Rüdiger Sagel
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Last Statements
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir brauchen eine andere Energiepolitik. Es geht hier nicht um Wunschträume, es geht hier um konkrete Politik in Nordrhein-Westfalen. Wir brauchen auch eine andere Energiepolitik, weil wir in einem Zeitalter der endlichen Ressourcen leben. Wir erleben immer wieder, dass um Ressourcen sogar Kriege geführt werden, wie wir das im Moment in Afghanistan und auch im Irak erleben. Ich denke, es ist dringend notwendig, dass gerade Nordrhein-Westfalen als wichtigstes Industrieland in Deutschland mit deutlichen Schritten vorangeht.
Wir haben in unserem Wahlprogramm von der Linken sehr deutlich gemacht, wofür wir stehen, nämlich für eine Energiepolitik, die auf 100 % erneuerbare Energien perspektivisch setzt. Technisch – da sind sich viele einig – kann man das schon in rund zehn Jahren erreichen. Ich weiß, dass wir das mit Sicherheit nicht erreichen werden. Fakt ist aber, dass das, was die Landesregierung in NordrheinWestfalen macht, das genaue Gegenteil von der Politik ist, die eigentlich notwendig wäre. Wenn wir hier ein Drittel der CO2-Emissionen in Gesamtdeutschland mit 170 Millionen Tonnen im Jahr produzieren, dann zeigt das, wie dringend notwendig es ist, hier umzusteuern.
Wir brauchen ein massives Programm für Energieerneuerung statt neuer Kraftwerksbauten, wie wir das jetzt in Datteln erleben. Und wenn ich hier höre, dass Sie sogar neue Braunkohlekraftwerke bauen wollen, dann dreht sich mir nicht nur der Magen um, sondern man muss wirklich das Allerschlimmste befürchten. Denn das sind die größten Dreckschleudern in Europa; das wissen wir alle. Und wenn Sie das hier jetzt zur Programmatik erheben, dann kann ich nur sagen: Prost Mahlzeit! Das geht völlig in die falsche Richtung.
Wir brauchen auch massive Energieeinsparungen; auch das ist ein wichtiges Thema. Wir brauchen hier eine Politik, die die Bürgerinnen und Bürger mitnimmt. Wir brauchen eine Politik der Dezentralisierung der Energieversorgung und -erzeugung, und wir brauchen hier eine Politik, die auf die Stär
kung der kommunalen Stadtwerke setzt. Wir müssen wegkommen von den Monopolstrukturen, wie wir sie im Augenblick bei den großen Energiekonzernen E.ON und RWE erleben.
Wir erleben es hier ganz konkret. Ich habe Ihnen eine kurze Lagebeschreibung mitgebracht, wie wir das hier in Nordrhein-Westfalen real erleben.
Das ist die Politik. Auf allen Parteitagen erleben wir es …
… ganz konkret, dass E.ON und RWE hier bei den großen Parteien CDU und FDP werben, und wir …
Das ist die reale Situation hier in Nordrhein-Westfalen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist in der Tat mehr als fragwürdig und ein Skandal, was bei der Urananreicherungsanlage in Gronau abgelaufen ist.
Als Erstes hat man die nicht wirklich überraschende Stellungnahme des Betreibers gehört. Ich zitiere: „Es hat zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Bevölkerung bestanden.“ Das ist der übliche Sprech, den man bei solchen Atomunfällen immer wieder erlebt. Wir haben feststellen müssen: Die Realität sah etwas anders aus. Zum jetzigen Zeitpunkt müssen wir konstatieren, dass Urenco und Aufsichtsbehörde versagt haben. Das geht auch an die Landesregierung, das geht auch an die Wirtschaftsministerin und das geht an die, die Verantwortung für diesen Unfall tragen.
Wir erleben – und das schon seit Jahren –, dass die Atomdiskussion weitergeführt wird. Wir reden über längere Laufzeiten. Wir reden über einen Ausbau der Urananreicherung auch in Deutschland. Wir wissen selber, dass die UAA in Gronau wichtig für den Brennstoffkreislauf ist. Ohne die UAA können Atomkraftwerke nicht betrieben werden – und das hier in Nordrhein-Westfalen. Deswegen ist Nordrhein-Westfalen Atomland.
Das ist es auch wegen des Atommüllzwischenlagers in Ahaus. Denn das ist die große Problematik, die mit der ganzen Angelegenheit insgesamt verbunden ist. Wir haben nach wie vor völlig ungeklärte Verhältnisse, was mit dem hoch radioaktiven Müll auf Dauer passieren soll. Wir haben Skandale wie in der Asse erlebt. Wir haben nach wie vor kein Endlager. Wir betreiben hier eine Hochsicherheitstechnologie ohne eine Lösung. Wir müssen aber eine sichere Lösung für Tausende von Jahren finden.
Man muss sich auch wirtschaftspolitisch etwas intensiver mit der ganzen Angelegenheit befassen und fragen: Wer ist eigentlich der Betreiber dieser Anlage? – Die Urenco-Gruppe. Ein Drittel dieses Unternehmens ist in niederländischer Hand, ein Drittel in britischer Hand. Das verbleibende Drittel unterhalten RWE und E.ON.
Wenn man sich das genauer vor Augen führt, dann stellt man fest: Wieder sind die Energiemonopole, wieder sind die großen Stromgiganten für die Atomsicherheit in Deutschland verantwortlich zu machen. Gerade die beiden Konzerne E.ON und RWE stehen für einen Ausbau und für längere Laufzeiten von Atomkraftwerken. Sie fordern Laufzeitverlängerungen. Sie stehen auch dafür, dass Atommüll, Uranhexafluorid und anderes, nach Russland transportiert und dort unter freiem Himmel gelagert wird.
All das ist ein Skandal. All das ist etwas, was die Landesregierung eigentlich zum Thema machen müsste. Sie müsste dafür sorgen, dass so etwas nicht passiert und dass diese Anlagen endlich stillgelegt werden. Das fordert Die Linke. Wir fordern den schnellstmöglichsten Ausstieg aus der Atom
technologie, aus dem Betrieb von Atomkraftwerken. Wir fordern hier in Nordrhein-Westfalen den Ausstieg aus der Urananreicherung in Gronau. Wir fordern die Stilllegung der Anlage. Wir fordern: keine weiteren Atommülltransporte nach Ahaus! Wir fordern auch, dass keine Atommülltransporte in Nordrhein-Westfalen mehr stattfinden. Das sind klare Äußerungen.
Wir müssen allerdings konstatieren, dass auch SPD und Grüne immer wieder dafür gesorgt haben, dass Atomanlagen ausgebaut worden sind, was auch für die UAA in Gronau gilt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! CDU und FDP versuchen, sich über den Wahltermin am 9. Mai zu tricksen. Das kann ich hier für die Linke feststellen. Denn was steuerpolitisch auf uns zukommen wird, ist nach wie vor völlig unklar. Die marktradikalen Extremisten von der FDP wollen weiterhin Steuern senken, wie sie es schon für Hotelbesitzer getan haben; Stichwort: Mövenpick-Spende. Sie haben vor, auch in Nordrhein-Westfalen Klientelpolitik zu machen. Das ist die Politik, die Sie hier verfolgen. Die CDU hat keine klare Haltung und wackelt durch die Gegend.
Noch schlimmer ist die Situation in NordrheinWestfalen. Denn da haben Sie schon vieles gemacht, was in keinster Weise zu akzeptieren ist. Die Verfassungsgegner sitzen hier auf der Regierungsbank. Sie heißen Linssen und Wolf und sind von der CDU und der FDP.
Zwei verfassungswidrige Haushalte sind vom Verfassungsgerichtshof in Münster bestätigt worden. Zwei erfolgreiche Verfassungsklagen liefen gegen den Innenminister, Herrn Wolf. Das ist die reale Situation, und das sagt auch etwas über das Verfassungsverständnis von CDU und FDP hier in Nordrhein-Westfalen aus.
Die Finanzagenda 2010 geht mit einer brutalen Schuldenpolitik gegen die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen einher. Die soziale Benachteiligung wird größer. Es gibt eine wachsende Kluft zwischen Arm und Reich in Nordrhein-Westfalen. Auch das kann man ganz konkret im Armutsbericht der Landesregierung aus dem Jahre 2007 nachlesen. Es wird schwarz in Nordrhein-Westfalen – ganz schwarz, finsterste Nacht beim Haushalt 2010
und bei den Menschen im Land.
