Claus Peter Poppe

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Last Statements

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schwer, gegen so viele zum Teil wiederholte Unwahrheiten anzuargumentieren.
Zwei Punkte liegen mir nun aber doch am Herzen:
Erstens. Die Anträge und das Programm der SPD beschreiben im Detail sowohl das Ziel als auch
den Weg hin zu einer stärkeren individuellen Förderung und zu mehr Unterrichtsqualität.
Was aber die CDU will, wissen die Bürgerinnen und die Bürger auch nach der heutigen Diskussion nicht.
Wenn Sie der einfachen Streichung des Satzes „Neue Gesamtschulen dürfen nicht errichtet werden.“ heute nicht zustimmen, dann haben Sie etwas anderes im Hinterkopf: Sie wollen den Elternwillen nach wie vor behindern. Sie wollen verzögern.
- Herr Klare, da Sie gerade lachen, möchte ich Sie einmal zitieren. Sie haben gesagt: Das machen wir dann im Februar/März. - Wissen Sie, dass im Februar die konstituierende Sitzung stattfindet und dass im März keine Sitzung vorgesehen ist? - Wie wollen Sie das dann hinkriegen?
Wer auch immer das machen will. Wir sind dafür, dass es jetzt geschieht und dass die Initiativen jetzt Klarheit haben.
Zweitens. Es ist schon eine ziemliche Frechheit,
mehrfach zu wiederholen, die SPD wolle das Gymnasium, irgendeine Schulform abschaffen.
Herr Schwarz, Sie wissen noch nicht einmal, was eine Regelschule ist. Die Gesamtschule steht als Regelschule im Schulgesetz.
In unserem Antrag und in allen Fassungen des Programms der SPD heißt es wörtlich: Wir werden deshalb diese neue Schule nicht von oben verordnen. Eine solch grundlegende Umwandlung der Schullandschaft ist nur in Übereinstimmung mit
Eltern, Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern sowie Kommunen möglich.
Das wollen Sie aber nicht zur Kenntnis nehmen, Herr Klare. Bei PISA wären Sie im Leseverständnis durchgefallen.
Ich möchte zum Schluss sagen: Die Klares, die Körtners und alle anderen Vertreter dieses seltsamen Bündnisses für das gegliederte Schulwesen haben gesagt, sie wollten den Schulkampf.
- Der Philologenverband hat dies gesagt. Ich sage Ihnen dazu: Sie können diesen Kampf nicht haben; denn für uns ist das kein Wahlkampfgeplänkel.
Für uns ist das eine pädagogische Herzensangelegenheit.
Wir wissen: Eine bessere Bildung ist für die Zukunft unserer Kinder und für die Zukunft unseres Landes notwendig. Wir wissen auch: Dieses Land kann es sich nicht leisten, 10 bis 20 % Bildungsverlierer dadurch, dass man Kinder mit zehn Jahren aussortiert, zurückzulassen. Wir halten eine schulische Weiterbildung hin zu mehr individueller Förderung und mehr schulische Qualität für unabdingbar. Erst dann kommt die Schulstrukturfrage ins Bild; denn es gilt:
Pardon. - Unser Programm speist sich aus der Kenntnis, dass die Zementierung der derzeit vorhandenen Strukturen Chancen verhindert. Unser Gesetzentwurf und unser Antrag weisen einen Weg auf. Machen Sie sich mit uns auf diesen Weg!
Frau Körtner, es hat nur noch gefehlt, dass Sie sagen: sozialistische Zwangseinheitsschule.
- Das ist aber nur etwas für Ihre Schenkelklopferfraktion. - Frau Körtner, da Sie in Bad Münder selbst gesagt haben, dass derjenige, der eine Gesamtschule wolle, CDU wählen müsse, will ich anmerken: Da sind Sie selbst entlarvt!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zurück zur eigentlichen Fragestellung. In der Studie „Innovationsland Niedersachsen“ der NORD/LB ist im Kapitel „Innovations- und Technologiepolitik in Niedersachsen“ nachzulesen:
„Erfolge dieser expliziten Schwerpunktsetzung auf die Förderung des Mittelstandes sind bisher jedoch kaum erkennbar: Noch konzentriert sich die Mehrzahl der betrieblichen Innovationsaktivitäten Niedersachsens … in den Großunternehmen im Land.“
Meine Frage: Welche Konsequenzen wird die Landesregierung aus dieser Schieflage ziehen?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Busemann, Sie haben sich wieder einmal als Nebelwerfer betätigt. Durch langes Reden haben Sie versucht, von Schwächen abzulenken. Sie haben um das zentrale Problem herumgeredet, das lautet: Es gibt in Deutschland eine viel zu enge Verknüpfung zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg.
Dies ist inzwischen - Sie haben es auch eingestanden - nicht mehr nur eine Behauptung, sondern eine statistisch vielfach belegte Tatsache. Auch und gerade Kinder aus Einwandererfamilien sind davon in besonderer Weise betroffen. Wenn dies so ist und es sich auch nicht bessert, sondern geradezu noch verfestigt, dann ist das in einem reichen Land wie Deutschland ein handfester Skandal.
Wir sollten uns darüber einig sein - hier bin ich es auch mit Ihnen -, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht.
Insofern sind Zielsetzung und Ansatz der Großen Anfrage der Grünen-Fraktion nur folgerichtig. Sie versucht, im Detail zu eruieren, wie sich die Situation speziell in Niedersachsen darstellt, wie sie sich in den letzten Jahren entwickelt hat und was getan werden kann und muss, um die Situation zu verändern. Es ist ebenfalls als positiv zu vermerken, dass die Antwort der Landesregierung nicht nur ein Zahlengrab ist, sondern sich gleichzeitig um eine umfassende Sachdarstellung bemüht.
Allerdings wird der interessierte Leser den Verdacht nicht los - dies gilt für Ihre Rede ebenso -, dass die Länge der Darstellung nicht in erster Linie der Aufklärung des Sachverhaltes dient, sondern in vielen Fällen eher der Vernebelung.
Beim Überprüfen der Einzelheiten bestätigt sich dieser Verdacht immer mehr. Täuschen, Vertu
schen und Schönreden heißt die durchgängige Devise.
Ich will einige Beispiele für Worthülsen zitieren:
„Die sprachliche Bildung soll als Querschnittsaufgabe in den Kindertagesstätten implementiert werden.“
Ja, Wahnsinn! So konkret werden Ausländerkinder in Niedersachsen gefördert. Oder:
„Die Länder setzen sich für die Einführung systematischer und zielgerichteter Elternansprache und -information ein, möglichst in Zusammenarbeit mit den Migrantenvereinen.“
„Die Länder“? - Hier wurde nach Niedersachsen gefragt. „Setzen sich ein“? - Waren sie dabei erfolgreich? „Möglichst in Zusammenarbeit“? - Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein!
