Günter Lenz

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Last Statements

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Im Mai dieses Jahres hatten wir 3,8 Millionen Arbeitslose. Das ist der stärkste Rückgang der Arbeitslosigkeit seit Mitte der 90er-Jahre. Vor allen Dingen war im Jahre 2006 seit vielen Jahren, seit 1999, wieder ein Anstieg der Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse zu verzeichnen. Diese positive Entwicklung am Arbeitsmarkt ist ein Ergebnis sozialdemokratischer Reformpolitik. Diesen Erfolg lassen wir uns von niemandem schlechtreden; denn er ist eine Tatsache.
Natürlich sieht es meine Fraktion auch als positiv an, dass die Arbeitslosigkeit in Niedersachsen wieder sinkt. Aber wir dürfen auch feststellen, Herr Minister Hirche: In Niedersachsen sinkt sie langsamer als im Durchschnitt der Republik.
- In Deutschland sinkt die Arbeitslosigkeit um 16,1 %, in Niedersachsen um 15,9 % und in Westdeutschland um 18 %. Sie sollten einmal in den Arbeitsmarktbericht vom Mai schauen. Dort ist das nachzulesen.
Trotz aller ersten Erfolge müssen wir feststellen, dass die positive Entwicklung die Langzeitarbeitslosen noch viel zu wenig erfasst hat. In Niedersachsen leben 100 000 Menschen, die länger als drei Jahre arbeitslos sind. Das ist ein Skandal, der eine größere Aufmerksamkeit dieses Parlaments und des Wirtschaftsministers Hirche verdient.
Herr Hoppenbrock, ich gebe Ihnen recht: Der Schlüssel zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit liegt in der Qualifizierung der Langzeitar
beitslosen. Statt nach einer Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung zu rufen, wie es aus Ihren Reihen immer wieder getan wird, sollten die sich in diesem Jahr erneut abzeichnenden Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit verstärkt in Aus- und Weiterbildung gesteckt werden, nicht in weitere Beitragssatzsenkungen. Das ist unsere Position.
Um das zu verdeutlichen: Die Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit für aktive Leistungen betrugen im Jahr 2000 noch 14 Milliarden Euro. Im Jahr 2006 wurden im Rahmen des SGB III nur noch 2,5 Milliarden Euro im Eingliederungstitel verausgabt. Das heißt, die maßgebliche Ursache für den sensationellen Überschuss der Bundesanstalt für Arbeit im Jahr 2006 und offensichtlich auch im Jahr 2007 ist zu einem großen Teil dem drastischen Zurückfahren der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik geschuldet. Das ist aus unserer Sicht nicht richtig.
Natürlich haben alle diejenigen recht, die in der Debatte angemahnt haben, dass nicht jede ABMaßnahme oder auch nicht jede Maßnahme zur strukturellen Anpassung der Wirtschaft passgenau war. Ja, das ist zugegebenermaßen so. Wenn aber die Titel für die berufliche Weiterbildung von 400 000 Fällen im Winter 2001 auf mittlerweile 120 000 Fälle im Januar 2007 zurückgegangen sind, dann geht das in eine Richtung, die nicht richtig ist. Meiner Meinung nach muss hier gegengesteuert werden. Die Qualifizierung ist für uns der Dreh- und Angelpunkt zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit. Das kann man nicht oft genug betonen.
In diesem Zusammenhang ist hier der Niedersachsen-Kombi angesprochen worden. Herr Hoppenbrock, Sie haben ihn besonders betont. Ich darf Ihnen diesbezüglich noch einmal die Zahlen entgegenhalten. Sie sind zugegebenermaßen nicht ganz aktuell. Wir haben im Januar eine Kleine Anfrage zum Erfolg des Niedersachsen-Kombi gestellt. Am 27. Februar haben wir eine Antwort darauf bekommen. Ich zitiere einmal: 1 028 Fälle sind bis zum Zeitpunkt 19. Januar 2007 gefördert worden. Von diesen 1 028 im Rahmen des Niedersachsen-Kombi geförderten Fällen konnten lediglich 40 Qualifizierungszuschüsse gewährt werden. Vor diesem Hintergrund muss man sagen, dass
der Niedersachsen-Kombi nicht erfolgreich war. Ich will nicht sagen, dass er gescheitert ist; aber auf jeden Fall war er nicht erfolgreich.
Was die Passgenauigkeit angeht, möchte ich deutlich sagen: 69,4 % der Fälle lagen jenseits der Zielgruppe der unter 25-Jährigen und der über 50Jährigen, die Sie sich selbst als Messlatte gesetzt haben. Auch von daher kann man nicht so einfach sagen, dass der Niedersachsen-Kombi erfolgreich sei, sondern man muss sagen, dass es offensichtlich auch Mitnahmeeffekte gegeben hat, die wir alle nicht wollen. So jedenfalls habe ich das bisher immer verstanden.
Frau König, selbstverständlich wollen auch wir, dass in erster Linie eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt stattfindet. Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass es nun einmal Langzeitarbeitslose und gering Qualifizierte - zusätzlich vielleicht auch noch mit vielen Handicaps - gibt, die wir - egal, was wir machen - nicht in den ersten Arbeitsmarkt integrieren werden können. Trotzdem glaube ich, dass auch diese Menschen unsere Aufmerksamkeit verdienen und auch unsere Unterstützung und Hilfe bekommen müssen.
Deshalb bin ich Frau Konrath sehr dankbar dafür - ich selbst hätte das gar nicht besser machen können -, dass sie hier den Vorschlag der SPD 1 : 1 dargestellt hat, der jetzt auf dem guten Wege ist, in Deutschland Gesetz zu werden. Der Vorschlag, den Sie hier unterbreitet haben, entspricht einem von der SPD-Bundespartei im Januar dieses Jahres beschlossenen Programm für 100 000 Langzeitarbeitslose, die z. B. innerhalb der nächsten 24 Monate nicht vermittelbar sein werden oder auch mehrfach gehandicapt sind. Müntefering hat dieses Programm auf den Weg gebracht. Wenn Sie das jetzt gutheißen, dann bin ich Ihnen sehr dankbar dafür. Besser hätte auch ich es nicht machen können.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch eines sagen, weil Herr Hagenah hier noch einmal - bevor ihm das Mikrofon abgedreht worden war versucht hat, das sogenannte Progressivmodell unter Nr. 4 des Antrages der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen darzustellen. Herr Hagenah, auch die SPD-Landtagsfraktion hat sich mit diesem
sogenannten Progressivmodell beschäftigt. Alles, was wir dazu wissen, hat sich als nicht finanzierbar erwiesen. Wenn Sie in Ihrem Antrag formulieren, dass Sie eine weitere Umfinanzierung der sozialen Sicherungssysteme zugunsten einer höheren Steuerfinanzierung wollen, müssen Sie der geneigten Öffentlichkeit auch einmal sagen, an welche Steuererhöhungen Sie dabei denken. Ich kann mich noch daran erinnern, dass von Ihnen alle Debatten zur Mehrwertsteuererhöhung gegeißelt worden sind. Eine Mehrwertsteuererhöhung haben Sie ja abgelehnt. Sagen Sie also bitte auch einmal, welche Steuern Sie an dieser Stelle erhöhen wollen. Mit der SPD jedenfalls sind weitere Steuererhöhungen nicht zu machen. Das sage ich hier ganz deutlich. - Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hirche, Sie haben eben ausgeführt, dass es knapp zehn Gutachten zur Beurteilung der so genannten Ankerlösung gibt, deren Ergebnisse sich ungefähr die Waage halten. Vor diesem Hintergrund frage ich: Wie beurteilen die Landesminister Nieder
sachsens und Bremens sowie die JadeWeserPortRealisierungsgesellschaft diese Ankerlösung?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den Pleiten, Pech und Pannen der vergangenen Wochen habe ich vollstes Verständnis dafür, dass Sie, meine Damen und Herren der CDUFraktion, Herr McAllister, nach jedem Strohhalm greifen, der ein bisschen Besserung verspricht.
Der missglückte Verkauf der Landeskrankenhäuser, die Rolle rückwärts beim Nichtraucherschutz und der mögliche Super-GAU beim JadeWeserPort
haben sichtbare Spuren bei Ihnen hinterlassen, meine Damen, meine Herren.
Ihre schöne heile Welt hat Kratzer bekommen. Man wackelt, wie wir der Welt entnehmen konnten. Da reicht es auch nicht aus, wenn man versucht, systematisch alle Baustellen abzuräumen.
Ihr Ministerpräsident ist aus den Top Ten der beliebtesten Politiker herausgeflogen. Die geneigte Öffentlichkeit weiß jetzt, dass auch er nur ein Mensch ist und genauso fehlbar ist wie wir alle hier in diesem Plenum.
Aber damit wir uns nicht missverstehen, Herr McAllister: Die SPD-Fraktion begrüßt ausdrücklich die gute konjunkturelle Entwicklung in unserem Land.
