Wieland Niekisch

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Last Statements

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kultur im Land Brandenburg zu vorgerückter Stunde an einem der letzten Parlamentstage, aber durchaus sehr wichtig: Wir leben in schönen und guten Zeiten für die Kultur. Aus dem ehemaligen SEDVermögen wird die Kultur der Aufarbeitung und Erinnerung bei Förderung der zeitgeschichtlichen Forschung gefördert. Aus dem ehemaligen Parteienvermögen bekommen die Musikschulen eine Menge Geld. Kindertagesspielstätten, die auch etwas mit Kultur im weitesten Sinne zu tun haben, bekommen auch mehrere Millionen.
Es wird also für die Kultur viel getan. Wenn man sich im Land Brandenburg umschaut und nicht nur Straßen und Autobahnen, sondern auch Kirchen, Kultureinrichtungen, Schlösser und
Gärten sieht, kann man erkennen: Brandenburg ist wirklich nicht mehr das ungelüftete Zimmer der kleinen DDR, sondern es ist ein großartiges, schönes, kulturell attraktives Land geworden, wo unglaublich viel durch die Energie und den Fleiß der Menschen, die hier leben, und natürlich auch mit den Mitteln, die aus allen Teilen Deutschlands kommen, erarbeitet worden ist.
Meine Damen und Herren, drei Themen haben wir auf der Agenda: eine Große Anfrage der Linksfraktion zur kulturellen Entwicklung, die kulturelle Entwicklungskonzeption der Landesregierung, die 2002 grundsätzlich auf Kiel gelegt worden ist und jetzt in bestimmten Abständen erneuert bzw. aktualisiert wird, und die Projekte und Initiativen der Landesregierung zur kulturellen Bildung. Das alles in neun Minuten zusammenzufassen ist nahezu unmöglich. Aber es ist gut, es auf einmal auf dem Tisch zu haben, weil sich die Dinge nicht nur überschneiden, sondern auch durchdringen und viele Dinge, die von der Linkspartei gefragt werden, in der Kulturentwicklungskonzeption und ihrer Aktualisierung stehen und auch das Thema kulturelle Bildung und entsprechende Initiativen darin enthalten sind. Deswegen ist es gut, dass man das hier zusammenfasst.
Ich möchte mich deswegen sozusagen auf ganz wenige Striche in dem kleinen Bild begrenzen, das ich hier zeichnen kann. Die Kultur bzw. die Kulturentwicklung hat gerade die Demografie im Land Brandenburg ganz stark im Blick, und sie hat im ländlichen Raum darauf geachtet, dass kulturelle Angebote und individuelle Förderung nicht zu kurz kommen bzw. nicht hinten herunterfallen. Allein die Kulturverträglichkeitsklausel, die vorschreibt, dass bei allen Infrastrukturmaßnahmen unterschiedlichster politischer Art die Kultur immer gesehen werden soll, ist eine ganz wichtige Errungenschaft der Kulturentwicklung und der Kulturpolitik im Land Brandenburg. Auch der Kulturtourismus und vor allem die wirtschaftlichen Effekte von Kultur und kultureller Entwicklung unterschiedlichster Art und Weise werden seit 2002 mehr gesehen. Deren Bedeutung ist stärker hervorgehoben worden.
Die Kulturlandkampagnen, in den 90er Jahren begonnen, haben sich zu einem so großen und auch nationalen Standard entwickelt, dass ich das gar nicht stärker hervorheben muss. Auch Verbundprojekte unterschiedlicher Art, ob es nun Museen sind, ob es das Gebiet der Musik ist oder ob es Ausstellungen sind, kommen nicht zu kurz. Dass das Ehrenamt unter den Tisch fällt, Herr Hoffmann, kann ich überhaupt nicht entdecken. Es wird an vielen Stellen und mehrere Seiten lang sehr hervorgehoben.
Grundsätzlich möchte ich noch kurz darauf hinweisen, dass vor allem bei der Bewahrung und in der Erinnerung, was Denkmale und den Denkmalschutz betrifft, eine Menge passiert ist, nicht nur durch die Novellierung des Denkmalschutzgesetzes im Jahre 2004. Wir können heute an dem Effekt sehen, dass Hunderte wenn nicht sogar Tausende von Denkmalen nicht nur registriert, sondern auch gerettet und restauriert worden sind. Wir sind so weit im Bewusstsein, dass heute sogar ein Finanzminister oder ein Parlamentspräsident eine Rotweinflasche heutiger Zeit von einer aus friderizianischer Zeit hervorragend unterscheiden kann.
Meine Damen und Herren, noch wenige Hervorhebungen, was sich an Kultur ereignet hat. Unsere Fraktion war vor kurzem in Oranienburg bei einem Bürgermeister, der das Urbild eines
brandenburgischen Bürgermeisters ist, egal, aus welcher Partei er kommt. Er hat uns klargemacht, wie diese Stadt noch vor 20 Jahren aussah, dass zum Beispiel Uferregionen der Havel völlig zugeschüttet, zubetoniert oder mit irgendwelchen Fernwärmeleitungen verunstaltet waren. Heute ist dies eine Kulturlandschaft, in der man flanieren kann, ergänzt durch das wunderbare Schloss und die Landesgartenschau. Oranienburg ist ein wichtiger Gedenkort mit einem ehemaligen Konzentrationslager und hat eines der schönsten und kinderfreundlichsten Erlebnisbäder, die es überhaupt gibt. Das ist Kultur im Land Brandenburg, meine Damen und Herren!
Ein zweites: Hier möchte ich die Musikschulen und auch die Initiative, die es zurzeit gibt, unterstützen. Die Musikschulen sind übrigens Dank der Förderung auf der Gemeinde- und der Landesebene stark geworden und haben trotz des demografischen Wandels - Ähnliches gilt auch für die Kunstschulen im Land Brandenburg - Tausende von Schülerinnen und Schülern hinzugewonnen: von 24 000 auf fast 30 000. Aber der finanzielle Einschnitt, den wir 2003 haben vornehmen müssen, ist nicht mehr zu rechtfertigen. Deswegen ist es wichtig, dass die Landesregierung und auch die Parteien die Musikschulinitiative ernst nehmen. Ich gestatte mir nur den Hinweis, dass die Parteien, die 1999 die Initiative unterstützt haben, zu den Wahlgewinnern gehörten und die anderen eher ein wenig das Nachsehen hatten. Aber hier geht es nicht nur um die Initiative von Landesregierung und Parlament, sondern auch die Kommunen müssen ihren Teil dazu beitragen, dass Elternbeiträge nicht ins Unermessliche steigen. Hier ist eine neue Gemeinschaftsanstrengung notwendig.
