Uwe Doering

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Last Statements

Frau Präsidentin, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich für die Möglichkeit, hier noch mal einige Worte sagen zu dürfen. Da ich nicht mehr für das Abgeordnetenhaus kandidiere, wollte ich heute im Rahmen der Debatte zum Datenschutzbericht 2015 meine letzte Rede als Mitglied des Abgeordnetenhauses vor Ihnen halten. Nun bekomme ich die Gelegenheit und möchte diese nutzen, um wenigstens einen Punkt aus dem Datenschutzbericht aufzugreifen, der mir sehr wichtig ist, der auch die zukünftige Arbeit in diesem Haus betrifft, um dann anschließend zu meinen Dankesworten zu kommen.
Im Datenschutzbericht auf Seite 192 werden die Mitglieder des Abgeordnetenhauses darauf aufmerksam gemacht, dass anders als in früheren Jahren Vorschläge und Initiativen des bzw. der Datenschutzbeauftragten nicht immer von den Abgeordneten aufgegriffen wurden bzw. erst gar nicht in den dafür zuständigen Ausschüssen besprochen oder vertagt wurden. Mit Hinweisen und Vorschlägen der Datenschutzbeauftragten sollten die zukünftigen Abgeordneten anders umgehen. Der zum Teil unsensible Umgang mit diesen Vorschlägen und Hinweisen und die langen zeitlichen Verzögerungen hatte auch etwas mit der Konstruktion des für den Datenschutz zuständigen Ausschusses zu tun.
Wir sollten die Erfahrungen aus den vergangenen Wahlperioden diskutieren und noch einmal aufgreifen. Dort gab es eine andere Verfahrensweise und einen anderen Umgang. Der Datenschutzausschuss war ein Unterausschuss des Innenausschusses. Als solcher konnte der Datenschutzausschuss gemäß § 21 Abs. 3 Satz 5 unserer Geschäftsordnung – Sie erkennen den ehemaligen parlamentarischen Geschäftsführer –
eigenständig Beschlussempfehlungen vorlegen. Er war also in seiner Konstruktion mit einem besonderen Recht ausgestattet. Der Datenschutzausschuss konnte Initiativen, Anregungen und Vorschläge der Datenschutzbeauftragten aufgreifen und selbst initiativ werden. Der Fachausschuss hatte also aufgrund seiner fachlichen Kompetenz dem Abgeordnetenhaus entsprechende Beschlussempfehlungen vorgelegt.
Überhaupt sollten nach meiner nunmehr zwanzigjährigen Erfahrung als Mitglied des Abgeordnetenhauses – davon 18 Jahre als parlamentarischer Geschäftsführer meiner Fraktion – die Fachausschüsse stärker als bisher die vor uns stehenden Aufgaben und Probleme fachlich angehen. Oft hilft die bisherige Rollenverteilung – hier Koalition, da Opposition – in der Sache nicht weiter.
Die anzugehenden Probleme schleppen sich oft über Jahre hin. Politische Auseinandersetzungen in der Sache müssen sein, so funktioniert Demokratie. Demokratie ist aber auch, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Ich meine, da, wo in den Fachausschüssen sachlich und fachlich diskutiert und beraten wurde, da, wo die Fraktionen, Koalition und Opposition aufeinander zugegangen sind, da, wo die Fachabgeordneten zu ihren Fachthemen gemeinsam um Ergebnisse und Lösungen gerungen haben, da gab es auch Beschlüsse, die Bestand hatten und gut für die Bürgerinnen und Bürger sowie für unsere Stadt waren. Nicht nur im ITDat-Ausschuss gab es schon mal solche Ansätze zur Zusammenarbeit, und das ist ausbaufähig.
In diesem Sinne möchte ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen des ITDat und bei allen Fraktionen für die Zusammenarbeit bedanken. Als ehemaliger parlamentarischer Geschäftsführer meiner Fraktion möchte ich mich bei den Präsidenten des Abgeordnetenhauses Herrn Haase, Herrn Führer, Herrn Momper und Herrn Wieland für die gute Zusammenarbeit bedanken. Mein Dank gilt auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Hauses, mit denen ich zusammenarbeiten durfte.
Ob in der Opposition oder der Koalition: Auf der Ebene der parlamentarischen Geschäftsführer gab es in all den Jahren immer eine gute, kollegiale und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Auch wenn wir in der Sache stritten und uns gelegentlich ordentlich gefetzt haben, so konnten
wir uns letztendlich auf das gegebene Wort verlassen. Die Arbeit der PGF ist im Ältestenrat und in vielen Besprechungsrunden auf Konsens ausgerichtet – jedenfalls habe ich das so erlebt –, und vieles konnten wir gemeinsam bewegen.
Für das mir entgegengebrachte Vertrauen möchte ich mich bedanken. Das gilt auch für meine Fraktion, die mich mehr als 18 Jahre als PGF ertragen hat, was bestimmt nicht immer einfach war.
Aber auch hier habe ich immer gespürt, welches Vertrauen mir letztendlich entgegengebracht wurde, in guten und in schlechten Zeiten.
Für die nächste Wahlperiode und darüber hinaus wünsche ich allen Abgeordneten der demokratischen Parteien über die Fraktionsgrenzen hinweg eine erfolgreiche Arbeit und ein glückliches Händchen bei schwierigen Entscheidungen, zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger und zum Wohl unserer Stadt. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im April haben die Koalitionsfraktionen einen umfangreichen Änderungsantrag eingebracht, der aus den unverbindlichen Regelungen der Senatsvorlage an vielen Stellen klare, verbindliche und verpflichtende Regelungen macht und auf eine zentrale Steuerung, Planung und Entschei
dung setzt. Heute reden wir schließlich über die Gesetzesfassung der Koalition, die, wie schon vom Kollegen Birk erwähnt, Vorschläge und Anregungen der Opposition mit aufgegriffen hat, aber eben längst nicht alle.
Wir unterstützen die strategischen Ziele des Gesetzes. Dies betrifft insbesondere die verbindliche Einführung der elektronischen Akte in allen Verwaltungen, die künftige medienbruchfreie Kommunikation in und zwischen den Verwaltungen, die gemeinsame Nutzung von zentralen Informations- und Kommunikationsstrukturen, und dies betrifft die zukünftige zentrale Planung, Steuerung, Entscheidung und Beschaffung durch die neu geschaffene zentralisierte Struktur: IKT-Staatssekretär oder –Staatssekretärin, IKT-Steuerungsrat und ITDZ als zentralen Dienstleister.
Ehrgeizige ambitionierte Vorhaben und Ziele verfehlen aber ihre Wirkung, wenn die reale Situation in der Berliner Verwaltung aus den Augen verloren wird.
Überhaupt nicht akzeptabel ist, wenn für die Umsetzung des Gesetzes keine finanzielle und personelle Vorsorge getroffen wird und dies den nächsten Wahlperioden vorbehalten bleibt. – Der Lichtenberger Bezirksstadtrat Herr Prüfer führte in der Anhörung zum E-Government-Gesetz aus:
Noch immer erfordern bei uns Fachverfahren Windows XP und Server 2003. Solange diese Verfahren nicht modernisiert sind, sind wir weit von E-Government entfernt. Die Modernisierung aller Fachverfahren wird hohe Investitionen erfordern
Und:
Es geht um Prozessoptimierung, es geht um ITAusbildung bei unserer Altersstruktur in Berlin, und es geht um Personalmangel an vielen Ecken und Enden.
Nun stellt Herr Staatssekretär Statzkowski laut rbb24 eine fehlende Akzeptanz bei den Beschäftigten fest, wenn es um die Umstellung der Verwaltung auf E-Akte geht. Entscheidend für den Erfolg sei aber, so der Staatssekretär, die Mitarbeiter der Verwaltung bei dem Wandel mitzunehmen. – Richtig! Aber wo bleiben die Konsequenzen? Die Mitarbeiter haben schlechte Erfahrungen gemacht und müssen wieder befürchten, dass die schwierigen Umstellungsprozesse auf ihren Rücken ausgetragen werden.
Deshalb ist vollkommen unverständlich, weshalb unsere Forderung, in das Gesetz den Abschluss einer Dienstvereinbarung zum E-Government aufzunehmen, von der
(Burkard Dregger)
Koalition abgelehnt wurde. Das wäre ein Signal an die Beschäftigten gewesen, sie mitzunehmen.
Stattdessen werden alle Paragrafen des Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetzes zur Personalführung, zur personellen Entwicklung, zum Personalmanagement bis hin zur Qualifizierung mit dem E-Government ersatzlos gestrichen. Statt die Beschäftigten im öffentlichen Dienst zu motivieren und im schwierigen Umsetzungsprozess hin zur digitalen Verwaltung mitzunehmen, werden hier von der Koalition falsche Signale gesetzt.
Der schwerwiegendste Kritikpunkt unserer Fraktion an diesem Gesetz ist, das zwar strategisch richtige Ziele formuliert werden, der Umsetzungsprozess aber mit so vielen Fallstricken und unrealistischen Vorgaben versehen ist, dass ein Scheitern vorprogrammiert ist. Wir können einen solchen Politikstil nicht mittragen!
Der zukünftige Finanzierungsaufwand zur Umsetzung des E-Government-Gesetzes bleibt unklar, und es gibt keine Klarheit über die Höhe der einzusetzenden finanziellen Mittel. In der Vorlage zur Beschlussfassung zum E-Government-Gesetz teilt der Senat zum Thema Gesamtkosten mit, dass eine Prognose zu den tatsächlichen Umsetzungskosten nicht seriös getroffen werden kann und Aufwände zur Anpassung vorhandener IT-Lösungen derzeit noch nicht konkret beziffert werden können. Im gestrigen Hauptausschuss wurde uns die finanzielle Konzeptlosigkeit wieder glasklar vor Augen geführt. Ein solches Gesetz zu verabschieden bedeutet, dass sich alle politischen Entscheidungsträger im Klaren sein müssten, was das in den nächsten Jahren kosten wird.