CDU und FDP haben seit 2005 ein finanzpolitisches Desaster angerichtet, das zu neuen Rekordschulden führt; Stichworte: Zinslasten und Milliardensubventionen in die WestLB. Mittlerweile hat man bei der WestLB einen Schutzschirm von 17 Milliarden € für die Zocker errichtet, die bei der Bank gearbeitet haben, die Milliarden verzockt und privat Millionen abgezockt haben. Doch es gibt nicht einmal Transparenz. Es gibt nur eine Mauer des Schweigens, und das haben wir hier fünf Jahre im Landtag von Nordrhein-Westfalen erlebt.
Es gibt auch keinen Schutzschirm für die Menschen in Nordrhein-Westfalen. Arbeitslose, Hartz-IVEmpfänger und -Empfängerinnen, Sozialhilfeempfänger und -empfängerinnen leiden unter dem, was Sie in Nordrhein-Westfalen veranstalten.
Dramatische Zustände erleben wir aktuell auch bei den Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Im Jahr 2010 gibt es eine Rekordneuverschuldung von weit über 7 Milliarden €, verbunden mit einem massiven Sozialabbau für die Bürgerinnen und Bürger. Das sind die Auswirkungen der Politik von CDU und FDP im Bund und der Privat-vor-Staat-Politik von CDU und FDP hier im Land.
Sie haben einen Kahlen Asten der Rekordgesamtverschuldung von 107 Milliarden € – das war Ihre Bilanz am 1. Juni 2005 – auf jetzt 130 Milliarden € angehäuft. Sie haben 23 Milliarden € neue Schulden gemacht. Das ist ein Schuldendienst von jährlich mehr als 5 Milliarden €. Auch das ist Ihre Bilanz in Nordrhein-Westfalen.
Wir fordern als Linke einen vollständigen Kurswechsel. Denn auch die Gewerbesteuerausfälle in Millionenhöhe in jeder einzelnen Kommune in NRW führen zu weiteren massiven sozialen Verwerfungen. Städte und Gemeinden in NRW beklagen bei den Kassenkrediten aktuell rund 18 Milliarden € Verschuldung, die rasch weiter steigt.
Der Koalitionsvertrag im Bund setzt die Umverteilung von unten nach oben fort.
Ich komme zum Schluss. – Vor allem Besserverdienende erhalten Steuergeschenke und werden entlastet. Die Städte und Gemeinden in NRW werden soziale und kulturelle Leistungen weiter kürzen müssen. Das ist die reale Situation.
Die Linke hat hier sehr konkrete Vorschläge gemacht: Wir fordern 1.000 neue Steuerprüferinnen und Steuerprüfer, damit die Betriebe überprüft werden. Das würde zusätzliche Steuereinnahmen von mehreren 100 Millionen bringen. Wir wollen eine Millionärssteuer. Wir wollen eine Börsentransaktionssteuer. Das sind alles Forderungen, die wir nach dem 9. Mai hoffentlich konkret durchsetzen werden, wenn wir hier als Fraktion Die Linke im Landtag sitzen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Groth, ich kann mich Ihren Ausführungen nur anschließen. Diese Politik gegen die Kommunen und gegen die Länder soll sogar noch weiter fortgesetzt werden.
Heute lesen wir in der „Frankfurter Rundschau“ – ich zitiere aus dem Pressespiegel des Landtages –:
Bescherung noch vor Muttertag – Koalition bereitet geteilte Steuerreform vor – Trotz offizieller Dementis bereitet die Koalition intern ein abgespecktes Steuerreformkonzept vor, das noch vor der Nordrhein-Westfalen-Wahl am 9. Mai präsentiert werden soll.
Genau das ist der nächste Schritt, um die Kommunen und die Länder noch schlechter zu stellen.
Noch interessanter ist die Begründung. Ich zitiere sie auch aus diesem Artikel in der „Frankfurter Rundschau“, den Sie auf Seite 36 im Pressespiegel finden:
„Wir sind bei den Wählern so in Verschiss, da kommen wir nur durch Taten heraus“, sagte ein Koalitionär.
Das sagt alles über Ihre Politik, die Sie hier machen. Das sind reine Wahlkampfmachenschaften, die Sie hier an den Tag legen. Sie wollen hier weiter – da ist die FDP ganz vorne als Mövenpick-Partei – Klientelpolitik betreiben. Sie betreiben in Berlin weiterhin eine Politik gegen die Kommunen und gegen das Land Nordrhein-Westfalen. Das ist das Konkrete, was Sie hier machen.
Am 9. Februar 2010 stellte das Bundesverfassungsgericht in höchster Instanz eine ebenso langjährige wie massive Verletzung der Menschenrechte in Deutschland fest. Es folgte in seiner Entscheidung den gerichtlichen Vorinstanzen und entschied juristisch abschließend, dass die seit Januar 2005 geltenden Vorschriften des SGB II, welche die Regelleistung für Erwachsene und Kinder betreffen, nicht den verfassungsrechtlichen Grundlagen auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz – die Würde des Menschen ist unverletzlich – in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz – Sozialstaatsprinzip der Verfassung – entsprechen.
Die nach dieser Entscheidung entfachte Diskussion von Vertretern derjenigen Parteien, welche die Hartz-IV-Gesetze eingeführt und seitdem immer wieder politisch verteidigt haben – das sind alle, die hier im Raume sitzen, nämlich SPD, Grüne, CDU und FDP –, ging auf diesen vom Bundesverfassungsgericht konstatierten gravierenden Umstand mit keinem einzigen Wort ein.
Stattdessen wurde von führenden Repräsentanten der gegenwärtigen CDU/FDP-Regierung im Bund wie in Nordrhein-Westfalen eine öffentliche Debat
te über die Hartz-IV-Gesetze in Gang gesetzt. Doch anstatt, wie es nach dem Karlsruher Urteil angemessen gewesen wäre, sich bei den Opfern langjähriger menschenrechtswidriger Gewalt in der Bundesrepublik zu entschuldigen, die Leidtragenden für erlittenes Unrecht zu entschädigen und die geltende Sozialgesetzgebung unverzüglich zu ändern, wurde den Opfern mit Hohn und Hetze begegnet.
Die dabei verwendeten Begrifflichkeiten wie „spätrömische Dekadenz“ von Guido Westerwelle, „Arbeitsverweigerer“ von Andreas Pinkwart – beide FDP – und sprachlichen Wendungen wie „problematische Tendenz zu einer übertriebenen Einzelfallbetrachtung“ von Minister Thomas de Maizière ließen das Kalkül deutlich werden, die Leidtragenden
einer jahrzehntelang verfehlten Wirtschafts-, Steuer- und Arbeitsmarktpolitik zu vermeintlichen Ausbeutern
des Sozialstaates zu verkehren.
Bitte schön?
Genau. Darüber stimmen wir gleich hier ab.
Der vom FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle initiierten Debatte um verschärfte Repressionen hat sich mittlerweile auch die Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD, Hannelore Kraft, angeschlossen.
So forderte Hannelore Kraft, Langzeitarbeitslose zu gemeinnütziger Arbeit heranzuziehen und ihre Arbeitsleistung allein symbolisch zu honorieren. Diese Forderung wurde in Übereinstimmung mit der SPD-Führung in Person des aktuellen SPDVorsitzenden Sigmar Gabriel sowie seines Amtsvorgängers Franz Müntefering als sozialpolitische Integrationsmaßnahme für nicht mehr auf den ersten Arbeitsmarkt Vermittelbare dargestellt.
Doch auch Langzeitarbeitlose haben ein Recht auf gute Arbeit. Auch sie stehen unter dem Schutz des Grundgesetzes. Der von Bundesaußenminister Guido Westerwelle initiierten Diskussion und seiner und Krafts Forderung nach einem Arbeitsdienst für Langzeitarbeitslose steht weiterhin das Grundgesetz gegenüber, das prinzipiell die Würde jedes Menschen, das Prinzip sozialstaatlichen
Handels sowie das Verbot von staatlicher Zwangsarbeit verteidigt.
Deswegen habe ich hier mehrere Punkte zur Abstimmung gestellt. Ich hoffe, dass Sie sich vielleicht eines Besseren besinnen und diesen Punkten zustimmen. Das werden Sie vermutlich nicht tun. – Ich danke.
Herr Minister Laumann, Sie sollten erst einmal Ihre braune Vergangenheit in diesem Landtag aufarbeiten, bevor Sie solche Reden halten.
Es ist wirklich unglaublich, dass über 40 Abgeordnete hier im Landtag gesessen haben, bei denen vom Landtagspräsidium immer noch veröffentlicht wird, dass sie bei der NSDAP waren, dass Sie in einer Partei sind, die diese Vergangenheit nicht aufgearbeitet hat, und dass Sie selber die Blockflötenparteien im Osten problemlos in Ihre Partei integriert haben. Das ist Ihre Politik. – Das an dieser Stelle dazu.