Schließlich haben wir in den letzten Jahren mit unserer Reformpolitik auf Bundesebene mit dazu beigetragen.
- Dass Sie dabei lachen, war klar. Sie sollten einmal unsere gemeinsame Bundeskanzlerin fragen! Die bestätigt das auch, Herr McAllister.
Nun zu der Umfrage von Ernst & Young. Die Frage ist, ob sie wirklich ein Grund zum Jubeln ist. Die Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit im regionalen und internationalen Vergleich, die Sie, Herr McAllister, angesprochen haben - Niedersachsen nimmt hier einen guten Platz ein -, ist wohl eher auf die moderate Tarifpolitik der vergangenen Jahre und auf die Kostensenkungsprogramme der Unternehmen zurückzuführen, aber nicht auf Ihre Politik.
Bei der Bewertung der regionalen Rahmenbedingungen liegt Niedersachsen leider im unteren Mittelfeld. Die relative Zufriedenheit mit der Infrastruktur muss eine Altlast sein; denn bei Ihrer Investitionsquote in den letzten Jahren habe zumindest ich nicht gesehen, dass sich die Infrastruktur deutlich verbessert hat. Man kann es an den Landesstraßen sehen.
Was die Bildungspolitik anbetrifft,
halte ich es ohnehin weniger mit Ernst & Young, sondern mehr mit dem UN-Sonderberichterstatter Muñoz, der uns im Hinblick auf die Chancengleichheit unlängst ein Armutszeugnis ausgestellt hat, meine Damen, meine Herren.
Herr Minister Hirche, als wir im letzten September hier im Plenum über das Länderranking der WirtschaftsWoche und der Initiative „Neue Soziale Marktwirtschaft“ diskutierten, haben Sie mir recht gegeben, dass Umfragen und Studien nur Momentaufnahmen seien. Sie haben damals hinzugefügt: „... meistens sind sie auch schon veraltet, wenn sie erscheinen.“ Wie recht Sie doch haben! Ich hoffe, Sie haben auch die WirtschaftsWoche vom Wochenende gelesen. Da kommt Niedersachsen bei allen volkswirtschaftlichen Kennzahlen - vom Wirtschaftswachstum bis zur Arbeitslosenquote - nämlich schlechter weg. Die Überschrift heißt: Niedersachsen hat noch Nachholbedarf.
Die Defizite Niedersachsens sind bekannt. Die von Ihnen in Auftrag gegebene SWOT-Analyse hat das bestätigt. Der Niedersachsen-Monitor des Landesamtes für Statistik hat es ebenfalls beschrieben. Wir können aber leider nicht erkennen, dass systematisch an der Behebung und Lösung dieser Probleme gearbeitet wird. Das ist das Problem!
Herr Koch, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Handwerkskammern, hat am 23. Juni gewarnt:
„Wenn nicht bald gehandelt wird, droht der vollständige Stillstand der Mittelstandspolitik in Niedersachsen“.
Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes LVMG, Herr Busch, geht in seiner Pressemitteilung am 11. April 2007 sogar noch weiter. Ich zitiere:
„Die Landespolitik schadet dem Mittelstand wie kaum eine andere Regierung zuvor.“
Meine Fraktion ist bei der Beurteilung Ihrer Politik etwas gnädiger. Wir halten es mit Wolfgang Franz, Mitglied im Sachverständigenrat, der in der aktuellen Ausgabe des Spiegels sagt:
„Die Politik“
- Ihre Politik
„hat in den vergangenen Jahren nicht alles falsch gemacht.“
Lassen Sie mich abschließend sagen: Wir hätten heute lieber über die wichtigen Probleme diskutiert, die es zu lösen gilt, wie z. B. über den sich abzeichnenden Fachkräftemangel, die nach wie vor mangelnde Eigenkapitalausstattung oder die Förderung von Innovationsfähigkeit. Das würde unser Land mehr nach vorne bringen. Lassen Sie also die Lobhudelei sein! Das bringt uns keinen Millimeter weiter! - Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Morgen, am 9. März, wird im Deutschen Bundestag in zweiter und dritter Lesung das sogenannte Rentenanpassungsgesetz beraten. Tausende von Menschen haben in den letzten Wochen und Mo
naten gegen die Rente mit 67 protestiert. Umfragen zufolge lehnt der überwiegende Teil der Bevölkerung die Rente mit 67 ab. Viele Menschen, insbesondere diejenigen, die unter schweren physischen und psychischen Belastungen tagtäglich ihren Job machen, können sich schlichtweg nicht vorstellen, es gesund bis zur Rente mit 67 zu schaffen. Die SPD-Landtagsfraktion möchte nicht, dass der Gießereiarbeiter, die Altenpflegerin und
der Beschäftigte in der Flugsicherung nach 40 Jahren Schichtdienst Rentenkürzungen von bis zu 14,4 % hinnehmen müssen. Deswegen haben wir vorgeschlagen, die bezuschusste Altersteilzeit über das Jahr 2009 hinaus fortzuführen. Altersteilzeit ist aus unserer Sicht ein geeignetes Instrument, um ein differenziertes vorzeitiges Ausscheiden zu ermöglichen und gleichzeitig die Rentenabschläge in einem erträglichen Rahmen zu halten.
In der ersten Beratung hier vor einigen Wochen im Plenum und auch in der Ausschussberatung ist mir in der Argumentation bei Vertretern der Regierungsfraktionen immer wieder ein Missverständnis aufgefallen. Auch bei Ihnen, Herr Hoppenbrock.
Es sind immer wieder bezuschusste Altersteilzeit, Vorruhestand, Personalabbau und Frühverrentung in einen Topf geworfen worden. Ich will in diesem Zusammenhang noch einmal klarstellen: Der klassische Vorruhestand, über den hier einige immer noch reden, ist bereits seit 1997 Geschichte.
Danke, Frau Präsidentin. - Auch das Altersteilzeitgesetz per se läuft nicht aus, sondern ist unbefristet und läuft über den Zeitraum 2009 hinaus.
Wir reden in unserem Antrag ausschließlich über die bezuschusste Altersteilzeit. Diese bezuschusste Altersteilzeit ist bis zum 31. Dezember 2009
befristet. Bei der bezuschussten Altersteilzeit fließen Beiträge von der Bundesagentur für Arbeit nur, wenn in dem gleichen Atemzug, in dem jemand in Altersteilzeit geht, entweder ein Ausgebildeter übernommen oder ein Arbeitsloser unbefristet eingestellt wird.
- Ich weiß nicht, ob das immer so gesehen worden ist. 100 000 bezuschusste Altersteilzeitfälle hat es im letzten Jahr gegeben. Das heißt, hier haben 100 000 Ältere ihren Arbeitsplatz für Jüngere, für Arbeitslose oder für Auszubildende nach Abschluss ihrer Ausbildung freigemacht. Ich behaupte, dass ein großer Anteil dieser Einstellungen nicht möglich gewesen wäre, wenn diese 100 000 Menschen nicht in Altersteilzeit gegangen wären. Dazu gibt es auch Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Die Experten dieses Instituts gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren, in denen das Rentenalter sukzessive auf 67 Jahre erhöht wird, mindestens 1,3 Millionen und maximal 3,6 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze entstehen müssen, damit durch das Heraufsetzen der Lebensarbeitszeit keine zusätzliche Arbeitslosigkeit entsteht. Das muss man in dieser Debatte einmal zur Kenntnis nehmen.
Meine Damen und Herren, wir haben im Februar hier in Niedersachsen auch einen Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit zu verzeichnen gehabt. 3,2 % lautet die Zahl. Begründet worden ist das von der Regionaldirektion u. a. damit, es sei saisonal üblich, dass im Januar und Februar, in denen Auszubildende ihre Abschlussprüfungen ablegen, nicht jeder Absolvent unmittelbar nach dem Abschluss der Ausbildung übernommen werden kann, sodass die Jugendarbeitslosigkeit steigt. Ich befürchte, dass sich die Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit in den nächsten Jahren wieder in die falsche Richtung entwickeln wird, wenn aufgrund längerer Lebensarbeitszeit die Älteren keinen Platz machen und dadurch Jüngere weniger Stellen finden und nach der Ausbildung nicht übernommen werden können. Ich sage hierzu ganz deutlich: Es kann doch nicht unsere Politik sein, dass die Alten länger arbeiten müssen und die Jungen auf der Straße stehen bleiben. Deshalb haben wir diesen Entschließungsantrag eingebracht.
Warum sollen die Betriebe in den nächsten Jahren mehr ausbilden, wenn sie ihre Fachkräfte in den nächsten Jahren länger beschäftigen werden? Auch das ist ein Zusammenhang, den man nicht in Abrede stellen kann.