Das Dritte, das ich hervorheben möchte, sind die Erinnerungskultur und die Stiftung der Gedenkstätten. Wir haben hier in einer Leistung - Landesregierung und Parlament - mit einem öffentlichen Diskussionsforum viel zutage gefördert, viel Bewusstsein geschaffen und vor allem auch viel Gemeinsames entdeckt, was unsere gesamte Region betrifft. Deswegen ist gerade hier der Satz aus der Kulturentwicklungskonzeption zu zitieren:
„Die historische Verflechtung Brandenburgs und Berlins zu beschwören hieße, Eulen nach Spree-Athen zu tragen, auch wenn Brandenburg und Berlin seit nahezu 90 Jahren staatsrechtlich getrennte Wege gehen.“
Ich meine, kunsthistorisch oder auch im Kunstmanagement bei Kunsthochschulen, der Akademie der Künste und vielen anderen kann man das schon sehen. Ich finde aber, es ist an der Zeit, dass sich die Gedenkstättenstiftungen in Berlin und Brandenburg Schritt für Schritt aufeinander zubewegen sollten, und sie sollten irgendwann einmal in einer Stiftung aufgehen. Ich fände es gut für die Brandenburger, wenn sie sich mit Hohenschönhausen, mit der Bernauer Straße, mit der Stiftung „20. Juli“, gerade in Verbindung mit Potsdam, stärker beschäftigten und identifizierten und wenn die Berliner begreifen würden, dass die Gedenkstätte Sachsenhausen zur Berliner Geschichte gehört. Das war damals das „zentrale Vorzeigekonzentrationslager“; so zynisch hat man das damals gesehen. Das gehört in diese Region. Wenn man das alles sehen könnte Ravensbrück, Sachsenhausen, „20. Juli“, auch eine Gedenkstätte am ehemaligen Grenzkontrollstreifen, ähnlich wie in Sachsen-Anhalt die Gedenkstätte Marienborn, bis nach Jamlitz und nach Cottbus -, das wäre ein großer Schritt, ein prakti
scher, ein guter und bewusstseinsfördernder Schritt auf dem Weg, Brandenburg und Berlin irgendwann einmal staatlich zusammenzulegen.
Ich möchte gern noch eines kritisch hervorheben. Meine Damen und Herren von der Linken, Sie haben sich sehr viel Zeit genommen und sehr viel Mühe gegeben, eine Große Anfrage zu formulieren. 188 Fragen sind ja kein Pappenstiel. Aber Sie haben an den Antworten der Landesregierung gesehen, dass vieles redundant ist und wir es hier schon gehört haben. Sie fragen nach der Kulturdefinition, Sie fragen, was sich bei den Museen, bei Ausstellungen, bei Kulturtourismus und sonstigem getan hat. Sie leben doch in diesem Land; das müssen Sie doch alles erlebt haben! Oder fragen Sie sich doch einmal untereinander, von Wahlkreis zu Wahlkreis, von Landkreis zu Landkreis, was dort alles los war. Ich denke, wenn Sie sich untereinander austauschten und die vielen kulturellen Termine wahrnähmen, brauchten Sie nicht so viele Fragen zu stellen. Sie wirken manchmal, als seien Sie sehr uninformiert und würden nicht in diesem Lande leben. Ihre Fleißarbeit will ich nicht kleinreden. Aber Sie wissen: Auch wenn man sich stetig bemüht, kann es sein, dass man das Klassenziel nicht erreicht.
An manchen Stellen scheint bei Ihnen die starke Fixierung auf staatliche Kulturpolitik durch. Ich empfehle Ihnen einen Besuch auf dem Schloss bzw. der Burg Beeskow, wo Sie besichtigten können, welchen Wert Produkte aus staatlich extrem geförderter Kulturpolitik haben können. Ich denke, daran können Sie ermessen, dass der Grad an Freiheit und Unterstützung zusammen gesehen wird, und das muss mitnichten mit so viel Druck, Vorgaben und Plan geschehen.
Die Kultur des Landes Brandenburg und nicht zuletzt auch die großen Baustellen in der Landeshauptstadt zeigen, dass sich in 20 Jahren wirklich viel ereignet hat und viel getan worden ist; diese Zeit ist nicht einfach nur vergangen. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde es gut und durchaus begrüßenswert, dass die Fraktion DIE LINKE in Erinnerung ruft, dass heute vor zehn Jahren ein Prozess der führenden Wissenschafts- und Forschungspolitiker in Europa begonnen hat - der sogenannte Bologna-Prozess -, der zum Ziel hatte, in einer Welt, die vielfach miteinander verbunden und globalisiert ist, einheitliche Studienabschlüsse, einheitliche Studienbedingungen, einheitliche Studienwege zu schaffen, wobei die Studieninhalte als Module linear austauschbar sind, sodass man an allen Orten zu jeder Zeit ähnlich anfangen kann, zu studieren, weiter zu studieren oder auch Abschlüsse zu erwerben. Das waren die Kernziele dieser Reform.
Daran, dass wir heute, nach zehn Jahren, daran erinnern müssen, dass dies immer noch im Werden ist, können Sie erkennen, dass das eine Sache ist, die sehr viel länger dauert, als man gedacht hat, und dass es sehr, sehr viel komplizierter ist, unglaublich viele Staaten und Nationen und ihre Wissenschafts-, Forschungs- und Ausbildungstraditionen miteinander zu harmonisieren. Deswegen bin ich selbst auch ein Skeptiker des Bologna-Prozesses, obwohl ich die Erfolge und Fortschritte nicht verkenne, und bin deswegen nur in der Lage, eine vernünftige und keine leidenschaftlich engagierte Rede dafür zu halten.
Eines ist eindeutig: Die deutschen Hochschulen befinden sich in dem bedeutendsten Modernisierungs- oder auch Veränderungsprozess seit den Humboldtschen Reformen zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die - lateinisch formuliert - universitas magistrorum et scolarium, also die universelle Gemeinschaft der Lehrenden und der Lernenden, mit dem Recht der Selbstverwaltung und zur Vergabe von Abschlussgraden ist schon seit dem Mittelalter prägend für die deutschen und mitteleuropäischen Universitäten.
Die Humboldtsche Universitätsidee ist eng mit einem spezifischen Bildungsideal verknüpft. Geprägt durch humanistische Ideen und die Werte der Aufklärung, sollten die Universitäten ein Ort sein, an dem das Individuum sich ausformen, ausprobieren und entwickeln kann. Wissenschaftliches Arbeiten erzieht in seinem Ideal zur Selbstbestimmung und vor allem zur Mündigkeit des Menschen, gepaart natürlich auch mit Demut und Verantwortung. Bei naturwissenschaftlichen Forschungen und Ergebnissen weiß jeder, wovon wir sprechen. Wissenschaftlich zu arbeiten bedeutet, den eigenen Namen, die ganze persönliche Reputation in die Waagschale zu werfen, wenn es heißt, neue Erkenntnisse zu präsentieren, die nach bestem Wissen und Gewissen in dem Arbeitsprozess gewachsen sind.
Dieses Ethos sollte eigentlich auch im Alltag verinnerlicht sein, insbesondere auch im politischen Wettbewerb der besten Konzepte und Ideen zum Wohle der Bürger. Aber bei manchen Beiträgen der Fraktion DIE LINKE ist das nicht unmittelbar und hundertprozentig nachvollziehbar.
Die beschriebene Forschungs-, Lern- und Lehrgemeinschaft, diese universitas magistrorum et scolarium, gepaart mit den Idealen Humboldts, auch wenn das zuweilen bestritten und kritisiert wird, ist auch im Bologna-Prozess noch aktuell und konstituierend für das Sein und die Existenz unserer Universitäten und Hochschulen.
Zentrales Ziel war die Erhöhung der Mobilität sowohl der Studenten als auch der Absolventen in der globalisierten Welt. Allgemein verständliche Abschlüsse, die aufgrund verbindlicher Kriterien höchsten qualitativen Standards Genüge tun, sind wesentliches Ziel der Reform gewesen. Wir in Brandenburg haben die Mehrzahl - über 90 % - unserer Studiengänge umgestellt. Eine globalisierte Welt verlangt vergleichbare Abschlüsse, auch wenn das - das kann ich nicht verhehlen - den Verlust althergebrachter akademischer Titel, Traditionen und mancher Feiheiten bedeutet, zum Beispiel die Teilung in ein Bachelor- und ein Masterstudium. Ein Bachelor, den man nach einem grundständigen Studium als solchen bezeichnen und der nach drei bis dreieinhalb Jahren abgeschlossen werden kann, und ein Masterstudium sind in ganz klassischen Studiengängen wie bei der Medizin, der Theologie, den Rechtswissenschaften nur schwer umzusetzen.