Ich komme zum Thema. Da sind wir nämlich bei der FDP, bei den Extremisten von der FDP. Lang ist es her, dass Franz-Josef Strauß über die Liberalen als Linkspartei – man beachte das Wort Linkspartei – hergezogen ist. Das war 1976 zur Zeit der sozialliberalen Koalition.
Die heutige FDP ist vom sozialliberalen Gedankengut meilenweit entfernt. Sie ist marktradikal, extremistisch und damit im Kern als verfassungsfeindlich einzuschätzen.
Diese Partei missachtet prinzipiell das Sozialstaatsgebot des Artikel 20 Grundgesetz und verletzt damit jeden Tag im Kern Artikel 1 des Grundgesetzes, der die Würde des Menschen als oberstes Gut durch die Verfassung schützt.
So ist es unter anderem auch durch das Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 zur Berechnung der Hartz-IVRegelsätze festgestellt worden, einer massiven und langjährigen Menschenrechtsverletzung in Deutschland, zu deren vorrangigen geistigen Urhebern auch die FDP gehört. Doch selbst vor dieser deutlichen Warnung des höchsten deutschen Verfassungsgerichts hat sich die FDP nicht auf den Boden der Verfassung zurückholen lassen, wie die maßgeblich von ihrem Bundesvorsitzenden, Guido Westerwelle, inszenierte Debatte über angebliche spätrömische Dekadenz der Ärmsten unter den Armen in Deutschland zeigt.
Was Sie völlig vergessen haben, ist: Bei den Spätrömern war es so, dass dies eine Dekadenz der Eliten war. Und genau für diese Dekadenz der Eliten stehen Sie auch hier. Ich nenne als Stichworte nur Mövenpick-Partei, Millionen-Spenden, Senkung der Mehrwertsteuer. Das ist Ihre Politik, Klientelpolitik bis zum Abwinken. Den Leuten steht es bis hier.
In dieser Debatte wurde auch deutlich, dass die FDP weiterhin mit dem Artikel 14 Grundgesetz offensichtlich nicht klarkommt, nämlich: Eigentum verpflichtet. Anders ist es nicht zu erklären, dass die FDP Steuersenkungen für Vermögende und Spitzenverdiener ohne jeden Blick für die Realitäten und verfassungsrechtlichen Gebote verlangt. Wir haben heute schon mehrfach gehört, wie die Situation ist. Sie wollen neue Steuersenkungen noch vor dem Wahltag am 9. Mai, damit Sie Ihre Chancen verbessern. Das ist die Politik, die Sie hier machen – gegen das Land NordrheinWestfalen, gegen die Kommunen in NordrheinWestfalen.
Sie verlangen, um jeden Preis eine Kopfpauschale einzuführen, bei der jedes Prinzip Bismarck’scher Sozialgesetzgebung ins Gegenteil verkehrt werden soll. Dass breitere Schulte mehr tragen können, gilt schon seit Bismarck. Aber das haben Sie mittlerweile längst vergessen und machen hier einen Manchester-Liberalismus – man könnte auch sagen: Kapitalismus –, für den Sie hier stehen und der wirklich hanebüchen ist.
Ich habe sehr deutlich gemacht, wie verfassungsfeindlich auch die FDP hier ist.
Sie haben mehrfach mit Ihrem Innenminister Herrn Wolf vor dem Verfassungsgerichtsgerichtshof verloren.
Sie haben vor dem Bundesverfassungsgerichtshof eine Klage verloren. Sie haben zweimal vor dem Gerichtshof in Münster Verfassungsklagen verloren. Das ist die Realität der FDP in Nordrhein-Westfalen.
Sie sind Extremisten. Das hat im Übrigen auch der „Spiegel“ in seiner Ausgabe vom 28.02.2010 festgestellt. Mit dieser Meinung bin ich nicht alleine. Ich bin in guter Gesellschaft. Auch die Redaktion des „Spiegel“ hat dies in Ihrem Artikel so beschrieben.
Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Der Sommer kommt, die Sommer geht – und das ist auch gut so. Man kann wirklich schon mit Ungeduld auf den 9. Mai warten, damit das endlich passiert. Wenn man sieht, was Sie in der Bildungspolitik in Nordrhein-Westfalen veranstalten, muss man sagen: Sie haben sich in Ihrem Raumschiff wirklich sehr weit von den Bildungsrealitäten in Nordrhein-Westfalen entfernt. Ich kann nur feststellen: Wir haben fast in allen Bundesländern mittlerweile eine Schule für alle. Sie spielen hier weiter die „Bildungs-Taliban“. Das ist die Realität in Nordrhein-Westfalen.
Ich möchte Ihnen einiges aus dem roten Buch für eine gerechtere und sozialere Politik in NordrheinWestfalen vorlesen, wie wir als Linke uns eine vernünftige Schulpolitik in Nordrhein-Westfalen vorstellen.
Wir wollen eine Schule für alle von der ersten bis zur zehnten Klasse in Ganztagsform. Dies ist eine Schule, die alle Schulformen, auch Förderschulen und Gymnasien, einbezieht. Ein zweigliedriges Schulsystem, wie es in anderen Bundesländern umgesetzt wird, dient nur der Rettung des Gymnasiums. Deshalb lehnen wir das entschieden ab. Eine Schule für alle – so muss das heißen – orientiert sich an den individuellen Lernbedürfnissen einzelner Schülerinnen und Schüler. Sie ist integrativ. Das heißt, Kinder mit und ohne Behinderung lernen gemeinsam, barrierefrei und sozial. Diese Schule ist jahrgangsübergreifend, fördert und kennt keine Ziffernnoten. Sie fördert das soziale Miteinander und den Spaß am Lernen.
Das alles haben Sie von CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen immer noch nicht begriffen.
Grundschulen sollten wie in vielen europäischen Nachbarländern – Sie sollten sich ein Beispiel daran nehmen, was an Gutem etwa in Finnland oder in anderen nördlichen Ländern passiert – als Ganztagsschulen konzipiert werden. Die Landesregierung stellt die Ganztagsangebote zurzeit vorwiegend als Betreuungsangebote für berufstätige Eltern dar. Das ist grundsätzlich falsch.
Kinder sind lernbegierig, wie alle Lernforscherinnen und Lernforscher einhellig feststellen. Es kann nicht allein den Eltern aufgetragen werden, Kindern all die Bildungs-, Bewegungs- und Kulturangebote zu machen, die zu einer umfassenden Persönlichkeitsentwicklung beitragen. Daher muss die Grundschule zu einem ganztägigen Lernraum ausgebaut werden, in dem qualifiziertes Personal den Bildungsauftrag erfüllt. Das gemeinsame Lernen in einer Schule darf aber nicht mit dem zehnten Lebensjahr enden.
Die PISA-Studien zeigen eindeutig, dass unser mehrgliedriges Schulsystem im internationalen Vergleich schlecht abschneidet. Es führt zu schlechten Abschlüssen und ist sozial stark selektiv. Aber das ist ja genau das, was Sie wollen: Sie wollen die soziale Selektion. Das ist Ihre Politik, die Sie hier in Nordrhein-Westfalen betreiben. Was Sie jetzt hier veranstalten, ist im Grunde Klassenkampf. Wir haben es ja gerade schon von Ihren Vertreterinnen gehört, die ihre Reden zum Besten gegeben haben.
In erschreckend hohem Maße sind in NRW insbesondere Kinder aus verarmten Schichten und Kinder mit Migrationshintergrund betroffen. Für ein Viertel dieser Kinder schafft das NRW-Schulsystem nicht die notwendigen Startbedingungen für den Einstieg in das Berufs- und Erwachsenenleben. Sie werden aufgegeben.
Statt Sitzenbleiben und Bewertungen über Kopfnoten sollten Schülerinnen und Schüler ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten entsprechend gefördert werden, damit niemand ohne Schulabschluss die Schule verlässt.
Die schwarz-gelbe Landesregierung hält trotz aller wissenschaftlichen Erkenntnisse am gegliederten Schulsystem fest, behindert sogar die Gründung neuer Gesamtschulen. Frau Kastner, ich erinnere mich noch sehr gut an das, was Sie in Münster vor 15 Jahren veranstaltet haben. Das war eine Katastrophe. Die Menschen in Münster sind noch heute stinksauer auf das, was die CDU damals veranstaltet hat.
