsste es unter anderem Konzepte geben, die emanzipatorische Strukturen im Bereich des bürgerlichen Engagements fördern.
Nun zur Forderung Ihres Antrags, ein Internetportal einzurichten: Auch dieser Appell täuscht Aktivitäten eher vor, als dass wirklich etwas für die Menschen verbessert würde. Zu begrüßen ist eine Plattform, auf der man sich umfassend informieren kann. Aber auch hier muss man fragen, was dadurch effektiv vor Ort dann verbessert wird. Mit den Mitteln, die für die Internetplattform aufgebracht werden, könnte zum Beispiel eine hauptamtliche Stelle in einem Seniorenbüro finanziert werden oder es könnten damit Kommunen finanzielle Anreize zur Erstellung von Seniorenförderplänen geboten werden, die es nicht überall in den Kommunen gibt. Das haben wir ja im Ausschuss erfahren und darum fordern wir dieses. Also auch dieser Teil des CDU-Antrags ist ein Schaufensterantrag.
Teil 4 des Antrags ist ebenfalls wieder ein Berichtsersuchen, verbunden mit der unkonkreten Forderung, sich für alternative Wohnkonzepte einzusetzen. Ich bin dabei besonders gespannt, ob in dem Bericht zum seniorengerechten Bauen erwähnt werden wird, dass die Haushaltsmittel für barrierefreies Bauen durch die Landesregierung gekürzt worden sind und nur noch laufende Projekte gefördert werden. Ein ehrlicher Bericht müsste dies nämlich beinhalten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Folglich drängt sich auch der Eindruck auf, dass die CDUFraktion der Landesregierung die Vorlage geben will, damit diese sich mit einem Bericht feiern lassen kann. Der Alternativantrag der CDU ist also viel Tamtam und wenig Konkretes. Dass die CDU wirklich umfangreich im Bereich der Seniorenarbeit arbeiten möchte, ist dem Antrag nicht zu entnehmen. Es werden echte Aktivitäten gefordert - neue Ideen und Konzepte sind nicht zu erkennen. Stattdessen wird man versuchen, sich auf vermeintlich Erreichtem auszuruhen, denn bestenfalls könnten die Berichte, die uns die Landesregierung geben wird, aufzeigen, an welchen Stellen es hakt und wo Bedarfe bestehen, aber das wage ich dann auch zu bezweifeln. Ich kann mir schon denken, wie die Quintessenz der Berichte laufen wird, nämlich dass alles gut ist in Thüringen und dass deshalb kaum Handlungsbedarf besteht.
Aber, meine Damen und Herren, es ist eben nicht alles gut und wir haben auch nicht die Zeit, uns monatelang Berichte anzuhören, damit die Regierung Zeit schinden kann. Berichterstattungen sind nur dann zielführend, wenn sie in konkreten Handlungsanweisungen, Projekten und Maßnahmen münden. Wenn die Landesregierung jedoch ihrem Stil treu bleibt, werden keine Probleme aufgezeigt werden.
Wir als SPD sind in unseren Konzepten viel weiter und unser Antrag zeigt das, denn er enthält eben im Gegensatz zum Alternativantrag der CDU konkrete Handlungsanweisungen:
1. eine verstärkte Finanzierung der Landesseniorenvertretung,
2. eine festgeschriebene Mitwirkung von Seniorenvertretungen auf kommunaler und Landesebene,
3. die Schaffung kommunaler Seniorenförderpläne und darauf aufbauend
4. die Erarbeitung eines Landesseniorenförderplans.
Dafür hatten wir in unseren Änderungsanträgen zum Doppelhaushalt auch entsprechende Finanzmittel eingestellt. Wir wollten beispielsweise eine Förderung der Landesseniorenvertretung von 200.000 € im Jahr 2008 und 250.000 € im Jahr 2009. Mit diesen Mitteln soll u.a. anteilig die Förderung kommunaler Seniorenförderpläne unterstützt werden, denn das, meine Damen und Herren, ist wirklich zielführend, örtliche Bedarfe ermitteln, die nötigen finanziellen Aufwendungen abschätzen und konkrete Projekte, Förderprogramme und Finanzierungspläne erarbeiten. Unser Änderungsantrag, der auch gedeckt war, wurde jedoch von der CDU-Fraktion abgelehnt. Die Landesregierung hat aber wohl doch eingesehen, dass die Landesseniorenvertretung besser finanziert werden muss. Die Mittel, die im Doppelhaushalt dafür vorgesehen sind, sind jedoch bei Weitem nicht ausreichend. Sie werden wahrscheinlich nur für eine halbe hauptamtliche Stelle genügen. Ein großer Teil der Finanzmittel wird hingegen für das Internetportal verwendet werden. Im Ausschuss konnte uns da noch keine Auskunft gegeben werden, wie hoch die Summe ist, die gebraucht wird. Hier hat die Landesseniorenvertretung noch immer keine Planungssicherheit, da sie nicht weiß, wie viel Geld nach Einrichten der Internetplattform für sie überhaupt übrig bleiben wird.
Meine Damen und Herren, das ist doch keine auf die Zukunft gerichtete und verlässliche Förderung der Landesseniorenvertretung. Wer wirklich etwas für die Seniorinnen und Senioren in Thüringen verändern möchte, vor allem mittel- und langfristig tragbare Konzepte will, muss deshalb dem SPD-Antrag zustimmen.
Sollte unser Antrag abgelehnt werden, werden wir nicht dem Antrag der CDU nach der Devise „Besser der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“ zustimmen, denn der Spatz in der Hand ist uns nicht genug. Er darf uns nicht genug sein. Wir schulden den Menschen in Thüringen, die heute im Seniorenalter sind, und denen, die in diesem Land sicher alt werden möchten, die größtmöglichen Anstrengungen und wir dürfen sie nicht mit Berichten abspeisen. Deshalb fordere ich Sie auf: Stimmen
Sie für unseren Antrag, damit in Thüringen endlich echte Konzepte erarbeitet werden können.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mein Kollege Baumann hat auf die Bedeutung des Beschlusses für den Bereich der Tourismusförderung bereits ausführlich hingewiesen, aber ich möchte gern noch auf zwei wesentliche Gesichtspunkte ergänzend hinweisen.
Erstens: Wenn wir in Thüringen zukünftig den Ausbau des barrierefreien Tourismus beschleunigen und stärker als bisher im Blick haben, hilft das nicht nur Menschen mit Behinderungen, es hilft genauso Familien und Senioren, die als Touristen zu uns kommen und es verbessert die Lebensbedingungen einer älter werdenden Bevölkerung. Barrierefreiheit ist eben kein Luxus, wie es von der CDU damals zur Diskussion um das Behindertengleichstellungsgesetz klammheimlich zu spüren war, nein, es profitieren alle davon, Touristen genauso wie die einheimische Bevölkerung. Was in dem gemeinsam getragenen Beschluss als Zielstellung formuliert wird, das ist nicht nachrangig und die Umsetzung der Ziele sollte
nicht auf die lange Bank geschoben werden. Eltern mit kleinen Kindern und Kinderwagen wissen davon zu reden, ältere Menschen, denen das Treppensteigen zudem schwerfällt, wissen, wovon ich rede und Menschen mit Behinderungen wissen es ohnehin und haben es für ihre Verbände eingefordert. Deshalb begrüße ich ausdrücklich, dass keine Insellösungen angestrebt werden, sondern, dass es um den flächendeckenden Ausbau barrierefreier Angebote gehen soll. Gut so und es wurde Zeit. Auf diesem Wege gelingt es hoffentlich, dass das dank der CDU wenig aussagefähige Thüringer Behindertengleichstellungsgesetz ernster genommen wird. Ich erinnere mich gut daran, wie damals mit Blick auf die Barrierefreiheit und die damit verbundenen Kosten seitens der Landesregierung und der Kollegen der CDU die größtmögliche Unverbindlichkeit formuliert wurde. Wenn wir uns nun parteiübergreifend dazu bekennen, dass der Tourismus in diesem schönen Land Thüringen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist und dass deshalb die Barrierefreiheit möglichst schnell und umfassend angestrebt werden soll, dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird zumindest über den Umweg des Tourismus für mehr Verbindlichkeit bei der Behindertengleichstellung gesorgt. Da kann sich der Behindertenbeauftragte bei den Wirtschaftspolitikern der CDU bedanken. Es ist eigentlich schade, dass Herr Dr. Brockhausen heute nicht anwesend ist. Offenbar waren die Wirtschaftspolitiker einsichtiger als damals die Sozialpolitiker, die kräftig bremsten und für Unverbindlichkeit sorgten. Deshalb noch einmal: Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen ist familienfreundlich und ist seniorenfreundlich und Barrierefreiheit ist eine Verbesserung der Lebensbedingungen für unsere Bevölkerung. Gut, dass es auf dem Weg über den Tourismus von den CDUKollegen eingesehen wird. Da verfahre ich gern nach dem Motto Ihres Altkanzlers: „Wichtig ist, was hinten rauskommt.“
Meine zweite Anmerkung: Durch die Beschlussempfehlung ziehen sich die Begriffe „Vernetzung“ und „Kooperation“ hindurch und ich möchte ausdrücklich darum bitten und auch anregen, dass dabei die Behindertenverbände, die Familienverbände und die Seniorenverbände auch nicht vergessen werden, denn dort sitzen die Experten in eigener Sache und sie werden all denen, die mit Wirtschaftsförderung und Ausbau des Tourismus zu tun haben, wertvolle Hinweise geben können. Ihr Rat ist kostenlos, aber man muss und sollte ihn nutzen. Deshalb erwarte ich in dem Bericht im 1. Halbjahr 2009 auch Aussagen darüber, inwieweit diese von mir genannten Organisationen in die Weiterentwicklung des barrierefreien Tourismus in Thüringen eingebunden wurden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auch auf die Gefahr der Wiederholung hin zum Schluss noch einmal feststellen: Ich begrüße es, dass in diesem
Fall parteiübergreifend eine gemeinsame Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses zustande kommt. Sacharbeit vor christdemokratischer Ideologie, das sind seit zwei Legislaturperioden die großen Ausnahmen in diesem Haus. Gewünscht hätte ich mir aber diese Gemeinsamkeit auch bei dem Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zunächst erst einmal vielen Dank für die Antworten der Landesregierung. Ich weiß ja, welche Arbeit hinter solch einer Beantwortung steht. Es ist gut, dass wir mit der Beantwortung beider Großen Anfragen erstmals über eine Datengrundlage zur Lebenssituation von Migranten in Thüringen verfügen. Ich betrachte die heutige Diskussion aber nicht als Abschluss, sondern als Auftakt, als Auftakt für eine Diskussion zu einer landesspezifischen Integrationspolitik, die zwei Ziele verfolgen sollte:
1. Wir müssen die Integration der wenigen hier lebenden Migranten verbessern. Ich sage „verbessern“ und stelle das voran, weil ich die derzeitige Situation trotz der Antworten der Landesregierung als nicht zufriedenstellend betrachte.