Dass dieser Prozess nicht allein auf Brandenburg, Deutschland oder Europa gemünzt ist und wir dabei als internationale Vorreiter fungieren, ist an einem Beispiel ersichtlich, sogar wenn man über den großen Teich, über den Atlantischen Ozean, hinausschaut: In drei Bundesstaaten der Vereinigten Staaten wird aktuell das Projekt „Tuning USA“ etabliert. Hochschulen aus Indiana, Minnesota und Utah machen sich, verkürzt gesprochen, auf den Weg, ein Mini-Bologna umzusetzen. Es ist aber eindeutig: Die Weiterentwicklung der Studieninhalte wird im kommenden Jahrzehnt entscheidend für die erfolgreiche Umorganisation des Bologna-Prozesses sein.
Der Bericht „Bologna-Prozess - Nationaler Bericht 2005 bis 2007 für Deutschland“ seitens der Kultusministerkonferenz und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung geben hier eindeutige Hinweise. Klar ist, dass vonseiten der Hochschulen die Breite und Tiefe der Studieninhalte kritisch zu überprüfen sind. Dabei müssen berufspraktische Ansprüche stärker berücksichtigt werden, Mobilitätshemmnisse müssen vermieden werden, wenn sie neu auftreten, weil die ja gerade aufgehoben werden sollten, und die Studierbarkeit der Studiengänge muss tatsächlich und praktisch gewährleistet sein.
Die Hochschulen haben durch die Reformen mehr Spielräume erhalten, ein eigenes Profil zu entwickeln und Verantwortung für die Inhalte und die Qualität ihres Angebotes zu übernehmen. Das müssen sie auch nutzen. Das birgt jedoch die Gefahr, verwechselbar zu sein bzw. eigene Wege zu gehen, die so nicht passfähig und austauschbar sind.
Ich habe mich oft mit Universitätsforschungs- und -lehrgeschichte beschäftigt. Auch früher war die Welt miteinander stark vernetzt und global, bevor es die Katastrophen des 20. Jahrhunderts mit den vielen Abschottungen, Kriegen und Grenzziehungen gegeben hat. Damals genügten gewisse Standards, was man wissen und aufnehmen musste. Es gab eine einheitliche Universitätssprache und Sprache der Gelehrten. Die ist manchmal viel wichtiger als zentrale Abschlüsse, wenn man weiß, was man inhaltlich zu leisten, wie man sich auszuformen hat und sich in einer gemeinsamen Sprache verständlich austauschen kann. Früher war es das Lateinische. Auch Deutsch
war einmal eine stark verbreitete Wissenschaftssprache. Darum haben wir uns durch den Zweiten Weltkrieg und durch unsere fürchterliche Rassenpolitik zu einem großen Teil selber gebracht. Heute ist es in vielfältiger Weise das Englische, aber es ist doch fragmentarisch und nicht so einheitlich, wie es einmal war.
Ich bin davon überzeugt, dass man hier weiter arbeiten kann. Die Akkreditierungsquote, also die Anmeldungsquote für bestimmte Studiengänge nach den von Bologna vorgeschriebenen Regeln der gestuften Studiengänge, ist in Brandenburg hoch und ein Hinweis für die Güte und Qualität unseres Angebotes.
Für die Studenten hat sich mit der Reform vieles geändert. Die Freiheitsgrade, auch die persönlichen, sind gesunken. Dafür ist die Strukturierung gestiegen. Manches ist auch ein Ausdruck dessen, dass unsere Schülerinnen und Schüler nach dem Abitur nicht mehr das Maß an Tiefe und Breite der Allgemeinbildung mit sich bringen, wie es eigentlich erforderlich ist.
In Europa einheitlich, miteinander vergleichbar studieren, zu lernen und sich ausbilden lassen zu können ist ein hohes Gut. Aber wir müssen aufpassen, dass diese angestrebte Einheitlichkeit nicht plötzlich in den unterschiedlichsten Versuchen und in Beliebigkeit mündet, die wir nicht gebrauchen können, und dass der Druck, in drei Jahren einen Bachelorabschluss zu erreichen, nicht dazu führt, dass die Mobilitätsrate sinkt und nicht wieder steigt. Hier ist noch eine ganze Menge zu tun. Dieser Bologna-Prozess mit all seinen Erfahrungen ist ganz dringend zu evaluieren. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht heute um das Konzept der Landesregierung „Erinnerungskultur im Land Brandenburg“ - so viel Zeit muss sein - „für die Zeit von 1933 bis 1990“. Ich denke, die Zeit ist reif, dass man mit einigem Abstand gemeinsam in ganz Deutschland diese gesamte Epoche betrachten kann - bei aller großen Unterschiedlichkeit der Diktaturen und Epochen, was das qualitative und das quantitative Ausmaß der Verbrechen betrifft.
Wir feiern in diesem Jahr 60 Jahre Grundgesetz und 60 Jahre Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Ein Drittel dieser Zeit, nämlich die vergangenen 20 Jahre, haben wir schon gemeinsam verbracht. Das ist eine gewisse Wegmarke. Man sieht, dass die Verwirklichung des Wortes von Willy Brandt „Es wächst zusammen, was zusammengehört“ - genauso lange dauert wie das Erblühenlassen der Landschaften nach Helmut Kohl. Aber 20 gemeinsame Jahre von insgesamt 60 - das ist schon was. Deswegen ist es sowohl wissenschaftlich als auch politisch-pädagogisch gerechtfertigt, 57 Jahre Abwesenheit von Demokratie, von freien Wahlen, von Meinungsfreiheit, von Menschenrechten - man muss sogar von der Brechung von Menschenrechten sprechen, wenn es um Mord, Staatsterror und politische Verfolgung geht - in einen Blick zu nehmen. Gerade die vorliegende Konzeption gibt sich große, manchmal sogar größte Mühe, nicht anstößig zu sein, keine Tabus zu verletzen und nicht in irgendeinen Konflikt mit politischer Korrektheit zu kommen.
Herr Hoffmann, mit Ihrem Vergleich von Äpfeln und Birnen machen Sie es sich zu einfach. Wenn Sie die Fragen stellen, ob Walter Ulbricht und Erich Honecker Massenmörder waren und ob sie nach rassischen Grundsätzen Vernichtungsfeldzüge und Angriffskriege geführt haben, dann lautet die Antwort: Natürlich nicht. An dieser Stelle gibt es große Unterschiede. Aber da sie gerade aus dieser fürchterlichen Geschichte nicht gelernt und eine neue Diktatur errichtet haben, ist das ähnlich schwierig. Das Teuflische, Fanatische und Unbegreifbare der nationalsozialistischen Diktatur ist mir einmal in Amerika vor Augen geführt worden, als ich als junger Mann, nachdem ich in den Westen reisen durfte und von einem Mitglied der Jüdischen Gemeinde in New York gefragt wurde:
„Junger Mann, Sie sehen mit Ihren Haaren und Ihrer Brille so deutsch aus. Wie können Sie mir erklären, dass Ihre Kulturnation mit den drei großen Bs - Bach, Beethoven, Brahms - so etwas vollbringen konnte?“ Es ist einzigartig, Millionen von Menschen zu verfolgen, einzusperren, zu vergasen oder sonst wie zu vernichten. Da kann man gar nicht genug unterscheiden.