Meine Damen und Herren, klare Antworten sehen anders aus, energisches Handeln sieht erst recht ganz anders aus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht mir nicht darum, gute Ansätze zu diskreditieren. Die unter einer SPD-Regierung eingeführte Sprachförderung vor der Einschulung haben Sie weitergeführt. Das ist gut so; denn sie ist und bleibt wichtig. Leider geht sie aber auf Kosten der Sprachförderung in der Grundschule, und das ist eine Katastrophe.
Dass die Landesregierung das bisher nur höchst nebulös beschriebene sogenannte Brückenjahr schon zu den positiven Maßnahmen zählt, zeigt nur ihre Hilflosigkeit.
Es wird auch gar nicht erst versucht, die Fragen ihrer Intention gemäß zu beantworten. Auf der einen Seite wird bestätigt:
„Nach dem ersten nationalen Bildungsbericht... weist fast ein Fünftel der niedersächsischen Bevölkerung...
individuelle oder familiale Zuwanderungserfahrungen auf; der für den Bildungsbereich relevante Anteil bei den unter 25-Jährigen liegt bei 27,2 %, bei den 0- bis 6-Jährigen sogar bei 32,5 %.“
Dann aber wird für die Beantwortung der Fragen lediglich das Merkmal „ausländische Staatsangehörigkeit“ herangezogen, wovon 7 % der Gesamtschülerschaft betroffen sind. Für das Erkenntnisinteresse der Fragenden ist dies eine gravierende Verengung, die unter Umständen zu einer erheblichen Verzerrung der Ergebnisse führen kann.
So können die Antworten in Teil A nur als peinlich bezeichnet werden.
Neben die Einleitung gestellt, bringen sie eine Einstellung zum Ausdruck, die sich etwa so umschreiben lässt: Wir sind toll, aber bezüglich der Daten und Fakten haben wir keine Ahnung. - Beispiele:
„Zu 1: Angaben über deutsche Staatsangehörige, die ursprünglich aus anderen Herkunftsländern kommen, stehen nicht zur Verfügung...
Zu b: Angaben liegen nicht vor....
Zu 2.:... Vergleichbare Angaben... liegen im NLS nicht vor.“
Diese Liste ließe sich noch verlängern.
Meine Damen und Herren, es gibt zwei Konsequenzen, die man aus solchen Antworten ziehen kann. Die eine hätte mein Volksschullehrer angewandt; er hätte gesagt: Busemann, geh in die Ecke und schäm dich! - Die andere ist positiver gewendet, und ich kann sie nur dringend empfehlen: Verschaffen Sie sich endlich eine vernünftige Datenbasis!
Die Fragen 7 bis 10 befassen sich mit dem Übergang in die Sekundarstufe I, und zwar zum einen
mit der Empfehlung durch die Lehrkräfte und zum anderen mit der tatsächlichen Verteilung auf die Eingangsklassen der verschiedenen Schulformen. Es ist so, wie es nicht anders zu erwarten war: Schon bei den Empfehlungen sind die Kinder mit nicht deutscher Herkunftssprache beim Gymnasium gravierend unterrepräsentiert und bei der Hauptschule dramatisch überrepräsentiert. Bei der tatsächlichen Einschulung 2006 in Klasse 5 sind 13,5 % der Kinder insgesamt in den Hauptschulklassen, aber 24,5 % der ausländischen Kinder. Fast gleich ist die Verteilung bei den Realschulen. Aber während 40 % eines Jahrgangs zum Gymnasium gehen, sind es nur 19,2 % der ausländischen Schülerinnen und Schüler.
Meistens, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind es sprachliche Probleme, die zu den ungleichen Empfehlungen führen. Dies zeigt, dass es nicht ausreicht, vorschulische Sprachförderung zu betreiben.
In der Grundschule muss die Unterstützung ganz gezielt weitergehen.
Mit diesem frühzeitigen Aussortieren werden Bildungsnachteile zementiert.
Unter diesen Umständen ist es kein Wunder, wenn der aktuelle Bildungsmonitor des Instituts der Deutschen Wirtschaft vom August 2007 zu dem Ergebnis kommt, dass junge Menschen mit Migrationshintergrund in Niedersachsen besonders benachteiligt sind. Meine Damen und Herren, das ist nicht nur unsozial, das ist auch unchristlich.
Das niederschmetternde Ergebnis wird durch die deutliche Überrepräsentanz ausländischer Schüler in der Förderschule Schwerpunkt Lernen ergänzt. Während ausländische Schüler 7 % der Gesamtschülerschaft ausmachen, sind sie in den Förderschulen L mit rund 20 %, dem fast dreifachen Wert, vertreten. Mit Sicherheit würde das Zahlenverhältnis noch dramatischer, wenn, wie gefragt, alle Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund, vor allem also die Aussiedlerkinder, in die Statistik einbezogen würden. Es ist nur folgerichtig,
meine Damen und Herren, dass sich die Ungleichheiten auf den weiteren Stufen des Bildungsweges fortsetzen und verschärfen. Ich erspare es mir, dazu Zahlen zu nennen.
Die Ergebnisse, die hier aufgeführt werden, sind blamabel. Ganz eindeutiges Fazit des ersten Teils der Antwort auf die Große Anfrage ist: In Niedersachsen sind die Bildungschancen in dramatischer Weise ungleich verteilt.
Niedersachsen vergeudet damit ein ungeheures Potenzial.
Leider kann ich aus Zeitgründen nicht mehr auf alle Besonderheiten des dann folgenden Teils der Antwort hinweisen. Ich nenne daher nur einige Beispiele: Die Regierung gesteht in der Antwort ein, dass sie die Förderung der außerschulischen Hausaufgabenhilfe abgeschafft hat. CDU und FDP haben funktionierende Hilfesysteme brutal zerschlagen.
Gleiches gilt für den herkunftssprachlichen Unterricht, den Sie so gelobt haben, Herr Minister. Die Lehrerstunden dafür sind dramatisch gesunken. Dann noch in der Antwort darauf zu verweisen, dies sei bedarfsgerecht, ist eine Verhöhnung der Betroffenen.
Letzter Punkt: Während das CDU-regierte Nordrhein-Westfalen eine groß angelegte Werbekampagne für den Lehrerberuf unter Jugendlichen aus Einwandererfamilien gemäß dem Motto „Türken an die Tafel“ starten will, schreibt die Niedersächsische Landesregierung:
„Besondere Werbemaßnahmen mit dem Ziel, Studienberechtigte aus Einwandererfamilien für die Aufnahme eines Lehramtsstudiums zu gewinnen, sind von der Landesregierung nicht beabsichtigt.“
Wir sehen also nicht nur Blockade, sondern auch noch Desinteresse.
Meine Damen und Herren, Niedersachsen braucht eine andere, eine bessere, eine sozialere, eine gerechtere, eine offenere Schulpolitik.