2. Wir sollten Thüringen attraktiv machen für Migranten. Das ist politisch noch nicht populär - noch nicht -, es ist aber angesichts der demographischen Entwicklung und des sich zumindest in einigen Bereichen abzeichnenden Fachkräftemangels zukünftig notwendig.
Meine Damen und Herren, wenn man die Antworten auf beide Große Anfragen liest, da zieht sich wie ein roter Faden die Botschaft durch: Es ist alles getan, Integrationsprobleme sind weitgehend unbekannt. Aber meine persönlichen Erfahrungen im Umgang mit Menschen mit Migrationshintergrund und im Gespräch mit Beratungsstellen sind häufig ganz anders. Ich habe erlebt, dass eine arbeitslose Akademikerin aus der ehemaligen Sowjetunion auch beim x-ten Anlauf in der ARGE keinen zusätzlichen Sprachkurs vermittelt bekommt. Im barschen Ton wird stattdessen abgefragt, wie viele Bewerbungen sie denn vorzuweisen hat. Obwohl das Defizit bei der Beherrschung der deutschen Sprache im Dialog der hilfesuchenden Frau mit der Behörde eindeutig ist, obwohl das der entscheidende Schlüssel für berufliche Integration ist, gab es weder ein konkretes Hilfsan
gebot noch den Hinweis auf Beratungseinrichtungen. Ich habe auch erlebt, dass ein hoch motivierter Akademiker aus der ehemaligen Sowjetunion auch nach Jahren bestenfalls eine Chance in einem Ein-EuroJob erhält. Ich habe erlebt, dass die jugendlichen Kinder einer Spätaussiedlerfamilie sehr, sehr zufällig eine engagierte Schule und weit über das dienstliche Maß hinaus engagierte Lehrer finden. Die Integration in ein Gymnasium und das schnelle Erlernen unserer Sprache war nicht etwa das Ergebnis eines planvollen Vorgehens der Schulbehörde und der mit der Einwanderung befassten öffentlichen Dienststelle, nein, das waren glückliche Zufälle. Das ist einigen über den Dienst hinaus engagierten Lehrern und einer ausgesprochenen Hartnäckigkeit von Eltern und Kindern zu verdanken. Integration darf eben nicht Zufällen überlassen bleiben. Von der Schulbehörde angestrebt war in diesem Fall der Besuch der Regelschule und die Integration in das hiesige Schulsystem war äußerst lückenhaft. Im Ergebnis dieser zufällig und glücklich verlaufenen Integration gibt es nur zwei junge Menschen, die sich erfolgreich im hiesigen Bildungssystem bewegen, und es gibt deren arbeitslose Eltern, die seit Jahren keine realistische Chance zur beruflichen Integration bekommen. Ich schildere das nur als Beispiel, aber es ist ein bezeichnendes.
Es ließen sich viele andere Beispiele anfügen, die weitaus unbefriedigender verlaufen sind, und ich schildere das, weil trotz aller positiven Darstellungen in den Antworten Handlungsbedarf gegeben ist, Handlungsbedarf vor allen Dingen dort, wo es um die sprachliche und damit eng verbundene berufliche Integration geht. Immerhin besteht darin zumindest in der Problemanalyse Einigkeit mit der Landesregierung. Dort heißt es zum Beispiel in der Antwort auf die Frage, welchen Integrationsbedarf sie bei Menschen mit Migrationshintergrund sieht, die bereits deutsche Staatsangehörige sind, dass dieser insbesondere im Bereich der sprachlichen Bildung gesehen wird. Dementsprechend wird der Umfang von 600 Unterrichtsstunden in den Integrationskursen als nicht ausreichend betrachtet. Das alles deckt sich mit unseren Erfahrungen. Was aber folgt daraus? Welcher Änderungsbedarf ergibt sich denn? Genau darauf erhielten wir keine Antwort. Der Hinweis auf die bundeseinheitliche Konzeption für Integrationskurse genügt mir jedenfalls nicht. In dieser Konzeption wird schließlich nicht verboten, dass darüber hinaus weitere Maßnahmen angeboten werden können. Wenn dann an anderer Stelle benannt wird, dass Zuwanderer auch nach anderen Rechtsgrundlagen unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit der Teilnahme an einem Deutschkurs haben, dann ist mir das zu unkonkret.
An dieser Stelle komme ich auf mein eingangs erwähntes Beispiel zurück. Was hindert uns daran,
z.B. im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktförderung des SGB II oder durch zusätzlichen Einsatz von Mitteln des Europäischen Sozialfonds, zusätzliche Sprachkurse anzubieten? Wenn das erforderlich ist, dann kann man das einfach konkret benennen. Stattdessen sagt die Landesregierung, dass es keine spezifischen Sprachförderungsangebote für Arbeit suchende Migranten gibt und dass es keine spezifischen Angebote zur beruflichen Integration junger Menschen mit Migrationshintergrund an der ersten Schwelle gibt. Das passt doch nicht zusammen. Wenn gleichzeitig eine enorm hohe Arbeitslosenquote für Ausländer beschrieben wird und wenn bei den Sprachkursen zusätzlicher Bedarf erkannt wird, was hindert uns dann daran, die zeitlich befristete bundesfinanzierte individuelle Migrationserstberatung dort zu erweitern, wo es sich als notwendig erweist? Es ist doch wenig aussagefähig, wenn die Landesregierung in ihrer Antwort lediglich darauf hinweist, dass die Migrationsberater einen wichtigen Beitrag zur Integration leisten. Das Gleiche gilt für die Jugendimmigrationsdienste, bei denen die Landesregierung ebenfalls keine Aussage darüber trifft, ob die geleistete Arbeit ausreichend ist.
Ein deutlicher Indikator dafür, dass mehr getan werden muss, sind die Aussagen zur Arbeitslosenquote der Ausländer. Sie liegt bei knapp 40 Prozent und in früheren Jahren lag sie sogar darüber - weit oberhalb der Arbeitslosenquote der hier ansässigen Bevölkerung. Hier geht es schließlich um die Ausländer, die eine Berechtigung haben. Deren Anteil an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist mit knapp 6.000 geradezu verschwindend gering. Statistische Angaben zu arbeitslosen deutschen Staatsbürgern mit Migrationshintergrund, also Spätaussiedlern, können leider nicht getroffen werden. Nun ist aber der weitaus größte Teil der Migranten in Thüringen als Spätaussiedler aufgenommen worden. Aufgrund unserer Erfahrung ist die Annahme sehr wahrscheinlich, dass auch diese Bevölkerungsgruppe weitaus mehr von Arbeitslosigkeit betroffen ist als der Durchschnitt der Bevölkerung. Dies allein dem problematischen Arbeitsmarkt anzulasten, wäre verfehlt. Wer die deutsche Sprache nicht beherrscht und wer keine nachgefragte berufliche Qualifikation erhält, der hat eben gar keine Chance. Deshalb geht es auch hier um die drei Schwerpunkte, die meines Erachtens die Schlüsselbegriffe für bessere Integration sind. Es geht um bessere individuelle Förderung, um verstärkte Sprachförderung und um berufliche Qualifikation. In allen diesen Bereichen lassen die Antworten zu wünschen übrig. Wenn in den Antworten zu unseren Fragen Nummer 42 und 43 keinerlei Aussagen zu Aufbau- und Anschlusskursen für Migranten getroffen werden können, dann spricht das für sich. Wenn in der Frage 44 zur sozialpädagogischen Betreuung wiederum ausschließlich auf die bundesfinanzierten Migrationsberater hingewiesen
wird, dann ist mir das auch zu wenig.