Dennoch war das vergangene Jahrhundert ein Jahrhundert der Diktaturen. Diese waren auch konsekutiv. Gerade die starke Bezugnahme der SED bzw. der Staatsführung der DDR auf das nationalsozialistische Unrecht, vor allem die Instrumentalisierung dieses Unrechts und seiner Opfer, bietet die Grundlage für eine gemeinsame Betrachtung.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat einen schwierigen Weg gewählt, und ich bin, weil ich von Hause aus auch Historiker bin,
mit wirklich spitzen Fingern an diese Konzeption gegangen. Aber wer auch immer in der Landesregierung oder im Wissenschaftsund Kulturministerium auf diese famose Idee gekommen ist, diese großangelegte Konzeption, die natürlich einige Unzulänglichkeiten hatte und gerade wegen des großen Anspruches nicht vollkommen sein konnte, ins Internet zu stellen und über 100 Privatpersonen, Institutionen, Opferverbände und Interessierte anzuschreiben, der ist - das meine ich ohne Ironie - verdächtig für den Roten Adlerorden; denn das hat der Konzeption wirklich genutzt. Sie ist um ein Viertel länger geworden. Hier in sieben Minuten über 125 Seiten mit Anhang und über 57 Jahre oder sogar länger zu reden ist sowieso schwierig.
Es ist ein Gemeinschaftsprojekt von Wissenschaftlern, von Ministerialbeamten, von interessierten Landtagsabgeordneten in einer großen Anhörung und von vielen Brandenburgerinnen und Brandenburgern geworden. Deswegen ist es ein Stück von uns, was über uns Auskunft gibt und was wir wirklich lehrend und informierend weitergeben können.
Ich denke, die Rolle der Kirchen sowohl im Dritten Reich als auch in der DDR-Zeit ist vor allem als Forschungsgegenstand stärker herausgestellt worden. Der systematische Missbrauch von Medizin in der nationalsozialistischen Herrschaft ist stärker in den Blick genommen worden, überhaupt die gesamte Widerstandsgeschichte im Dritten Reich, auch in der sowjetischen Besatzungszone, in der DDR.
Zum Thema Flucht und Vertreibung: Wir müssen uns immer wieder vergegenwärtigen: 40 % der Mark Brandenburg liegen jenseits der Oder und sind heute legitimes polnisches Staatsterritorium. Das ist etwas, was uns sehr stark betrifft. Dieses zu thematisieren, einzuordnen und sowohl geistig als auch politisch den Polen, die jenseits der Oder leben, die Hand zu reichen, gehört mit zu den stärksten Kapiteln, die aufgrund dieser Anregungen und dieser öffentlichen Diskussion in dieses Papier gekommen sind.
Selbstverständlich ist auch das Kapitel über die Alltagskultur jüdischer Menschen und jüdischer Deutscher in Brandenburg etwas, was wirklich lesenswert ist. Ich möchte auch noch die Ursachen und Folgen der fürchterlichen Massenflucht und vor
allen Dingen den Mauerbau am 13. August 1961, die Enteignung, die Kollektivierung und Zwangskollektivierung, die Millionen von Menschen, die geflohen sind, nennen. Das ist unter anderem ein Charakteristikum der sowjetischen Besatzungszeit und der DDR. Die Verbrechen sind niemals so fürchterlich gewesen und nicht so international. Aber die lange Dauer, vier Jahrzehnte, die Millionen von Menschen, die geflohen sind, die Auszehrung der Gesellschaft, die Verwerfungen der Sozialstruktur, an denen wir zum Teil heute noch zu tragen haben, und die Entkirchlichung und Entchristianisierung sind Dinge
- oder Säkularisierung, ich habe nichts dagegen, einmal einen lateinischen Begriff zu verwenden -, die extra betrachtet werden müssen.
Meine Damen und Herren, es handelt sich per definitionem um eine erste Bestandsaufnahme, um Grundlagen zu schaffen und Entscheidungen über die perspektivische Erweiterung des Themenspektrums der Erinnerungskultur und den Ausbau vorhandener Einrichtungen zu treffen. Dies ist ziemlich umfassend gelungen. Dass 125 Seiten da nicht zu wenig sind, habe ich schon gesagt.
Heikel sind die Kapitel 1.1 bis 1.3, in denen man versucht, Geschichte zu schreiben und einzuordnen und auf Deutungen einzugehen. Trotzdem hat man das ganz hervorragend gemeistert.
Da meine Redezeit abläuft - ich sehe, ich habe noch eine Minute Redezeit -, will ich nur noch auf ein paar Dinge hinweisen, die zusätzlich berücksichtigt werden sollten. Ich würde die Landesregierung bitten, doch noch einmal den militärischen und auch den übrigen Widerstand im Dritten Reich gegen den Nationalsozialismus stärker in den Blick zu nehmen und gründlicher aufzuarbeiten. An dieser Stelle ist es immer noch sehr dünn. Gerade in Brandenburg gab es die ersten Opfer unter den Militärs, die Generäle von Bredow und von Schleicher, die hier erschossen und verscharrt worden sind. Gerade in Potsdam gibt es 29 Orte, Wohnungen und Häuser, wo Widerständler gearbeitet haben. Das waren nicht nur Militärs, es waren Frauen wie Margarethe von Oven oder Erika von Tresckow, es waren Gewerkschafter, SPD-Mitglieder wie Wilhelm Leuschner oder Hermann Maaß, die die Verbindung zum militärischen Widerstand gehalten haben. Ich finde, das sollte man etwas deutlicher berücksichtigen.
Etwas, was auch sehr deutlich zeigt, wo man nicht vergleichen, aber aufmerksam machen kann, ist zum Beispiel die Geschichte der jüdischen Bevölkerung zwischen 1933 und 1945, aber auch die nach 1945. Ich darf zitieren:
„Nach der antizionistischen Kampagne der SED gegen die Juden in der DDR 1953... Einschüchterungen und Verhören kam es zur Flucht von über 500 Juden aus der DDR, unter ihnen fast alle Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinden.“
Das ist nicht mit dem zu vergleichen, was sich bis 1945 da abgespielt hat. Aber gerade weil Juden oft auch in der DDR keine Heimat gefunden haben, wiegt es umso schlimmer. Erst jetzt nach Wende und Wiedervereinigung konnten jüdisches Ge
meindeleben neu geschaffen und neue Synagogen gebaut werden.
Ich könnte jetzt noch vieles über die DEFA- und die UFAGeschichte erzählen, die Leistungen instrumentalisieren.
Herr Präsident, als Letztes möchte ich gerne einen Hinweis auf ein Buch geben. Es gibt einen Brandenburger, Hans Müncheberg, in Templin geboren, also in der Uckermark. Er war Dokumentarfilmer, und er war hier in Potsdam, also im Land Brandenburg, in einer dieser fürchterlichen Napolas, dieser nationalpolitischen Erziehungsanstalten. Die hat sich genau dort befunden, wo heute die Staatskanzlei - wenn ich das richtig sehe -, das Justizministerium, das Wirtschaftsministerium, das Bildungsministerium und bald das Finanzministerium sind. Man hat versucht, preußische Erziehung zu missbrauchen. Hier in Potsdam kann man den Unterschied zwischen einer preußischen Kadettenanstalt und dieser Napola sehen. Ähnlich wie Sachsenhausen mit dem Inspekteur das „zentrale Vorbildkonzentrationslager“ war, war hier der Inspekteur der Napolas ein hoher SS-Führer. Es lohnt sich wirklich, dies aufzuarbeiten. Dieser Ort hat eine mehrfache, schöne, aber auch tragische Vergangenheit. Jeder, der auf diesem Areal arbeitet, sollte das Buch von Hans Müncheberg „Gelobt sei, was hart macht“ lesen, was natürlich sarkastisch und ironisch gemeint ist.