Der zweite grundlegende Kritikpunkt, weshalb wir dem Gesetz nicht zustimmen können, sind die schnellen voraussetzungslosen Veränderungen. Der IKT-Staatssekretär oder die IKT-Staatssekretärin wird zunächst mit einem Doppelhaushalt arbeiten, der den im Gesetz festgelegten neuen Strukturen nicht entspricht. Das ITDZ als zentralen Dienstleister für die Berliner Verwaltung zu definieren ist richtig, allerdings muss das ITDZ erst ertüchtigt werden, dieser Funktion zu entsprechen.
Unsere Vorschläge, die Umstellung auf die verpflichtende Abnahme der Leistungen des ITDZ schrittweise bis 2020 umzustellen, um auch die finanziellen Voraussetzungen zu schaffen, wurden von der Koalition nicht übernommen. Im Gegenteil – mit dem Änderungsantrag der Koalition wurde die Terminsetzung für die Übernahme der Leistungen des ITDZ durch alle Verwaltungen auf
das Jahr 2018 vorverlegt. Aber wir wissen alle, dass das ITDZ nicht in der Lage sein wird, ab 2018 störungsfrei diese Aufgaben als zentraler Dienstleister zu leisten. Allein die laufende Anpassung der IT-Verfahren an die standardisierte IT-Technik und die Basisdienste werden eine personelle und finanzielle Bugwelle erzeugen. Dazu sind keine Vorbereitungen im Haushalt getroffen worden.
Wir stimmen heute nicht über gute und richtige Absichten ab, sondern über ein Gesetz, das umzusetzen ist, über konkrete Konzepte und Umsetzungsschritte. Hier, liebe Koalition, versagen Sie komplett. Sie übernehmen null Verantwortung für die Umsetzung, kein Schritt ist untersetzt, deshalb lehnen wir das Gesetz ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Der Senat wird aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass in allen bezirklichen Bürgerämtern ein elektronisches Dokumentenprüfgerät eingeführt und eingesetzt wird.
Ich habe mich gefragt, was dieser Antrag soll. Wer hindert den Senat daran, dafür Sorge zu tragen?
Die Mittel sind eingestellt, das ist berichtet worden. Vielleicht gibt es aber ja Probleme bei der Umsetzung dieses Vorhabens – dann sollten diese benannt werden. Welche Probleme sind das? Es ist jedenfalls wieder einmal ein Antrag, der an den derzeitigen Problemen der Bürgerämter vorbeigeht; dazu hat Kollege Birk schon einiges ausgeführt.
Es wurde auch schon darüber berichtet und hier dargelegt, dass in der Ausländerbehörde und einigen Bezirken in den Jahren 2012/2013 Pilotversuche mit den Dokumentenprüfgeräten durchgeführt wurden. Ausländerbehörde und Bezirke – bis auf Neukölln – sind wieder aus diesem Projekt ausgestiegen. Begründung: geringer Nutzen in der Praxis. Geringer Nutzen in der Praxis war die Begründung für den Ausstieg einiger Bezirke. Und ich meine, der Einsatz von Dokumentenprüfgeräten ist derzeit wirklich das kleinste Problem der Bürgerämter.
Die derzeitigen Probleme – sollte man meinen – der bezirklichen Bürgerämter sind doch bekannt. So wird in einer Presseerklärung des Bezirksamtes Mitte – um auch einmal ein anderes Bezirksamt zu nennen – vom November 2015 mitgeteilt, dass aus Sicht des Bezirksamtes der Senat in Sachen Bürgerämter auf Nebenschauplätzen unterwegs ist. Und damit meinten sie die Dokumentenprüfgeräte. Fast nichts ist geklärt. Zitat vom Bezirksamt Mitte:
Für fast 1 Million Euro pro Jahr sollen alle Bürgerämter mit Dokumentenprüfgeräten ausgestattet werden. Die Beschäftigten sollen zukünftig mit Hilfe dieser Geräte jedes Ausweisdokument auf seine Echtheit überprüfen.
Und jetzt kommt es:
Dabei sind fast alle rechtlichen, organisatorischen und sicherheitsrelevanten Fragen noch ungelöst. Doch der Senat sichert dem Projekt im neuen Doppelhaushalt Mittel im Wert von 20 Bürgeramtsstellen.
Schon in der Vergangenheit führten Personalabbau und Aufgabenzuwachs zum Terminchaos in den Bürgerämtern. Terminstau, Personalmangel, hohe Krankenstände: Das sind die aktuellen Probleme der Bürgerämter, die angegangen werden müssen. Das Meldegesetz kann im Rahmen der vorgegeben Frist von den Bürgerämtern in der Regel immer noch nicht umgesetzt werden. Das führt dazu, dass Bürgerinnen und Bürger ohne eigenes schuldhaftes Handeln noch immer zu Ordnungswidrigkeiten genötigt werden. – Ja, Herr Karge, jetzt soll endlich Personal eingestellt werden. Aber das braucht bekannter
(Thorsten Karge)
maßen seine Zeit – Ausschreibungen, Bewerbungen, Einstellungen und Schulungen, wir haben von dem Zeitrahmen gehört –, wenigstens bis zum Sommer.
Und es gibt in dieser Phase wieder einen Aufgabenzuwachs. Das eigentliche Problem wird von der Koalition auch mit diesem Antrag ausgeblendet: Es sind die veralteten, dezentralen Strukturen. Notwendig ist eine zentrale IT-Zuständigkeit sowie überbezirkliche Vernetzung. Der Antrag von SPD und CDU benennt dieses Problem, klammert aber die Lösung auf Kosten der bezirklichen Bürgerämter aus.
Abschließend möchte ich mich der Frage des Kollegen Birk anschließen. Nehmen wir einmal den Fall an, dass in einem Bürgeramt eine Beschäftigte, ein Beschäftigter feststellt: Es sitzt mir ein Kunde gegenüber, der mit gefälschten Dokumenten arbeitet. – Was macht derjenige in dieser Situation? Darauf geben Sie keine Antwort.
Danke schön! – Herr Regierender Bürgermeister! Nach den Pressemeldungen über die gestrige Senatsklausur frage ich Sie jetzt: Wird es ein ergänzendes Bürgeramt zu den bezirklichen Bürgerämtern geben? Wird es ein Flüchtlings- oder Bürgeramt für Flüchtlinge geben? Wird es ein zusätzliches Bürgeramt als zentrale Anlaufstelle für Flüchtlinge geben, oder wird es ein zentrales Bürgeramt auf Landesebene geben?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Internet bietet vielen Menschen einen neuen Zugang zu Wissen und Informationen. Im Vergleich zu anderen Medien wie Zeitung und Fernsehen können Informationen im Internet auf vielfältige Weise und von nahezu jedem Menschen und nahezu kostenfrei verbreitet werden. Das Internet bestimmt zunehmend unser Leben. Formulare lassen sich unkompliziert aus dem Netz herunterladen, die Jobsuche findet zunehmend online statt, soziale Netzwerke und Internet-Shopping boomen. Schnelle Internetverbindungen sind also inzwischen wichtig und eine Voraussetzung zur gesellschaftlichen Teilhabe. Um soziale Ausgrenzung zu vermeiden, muss deshalb jeder Haushalt ein Anrecht auf einen bezahlbaren und schnellen Breitbandinternetanschluss haben.
Breitbandanschlüsse sind inzwischen auch für die Wirtschaft, für die Unternehmen und damit für die Schaffung und den Erhalt von Arbeitsplätzen unverzichtbar. Der fortbestehende Erfolg des Internets basiert darauf, dass Datenpakete gleichberechtigt und diskriminierungsfrei transportiert werden. Netzneutralität ist immer dann gegeben, wenn Telekommunikationsanbieter bei der Übermittlung von Datenströmen nicht danach fragen, von wem die Daten kommen und was ihr Inhalt ist. Deshalb ist es richtig, wenn gefordert wird, dass die Netze in öffentliches Eigentum überführt werden sollen, damit der Zugang zu den Netzen diskriminierungsfrei bleibt.
Das Netz ist ein öffentlicher Raum. Bisher konnten im Netz alle frei kommunizieren und eigene Inhalte verbreiten. Jedoch gibt es ohne Netzneutralität das Netz für alle nicht mehr. Deshalb halten wir den Antrag der Piratenfraktion für einen guten Ansatz für eine wichtige Debatte. Zukünftig in Berlin Netzneutralität über eine landeseigene Netzgesellschaft zu sichern, ist ein interessanter und überlegenswerter Vorschlag.
Nachdem das Europaparlament die umstrittenen Internetregeln beschlossen hat, sehen auch wir die Netzneutralität, ein Grundprinzip des Internets, durch das Gesetz bedroht. Und die Bedrohung ist real. Kaum hat das Europaparlament die Netzneutralität eingeschränkt, nutzt die Telekom die Chance auf Profite. Zahlungskräftigen Kunden sollen über eine Grundversorgung hinaus eine besonders gute Übertragungsqualität und besondere Datenpakete angeboten werden. Wir können der Erklärung des Medienstaatssekretärs von Nordrhein-Westfalen, Eumann, SPD, nur zustimmen, der gesagt hat:
Ein robuster diskriminierungsfreier Internetzugangsdienst ist die Basis für inhaltliche Vielfalt und Meinungsfreiheit im Netz.