Wenn schließlich auf unsere Frage nach Siedlungsschwerpunkten von Migranten darauf hingewiesen wird, dass der Landesregierung keine entsprechenden Wohngebiete mit einem signifikant hohen Migrantenanteil bekannt sind, denke ich, dann kennt die Landesregierung offenbar die Situation in machen Plattenbaugebieten nicht. Verfehlte Wohnraumzuweisungen sind sehr wohl ein Problem. Ich nehme an, dass mancher Kollege in seinem Wahlkreis darüber berichten kann. Ich will das auch nicht dramatisieren, aber eine solche Antwort ist mir einfach zu oberflächlich.
Schließlich würde mich sehr interessieren, was der Thüringer Länderbeitrag zum Nationalen Integrationsplan tatsächlich ist. Der Antwort ist ausschließlich zu entnehmen, dass es einen solchen Länderbeitrag geben soll. Es ist nicht zu entnehmen, wie dieser Länderbeitrag aussieht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, da sind also noch entscheidende Fragen offen, wobei - ich wiederhole mich da gerne - die Antworten zunächst mal eine wichtige Grundlage sind. Jetzt aber sollten wir die beiden Anfragen nutzen, um uns in der Ausschussarbeit nicht nur mit dem Fachressort zu dem gesamten Komplex auseinanderzusetzen, sondern vor allen Dingen mit denjenigen, die als Experten in diesem Bereich tätig sind. Dazu zählen die Verbände der Migranten ebenso wie die freien Träger der Wohlfahrtspflege, die Kommunen und die dortigen Ausländerbeauftragten, die Bundesagentur für Arbeit und auch Bildungsträger, die in diesem Feld tätig sind. Wir sollten in der Diskussion mit den Genannten herausarbeiten, wo konkreter Handlungsbedarf gegeben ist. Da ich den gesamten Bereich des Spracherwerbs vom Kindergarten bis hin zur Erwachsenenbildung für das zentrale Thema einer besseren Integration halte, plädiere ich hier im Namen meiner Fraktion für eine Überweisung an den Bildungsausschuss. Ich danke.
Förderung von Investitionen an berufsbildenden Schulen aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE)
Nachdem eine Förderung von Investitionen an berufsbildenden Schulen aus Mitteln der GA-Wirtschaftsförderung künftig nicht mehr möglich ist, stellt sich die Frage nach anderen Fördermöglichkeiten. Aussagen der Landesregierung zufolge sollen in den Jahren 2007 bis 2013 Investitionen an berufsbildenden Schulen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung gefördert werden können.
Ich frage die Landesregierung:
1. In welcher Gesamthöhe und in welchen Jahresscheiben ist die Förderung von Investitionen an berufsbildenden Schulen aus Mitteln des EFRE in den Jahren 2007 bis 2013 beabsichtigt?
2. In welchem Umfang müssen sich die örtlichen öffentlichen Schulträger an der Finanzierung beteiligen und in welchem Umfang erfolgt eine Mitfinanzierung aus originären Mitteln des Landes?
3. Wann ist mit der Veröffentlichung der entsprechenden Förderrichtlinie zu rechnen?
4. Welche wesentlichen Fördervoraussetzungen werden nach dem derzeitigen Stand der Planungen zur künftigen Förderrichtlinie für eine Beantragung der Fördermittel für Investitionen an berufsbildenden Schulen von den Antragstellern zu erfüllen sein?
Herr Minister, Sie haben gesagt, der Rohentwurf wird den Kreisen oder Kommunen zeitnah zugeleitet. Können Sie mir ungefähr sagen, wann das sein wird, wann die Abstimmung erfolgt?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, vor einem Jahr haben wir uns anlässlich einer Aktuellen Stunde meiner Fraktion mit der Sicherung der ehrenamtlichen Struktur der Landesseniorenvertretung auseinandergesetzt. Ich will heute in Erinnerung rufen, dass die Landesseniorenvertretung unverändert über keine gesicherte Finanzierung verfügt. Im laufenden Doppelhaushalt wurden nicht nur die Mittel für diesen Bereich von 10.000 € auf nur noch 4.000 € gekürzt, sondern auch der entsprechende Haushaltsvermerk für die Förderung ist weggefallen. Stück für Stück wurde die Landesseniorenvertretung im Laufe dieser Legislaturperiode zum Bittsteller degradiert. Ich stelle das voran, weil es bezeichnend ist für den Stellenwert der Seniorenpolitik in dieser Landesregierung.
Uns Frauen wird ja oft unterstellt, wir würden das Altern verleugnen. Wenn das so wäre, müsste die gesamte Landesregierung aus Frauen bestehen. Politik für ältere Menschen findet nämlich praktisch nicht statt. Da die Landesregierung aber männerdominiert ist, ist das vielleicht ein Beweis dafür, dass manche Männer ewig Kinder bleiben wollen.
Kinder, meine Damen und Herren, neigen dazu, die Hand vor das Gesicht zu halten, wenn es um die Wahrnehmung von Dingen geht, die ihnen nicht passen. Besonders Jungen neigen dann dazu, mit den Füßen aufzustampfen und mit lauten „Nein, nein, nein“ der Realität zu entfliehen. Bei trotzigen, kleinen Jungen geht diese Phase in wenigen Minuten vorbei und sie setzen sich dann wieder mit der Wirklichkeit auseinander. Das aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Rückkehr in die Realität, kann von dieser männerdominierten Landesregierung nun nicht behauptet werden,
jedenfalls nicht, wenn es um Seniorenpolitik geht. Seit 1999 wird schlicht und einfach nicht zur Kenntnis genommen, dass Handlungsbedarf in der Seniorenpolitik besteht. Es wird nicht zur Kenntnis genommen, dass wir aufgrund der demographischen Entwicklung in absehbarer Zeit mehr als ein Drittel der Bevölkerung im Altersbereich von über 60 Jahren haben. Denn wäre dies zur Kenntnis genommen worden, dann hätte die gesamte Förderung, die sich auf die Unterstützung der Seniorenpolitik bezieht, erhöht
werden müssen und nicht gesenkt oder mindestens erhalten werden müssen. Sie haben in den vergangenen Jahren bei der Kürzung der Jugendpauschale damit argumentiert, dass die demographische Entwicklung diese Kürzung rechtfertige. Wir haben dieses Argument nie geteilt, aber wenn Sie sich selber ernst nehmen würden, dann hätten Sie die seniorenrelevanten Politikbereiche eben wegen der demographischen Entwicklung stärken müssen.
Erfolgt ist das Gegenteil. Die ständig gekürzte Förderung der Landesseniorenvertretung ist dabei immer nur ein kleines Beispiel. Vielleicht gibt es dafür auch eine einzige plausible Erklärung: Weil diese Landesregierung die besonderen Anforderungen älterer Menschen leugnet, weil diese Landesregierung eine älter werdende Gesellschaft in Thüringen nicht wirklich wahrnehmen will, deshalb gibt es keine erkennbare Seniorenpolitik.
Obwohl das für Männer nun wirklich unüblich ist, gibt es stattdessen viel Schminke, um das wahre Gesicht zu übertünchen, und Schminke ist diese Große Anfrage und Schminke ist der Alternativantrag der CDU zu unserem Antrag und Schminke sind die 17 Thesen, die der Sozialminister am 9. März 2006 vorgestellt hat - zu einem Zeitpunkt, als die Landesseniorenvertretung bettelnd durch das Sozialministerium zog und versuchte, ihre ehrenamtliche Arbeit abzusichern, zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die Förderung der Informations- und Koordinierungsdienste unter anderem im Bereich der Altenhilfe und der Selbsthilfegruppen einschließlich des Soziokulturellen Forums der Marie-Seebach-Stiftung vom Wahljahr 2004 von 760.000 € auf nur noch 362.000 € reduziert hatte - in diesem Jahr stehen nur noch 355.000 € zur Verfügung -, zu einem Zeitpunkt, wo Sie unmittelbar nach der Wahl die Investitionsmitfinanzierung der Pflegeeinrichtungen und der ambulanten Dienste, das sogenannte Landespflegegeld, von 13,3 Mio. € im Wahljahr 2004 auf nur noch 8,2 Mio. € reduziert haben. In diesem Haushaltsjahr befinden sich nur noch 7,2 Mio. € im entsprechenden Haushaltstitel und es wird wegen der Gesetzesnovelle weiter sinken. In der Konsequenz bedeutet das, dass die Beratungsangebote für Senioren verschlechtert wurden, dass die ehrenamtliche Arbeit erschwert wurde und dass sich die Kosten für Menschen in Heimen erhöht haben. Zur Vervollständigung sei nur noch mal angeführt, dass die auch für ältere Arbeitnehmer vorgesehene Landesarbeitsmarktpolitik eigentlich nur noch aus dem Europäischen Sozialfonds besteht. So sieht reale Seniorenpolitik der Thüringer Landesregierung aus. Die entsprechenden Thesen des Sozialministers lauten aber: These 3 - Interessen der
älteren Menschen auf dem Arbeitsmarkt fördern, These 7 - Vernetzung der Angebote im Bereich der offenen Altenarbeit, These 9 - Leistungsfähige Pflegeversicherung und Sicherung von Versorgungsstrukturen. Die Beispiele ließen sich fortführen. Immer aber, wenn man sich das ungeschminkte Gesicht anschaut, immer dann ist Abbau, Kürzung und auch Desinteresse zu erkennen. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ist auch dieser Antrag von Ihnen nichts als der misslungene Versuch, die Untätigkeit zu übertünchen.