Meine Damen, meine Herren, in der Anhörung zur Rente mit 67 im Deutschen Bundestag haben die Gewerkschaften aus meiner Sicht sehr interessante Vorschläge zur Weiterentwicklung der bezuschussten Altersteilzeit unterbreitet. So können sich die Gewerkschaften u. a. durchaus vorstellen, die Bezuschussung künftig auf zwei Personengruppen zu beschränken, nämlich auf die unter 25Jährigen und auf die über 50-Jährigen. Wir haben am vorgestrigen Tag hier darüber diskutiert, dass auch der Kombi-Lohn in Bezug auf die verschiedenen Zielgruppen offensichtlich noch nicht passgenau ist. Das ist meines Erachtens ein interessanter Weg, den man hier weiter diskutieren kann. Ich finde, dass wir das Thema „bezuschusste Altersteilzeit“ in dieser Richtung weiterentwickeln sollten. Deshalb erwarten wir auch, dass hierüber eine Diskussion geführt wird. Die SPDLandtagsfraktion jedenfalls will den Generationenvertrag, die Beschäftigungsbrücke zwischen Jung und Alt, über das Jahr 2009 hinaus fortschreiben und will, dass Altersteilzeit weiterentwickelt wird. Deshalb werden wir hier und heute auch gegen die Ausschussempfehlung stimmen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Ich muss wirklich sagen, Herr Hillmer, dass ich selten so wenig Sachverstand erlebt habe wie in Ihrer Rede. Das Gleiche gilt für Herrn Hagenah.
Ich habe es in meiner Rede extra erklärt, aber Sie haben den Unterschied immer noch nicht begriffen. Ich gebe es auch auf, will aber noch eines sagen: Wir werben hier für eine differenzierte Vorgehensweise. Wir sind nicht generell gegen die Rente mit 67. Wir haben auch in unseren Debatten immer deutlich gemacht, dass es eine uneinheitliche Entwicklung am Arbeitsmarkt gibt - auf der einen Seite eine sich verfestigende Langzeitarbeitslosigkeit von gering Qualifizierten, während sich auf der anderen Seite Bedarfe im höher qualifizierten Bereich abzeichnen. Wir wollen wahrlich nicht den Ingenieur mit 58 oder 60 Jahren nach Hause schicken, sondern uns ist durchaus klar, dass im Zuge der demografischen Entwicklung diese Menschen länger im Job bleiben müssen.
Herr Schünemann, es ist ja besonders nett, dass ausgerechnet Sie jetzt in Vertretung von Herrn Hirche argumentieren, die Altersteilzeit sei ganz schlecht. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass Sie für den Personalabbau im Zusammenhang mit der Auflösung der Bezirksregierungen massiv den Vorruhestand genutzt haben, und zwar für Mitarbeiter ab 55 Jahren. So weit geht noch nicht einmal unsere Forderung an dieser Stelle.
Da freuen sich immer alle Leute; das ist richtig.
- Abwarten!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 1. Juli letzten Jahres hat Niedersachsen den Alleingang beim sogenannten NiedersachsenKombi - wie der Weser-Kurier damals titelte, „mit großem Brimborium“ - gestartet.
Am 26. September, bereits drei Monate nach dem Start, hat Herr Wulff in einer ersten Pressemitteilung große Erfolge verkündet.
Im Januar wurde medienwirksam - ich glaube, es war im Landkreis Peine - der tausendste Kombilöhner begrüßt, und in der vorletzten Woche durf
ten wir einer gemeinsamen Pressemitteilung der Herren Wulff und Oettinger entnehmen, wie erfolgreich dieses Kombilohnmodell in Niedersachsen sei.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei den Arbeitsmarktexperten - ich glaube, das kann man jetzt feststellen - ist längst Ernüchterung eingekehrt; denn die Bilanz sieht bei näherer Betrachtung gar nicht so positiv aus. 1 208 Kombilöhner bis Ende Januar sind in einer Situation, in der die gute Konjunktur den Arbeitsmarkt voll erfasst hat, wahrlich keine positive Bilanz. Schaut man sich einmal die Zielgruppen an, so stellt man fest, dass von diesen 1 208 Kombilöhnern nur rund 20 % unter 25 Jahre alt sind; bei den über 50-Jährigen sind es ganze 9 %. Dies waren die von Ihnen selbst genannten Zielgruppen. Wir stellen fest, dass Sie hier offensichtlich deutlich unter Ihrer eigenen Messlatte geblieben sind.
Noch verheerender ist die Anzahl der Qualifizierungen. Von 1 208 Kombilöhnern sind nur 54 qualifiziert worden, weniger als 5 %. Das ist wahrlich keine positive Bilanz.
Offensichtlich ist der Kombilohn auch nicht flächendeckend bei den Argen und Optionskommunen angekommen. Im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr ist vom MW dargestellt worden, dass sich ein Großteil der geförderten Fälle auf ein gutes Dutzend Träger konzentriere. Von flächendeckendem Einsatz des Kombilohns ist in Niedersachsen also wahrlich keine Spur.
Noch spannender, meine Damen, meine Herren, wird es, wenn wir uns die einzelnen Branchen anschauen. Hierbei verweise ich insbesondere auf die Recherche von Radio ffn im Landkreis Osnabrück, wo rund 50 % der damals 150 geförderten Fälle auf Zeitarbeitsfirmen entfielen. Auch bei den Frauen ist der Kombilohn offensichtlich noch nicht angekommen: nur 30 %.
Meine Damen, meine Herren, ich stelle für die Landtagsfraktion der SPD fest: Am Anscheinerwecken der Landesregierung in Fragen der Arbeitsmarktpolitik hat sich offensichtlich nichts geändert. Die Mitnahmeeffekte beim Niedersachsen-Kombi scheinen zu überwiegen. Bei der Förderung der
besonderen Zielgruppen bleibt die Landesregierung weit hinter den selbst gesetzten Zielen zurück.
Herr Minister Hirche, Herr Ministerpräsident Wulff, natürlich werden Sie gleich mit dem Argument kommen: Mensch, was wollt ihr denn? Jeder Euro, der in Arbeit investiert wird, ist doch besser als ein Euro in Arbeitslosigkeit.
Ein schönes sozialdemokratisches, gewerkschaftliches Argument benutzen Sie dort. Aber dies sollte Sie trotzdem nicht daran hindern, einmal zu überprüfen, ob die von Ihnen getroffenen Maßnahmen wirklich passgenau sind, und dort Korrekturen vorzunehmen, wo Fehlentwicklungen erkennbar sind. Ich glaube, hier gibt es Fehlentwicklungen und einen Korrekturbedarf.
Herr Hirche, wir haben in der Neuen Presse lesen können, dass Sie im Zusammenhang mit der Innovationskampagne jetzt auch mit Pferdeäpfeln werben wollen. Ich kann nur empfehlen: Hören Sie auf, beim Niedersachsen-Kombi Pferdeäpfel in Stanniolpapier zu verpacken und als Golden Delicious zu verkaufen. Das nimmt Ihnen die Bevölkerung sowieso nicht ab.
Optimieren Sie den Niedersachsen-Kombi, stärken Sie die Kriterien, nach denen gefördert wird, insbesondere bei den unter 25-Jährigen und den über 50-Jährigen, damit dieser Niedersachsen-Kombi auch wirklich die Problemgruppen erreicht, die davon profitieren müssen. - Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Die Einkommensschere in Deutschland geht immer weiter auseinander. Während die Lohnquote, also der Teil des Volkseinkommens aus unselbständiger Arbeit, im Jahre 2000 70,4 % betrug, ist sie im letzten Jahr auf mittlerweile 66,2 % zurückgefallen. Das ist, meine Damen, meine Herren, historischer Tiefststand.
Ursache für diese ungerechte Entwicklung sind nicht nur die moderate Tarifpolitik und die damit verbundenen sehr geringen Lohnzuwächse in den letzen Jahren, sondern vor allem auch die Ausbreitung des Niedriglohnsektors, in dem mittlerweile 2,6 Millionen Menschen arbeiten. Armut trotz Arbeit - auch zunehmend hier in Niedersachsen ist insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung, was das Einkommen aus Gewinnen und Vermö
gen anbetrifft, zumindest aus Sicht der SPD ein gesellschaftlicher Skandal.
Meine Damen, meine Herren, es kann doch nicht richtig sein, dass immer mehr Menschen trotz Arbeit nicht mit ihrem Geld auskommen können, dass mittlerweile über 900 000 Menschen als sogenannte Aufstocker Arbeitslosengeld II beziehen müssen, um über die Runden zu kommen. Es ist keinesfalls so, wie häufig dargestellt wird, dass es sich im Niedriglohnsektor nur um Un- oder Geringqualifizierte handelt. Mehr als 60 % der im Niedriglohnbereich Beschäftigten verfügen über eine abgeschlossene Berufsausbildung.