Und, liebe Koalition, wie in anderen Bereichen der Daseinsvorsorge hat in vielen Bundesländern und Kommunen ein Umdenken eingesetzt. Der diskriminierungsfreie Zugang zu Netzen ist inzwischen für viele Kommunen Bestandteil der Daseinsvorsorge. Dabei werden die Vorteile stadteigener Unternehmen genutzt, um einen diskriminierungsfreien Zugang zum Netz zu ermöglichen – unabhängig von übertragenen Daten, unabhängig von Herkunft, Ziel und Inhalt. Ein Umdenken ist also möglich. Der vorliegende Antrag weist einen möglichen Weg auf. Jedoch, dazu ist politischer Wille im Berliner Senat und in den Koalitionsfraktionen notwendig. Wie Erfahrungen der zurückliegenden Jahre zeigen, wird das dem SPD-CDU-Senat schwerfallen. Zudem sind in Berlin die Voraussetzungen für ein landeseigenes Unternehmen, das eine unabhängige Versorgung Berlins mit Breitbandinfrastrukturen anbietet, auf den ersten Blick, verglichen mit anderen Städten in Deutschland, z. B. München, und in Europa nicht so rosig. Die Privatisierung kommunaler Versorgungsanbieter in der Neunzigerjahren hat den Einfluss der Stadt auf Infrastrukturen, die für den Breitbandausbau genutzt werden könnten, eingeschränkt. Den Zugang zu einer notwendigen Infrastruktur, starke Stadtwerke und öffentliche Netzgesellschaften, hat der Senat verbaut. Erwähnt sei hier nur das Bonsai-Stadtwerk und die unendliche Geschichte bei der Bereitstellung eines stadtweiten WLAN-Netzes. Deshalb ist ein zweiter Blick auf die Möglichkeiten Berlins für eine von den Konzernen und privaten Netzanbietern unabhängige Versorgung mit Breitband notwendig. Das könnte das im Antrag vom Senat geforderte Konzept liefern. Ich freue mich auf eine spannende Diskussion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um auf die Frage des Kollegen Schneider zu antworten: Seit Jahren,
(Thomas Birk)
konkret seit 2012 und 2013, sprechen wir im ITDatAusschuss – die Opposition, Grüne, Linke und Piraten – regelmäßig das Thema Bürgerämter an. Sie wissen sehr genau, dass meine Fraktion im Hauptausschuss nicht nur einmal Vorschläge unterbreitet hat. Es betraf Abbauvorgaben für die Bezirke, was Personal betrifft, und das Stichwort Zielvereinbarungen.
Sie haben es jahrelang ignoriert. Sie haben das wachsende Chaos in den Bürgerämtern einfach ignoriert.
Um einmal bei Herrn Saleh anzufangen, der von der stillen Nacht gesprochen hat: Was bei den Bürgerämtern passiert, das war stille Nacht. Da war Schweigen im Walde bei der Koalition und vor allem bei der SPD.
Die Probleme in den Bürgerämtern waren über Jahre hinweg offenkundig: Personalmangel und neue Aufgabenzuweisungen. Eine wachsende Stadt, über die oft geredet wurde, bedeutet eben auch, dass die Zahl der Kunden wächst. Herr Schneider und Herr Henkel! Die Rechnung ist ganz einfach.
Ja, bitte!
Herr Schneider! Es ist interessant, dass Sie heute auf dieses Thema gestoßen sind. Wir haben dieses Thema schon 2012 und 2013 angeschnitten,
Ich bin gerade dabei, Kollege –, als in den Sommermonaten 2012, 2013 – wir erinnern uns alle – der Andrang bei den Bürgerämtern riesengroß war und sie teilweise geschlossen werden mussten. Wir haben das unter anderem im Ausschuss angesprochen. Die Reaktion der Innenverwaltung, der SPD und der CDU war die, die wir immer hatten: dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung; wir sind nicht zuständig. – Das war Ihre ständige Aussage.
Er kann gern eine Kurzintervention machen. Darauf reagiere ich dann gern.
Auf einen Punkt möchte ich auch hinweisen, weil gerade auch von Organisationsstrukturuntersuchung gesprochen wurde: Herr Henkel! Herr Schneider! Liebe SPD! Liebe CDU! Man braucht diese Untersuchung nicht, denn die Rechnung ist ganz einfach: Mehr Kunden mit weniger Personal bei Aufgabenzuwachs ergibt Terminstau bei den Bürgerämtern. So einfach ist das.
Die Frage ist doch, wer den Bürgerämtern neue Aufgaben zuweist. Wer gibt Personaleinsparvorgaben vor? Wer gibt denn Finanzzuweisungen für die Bezirke vor? Hier liegt die Verantwortung der Koalition, aber auch die des Innensenators Henkel. Sie haben die Bezirke mit Ihren Problemen bis heute allein gelassen. Die Bürger erleben seit Jahren in den Bürgerämtern, was sogenannte bürgernahe Dienstleistung der öffentlichen Verwaltung be
deutet. Und jeder ahnt, dass hier nur die Spitze des Eisbergs sichtbar ist.
Der „Tagesspiegel“ beschreibt am Wochenende die Situation wie folgt: Hauptstadt des Versagens. Überforderte Verwaltung. Überlastete Bürgerämter. Antragsstau in den Jugendverwaltungen. Die Probleme in den Bürgerämtern waren bekannt. – Ich zitiere ich hier nur einige Überschriften der letzten zwölf Monate aus Tageszeitungen. – Warten auf die Wartemarke. Berlins Bürgerämter sind überlastet. Berliner Bürgerämter haben keine Zeit mehr für den Bürger. Bürgeramtschaos geht weiter. Ganz Berlin spielt Berlin-Lotto. Der geplante Kollaps. In all der Zeit hat man von Ihnen oder Ihrer Fraktion nichts zu diesen Problemen gehört, zumindest nicht im Fachausschuss.
Uns liegt jetzt ein Antrag der Koalitionsfraktionen vor, der von Herrn Kohlmeier am Montag im Fachausschuss als Notwehrmaßnahme verkündet wurde. Wem gegenüber?, fragt man sich natürlich.
Der Koalitionsantrag ist offensichtlich nicht mit den betroffenen Stadträten abgesprochen und wird deshalb auch zu Recht von diesen als realitätsfern charakterisiert.
Auch Ihre SPD-Stadträte haben sich sehr stark über Ihren Antrag mokiert und ihn als nicht-realitätstauglich bezeichnet.
Die „Berliner Zeitung“ tituliert dazu: Zwölf-Punkte-Plan ist purer Populismus, was auch stimmt.
Von den Stadträten – wenn Sie mit denen mal gesprochen hätten – ist zu erfahren, wo die gravierenden Probleme in den Bürgerämtern liegen: Personalabbau, kaum qualifiziertes Personal, kaum Ausbildung und Übernahme von jungen Nachwuchskräften, Aufgabenzuweisung ohne finanzielle und personelle Aufwandsübertragung durch den Senat an die Bezirke, hier nur Stichwort: E-Personalausweis, sowie fehlende verlässliche Technik.
Die im Koalitionsantrag genannten Maßnahmen sind wenig praktikabel. Termine über sechs Monate freizuschalten, erhöht die Quote der nicht wahrgenommenen Termine. Ein kurzfristig zu erhöhendes Terminkontingent ist nur mit kurzfristig mehr qualifiziertem Personal möglich. Die beabsichtigte Senkung der Wartezeiten bei der
Behördenhotline 115 setzt ebenfalls mehr qualifiziertes Personal voraus, das so schnell nicht zu bekommen ist.
Die vorübergehende telefonische Vergabe von Terminen über die Behördenplattform 115 ist eine Verschlechterung des Services. Das sind alles Punkte, die Ihre eigenen Stadträte benennen. Mehr Samstagsprechstunden, was wir fordern und die es übrigens nur einmal gab, bedeutet, dass Beschäftigte, die am Samstag fünf Stunden arbeiten, am Montag acht Stunden Freizeitausgleich haben. Wo ist dafür das Personal? Entweder gibt es mehr Personal, oder das Angebot wird in der Woche weiter eingeschränkt. Das ist Ihr Antrag. Den werden wir selbstverständlich ablehnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Dix! Sie haben mit Ihrem Jahresbericht dem Abgeordnetenhaus wieder einen umfangreichen Bericht vorgelegt, und der Senat hat sich mit diesem Bericht am 7. Juli befasst. Der Innensenator teilte nach der entsprechenden Senatssitzung in einer Pressemitteilung mit, dass der Datenschutz „in den Berliner Behörden großgeschrieben“ wird. Natürlich wird Datenschutz großgeschrieben, aber Herr Henkel meint ja offenkundig etwas anderes. Die Probleme beim Datenschutz seien, so Herr Henkel, in den Berliner Behörden weiter rückläufig.
Allein die Tatsache, dass ich mich heute hier an dieser Stelle persönlich und im Namen meiner Fraktion bei Herrn Dr. Dix für seine Arbeit bedanken kann, zeigt, wie ernst es die Koalition offenbar mit diesem Datenschutz nimmt. Eigentlich wollte Herr Dix zu Anfang Juni in den
(Benedikt Lux)
Ruhestand gehen, aber Herr Dix ist dankenswerterweise noch im Amt, weil es die Koalition bis heute nicht geschafft hat, dem Abgeordnetenhaus einen Vorschlag für seine Nachfolge zu unterbreiten. So ernst nimmt die Koalition den Datenschutz.
Ich möchte mich bei Herrn Dix für seine über zehn Jahre andauernde Arbeit bedanken – auch im Namen meiner Fraktion.
Die „Berliner Morgenpost“ schrieb am 12. April 2015:
Alexander Dix hat sich einen Ruf als hartnäckiger Kämpfer für die Selbstbestimmung der Bürger über ihre Daten erarbeitet. Er gilt als Verfechter für transparentes Verwaltungshandeln.
Dem kann ich nur zustimmen – verbunden auch mit einem Dank an Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Zurück zum Innensenator und der Koalition, die der Auffassung sind, dass in der Berliner Verwaltung der Datenschutz großgeschrieben wird. Verdrängt wird dabei, dass es noch nicht einmal in allen Verwaltungen einen Datenschutzbeauftragten gibt, und dort, wo es Datenschutzbeauftragte gibt, werden diese mit zusätzlichen, zeitraubenden Aufgaben betraut. So können diese Datenschutzbeauftragten ihre Aufgabe, die das Datenschutzgesetz vorsieht, nicht nur oder nur zum Teil wahrnehmen.