Es ist richtig, lieber Kollege Worm, wenn Sie im ersten Satz Ihres Alternativantrags sagen: Ältere Menschen sind ein Reichtum für unsere Gesellschaft. Was die Landesregierung aber im Verlauf der letzten beiden Legislaturperioden bisher geleistet hat, das hat nichts mit Reichtum z.B. an Ideen zu tun; nein, es ist schlicht und einfach ein Armutszeugnis und ein Beweis für politische Ignoranz gegenüber älteren Menschen. Genau so stellt der zuständige Minister am 13. März anlässlich der Regierungspressekonferenz die Antwort der Großen Anfrage der CDU vor. Nein, nein, ich habe nichts mit der Seniorenpolitik zu tun. Genauso hätte der heimliche Lehrplan, der dort verteilten Rede lauten können. Die wesentliche Botschaft damals lautete: Eigentlich ist die Landesregierung kaum zuständig, sondern die Kommunen. Für die Landesregierung wiederum wurde dann betont, dass es sich um eine Querschnittsaufgabe handelt. Innerhalb des Sozialministeriums würde lediglich - und jetzt erlaube ich mir, Frau Präsidentin, zu zitieren - „eine gewisse Konzentration der Arbeit für diesen Personenkreis vorliegen“. Wenn sich der Sozialminister einer Landesregierung derart zum Stellenwert der Seniorenpolitik äußert, dann ist die Schminke nun tatsächlich runter und dann wird das wahre Desinteresse deutlich. Dieser Personenkreis, wie Sie ihn bezeichnen, Herr Minister Zeh, umfasst ein Drittel der Bevölkerung. Dieses eine Drittel der Bevölkerung hat ein Recht darauf, endlich in der Landespolitik ernst genommen zu werden und es ist eben nicht damit getan, auf den Bund einerseits und auf die Kommunen andererseits zu verweisen und sich selbst aus der Verantwortung zu stehlen, ja, aus der Verantwortung zu stehlen. Die Kürzung bzw. der künftige Wegfall des Landespflegegeldes sind dafür ein bezeichnendes Beispiel. Im Bundesrat wurde lauthals nach Kompetenz für die Länder geschrien und Thüringen immer vorneweg. Dort wurde die Zuständigkeit für die investive Förderung eingefordert, um sich dann aus dem Staub zu machen, nicht ohne sich in der Großen Anfrage mit der Investitionsförderung für die Pflegeeinrichtungen zu brüsten. Aber 80 Prozent dieser Mittel, meine Damen und Herren, sind vom Bund gekommen. Selbst vom Rest hat das Land nur die Hälfte übernommen.
Wenn anlässlich der Pressekonferenz zum Thema „Armut im Alter“ vom zuständigen Minister die Aussage getroffen wird, dass es sich um verhältnismäßig kleine Zahlen handelt, dann ist dies eine Missachtung der Menschen und eine Missachtung der Realität, die bereits vor der Tür steht. Sie wissen doch anhand der demographischen Entwicklung und anhand der Arbeitsmarktdaten genau, dass wir in absehbarer Zeit eine enorme Zunahme der Armut im Alter zu erwarten haben. Diejenigen arbeitslosen Menschen, die jetzt über 50 und nahezu chancenlos am Arbeitsmarkt sind, die werden in wenigen Jahren mit geringen Ansprüchen in die Altersrente gehen. Und diejenigen, denen die CDU landespolitisch und bundespolitisch einen Mindestlohn verweigert, die werden sämtlich von Altersarmut betroffen sein. Sie wissen das und es gehört zur Verweigerung Ihrer politischen Verantwortung, die absehbare Situation vieler älterer Menschen in Thüringen überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Denn würden Sie das tun, dann würden Sie sowohl bei einer aktiven Arbeitsmarktpolitik als auch bei der Förderung für einen gesetzlichen Mindestlohn an unserer Seite stehen.
Alles in allem ergibt die Beantwortung der Großen Anfrage immerhin zwei Erkenntnisse. Die demographische Entwicklung wird deutlich und die Konzeptionslosigkeit der Landesregierung und deren Untätigkeit über zwei Legislaturperioden werden überdeutlich. Das gipfelt schließlich in diesem Alternativantrag, der auch erst aufgrund unseres Antrags erfolgt ist. Neu übertünchen ist hier wieder mal angesagt. Denn was, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird denn dort wirklich eingefordert? Wo werden denn tatsächlich neue Akzente von der Landesregierung erwartet? Unter Ziffer 1 und 4 geht es um Berichte, die nichts schaden, aber die auch nichts bewegen. Es ist zwar immer gut, den Ist-Zustand zu wissen, zumindest dann, wenn nicht beschönigt wird. Die Gefahr dürfte zumindest beim Landesseniorenbeirat gering sein. In Ziffer 2 wird die Landesregierung aufgefordert, ausgehend von den 17 Thesen vom März 2006, ein Konzept zu entwickeln. Jetzt muss ich fragen: Hatte denn die Landesregierung bei der Vorlage der Thesen kein Konzept? Dass sie keines hatte und hat, das haben wir zwar wahrgenommen, aber die politische Untätigkeit war ja eindeutig. Dass die CDU mit ihrem Antrag das auch noch verdeutlicht, das ist eine neue Qualität. Offenbar muss selbst die CDU-Fraktion ihre Landesregierung hier zum Jagen tragen.
Nun bleibt das Internetportal. Dagegen ist ja nichts einzuwenden, aber es ersetzt doch keine Landesseniorenpolitik. Der Rest dieses Antrags, das ist nichts als heiße Luft. „Die Seniorinnen und Senioren sind aktiv in Thüringen“, so ist Ihr Antrag über
schrieben. Wer aber nicht aktiv ist in Thüringen, das ist die Landesregierung. Deshalb haben wir Ihnen ein Vorschlag unterbreitet, Herr Panse, um endlich Substanz in die Seniorenpolitik zu bringen. Dabei haben wir einen Leitgedanken. Sie schmücken sich doch immer wieder gern mit fremden Federn und verweisen zum Beispiel auf die Mehr-GenerationenHäuser der Bundesregierung. Was aber endlich bei der Landesregierung gefragt ist, das ist eine MehrGenerationen-Politik.
Während die Jungen in der Regel von den Alten lernen können, kann in diesem Fall die Landesregierung von der Jugendpolitik lernen. Jugendpolitik, Herr Minister Zeh, ist ebenso wie Seniorenpolitik Querschnittsaufgabe. Ich hoffe trotzdem, dass Sie deshalb nicht auf die Idee kommen, bestenfalls eine gewisse Konzentration für sich zu reklamieren, sondern die Federführung behalten wollen. Sie fördern dort mit einer eigenen Landesgesetzgebung den Landesjugendring und die ihm angeschlossenen Verbände. Gut so. Deren wesentliche Ziele in der Zusammenarbeit mit der Landesregierung sind die Formulierung jugendpolitischer Interessen einerseits und die Stärkung selbst organisierter Jugendverbände und Jugendgruppen andererseits. Genau das brauchen wir auch im Bereich der Seniorenpolitik. Wir haben es in Form der Landesseniorenvertretung allerdings völlig ungesichert und von der Landespolitik völlig vernachlässigt. Wir brauchen stattdessen eine Landesseniorenvertretung, deren Arbeit langfristig abgesichert ist und hauptamtlich unterstützt wird. Ehrenamt in der Seniorenarbeit benötigt genauso wie in der Jugendarbeit hauptamtliche Unterstützung. Die Landesregierung benötigt wiederum die fachliche Beratung und Unterstützung. Das ist doch überdeutlich. Wer aber sollte besser Unterstützung leisten und die Interessen älterer Menschen formulieren können als diejenigen, die in unseren Städten und Gemeinden bei der Landesseniorenvertretung Thüringen e.V. als Experten in eigener Sache engagiert sind. Diese Landesregierung wird doch wohl nicht bestreiten, dass der Dialog mit dem Landesjugendring und seinen Verbänden in all den Jahren seit Bestehen des Landes fruchtbar war für die Jugendpolitik dieses Landes. Das war aber nur möglich, weil dort Strukturen langfristig und verlässlich gefördert wurden. Und was den Jungen recht ist, das sollte zum Recht der Älteren werden. Verstecken Sie sich damit nicht immer hinter gesetzlichen Normierungen. Es steht der Landesregierung sehr wohl frei, entsprechende Grundlagen zu schaffen. Es geht bei dem allen längst nicht um die Größenordnung, die der Landesjugendring aus guten Gründen an Landesförderung erhält, es geht vor allem nicht darum, Jung und Alt gegeneinander auszuspielen. Im Gegenteil, wir wollen lediglich, dass die im Bereich
der Jugendpolitik gemachten positiven Erfahrungen auf die Seniorenpolitik der Landesregierung übertragen werden. Deshalb auch die Einforderung von Seniorenförderplänen. Wir wissen doch, dass ähnlich wie in der Jugendpolitik die Kommune auch in der Seniorenpolitik eine besondere Verantwortung hat. Die Kommunen aber damit allein zu lassen, das ist politisch unverantwortlich und es entspricht auch nicht der Aufgabenstellung der Thüringer Verfassung.