Deswegen: Wir brauchen eine Schule für alle. Wir brauchen endlich eine andere Bildungspolitik in Nordrhein-Westfalen. Am 9. Mai wird auch darüber eine Entscheidung gefällt. Ich denke, die richtige wird fallen. Wir werden hier nach dem 9. Mai eine Schule für alle bekommen.
Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Wir werden die Abzocke bei den Studierenden nach dem 9. Mai beenden. Das kann ich Ihnen hier garantieren. Das wird der erste Antrag der Linken-Fraktion im Landtag NordrheinWestfalen sein. Zum jetzigen Zeitpunkt – muss ich ehrlich sagen – macht solch ein Antrag relativ wenig Sinn; denn es gibt natürlich keine Mehrheit dafür.
Wir haben aber auch noch – das muss man so deutlich sagen – gewisse Zweifel, wie es da mit der Ernsthaftigkeit bei SPD und Grünen tatsächlich bestellt ist. Denn zum Beispiel die SPD in Münster hat gerade gemeinsam mit der CDU eine Zweitwohnsitzsteuer für Studierende eingeführt. Die SPD zockt also gemeinsam mit der CDU die Studierenden in Münster ab.
Das weckt natürlich immer wieder Zweifel an solchen Vorhaben. Die Grünen wollen ja nun auch unbedingt mit der CDU regieren. Also: Da gibt es schon noch gewisse Zweifel.
Hier wird immer versprochen: SPD und Grüne schaffen das ab. – Fakt ist aber: In Hessen hat es nicht mit SPD und Grünen geklappt, sondern dadurch, dass auch die Linke im Landtag ist. Das war die erste Maßnahme, die auch gleich funktioniert hat. Von daher kann ich nur sagen: Ohne die Linke wird es vermutlich nicht gehen. Deswegen möge man sich das noch ein vor Augen führen.
Studiengebühren sind unsozial; das ist überhaupt keine Frage. Söhne und Töchter aus sozial schwachem Umfeld können sie sich nicht leisten. Die Studiengebühren führen zu weniger Bildung in NRW, und zwar durch Arbeit neben dem Studium. Jeder vierte Studierende bricht ab, ein Großteil davon aus finanziellen Gründen. Jeder dritte Studierende denkt wegen Geldmangels an Abbruch. 69 % der Abiturienten machen sich Sorgen über die Finanzierung des Studiums. Nur 44 % der Abiturienten ohne reiche Eltern treten ein Studium an. Trotz erhöhter Anmeldezahlen sinken die Studierendenzahlen, weil so viele abbrechen. Der prozentuale Anteil der Studienanfänger bei den Abiturienten ist zurückgegangen. Lediglich 2 bis 4 % der Studierenden fällt die Finanzierung des Studiums leicht.
Das sind die realen Zahlen, die wir in NordrheinWestfalen vorfinden. Deswegen kann ich nur an Sie appellieren, hier eine andere Politik, nämlich ohne Studiengebühren, zu machen.
Darüber hinaus geht es auch noch darum, Studierende stärker zu fördern. Die Studierenden in Münster sagen zum Beispiel klipp und klar: Gefördert wird, wer Rendite bringt. – Das ist die aktuelle Förderpolitik dieser Koalition. Die Studierenden schreiben: Seit dem Wintersemester 2009/2010 vergibt das Land NRW Geld für Stipendien an Hochschulen, wenn diese die gleiche Summe an Geld von Wirtschaftsunternehmen erbetteln. Wer ein Stipendium bekommen kann, darf die Wirtschaft größtenteils selbst bestimmen. Sie erhält somit erheblichen Einfluss an den Hochschulen. Wer dann letztlich gefördert wird, wird allein aufgrund von Leistung entschieden, völlig unabhängig davon, wer Geld braucht und wer nicht. Wir fordern – so sagen es die Studierenden in Münster – stattdessen eine bedarfsorientierte Studienfinanzierung für alle, keine selektive Elitenförderung, kein Diktat der Wirtschaft an den Hochschulen.
Das ist auch etwas, was konkret passieren muss. Wir brauchen eine Förderung und keine Abzocke bei den Studierenden.
Herr Minister, Sie sind ja da, der Ministerpräsident ist nicht da. Ich überreiche Ihnen das, was mir vom AStA in Münster gegeben worden ist.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste im Hause! Die Not scheint groß bei CDU und FDP. Das ist natürlich nicht wirklich verwunderlich angesichts der dramatisch sinkenden Wahlumfragen, insbesondere für die FDP, aber auch die CDU. Da sieht es nicht viel besser aus.
Offensichtlich müssen sich hier einige das Recht auf Rausch herausnehmen und an sich selbst berauschen. Das ist anscheinend bei Ihnen jetzt notwendig. Bei uns im Wahlprogramm werden Sie es jedenfalls nicht finden, wie vieles andere auch nicht, das Sie gerade erwähnt haben. Zum Beispiel steht auch das Wort „Verstaatlichung“ nicht in unserem Wahlprogramm. Ich weiß gar nicht, was Sie hier für einen Unsinn erzählen.
Aber – das will ich auch so deutlich sagen, weil hier gerade vom Fraktionsvorsitzenden der CDU das Wort „unanständig“ gefallen ist –:
Unanständig, Herr Stahl, ist die käufliche Politik, die wir hier bei CDU und FDP erleben.
Das ist unanständig. Die Menschen im Land sind von dieser Politik angewidert und wenden sich deshalb auch in Scharen von Ihnen ab, weil Sie genau für diese Politik stehen.
Herr Stahl – hören Sie genau zu! –, wenn hier jemand in Westdeutschland mit Extremisten regiert hat, dann ist es die CDU, nämlich mit den Extremisten der Schill-Partei. Alles schon vergessen? In Hamburg haben Sie mit diesen Extremisten von der Schill-Partei regiert.
Im Übrigen – das will ich auch so deutlich sagen – regieren Sie jetzt mit den Extremisten der FDP. Das ist nicht nur meine Meinung.
Hören Sie doch zu! – Der „Spiegel“, das sehr bekannte deutsche Nachrichtenmagazin, widmet in seiner Ausgabe vom 18. Februar 2010 unter der Überschrift „Extremisten“ der FDP sogar einen ganzen Artikel. Das vielleicht zur Klarstellung.
Wenn wir uns die Realität hier ansehen, kann ich nur sagen: Sie sind in der Tat extremistisch. Wir haben hier ein verfassungswidriges Verhalten, das wir wiederholt bei der FDP, beim Innenminister – der Wolf im Schafspelz, hier sitzt er – erlebt haben. Online-Durchsuchung: grundgesetzwidrig, Tricksereien beim Kommunalwahltermin: verfassungswid
rig, festgestellt beim Oberverfassungsgerichtshof in Münster. Das ist Ihre Politik.
Sie lassen mich hier als Abgeordneten vom Verfassungsschutz überwachen. Das ist grundgesetzwidrig. Das widerspricht dem Abgeordnetengesetz. Das ist die Politik, die Sie hier machen. Was ist da so anders als bei den Stasimethoden, die Sie immer wieder in den Raum stellen,
wenn Sie einen Abgeordneten verfassungswidrig überwachen lassen? Das müssen Sie mal erklären.
Dann erinnere ich Sie noch – ich habe nicht mehr viel Redezeit – an das vergessene braune Erbe. Sechs Fraktionsvorsitzende nach dem Krieg in Serie haben verschwiegen, dass sie bei den Nazis waren. 25 CDU-Abgeordnete haben ihre Nazivergangenheit nicht aufgearbeitet. Auch das für Sie zur Erinnerung!
Sie sollten Sie sich mal darum kümmern, dass Sie Ihre Nazivergangenheit aufarbeiten und da tatsächlich Klarstellung betreiben.
Als Letztes noch: „Privat vor Staat“ ist Ihre Politik. Die FDP wird erst irgendwann zufrieden sein, wenn der Staat abgeschafft ist.
Dafür steht diese extreme marktradikale Partei.
So viel zur Situation in Nordrhein-Westfalen. Wir werden einen spannenden Wahlkampf erleben.
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Sehr geehrte Gäste! Ihre Worte hörte ich wohl, doch an Ihren Taten müssen Sie sich messen lassen. – Wenn ich mir die Situation angucke und einbeziehe, was Sie von CDU und FDP gesagt haben, dann ist zunächst einmal festzustellen, dass es den Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen, aber auch in Deutschland insgesamt noch nie so schlecht ging wie jetzt unter der schwarz-gelben Regierung.