Auch die Branchen, in denen Niedriglöhne gezahlt werden, werden immer mehr. Zuerst wurden insbesondere für Dienstleistungen z. B. im Friseurhandwerk und im Wäschereigewerbe sowie in privaten Haushalten oder in Hotels und Gaststätten Hungerlöhne gezahlt. Heute sind viele andere Branchen hinzugekommen: Beschäftigte im Einzelhandel, insbesondere bei den großen Ketten, in der Logistikbranche, im Bewachungsgewerbe, als Busfahrer, in der Fleischwirtschaft oder in der Pflege. Überall sind Löhne - regional unterschiedlich von 4, 5, 6 oder 7 Euro keine Seltenheit mehr.
Meine Damen, meine Herren, die SPD steht für den Grundsatz - ich habe das aus verschiedenen Wahlkämpfen noch gut in Erinnerung - „Leistung muss sich lohnen“. Sie haben ja einmal gesagt, Leistung müsse sich wieder lohnen. Dies gilt gerade für die Menschen, die in den von mir aufgezählten Bereichen arbeiten.
Wir wollen, dass Menschen, die 40 Stunden in der Woche arbeiten, von dem Geld, das sie mit nach Hause bringen, auch leben können.
Die Gewerkschaften fordern einen gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 Euro. Wenn wir eine 40Stunden-Woche unterstellen, dann verdient man nach Adam Riese 1 200 Euro im Monat. 1 200 Euro brutto im Monat sind für einen Familienvater - wir reden gerade in den letzten Wochen sehr viel über Familien - wahrlich kein Einkommen, das große Sprünge erlaubt, insbesondere dann nicht, wenn er von diesen 1 200 Euro brutto noch die Miete bezahlen muss. Dann bleibt für die Kinder,
für die Familie nicht mehr viel übrig - vielleicht mal für einen Ausflug oder für das eine oder andere. Ohne jemandem nahetreten zu wollen, gehe ich davon aus, dass sich die wenigsten in diesem Hohen Hause überhaupt vorstellen können, was es heißt, mit 1 200 Euro brutto über die Runden zu kommen.
Aber ich empfehle, einmal mit unseren Kolleginnen und Kollegen Pförtnerinnen und Pförtnern zu sprechen, die hier bei der Firma Plural im Landtag mit für unsere Sicherheit sorgen. Sie können Ihnen erzählen, was es heißt, für 6,50 oder 7 Euro pro Stunde arbeiten zu müssen. Es wäre vielleicht einmal interessant für Sie, mit dem einen oder anderen zu reden und diese Erfahrungen zu hören. Das sind nämlich die wirklichen Experten des Niedriglohnbereichs.
In 20 von mittlerweile 27 EU-Staaten gibt es einen gesetzlichen Mindestlohn, und in den wenigsten Ländern ist es wirklich zum Schaden des Arbeitsmarkts. Wir sind davon überzeugt, dass wir auch in Deutschland um Mindestlohnregelungen nicht herumkommen. Wir müssen die Lohndrift nach unten stoppen. Dies stabilisiert nicht nur die Sozialversicherungssysteme, die ebenfalls unter der Lohnentwicklung der vergangenen Jahre gelitten haben, sondern es bereitet uns auch auf das Jahr 2011 vor. Spätestens dann wird ein freier Arbeitsmarkt auch mit den neuen Mitgliedstaaten bestehen, und wir müssen damit rechnen, dass der eine oder andere aus Tschechien, Polen und Ungarn sein Heil in Deutschland suchen und sich möglicherweise auch zu Löhnen anbieten wird, die noch unter den Löhnen liegen, die wir zurzeit zu verzeichnen haben.
Meine Damen, meine Herren, wir haben als SPDFraktion vor drei Wochen eine Anhörung zum Thema Mindestlohn durchgeführt. Nach eingehender Diskussion mit Vertretern von Verbänden wie dem Bundesverband der Zeitarbeit, der Gebäudereinigerinnung, den Gewerkschaften, der NIHK und vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sind wir zu der Überzeugung gekommen, dass wir differenzierte Möglichkeiten für Mindestlöhne in Deutschland brauchen. Wie wollen wir das sicherstellen?
Erstens. Mindestlöhne sollten aus unserer Sicht in erster Linie - wir haben schließlich hier in Deutschland auch eine Tarifautonomie - durch die Tarifvertragsparteien vereinbart werden. Die untersten Tariflöhne stellen dabei den Mindestlohn dar. Insbesondere wollen wir durch Erleichterungen die Allgemeinverbindlichkeit, die ja in den letzten Jahren nicht zuletzt wegen der Arbeitgeberverbände aus der Mode gekommen ist, in möglichst vielen Branchen zur Anwendung bringen. Wir wollen also, dass die Löhne als allgemeinverbindlich erklärt werden und der unterste Tariflohn der Mindestlohn ist.
Zweitens. Wir wollen in den Branchen, in denen es keine tariffähigen Arbeitgeberverbände oder Gewerkschaften gibt, durch eine neu einzurichtende Niedriglohnkommission ergänzende Mindestlöhne vorschlagen lassen, die dann vom Arbeitsministerium als verbindlich erlassen werden.
Drittens. Wir wollen, dass das Arbeitnehmerentsendegesetz auf weitere Branchen ausgedehnt wird, die eine mit dem Baugewerbe vergleichbare Situation haben, z. B. auf das Gebäudereinigerhandwerk.
Ja, natürlich.
Herr Abgeordneter Möhrmann, auf den Bänken der Regierungsfraktionen sind nur noch so wenige Abgeordnete, dass oben sogar schon das Licht ausgemacht wird.
- Das ist in der Tat ein Thema. Wir kommen gleich darauf zu sprechen, warum wir es in Berlin nicht schaffen, zu entsprechenden Regelungen zu kommen. Hören Sie sich das an! Ihre Partei hat das ja mit in den Koalitionsvertrag geschrieben. Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD steht
zum Thema Mindestlohn - ich zitiere, Herr Bode -:
„Wir wollen... sicherstellen, dass Löhne nicht in den Bereich der Sittenwidrigkeit heruntergedrückt werden können...“
Dazu kann ich nur sagen: In ganz vielen Branchen sind wir schon bei sittenwidrigen Löhnen.
- Frau Kuhlo, würden Sie es denn nicht als sittenwidrig ansehen, was einer Beschäftigten, die in unserer Anhörung gesprochen hat, widerfährt? Sie verdient im Hotelgewerbe 3,35 Euro in der Stunde. Ich finde, das ist sittenwidrig. Das hat uns nicht irgendjemand geschildert, sondern eine gelernte Hotelfachfrau.
Meine Damen, meine Herren der Regierungsfraktionen, Herr Hirche - Herr Wulff ist leider nicht da -, wir fordern Sie auf, die Blockade in Berlin endlich aufzugeben und mit der von uns vorgeschlagenen Bundesratsinitiative für ein Ende von Dumpinglöhnen zu sorgen. Differenzierte Mindestlöhne führen nicht zum Wegfall von Arbeitsplätzen - dies hat uns das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung auch noch einmal dargestellt -, sondern tragen zur Stärkung der Binnenkonjunktur bei. Diese Binnenkonjunktur hat uns gerade in den letzten Monaten die Arbeitsmarktzahlen verschafft, die wir überall loben. Deswegen ist es das Gebot der Stunde, hier zu handeln. Wir fordern Sie eindringlich auf, mit uns gemeinsam zu handeln. Eine Bundesratsinitiative kann dabei helfen. - Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Noch vor Ostern will die Bundesregierung mit dem sogenannten Altersgrenzenanpassungsgesetz schrittweise das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre erhöhen. Ab dem Jahrgang 1964 wäre demnach nur noch nach 45 Versicherungsjahren ein abschlagsfreier Renteneintritt mit 65 Jahren gegeben. Gleichzeitig läuft die auf Ende 2009 befristete bezuschusste Altersteilzeit aus, die einen frühzeitigen Renteneintritt mit 62 Jahren ermöglichte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich gibt es eine Vielzahl von Gründen, über die Lebensarbeitszeit neu zu diskutieren. Auf der einen Seite wissen wir: Die durchschnittliche Rentenbezugsdauer hat sich von 1960 bis heute um knapp neun Jahre nach oben entwickelt, ist gestiegen. Diese Entwicklung wird aufgrund des medizinischen Fortschritts sicherlich - wenn vielleicht auch nicht in einer solchen Steigung - anhalten. Sie wirkt sich natürlich auf die Rentenversicherungssysteme aus.
Zweitens. Die langfristige Entwicklung des Erwerbstätigenpotenzials wird zumindest im Bereich der Hochqualifizierten auch eine verlängerte Lebensarbeitszeit erforderlich machen. Wir werden in einigen Jahren in bestimmten Berufen einen Fachkräftemangel haben.