Dort heißt es nämlich in Artikel 93 - ich zitiere, Frau Präsidentin: „Das Land sorgt dafür, dass die kommunalen Träger der Selbstverwaltung ihre Aufgaben erfüllen können.“ In der Seniorenpolitik besteht nun einmal Handlungsbedarf und Nachholbedarf, das gilt für die Landesregierung und das gilt auch für die Kommunen. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen wir Seniorenförderpläne. Das Land verfügt mit seinen Hochschulen über ein hervorragendes Instrument, um deren Erstellung in den Kommunen zu unterstützen. Ich bin davon überzeugt, dass der Mittelansatz zur Initiierung solcher Förderpläne überschaubar und haushaltspolitisch zu verantworten ist, wenn man die vorhandenen Ressourcen nutzt und einsetzt. Der Erkenntnisgewinn wäre enorm.
In der 2. Legislaturperiode wurde unter sozialdemokratischer Verantwortung die Jugendpauschale mit Erstellung von Jugendförderplänen entwickelt. Innerhalb eines Zeitraums von etwa einem Jahr ist es damals gelungen, in allen Landkreisen und kreisfreien Städten eine Diskussion um den Stellenwert der Jugendarbeit zu entfachen. Diese Diskussion hält bis heute an und sie hat bei aller Unterschiedlichkeit in den Regionen zu einer kommunalpolitischen Festigkeit der Jugendarbeit geführt. Die Ergebnisse der Jugendförderpläne haben aber auch dazu geführt, dass der Landesregierung klar wurde, wo die tatsächlichen Bedarfe bestehen. Diesen Prozess gilt es im Bereich der Seniorenpolitik ebenfalls in Gang zu setzen und das wollen wir mit unserem Antrag. Die Seniorenarbeit zu stärken, setzt nämlich beides voraus: Erstens, die Unterstützung der Kommunen bei der Entwicklung eines umfassenden Angebots für ältere Menschen und zweitens, die Unterstützung der ehrenamtlichen Strukturen in der Seniorenarbeit durch eine verlässliche Förderung und eine hauptamtlich abgesicherte Koordinierung und Vernetzung. Beide Faktoren wären die entscheidende Grundlage für eine vernünftige Landespolitik, die schließlich ausgleichen, anregen und unterstützen soll und wissen sollte, wo sie ansetzen muss; eine Landespolitik, die bisher offenbar ihre Aufgaben in der Seniorenpolitik nicht gefunden hat und bei der eine gewisse Orientierungslosigkeit und ein ausgeprägtes Desinteresse nicht zu verkennen ist.
Deshalb, meine Damen und Herren von der Mehrheitsfraktion dieses Hauses und von der Landesregierung: Schminken Sie sich die Tünche in der Seniorenpolitik endlich ab und schauen Sie der Wahrheit ins Gesicht.
Tünche - kennen Sie das Wort nicht?
Sie sollten erkennen, dass weiteres Leugnen nicht hilft. Es gibt kein Konzept der Landesregierung für Seniorenpolitik. Das allein ist die bittere Wahrheit und das, lieber Kollege Worm, das unterstreichen Sie mit Ihrem Antrag und es ist wahrlich kein Alternativantrag. Mit unserem Antrag können Sie stattdessen endlich die Grundlage für den Aufbau einer Thüringer Seniorenpolitik legen. Mehr Generationenpolitik statt den Verweis auf weitgehende Nichtzuständigkeit ist angesagt. Alt und Jung würden davon profitieren. Ich bitte Sie, unserem Antrag mit zuzustimmen. Danke.
Herr Minister, Sie haben gesagt, dass Sie die Punkte des Antrags der CDU-Fraktion, den Alternativantrag, abarbeiten werden. Ist meine Annahme richtig, dass Sie auch unseren Antrag, wenn er im Ausschuss ist, wohlwollend mit uns beraten werden? Es klang so, als ist für Sie nur der CDU-Antrag wichtig, und alles andere fällt zur Seite.
Personalkosten der Stiftung „FamilienSinn“
Entsprechend dem Protokoll des Landesjugendhilfeausschusses (LJHA) vom 26. Juni 2006 sollte das Personal der Stiftung „FamilienSinn“ aus vorhandenen Landesbediensteten bestehen. Personalkosten sollten nicht aus Stiftungsmitteln bestritten werden. Presseberichten war zu entnehmen, dass entgegen den damaligen Aussagen der Landesregierung der ehemalige Oberbürgermeister der Stadt Eisenach, G. Schneider (CDU), als Kurator der Stiftung berufen wurde.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche jährlichen Gesamtkosten entstehen für Personalaufwendungen und Sachkosten für die Arbeit des Kurators (bitte getrennt ausweisen) und unter welcher Haushaltsstelle bzw. welchen Haushaltsstellen sind diese Mittel ausgewiesen?
2. Falls die Gesamtkosten den Stiftungsmitteln entnommen werden: Erfolgt die Entnahme zulasten der Familienfördermittel der Stiftung oder erhält die Stiftung über die im Haushaltstitel 08 24 698 01 ausgewiesenen Mittel hinaus zusätzliche Landesförderung?
3. Welche Personalausstattung insgesamt ist ab wann zulasten welcher Haushaltstitel für die Stiftung vorgesehen?
4. Was waren angesichts der damaligen Aussage der Landesregierung im LJHA und des beabsichtigten Personalabbaus in den Landesdienststellen die Gründe für die externe Berufung des Kurators?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Panse, dass ein ähnlicher oder ähnlich gearteter Antrag in mehreren Parlamenten diskutiert wird, ist doch eigentlich normal - oder?
Da kann man doch nicht sagen „abgeschrieben“, wenn man von anderen Parlamenten das übernimmt, was überall sein wird. Ich muss Ihnen sagen, bei Ihrer Rede jetzt war ich schon ein bisschen unglücklich, weil ich eigentlich über die UNKonvention gar nichts gehört habe.
Bei der Verabschiedung des Behindertengleichstellungsgesetzes in Thüringen waren wir uns trotz aller unterschiedlicher Diskussionen zumindest verbal darin einig,
dass dieses mühsam und zäh errungene Gesetz nur ein erster Schritt sein kann. Das heißt, es müssen weitere folgen, sonst wird es nichts mit dem Erreichen der in § 1 gesetzten Zielsetzung. Deshalb ist es gut, dass nun mit der UN-Konvention noch einmal Handlungsbedarf deutlich gemacht wird und Umsetzungsdruck erzeugt wird.
Den Kolleginnen und Kollegen von der CDU sollten doch die nächsten Schritte angesichts der 2009 bevorstehenden Landtagswahl und des Debakels beim Blindengeld leichter fallen. Ich darf voranstellen, dass die SPD-Fraktion den Antrag der Linkspartei.PDS begrüßt. Ich hatte allerdings gehofft, dass es dieses Mal parteiübergreifend zu einer Einigung kommt. Das müsste doch umso leichter fallen, wenn man sich vor Augen führt, dass die UN-Konvention unter deutscher Ratspräsidentschaft einer CDU-Bundeskanzlerin auch von der Europäischen Gemeinschaft unterzeichnet wurde. Wer diese Konvention ernst nimmt, und das ist unser Politikverständnis spätestens nach der EU-Unterzeichnung, wer die Zielsetzung also ernst nimmt, der darf das damalige politische Geschrei um das Antidiskriminierungsgesetz - ich kann mich noch gut erinnern, wie hier diskutiert wurde, die Behinderten dort nicht mit aufzunehmen - nun bitte nicht neu aufleben lassen.
Wenn wir diese UN-Konvention in nationales Recht umwandeln wollen - und das, denke ich, ist von uns gefordert -, dann werden wir sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene rechtlich noch einiges zu erledigen haben. Denn worum geht es in der Konvention? Es ist das erste UN-Dokument, das Behinderung nicht aus medizinischer, sozialer Sicht betrachtet, sondern stattdessen die Sicherstellung der Menschenrechte in den Vordergrund stellt. Dabei geht es um die Wahrung der Würde, um individuelle Autonomie einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen. Es geht um die Unabhängigkeit der Person. Es geht um Nichtdiskriminierung. Es geht um die volle und wirksame Teilhabe und Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen als gleichberechtigte Bürger der Gesellschaft. Es geht um Respekt vor der Unterschiedlichkeit und Akzeptanz von Behinderung als Teil der menschlichen Vielfältigkeit und um Chancengleichheit, Barrierefreiheit und Gleichberechtigung von Mann und Frau. Dann finde ich das schon ein kleines bisschen traurig, Herr Panse, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, das ist nicht richtig formuliert und da fehlt was, aber inhaltlich gar nichts dazu sagen.