Das ist die reale Situation, in der sich auch die Kommunen hier in Nordrhein-Westfalen ganz konkret befinden. Wir erleben jetzt, dass sie aufgrund der völlig verfehlten Steuer- und Finanzpolitik, die Sie hier in Deutschland machen, zu massivsten Sparhaushalten gezwungen sind.
Die Umverteilung von unten nach oben muss endlich gestoppt werden. Wir brauchen soziale, ökologische und gerechte Politik. Das machen Sie nicht. Sie lassen die Kommunen – das haben wir auch in mehreren Anhörungen hier im Landtag erlebt – im Regen stehen.
Diese sind in einer absolut katastrophalen Situation. Die bereits heute hohe kommunale Verschuldung steigt mit der Wirtschaftskrise in zuvor ungekannte Ausmaße. Nicht zuletzt Sie haben mit dem sogenannten Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das ein Schuldenbeschleunigungsgesetz und ein Sozialabbaugesetz ist, dazu beigetragen. Durch dieses Gesetz sollen der Bund mit 4,63 Milliarden €, die Länder mit 2,2 Milliarden € und die Kommunen mit 1,57 Milliarden € belastet werden. Das ist die reale Auswirkung, die wir hier wahrnehmen.
Wir erleben, dass in den Kommunen soziale Einrichtungen geschlossen werden müssen, dass kulturelle Einrichtungen geschlossen werden, dass Schwimmbäder mehr geöffnet werden können. All das sind Auswirkungen Ihrer völlig verfehlten Steuer- und Finanzpolitik. Die FDP schreit im Bund sogar noch nach weiteren Steuersenkungen, die sich weiter katastrophal auf die Kommunen auswirken würden.
Insbesondere die Gewerbesteuereinbußen in Höhe von 1,8 Milliarden € infolge der konjunkturellen Lage sind ein Riesenproblem. CDU und FDP haben durch ihre Politik diese Lage allerdings noch maßgeblich verschärft. Bei Antritt Ihrer Koalition in NRW hatten die Kommunen zum Beispiel noch 10,2 Milliarden € Kassenkredite; mittlerweile sind es rund 18 Milliarden €. Das ist ein unglaublicher An
stieg. Das macht, glaube ich, deutlich, wie massiv Sie die kommunale Finanzsituation in NordrheinWestfalen verschlechtert haben.
Sie haben den Kommunen auch vieles aufgehalst: bei Krankenhausinvestitionen, bei Schülerbeförderungsmitteln, bei der Weiterbildung usw. Sie haben ihnen das KiBiz übergestülpt, was zu massiven Problemen in den Kommunen hier in NordrheinWestfalen führt.
All das sind katastrophale Auswirkungen Ihrer Politik. Wie gesagt: Eine weitere Steuersenkungspolitik ginge völlig an der Realität vorbei.
Ich habe einen sehr ausführlichen Antrag vorgelegt, insgesamt sechs Seiten, mit einem Maßnahmenprogramm, das dringend notwendig wäre und das in den Bundesrat eingebracht werden müsste, um entsprechende Änderungen zu erreichen.
Sie werden am 9. Mai hoffentlich die Quittung für Ihre völlig verfehlte Steuer- und Finanzpolitik in Nordrhein-Westfalen bekommen. Die Linke hat hier klare Alternativen aufgezeigt, hat sich sehr deutlich dafür eingesetzt, dass eine andere Steuerpolitik gemacht wird, dass in Deutschland endlich wieder Steuergerechtigkeit einzieht, dass zum Beispiel die Reichen ihre Gelder in Zukunft nicht mehr auf Schweizer Konten bringen können, dass in Nordrhein-Westfalen wieder mehr Steuerprüfer und Steuerprüferinnen eingestellt werden, die endlich auch die Unternehmen steuerlich gerecht beurteilen, damit sie nicht mehr nur alle fünf bis zwanzig Jahre überprüft werden.
Das sind alles konkrete Vorschläge. Ich denke, dass wir hier einen sehr guten Maßnahmenkatalog vonseiten der Linken vorgelegt haben.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben in den letzten Wochen eine große öffentliche Debatte über die Käuflichkeit von Politik erlebt. Von den Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen ist eine Aktuelle Stunde zu der Thematik „Wann legt der Ministerpräsident alle Sponsoren offen?“ beantragt worden, die wir auf Platz 2 der heutigen Tagesordnung finden.
Es ist bekanntermaßen nicht möglich, Anträge zu einer Aktuellen Stunde zu stellen. Ich selber hatte fristgerecht einen Antrag vorgelegt, der unter Punkt 14 der Tagesordnung aufgeführt ist und den Titel trägt: „Politik darf nicht käuflich sein: Verbot von offener und verdeckter Einflussnahme von Konzernen und Lobbyisten“. Da es aus meiner Sicht dringend notwendig ist, nicht nur grundsätzlich über diese Thematik zu diskutieren, wie dies in der Aktuellen Stunde vorgesehen ist, sondern auch zu erörtern, welche Konsequenzen sich daraus ergeben, bitte ich darum, meinen Antrag von Platz 14 der Tagesordnung auf Platz 3 der Tagesordnung vorzuziehen, damit man die ganze Angelegenheit im Kontext diskutieren kann. Wie gesagt: Es ergeben sich aus dem, was wir hier erörtern, zwangsläufig Konsequenzen. Ich bitte Sie, meinem Anliegen zu folgen. – Danke schön.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Zurufe, die man sich auf dem Weg nach vorne anhören muss, sind wirklich unsäglich.
Das Ganze, was wir heute im Parlament erleben, ist ein Schauspiel, der politischen Kultur in unserem Land unwürdig. Die Menschen im Land sind zunehmend angewidert von dem, was sie hier erleben, was Sie hier heute von sich gegeben haben. Das sollten Sie sich alle mal klarmachen. Denn eines ist klar: Statt hier herumzuschreien, sollten Sie alle sich Ihre eigene Praxis in den Parteien mal genauer ansehen. Das wäre in der Sache vielleicht sehr hilfreich.
Die Menschen sind wirklich zunehmend angewidert. Denn eines ist auch klar: Der Einzige, der hier heute einen Antrag gestellt hat, um Konsequenzen aus den ganzen Vorfällen zu ziehen, bin ich, das ist die Linke. Sie haben keinen Antrag gestellt. Sie skandalisieren, Sie schreien hier herum. Das ist das, was Sie machen. Sie haben keinen konkreten Antrag gestellt.
Ich lese ein paar Punkte aus dem Änderungsantrag vor, den ich hier eingebracht habe:
1. Politik in Bund und Land darf nicht käuflich sein.
2. Die Landesregierung wird aufgefordert, sich über den Bundesrat für eine Änderung des gegenwärtigen Parteienfinanzierungsgesetzes einzusetzen.
3. In einer Novellierung des Parteienfinanzierungsgesetzes sind Spenden von Unternehmen an Parteien und parteinahe Stiftungen grundsätzlich zu untersagen. Gleichermaßen muss das Sponsoring von Parteitagen durch Unternehmen nach dem Parteienfinanzierungsgesetz untersagt sein.
4. Die Entlohnung von Tätigkeiten von Abgeordneten in privatwirtschaftlichen Unternehmen und ihren Organen sind durch das Abgeordnetengesetz NRW eindeutig zu verbieten.
Das sind Konsequenzen. Von Ihnen hat man hier nichts gehört.
Es ist eine politische Farce, was Sie hier heute veranstalten. Der 9. Mai lässt grüßen. Ja, so ist es.
Man muss auch feststellen: Alle Parteien außer der Linken haben sich bei Sponsoren angeboten. Das ist die Realität, das haben Sie sich hier gerade gegenseitig vorgeworfen.
Die Realität ist aber auch: Es besteht weiterhin massiver Aufklärungsbedarf im Parlament. Herr Rüttgers, es ist Ihnen in der Tat nicht zu glauben – denn Sie sind immerhin auch noch CDU-Landesvorsitzender –, dass Sie, wie Sie hier behaupten, von diesen ganzen Vorfällen nichts gewusst haben. Die Leute im Land sind angewidert, und die Leute im Land glauben Ihnen auch nicht. Die glauben aber auch allen anderen Parteien nicht; denn das, was Sie hier heute aufgeführt wird, ist wirklich ein großes Schauspiel.
Die Behauptung der CDU im Hauptausschuss – ich war in der Sitzung dabei, konnte aber nichts dazu sagen, weil ich im Hauptausschuss kein Rederecht habe –, zwar sei Herr Rüttgers in Sponsorenpaketen angeboten worden, aber niemand habe sich dafür interessiert und niemand habe das angenommen, ist völlig unglaubwürdig.