Vielen herzlichen Dank. Sie alle sind aufgefordert, diese ungeheuere Substanz von Perleberg bis Spremberg, von Eberswalde bis Brandenburg aufzunehmen und zu vermitteln. Dazu lädt Sie ein.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie werden sich nicht wundern: Die CDU-Fraktion stellt ebenfalls fest, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Parlament von Brandenburg und dem Landesrechnungshof gut war. Wir sind dafür dankbar, und man kann auch sagen: Es war eine große Leistung in dieser Legislaturperiode, dass es der Haushaltskontrollausschuss unter Vorsitz des Abgeordneten Klein fertiggebracht hat, mit Ihnen zusammen den Rechnungshof wieder fit und fähig zu machen und eine Spitze aus Frauen und Männern hinzustellen, die überdurchschnittlich qualifiziert und engagiert sind, die eine Zierde und ein guter Ausweis für das Land Brandenburg sind. Dafür ist ein Dank fällig.
Meine Damen und Herren, sonst redet Herr von Arnim zu diesem Thema. Er ist heute verhindert. Ich habe die Ehre, ihn zu vertreten. Seine Eigenart ist es - der will ich folgen -, auch einige allgemeine, grundsätzliche Ausführungen zu machen.
Erhellend in den Ausführungen des aktuellen Jahresberichts zur Haushaltslage, auch wenn es dabei vor allem um die Jahre 2006 und 2007 geht, ist Folgendes: Heute, im Jahre 2009, könnte man fast wehmütig auf diese Jahre blicken, die im Zeichen des wirtschaftlichen Aufschwungs gestanden haben. Ein genauer Blick auf die Haushaltsstruktur zeigt jedoch, dass auch unter den positiven Rahmenbedingungen dieser Jahre die strukturellen Probleme des Landeshaushalts deutlich zutage getreten sind und zutage treten.
Zum einen ist dies nach wie vor die hohe Abhängigkeit von Zuweisungen Dritter wie Bund und Europäische Union. Diese Mittel machen ein Drittel der gesamten Einnahmen aus. Zum an
deren hatte Brandenburg auch im Jahre 2007 den zweithöchsten Pro-Kopf-Schuldenstand in den neuen Ländern. Damit einher geht eine hohe Belastung durch den Schuldendienst. Die Zinsausgaben beliefen sich im Jahre 2007 auf rund 800 Millionen Euro. Das ist fast die Hälfte dessen, was das Land im gesamten Jahr 2007 für Investitionen ausgegeben hat. Brandenburg hat damit eine Pro-Kopf-Zinsbelastung, die zweimal so hoch ist wie etwa die im Freistaat Sachsen.
Damit wird auch in den guten Jahren 2006 und 2007 deutlich, welchen Effekt die Verschuldungspolitik, insbesondere die der 90er Jahre, auf den Haushalt heute noch hat. Die Zinslast steigt, die Haushaltsspielräume sinken. Die daraus zu ziehenden Konsequenzen liegen auf der Hand. Wenn in wirtschaftlich schwierigen Zeiten höhere öffentliche Ausgaben nötig sind und diese nur durch zusätzliche Schulden finanziert werden können, dann müssen diese Verbindlichkeiten nach der Krise schnellstmöglich wieder abgebaut werden. Sonst gibt es keinen Ausweg aus dem Teufelskreis der Verschuldung. In der Landeshauptstadt ist gestern der kommunale Haushalt verabschiedet worden. Ein intelligenter Stadtverordneter hat die kluge Bemerkung gemacht: „Auf Schuldenbergen können in der Zukunft unsere Kinder nicht spielen.“
Die Einigung über eine Schuldenbremse, die in der Föderalismuskommission erreicht wurde, ist deshalb richtig und absolut notwendig. Schließlich wollen wir Politik nicht nur für hier und jetzt machen, sondern auch den kommenden Generationen in Brandenburg die gleichen Chancen bieten wie der heutigen. Ich hoffe, dass dies in Rechnung gestellt wird, wenn in den nächsten Monaten über schuldenfinanzierte Mehrausgaben diskutiert wird und möglicherweise auch diskutiert werden muss.
Das viele Richtige und Wichtige, das zu den einzelnen Prüfberichten bereits gesagt wurde, möchte ich nicht wiederholen. Bei der Lektüre des Jahresberichts und des Beschlusstextes des Ausschusses ist insgesamt ein positiver Trend erkennbar. So ist in vielen Verwaltungsbereichen großes Problembewusstsein vorhanden, auch entstanden und nachgewachsen. Häufig werden die Hinweise des Rechnungshofs genutzt, um wirksame Lösungsansätze zu erarbeiten und diese dann auch zügig umzusetzen. Gerade gegenüber Berichten, die einige Jahre zurückliegen, ist hier eine deutliche Verbesserung eingetreten.
Das klare Ziel für die nächsten Jahre muss sein, in dieser Richtung weitere Fortschritte zu machen. Die Messlatte hierfür ist die Landeshaushaltsordnung, die wirtschaftliches und sparsames Handeln in allen Bereichen der Landesverwaltung vorschreibt. Gerade in den nächsten Jahren werden wir diese beiden Prinzipien, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, besonders dringend brauchen. Ich bin überzeugt, dass neben der Tradition preußischer Sparsamkeit der Landesrechnungshof das Land auf diesem Wege weiterhin fachkundig und auch mit sehr, sehr gutem Rat begleiten wird. Deswegen herzlichen Dank.
Ich meine, wir können diesen Bericht positiv zur Kenntnis nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir als CDUFraktion haben heute ein eher antizyklisches Thema für die Aktuelle Stunde beantragt: Akademikermangel trotz Wirtschaftskrise entschlossen entgegenwirken.
Unser aller Blicke gefangen von der heraufziehenden Krise, von wirtschaftlichen Schwierigkeiten, möglicherweise ansteigender Arbeitslosigkeit, großen Engpässen in der Arbeitswelt. Das alles ist richtig und braucht unsere volle Aufmerksamkeit. Auch eine große Tageszeitung hier im Land Brandenburg titelt, das erste Mal seit 1928 gebe es in Deutschland im Frühling keine Belebung auf dem Arbeitsmarkt, und das, obwohl Brandenburg, wie Sie vielleicht gelesen haben, eine kleine Ausnahme macht. Bei uns gibt es nämlich leichte Frühlingsbelebungen, vor allen Dingen in den Landkreisen, die an die nördlichen und die südlichen Bundesländer angrenzen.
Wir werfen heute einen aktuellen Blick hinter die Kulissen dieser Wirtschaftskrise und in die nahe Zukunft bzw. auf Probleme, die jetzt heranwachsen.