Aber wir wissen auf der anderen Seite auch: Die anhaltende Massenarbeitslosigkeit wird nicht von heute auf morgen zu beseitigen sein. Ganz im Gegenteil: Sie verfestigt sich im Bereich der gering qualifizierten Langzeitarbeitslosen und trägt zur finanziellen Schwächung der Sozialversicherungssysteme bei. Aber vor allem wissen wir auch: Es gibt eine Vielzahl von Jobs, bei denen die Aussicht, bis 67 zu arbeiten und dann noch gesund in die Rente zu kommen, schier unvorstellbar ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, versetzen Sie sich einmal in die Lage eines Gießereiarbeiters
oder einer Altenpflegerin, die jahrzehntelang in Schicht arbeiten und dabei insbesondere schwere körperliche Arbeit leisten müssen. Für die meisten dieser Kolleginnen und Kollegen ist schon das heutige Renteneintrittsalter kaum erreichbar.
„Rente mit 67“ bedeutet für diese Menschen also nichts anderes als eine verdeckte Rentenkürzung, und das bei Renten, die heute schon kaum auskömmlich sind und es in Zukunft noch weniger sein werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die SPD-Fraktion ist deswegen davon überzeugt: Wir brauchen zukünftig eine viel stärkere Differenzierung beim Renteneintrittsalter.
Das Instrument der bezuschussten Altersteilzeit kann dafür ein Rechtsrahmen sein, insbesondere wenn die Tarifvertragsparteien zu einer Weiterentwicklung im Sinne einer stärkeren Differenzierung bereit sind, wovon zumindest ich nach zahlreichen Gesprächen, die wir mit Vertretern der Einzelgewerkschaften geführt haben, ausgehe.
Auch im Arbeitgeberlager wird die Fortführung der Altersteilzeit durchaus befürwortet. Wir konnten dazu in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 28. Dezember einiges von Herrn Dr. Horst Neumann, Arbeitsdirektor bei Volkswagen, oder auch von Herrn Kröncke lesen. Ganz aktuell zitiere ich Herrn Kannegießer, der hier sicherlich allen bekannt sein dürfte, aus der Welt von heute:
„In der letzten Phase der Erwerbstätigkeit muss es bei der Arbeitsbelastung, in der Arbeitszeit und auch beim Renteneintritt weiterhin Flexibilität geben. Deswegen werden wir auch in Zukunft auf das Instrument der Altersteilzeit setzen.“
Auch im Niedersächsischen Landtag, meine Damen, meine Herren, scheint Arbeiten bis 67 ja nicht unbedingt attraktiv zu sein. Zumindest müssen wir das der Ankündigung unseres geschätzten Landtagspräsidenten entnehmen, der am letzten Wochenende bekannt gegeben hat, dass er im nächsten Jahr mit 63 aus dem Niedersächsischen Landtag ausscheiden möchte. Ob er dabei wirklich von Herrn Stoiber gelernt hat, wie der Weser
Kurier am 23. Januar titelte, sei an dieser Stelle einmal dahingestellt.
Meine Damen, meine Herren, wir wollen den Generationenvertrag durch Verlängerung der geförderten Altersteilzeit fortschreiben. Herr Ministerpräsident Wulff, der heute bei dieser Debatte leider nicht dabei ist, hat ja bereits vor mehreren Monaten in einem Gespräch mit einem Betriebsratsvorsitzenden aus der Metallindustrie gute Argumente dafür zu hören bekommen. Ihm ist auch das Memorandum der IG-Metall-Bezirksleitung bekannt.
Wir wollen, dass besonders belastete Beschäftigte auch zukünftig zu akzeptablen wirtschaftlichen Bedingungen früher aus dem Arbeitsleben ausscheiden können und ihren Arbeitsplatz für junge Leute frei machen. Dies war ja im Prinzip das Geheimnis der bezuschussten Altersteilzeit. Zuschüsse gab es nur dann, wenn die Plätze, die Ältere auf der einen Seite frei gemacht haben, auf der anderen Seite von Jungen übernommen worden sind. Dadurch wurde die Übernahme von Auszubildenden möglich. Das soll auch in Zukunft so sein.
Wir fordern Sie deshalb auf, eine Gesetzesinitiative für den Fortbestand der geförderten Altersteilzeit zu ergreifen. Der Arbeitsmarkt in Niedersachsen wird es Ihnen danken, und wir würden es Ihnen natürlich auch danken. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Hirche, da Sie hier darauf hingewiesen haben, dass es zwischen Herrn Müntefering und Herrn Beck einerseits und der SPD-Landtagsfraktion andererseits unterschiedliche Auffassungen gibt, möchte ich Folgendes dagegenhalten: Es wäre viel einfacher, sich einmal innerhalb der FDPFraktion zu verständigen. Frau König, ich zitiere einmal eine Aussage Ihres geschätzten Parteikol
legen Wolfgang Hermann aus einer Aktion die IG Metall Alfeld.
- Herr Schwarz, ich zitiere ihn einmal. - Er sagte:
„Meines Erachtens ist es nicht zu verantworten, dass Menschen, die ihr Leben lang körperlich hart arbeiten und deshalb im Alter nicht mehr in der Lage sind weiterzuarbeiten, dazu gezwungen werden, ihre Rente erst mit 67 Jahren anzutreten.“
Klären Sie also zunächst einmal die Position in Ihrer eigenen Fraktion, bevor Sie anderen unterschiedliche Auffassungen zu diesem Thema vorwerfen.
Ich möchte noch etwas deutlich machen; denn offensichtlich sind Sie sich noch nicht klar darüber. Die Frühverrentung einerseits und die bezuschusste Altersteilzeit andererseits sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
Die alte Frühverrentung, also das Nutzen von staatlichen Mitteln, um Personal abzubauen, ist 1997 beendet worden. Sie ist Geschichte. Wir reden hier über etwas anderes. Bezuschusste Altersteilzeit gibt es nur dann, wenn ein Arbeitsloser unbefristet eingestellt oder ein Auszubildender übernommen wird.
Jetzt reden wir einmal über Jugendarbeitslosigkeit. Wir wissen, dass Niedersachsen mit seiner Quote von 9,3 % immer noch über dem Durchschnitt aller westdeutschen Flächenländer liegt. Was glauben Sie eigentlich, was passiert, wenn in Zukunft, weil die betreffenden Instrumente nicht mehr vorhanden sind, fünf, sechs oder sieben Jahre lang niemanden mehr ausscheidet? - Dann garantiere ich Ihnen für eine ganze Vielzahl von Unternehmen, dass fünf, sechs oder sieben Jahre lang auch niemand mehr eingestellt wird. Die Arbeitsplätze werden nicht mehr 1 : 1 zur Verfügung stehen. Dann wird es wieder zu einem Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit kommen. Wir wollen nicht, dass die Alten so lange malochen müssen, bis sie nicht mehr können, während die Jungen auf der Straße bleiben. Das kann doch nicht im Interesse dieses Landtags liegen.
Ich habe ausdrücklich das Wort „differenziert“ hinzugefügt. Auch wir können doch die demografische Entwicklung erkennen. Ich habe ausdrücklich gesagt, dass wir das Instrument unter Beteiligung der Tarifvertragsparteien weiterentwickeln müssen. Im Ausschuss sollten wir uns noch einmal sehr genau darüber unterhalten, ob es nicht doch Möglichkeit gibt, gerade für diese Gruppen von Beschäftigten, die solchen Belastungen unterliegen, etwas zu tun. Trotz aller Präventionsanstrengungen wird es uns nicht gelingen, diese Belastungen von heute auf morgen zu beseitigen. Diejenigen, die in Kürze aus dem Berufsleben ausscheiden werden, haben sowieso nichts mehr davon; denn die haben ihren Tribut schon gezollt. Wir sollten noch einmal darüber reden, aber frei von allen Unterstellungen und Ideologien, sondern an der Sache orientiert. Die Beschäftigten in Niedersachsen würden es uns danken.
Frau Präsidentin! Herr Briese, Sie müssen die IG Metall fragen, wenn Sie wissen wollen, warum sie das schreibt.
Lesen Sie den Antrag einmal genau durch. Steht da irgendwo etwas gegen die Rente mit 67? - Lesen Sie ihn einmal genau durch! Das haben Sie vielleicht nicht richtig getan.
Ich habe hier sehr differenziert vorgetragen, wie die SPD-Landtagsfraktion das Problem sieht. Insofern geht es uns nicht um das Thema Rente mit 67. Es geht schon gar nicht um dieses Thema in dem Bereich, in dem die Hochqualifizierten aus volkswirtschaftlichen Gründen zukünftig länger arbeiten müssen. Es geht vielmehr darum, dass wir etwas für die Beschäftigtengruppen - die gibt es! - tun müssen, die schon lange unter den Arbeitsbedingungen usw. gelitten haben. Ich sage noch einmal: Alles, was wir machen müssen - Arbeitsbedingungen verbessern, Gesundheitsvorsorge -, wird nicht dazu führen, dass diejenigen, die in Jahrzehnten unter diesen Belastungen gelitten haben, von heute auf morgen bis 67 werden arbeiten können.