Frau Präsidentin! Herr Schwarz, meine Kurzintervention geht in die gleiche Richtung: Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass es ein Geben und Nehmen ist, dass beide Seiten zur Integration beitragen müssen. Aber bei der Großen Anfrage war die Position der Landesregierung gefragt. Es geht darum, was das Land tut.
Ich will Ihnen aus meinem Erfahrungsbereich ein Beispiel nennen. Es gibt einige Bereiche des Landes, in denen die sehr hohe Zahl von Bekenntnisgrundschulen dazu führt, dass diese entgegen der ursprünglichen Intention nicht mehr einer konfessionellen Orientierung dienen, sondern einer Trennung nach Herkunftsländern
und dass die wenigen Schulen für Schüler aller Konfessionen an diesen Standorten fast nur noch von Kindern nicht deutscher Herkunft besucht werden. Das ist ein unhaltbarer Zustand, und den hat das Land zu verantworten.
Die Möglichkeiten, noch mit Verordnungen einzugreifen, sind erschöpft. Entgegen allen großspurigen Ankündigungen - u. a. von Ihnen, Herr Klare - aus früheren Legislaturperioden ist vor allem die CDU in diesem Bereich mit allen Regelungsversuchen gescheitert. Auch hier besteht gerade im Interesse der Kinder dringender gesetzlicher Handlungsbedarf.
Herr Minister, nach all den Ablenkungsmanövern, die wenig zur Sache, nämlich zu der Frage der IGS Schaumburg beigetragen haben, können wir vielleicht zum Thema zurückkommen. Herr Minister, Sie sagen immer, dass dann, wenn die Integrierten Gesamtschulen ihre Zügigkeit ausfüllen würden, das Problem vom Tisch sei. Sollen wir daraus schließen, dass sich die IGS Schaumburg 13-zügig organisieren müsste, um die jetzt anfallende Schülerzahl auch nur annähernd unterbringen zu können?
Herr Minister, die kaum kaschierten Vorwürfe aus den Reihen der CDU-Fraktion und von Ihnen selbst an die Eltern, die die Hauptschulen meiden und die IGSen suchen, bedürfen einer Korrektur. Dafür gibt es ja eine ganz einfache Erklärung. In einem Kommentar hat sie Ihnen auch die Hanno
versche Allgemeine Zeitung gegeben. Ich zitiere nur einen Satz als Erklärung:
„Diese Eltern haben den Wunsch, dass die Entscheidung über die Schullaufbahn ihrer Kinder nicht in so frühen Jahren fällt.“
Das ist eine einfache Erklärung. Dann brauchen Sie nicht immer zu sagen „Die wissen nicht, was gut für sie ist; und die wissen nicht, dass die IGSen nicht die Qualität haben“. Sie haben gerade wieder versucht, die Qualität der IGSen schlechtzureden. Ich werde nie etwas Negatives über das Engagement von Hauptschullehrern sagen, sondern werde es immer betonen. Ich bitte Sie, es im Hinblick auf die IGSen genauso zu tun.
Sie haben aber die Frage nicht beantwortet: Wie weit müssen eigentlich die Anmeldezahlen bei den Hauptschulen noch zurückgehen, bis Sie anerkennen, dass Ihre angebliche Schulstrukturreform gescheitert ist? Ich will es zuspitzen und fragen: Wollen Sie, wenn die Zahlen immer noch weiter zurückgehen, den Elternwillen einschränken, oder wollen Sie sich andere Eltern suchen?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Finanzhilfe für Schulen in freier Trägerschaft ist im Laufe der Jahrzehnte zu einem hoch kompliziertem Regelwerk geworden. Es gab über Jahre eine wachsende Unzufriedenheit bei den freien Schulen, die daraus resultierte, dass sich einige Entwicklungen in der Gehaltsstruktur nicht in der Finanzhilfe widerspiegelten. Vereinfacht gesagt: Die Kosten stiegen; die Finanzhilfe stieg prozentual und real nicht entsprechend.
Was folgte, waren lange, intensive Verhandlungen mit dem Ziel einer besseren Ausstattung und größeren Durchschaubarkeit des Finanzhilfesystems. Diese sind nun zu einem von allen Seiten akzeptierten Ergebnis gelangt. Dieses Ergebnis ist schon bei der Einbringung des Gesetzentwurfes von allen Fraktionen dieses Hauses gelobt und anerkannt worden.
Deutlich wird daraus: Es gibt in diesem Hause eine breite Übereinstimmung in der Förderung und eine große Zustimmung zur angemessenen Ausstattung der Schulen in freier Trägerschaft. Das sage ich ausdrücklich auch für die SPD-Fraktion.
Wie fachkundig und intensiv in den Verhandlungen um jedes Detail gerungen worden ist, zeigt sich auch darin, dass sich die Anmerkungen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes zu den neuen §§ 150, 155 und 161 und den jeweiligen Folge
änderungen auf marginale, redaktionelle Änderungen beschränkten: das eine oder andere Komma, die Bezeichnung „Kultusministerium“ anstelle von „oberste Schulbehörde“.
Es heißt aber kaum, Wasser in den Wein zu gießen, Herr Klare, wenn ich anmerke, dass für den juristischen Laien die neuen Formulierungen durchaus nicht in jedem Fall ganz transparent erscheinen. Versuchen Sie einmal - helfen Sie mir! -, als normaler Mensch die folgenden Sätze zu verstehen, die ich mit Genehmigung des Präsidenten zitiere! Es handelt sich um § 155 Abs. 1 Sätze 7 und 8:
„Überschreitet die nach Satz 6 ermittelte Zahl der Lehrkräfte an den Schulen eines kirchlichen Schulträgers, die derselben Schulform zugehören, die für diese Schulen nach Satz 2 maßgebliche Höchstzahl, so werden die für alle schuleigenen Lehrkräfte dieser Schulform tatsächlich getragenen Kosten gemäß Absatz 3 Sätze 1 und 2 Nr. 1 sowie der entsprechende Abgeltungsbetrag nach Absatz 3 Satz 3 nur in Höhe eines Betrages erstattet, der wie folgt zu ermitteln ist: Die Summe der tatsächlich getragenen Kosten gemäß Satz 7 ist durch die Zahl der schuleigenen Lehrkräfte zu teilen und mit derjenigen Zahl zu multiplizieren, die sich als Differenz zwischen der nach Satz 2 maßgeblichen Höchstzahl und der Zahl der nach Absatz 2 Satz 1 beurlaubten Lehrkräfte ergibt.“
Nein.
- Ja.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, viel Spaß bei dieser PISA-Aufgabe! Ernsthaft betrachtet, zeigt sie, wie kompliziert das Beziehungsgeflecht zwischen Staat und - in diesem Fall kirchlicher Schule tatsächlich ist. Es ist nicht zu entwirren, es sei denn, man wollte ganz radikal auf Privatfinanzierung ohne jede staatliche Hilfe setzen. Das aber will in diesem Hause niemand, nicht wir und offenbar nicht einmal die FDP.