Wir alle wissen: Die falschen politischen Weichenstellungen in den verschiedenen großen Volkswirtschaften der Welt, vor allen Dingen in denen Nordamerikas, haben eine sehr große sogenannte Subprime-Krise ausgelöst, in deren Folge es starke Turbulenzen in der internationalen Finanzwelt gab und immer noch gibt. Deutschland als eine der großen Exportnationen ist davon mehr als berührt. Daraus entstehen in der Bevölkerung, insbesondere unter Arbeitnehmern, Unsicherheiten und Existenzängste, die wir ernst nehmen, und darauf geben wir Antworten.
Die Antwort kann insgesamt nur sein: Wir brauchen den Staat als Leistungsträger, mit Leistungscharakter und stark in seinen Kernbereichen, damit er Freiheiten schaffen bzw. erhalten kann, gerade in seiner Funktion als Krisenmanager.
Wir als Vertreter der sozialen Marktwirtschaft wissen, dass in Ausnahmesituationen außergewöhnliche Maßnahmen zu treffen sind. Es ist dabei deutlich herauszustellen - gerade in Anlehnung an den großen Wirtschaftsminister Erhard und die Freiburger Schule -, dass Märkte klare Ordnungsrahmen brauchen. Vor allem in einer Krise brauchen sie die Leitplanken, die in den vergangenen Jahren zu stark vernachlässigt worden sind. Diese Dinge liegen wesentlich in der Kompetenz des Bundestags bzw. der Bundesregierung.
Aber auch wir auf Landesebene können Orientierungen geben, und zwar dort, wo wir die ureigene Gestaltungsmöglichkeit haben: in den Bereichen Bildung, Ausbildung, Wissenschaft und Forschung. Die Aktuelle Stunde hat deshalb die Steigerung der Akademikerquote zum Thema, weil dieses Problem trotz der gegenwärtigen Krise anwächst.
Bildung ist das Beste für unser Land, für jeden Bürger. Bildung ist Zukunft und - wir wissen es - ermöglicht Teilhabe an der sich wandelnden Welt. Damit ist Bildung auch die Existenzgrundlage unserer Gemeinwesen.
Das Phänomen des Akademikermangels ist an sich nicht neu. Zyklisch wurde es in der Öffentlichkeit schon vor dem Heraufziehen der bedrohlichen Krise, von der wir zurzeit betroffen sind, diskutiert. Ich verweise auf eine Reihe von Studien bzw. Untersuchungen, deren Ergebnisse in den vergangenen drei Jahren veröffentlicht worden sind. Das Thema hat sich konkretisiert und verdichtet.
Zu nennen ist - erstens - die OECD-Studie von 2007 unter dem Titel „Bildung auf einen Blick“. Deutschland werden darin nach wie vor mittelmäßige, zum Teil sogar schlechte Noten in sein Bildungszeugnis geschrieben. Insbesondere sind die Ausgaben für Bildung, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, mit 5,1 % noch zu gering. Der OECD-Durchschnitt liegt bei 6,1 %.
Das zweite Beispiel ist der „Innovationskalender 2008“ des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung - DIW. Auch in dieser Studie werden die zu geringen Investitionen in Bildung und Forschung kritisch angeführt. Darüber hinaus sei Deutschland hinsichtlich der Offenheit unserer Arbeitsmarktwelt und vor allen Dingen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie nach wie vor defizitär. In einem Ranking 17 internationaler Bildungssysteme belegt Deutschland nur einen Platz im letzten Drittel.
- Ich könnte versuchen, etwas lauter zu sprechen. Die Aufmerksamkeit lässt heute Morgen doch etwas zu wünschen übrig.
- Prima!
Schließlich möchte ich auf die Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft aus dem Jahr 2007 zu dem Thema „Ingenieurmangel in Deutschland - Ausmaß und gesamtwirtschaftliche Konsequenzen“ verweisen. So konnten schon 2006 50 000 Stellen für Ingenieure nicht besetzt werden. Zu bedenken ist ferner, dass die Zahl der in den Ruhestand gehenden Ingenieure in den nächsten Jahren stetig ansteigen wird. Wenn man bedenkt, dass Unternehmen schon heutzutage Probleme haben, entsprechend qualifizierte Arbeitnehmer für diesen Bereich zu rekrutieren, dann ist sinnfällig, dass wir in diesem Segment weiterhin extreme Anstrengungen zu unternehmen haben.
Schon jetzt haben die ostdeutschen Bundesländer trotz ihrer überdurchschnittlichen Ausbildungsraten größere Schwierigkeiten, ihre Vakanzen zu füllen. Neudeutsch heißt das Stichwort „Braindrain“ oder einfach: Abwanderung Hochqualifizierter bzw. des sogenannten Humankapitals. Das Kölner Institut beziffert den daraus resultierenden volkswirtschaftlichen Schaden für Deutschland auf rund 3,5 Milliarden Euro für das Jahr 2006.
Die Befragung der Mitglieder der deutschen Industrie- und Handelskammern von 2007 kam für das Problem des Fachkräftemangels zu der plakativen Forderung: „Keine Zeit verlieren.“ Da wir unser Land nicht abschotten und auch keine Mauer um uns herum ziehen wollen, um die Abwanderung der Fachkräfte zu verhindern, haben wir uns auf die Beantwortung der Frage zu konzentrieren, wie wir die Ausbildung verstärken und die jungen Menschen an unserem attraktiven Standort halten können.
Den Herausforderungen haben wir uns in den letzten Jahren eigentlich schon beherzt gestellt. Dabei wachsen für Brandenburg die Bäume sicherlich nicht in den Himmel. Die finanziellen Rahmenbedingungen bleiben überschaubar oder werden möglicherweise sogar wieder enger gesteckt.
Im Rahmen der genannten OECD-Studie hat die zuständige Direktorin Barbara Ischinger die Situation relativ kontrastfrei skizziert.
„Es zeigt sich hier eine Verlagerung von strategischen Zukunftsinvestitionen wie zum Beispiel in Bildung hin zu Versorgungsleistungen wie für Gesundheit und Soziales. Bei der absehbaren demografischen Entwicklung in Deutschland kann dies auf lange Sicht die globale Wettbewerbsfähigkeit deutlich gefährden.“
Demnach müssen wir die zur Verfügung stehenden Mittel noch stärker als bisher in den Zukunftsbereich Bildung lenken, damit wir sie später nicht für soziale Reparaturmaßnahmen und Stützungsprogramme verwenden. Sozial- und Gesundheitsausgaben möchte ich nicht diskreditieren; aber die Konzentration muss auf dem liegen, was in der Lage dazu ist, die Mittel für unser Gesundheits- und Sozialwesen zu erwirtschaften. Dafür ist in Brandenburg und in Deutschland insgesamt bereits seit Jahrhunderten - jetzt noch verstärkt - Bildung der Schlüssel.
Darüber hinaus sind aber auch andere Rahmenbedingungen zu beachten. Wir als Landesregierung bzw. Parlament sind den Herausforderungen der demografischen Entwicklung frühzeitig entgegengetreten und im Land Brandenburg auch besonders unterworfen. Einem Ihnen allen bekannten Gutachten nach werden bis zum Jahr 2015 etwa 200 000 Facharbeiterstellen zu besetzen sein. Nichtbesetzungen haben Folgekosten, und zwar stärker als gedacht. Beispielsweise schafft jede besetzte Ingenieurstelle zusätzliche Arbeitskräfte. Insgesamt wird Brandenburg in den Jahren 2004 bis 2030 möglicherweise etwa 13 % seiner Bevölkerung verlieren. Dabei stehen die Regionen Deutschlands in Konkurrenz zueinander. Zwischen Brandenburg und Berlin gibt es noch die unnatürliche vor allen Dingen wirtschaftliche und wissenschaftliche Konkurrenzsituation.