Zum Jahrgang 1964 wird immer gesagt: Das dauert noch viele Jahre. - Nein, nein. Das geht ab dem Jahrgang 1947 schrittweise, Monat für Monat los. Ab dem Jahrgang 1959 sind das zwei Monate je Jahrgang. Wir kennen uns in dem Thema schon ein bisschen aus.
Herr Hillmer, Sie sprachen von Rezepten aus der Vergangenheit. Ich kenne die betriebliche Realität sehr gut; das können Sie mir wirklich glauben.
Diskutieren Sie einmal mit den Kollegen. Sie haben ja Zeit bis zur Ausschusssitzung.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hoppenbrock, herzlichen Dank, dass Sie der guten parlamentarischen Sitte Rechnung tragen, dass zuerst die Opposition das Wort erhält.
Ich werde Sie auch nicht enttäuschen; das verspreche ich an dieser Stelle.
Wir reden heute über einen Haushalt eines Wirtschaftsministers, dessen Auffassung es ist: Wirtschaftspolitik wird von der Wirtschaft und nicht von staatlichen Stellen betrieben. - Das ist wohl auch der Grund dafür, dass sich das niedersächsische Wirtschaftsministerium weitgehend aus der Gestaltung dieser Politik zurückgezogen hat.
Herr Hirche, Sie haben das Glück, dass das Wachstum in diesem Jahr so positive Werte erreicht wie seit langem nicht mehr und damit verbunden auch die Arbeitslosigkeit sinkt. Bei genauerer Betrachtung fällt jedoch auf: Niedersachsen verliert auf wichtigen Feldern der Zukunftsentwicklung. Der Niedersachsen-Monitor des Statistischen Landesamtes fasst dies in anschaulichen Worten zusammen. Ich zitiere:
„Niedersachsen hat im vergangenen Jahr, ebenso wie schon 2004, im Standortwettbewerb der Länder an Boden verloren.“
Das, meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen, ist die Wahrheit und nicht die eher peinliche Überschrift des gestern von der FDP-Fraktion zur Aktuellen Stunde eingebrachten Themas zur Jugendarbeitslosigkeit. Niedersachsen ist eben nicht die Nummer eins - weder bei der Arbeitslosigkeit der unter 25-Jährigen noch in den Disziplinen, die über die Zukunftsfähigkeit unseres Landes entscheiden.
Sie haben abgewirtschaftet. Sie rutschen im Ranking der Bundesländer ab. Beim Wirtschaftswachstum der Jahre 2000 bis 2005 nimmt Niedersachsen vor Berlin und Mecklenburg-Vorpommern den schlechtesten Platz aller 16 Bundesländer ein.
Im vergangenen Jahr ging eine Pleitewelle über das Land. Die Zahl der Gewerbeanmeldungen ist ebenso zurückgegangen wie die Zahl der Patentanmeldungen. Hierbei liegt Niedersachsen mittlerweile weit unter dem Bundesdurchschnitt. Aber die Anmeldung von Patenten ist doch das Resultat der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit eines Betriebes, kurz gesagt: seiner Innovationsfähigkeit.
Die von der Landesregierung in Auftrag gegebene SWOT-Analyse des NIW hat hier eine klare Schwäche des Landes aufgezeigt. Außerhalb des Fahrzeugbaus ist die FuE-Intensität stark unterdurchschnittlich. Zusätzliche Jobs, meine Damen und Herren, entstehen aber vornehmlich in innovativen Unternehmen. Hiervon gibt es in Niedersachsen leider viel zu wenige, und eine Trendwende kann ich leider nicht erkennen.
Diese Zahlen und ihr Zusammenhang machen das ganze Dilemma niedersächsischer Wirtschaftspolitik deutlich. Die langfristige Sicherung von Wachstum und Beschäftigung in Niedersachsen ist nur durch eine Verstärkung der Innovationen möglich. Hierzu brauchen wir überhaupt erst einmal eine Vorstellung davon, in welchen Wachstumsfeldern sich Niedersachsen entwickeln soll.
Wir brauchen eine gezielte und wirksame Förderung von Schlüsseltechnologien wie z. B. der Brennstoffzelle oder der regenerativen Energien.
Wir brauchen eine viel stärkere Vernetzung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Wir brauchen ein ganzheitliches Mittelstandskonzept zur Stärkung der Innovationsfähigkeit. Wir brauchen auch mehr Risikokapital durch die NBank, damit niedersächsische Unternehmen bessere Vermarktungschancen für ihre Innovationen haben.
Meine Damen, meine Herren, die Weltwirtschaft hat sich in einer dramatischen Geschwindigkeit verändert. Immer mehr Branchen, wie z. B. die Automobilzulieferindustrie, verlagern erst ihre Produktion, später auch ihre Forschung und Entwicklung vornehmlich ins osteuropäische Ausland. Das wirklich Dramatische an dieser Entwicklung ist aber, dass es in wenigen Jahren gar nicht mehr um die Lohnkosten gehen wird, die anderswo noch geringer sind. Viel wichtiger ist unser Know-how, und das droht verloren zu gehen, meine Damen und Herren. Es ist eben kein Naturgesetz, dass deutsche Ingenieure und Facharbeiter ihren Kollegen in anderen Ländern fachlich überlegen sind. Wir erleben einen rasanten technologischen Aufholprozess in Ländern wie Indien und China. Und was ist Ihre Antwort darauf? - Es gibt keine. Ich fürchte, diese Regierung sieht noch nicht einmal das Problem. Diese Regierung meint, das werde die Wirtschaft schon selbst regeln. Wenn wir nichts tun, meine Damen, meine Herren, dann wird es auch so sein. Aber diese deutsche Wirtschaft wird sich dann aus dem Standort Deutschland weitestgehend verabschiedet haben.
Wir dürfen dieses nicht einfach zur Kenntnis nehmen. Wir sind aufgefordert, hier zu handeln. Wir müssen zurück an die Spitze der technologischen Entwicklung, um unsere wirtschaftliche Stellung und damit den Wohlstand in unserem Lande langfristig erhalten zu können.
Wo ist denn Herr Hirche?
- Ja, ich weiß, dass er da ist. - Aber wenn es darum geht, entsprechende Akzente zu setzen, dann können zumindest wir keine Handschrift erkennen.
Das sieht man auch, meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen, wenn man sich den Bericht des NIW zur „Bildung und Qualifizierung in Niedersachsen“ anschaut, der kürzlich an die Öffentlichkeit gekommen ist. Dieser Bericht belegt den eklatanten Handlungsbedarf im Bereich von Schule und Hochschule; wir haben eben darüber gesprochen. Ich erwarte, dass der Wirtschaftsminister auch dabei auf seine Kollegen im Kultus- und Wissenschaftsministerium Einfluss nimmt.
Der wirtschaftliche Erfolg eines Landes ist eine ressortübergreifende Aufgabe. Die gezielte Förderung praxisorientierter Innovationen und die Ausschöpfung aller Qualifizierungspotenziale sind die Schlüssel für eine erfolgreiche ökonomische Entwicklung. Wenn wir auf diesen Gebieten nicht zu den Besten gehören, haben wir unsere Zukunftsfähigkeit verspielt.
Meine Damen, meine Herren, aus früheren Wahlkämpfen kannten wir den CDU-Slogan „Wo die CDU regiert, geht es den Menschen besser“.
Macht man dies aber an der Einkommensentwicklung in Niedersachsen fest, dann ist es leider genau umgekehrt. Das niedersächsische Verdienstniveau lag 2006 sage und schreibe 4,1 % unter dem Bundesdurchschnitt. Damit wir uns an dieser Stelle auch richtig verstehen: Im EXPO-Jahr 2000 betrug dieser Unterschied nur 1,2 %. Das heißt ganz klar: Sie kosten die Menschen in Niedersachsen bares Geld. Sie machen die Menschen in Niedersachsen ärmer.
Da hilft auch ein Niedersachsen-Kombi nicht, bei dem Sie unbedingt Vorreiter sein wollten. Wir wissen, dass bis zum 31. August 321 Personen gefördert worden sind. Die 1 000 Personen, die Sie sich selbst zum Ziel gesetzt haben, werden wohl kaum zu erreichen sein. Entscheidend aber ist, dass es an der Passgenauigkeit des Niedersachsen-Kombi hapert. 71 % der Geförderten - das kann man Ihrer Statistik entnehmen - waren eben nicht unter 25 oder über 50 Jahre alt, d. h. sie gehörten nicht zur Kerngruppe der zu Fördernden. Hier liegt also ein klassischer Fall von Fehlsteuerung vor.
Es hat doch auch einen Grund, warum Jugendliche und Ältere als Zielgruppen definiert worden sind. Es ist doch nicht so, dass wir einem 30- oder 40-Jährigen keinen geförderten Job gönnen würden. Wir können doch aber einen flächendeckenden Kombilohn wirklich nicht wollen; denn wir können ihn auch nicht finanzieren.