Ähnlich sieht es bei den IT-Sicherheitsbeauftragten aus, die zum Teil sogar externe Mitarbeiter sind und den jeweiligen Behörden nur zeitweise und zeitlich begrenzt zur Verfügung stehen. Das ist die Realität in den Berliner Behörden. Ich meine, das ist angesichts der wachsenden Bedeutung von Datensicherheit und Datenschutz ein unhaltbarer Zustand.
Und dabei habe ich noch nicht einmal das Thema technische Ausstattung und Fortbildungsangebote für Datenschutzbeauftragte angesprochen.
Auch gibt es immer wieder Beschwerden darüber, dass der Berliner Datenschutzbeauftragte und die Datenschutzbeauftragten in den Behörden oft genug zu spät oder gar nicht in Planungen, Vorhaben und Gesetzesinitiativen einbezogen werden.
Selbst der Rat der Bürgermeister weist in seiner Stellungnahme zum E-Government-Gesetzesentwurf darauf hin, dass in der derzeitigen Fassung die behördlichen Datenschutzbeauftragten von ihrem Recht auf angemessene Information zu den angewandten IT-Verfahren abge
schnitten werden können, wenn sich bei den behördenübergreifenden Verfahren die beteiligten Stellen einen Datenschutzbeauftragten aussuchen können. Die behördlichen Datenschutzbeauftragten werden von ihrem Recht auf angemessene Information abgeschnitten. Ich meine, das Ganze hat einen bitteren Beigeschmack. Datenschutz großgeschrieben sieht anders aus.
Erwähnen möchte ich an der Stelle: Auch die Mitbestimmungsrechte und Mitwirkungsrechte des Hauptpersonalrats und der Schwerbehindertenvertretungen werden bei diesem Gesetz eingeschränkt. Von der SPD hätte ich da eigentlich etwas anderes erwartet.
In diesem Zusammenhang möchte ich vom Berliner Datenschutzbeauftragten aufgerufene Punkte erwähnen, die wir im Ausschuss aufrufen werden. Dies betrifft den Schutz von Mandatsgeheimnissen in Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder des Abgeordnetenhauses, die weitreichende Befugnis der Polizei, Daten an Nachrichtendienste zu übermitteln, die Überwachung durch Videokameras und die Erfassung von Bewegungsdaten in Wohnheimen für Asylsuchende sowie die Aufnahmen in Kitas, die gemeinsamen Terrorabwehrzentren, in denen Berliner Behörden Informationen mit anderen polizeilichen und nachrichtendienstlichen Behörden des Bundes und der Länder austauschen.
Bereits im Jahresbericht 2013 hat der Berliner Datenschutzbeauftragte die Frage gestellt, ob es Konsequenzen aus dem anhaltenden NSA-Skandal gibt. Auch im Jahresbericht 2014 stellt er diese Frage. Ist uns allen bewusst, dass durch die Aktivitäten der NSA und anderer Geheimdienste der Schutz der Privatsphäre und insbesondere unser Recht auf freie, unbeobachtete Kommunikation gefährdet sind? Was bedeutet dies für unsere elektronische Kommunikation, wenn wir Internetseiten aufrufen oder Informationen über E-Mails austauschen? Hierzu die Stichworte Vorratsdatenspeicherung und das Recht auf Vergessen.
Bereits in meiner Rede zum Jahresbericht 2012 habe ich gesagt, dass der Datenschutz in vergangenen Wahlperioden einen anderen Stellenwert hatte. Angesichts der Feststellung des Innensenators, der Datenschutz würde in den Berliner Behörden großgeschrieben, und angesichts der Realität im Umgang mit Persönlichkeitsrechten muss der Datenschutz wieder einen anderen Stellenwert erhalten. – Ich danke Ihnen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt kommen wir zum Konkreten, Kollege Kohlmeier!
In der aktuellen Koalitionsvereinbarung haben sich SPD und CDU auf das Ziel verständigt, dass bis 2016 50 Prozent der Berliner Verwaltung auf die elektronische Akte umgestellt werden sollen. Von diesem Ziel sind der Senat und die Koalition weit entfernt – sehr weit entfernt! Einheitliche Aktenpläne sind – das hat eben Herr Kohl
meier auch noch mal bestätigt – eine Voraussetzung für die Einführung der E-Akte.
Ich möchte an dieser Stelle auch noch einen anderen Aspekt benennen: Nach § 17 Abs. 5 Informationsfreiheitsgesetz hat jede öffentliche Stelle Verzeichnisse zu führen, die geeignet sind, die Aktenordnung und den Aktenbestand sowie den Zweck der geführten Akten erkennen zu lassen. Und: Aktenpläne sind allgemein zugänglich zu machen. Der Datenschutzbeauftragte macht uns und vor allem den Senat darauf aufmerksam, dass die Führung und Veröffentlichung von Aktenplänen eine zentrale Voraussetzung dafür sind, dass jeder Berliner und jede Berlinerin vom Informationsfreiheitsrecht und Aktenzugangsrecht Gebrauch machen kann.
Das Informationsfreiheitsgesetz wurde im Oktober 1999 vom Abgeordnetenhaus beschlossen. Doch wie ist der aktuelle Stand der Umsetzung der Vorgaben durch das Informationsfreiheitsgesetz? Wie ist es im Jahre 2015 um die Einführung der E-Akte und der einheitlichen Aktenpläne bestellt? – Hierzu Herr Staatssekretär Statzkowski im Ausschuss für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit am 25. Januar 2015: In den nächsten zwei Jahren sollen 2 000 Arbeitsplätze an die E-Akte angeschlossen werden. – Von ursprünglich angestrebten 50 Prozent in der Berliner Verwaltung auf 2 000 Arbeitsplätze in den nächsten zwei Jahren, das ist Stillstand. Oder soll man besser sagen, Arbeitsverweigerung?
Aus der Beantwortung von Kleinen und Schriftlichen Anfragen sowie aus der Mitteilung – zur Kenntnisnahme – des Senats über die Veröffentlichung von Aktenplänen geht hervor, dass die Berliner Verwaltung auch von der Umsetzung einheitlicher Aktenpläne und deren Veröffentlichung weit entfernt ist. Auch die Umsetzung des Rechts auf Einblick in Akten und Aktenpläne wird von den Ämtern höchst unterschiedlich interpretiert. Der Datenschutzbeauftragte, Herr Dr. Dix, ist der Auffassung, dass Verwaltungs- und Informationsbestände nicht sinnvoll digitalisiert werden können, wenn kein Überblick über die Aktenbestände vorhanden ist. Auch deshalb sind Aktenpläne notwendig. Hierzu stellte Herr Staatssekretär Krömer im Ausschuss für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit am 27. Mai 2013 fest, dass die Verpflichtung nach § 17 Abs. 5 Informationsfreiheitsgesetz flächendeckend nicht umgesetzt sei – flächendeckend nicht umgesetzt! Auch der Senat habe durch Kleine Anfragen zwischenzeitlich das Vollzugsdefizit erkannt. – Donnerwetter! Immerhin!
Allerdings hatte der Datenschutzbeauftragte bereits 2007 in seinem Jahresbericht das Vollzugsdefizit bei der Umsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes festgestellt.
(Sven Kohlmeier)
Was folgt aus dieser Erkenntnis? Bis heute kann uns der Senat nicht mitteilen, wie es aktuell in der Berliner Verwaltung um die Einführung eines vollständigen und einheitlichen Aktenplans steht. Es zeigt sich also: Bei der Einführung der E-Akte und eines einheitlichen vollständigen Aktenplans in der Berliner Verwaltung steht die Koalition immer noch ganz am Anfang – und das seit 1999. Und es stellt sich zwangsläufig die Frage, ob der Senat nur unfähig ist oder es am politischen Willen bei der Umsetzung fehlt.
In einer Anhörung wurde dargestellt, wie die E-Akte im Bundesland Hessen eingeführt wurde. Hessen macht deutlich, dass die Einführung der E-Akte ein Topdown-Prozess war, bei dem sich selbst der Ministerpräsident eingesetzt hatte, weil er der Überzeugung war, dass die E-Akte für eine moderne Verwaltung notwendig ist. Einführung der E-Akte als Chefsache. Und wie diskutiert der Senat diese Frage? Und wie geht der Senat die Umsetzung des Projekts E-Akte und einheitliche Aktenpläne an? Hierzu hören wir im ITDat-Ausschuss immer wieder: dezentrale Verantwortung, dezentrale Verantwortung, dezentrale Verantwortung. Nichts mit Top-down und nichts mit Chefsache.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der zur Beratung und Beschlussfassung vorliegende Antrag der Grünen ist sinnvoll und zu unterstützen.
Dabei kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, warum sich SPD und CDU gegen diesen Antrag aussprechen. Es ist doch sinnvoll für das Land Berlin, wenn ein gemeinsames IT-Nachnutzungs- und IT-Recyclingkonzept entwickelt wird. Es ist doch sinnvoll, dass im Rahmen eines solchen Konzepts landesweit geregelt und vorgegeben wird, dass zukünftig bei zu erwerbenden elektronischen und IT-Geräten auf eine Rücknahmeverpflichtung der Lieferanten geachtet wird, dass darauf geachtet wird, dass solche Geräte fachgerecht wiederverwertet und entsorgt werden.
Im IT-Dat-Ausschuss hat Staatssekretär Krömer bestätigt, dass in der Berliner Verwaltung jährlich 12 000 Geräte neu beschafft werden. Wir bekommen damit eine Vorstellung darüber, wie viele elektronische und IT-Geräte im Jahr als Altgeräte entsorgt werden müssen. Und natürlich, Herr Birk hat es gerade schon angesprochen, war zu erwarten, dass der Staatsekretär wieder einmal, auch in diesem Zusammenhang, auf die dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung hinwies.
An dieser Stelle muss ich aus der Beantwortung einer Kleinen Anfrage des Kollegen Birk sinngemäß zitieren. Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport hält ein einheitliches IT-Recyclingkonzept für wünschenswert. – Da fragt man sich, welche Aussage nun gilt!
Die Beantwortung der Kleinen Anfrage ergab, dass längst nicht alle Senatsverwaltungen – ich nenne beispielsweise die Wirtschaftsverwaltung – ein Entsorgungs- und Recyclingkonzept haben.