Es war nicht nur ein unmoralisches Angebot, wie sich der neue Generalsekretär der CDU geäußert hat, vielmehr zeigt sich bei diesem bereits zugegebenen Versuch sehr deutlich, wie verkommen die Praxis der CDU hier in Nordrhein-Westfalen tatsächlich ist und dass die Käuflichkeit von Politik bei Ihnen mittlerweile offensichtlich als üblicher Standard gilt. Das ist wirklich erschreckend.
Wir als Linke sagen und zeigen auch sehr deutlich, dass es auf Parteitagen auch ohne Sponsoren geht.
Herr Hegemann, Sie sollten sehr ruhig sein, gerade Sie, Herr Hegemann, denn Sie haben diese Praxis vor Kurzem noch im WDR verteidigt und behauptet, Parteitage könne man ohne Sponsoren überhaupt nicht mehr machen. Es ist schon sehr abenteuerlich, was Sie hier von sich geben. Denn wir machen auch große Parteitage ohne Sponsoren und ohne dafür bezahlt zu werden. Das ist die Realität.
Ich stelle fest: Die CDU hat jahrelang Konzernlobbyisten gegen Geld
zahlungen die Türen geöffnet. Das ist die reale Situation. Es besteht weiterhin Aufklärungsbedarf, auch zu dem, was kürzlich noch im Hauptausschuss deutlich geworden ist. Ich bin sehr gespannt, wie das Ganze weitergeht.
Meine Meinung haben Sie gehört. Die Linke hat dazu als einzige Partei in diesem Landtag und als einzige Partei in diesem Land eine eindeutige Position. Ich warte noch auf Ihre konkreten Folgen und Ihre konkreten Anträge. Wie gesagt: Mein Antrag ist der einzige, der heute hier behandelt wird.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, wie uns die Atomkraftbefürworter der CDU und FDP ihre „strahlende“ Zukunft beschreiben. Es ist sehr erstaunlich, dass Sie mittlerweile wieder im Vormarsch sind; denn wir haben vor Jahren einmal geglaubt, das Thema Atomkraft sei in Deutschland endgültig erledigt. Jetzt haben wir eine Debatte über die Verlängerung von Restlaufzeiten und über vieles andere, was mit dem Thema Atomkraft zusammenhängt.
Was ich heute überhaupt nicht gehört habe, ist, dass man sich einmal kritisch mit den Atomkraftbetreibern auseinandersetzt, die in Monopolstrukturen, die wir nach wie vor in der Energiewirtschaft haben, die ganze Strompreispolitik mit Strompreisdiktaten, die in dem Zusammenhang stehen, steuern. Das sind Themen, die in diese Debatte hineingehören; denn Atomkraft ist nach wie vor keine billige Technologie, sondern eine hochgefährliche und vor allem auch teure Technologie. Die langfristigen Auswirkungen und Folgekosten in Bezug auf die Atommülllagerung werden nach wie vor in keiner Weise beachtet und nicht tatsächlich einmal bis zum Jüngsten Tag ausgerechnet. Wir haben für Tausende von Jahren die strahlende Zukunft.
Wir haben von Ihnen auch nichts darüber gehört, wie ein anderes Energiekonzept aussehen könnte oder müsste. Wir haben von Ihnen, vor allen Dingen von der CDU, nur mit erschreckender Offenheit – das muss ich hier sehr deutlich machen – gehört, dass Sie eine Verlängerung der Laufzeiten
von Atomkraftwerken und neue Kohlekraftwerke wollen. Das ist Ihre Technologie für den Umweltschutz, Ihre Energiewirtschaft in NordrheinWestfalen.
Ich bin sehr gespannt darauf, was wir nach der Wahl am 9. Mai erleben werden, wie die Grünen dann, die sich jetzt der CDU als möglicher Koalitionspartner anbiedern, tatsächlich zu einer vernünftigen und zukunftsweisenden Energiepolitik kommen wollen. Herr Priggen, ich wünsche Ihnen viel Spaß bei den Koalitionsgesprächen. Das werde ich mir mit Vergnügen anschauen. Ich kann nur sagen: Wir erleben hier eine ganz klare und knallharte Renaissancepolitik.
Grüne und SPD haben in ihrem Antrag aber auch deutlich gemacht, dass sie nicht mehr ganz so viel Ahnung von Atomkraft haben, wenn es heißt: „Es bleibt dabei: Nordrhein-Westfalen bleibt atomkraftfrei!“ Fakt ist aber: Wir haben natürlich Atomanlagen in Nordrhein-Westfalen, nämlich die Urananreicherungsanlage in Gronau. Ich habe jahrelang mit Jürgen Trittin darüber gestritten, sie auch in den Atomausstiegsbeschluss aufzunehmen. Denn sie ist als Brennstofflieferant im Kreislauf für den Betrieb der Atomkraftwerke wichtig. Das haben Sie mit keinem Wort erwähnt, genauso wenig wie das Atommüllzwischenlager in Ahaus.
Der Atomausstieg hat nicht funktioniert. Das ist leider das Ergebnis. Die Grünen haben zwar mit der SPD zusammen etwas beschlossen, aber es ist kaum etwas passiert. Es sind auch weiterhin Atomanlagen in Nordrhein-Westfalen in Betrieb. Die Atomkraftwerke in Deutschland laufen weitestgehend noch, sodass die Debatte über längere Laufzeiten wieder eröffnet wird. Das ist die reale Situation. Vor allen Dingen gibt es nach wie vor noch die sehr gefährlichen Atommülltransporte durch Nordrhein-Westfalen. Auch das gehört zur Atomkraft dazu.
Gegen all das spricht sich die Linke aus. Wir sagen sehr deutlich: Wir müssen die Atomkraft jetzt schleunigst beenden. Wir brauchen ein neues Energiekonzept. Wir müssen schleunigst auf 100 % erneuerbare Energien umsteigen. Wir müssen vor allem massiv Energie einsparen. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt.
Frau Präsidentin, ich komme zum Ende.
Das wird mit der Linken möglich sein. Dafür stehen wir. Wir wollen eine andere Energiepolitik. Wir wollen ein Ende dieser Monopolstrukturen. Wir wollen die Netze vergesellschaften, aber eine Dezentralisierung der Energieversorgung. Wir wollen eine Rekommunalisierung der Energiepolitik. Das heißt, wir wollen regenerativen Energien, der Energieeinsparung zum Durchbruch verhelfen und keine neu
en Atomkraftwerke, keine längeren Restlaufzeiten und keine neuen Kohlekraftwerke. – Danke schön.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann es kurz machen. Die Debatte hatten wir schon heute Morgen. Ich hatte heute Morgen auch schon einen Geschäftsordnungsantrag gestellt. Den haben Sie in Ihrer Borniertheit – so will ich es mal sagen – zurückgewiesen.
Von daher kann ich es jetzt kurz machen. Der Antrag steht zur Abstimmung. Sie können sich überlegen, was Sie damit machen. Ich werde ihm natürlich zustimmen, Sie werden ihn vermutlich ablehnen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weiß zwar nicht, was verschwunden sein soll, aber wenn etwas verschwunden ist, dann waren Sie offensichtlich alle zu
blöd, es zu finden. Dies muss man erst einmal so feststellen.
Denn zwischenzeitlich waren Sie ja alle einmal in der Bundesregierung. Mir ist nicht bekannt, dass irgendetwas verschwunden sein soll, aber es ist schon interessant, was Sie immer in den Raum malen.
Es ist natürlich auch sehr interessant, dass sich der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen einen Kopf über die Linken und deren strategisches Vorgehen macht. Sie sollten sich vielleicht einmal um Ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, dann haben Sie genug zu tun.
Interessant ist außerdem – da muss ich jetzt einmal etwas deutlicher werden –: Wenn Sie hier einen Nazi-Vergleich anstellen, ausgerechnet Sie von der CDU und FDP, die hier das braune Erbe im Landtag haben und nicht ein bisschen davon aufgearbeitet haben – erst vor kurzem habe ich dokumentiert, dass über 40 Abgeordnete von CDU und SPD dieses braune Erbe haben und Nazis waren –, dann kann ich nur sagen: Kümmern Sie sich endlich darum, dieses braune Erbe, das Sie hier in NordrheinWestfalen haben, endlich aufzuarbeiten – da haben Sie genug zu tun –, statt solche Nazi-Vergleiche anzustellen, wie Sie es gerade wieder gemacht haben!