Wir brauchen Menschen, die von ihrem Einkommen leben können, die von ihrer Arbeit leben können, wenn sie 8, 9 oder 10 Stunden täglich arbei
ten. Selbst die Arbeitgeber fordern nun kräftige Lohnerhöhungen für die Beschäftigten. Es geht dann doch in die falsche Richtung, wenn sich Langzeitarbeitslose, die sich im Zenit ihrer Leistungsfähigkeit befinden, mit Löhnen auf McDonald‘s-Niveau abspeisen lassen sollen.
Deutschland muss ein Hochlohnland bleiben. Ansonsten droht uns ein Rückfall auf das Niveau von Schwellenländern.
Meine Damen und Herren, Sie haben bei der Einführung des Kombilohns leider vergessen, das Thema Mindestlohn anzugehen. Ich darf in diesem Zusammenhang noch einmal an unsere gemeinsame Bundeskanzlerin erinnern, die dem Spiegel am 9. Januar 2006 sagte - ich zitiere -:
„Deshalb muss jede ernsthafte Debatte über Kombilöhne eine zweite Frage beantworten, nämlich die Frage des Mindestlohnes. Es ist natürlich nicht hinnehmbar, wenn Tariflöhne beliebig sinken. Wir wollen schließlich Arbeitsplätze schaffen und keinen Selbstbedienungsladen für findige Unternehmer eröffnen.“
Schöner und zutreffender kann man es, wie ich glaube, nicht formulieren. Leider scheint das nicht in das Bewusstsein der Niedersächsischen Landesregierung gedrungen zu sein. Immer mehr Menschen in Deutschland und auch in Niedersachsen haben kein auskömmliches Einkommen mehr und sind auf ergänzende staatliche Leistungen angewiesen. Immer mehr Menschen befinden sich in prekären Arbeitsverhältnissen.
Herr McAllister hat gestern von den Infrastrukturprojekten berichtet, die das Land finanzieren wird. Er sprach vom Forschungsflughafen Braunschweig, vom Seehafen Brake und von den Planungskosten für die Autobahn A 22.
Ich sage für die SPD-Fraktion ausdrücklich: Alle diese Projekte unterstützen wir natürlich. Sie sprachen aber auch vom Haushaltsansatz für den Tiefwasserhafen. Das wichtigste Infrastrukturprojekt Niedersachsens ist zweifellos der JadeWeserPort. In den Jahren 2009/2010 soll er in Betrieb gehen. In jedem Haushaltsplanentwurf der letzten
Jahre ist aber auch zu lesen gewesen, dass der anstehende Investitionsschwerpunkt wieder um ein Jahr verschoben wird. Als Gründe wurden stets Schwierigkeiten beim Planungsfortschritt oder umweltschutzrechtliche Belange angeführt. Der Fertigstellungstermin hingegen, Frau Ortgies, soll nicht gefährdet sein. Herr Hirche, wir hoffen für Niedersachsen, dass diese Gründe nicht nur vorgeschoben sind. Ich hoffe, dass der Hafen spätestens in fünf Jahren tatsächlich ans Netz gehen wird.
Die Steigerung besonders des Containerverkehrs um jährlich mindestens 10 % erfordert neben den genannten Investitionen für den JadeWeserPort aber auch weitere Investitionen für unsere Häfen in Emden, Cuxhaven, Stade-Bützfleth und Wilhelmshaven.
Es ist wichtig, dass wir unsere Vorhaben deutlich beschleunigen. Wir können es uns nicht länger leisten, dass die Umsetzung wichtiger Infrastrukturprojekte von der Planung bis zur Fertigstellung Jahrzehnte in Anspruch nimmt.
Der Bereich der maritimen Wirtschaft ist der größte Wachstumsbereich in Niedersachsen. Es ist für Niedersachsen ein positiver Ausfluss der Globalisierung, dass der Seehandel boomt. Niedersachsen muss als Küstenland daran teilhaben und darf die nötigen Investitionen nicht auf die lange Bank schieben.
„Investitionen“ ist natürlich ein Stichwort, das in keiner Haushaltsrede fehlen darf. Die Investitionen des Landes sind zu gering. Sie sind zu gering, um das Landesvermögen zu erhalten, und sie sind zu gering, um die heimische Wirtschaft zu stimulieren. Niedersachsen ist mit einer Investitionsquote von 7 % Schlusslicht in Deutschland. Das haben Sie zu verantworten.
Wenn man in die mittelfristige Finanzplanung schaut, stellt man fest, dass auch perspektivisch keine Besserung in Sicht ist. Ganz im Gegenteil, im Jahr 2010 wollen Sie nur noch 6,4 % der Ausgaben investiv einsetzen. Die Menschen in Niedersachsen - das will ich Ihnen an dieser Stelle sagen - können nur hoffen, dass Sie im Jahre 2010
keine Gelegenheit mehr haben, diese wirtschaftsfeindliche Politik fortzusetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin mir sicher, dass Sie hier gleich ausführen werden, dass dies alles nicht stimme
und dass CDU und FDP mittels eines Änderungsantrages deutlich mehr Geld für den Straßenbau und für den Wirtschaftsförderfonds zur Verfügung stellen.
Freuen Sie sich aber nicht zu früh, Herr Althusmann. Ich kann Ihren Haushaltsansätzen nämlich schon lange nicht mehr glauben. Ein Blick in die Vergangenheit beweist doch, dass nicht entscheidend ist, was im Haushalt steht. Entscheidend ist vielmehr, wie viel Geld Sie tatsächlich ausgeben.
Dafür will ich Ihnen einige Beispiele nennen. Nehmen wir einmal den Titel betreffend Beseitigung von Unfallschäden an Landstraßen. Der Ansatz im Jahre 2005 betrug 3,3 Millionen Euro. Tatsächlich ausgezahlt wurden aber nur 1,66 Millionen Euro. Das bedeutet ein Minus von 1,6 Millionen Euro.
Woran liegt das? Hatten wir nur das Glück, dass wir zu wenig Unfälle hatten? - Ich fürchte, nein, denn bis zum 30. Oktober 2006 ist auch nur gut 1 Million Euro ausgezahlt worden, obwohl der Titel abermals mit 3,4 Millionen Euro veranschlagt worden ist.
Nehmen wir als zweites Beispiel den Titel Zuführung zum Wirtschaftsförderfonds, ökologischer Teil. Der Ansatz im Jahr 2005 betrug 4,8 Millionen Euro. Tatsächlich ausgezahlt wurden aber 0 Euro. Unter demselben Titel wurden bis zum 30. Oktober 2006 ebenfalls 0 Euro ausgezahlt. Ich freue mich für die niedersächsische Wirtschaft daher sehr, dass der Ansatz im Jahre 2007 auf 8 Millionen Euro nahezu verdoppelt worden ist. Wahrscheinlich wird dann auch doppelt so viel ausgezahlt, nämlich 0 Euro.
Herr Hirche, was hier geschieht, entspricht nicht dem Willen des Gesetzgebers. Diese Haushaltsansätze haben mit der Wirklichkeit nichts mehr zu tun. Sie fahren zuerst die Haushaltstitel herunter, und dann geben Sie noch nicht einmal die reduzierten Beträge aus. So machen Sie Ihr Ressort zum Abbruchunternehmen, Herr Hirche. Deswegen kritisieren wir das auch.
Das Gleiche gilt für die Kommunalfinanzen. Auch hier sinkt die Investitionsquote. Wir wollen stärkere Investitionen in die Bauunterhaltung, in den Straßenbau und für den Wirtschaftsförderfonds. Wir werden den Kommunen ihren gerechten Anteil an den Steuereinnahmen zurückgeben, damit diese ihre Infrastruktur weiterentwickeln können. Wir wollen darüber hinaus den ÖPNV stärken, indem wir die Kürzungen des Bundes bei den Regionalisierungsmitteln nicht einfach an die Aufgabenträger weitergeben; vielmehr wollen wir für diesen Bereich eigene Mittel, also Landesmittel einsetzen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen. Ihre Wirtschaftspolitik ist ohne Power, setzt keine Akzente und führt Niedersachsen nachweislich auf die Verliererstraße. Was wir brauchen, sind Investitionen und Innovationen für Niedersachsen. Dazu bedarf es nicht nur höherer Haushaltsmittel, sondern vor allen Dingen auch eines Ministers, der bereit ist, die Wirtschaft zu gestalten. - Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wieder auf Platz eins beim Anscheinserwecken. Nirgendwo ist die Hilflosigkeit beim Entwickeln eines Profils so groß wie bei der FDP in Niedersachsen.
Ich meine, dass das heute die richtige Überschrift gewesen wäre.
Wir sind von der FDP-Fraktion ja einiges gewöhnt, was die Aktuelle Stunde betrifft. Ich meine aber, dass das, was Sie, Herr Hermann, hier heute abgeliefert haben, an Dreistigkeit nicht zu überbieten ist.
Es ist an Dreistigkeit wirklich nicht zu überbieten, dass ausgerechnet Sie das Thema Jugendarbeitslosigkeit als Erfolg Ihrer Politik reklamieren.