Da alle Beteiligten diesen mühsam erarbeiteten Kompromiss tragen, sieht auch die SPD-Fraktion keinen Grund, ihn abzulehnen. Bei aller Komplexität ist dies eine in gemeinsamer Verantwortung erarbeitete Weiterentwicklung der in der Niedersächsischen Verfassung festgelegten Förderung von Schulen in freier Trägerschaft unter der Aufsicht des Landes. Wir bekennen uns ausdrücklich dazu.
Bezüglich der Gesetzesvorlage insgesamt aber ist, wie schon in der ersten Beratung, auch heute anzumerken: Die Überschrift ist ein Etikettenschwindel. Denn es wird der Eindruck erweckt, die Privatschulfinanzierung sei das Hauptthema. Tatsächlich aber besteht der Gesetzentwurf aus drei unterschiedlichen Blöcken.
Neben den Finanzierungsfragen ist Artikel 2 unstrittig, durch den verschiedene Rechtsvorschriften, die bis in das Jahr 1837 zurückreichen, aufgehoben werden.
In Artikel 1 Nrn. 1 bis 32, 36 und 37 gibt es einen dominierenden Teil, den ich schon bei der ersten Beratung als Beseitigung der gröbsten Pannen bei der Einführung der Eigenverantwortlichen Schule bezeichnet habe. Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion sieht sich an ihrer grundsätzlichen Kritik an der damaligen Gesetzgebung bestätigt. Diese war übereilt und dadurch rechtstechnisch nachlässig gearbeitet.
Sie gab und gibt den Schulen nicht die Freiheiten, die mit der Bezeichnung „eigenverantwortlich“ suggeriert werden.
Wir stimmen auch in diesem Teil der heutigen Vorlage zu; denn es ist uns in der Beratung gelungen, das Niedersächsische Schulgesetz von einer ganzen Reihe unsinniger und praxisferner Regelungen zu befreien. Diesen Erfolg möchten wir selbstverständlich durch eine Zustimmung bekräftigen.
Zur Erläuterung: Der Hintergrund der zu korrigierenden Unstimmigkeiten ist in den meisten Fällen die Tatsache, dass der Schwerpunkt der Gesetzesänderung bei der Eigenverantwortlichen Schule in der veränderten Aufgabenverteilung der Gremien und der Schulleiterin bzw. des Schulleiters lag. Er war also leider mehr organisatorischer als gestalterischer Art. Diese veränderte Gewichtung war nicht bis ins Detail durchdacht. In jedem einzelnen Fall musste geprüft werden, ob in der Praxis nun Schulleiterin oder Schulleiter, Schulvorstand oder Gesamtkonferenz die Entscheidungen treffen. Das blieb oft unklar.
Man kann also mit gutem Recht von einer unklaren Zielsetzung dieser Regierung und von handwerklichen Fehlern sprechen, die zu beheben waren. Ich möchte Ihnen dazu drei Beispiele anführen.
Das erste Beispiel betrifft die kleinen Schulen, meistens Grundschulen mit nur wenigen Lehrkräften. Für diese war eine komplizierte Regelung mit möglichen Doppelgremien vorgesehen. Die von der SPD beantragte und durchgesetzte Formulierung lautet nun:
„Hat eine Gesamtkonferenz weniger als vier Lehrkräfte, so nimmt die Gesamtkonferenz die Aufgaben des Schulvorstandes wahr.“
Das ist ein gutes Beispiel für eine Verwaltungsvereinfachung im Sinne der Betroffenen.
Darauf, dass nach der bisher geltenden Rechtslage die Schulleiterin oder der Schulleiter den Vorschlag zur Besetzung der eigenen Nachfolge selbst an die Schulbehörde abzugeben hat, habe ich schon in der ersten Beratung hingewiesen. Diese Aufgabe ist nun sinnvollerweise ebenso auf den Schulvorstand übertragen worden wie z. B. der Antrag, die Schule als Ganztagsschule zu führen.
Über die Einführung von Schulbüchern entscheiden in Zukunft die Fachkonferenzen im Rahmen der Beschlüsse der Gesamtkonferenz. Auch das ist eine Klärung auf Antrag der SPD-Fraktion.
Dass auch bei den Regelungen zur kollegialen Schulleitung noch Veränderungen vorgenommen wurden, die deutlich machen, wie sehr eine Schulleiterin oder ein Schulleiter noch Aufgaben delegieren kann, erwähne ich nur noch zum Schluss.
Der SPD-Fraktion liegt daran, zu verdeutlichen, dass wir es zwar mit einer Stärkung der Rolle der Schulleiterin oder des Schulleiters zu tun haben, dass in einer guten Schule - gerade in einer selbstständigen oder einer Eigenverantwortlichen Schule - nach wie vor demokratische Abläufe und das Bemühen um eine gemeinsame Entscheidungsfindung die Basis des Schullebens bilden und nicht Befehl und Gehorsam. Und das, meine Damen und Herren, soll auch so bleiben. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Finanzhilfe für Schulen in freier Trägerschaft wird heute ein Entwurf mit einer langen Vorgeschichte in die Beratung eingebracht. Vorausgegangen sind intensive und oft auch zähe Verhandlungen mit dem Ziel, eine transparentere und weniger Schwankungen verursachende Regelung
zu finden als bisher. Die Fraktionen waren im Zuge mehrerer Gesprächsrunden mit den betroffenen Verbänden der Schulen in freier Trägerschaft darin einbezogen. Die SPD-Fraktion hat konstruktiv mitgewirkt und auch der notwendigen Verlängerung der Beratungszeit zugestimmt. Sie hat gezeigt, dass sie den freien Schulen positiv und unvoreingenommen gegenübersteht.
So ist es letztlich zu dem heute vorliegenden Entwurf gekommen, der von einer Kommission aus Kultusministerium und Verbänden - die kirchlichen Träger eingeschlossen - erarbeitet wurde. Dass bei dieser schwierigen Materie eine einvernehmliche Regelung zustande gekommen ist, ist keinesfalls selbstverständlich und sehr zu begrüßen. Allen Beteiligten ist auch von unserer Seite dafür zu danken.
Die Detailberatungen im Ausschuss werden nach dieser Vorgeschichte sicherlich konstruktiv und zielorientiert sein. Zu warnen ist allerdings vor der Illusion, mit den neuen Berechnungsmodalitäten wären die Finanzierungsprobleme selbst auf Dauer gelöst. Durchschaubarkeit hat auch diese Regierung noch nie von Kürzungen abgehalten, auch nicht in dieser Legislaturperiode, Wahlkampfzeiten vielleicht ausgenommen.