Brandenburg ist schön, aber das allein reicht nicht. Bereits im Jahr 2005 verließen 40 % unserer Hochschulabsolventen Brandenburg. Gut Ausgebildete gehen leider noch immer in Ballungszentren oder in Zentren mit starker Wirtschaft. Laut der Studie „Deutschland 2018 - Regionen im Wettbewerb, Faktoren, Chancen und Szenarien“ des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts wurde für das Jahr 2008 ein Rückgang der Erwerbstätigkeit in 31 der 103 Kreise und kreisfreien Städte erwartet. Für Brandenburg exemplarisch zu nennen sind nach wie vor die Landkreise, die an andere Bundesländer im Norden und im Süden grenzen.
Hinzu kommt natürlich die veränderte Arbeitswelt. Die Konzepte der alten Industriegesellschaft gelten im Jahr 2009 nicht mehr. Die heutige Arbeitswelt hat deutlich höhere Qualifikations- und vor allem auch Mobilitätserfordernisse. Wir stehen also vor einer Trias der Aufgaben. Wir brauchen die ständige Weiterentwicklung des Konzepts des lebenslangen Lernens. Deutschland könnte beispielsweise im Bereich der Weiterbildung noch deutlich zulegen. Wir brauchen mehr gleitende Übergänge. Eine stärkere, zentrale Vernetzung aller Akteure ist angezeigt, um unnötige Warteschleifen und zeitliche Zwischenräume zu vermeiden.
Zudem ist die Studierfähigkeit unserer Schülerinnen und Schüler nach wie vor zu stärken. Hier gibt es noch Reserven. Es ist erfreulich, dass seit dem Jahr 1999 die Abiturientenquote deutlich zugenommen hat; dennoch nehmen zu wenige Brandenburger Schülerinnen und Schüler - insbesondere die Mädchen - ein Hochschulstudium auf. Dazu sage ich ganz persönlich: Mir ist eine Abiturquote von 30, 35 oder 40 % lieber, wenn davon ein Großteil tatsächlich studiert, als eine Quote von 50 oder 60 %, wenn davon nur 20 oder 25 % studieren.
Diesbezüglich sind Modelle im Süden Deutschlands - vom Bereich der Arbeitnehmer bis zu den Akademikern - durchaus beispielgebend.
Brandenburg hat in den letzten Jahren gemeinsam mit den Partnern schon gute Konzepte verwirklicht. Ich möchte hier nur einzeln und kursorisch folgende nennen: das Konzept der Berufs- und Studienorientierung, die Fachkräftedatenbank der LASA, die Forschungsberichte des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport - insbesondere der 32. Bericht -, für den Wissenschafts- und Forschungsbereich die Hochtechnologie
strategie, die Exzellenzinitiative und den Pakt für die Forschung. Deswegen ist es besonders bedauerlich - ich denke, die Ministerin wird darauf noch eingehen -, dass durch die sogenannten A-Länder - das sind die Länder, die vor allem auch aus den Reihen unseres Koalitionspartners regiert werden - der Hochschulpakt blockiert worden ist.
Wesentliche Mittel - unter anderem solche für die Exzellenzinitiative und die Förderung des Osten Deutschlands - sind sozusagen blockiert. Ich hoffe, dass diese Bremse noch vor Ostern in einer speziellen Arbeitsgruppe gelöst werden kann.
Aber zurück zu den drei Aufgaben, die die einzelnen Partner betreffen.
Erstens: die Wirtschaft. Die Signale stehen auf Rezession. Im Gegensatz zu anderen Zeiten sind die Unternehmen gut damit beraten, ihre Fachkräfte zu halten und neue Fachkräfte auszubilden. Ich hoffe, dass hier ein Lernprozess eingesetzt hat. Man darf daran erinnern, dass es noch nicht allzu lange her ist, dass händeringend Informatiker gesucht wurden. Dass in der Krise davor vor allem diese Arbeitskräfte freigesetzt worden sind, wurde von interessierten Kreisen gern einmal vergessen. Ebenso müssen die Betriebe die bestehenden Weiterbildungsmöglichkeiten ausschöpfen, um ihre Belegschaft qualifiziert für die Zukunft zu halten. Weiterbildung ist kein Kostenfaktor, sondern eine Innovationsstrategie.
Zweitens: Wissenschaft und Forschung. Alle Partner der Bildung müssen glaubhaft die Vorteile des Studierens beschreiben. Alle Studien und Untersuchungen - unter anderem der Lebenslagenbericht bzw. der gemeinsame Bericht Berlin-Brandenburg zur Bildung aus der vorherigen Woche - geben eindeutig Auskunft dahin gehend, dass ein Hochschulstudium bzw. eine akademische Ausbildung im Berufsleben Vorteile hat. Nicht nur die Verdienstmöglichkeiten sind höher, sondern vor allem ist die Gefahr, arbeitslos zu werden, wesentlich geringer.
Nicht zu unterschlagen ist auch, dass die Studienzeit eine einzigartige Zeit ist. Für die Persönlichkeitsbildung ist sie außerordentlich prägend. Die sogenannten akademischen Lehr- und Wanderjahre sind nicht nur für die persönliche Entwicklung, sondern auch für das Berufsleben von unschätzbarem Wert. Dabei gilt es weiterhin, die gefühlten Hürden abzubauen, die es noch immer vor dem Studium gibt.
Heute kann jeder studieren, der die Befähigung dazu hat. Unterstützungssysteme wie das BAföG, Stipendien oder auch Bildungskredite stehen zur Verfügung. Die Werbemaßnahmen insbesondere in Brandenburg sind gut und werden weitergeführt. Dabei ist es sinnvoll, dass sich Brandenburg gemeinsam mit anderen auf den Weg macht, ein umfassendes Stipendiensystem im Verbund vor allem mit anderen Bundesländern und dem Bund einzuführen, das leistungsstarke Studenten in größerem Maße unterstützt.
Darüber hinaus ist in Brandenburg mit der letzten Hochschulgesetznovelle das Studieren ohne Abitur eingeführt worden. Diesbezüglich habe ich noch immer meine Bedenken; dennoch werden wir prüfen, ob sich das bewährt. Dies ist auch ein guter Weg, der geprüft wird; denn derjenige, der eine ordentliche Berufsausbildung und Berufserfahrung hat und sich auf den Weg zu einer Hochschule oder Universität macht, wird mögli
cherweise genügend Ehrgeiz und Willen besitzen, dieses Studium durchzuziehen und erfolgreich zu beenden.
Die Hochschulen stehen ebenso in der Pflicht, weitere berufsbegleitende Studienangebote zu schaffen, damit sich Arbeitnehmer neben ihrem Beruf weiter qualifizieren können. Viele Arbeitnehmer würden dies begrüßen. Die bestehenden Angebote sind zwar gut, jedoch ist das Potenzial noch nicht ausgeschöpft. Für die Verstärkung der Studierneigung sind vor allem auch - das möchte ich zum Schluss meiner Rede hervorheben - sogenannte Schüler-Alumni wichtig. Alumni sind diejenigen, die bereits erfolgreich studiert haben und im Berufsleben stehen, aber noch jung sind. Sie können auf Augenhöhe mit Schülerinnen und Schülern sprechen und somit viel besser als jede Kampagne und jede Werbebroschüre darüber informieren, was mit dem Studium für einen persönlich und natürlich auch für die Volkswirtschaft herausgeholt werden kann.