Natürlich sind wir über jeden Jugendlichen, der in Arbeit oder Ausbildung kommt, froh. Aber schauen wir uns einmal die Fakten an. Erstens. Niedersachsen hat zwar in der Tat mit knapp 24,3 % den stärksten Rückgang bei der Jugendarbeitslosigkeit zu verzeichnen,
mit 10,9 % aber immer noch die höchste Arbeitslosenquote bei den Jugendlichen unter 25 Jahren von allen westdeutschen Flächenländern, meine Damen, meine Herren.
Niedersachsen liegt damit auch immer noch über dem Bundesdurchschnitt, der sich auf 10,7 % beläuft. Mit 3 345 unversorgten Bewerberinnen und Bewerbern ohne Ausbildungsplatz zum 30. September - Berufsbildungsbericht - sind 12 % mehr Bewerberinnen und Bewerber auf der Strecke geblieben.
Herr Hirche, Sie sparen seit Beginn Ihrer Amtszeit regelmäßig bei den Mitteln zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ein. So haben Sie allein in diesem Jahr, wie man aus der Unterlage des Finanzministers ersehen konnte, im Rahmen der Erwirtschaftung der globalen Minderausgabe 1,463 Millionen Euro bei den Mitteln zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit eingespart. Es ist wirklich ein Witz, hier davon zu reden,
dass Ihre Poltik jetzt endlich greift. Wem wollen Sie das eigentlich erzählen?
Sie sollten sich also nicht mit fremden Federn schmücken
und lieber auf Ihren Parteifreund und wirtschaftspolitischen Sprecher Herrn Brüderle hören, der in der Presseinformation 1417 der FDP-Bundestagsfraktion Folgendes mitgeteilt hat - ich zitiere -: Die neuen Arbeitsmarktzahlen sind ein schöner Adventsauftakt. Die Millionen Arbeit Suchenden in Deutschland haben Anlass zur Hoffnung. Niemand sollte sich aber vom Frühling mitten im Herbst berauschen lassen. - Frau Winterstein, Ihre Parteikollegin, auch bekannt, sagt dann in einer Pressemitteilung vom 4. Dezember zur aktuellen Arbeitslosenstatistik: Die aktuellen Arbeitsmarktzahlen zeigen: Es gilt zwar weniger Arbeitslose, aber zur Selbstzufriedenheit besteht kein Grund. Wie recht diese beiden Damen und Herren haben!
Lieber Herr Hermann, lieber Herr Hirche, heute ist ja Nikolaus. Ich muss sagen: Der Einzelhandel in Niedersachsen ist nicht mehr das, was er einmal war. Ich bin heute Morgen bei Lidl und bei Plus gewesen und hatte mir vorgenommen, mir eine schöne Rute für Sie zu kaufen, weil Sie Ihren Job noch nicht gemacht haben. Was ich gefunden habe, ist ein kleiner Weihnachtsmann. Den gebe ich Ihnen. Wenn Sie einmal ordentlich etwas zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit tun, wird es beim nächsten Mal vielleicht ein großer Weihnachtsmann. In dem Sinne: Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 24. Juni dieses Jahres - sozusagen auf dem Höhepunkt der Jagd nach dem Bären Bruno aus Bayern - titelte die Bild mit der Frage: „Ist Minister Glos der Problem-Bär unserer Regierung?“
Rainer Brüderle, FDP-Vize, beantwortete das im Bundestag auf seine Art und sagte, Glos tapse orientierungslos durch die politische Landschaft. Da drängt sich förmlich ein Vergleich mit dem Problembären Bruno auf. Die Zeit ätzte sogar: „Man ist sich auch nach sieben Monaten nicht sicher, ob er sein Amt schon angetreten hat.“
Wie auch immer. Herr Glos hat spätestens am vergangenen Wochenende mit seinen Äußerungen zum Kündigungsschutz deutlich gemacht, dass er wirklich im Amt ist. Dass er dabei den alten Ladenhüter „Aufweichung des Kündigungsschutzes“ strapaziert, um sich zu profilieren, zeigt, auf welch traurigem Niveau dieser Minister mittlerweile angekommen ist.
Zum einen hätte er wissen müssen, dass es bereits im Jahre 2004 eine umfassende Reformierung des Kündigungsschutzrechtes gegeben hat. Zum anderen hätte er nur aufmerksam die Studie des IAB studieren müssen, dann wüsste er - ich zitiere -, dass die Variation der Schwellenwerte im deutschen Kündigungsschutzrecht weder die Zahl der Einstellungen noch die Zahl der Kündigungen messbar verändert hat. Deshalb kann ein signifi
kanter Einfluss auf die Entwicklung des Beschäftigungsniveaus bzw. der Arbeitslosigkeit nicht nachgewiesen werden.
Weil das so ist, meine Damen und Herren, sagt die SPD ganz deutlich: Wir brauchen keine neue Debatte über die Reform des Kündigungsschutzes. Wir als SPD lehnen eine Aufweichung des Kündigungsschutzrechtes ab.
Ganz im Gegenteil: Erfolgreiche Unternehmen haben häufig weit über das Gesetz hinausgehende Regelungen zur Beschäftigungssicherung vereinbart. Sie wissen genauso gut wie viele Handwerksmeister: Nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich mit dem Unternehmen identifizieren, die sich keine Sorge um ihren Arbeitsplatz machen müssen, können tatsächlich Höchstleistungen erbringen. Deswegen ist Kündigungsschutz aus unserer Sicht sogar ein positiver Standortfaktor.
Jetzt - lassen Sie mich auch das sagen -, wo die Menschen endlich wieder etwas Vertrauen in die wirtschaftliche Entwicklung gewonnen haben, die Binnenkonjunktur offensichtlich wieder angesprungen ist, ist eine solche Debatte sogar schädlich. Das haben offensichtlich auch Herr Hundt und seine Kollegen aus dem Arbeitgeberverband gelernt. Gestern gab es beim BDA darüber keine Diskussion. Der Vorschlag von Herrn Glos ist ja auch nicht aufgenommen worden.
Herr Wulff und Herr Hirche, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der CDU - und insbesondere Herr Rüttgers versucht ja seit geraumer Zeit, sozialpolitisches Profil für die CDU zu entwickeln;
das durften wir an verschiedenen Vorschlägen lernen -, binden Sie dem Wahlvolk nicht weiter einen Bären auf, schon gar nicht den Glos`schen Bären, sondern bekennen Sie sich hier und heute ganz deutlich zu dem bestehenden Kündigungsschutz. Dann hätte diese Aktuelle Stunde ein wenig Klarheit über die Zielrichtung der CDU geschaffen. Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Hirche, wenn Sie hier vom Ablenkungsmanöver der SPD-Fraktion sprechen, wenn Sie uns quasi als betonköpfig darstellen, dann kann ich nur sagen: Ablenkungsmanöver macht Herr Glos, und Betonköpfe sind diejenigen, die nicht erkennen wollen, dass auch auf dem Arbeitsmarkt stabile Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen.
Wenn Sie sagen, die Wirtschaft braucht stabile Rahmenbedingungen, dann sage ich: Die Debatte um den Kündigungsschutz braucht endlich einmal Verlässlichkeit. Vor zwei Jahren ist der Kündi
gungsschutz verändert worden. Er wurde im Koalitionsvertrag nicht umgesetzt, weil es nämlich ein Junktim gibt, und zwar das Thema der befristeten Beschäftigung ohne sachlichen Grund. Dafür, Auftragsspitzen abzuarbeiten, gibt es zwei Instrumente: Zeitarbeitsfirmen und ohne sachlichen Grund befristete Beschäftigungsverhältnisse.
Herr Hirche, ich würde mir wünschen, dass wir endlich einmal auf den Punkt kommen, damit diese unsägliche Diskussion, in der wir uns gegenseitig Vorwürfe machen, endlich aufhört.
Herr Dinkla, von der CDU-Fraktion hätte ich mir ein bisschen mehr erwartet, nämlich dass Sie heute einmal klare Position beziehen. Sie haben sich aber darum herumgedrückt. - Schönen Dank.
Herr Präsident! Herr Minister, unabhängig von der Fragestellung, ob nun das Versuchsanlagengesetz oder das Personenbeförderungsgesetz die bessere Anwendungsgrundlage dargestellt hätten, frage ich vor dem Hintergrund der Medienberichterstattung, wonach verantwortliche Mitarbeiter der TVE Vorschläge zu einer besseren technischen Sicherung gemacht haben sollen, ob solche Vorschläge bekannt sind und, wenn ja, mit welcher Begründung diese Vorschläge nicht umgesetzt worden sind.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die erneute Debatte über die Ausbildungsplatzsituation in Niedersachsen hier im Plenum könnte vom Zeitpunkt her wohl nicht besser gewählt sein als jetzt. Seit wenigen Stunden liegen die aktuellen, die neuen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit und der anderen Ausbildungsmarktpartner vor.