Für die Senatsverwaltung für Inneres und Sport wird folgende schöne Aussage getroffen:
Das IT-Recyclingkonzept ist in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport und deren nachgeordneten Behörden unterschiedlich ausgeprägt.
Allein diese Beispiele machen deutlich, wie notwendig ein gemeinsames Konzept ist.
Staatssekretär Krömer verwies in der bereits erwähnten Ausschusssitzung darauf, dass sich die Verwaltungen an der Landeshaushaltsordnung orientieren sollen. Hier bestehe insbesondere die Verpflichtung, wirtschaftlich und zweckmäßig vorzugehen. Ist es aber aus Sicht des Landes zweckmäßig und wirtschaftlich, wenn jede Senatsverwaltung, jede Bezirksverwaltung, jede nachgeordnete Behörde eigene Konzepte entwickeln? – Nein, meine ich, ist es nicht!
Schon aus dieser Sicht ist der Antrag der Grünen zu unterstützen. Ich frage mich auch, warum SPD und CDU den Vorschlag nicht aufgreifen können, dass bis zu einem gemeinsamen landesweiten Recyclingkonzept noch brauchbare elektronische und IT-Altgeräte an Schulen und an soziale und gemeinnützige Einrichtungen kostenlos abgegeben werden. Die Linksfraktion wird diesem Antrag jedenfalls zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dix! Dank auch von mir und im Namen meiner Fraktion für Ihre Arbeit, Dank an Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! Und danke für den jetzt vorliegenden Tätigkeitsbericht 2013, den wir heute beraten.
Auch dieser Tätigkeitsbericht macht deutlich, die Digitalisierung von Kommunikationswegen nimmt zu. Die Digitalisierung macht auch nicht vor privaten Bereichen und Dingen des täglichen Lebens halt, Stichworte: intelligentes Haus, Smart-TV und Spielekonsolen. Damit verbunden sind die immer umfassender werdende Möglichkeiten der Erfassung und Auswertung privater Daten, auch das Erstellen von Kundenprofilen. Die Überwachung und Ausspähung von Bürgerinnen und Bürgern nimmt immer größere, nie geahnte Dimensionen an. Deshalb stehen im Mittelpunkt des Tätigkeitsberichts des Datenschutzbeauftragten – und wie kann es auch anders sein – die Stärkung des Datenschutzes, der Informationsfreiheit und zunehmend auch der Schutz vor Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte.
Die Enthüllungen von Edward Snowden fallen auch in den Berichtszeitraum des Jahresberichts 2013. Wir sollten uns diesbezüglich immer bewusst machen: Deutschland ist eines der Hauptziele des NSA. Unter dem Aspekt der Missachtung von Persönlichkeitsrechten sind auch die Stichworte PRISM und Tempora zu nennen.
Heruntergebrochen auf Berlin möchte ich unter dem Aspekt Eingriff in die Persönlichkeitsrechte beispielhaft auf die nichtindividualisierte Funkzellenabfrage sowie Übersichtsaufnahmen durch die Polizei bei Versammlungen hinweisen. Die Begrenzung und Kontrolle von Ausspähung und Überwachung durch Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden wird uns wohl noch eine Weile weiterbeschäftigen. Dabei geht es auch um die Frage, wie
sich Bürgerinnen und Bürger vor Lausch- und Spähangriffen schützen können. Hier hat auch der Senat die Pflicht, über Möglichkeiten des individuellen Schutzes vor Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte zu informieren.
In seiner Presseerklärung zum Tätigkeitsbericht weist uns der Datenschutzbeauftragte darauf hin, dass der Bericht 102 Beiträge zur Gesetzgebung und Rechtsprechung und zu Bürgerbeschwerden sowie zur Überprüfung von Amtswegen in der Berliner Verwaltung und Berliner Unternehmen enthält. Angesprochen werden auch die Sicherheit der Datennetze und die sichere Kommunikation innerhalb und außerhalb der Berliner Verwaltung. Das gilt auch für Bürgerinnen und Bürger, die Kunden der Verwaltung sind. Das ist auch immer wieder Thema im Ausschuss für digitale Verwaltung und Datenschutz und Informationsfreiheit. Bereits im Tätigkeitsbericht 2012 – also vor zwei Jahren – wies der Datenschutzbeauftragte darauf hin, dass bei der Einführung der De-Mail die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gewährleistet werden muss. Dies gelte – so der aktuelle Hinweis von Herrn Dix – vor allem bei der elektronischen Übermittlung von Gesundheits-, Sozial- und Steuerdaten. Die Vertraulichkeit muss gewährleistet bleiben. Daten müssen vor unbefugtem Lesen, vor unbefugtem Kopieren und vor Manipulationen geschützt sein. Wir wissen, dass eine Verschlüsselung von Kommunikationsdaten keine absolute Sicherheit vor Ausspähung und unbefugten Zugriffen ist. Es ist aber ein Mittel zur Erhöhung der Datensicherheit. Da stimme ich Herrn Dix ausdrücklich zu.
Der Datenschutzbeauftragte weist darauf hin, dass es 2012 laut IT-Dienstleistungszentrum ungefähr 1,1 Millionen Hackerangriffe auf die Verwaltung gab. Die Berliner Verwaltung betreibt vielfältige Verfahren, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Für jedes Verfahren braucht es ein spezifisches Sicherheitskonzept, das in ein behördliches Sicherheitskonzept eingebettet werden muss.
Bereits in der Debatte um den Tätigkeitsbericht 2012 hatte ich hier im Plenum auf das Thema ITSicherheitsbeauftragte hingewiesen und es aufgegriffen. Schon im Jahresbericht 2011 wurde diesbezüglich bei den behördlichen Sicherheitskonzepten ein deutliches Verbesserungspotenzial festgestellt, bereits 2011, unter anderem, dass es auch in den Bezirksämtern – nicht in allen – keine Sicherheitsschulungen gibt und keine Sicherheitsbeauftragten bestellt wurden. 2013 hat der Datenschutzbeauftragte die Bezirke um die Übermittlung der jeweiligen IT-Sicherheitskonzepte gebeten. Lediglich fünf Bezirksämter legten ein IT-Sicherheitskonzept vor, fünf von zwölf! Die Bezirke, die kein Sicherheitskonzept vorgelegt haben oder vorlegen konnten, begründeten dieses Fehlen mit einem vehementen Mangel an entsprechenden Ressourcen. Übersetzt heißt das, es fehlt an Personal. Der
(Benedikt Lux)
Senat verweist an dieser Stelle immer gern auf die dezentrale Verantwortung, auch auf die Verantwortung der Bezirke, –
zum Beispiel bei der Umsetzung von IT-Konzepten und hier von Sicherheitskonzepten. Aber der Senat ist durchaus für die Personalbemessung und -zuweisung verantwortlich.
Auch dies kleine Beispiel zeigt, die Berliner Verwaltung braucht endlich und dringend ein am Bedarf orientiertes Personalkonzept.
Ich hätte gerne noch an dieser Stelle über das E-Government-Gesetz gesprochen, aber hier ist ja schon darauf hingewiesen worden, darauf warten wir schon seit Jahren. Der Datenschutzbeauftragte war in der glücklichen Situation, zu einem Referentenentwurf Stellung nehmen zu können, der allerdings der Opposition nicht vorliegt.
Deswegen mein letzter Satz: Liebe Koalition! Endlich aufwachen! Machen Sie Ihre Schularbeiten! Wir möchten endlich über ein E-Government-Gesetz mit Ihnen diskutieren.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit der vorliegenden Beschlussempfehlung sowie den vier Anträgen von vier Fraktionen beraten wir heute ein Gesamtpaket, das zum einen die Stellung und die Arbeitssituation der Abgeordneten und deren Wirken in die Stadt hinein verbessern soll und zum anderen die Sitzungen des Abgeordnetenhauses lebendiger und interessanter – auch für die Öffentlichkeit interessanter – machen soll. Die parlamentarischen Geschäftsführer aller Fraktionen haben seit Februar/März 2013 gemeinsam versucht, die beschriebenen Zielsetzungen in einen gemeinsamen Vorschlag und entsprechende Anträge einfließen zu lassen.
Hier will ich eine kleine Anmerkung einschieben: Mir, liebe Grünen, war zumindest klar, dass man, wenn man in ein Gespräch geht, in dem fünf Fraktionen vertreten sind, und man auf Erfolg verhandeln will, auch einen gewissen Grad an Kompromissfähigkeit haben muss. Und mir war klar, dass ich nicht alle Punkte, die ich im Kopf hatte und die ich für meine Fraktion durchsetzen wollte, durchsetzen kann, weil es einfach nicht geht. Natürlich haben wir die Frage Vollzeitparlament diskutiert, und es war in den Gesprächen relativ schnell klar, dass das keine Mehrheit findet. Insofern muss ich auf diesem Punkt erst mal nicht weiter herumpochen, werde aber trotzdem sagen: Immer wenn dieses Thema aufkommt, werde ich mich weiterhin dafür einsetzen. – Aber innerhalb dieses Pakets war es nicht möglich.
(Heiko Melzer)
Unser Anliegen bei diesen Gesprächen war es, mehr Bürgernähe und bessere Erreichbarkeit der Abgeordneten sowie mehr Transparenz der parlamentarischen Arbeit herzustellen, die politische Auseinandersetzung im Plenum lebhafter, spannender und nachvollziehbarer zu gestalten und die Arbeitsbedingungen für die Abgeordneten, für die persönlichen Mitarbeiter der Abgeordneten und für die Fraktionen in den Bezirksverordnetenversammlungen zu verbessern. Ich meine, dafür schaffen wir jetzt die Rahmenbedingungen.