Ich kann nur an die Diskussion von heute Morgen erinnern. Offensichtlich ist Ihr Gedächtnis sehr kurz. Wer hat denn hier wen unter Generalverdacht gestellt? – Ich habe heute Morgen und auch gerade gar nichts dazu gesagt.
Was Sie hier gemacht haben, das spricht doch für sich. Sie haben sich gegenseitig vorgeworfen, wer wen gesponsert hat, wo die Summen hin und her geflossen sind und wer alles finanziert worden ist. Man braucht nur die Zeitung aufschlagen, dann entdeckt man jeden Tag etwas Neues. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Leute im Lande – das habe ich Ihnen heute Morgen auch schon gesagt – widert es an, wie Sie sich gegenseitig anschuldigen bzw. auf der anderen Seite die Taschen vollmachen. Das ist die Realität, wie Sie hier Ihre Parteien finanzieren.
Noch eine Bemerkung an die Grünen, denn ich habe es mir gerade im Internet angeschaut. Der Mafioso – so ist er nicht von mir, sondern von Ihrem Parteimitglied Daniel Cohn-Bendit genannt worden – Herr Ulrich aus dem Saarland hat sich
von der FDP einkaufen lassen, und zwar von einem Parteimitglied der FDP, das Multimillionär ist.
Ich zitiere hier nur das, was in den Zeitungen steht. Schauen Sie einmal ins Internet. Ganz aktuell von gestern ist die Meldung, dass es mittlerweile bei den Grünen im Saarland auch Unruhe gibt. Das ist die reale Situation. Sie haben sich hier also gegenseitig die Tatsachen um die Ohren gehauen. Dazu brauche ich gar nichts sagen. Den Generalverdacht haben Sie sich gegenseitig unterstellt. Das ist die Realität hier in Nordrhein-Westfalen.
Als letztes noch eine Anmerkung: Gerade die Mövenpick-Partei, die FDP, sollte ganz ruhig sein. Sie sitzen hier doch nur im Landtag, weil Herr Möllemann damals den Wahlkampf mit Parteispenden, die aus schwarzen Kassen gekommen sind, finanziert hat. Das ist auch die Realität. Deswegen sitzen Sie hier überhaupt.
Herr Präsident! Damen und Herren! Für die Linke kann ich zunächst einmal feststellen, dass wir ein System der Selbstbedienung haben. Das ist mittlerweile die Realität in
Deutschland. Ich habe es gerade heute noch aufgedeckt.
In Münster ist zum Beispiel folgende Situation: Die Arge hat 3 Millionen € aus Eingliederungsbeihilfen umgeschichtet, womit sie ihre eigenen Arbeitsplätze in der Verwaltung finanziert. Das ist zum Beispiel die Realität hier in Nordrhein-Westfalen und in den Argen in Deutschland.
Ein System der Selbstbedienung erleben wir auch bei der „Mövenpick-Partei“, der FDP. Der Sprecher der „Mövenpick-Partei“ hat von spätrömischer Dekadenz geredet. Spätrömische Dekadenz war vor allem die Dekadenz der Eliten und nicht die der kleinen Leute. Genau das erleben wir hier in Deutschland. Wir erleben hier einen käuflichen Ministerpräsidenten.
Wir erleben hier eine Partei, die FDP, die, wie man im aktuellen „Spiegel“ nachlesen kann, den Staat als Beute betrachtet, wo der Außenminister ihm genehme Leute, die viel Geld an die FDP gespendet haben, in seinem Flieger mitnimmt. Wir erleben bei allen Parteien, dass sie ihre Parteitage über Sponsoren finanzieren. Das ist die Realität. Käufliche Politik, ein System der Selbstbedienung – das ist die Politik, die wir hier erleben.
Nichts anderes erleben wir auch in der Wirtschaftspolitik in Nordrhein-Westfalen. Wir erleben die Situation, dass die Wirtschaftskrise in Deutschland besonders stark ausgeprägt ist, weil die Binnennachfrage fehlt. Die Leute arbeiten, die Leute produzieren, aber die Leute haben zu wenig Geld, um es auszugeben. Das Geld sammelt sich dagegen in den höchsten Einkommensschichten und wird in Spekulationen an den Börsen verspielt oder an der Steuer vorbei – das erleben wir auch ganz real – auf Schweizer Konten verbracht. Wir haben es gerade erlebt, dass sich wieder Hunderte selbst angezeigt haben, um möglichst der verdienten Strafe zu entgehen, weil die Gesetze in Deutschland so sind, dass sich Steuersünder und Leute, die Steuern hinterzogen haben, sogar noch weitgehend freikaufen können. Das ist die Realität hier in Deutschland. Ich sage nur: Das System der Selbstbedienung schlägt zu.
Wir erleben hier auch eine Folge von Hartz IV, nämlich einen Niedriglohnsektor. Der hohe Druck, der entstanden ist, insbesondere vor Hartz IV – alle Leute haben Angst, auf das Niveau von 359 € im Monat abzusinken –, ist etwas, was auch als Folge produziert worden ist. Wir haben die Situation, dass die Bruttolöhne in Deutschland in den letzten Jahren das erste Mal gesunken sind. Da sind Inflation und Preissteigerungen noch gar nicht eingerechnet. Das ist ein Armutszeugnis. Deswegen brauchen wir einen Mindestlohn. Wir brauchen einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Das ist das, was notwendig ist.
Der Mindestlohn würde im Übrigen auch unsere Staatskassen entlasten, und zwar dreifach. Erstens fallen die Kosten für Aufstocker weg, zweitens zahlen die Menschen mehr in die Sozialkassen ein, und drittens werden mehr Steuern eingenommen. Das wären positive Effekte.
Verwunderlich ist allerdings, dass die Grünen hier einen solchen Antrag einbringen. Ich habe damals, als ich noch in der Grünen-Partei war, gegen diese Hartz-Gesetze gekämpft.
Die Grünen haben es auf Bundesebene durchgesetzt, die Grünen haben diese Politik mit zu verantworten. Jetzt haben sie nichts damit zu tun, aber sie wollen demnächst mit der CDU in NordrheinWestfalen koalieren. Das ist die Perspektive.
Wer grün wählt, wird sich schwarzärgern. Das ist die Realität. Frau Löhrmann rennt durchs Land und erzählt allen Menschen, die es hören wollen oder auch nicht, dass sie Schwarz-Grün für möglich hält. Das ist eine dolle Politik. Da werden wir auch einen Mindestlohn erleben.
Bei der SPD bin ich noch sehr gespannt. Sie haben das Thema jetzt auch wiederentdeckt. Ich frage mich nur, mit wem sie es durchsetzen wollen. Wir stehen dafür bereit, aber mit uns wollen Sie ja nicht.
Ich sehe, ehrlich gesagt, nicht, mit wem anderen Sie das machen wollen. Wie gesagt, die Grünen haben da eine ganz andere Haltung: Schwarz-Grün werden wir noch erleben.
Das System der Selbstbedienung sitzt hier vor mir. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielleicht kehrt hier etwas Ruhe ein.
Die neue Bundesregierung hat, kaum im Amt, eines der folgenreichsten Gesetzespakete verabschiedet, das die Bundesrepublik je gesehen hat. Offiziell heißt es „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“. Es müsste aber eigentlich „Armutsbeschleunigungsgesetz“ heißen. Für NRW heißt das laut Finanzminister Linssen: 885 Millionen € Belastung. Doch es wird wohl letztendlich wesentlich mehr werden.
Zudem sind die Kommunen in Nordrhein-Westfalen – und nicht nur in Nordrhein-Westfalen – weitgehend pleite. Sie müssen jetzt Sozialabbau betreiben, zum Beispiel Schwimmbäder und Kultureinrichtungen schließen. Der eigentliche Hammer ist aber die damit verbundene Klientelpolitik; man könnte es auch „gekaufte Politik“ nennen. 12 Prozentpunkte Mehrwertsteuersenkung für Hotels und 1 Milliarde € Steuermindereinnahmen wurden gekauft mit einer Spende von 1 Million € an die FDP sowie einer Spende an die CSU von den Mövenpick-Eignern. So weit, so schlecht.
In NRW hatte diese politische Selbstbedienung durchschlagende Wirkung. Die Umfragewerte der FDP sanken dramatisch auf existenzgefährdende Werte. Die NRW-Vielredner Rüttgers und Pinkwart kritisieren nun die Mehrwertsteuersenkung für Hotels und machen Wahlkampf gegen die eigene Koalition, bis ihnen von den eigenen Leuten die Rote Karte gezeigt wurde.