Im Übrigen wird die Stellungnahme des Landesrechnungshofes in den Ausschussberatungen sicherlich von großem Interesse sein, z. B. zu den über die Ergebnisse der Arbeitsgruppe hinausgehenden Ergänzungen etwa in § 155, in dem es um Versorgungsbezüge für Lehrkräfte geht, und zu ihren Konsequenzen.
Meine Damen und Herren, so weit, so entspannt und optimistisch stimmend. Wer sich aber den Gesetzentwurf genau ansieht, reibt sich verwundert die Augen und sucht nach all dem, worüber ich soeben gesprochen habe. Erst nach drei mit einer Fülle von Detailregelungen prall gefüllten Seiten findet sich der § 150: Berechnung der Finanzhilfe.
32 Punkte zuvor und eine Handvoll weitere im späteren Text befassen sich überhaupt nicht mit dem in der Überschrift angekündigten Thema, sondern mit notwendigen Korrekturen des Gesetzes zur Einführung der Eigenverantwortlichen
Schule. Insofern ist die Überschrift tatsächlich ein übler Fall von Etikettenschwindel.
Herr Albrecht, ich kann Ihnen da nicht zustimmen. „Gesetz zur Reparatur der gröbsten Pannen bei der Eigenverantwortlichen Schule und am Rande zur Reform der Finanzhilfe“ wäre passender gewesen.
- Das können sie dreimal sagen. Ich erkläre es Ihnen auch. Stereotyp tauchen in der Begründung des Gesetzentwurfes folgende Formulierungen auf: „notwendige Änderung aufgrund der Änderungen aus dem Gesetz... vom 17. Juli 2006“, „notwendige Korrektur“ oder - als deutlichstes Eingeständnis - „notwendige Korrektur von fehlerhaften Verweisungen“. Hier rächt sich der Schweinsgalopp bei den Gesetzesberatungen 2006. Der SPDFraktion und dem GBD ist es damals nicht gelungen, die Mehrheitsfraktionen auf den Grundsatz „Sorgfalt vor Schnelligkeit“ festzulegen. Es ist nur teilweise gelungen, sie vor handwerklichen Fehlern zu bewahren. Dabei handelt es sich durchaus nicht um Kleinigkeiten.
Wenn z. B. Aufgaben des Schulvorstandes ergänzend eingefügt werden, dann ist das eine gravierende Veränderung. In einem Fall sorgt sie sogar dafür, dass die Schulleiterin oder der Schulleiter nicht mehr selbst und allein dafür zuständig ist, Vorschläge für die eigene Nachfolge zu unterbreiten. Ja, derartig widersinnige Bestimmungen waren bisher im Gesetz enthalten. Das wird erst jetzt geregelt.
Dass pädagogische Mitarbeiter in den Schulvorstand gewählt werden können, sollte für alle Schulen, nicht nur für die Grundschulen gelten. Auch das wird erst jetzt widerspruchsfrei geregelt.
Bei der kollegialen Schulleitung werden Verweisungen eingefügt, die dafür sorgen, dass auf die Aufgaben, die dem Schulleiter oder der Schulleiterin vorbehalten sind, korrekt hingewiesen wird, wobei nicht ganz verständlich ist, warum diese dann auch noch ausgeweitet werden sollen.
Auch die Definition des Förderbedarfs wird neu eingefügt, der Paragraf über die Förderschulen grundlegend verändert.
Das sind keine Kleinigkeiten, Herr Klare. Weitere Beispiele aufzuzählen, verbietet nur die Zeit. Es wäre leicht möglich.
Mit Mühe muss also jetzt geglättet werden, was vor einem Jahr übereilt und in Inhalt und Form fragwürdig auf den Weg gebracht wurde. Die Leidtragenden sind die Schulen. Sie wissen nämlich ein halbes Jahr nach der Verabschiedung des Gesetzes in vielen Einzelheiten noch immer nicht, was gelten soll. Dabei war das angeblich der Hauptgrund für die damalige Eile: Die Schulen sollten frühzeitig wissen, was auf sie zukommt. Nichts dergleichen ist passiert. Das untergesetzliche Regelwerk ist kaum entwickelt. Zu den immer wieder angekündigten und geforderten Unterstützungssystemen hört man bisher nur hilflose Vorankündigungen. Man könnte meinen, es seien keine Regierungsfraktionen am Werk gewesen, sondern eine „gruppo dilettanti“. Auch der Verband Bildung und Erziehung hat deshalb aktuell kritisiert, die Eigenverantwortliche Schule sei nicht zu Ende gedacht.
Meine Damen und Herren, natürlich werden wir als SPD-Fraktion uns gern und aktiv an den Aufräumarbeiten beteiligen. Wir stellen dabei mit Freude fest, dass eine Reihe von Punkten alte Forderungen von unserer Seite aufgreift,
allerdings ohne die grundsätzliche Schwäche der Eigenverantwortlichkeit am langen Zügel des Gutsherrn zu beseitigen.
Auch in den Details wird nicht alles von vornherein konsensfähig sein. Zum Beispiel ist nicht ohne großes Wohlwollen einzusehen, warum in § 38 b die Regelung für kleine Schulen bezüglich der Bildung eines Schulvorstandes nicht auch geändert wurde. Aber grundsätzlich ist auch uns an der Beseitigung von Mängeln im Sinne der betroffenen Schulen selbstverständlich gelegen.
Meine Damen und Herren, eine Schlussbemerkung. Manchmal scheint mir, als verließe die Re
gierung schon jetzt der Mut. Mehr Freiheit für die Schulen wird gefordert und dann gleich wieder eingeschränkt, z. B. in der reichlich spät kommenden Informationsschrift „Fragen und Antworten zum Schulvorstand“. Auch hier einige Beispiele: Warum soll der Schulvorstand nicht selbst beschließen dürfen, bei der Beratung bestimmter Tagesordnungspunkte die Schulöffentlichkeit zuzulassen, etwa die Mitglieder der Gesamtkonferenz, des Schulelternrates oder des Schülerrates?
- Das wäre Eigenverantwortlichkeit, Herr Klare. Nun nehmen Sie doch einmal einen Rest Ihrer Fähigkeit zum Zuhören zusammen!
Warum darf die Geschäftsordnung des Schulvorstandes eigentlich keine Regelungen zur Beschlussfähigkeit enthalten?
Stattdessen werden genaue Regelungen vorgegeben. Auch hier ließe sich die Liste fortführen. Das alles passt zur Halbherzigkeit des ganzen Verfahrens.