Das ist keine Konvention, bei der wir uns als eine der wirtschaftsstärksten Nationen der Welt ausruhen könnten. Noch längst sind nämlich die dort formulierten Ziele keine Realität im Alltag von Menschen mit Behinderungen. Viele dieser Intentionen finden sich zwar in den Zielen des Antidiskriminierungsgesetzes und auch des Thüringer Gleichstellungsgesetzes wieder, aber längst nicht alle und schon gar nicht konkretisiert. Ich kann mich noch daran erinnern, wie das Antidiskriminierungsgesetz auf Bundesebene zum Jobkiller hochkristallisiert wurde und wie CDU und FDP auf Bundesebene eine wirkungsvolle Einbeziehung der Rechte von Menschen mit Behinderungen zunächst zu verhindern suchten. Ich glaube auch, unser Gleichstellungsbeauftragter hatte damals eine andere Meinung. Ich hoffe, seine Meinung hat sich geändert in dieser Sache. Ebenso kann ich mich an das politische Gezeter rund um das Thüringer Gleichstellungsgesetz von Menschen mit Behinderungen erinnern. Selbst ein Sozialminister der CDU verzweifelte dabei an seiner Fraktion.
In der Folge hat sich nun erwiesen, dass sich all die Befürchtungen zum Missbrauch des Bundesgesetzes offensichtlich als haltlos herausgestellt haben. Der kleinstmögliche Thüringer Kompromiss zur Wahrung des Gesichts der CDU in der Behindertenpolitik in Form des existierenden Landesgesetzes kann bestenfalls ein Beginn sein, aber noch längst keine nennenswerte Verbesserung der Lebensbedingungen
von Menschen mit Behinderungen - mehr als nichts, das ist klar, aber eben doch zu wenig.
Das Signal, was jetzt von der UN durch die Unterzeichnung auf europäischer Ebene auch von der EU ausgeht, bedeutet für uns klipp und klar: Es gibt keine weitere Zeit zu verlieren und es muss nachgelegt werden in der Behindertenpolitik. Das gilt für die gesamte Bundesrepublik und es gilt aber auch für Thüringen. Da bin ich mir nicht erst seit der Diskussion um das Behindertengleichstellungsgesetz in Thüringen und gar der Diskussion um das Blindengeld sehr sicher. Allerdings brauchen wir dafür eine vernünftige Analyse des Ist-Zustands in Thüringen. Die ist natürlich nur ressortübergreifend zu erstellen und nur mit den Fachleuten aus den Behindertenverbänden und der Wohlfahrtspflege. Die Erarbeitung der UN-Konvention hat bewiesen, dass die Einbeziehung der Nichtregierungsorganisationen nicht etwa zur Verzögerung führt. Nein, im Gegenteil, es hat zur Beschleunigung der Beratung geführt. Die UN hatte offensichtlich begriffen, dass externer Fach- und Sachverstand hilfreich sein kann. Es ist die in der UN am schnellsten verhandelte Konvention, wofür die Mitarbeiter der Nichtregierungsorganisationen ausschlaggebend waren. Was auf der Ebene der UN gelungen ist, das sollte uns doch in Thüringen möglich sein - vor allen Dingen ist es dringend nötig.
Der unter Ziffer 3 des Antrags unterbreitete Vorschlag ist eine Möglichkeit, um die von mir in der Diskussion zum Blindengeld kritisierte Kultur der Zusammenarbeit zwischen Ministerien, Verbänden und Vereinen endlich auf andere, auf konstruktive Füße zu stellen. An dieser Stelle aber von mir noch zwei Ergänzungsvorschläge zu Ziffer 3 des Antrags der Linkspartei.PDS: Bei dieser interministeriellen Arbeitsgruppe sollten aber die Fachleute aus den Organisationen behinderter Menschen und darüber hinaus von Anbeginn auch die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände einbezogen werden sowie Experten aus dem Bereich der Seniorenarbeit. Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen müssen sich nämlich in erster Linie dort verbessern, wo Menschen unmittelbar leben, also in den Kommunen. Die Experten aus dem Bereich der Seniorenarbeit wiederum halte ich für unverzichtbar, weil nun einmal ein Zusammenhang besteht zwischen zunehmendem Alter und der damit zunehmenden Gefahr von Behinderungen. Wir sollten uns immer vor Augen führen, es kann jeden von uns treffen, oder, um es positiv auszudrücken, von Verbesserungen der Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen werden insbesondere und sehr unmittelbar auch immer ältere Menschen und Familien profitieren. Ich erinnere nur daran, dass der barrierefreie Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln - wir haben sie gerade auch diskutiert - den Menschen mit Geh
behinderung hilft, aber auch den unsicher werdenden älteren Menschen wie auch der jungen Familie mit dem Kinderwagen. So wird es viele Beispiele geben und ich würde das alles überschreiben mit dem Slogan „Mehr Behindertenfreundlichkeit in unserer Gesellschaft ist mehr Lebensqualität für alle Menschen“. Deshalb halte ich den Punkt 3 des Antrags für das Wesentliche.
Nun hätten wir im Rahmen der Beratungen in den Ausschüssen die von mir genannten Ergänzungen einbringen können, aber ich habe ja gehört, dass die CDU das gleich ablehnen möchte. Ich denke, die Mehrheitsfraktion in diesem Haus sollte dies nicht ablehnen. Wird es trotzdem abgelehnt, dann sage ich: Sie haben aus den Diskussionen um das Blindengeld und das Behindertengleichstellungsgesetz nicht viel gelernt und Sie spielen auf Zeit
und Ihre Politik für behinderte Menschen ist dann bestenfalls ein sozialpolitisches Feigenblatt. Herr Panse, ich hoffe sehr, dass wir über diese UN-Konvention im Ausschuss diskutieren werden. Sicherlich kann man warten, bis es ratifiziert ist, aber warum kann man denn nicht auch in Thüringen schon mal vorangehen und so eine Arbeitsgruppe gründen und miteinander diskutieren. Manchmal verstehe ich das nicht. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die CDU-Mehrheit im Sozialausschuss hat mit der Beschlussempfehlung zur Ablehnung des gemeinsamen Gesetzentwurfs der Oppositionsfraktionen bereits dokumentiert, wie sie mit unserem Gesetzentwurf im Landtag umgehen will. Deshalb will ich heute bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, nicht mehr wirklich um Zustimmung werben. Denn ich fürchte, dass das nach der Diskussion im Sozialausschuss vertane Zeit ist. Aber es bleibt trotzdem die Hoffnung auf politische Einsicht und vielleicht auf ein kleines Wunder. Das gemeinsame Gespräch aller drei Fraktionen mit dem Thüringer Blinden- und Sehbehindertenverband vor der Einbringung unseres Gesetzes hat gezeigt, wie es mit christlicher Nächstenliebe in der „Ein-Stimmen-CDU-Mehrheitsfraktion“ in diesem Landtag tatsächlich aussieht. Damals hatte ich noch auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf gehofft, aber eher geht eben ein Kamel durch ein Nadelöhr. Bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, geht es jetzt offenbar nur noch um die Vermeidung von weiterem Gesichtsverlust. Sie wollen das leidige Thema „Blindengeld“ nun endlich abhaken. Deshalb und nur deshalb beabsichtigen Sie zähneknirschend im nächsten Jahr die Wiedereinführung eines Blindengeldes, eines Blindengeldes, was diesen Namen angesichts der beabsichtigten Höhe von 220 € im Monat fast nicht mehr verdient. Trotzdem war es eine politische Kehrtwendung, die Sie vollziehen mussten. Es war und ist einfach nicht mehr zu übersehen und zu überhören: Die christdemokratische Alleinregierung in Thüringen steht beim Blindengeld bundesweit allein auf weiter Flur, denn nirgendwo sonst in Deutschland werden blinde Menschen so schlecht behandelt wie in Thüringen.
Damit das so bleibt, werden Sie sich bei diesem Thema zumindest an einer Stelle treu bleiben: Thüringen bleibt auch zukünftig das bundesweite Schlusslicht, wenn es um die Leistungen des Blindengeldes geht, es sei denn, Sie würden unserem Antrag dennoch zustimmen. Die Möglichkeit bleibt Ihnen nach wie vor noch offen. Wir werden Sie von dieser Ent
scheidung nicht entbinden und unseren Gesetzentwurf nicht zurückziehen, wie es vielen von Ihnen lieb wäre, sondern wir denken, zeigen Sie Flagge gegenüber den betroffenen Menschen und der Bevölkerung. Zeigen Sie im Vergleich aller Bundesländer, was der Thüringer CDU Politik für Behinderte wert ist.
Meine Damen und Herren, im Umgang mit dem Blindengeld in den vergangenen zwei Jahren wird das wahre Gesicht der Thüringer Christdemokraten deutlich. Sozialpolitik ist bei Ihnen Almosenpolitik. Diese von der CDU getragene Landesregierung will Bittsteller anstelle von selbstbewussten Menschen, die ihre Rechte einfordern. Nicht nur die unmittelbar Betroffenen, nein, die Bevölkerung hat es längst gemerkt und schon stand das nächste Volksbegehren vor der Tür, und das mit immer näher rückender Landtagswahl. Deshalb wächst bei der CDU-Fraktion noch keine Einsicht für ihre Irrwege, aber die Sorge um den Erhalt vieler warmer Stühle fördert doch das Denkvermögen. Ich bin mir sicher, sowohl die Betroffenen selbst als auch große Teile der Bevölkerung werden 2008 und 2009 verstehen, dass die von Ihnen beabsichtigte Wiedereinführung des Blindengelds fast auf der Hälfte des früheren Niveaus keinerlei Grund zum Jubeln ist. Eines ist klar: Selbst diese erzwungene Umkehr war nur dank der Hartnäckigkeit des Thüringer Blinden- und Sehbehindertenverbands und dieser Opposition möglich.