Zu einer interessanten und lebendigen Abgeordnetenhaussitzung soll ihr früherer Beginn und eine strafferer Ablauf mit erkennbaren Schwerpunkten der Fraktionen beitragen, aber auch der Beginn der Sitzung mit der Aktuellen Stunde und der sich anschließenden, nunmehr 60minütigen spontanen Fragestunde. Sitzungen des Abgeordnetenhauses in den späten Abendstunden unter Ausschluss der Öffentlichkeit und Fragen, die der Senat mit seitenlangem Vorlesen von Redemanuskripten beantwortet, gehören der Vergangenheit an.
Gesetzesvorlagen muss der Senat begründen, wenn eine Fraktion es wünscht. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber auch das musste geregelt werden. Das Fragerecht der Abgeordneten wird durch Verankerung in der Verfassung gestärkt. Zukünftig muss der Senat Fragen der Abgeordneten zeitnah – innerhalb von 14 Tagen – beantworten.
Zur Änderung der Verfassung gehört auch die Erhöhung der Anzahl der Senatoren von jetzt acht auf zehn in der nächsten Wahlperiode. Das haben wir nie verschwiegen. Viele von uns Abgeordneten beklagen nicht erst seit heute den Zuschnitt der Fachausschüsse, die ja auch ein Spiegelbild der teilweise fachlich unmöglichen Zuschnitte der Senatsressorts sind. Diese ergeben sich eben auch aus der geringen Anzahl der Senatoren. Unsere Erwartungshaltung, dass mit der Erhöhung der Anzahl der Senatoren zugleich die Anzahl der Staatssekretäre deutlich reduziert wird, haben wir auch in den Gesprächen immer wieder formuliert.
Bei der Amtsausstattung für Abgeordnete war uns wichtig, dafür zu sorgen, dass zukünftige persönliche Mitarbeiter von Abgeordneten nicht mehr in prekären, sondern in ordentlichen Beschäftigungsverhältnissen mit einer vernünftigen Bezahlung eingestellt werden können. Was die Grünen dagegen haben, kann ich mir überhaupt nicht erklären.
Bereits die Einstellung persönlicher Mitarbeiter von Abgeordneten auf 580-Euro-Basis sprengte die räumlichen Kapazitäten aller Fraktionen. Diese Situation führte zwangsläufig zu der Frage, wie wir dieses Problem lösen und wie Abgeordnete gleichzeitig mehr Bürgernähe und Erreichbarkeit herstellen können. Das ist bekannt. Wir haben uns dabei an Hamburg orientiert, und wir haben demnächst auch klare Vorgaben und Richtlinien, wie das geschehen soll.
Mehr Bürgernähe und bessere Erreichbarkeit der Abgeordneten und zugleich zumutbare Räumlichkeiten und Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter – die Vorteile der externen Büros liegen doch auf der Hand. Ich meine, es macht schon einen Unterschied, Kollege Lux, ob Bürgerinnen und Bürger aus Treptow-Köpenick zu mir, zu Herrn Nolte oder zu Frau Vogel in das Abgeordnetenhaus kommen müssen und somit Fahrwege in Kauf nehmen müssen, die eine Stunde und länger dauern, oder ob sie uns direkt vor Ort erreichen können.
Liebe Grünen! Die inhaltliche Arbeit der Fraktionen wird dadurch keinen Schaden nehmen, jedenfalls bei uns nicht.
Fraktionssitzungen, Arbeitskreise, Gesprächsrunden und Besprechungen werden weiterhin stattfinden.
Zu der Erhöhung der Grundentschädigung für Bezirksverordnete sowie der Erhöhung der Zuwendungen für die BVV-Fraktionen muss ich wohl nicht viel sagen. Gemessen an der engagierten und anerkennungswerten Arbeit, die die Bezirksverordneten leisten, ist dies die richtige Entscheidung, die diese Arbeit würdigt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade nach der Gegenrede des Kollegen Schneider beantrage ich hiermit die sofortige Unterbrechung der Sitzung und die sofortige Einberufung des Ältestenrats.
Es geht um die Tagesordnung und letztendlich um die Frage, ob Beschlussempfehlungen hier ordnungsgemäß eingebracht wurden oder nicht und ob Verfahren, die im Hauptausschuss einstimmig beschlossen wurden, mit einfacher Mehrheit durchbrochen werden können. Deshalb beantrage ich die sofortige Unterbrechung und Einberufung des Ältestenrates.
Herr Präsident! Herr Dr. Dix! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass wir heute hier im Plenum über den Datenschutzbericht 2012 samt Stellungnahme des Senats beraten, während es der zuständige Ausschuss bis heute nicht geschafft hat, den Datenschutzbericht 2011 abschließend zu beraten. Und alle – hier meine ich insbesondere die Vertreter der Koalitionsfraktionen –, die dazu mitbeigetragen haben, sollten sich die Frage stellen, ob sie damit dem Ansinnen des Datenschutzes einen Gefallen getan haben.
Der Datenschutz hat in den vergangenen Jahren, hat in den vergangenen Wahlperioden in diesem Haus einen anderen Stellenwert gehabt. Ich hoffe, dass der vorliegende Datenschutzbericht 2012 zeitnah und zügig im Ausschuss für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit beraten wird und fraktionsübergreifend entsprechende Schlussfolgerungen gezogen werden. Anregen möchte ich, dass zukünftig im Ausschuss für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit das Thema Datenschutz regelmäßig aufgerufen wird und bei jeder zweiten Sitzung des Ausschuss auf der Tagesordnung steht.
Die aktuellen Debatten um die unfassbaren, weitreichenden Ausspähprogramme der Geheimdienste der USA und Großbritanniens machen die Dimensionen, um die es heute beim Datenschutz geht, deutlich. Und der Datenschutzbeauftrage weist aber auch auf Auswüchse von Datensammelwut von Berliner Behörden hin, wie etwa die ausufernde Praxis der Funkzellenabfrage. Er thematisiert die umfangreiche Erfassung und Auswertung von persönlichen Daten, wie etwa das Nutzungsverhalten im Internet für Werbezwecke. Unter dem Aspekt des Umgangs mit persönlichen Daten, mit Geschäftsdaten oder vertraulichen bzw. geheimen Unterlagen wird deutlich, welchen Stellenwert der Datenschutz heute hat bzw. haben muss.
Den Berliner Datenschützern um Herrn Dix ist es zu verdanken, dass sie uns Abgeordnete und den Senat immer wieder auf diese Fragen aufmerksam machen und uns für das Thema Datenschutz sensibilisieren. Dafür und für seine Arbeit möchte ich mich auch im Namen meiner Fraktion bei Herrn Dix und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken.
Der Umgang mit sensiblen und personenbezogenen Daten betrifft heute nahezu alle Lebensbereiche der Bürgerinnen und Bürger und umfasst auch eine Vielzahl von Vorgängen in der öffentlichen Verwaltung. Mit Blick auf den internationalen Datenverkehr im Internet und den dahinter steckenden Gefahren des Datenmissbrauchs weist der Datenschutzbericht darauf hin, dass ein hohes Datenschutzniveau erforderlich ist. Dafür brauchen wir auch internationale Vereinbarungen zum Datenschutz. Fast möchte man Frau Merkel, der derzeitigen Bundeskanzlerin zurufen: Wir betreten hier kein Neuland!
Dass zum Beispiel die Bundeskanzlerin immer noch denkt, dass auf deutschem Boden keine Grundrechte durch die Geheimdienste der USA und Großbritanniens verletzt würden, ist nach wie vor ein Skandal. – Herr Dregger! Auf deutschem Boden befinden sich Abhörstationen der Amerikaner und der Engländer. Auf deutschem Boden!
Die Entwicklung des Internets und seine Gefahren sowie der elektronische Datenverkehr erfordern schon seit Jahren internationale Aktivitäten und Initiativen für einen internationalen Datenschutz. Internationale Vereinbarungen über den Datenschutz dürfen nicht zur Absenkung des in Deutschland üblichen Datenschutzniveaus führen. Da hat Herr Dr. Dix unbedingt recht!
Der Datenschutzbericht spricht u. a. die Funkzellenabfrage, die Arbeit mit privaten Endgeräten in der Verwaltung, Verordnungsdaten in Apothekenrechenzentren, die Fahrkarten und Parktickets über Handy oder das EC-CashVerfahren an. Und Herr Dix macht uns dabei mit Recht auf die Gefahren für die Wahrung der Persönlichkeitsrechte aller Berlinerinnen und Berliner aufmerksam.
In Bezug auf die Funkzellenabfrage warnt der Datenschutzbeauftragte davor, dass diese von der Ausnahme zur Regel wird, und bei den Fahrkarten und Parkausweisen über Handys können sehr schnell massenhaft Bewegungsprofile erstellt werden. Bedenklich ist, wenn der Datenschützer feststellen muss, dass es mit dem Datenschutz in einigen Bezirken nicht so gut bestellt ist und dieser teilweise mangelhaft ist.
Auch das Informationsfreiheitsgesetz und das Recht auf Information sind Themen im Datenschutzbericht. Kritikwürdig ist hier z. B. der Umgang der Verwaltung mit Aktenplänen und deren Veröffentlichung. Anstrengungen der Verwaltung, Verwaltungsdienstleistungen zu erbringen, müssen viel mehr als bisher mit größerer Transparenz von Verwaltungsprozessen für den Bürger und seiner proaktiven Teilnahme verbunden werden. Digitale Verwaltung und offene Verwaltung gehören zusammen und stehen in keinem Widerspruch zum Datenschutz.
Nach meiner Ansicht weist der Datenschutzbeauftragte zu Recht darauf hin, dass das Informationsfreiheitsgesetz in Berlin weiterentwickelt werden muss. Gefordert wird eine verfassungsrechtliche Verankerung des Anspruchs auf Informationszugang, was einen Beitrag zu noch mehr Transparenz in der öffentlichen Verwaltung sein kann. Auch dem kann die Linksfraktion nur zustimmen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In dieser Sitzungswoche wird sich der Deutsche Bundestag mit einem Antrag der Fraktion Die Linke befassen, der eine gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität fordert. Die vorliegende Initiative der Piratenfraktion ist diesem Antrag sehr ähnlich, deshalb werden wir diesen Antrag unterstützen.