Dazu passt auch, das wesentliche Änderungen des Schulgesetzes zur Eigenverantwortlichen Schule verschämt zwischen weitgehend unstrittiger Finanzhilfe und unstrittiger Aufhebung von Gesetzgebungsrelikten aus dem Kaiserreich versteckt sind. Mehr Mut wäre angebracht. Wenn Sie ihn nicht haben, bringen wir ihn halt ab 2008 auf. Danke schön fürs Zuhören.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Diskussion um das beitragsfreie Kita-Jahr gibt es einige begriffliche Verwirrung bis hin zur Unkenntnis. Weil Sie gegenüber Herrn Wulf in Bezug auf den Begriff „Schulkindergarten“ etwas ausweichend geantwortet haben, möchte ich zwei Punkte
dazu ansprechen. Die CDU propagiert ja das Schulkindergartenjahr. Wenn man den Begriff „Schulkindergarten“ einmal nachschlägt, findet man Definitionen wie die folgenden:
„Der Schulkindergarten ist Teil der Grundschule und hat die Aufgabe, vom Schulbesuch zurückgestellte Kinder bis zur Schulfähigkeit zu fördern.“
Oder:
„... eine Einrichtung für Kinder, die schulpflichtig, aber noch nicht schulfähig sind.“
Da ist meine Frage: Wie passt das zu aktuellen Konzepten der Kindertagesstätten, die schwerpunktmäßig alters- und jahrgangsübergreifend arbeiten?
Der zweite Aspekt. In diesem Zusammenhang habe ich ein Zitat eines Landtagskollegen gefunden, der schreibt: Das fünfjährige Kind wird eingeschult, kommt aber nicht in den Unterricht, sondern in den Schulkindergarten.
- Wie auch immer. - Die Frage dazu ist: Halten Sie es nicht doch für angemessen, den Begriff des Schulkindergartens aus der Diskussion zu halten, um solche Fehleinschätzungen zu vermeiden?
Herr Minister, es handelt sich ja - das werden Sie nicht leugnen können - um eine Einflussnahme seitens des Landes. Das ist ein Problem, das keineswegs auf Cuxhaven beschränkt ist; zur Frage 3 sind Sie ja darauf eingegangen. Ich will das einmal konkretisieren: An mehr als 50 % der niedersächsischen Hauptschulen werden die unteren Jahrgänge einzügig geführt, und zwar zum Teil mit Klassenstärken, die deutlich unter der Höchstzahl liegen. Ich frage die Landesregierung in diesem Zusammenhang: Wie gedenkt sie, mit diesem Tatbestand umzugehen? Wird sie auch hier überall mit dem Finanzargument Druck ausüben?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schwarz, zum wiederholten Male haben Sie jetzt „Schluss mit der Strukturdebatte“ gefordert. Sie von CDU und FDP - Herr Meinhold hat darauf hingewiesen - haben diese Debatte doch als Erste und mit Vehemenz angestoßen. Von Ihnen kommt diese Strukturveränderung, die jetzt dafür gesorgt hat, dass die Hauptschulen gegen die Wand fahren.
- Überall. Schauen Sie sich an, wie in allen Landkreisen dreizügige Hauptschulen auf einzügig heruntergehen, wie die Prozentsätze heruntergehen.
Das System, das Sie jetzt geschaffen haben, ist nicht dreigliedrig, sondern mindestens viergliedrig. Immer vergessen Sie die Förderschulen.
Es ist außerdem nicht gerecht. Dazu trage ich noch ein kleines Zitat aus der Tagung vor, bei der wir beide gewesen sind. Dort führte Bischof Huber wörtlich aus:
„Bildungschancen in unserem Bildungssystem sind unter dem Gesichtspunkt der Befähigungsgerechtigkeit und der Solidarität zu prüfen. Wer sich als Christ taub stellt, wenn die Ungerechtigkeit zum Himmel schreit, beschädigt sich selbst und verleugnet seinen Glauben.“
Wenige Sätze später sagte er:
„Der Schmerzpunkt, an dem es richtig weh tut, ist das uneingelöste Versprechen der Chancengerechtigkeit. Deutschland ist erwiesenermaßen Weltmeister im Aussortieren und Separieren.“
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur zu zwei Punkten etwas sagen, die ich wirklich schnell abhandeln kann. Der erste Punkt ist, dass der diffamierende Begriff der Einheitsschule hier sehr bewusst verwendet wird. Dies ist
ein Begriff, der im Grunde gegen alle Schulen im skandinavischen Raum gewendet werden müsste, obwohl die skandinavischen Länder erwiesenermaßen Spitzenreiter bei PISA sind, nicht etwa Bayern oder vergleichbare Länder. Insofern richtet sich dieser Begriff selbst. Wahre Begabungsgerechtigkeit setzt individuelle Förderung voraus, nicht aber die Förderung nach dem Kriterium von drei scheinbaren Begabungen. Dies ist der eine Punkt.
Bei dem zweiten Punkt sollten wir alle etwas nachdenklich sein. Uns allen müsste doch bekannt sein, dass es in der deutschen Bildungsdiskussion zwei große Fehler gibt. Der eine große Fehler ist, dass man die Diskussion nur auf Strukturfragen fokussiert.
Das tun wir nicht. Es geht vielmehr darum, alles das anzuerkennen, worum wir kämpfen müssen, nämlich um Qualität im Bildungswesen - -
- Nun hören Sie doch mit dieser Laberei über die Einheitsschule auf. Ein Schlagwort allein reicht doch nicht, Herr Coenen.
Sie können nur noch in Schlagworten diskutieren. Es geht auch darum, um Gerechtigkeit zu streiten und auch früh mit der Bildung anzufangen. In dieser Hinsicht sind wir uns doch in vielen Punkten einig. Auch was über Anschluss- und Berufsorientierung gesagt wurde, ist alles wahr und richtig. Es darf aber nicht dazu kommen - dies ist der zweite große Fehler -, Strukturen, die etwas kaputt machen, die etwa die Gerechtigkeit kaputt machen, außen vor zu lassen. Das ist der zweite Punkt.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Um zu zeigen, worum es bei diesem Antrag geht, lassen Sie mich mit einem Beispiel aus dem Schulalltag beginnen: Vitali ist Grundschüler im zweiten Schuljahr. Bei ihm werden in mehreren Fächern erhebliche Schwächen festgestellt, er spricht z. B. kaum einen zusammenhängenden Satz. Zusätzlich hat er große Probleme im Sozialverhalten, kann sich überhaupt nicht in eine Gruppe integrieren. Er hat - so heißt es heute mit einem Fachbegriff - auf mehreren Gebieten Förderbedarf. Nach einer entsprechenden Überprüfung wird ihm mitgeteilt, er solle, damit er gezielt gefördert werden könne, die Förderschule besuchen. Vitali wird also an die Förderschule überwiesen, und die Eltern stellen fest, dass die besondere Förderung darin besteht, dass er gelegentlich früher nach Hause kommt, gelegentlich später in die Schule muss, kurz gesagt, dass der Primarbereich der Förderschule nicht in die Verlässlichkeit - die Zeiten von 8 bis 13 Uhr - einbezogen ist. Das, meine Damen und Herren, darf so nicht bleiben!