Sie, Herr Kollege Panse, hätten selbst Ihre beabsichtigte Minimallösung in der Fraktion nicht umsetzen können ohne unseren Gesetzentwurf, der gleichzeitig der Entwurf des Thüringer Blinden- und Sehbehindertenverbands war, und ich behaupte mal, der weiterhin auch der Entwurf dieses Verbands ist.
Das, meine Damen und Herren, was dort von der Landesregierung in den letzten Wochen mit den Verbandsvertretern verhandelt wurde, grenzt an Erpressung.
Da werden Verbandsvertreter in die Ecke getrieben und irgendwann fallen dann Entscheidungen nach dem Motto „Besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“. Oder in nackten Zahlen: Besser 220 € und die für alle, als nichts und weiter Bittsteller zu sein. Selbst diesen Spatz in der Hand gibt es frühestens ab 2008 - warum eigentlich nicht schon dieses Jahr? Die Mittel sind doch da. Oder dient der Haushaltsansatz für die Blindenhilfe wieder nur als Sparbüchse?
Wir haben bereits damals bei der Streichung des Landesblindengeldes sehr zu Recht von einem sozialen Kahlschlag gesprochen. Es hat sich bewahr
heitet und ich sage Ihnen dazu später auch noch einige Zahlen. Wir haben es damals für skandalös gehalten, dass dieser Wegfall zeitgleich verbunden war mit der Einführung eines ebenfalls von den Betroffenen und den Oppositionsfraktionen in diesem Haus erzwungenen Behindertengleichstellungsgesetzes. Ich halte es heute für einen Skandal, wenn diese Landesregierung noch nicht einmal beabsichtigt, die im Haushalt eingestellten Mittel tatsächlich für Blindengeld und Blindenhilfe einzusetzen. Genau das könnten Sie mit unserem Gesetzentwurf nämlich tun und genau das verweigern Sie, obwohl diese Mittel im Haushalt stehen. Sie verweigern das zu einem Zeitpunkt, in dem sich darüber hinaus die wirtschaftliche Lage und damit auch die Steuereinnahmen für den Landeshaushalt verbessern.
Sie, Herr Minister Zeh, haben am 7. Oktober 2005 in diesem Hause anlässlich unseres Antrags zur Sicherung des Landenblindengelds unter anderem erklärt - Frau Präsidentin, ich erlaube mir zu zitieren: „Deshalb müssen wir alles tun, um den Sozialstaat nicht zu überfordern. Das ist auch ein Grund, warum wir zukünftig die Blindengeldzahlung auf die Regelung der Blindenhilfe umstellen müssen.“ Wir müssen mit unserem Gesetz weder den Sozialstaat noch den geltenden Haushalt überfordern, sondern schlicht und einfach das tun, was nämlich der Haushaltsgesetzgeber, das Parlament, vorgesehen hatte. Der aber wurde offensichtlich etwas hinters Licht geführt - ganz vorsichtig formuliert. Die im Bereich der Blindenhilfe und des Härtefonds eingestellten Mittel waren entweder von Anfang an eine Beruhigungspille für die öffentliche Diskussion oder aber die den Haushalt aufstellende Landesregierung wusste fachlich außerordentlich wenig. Wenn von annähernd 13 Mio. € im Landeshaushalt im Bereich der Blindenhilfe 7,1 Mio. € am 31.12.2006 nicht zum Einsatz kamen und wenn von 1 Mio. € im Härtefonds 936.000 € nicht verwendet werden konnten - was bitte ist denn das? Das ist ein Armutszeugnis. Jedenfalls hat es nichts mit Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit zu tun, aber auch gar nichts. Vielleicht ist es einfach ein Hinweis auf den Stellenwert der Behindertenpolitik in diesem Lande. Ob wir als Haushaltsgesetzgeber bei der Aufstellung faktisch verschaukelt werden oder ob das Fachressort wenig weiß, in beiden Fällen ist es ein Trauerspiel.
Deshalb noch einmal, Herr Minister Zeh und werte Kollegen von der CDU: Wenn wir die im Doppelhaushalt zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, dann ist dieser Gesetzentwurf der Opposition kostenneutral umzusetzen. Lieber Kollege Panse, weil die Zahlen nun einmal zum Haushalts-Ist Ende 2006 auf dem Tisch liegen, nun zu Ihrer Erinnerung: Sie haben in der Sitzung vom 09.06. des vergangenen Jahres aufgrund unseres Antrags zur Wiedereinführung eines Landesblindengelds erklärt - Frau Präsidentin, auch
hier erlaube ich mir zu zitieren: „Wir haben Ihnen damals auch schon immer gesagt, dass wir umsteuern wollten, aber ein Umsteuern nicht, um den Haushalt zu sanieren, sondern weil wir es ordnungspolitisch für richtig halten und dabei bleibt es.“ Was aber haben Sie getan? Die Blindenhilfe als Sparbüchse verwendet und den Menschen eine Leistung vorgegaukelt, die es für die meisten gar nicht gab. Genau das haben Sie getan. Sie, Herr Minister Zeh, wie erklären Sie sich denn Ihre Aussage in der gleichen Sitzung, und auch hier erlaube ich mir zu zitieren: „Es gibt sogar Prognosen, die unter Umständen eine höhere Haushaltsbelastung durch die Blindenhilfegeldzahlung prophezeien.“ Ein Ministerium lässt sich nicht leiten mit Prognosen, auch wenn das mitunter der Arbeitsstil zu sein scheint. Ich erinnere hier nur an die Familienoffensive und den Kinderschutz - viele, viele falsche Prophezeiungen. Sie haben doch erlebt, was passiert, wenn Ihre Parteifreunde prophezeien, dass sich andere CDU-regierte Länder bei Abschaffung des Blindengelds anschließen werden. Was bitte, liebe Kollegen von der CDU, hat sich denn in den vergangenen zwei Jahren ordnungspolitisch geändert? Sowohl Sie, Herr Minister Zeh, als auch der Kollege Panse haben doch in der Plenarsitzung erklärt, dass einkommens- und vermögensunabhängige Zahlungen an Menschen mit Behinderungen ordnungspolitisch falsch sind. Gibt es da nun eine neue Rechtsauffassung? Was allerdings ordnungspolitisch falsch ist, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, das ist der Umgang mit Verbänden. Die treibt man nicht in die Ecke und zwingt sie nicht zu Verzweiflungstaten, sondern man behandelt sie als Partner. Ich sage das heute vor allen Dingen auch mit Blick auf den Thüringer Landesblinden- und Sehbehindertenverband. Spätestens seit der Familienoffensive gilt das aber auch für den Umgang mit den freien Trägern der Wohlfahrtspflege. Da läuft etwas mächtig schief in der Diskussionskultur der Landesregierung mit all den Vereinen und Verbänden, die doch die Säulen funktionierender Sozialpolitik in Deutschland sind. Solch ein Umgang ist nicht nur falsch, er ist auch nicht klug. Der Blinden- und Sehbehindertenverband hätte Ihnen z.B. sicher bei der Haushaltsaufstellung für den Haushalt 2006 und 2007 helfen können und die Treffgenauigkeit wäre dann entschieden besser gewesen. Deshalb mein Rat: Bevor Sie sich mangels anderer Kenntnisse auf Prophezeiungen verlegen, sollte man doch besser das Wissen der Verbände nutzen.
Heute haben Sie noch einmal die Möglichkeit, tatsächlich umzukehren und Ihren damals eingeschlagenen Irrweg zu verlassen. Da ich aber befürchte, dass Sie genau das nicht tun werden, sei mir zum Schluss noch mal ein Hinweis gestattet. Ich hoffe, dass anhand der Diskussionen um das Blindengeld
in den letzten beiden Jahren jedem Bürger dieses Landes klar wird, wie christdemokratische Sozialpolitik im Lande Thüringen tatsächlich aussieht. Ich hoffe, dass anhand der Kürzungen von 400 € im Jahr 2005 über die totale Streichung bis hin zu angekündigten 220 € - und das auch erst im nächsten Jahr - jedem Bürger in diesem Land klar wird, was einem blühen kann, wenn der Herr Thüringer Ministerpräsident Althaus und die Thüringer CDU vom Bürgergeld fabulieren. Da braucht man nun wirklich kein Prophet zu sein, es reicht völlig, sich die praktizierte Willkür bei den blinden und sehbehinderten Menschen vor Augen zu führen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte im Interesse der betroffenen Menschen noch einmal darum, unserem Antrag zuzustimmen. Für die Kolleginnen und Kollegen der CDU wäre es nichts anderes, als der Aussage von Minister Zeh am 09.06.2006 zuzustimmen, in der er erklärte - und ich zitiere noch einmal, Frau Präsidentin: „Ich möchte meinem Kollegen Panse bestätigen, dass es uns überhaupt nicht um Haushaltssanierung geht.“ Na wunderbar, das können Sie jetzt beweisen. Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf und damit dem Gesetzentwurf des Blinden- und Sehbehindertenverbandes einfach zu. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion hat sich gefragt, was diese Aktuelle Stunde wohl soll. Was gibt es denn bitte Aktuelles?