Sie kritisieren die schwarz-gelbe Mehrwertsteuersenkung für Hotels, die sie selbst hätten verhindern können. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Rüttgers und sein Vize Pinkwart sind ja nicht ohne Einfluss. Denn nicht nur Jürgen Rüttgers, sondern auch Andreas Pinkwart hat genügend Ämter, in denen er eine Mehrwertsteuersenkung für Hotels hätte verhindern können. Pinkwart ist stellvertretender FDP-Vorsitzender, hat aber bei den Koalitions
verhandlungen für die Steuersenkung gefochten. Pinkwart ist stellvertretender Ministerpräsident der Landesregierung in Düsseldorf, die im Bundesrat aber für die Steuersenkung stimmte. Außerdem hält Pinkwart noch das inoffizielle Amt eines liberalen Vielsprechers, weshalb in früheren Interviews leicht nachzulesen ist, wie toll er die Steuersenkung immer fand.
Jetzt aber fällt nicht nur die Mehrwertsteuer für Hotels, sondern auch die FDP in den Umfragen. Pinkwart kommt das ungelegen, weil er für die Liberalen auch Wahlkämpfer in NRW ist. Er sagt, es sei gute Politik, ein schlechtes Gesetz zu korrigieren. Aber er verschweigt, dass fast alle Experten dieses Gesetz von Anfang an für schlecht hielten und gute Politik darin bestanden hätte, gleich darauf zu verzichten.
Rüttgers und Pinkwart spiegeln freilich auch den Zustand der schwarz-gelben Koalition in Berlin wider, die eine Katastrophe ist. In Nordrhein-Westfalen ist das besonders delikat, weil am 9. Mai die Landtagswahlen anstehen. Wenn man sich die geplanten Steuersenkungen auf Pump einmal genauer anschaut, sieht man nicht Wachstum und Wohlstand für alle, sondern das Gegenteil: Diese Maßnahmen kommen vor allem den Besserverdienenden zugute. Eine Familie mit drei Kindern und hohem Einkommen erzielt 200 € netto mehr. Familien mit mittlerem oder geringem Einkommen profitieren so gut wie gar nicht. Geringverdienende, Rentner, Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger, die geringe oder gar keine Steuern zahlen, profitieren von den Steuersenkungen überhaupt nicht. Das ist die Realität.
Unter dem Strich kommen die geplanten Steuersenkungen Besserverdienenden, Vermögenden, Erben sowie den Konzernen zugute – jenen also, die mehr Netto vom Brutto nicht in Kaufkraft umsetzen, sondern lieber spekulieren. Das Binnenwachstum wird dadurch nicht gestärkt, zumal weitere negative Effekte oder Umverteilungen zu Buche schlagen. Nach dem Willen von Schwarz-Gelb wird es keinen gesetzlichen Mindestlohn geben. Für die Miet- und Mietnebenkosten von Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfängern soll künftig eine Pauschale gelten. Sind die Kosten höher, müssen die Hartz-IVBeziehenden die Differenz aus ihrem Regelsatz bezahlen. Wie sie das tun sollen, weiß kein Mensch.
Die Steuersenkungen der Bundesregierung müssen zudem auf Pump finanziert werden. Der Abbau dieser Schuldenlasten basiert allein auf dem Prinzip Hoffnung, das Wachstum heißt. Bleibt es aus, womit in der längst nicht überwundenen Krise zu rechnen ist, dann müssen Schulden mit weiteren Schulden und mit Tricksereien – das sehen wir jeden Tag auch bei der Landesregierung, für die Herr Linssen als Finanzminister steht – wie Neben- und Schattenhaushalten finanziert werden.
Die Maßnahmen haben weitere Folgen. Die von der Bundesregierung geplanten Steuersenkungen wer
den zu einem großen Teil von den Ländern und Kommunen finanziert. Das schwächt den Staat in seiner Funktion als Investor in Infrastruktur, Bildung, Energiewende oder Verkehr. Der Staat wird also dort verschlankt, wo er für die Bürger besonders wichtig ist. So zahlen am Ende die abhängig Beschäftigten, die Rentnerinnen und Rentner, die Kranken und die Arbeitslosen nicht nur die Kosten der Finanz- und Wirtschaftskrise, sondern obendrein auch noch die Folgen einer völlig verfehlten Steuersenkungspolitik der schwarz-gelben Bundesregierung.
Als Linker sage ich nur: Original sozial – auch nach der Wahl! Dafür steht die Linke. – Diese Bundesregierung ist eine Katastrophe.
Was Sie hier machen, ist Sozialabbau pur. Das ist Ihre Politik, und dafür werden Sie am 9. Mai die Rechnung bekommen.
Das ist doch nicht mein Fehler, Herr Minister. Ich hatte gar keine Rede angemeldet.
Herr Kollege, darf ich Sie darauf hinweisen, dass ich nur zu einigen Tagesordnungspunkten reden darf.
Deswegen muss ich mir immer sehr genau überlegen, zu welchen Themen ich rede.
Ich habe mir dieses Thema deswegen ausgesucht, weil es besonders gut passt. Denn in den letzten Tagen ist doch sehr deutlich geworden, dass die Bundesregierung ihren neoliberalen Kurs fortsetzt. Die Chaostruppe der FDP ist im freien Fall – an der Spitze der Chaos-Professor Pinkwart, der nach seinem Zickzackkurs bei der Hotelsteuer von allen Seiten abgewatscht wurde: zuerst von der BundesFDP und dann vom hiesigen Landesverband.
Jetzt kommt der nächste GAU für die FDP, denn jetzt kommt heraus, dass Sie auch noch besondere Konditionen bei privaten Krankenversicherern bekommen. Das ist sehr interessant. Ausgerechnet die FDP, die Klientelpartei Nummer eins par excellence, profitiert wieder ganz besonders. Die größten Abzocker im Land sitzen bei der FDP.
Sie müssen ganz ruhig sein; Sie sind der Spitzenmann dieser Abzockerpartei, Herr Dr. Papke.
Die Marktradikalen der Heuschreckenpartei FDP haben aber noch mehr im Köcher – an der Spitze Ihr Bundesminister Rösler. In diesen Tagen erleben wir den Ausstieg aus der Solidargemeinschaft im Gesundheitswesen.
Die ersten Krankenkassen fordern nun einkommensunabhängige Zusatzbeiträge, wie sie von der Großen Koalition ermöglicht wurden. Jeder zahlt gleich viel. Die Geringverdienenden und die Politikerin, die neben ihren Bezügen auch noch 30.000 € Sitzungsgeld kassiert – alle müssen, wenn sie Mitglied einer solchen gesetzlichen Versicherung sind, 8 € zusätzlich bezahlen. Für den einen bedeuten 8 € mehr als das Essen für einen Tag; für andere ist das nur ein Bruchteil eines Stundenlohns. Das ist hochgradig ungerecht, aber das ist die konkrete Politik von CDU und FDP.
Hieran zeigt sich wieder, dass die Bevölkerung immer für das geradestehen muss, was von den Abzockern der Koalition in Berlin gemacht wird. Diese Zusatzbeiträge belasten besonders die Menschen mit niedrigem Einkommen. Anstatt die fehlenden Gelder für die Krankenkassen durch den Staat bereitzustellen, werden die Bürger zur Kasse gebeten.
Eigentlich sollten Arbeitnehmerinnen und Arbeitgeber die Krankenversicherung zu gleichen Teilen zahlen. Die Zusatzbeiträge sind aber nur von den Versicherten zu entrichten. Das ist der Ausstieg aus der Parität, wie ihn sich die Neoliberalen wünschen.
Die Zusatzbeiträge stellen außerdem den Türöffner für die Kopfpauschale dar. Damit sie eingezogen werden können, muss eine Infrastruktur eingerichtet werden, die – wen wundert es – für die Kopfpauschale genutzt werden kann.
Diese Kopfpauschale wird die Steuerzahlerinnen und -zahler jährlich Milliarden kosten, weil ein Großteil der Bevölkerung diese Pauschale nicht bezahlen kann. Während für die einen – womöglich für die Klientel und für die Spender der FDP – die Gesundheit bald keinen Kostenaufwand mehr bedeutet, müssen die meisten Menschen Zuschüsse vom Staat bekommen. So soll die Pauschale hoch genug werden, um die Kosten im Gesundheitswesen zu decken.
Denn unter anderem stellen Medikamente einen riesigen Kostenfaktor im Gesundheitswesen dar. CDU und FDP schützen die Apotheker vor Konkurrenz. Pharmakonzerne fahren jedes Jahr Milliardengewinne ein, weil sie die Medikamente viel teurer verkaufen, als es den Produktionskosten entspricht.