Die schwächsten, die am meisten förderungswürdigen Schülerinnen und Schüler brauchen keine schlechtere, sondern eine bessere Förderung.
Es ist ein sehr überschaubarer Bereich, von dem hier die Rede ist. Unter den verschiedenen Arten von Förderschulen sind nur diejenigen mit dem Schwerpunkt Lernen und Emotionale und Soziale Entwicklung betroffen und von diesen auch nur die Primarstufe, also die Jahrgangsstufen eins bis vier mit dem Schwerpunkt in den Klassen eins und zwei.
Der Vertreter des Kultusministeriums hat im Ausschuss für die Förderschule Lernen den Bedarf auf höchstens 750 Stunden - 750 Stunden! - landesweit beziffert, die nötig wären, um beim Anlegen des Grundschulmaßstabs die Förderschulen L verlässlich zu machen. Wer hier noch von Problemen der Finanzierung spricht, macht sich lächerlich.
Die Hinweise im Ausschuss gingen eher in die Richtung, dass bei ständig im Fluss befindlichen Zahlen die organisatorische Umsetzung und die Berechnung schwierig seien.
Meine Damen und Herren, wenn es um das auch vom Kultusminister stets beschworene Prinzip geht, niemanden zurückzulassen, dann sind diese Schwierigkeiten dazu da, überwunden zu werden.
CDU und FDP haben sich darauf nicht eingelassen und den Antrag rigoros mit geradezu lächerlichen Argumenten abgelehnt. Sie haben auf manches verwiesen, was zuletzt verbessert worden sei. Als ob das irgendjemand in Abrede gestellt hätte!
Es reicht auch nicht mehr aus, zu sagen, auch die alte Regierung habe das Problem nicht gelöst.
Sie hatte die gleichen Schwierigkeiten. Wir sind aber heute in der Analyse und in den Lösungsansätzen wesentlich weiter.
Es darf hier nicht um gegenseitige Schuldzuweisungen gehen, Herr Klare, es geht um die betroffenen Kinder.
Sie haben im Ausschuss zusätzlich darauf verwiesen, dass Sie sich lieber der Entwicklung alternativer Entwürfe zuwenden wollten. Nach Lage der Dinge kann das nur heißen, Schritt für Schritt die sonderpädagogische Förderung in die Grundschulen zu verlagern. Darüber lässt sich reden. Mit einem integrativen Ansatz laufen Sie bei uns offene Türen ein, wenn - darauf muss dann Wert gelegt werden - die Differenzierungsmöglichkeiten entsprechend ausgestaltet werden.
Wir sind sehr gespannt darauf, wie Sie sich bei den mit den nächsten Tagesordnungspunkten zur Debatte stehenden Anträgen verhalten werden.
Uns lag bei dem hier und jetzt zu beratenden Antrag daran, den von mir am Anfang beschriebenen unhaltbaren Istzustand sofort zu beenden und eine Lösung nicht auf Jahre hinauszuschieben.
Für Vitali darf es nicht heißen: Ich fördere dich, indem ich dir diese Stunden kürze; für Anna und Jana und Heinz auch nicht. - Geben Sie den Förderschulen L die Chance, ihrem Namen gerecht zu werden - sofort und von Anfang an! - Danke sehr.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich spreche zur Petition zur Fitnesslandkarte Niedersachsen. Der Petent bezweifelt in dieser Eingabe - neben Einlassungen zum Verfahren und zum Datenschutz - im Kern den Nutzen der Fitnesslandkarte. Ich will die dazu aufgeführten Argumente, die wir auch hier schon diskutiert haben, nicht wiederholen, sondern nur im Grundsatz darauf hinweisen: Die SPD hat im Ausschuss - wie zuvor auch hier - die Auffassung vertreten, dass die Zweifel des Petenten völlig berechtigt sind. Aus ihnen abzuleiten wäre die Forderung, dass der Erlass zur Fitnesslandkarte außer Kraft zu setzen ist und die Schulen nicht noch zwei weitere Jahre mit diesem überflüssigen und überbürokratischen Monstrum belastet und belästigt werden.
In dieses Bild passt die Ankündigung des Kultusministers, dass dieser Erlass zu denen gehören soll, von denen in Zukunft die Eigenverantwortlichen Schulen absehen können. Daher hat es uns sehr verwundert, dass der Kultusausschuss nicht auf „Berücksichtigung“ dieser Petition erkannt hat;
denn es gehörte doch zur Zielsetzung der Fitnesslandkarte, dass Daten flächendeckend erhoben werden sollten. Wenn der Minister nun zugesteht, dass Schulen darauf verzichten können, dann wäre es doch nur folgerichtig, auf diesen Erlass völlig zu verzichten; denn ein Fitnessflickenteppich nützt erst recht niemandem.
Daher beantrage ich für die SPD-Fraktion, „Berücksichtigung“ zu beschließen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, in Bezug auf die von Ihnen angesprochene Querversetzungsquote oder auch Rückläuferquote stelle ich Ihnen eine Frage, die Sie hoffentlich sehr schnell und einfach beantworten können. Können Sie eindeutig dementieren, dass es Überlegungen gibt, die so genannte Abschulung, also die Rücküberweisung an Schulen einer anderen Schulform, wenn ein Schüler oder eine Schülerin nicht entsprechend empfohlen ist, von Klasse 6 auf Klasse 5 oder sogar auf das Halbjahr vorzuverlegen? Diese Überlegungen werden immer wieder vorgebracht.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „CDU: Schulen brauchen jetzt Ruhe.“ Das war letzte Woche in der HAZ zu lesen. Heute schreibt sie sogar etwas von „Ruhe-Mantra“. In der NP hieß es:
„CDU will bei Schulreformen Pausen einlegen.“
Sie, Herr McAllister, hatten sich eindeutig so geäußert, wohl auch, um Ihren Kultusminister ein bisschen zu bremsen.
Aber Vorsicht! Vor uns liegt schon der nächste Streich, der den Schulen ins Haus steht, nämlich die verpflichtende Dokumentation der individuellen Lernentwicklung, verpflichtend ab 1. August 2006.
So sehr kann man die CDU-Fraktion beim Wort nehmen.
In der gleichen Weise, wie sich die Probleme im Gesetzgebungsverfahren gezeigt haben, wiederholen sie sich bei der Dokumentation der individuellen Lernentwicklung. In gleicher Weise gibt es bei den Fraktionen keine Differenzen im Ziel, in gleicher Weise gibt es aber ganz erhebliche Zweifel an der Art der Durchführung.