Weder das vorhandene Spektrum der Angebote für Schwangere in Thüringen noch gar die traurigen Ereignisse der in Thüringen in letzter Zeit getöteten Säuglinge werden einer Aktuellen Stunde gerecht
und Grund für das Abfeiern landespolitischer Entscheidungen in dieser Legislaturperiode haben CDU und Landesregierung in dem gesamten Themenzusammenhang wirklich nicht - ganz im Gegenteil. Zur Erinnerung: Im Juli des vergangenen Jahres haben wir uns in einer von der SPD beantragten Aktuellen Stunde damit auseinandergesetzt, dass der Thüringer Sozialminister die Schwellen für die Inanspruchnahme der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen erhöhen wollte. Gemeinsam mit seiner sächsischen Kollegin hat er anlässlich der Gesundheitsministerkonferenz darauf gedrungen, Hilfe suchende Frauen und ihre Partner verstärkt an den Kosten der Schwangerschaftsabbrüche zu beteiligen.
Das sage ich doch, das hat er gemeint, aber es ist der völlig falsche Weg.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine derartige Absicht steht sehr wohl in einem Zusammenhang mit den Hilfen für Schwangere in Thüringen. Um Verunsicherungen und Verunglimpfungen Rat suchender Frauen geht es nämlich und das war schon voriges Jahr so und es ist längst nicht ausgestanden.
Im Ergebnis der Gesundheitsministerkonferenz werden immerhin Daten erhoben. Es soll in diesem Jahr entschieden werden, inwieweit es zu entsprechenden Gesetzesinitiativen kommt. Das ist doch ein beabsichtigter Abbau von Hilfen für Schwangere, nichts anderes. Mein Kollege Pilger hat damals darauf hingewiesen, dass etwa 80 Prozent der Rat suchenden Frauen in der Beratungsstelle nach Hilfe suchen, um die durch die Geburt eines Kindes veränderten Lebensbedingungen zu bewältigen. Wir wissen aufgrund der aktuellen Angaben des Statistischen Bundesamts, dass die Zahl der Abtreibenden in Thüringen weiter rückläufig ist.
Deshalb noch einmal: Wer bei diesem hoch sensiblen Beratungsangebot die Finanzschraube anziehen will, der will Hilfen für Schwangere in Thüringen erschweren und sie nicht erleichtern. Hilfen für Schwangere sind auch - und ich betone „auch“ - die Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen. Deren Förderung wurde seit dem Wahljahr 2004 von 1,66 Mio. € auf nur noch 1,26 Mio. € gekürzt. Schauen Sie sich die Familienhilfe an: Dort gab es im Wahljahr knapp 2,6 Mio. € Landesförderung und nun sind es
nur noch 1,8 Mio. €. Mit den gekürzten 800.000 € ließe sich manche Hilfe für Schwangere fördern. Von den Leistungen für Kinderschutzdienste will ich heute gar nicht reden. Dies ist an anderer Stelle geschehen und wir werden im Ausschuss auch noch darüber reden.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, die politische Auseinandersetzung über bessere Hilfen für Schwangere und Hilfen für Familien in Notsituationen eignet sich nicht für eine Aktuelle Stunde, wo der Redebeitrag 5 Minuten dauern darf. Stattdessen sollten Sie die Ergebnisse der Anhörung im Sozialausschuss differenziert auswerten und dann in politische Taten umsetzen. Es liegen Ihnen Anträge meiner Fraktion vor und wir können es gern nach der Auswertung der Ergebnisse ausweiten - ich hoffe auch gemeinsam, wenn Sie zur Änderung bereit sind. Vorschläge gab es genug und wir haben keine Zeit für Regierungsjubel zu verlieren, zumal die Entdeckung des Handlungsbedarfs aufseiten der Landesregierung ziemlich frisch ist und offenbar unmittelbar mit den Schlagzeilen der Medien in Verbindung steht. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, erst einmal vielen Dank für den ausführlichen Bericht. Abseits unterschiedlicher parteipolitischer Auffassungen wird mit dem Bericht bestätigt, dass die Arbeit der Behindertenwerkstätten in Thüringen unverzichtbar ist. All das, was behinderten Menschen an Arbeits- und Qualifikationsmöglichkeiten in der Verbindung mit Wohnen und ambulanter Betreuung
angeboten wird, ist in den Werkstätten gegenüber den früheren Zuständen in der DDR tatsächlich revolutionär.
Da kann ich nicht verstehen, wenn gesagt wird, „dass einige sagen“ - ich weiß nicht, wer das sein kann, wahrscheinlich, ich kann es mir nicht vorstellen -, „30 Jahre hätte sich nichts in diesem Bereich geändert“. Ich komme aus diesem Bereich, das ist mir ein Rätsel, das muss ich dazu sagen. Aber vielleicht kann man mich da überzeugen, wenn man mir sagt, wer das sein könnte. Wer sich sozialpolitischen Fortschritt ansehen will, der sollte sich vorbehaltlos die Werkstätten und die stationären und ambulanten Betreuungsangebote ansehen. Ich ahne ja, dass der Auslöser dieses Berichtsersuchens eine Äußerung des Kollegen Nothnagel in der Presse war, in der er die bessere Integration Behinderter in den ersten Arbeitsmarkt verlangte.
Aber ja.
Oh, doch.
Die Frage habe ich jetzt nicht verstanden, Maik, aber ich kann dir darauf antworten. Ich habe vor der Wende viele, viele Jahre in Werkstätten, die wir dann aufgebaut haben, gearbeitet. Man kann das überhaupt nicht vergleichen und ich freue mich, dass es da einige andere Werkstätten vielleicht ge
geben hat, aber ich wüsste nicht, wo.
Noch einmal, lieber Kollege Nothnagel...
Ja, aber ich wohne hier in Thüringen und da hat sich ausgesprochen viel seit der Wende verändert.
Da kann ich Ihnen Geschichten erzählen, wie die Werkstätten ausgesehen haben, das würde jetzt entschieden zu weit gehen und darum, lieber Maik, ich gehe noch einmal auf das, was ich sagen wollte zurück. So abstrakt, wie es dort gesagt wurde, da würden wir gern mitgehen. Das allerdings zu verbinden mit der Forderung einer schrittweisen Schließung der Behindertenwerkstätten, das ist falsch und völlig an der Lebenswirklichkeit der Menschen mit Behinderungen vorbei, denn damit würde das Kind im wahrsten Sinne des Wortes im Bade ausgeschüttet. Aber Sie haben ja vorhin auch schon gesagt, dass es nicht so beabsichtigt war, sondern dass es da falsch rübergekommen ist.
Meine Damen und Herren, wir haben in der Antwort auf die Großen Anfrage der PDS zur Arbeit und Entlohnung nachlesen können, wie die Arbeitsmarktsituation Schwerbehinderter tatsächlich aussieht. Der Kollege Pilger betonte bereits, dass hier im Gegensatz zur Entspannung auf dem Arbeitsmarkt die Arbeitslosigkeit zunimmt. Ich bin immer dafür, dass die Integration von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensfeldern, also auch in der Arbeitswelt, Vorrang haben muss vor der Betreuung in spezifischen Einrichtungen, aber ich denke, das ist ein langfristiges Ziel. Es setzt die Veränderung vieler Rahmenbedingungen voraus und wir befinden uns dabei mit dem Gleichstellungsgesetz bestenfalls am Anfang. Selbst wenn wir das irgendwann als Regel erreichen sollten, wird es immer Ausnahmen geben. Ich sagte schon, dass ich in diesem Arbeitsfeld tätig war, und ich weiß, dass hier immer spezifische Angebote für schwer- und schwerstbehinderte Menschen benötigt werden. Das ist doch kein Widerspruch zum Ziel der Integration. Nein, ich denke, wir brauchen jetzt, aber auch in Zukunft Vielfalt, wenn es um die Angebote für behinderte Menschen geht. Dazu zählen unverzichtbar auch die Werkstätten und deshalb, lieber Kollege Nothnagel, ist es falsch, die bessere Integration in den ersten Arbeitsmarkt von Menschen mit Behinderungen zu verbinden mit einer
Fundamentalkritik an den Behindertenwerkstätten, denn so haben das viele Werkstätten verstanden.
Aus der eigenen Erfahrung auch aus früheren Zeiten, sage ich außerdem sehr deutlich, wenn ich Integration in den ersten Arbeitsmarkt verlange, dann will ich dafür Arbeits- und Betreuungsbedingungen, die den behinderten Menschen gerecht werden. Was ich damals in der DDR erlebt hatte, das hatte in den Betrieben, gerade gegenüber behinderten Menschen, oft wenig mit Förderung und mit Menschenwürde zu tun.