Bereits seit Jahren, das haben wir eben schon gehört, setzt sich die Opposition im Bundestag – so auch die Linke – für Netzneutralität ein, bislang vergeblich. Aber dank der Telekom ist dieses Thema heute aktueller denn je.
Seit dem 2. Mai, das ist ein bisschen in der Debatte untergegangen, bietet die Telekom bei Neukunden nur noch Flatrateverträge mit Inklusivdatenvolumen an. Damit überträgt bereits jetzt die Telekom das Prinzip der Datenbegrenzung vom mobilen auf das Festnetzinternet. Für die Neukunden soll laut Telekom die Datenbegrenzung frühestens ab 2016 wirksam werden. Spätestens ab 2018 soll dann die Datenbegrenzung für alle Kunden gelten. Dazu die Telekom: Die Kunden müssen dann die neuen Geschäftsbedingungen akzeptieren. – Das bedeutet, dass die Kunden nur bis zu einem bestimmten Datenverbrauch die maximale Bandbreite nutzen können, danach wird die Geschwindigkeit erheblich gesenkt.
Die „Berliner Zeitung“ hat beschrieben, was das für Telekomkunden in der Praxis bedeutet: Begrenzung beim Herunterladen von Filmen – es kann nur noch eine be
stimmte Anzahl von Filmen heruntergeladen werden –, das Internetradio wird auf 60 Stunden im Monat begrenzt, Onlinespiele sind nur noch innerhalb von 16 Stunden im Monat möglich. Großzügig will die Telekom Zubuchungsoptionen anbieten. Sie hat angekündigt, dass eigene und ausgewählte Dienste nicht auf das Datenvolumen angerechnet werden sollen. Wer aber andere Dienste nutzen will, muss draufzahlen, und das ist nichts anderes als die Abschaffung der Netzneutralität zugunsten von Profitmaximierung bei der Telekom. Es steht zu befürchten, dass auch andere Internetanbieter diesem Beispiel folgen wollen. Das wäre das Ende des frei zugänglichen und freien Internets.
Hier wird auch der Grundstein für ein Zwei-KlassenInternet gelegt. In der ersten Klasse können Besserverdienende alle gewünschten Daten nutzen. In der zweiten Klasse gibt es für Einkommensschwache und vor allem für deren Kinder nur noch das, was die Telekom für wenig Geld anbietet. Neben der sozialen Spaltung in unserer Gesellschaft wird so auch die digitale Spaltung vorangetrieben. Mit dem Vorgehen der Telekom ist eben nicht mehr allen Internetnutzern der freie, uneingeschränkte Zugang zum Internet möglich. Die Informationsfreiheit und die gesellschaftliche Teilhabe wird damit eingeschränkt.
Das Internet, das ist schon gesagt worden, ist aber so erfolgreich, weil jeder Nutzer, jeder Nutzerin uneingeschränkt und in gleicher Qualität Daten senden und empfangen kann. Um das zu gewährleisten, ist eine gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität notwendig. Wer keinen schnellen Internetzugang hat, kann viele Möglichkeiten des Internets nicht nutzen. Deshalb muss für alle Nutzerinnen und Nutzer des Internets die Versorgung mit einem schnellen Internetzugang sichergestellt werden. Deshalb braucht es darüber hinaus einen gesetzlichen Anspruch auf Breitbandinternet für alle.
Der Beitrag von Herrn Dregger veranlasst mich dann doch dazu, aus der Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU hier im Land Berlin zu zitieren. Auf Seite 94 kann man lesen:
Die Netzneutralität ist die Grundlage der digitalen Daseinsvorsorge. Die Koalition wird das Prinzip der Netzneutralität zur Förderung der digitalen Vielfalt sichern.
So weit die Koalitionsvereinbarung. Den schönen Worten sollten SPD und CDU jetzt Taten folgen lassen! Stimmen Sie, so wie die Linksfraktion, dem Antrag der Piratenfraktion zu, und setzen Sie sich auf der Bundesebene für die Umsetzung des Antrages ein! – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem Hinweis von Herrn Kohlmeier, was den Antrag der Grünen aus dem Jahr 2008 betrifft, muss ich nicht mehr viel sagen. Dazu hat Herr Birk etwas gesagt. Aber vor dem Hintergrund, Herr Kohlmeier, dass Sie jetzt wieder gesagt haben, dass jetzt erst mal wieder ein Gutachten abgewartet werden soll, bis man wieder irgendwelche Entscheidungen treffen kann, sage ich Ihnen, dass dieses Abgeordnetenhaus bereits im Dezember 2005 – rot-rote Zeiten – den Senat in einem Auflagenbeschluss aufforderte, einen Zeit- und Maßnahmenplan zum umfassenden Einsatz von Open-Source-Software vorzulegen und auf die Einhaltung offener Standards zu achten. Das ist sieben Jahre her, und jetzt kommen Sie wieder mit einem Gutachten.
Hintergrund für diesen Beschluss war die Erkenntnis, dass beim Einsatz von IT-Technik in der Berliner Verwaltung mit einer Open-Source-Strategie grundlegende Ziele wie Wirtschaftlichkeit, Effizienzsteigerung, Herstellerunabhängigkeit und Standardisierung erreicht werden können. Umso mehr – auch in der Linie des Kollegen Kohlmeier – überraschte die Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage meines Kollegen Klaus Lederer vom April 2012 – also im Dezember 2005 der Beschluss und im April 2012 folgende Antwort:
Die IT-Bestands- und Planungsübersicht der Senatsverwaltung für Inneres und Sport liefert keine Informationen, auf welcher Basis die einzelnen ITFachverfahren realisiert wurden, insofern kann auch kein prozentuales Verhältnis von OpenSource-Fachanwendungen zu proprietären Fachanwendungen angegeben werden.
Das heißt ja wohl übersetzt: Der Senat hat in einer entscheidenden strategischen Frage über den Einsatz von IT-Software in der Berliner Verwaltung keine komplette Übersicht. Da fragt man sich natürlich, vor welchem Hintergrund der Senat seine Entscheidung trifft. Denn aus der schon erwähnten Antwort auf die Kleine Anfrage von Klaus Lederer geht auch hervor, dass der Senat zur Vereinheitlichung der unterschiedlichen IT-Systeme und IT-Lösungen ein Gesamtkonzept für die Planung, Finanzierung, Einführung und Nutzung von IT-Systemen und IT-Lösungen bis zum Haushalt 2014/15 vorlegen will. Im Rahmen dieses Konzeptes soll auch ein standardisierter IT-Arbeitsplatz für die Verwaltung angeboten werden. 2005, 2014 – Donnerwetter, doch schon, möchte man sagen!
Bereits im Jahre 2008 teilte das ITDZ, der IT-Dienstleister für das Land Berlin, in einer Pressemitteilung mit, dass nach einer eingehenden Pilotphase mit Praxistest der Berliner Verwaltung zukünftig Open-Source-Arbeitsplätze angeboten werden. Also 2008 war die Pilotphase abgeschlossen!
Kein kompletter Überblick des Senats über den Einsatz von Open-Source-Software in der Verwaltung und eine vom Senat vor der Haushaltsberatung angekündigte Weichenstellung zum Einsatz von IT-Systemen und Lösungen sind unter anderem zwei Punkte, die mit dem Antrag der Grünen aufgegriffen werden. Und so gesehen, Herr Kohlmeier, ist es richtig, dass der Senat aufgefordert wird, endlich eine vollständige und detaillierte Übersicht über den Einsatz von Open-Source-Software vorzulegen. Und so ist es auch richtig, dass der Senat aufgefordert wird, ein Gutachten in Auftrag zu geben, inwieweit es rechtlich möglich ist, Open-Source-Software bei der öffentlichen Auftragsvergabe den Vorrang zu geben. Rechtzeitig vor Beginn der Beratung für den Landeshaushalt 2014/2015 wird zu Recht mit dem konzeptionellen Antrag auf die notwendige Umstellung und den stärkeren Einsatz von Open-Source-Software hingewiesen.
Jetzt komme ich wieder zurück auf das Jahr 2006. Da war im „Splitter“, den IT-Nachrichten der Berliner Verwaltung, Ausgabe Nr. 1 2007, nachzulesen, dass das Fraunhofer Institut eine Studie veröffentlicht hatte. Es wurden 115 öffentliche Verwaltungen nach ihren Einschätzungen zum Einsatz quellenoffener Software befragt. 70 Prozent der befragten öffentlichen Einrichtungen gingen von teilweise erheblichen Kostensenkungen durch den Einsatz von Open-Source-Software aus. 2006 war das!
Und alles spricht für den verstärkten Einsatz von OpenSource-Software in der Verwaltung. Erstens: Die Software ist leicht lesbar und verständlich. Zweitens: Die Software darf beliebig oft kopiert, verbreitet und genutzt werden. Das bedeutet: Die Verwaltung ist in jeder Hinsicht unabhängig von der standardisierten und kommerziell ausgerichteten Software, bei der jede Änderung der Software-Version kostenpflichtig ist. Und so ist es richtig, dass mit dem vorgelegten Antrag der Senat aufgefordert wird, bei Kostenvergleichsrechnungen für die Beschaffung von IT-Projekten auch die finanziellen Folgen der Herstellerabhängigkeit zu berücksichtigen.
Ja, der vorletzte Satz! – Mit Blick auf die bevorstehenden Haushaltsberatungen nach den Sommerferien hoffe ich, dass der Antrag der Grünen zügig und zeitnah – ich betone: zügig und zeitnah, Herr Kohlmeier – im Fachaus
schuss beraten wird. Auch die Koalition von SPD und CDU sollte daran ein Interesse haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat die Initiativen dreier Länder im Bundesrat – des schwarz-gelben Hessen, des rot-grünen Rheinland-Pfalz und des rot-roten Brandenburg – zu bundesweiten Regelungen über einen besseren Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm?
2. Wie verhält sich der Senat insbesondere zu den Forderungen, dem nächtlichen Lärmschutz Vorrang vor wirtschaftlichen Belangen einzuräumen?