Wie gesagt, im Anliegen sind wir uns einig. Individualisierung der Förderung - das wird in unserem Bildungskonzept „individueller Förderplan“ genannt und taucht bei Ihnen in ähnlicher Weise auf. Wie immer aber steckt der Teufel im Detail. Ich nenne einige solcher Details: Wie sind die Schulen auf die Aufgabe vorbereitet? Wie sind die Rahmenbedingungen? Wie werden die Schulen unterstützt? Welche Fördermöglichkeiten haben sie?
Erster Punkt: Wie sind die Schulen vorbereitet? 40 Schulen waren Pilotschulen und haben sich redlich bemüht. Sie haben Handreichungen erhalten, die erkennbar vorläufiger Natur waren. Das war zu Beginn eines solchen Prozesses verständlich, reicht aber für die flächendeckende Umsetzung nicht aus.
Fortbildung hat es für Schulleitungen gegeben, für Lehrerinnen und Lehrer nur ganz vereinzelt. In den
entsprechenden Workshops, etwa des Schulleitungsverbandes Niedersachsen, lese ich in den Ergebniszusammenfassungen:
„Die Frage der Finanzierung blieb ungeklärt.“
Oder:
„Hoher Zeitbedarf, wenig Förderstunden, Material ist oft nicht vorhanden.“
So bereiten Sie Ihre Schulen vor.
So kommt es dann, dass an einigen Schulen bisher nur eilig gebastelte Zeitpläne kursieren, an anderen die Übersetzung von Beobachtungen in Kürzeln von „++“ für „sehr stark“ bis „!!“ für „fortdauernder Unterstützungsbedarf“ per Computersoftware vorbereitet wird, um Zeit zu sparen.
Zweiter Punkt: Wie sind die Rahmenbedingungen? - Ich stelle mir sehr konkret im nächsten Schuljahr die Klasse 5 eines Gymnasiums mit 32 und mehr Schülerinnen und Schülern vor. Eine Dokumentation der individuellen Lernentwicklung ist ein erheblicher zusätzlicher Aufwand; darüber müssen wir wohl nicht diskutieren.
Der Aufwand wäre aber gerechtfertigt, wenn die Unterrichtsqualität und die Lernergebnisse dadurch spürbar gesteigert würden. Ist das in einer Klasse von 32 Schülerinnen und Schülern möglich? Ist das ohne die Chance, Kleingruppen zu bilden, möglich? Ist das ohne die schon erwähnte Vorbereitung der Kollegien auf die neue Aufgabe möglich? - Natürlich nicht! Für ein solches Vorhaben müssen andere Rahmenbedingungen und bessere Chancen für die Einrichtung von Förderkursen her.
Dritter Punkt: Was mache ich mit den gesammelten Erkenntnissen? - Ich erkenne z. B., dass gravierende Schwächen in mehreren Fächern vorliegen, und kann eventuell präziser sagen, wo sie liegen. - Das ist zweifellos ein Vorteil.
Aber wie sehen die Konsequenzen aus? - Wenn die gesammelten Daten zu nichts anderem führen als zu der schon jetzt bekannten Beratung mit dem Tenor „Geh doch an eine andere Schule!“, dann
ändert sich außer der Gesprächsführung überhaupt nichts.
Wenn die Konsequenz darin besteht, dass Gymnasien Schülerinnen und Schülern mit Schwächen bezahlte Nachhilfestunden durch Ältere empfehlen, dann ist das zwar vielleicht eine Hilfe, aber nach meiner Kenntnis nicht im Sinne des Erlasses. Aber wer weiß schon genau, was im Sinne dieses Erlasses ist; denn über die Art der Förderung ist am wenigsten darin zu finden.
Es ist wieder so wie bei der Fitnesslandkarte, wie bei der Selbständigkeit und wie bei Schulprogrammen: Was nützt mir alles Messen, was nützt mir alles Planen, wenn ich in der alltäglichen Wirklichkeit immer an die gleichen Grenzen stoße und keine Unterstützung erhalte?
Es geht übrigens auch anders: Die Hamburger Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig will in einem Schulversuch die Möglichkeit individueller Förderung erproben, und zwar anstelle des Sitzenbleibens. Anstelle der Klassenwiederholung sind die Schülerinnen und Schüler zur Teilnahme an schulischem Förderunterricht verpflichtet. Dafür werden die Ressourcen genutzt, die sonst für die Wiederholung verwendet werden. Übrigens: Die Bildungssenatorin ist eine CDU-Politikerin.
Das gleiche Problem, wie schon erwähnt, gibt es im Übrigen auch dann, wenn ich Stärken erkenne und die Stärken des Schülers oder der Schülerin mit differenzierten Anregungen fördern will. Auch dazu brauche ich selbstverständlich Ressourcen. Aber Zeit steht den Schulen auch dann nicht zur Verfügung.
Die berühmten Poolstunden, Herr Klare, sind längst mehrfach verbraucht; da bleibt nicht einmal mehr eine Pfütze. Das Ziel der individuellen Förderung wird zur Fata Morgana. So sieht die Schulpolitik der CDU-Fraktion aus!
Sie dürfen sich nicht wundern, wenn bei einem solchen Vorgehen der Unmut in den Schulen weiter wächst. Es geht nicht um die Frage, Herr Mi
nister, ob Reformen zu schnell oder zu langsam angegangen werden.
Wir kennen ja allmählich Ihre Art, argumentativ auszuweichen. Es geht nur um die Frage, ob das Vorhaben gut oder schlecht angegangen und organisiert worden ist. Die Antwort ist einfach: Die organisatorische Vorbereitung ist ein einziges hilfloses Gewurschtel. Sie machen einen guten und richtigen Ansatz kaputt
und machen den Schulen möglicherweise auch noch Vorwürfe, wenn es nicht klappt.
Unser Antrag, meine Damen und Herren, zeigt einen einfachen Ausweg auf: Evaluieren Sie zuerst sorgfältig die Ergebnisse der Pilotschulen. Sorgen Sie bei aller Selbständigkeit vor Ort für eine im Grundsatz vergleichbare Handhabung. Organisieren Sie das, was alle Experten, auch im Rahmen der Anhörung zur selbständigen Schule, immer und immer wieder gefordert haben, nämlich ein durchdachtes Unterstützungssystem für die Vorbereitung der Betroffenen und für die Förderung, die sich notwendigerweise an die Dokumentation der Lernentwicklung anschließen muss. Gehen Sie diesen Weg mit uns! - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 1990, bei der WM in Italien, sang Gianna Nannini den Hit „Un’Estate Italiana”. - Deutschland wurde Weltmeister. 2006 feiern wir einen deutschen Sommer, ein Vielvölkerfest.
- Wer Weltmeister wird, wissen wir noch nicht, aber weltmeisterlich gefeiert wird schon jetzt.
Hannover war für einen Tag fest in italienischer Hand, in mexikanischer Hand und gestern ganz in polnisch Rot-Weiß gekleidet. Schwarz-Rot-Gold war immer mittendrin, und niemanden hat es gestört. Alle haben sich vertragen.