Danke schön, Herr Senator Müller! Ich habe jetzt vernommen, dass Sie noch im Prüfstadium sind, wie Sie sich zu den Vorlagen verhalten werden. Dann frage ich Sie: Wie hält es der Senat mit der Initiative des Landes Rheinland-Pfalz, wo es darum geht, dass Flugrouten künftig ein anspruchsvolleres Abwägungsverfahren zwischen öffentlichen und privaten Belangen haben?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit Open Data, sprich: mit offenen Daten, sollen unter anderem Daten der öffentlichen Verwaltung für jedermann frei zugänglich, verfügbar und nutzbar sein. Dahinter steht der Gedanke, dass durch die Bereitstellung von offenen Daten mehr Transparenz im Handeln der Politik
und der öffentlichen Verwaltung entsteht – mehr Transparenz als Grundlage und Anreiz zur aktiven Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern. Das ITDZ, das die Berliner Verwaltung bei der Umsetzung eines Open-DataPortals unterstützt, weist darauf hin, dass es wesentlich kostengünstiger ist, Informationen für interessierte Bürgerinnen und Bürger bereitzustellen als sie auf Einzelanfrage gemäß Informationsfreiheitsgesetz herauszusuchen und zur Verfügung zu stellen. Und so begrüßt auch der Berliner Datenschutzbeauftragte Open Data als willkommenen Beitrag zur Informationsfreiheit.
Der Antrag der Piraten fordert den Senat auf, bei dem Betrieb des Berliner Open-Data-Portals wichtige Prämissen einzuhalten, damit diese Plattform auch den Ansprüchen an Transparenz und Beteiligung entspricht. Die Piratenfraktion übernimmt im vorliegenden Antrag die Forderung aus einer gemeinsamen Erklärung, die von Vertretern der Open-Data-Community Deutschlands verfasst worden ist. Die gemeinsame Erklärung ist die Reaktion auf die Veröffentlichung der Open-Data-Plattform für Deutschland, im Klarnamen daten-deutschland.de, die nach Meinung der mittlerweile 700 Unterzeichner nicht die Anforderungen an Transparenz, Beteiligung und damit Teilen von Wissen erfüllt. Die Open-Data-Plattform für Deutschland zeige – so die Erklärung – einen Ansatz, der weder offen im Sinne der weltweit anerkannten Standards sei noch zeitgemäß oder effektiv im Hinblick auf Umsetzung, Gebrauchstauglichkeit und Sicherheit. Die Unterzeichner befürchten eine Entwicklung, die eine echte Partizipation und die erwarteten vielfältigen Anreize zur Entwicklung nutzerfreundlicher Angebote für Bürgerinnen und Bürger behindert. – Ich meine, diese Befürchtungen sind ernst zu nehmen.
Unbestritten, Berlin hat mit dem Open-Data-Portal in Deutschland eine Vorreiterrolle. Jedoch, wenn es Datenveröffentlichungen ohne dokumentierte Nutzungsbedingungen gibt und es Verwaltungen völlig freisteht, durch Wahl der nichtkommerziellen Variante der Lizenz die kommerzielle Nachnutzung zu verbieten, werden die erwarteten innovativen Impulse ausbleiben. Und mit einem Deutschlandportal werden eben Maßstäbe gesetzt. Wir wissen, dass es mit dem Deutschlandportal und dem Berliner Open-Data-Portal Verknüpfungen gibt. Von dem Deutschlandportal erwarten Bürger zu Recht einen Schub für das Thema Open Government, zumal der Umgang mit offenen Daten nicht nur Deutschland betrifft, sondern auch hier eine internationale Verbindung gesehen werden muss.
Berlin ist Modellstadt für das globale Projekt Morgenstadt City of the Future. Fehlende weltweit anerkannte Standards bei Open-Data-Plattformen wären aus meiner Sicht peinlich. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Forschung und Technologie hat stets in ihren Erklärungen die gute Zusammenarbeit mit der Open-Data-Community
betont, zuletzt Staatssekretär Beermann in der Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft, Forschung und Technologie am 18. Februar dieses Jahres, und deren Initiativen und Innovationen gelobt. Wir meinen, der Dialog muss fortgesetzt werden, und die kritischen Hinweise der Nutzer dieser Plattform müssen vom Senat aufgenommen werden.
Wir unterstützen den Antrag der Piratenfraktion, und die vorgeschlagenen Schritte müssen in einer weiteren Entwicklung der Open-Data-Strategie des Landes verankert werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben es gestern über die Medien und heute im Rahmen der Fragestunde erfahren müssen, dass das Land Berlin morgen im Bundesrat das Mietrechtsänderungsgesetz nicht stoppen und die Anrufung des Vermittlungsausschusses nicht unterstützen wird. Das ist ein Armutszeugnis des Regierungshandelns in der Mieterstadt Berlin.
Das sogenannte Mietrechtsänderungsgesetz der Bundesregierung ist in Wirklichkeit ein Mietrechtsverschlechterungsgesetz. Die Linksfraktion fordert den Senat deshalb eindringlich auf, im Bundesrat der Anrufung des Vermittlungsausschusses zuzustimmen. Der Vermittlungsausschuss soll angerufen werden, um das Gesetz im Sinne eines besseren Interessenausgleichs zwischen Vermietern und Mietern zu verändern. Eine Enthaltung im Bundesrat ist nichts und wirkt, wie Frau Schmidberger es beschrieben hat, wie eine Ablehnung. Die Mieterstadt Berlin kann nicht am Rande stehen, wenn andere Bundesländer den Vermittlungsausschuss anrufen wollen.
Die SPD hat in der Vergangenheit – und Frau Spranger gerade auch wieder – immer gerne darauf hingewiesen, dass Mietfragen Bundesrecht sind und das Land Berlin nicht viel machen kann. Nun gibt es einen konkreten Vorschlag im Bundesrat, der eins zu eins den mietenpolitischen Positionen der SPD entspricht. Und nun? Ich möchte die SPD daran erinnern, dass Rot-Rot bereits 2010 eine Bundesratsinitiative gestartet hat, die wesentliche Elemente von dem enthält, was jetzt im Bundesrat zur Abstimmung steht. Ich möchte die derzeitige rotschwarze Koalition daran erinnern, dass sie die rot-rote Bundesratsinitiative zur Begrenzung der schnell anstei
genden Mieten übernommen haben. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Herr Brauner zu Anfang dieser Wahlperiode auf die Koalitionsvereinbarung verwies, in der viele Punkte aus der vergangenen Legislaturperiode – gemeint war die rot-rote Bundesratsinitiative – erneut detailliert aufgegriffen worden seien. Und jetzt, wo die Forderungen aus Berlin endlich im Bundesrat zur Abstimmung stehen, wollen Sie gegen Ihre eigenen Forderungen stimmen.
Doch, wir kommen gleich dazu! – Ich frage CDU und SPD: Was ist das für eine Logik? – Herr Saleh wird heute in der „Berliner Zeitung“ zitiert:
Es gibt ein … Kompromisspapier, das ist der Koalitionsvertrag, den arbeiten wir ab.
Und jetzt schauen wir uns mal die Koalitionsvereinbarung auf Seite 31 letzter Absatz an – Zitat –:
Zur Erreichung der Ziele in der Wohn- und Mietenpolitik setzt die Koalition auf die Begrenzung von allgemeinen Mieterhöhungen. Künftig soll die Miete innerhalb von vier Jahren um nicht mehr als 15 Prozent steigen dürfen. … Die Koalition setzt zudem auf die Absenkung der Modernisierungsumlage.
Von 11 auf 9 Prozent! – So weit die Koalitionsvereinbarung! Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder weiß die CDU nicht mehr, was sie in der Koalitionsvereinbarung unterschrieben hat, oder der Koalitionsvertrag wurde mit Zustimmung der SPD verändert.
Was wird für den Vermittlungsausschuss im Einzelnen vorgeschlagen?
Erstens: Der Ausstieg aus dem Mietminderungsrecht bei energetischer Sanierung soll zurückgenommen werden. Bisher war bei der Beeinträchtigung durch Baumaßnahmen eine Mietminderung für drei Monate möglich. Das muss so bleiben. Und das können SPD und CDU nicht unterstützen?
Zweitens: Der Vermieter soll künftig nicht mehr 11 Prozent, sondern höchstens 9 Prozent der tatsächlich angefallenen Modernisierungskosten auf die Jahresmiete umlegen dürfen. Eins zu eins Koalitionsvereinbarung in Berlin!
Drittens: Die Kappungsgrenze bei Neuvermietung soll künftig bei 10 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Eins zu eins Koalitionsvereinbarung in Berlin!
Viertens: Die Sicherungsanordnung, die es den Vermietern ermöglicht, bei einstweiliger Anordnung die Mieterinnen und Mieter schneller auf die Straße zu setzen, soll wieder gestrichen werden. Und das können SPD und CDU nicht unterstützen?
Ich frage die SPD, die sich auch gerne selbst Mieterpartei nennt, warum sie diesen Punkten im Bundesrat nicht zustimmen kann. Es gibt keinen Grund für den SPDCDU-Senat, im Bundesrat mit Enthaltung zu stimmen. Es gibt auch keinen fachlichen Grund dazu.
In allen Großstädten steigen die Mieten rasant. Die Forderung nach Begrenzung – auch für neue Mietverträge – wird immer lauter. Es liegt nun an Ihnen, an der Koalition aus SPD und CDU in Berlin, sich für eine Begrenzung der Bestands-, aber vor allem der Neuvertragsmieten, für eine Reduzierung der Modernisierungsumlage und für die Beibehaltung des Rechts auf Mietminderung bei energetischer Sanierung, so wie es in Ihrer Koalitionsvereinbarung steht, einzusetzen.
Sollten Sie die Initiative im Bundesrat jetzt nicht ergreifen, verstreichen erneut wertvolle Jahre, in denen sich die Lage für Mieterinnen und Mieter nicht nur in Berlin weiter verschlechtern wird.