Drittens: die Schule. Wir haben den Weg der Experimente in Brandenburg bekanntlich verlassen. Wir konzentrieren uns.
Wir fördern die Leistungsfähigkeit und haben vor allem im oberen Bereich viele Möglichkeiten geschaffen, Allgemeinbildung und vor allem mathematische, naturwissenschaftliche und technische Orientierung zu verstärken bzw. dort mit der Förderung weiter anzusetzen;
denn wenn ein Ingenieurmangel zu verzeichnen ist, muss es auch mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer bis zum Abitur geben. Wenn diese zwei Jahre vorher abgewählt werden, hat man möglicherweise nicht mehr die Chance, sich darauf zu orientieren.
Das gehört zur Allgemeinbildung.
Aus diesem Grund gilt Folgendes: Wenn wir diesen Weg weiter beschreiten, wenn wir konsequent sind und bis zum Jahr 2015 den Beschluss des berühmten Bildungsgipfels von Dresden einlösen,
10 % unseres Bruttoinlandsprodukts für die Bildung zu investieren, dann braucht uns in Deutschland und in Brandenburg in der Krise - während und auch nach der Krise - nicht bange zu sein. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schuldt, es ist manchmal schon eigenartig, was Sie hier schwadronieren. ARD und ZDF greifen nach der Macht? - Ich kann Ihnen sagen: Machtergreifung sieht anders aus.
Das sollten Sie möglicherweise einmal historisch nachvollziehen.
Wie gesagt, der Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag war nicht leicht zustande zu bekommen. Man hatte sich mit der Europäischen Union zu einigen. Wir hatten eine ordentliche Beauftragung, was nachvollziehbar ist, auch nach europäischem Recht herbeizuführen. Die Internetanbieter, die Telemedien mussten so geordnet werden, dass die Gebühren nicht weiter steigen; es ist also auch ein finanzielles Problem. Auf der anderen Seite hatte mit den Printmedien und den privaten Rundfunkund Fernsehanbietern ein Ausgleich stattzufinden bzw. musste ein Kompromiss gefunden werden. Er ist gefunden worden. Ich finde: Das duale Rundfunk- und Fernsehsystem, das wir in Deutschland haben, ist damit gestärkt und weiter gesichert worden.
Ich will es nur noch einmal kurz unterstreichen: Die Rundfunkund Fernsehräte von ZDF, ARD und jetzt auch von den einzelnen Landesrundfunkanstalten haben sich bei ihren Präsentationen bezüglich der Möglichkeiten des Internets und bei der Nutzung
von Telemedien, die ja für junge Menschen sehr wichtig, sehr interessant und sehr attraktiv sind, einem sehr intensiven Test, einem neuen Controllingverfahren zu unterziehen. Sie haben erstens zu prüfen, inwieweit das Angebot den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entspricht, zweitens, in welchem Umfang durch das Angebot in qualitativer Hinsicht die publizistische Wirkung erzielt bzw. dem Wettbewerb entsprochen wird sowie - drittens -, welcher finanzielle Aufwand für das Angebot erforderlich ist.
Es war ein relativ großer Aufwand, der zu leisten ist. Bei der 1. Lesung wurde schon darauf hingewiesen, dass man prüfen müsse, ob sich der Aufwand lohnt. Die Rundfunkräte kommen nicht umhin, Unterausschüsse zu bilden - neben dem Finanzausschuss und dem Programmausschuss -, um diese Tests durchzuführen.
Es geht einerseits darum, bei denjenigen Medien, die sich nur über Werbung finanzieren, Chancengleichheit im Internet also, bei den Telemedien herzustellen und die Printmedien nicht zu benachteiligen, die in der neuen Mediengesellschaft einen sehr, sehr schweren Stand haben. Es geht natürlich auch darum, dass unser öffentlich-rechtlicher Rundfunk bei diesem modernen Mittel der Verbreitung von Nachrichten nicht hintansteht, sondern in dieser Liga mitspielt. Das hat der Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag geschafft. ZDF, ARD und Deutschlandradio sind gemeinsam mit den 16 Ministerpräsidenten und Regierenden Bürgermeistern zu einem Ergebnis gekommen.
Ich empfehle Ihnen herzlich, diesem Staatsvertrag zuzustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schuldt, ich rede wieder nach Ihnen. Das ist einerseits bedauerlich, aber andererseits notwendig, um hier gleich einzuhaken. Wer einen Rundfunkstaatsvertrag zwischen Berlin und Brandenburg ablehnt, der ausgerechnet etwas sichert, was wirklich zum konservativen Selbstverständnis, zu unserer Identität seit Jahrzehnten gehört, nämlich UFA, DEFA, das Babelsberger Filmochester, das jetzt endlich gesichert wird - das gehört bei uns zum Staatspatriotismus -, wer das deswegen ablehnt, der sollte in diesem Parlament von Patriotismus, von Überzeugung oder Identität wirklich nicht mehr sprechen.
Meine Damen und Herren, die vorliegende Veränderung des Vierten Staatsvertrages zwischen Brandenburg und Berlin zum RBB hat eine ganze Weile gedauert. Was die Senatskanzlei und die Staatskanzlei hier zustande gebracht haben, verdient ausgesprochen großes Lob. Es gibt auch noch einige kritische Anmerkungen zu machen.
Aber ich möchte zunächst auf das eingehen, was in § 15a zur Verwendung des Rundfunkgebührenaufkommens steht. Das alles ist etwas schwierig, etwas technisch. Aber dass der Rundfunk Berlin-Brandenburg, unser RBB, 27,5 % des Rundfunkgebührenanteils vorabgezogen bekommt und für gesellschaftspolitische Verpflichtungen und Aufgaben verwenden kann, nämlich jährlich bis zu 900 000 Euro für die Rundfunkorchester und -chöre GmbH, dass es vor allem für das Babelsberger Filmorchester, das zu uns nach Hause zurückgekommen ist, das für die Filmproduktion einen hohen wirtschaftlichen Aufwand betreibt und mit über 50 % Eigenanteil eine große Leistung erbringt und einspielt, jetzt eine Sicherung über 350 000 Euro im Jahr erhält, ist wirklich nicht geringzuschätzen. Auch dass unsere Filmfördergesellschaft Medienboard Berlin-Brandenburg jetzt direkt mit der Filmförderung betraut ist, die Finanzen direkt fließen und auch für rundfunkspezifische Ausund Weiterbildung aus dieser Möglichkeit des Vorabzugs jetzt Geld zur Verfügung steht, ist eine große Leistung dieses Rundfunkstaatsvertrages.
Selbstverständlich kann man am Herumexperimentieren im Offenen Kanal das eine oder andere aussetzen. Aber dafür ist es ja ein offener Kanal, dass dort ausprobiert und herumexperimentiert werden kann. Ihn deswegen abzulehnen wäre fatal und das falsche Signal.
Meine Damen und Herren, es gibt noch zwei rechtliche bzw. technische Dinge, auf die ich gern aufmerksam machen möch
te. Bei Streitigkeiten und Auseinandersetzungen gab es im Vorhinein nach § 68 eine Möglichkeit des Widerspruchsverfahrens. Das ist nun abgeschafft bzw. auf reine Klagemöglichkeiten beschränkt worden. Bei der Überprüfung des Rundfunkstaatsvertrages sollte man auch noch einmal überprüfen, ob das technisch oder im Verfahren wirklich praktisch ist.
Der zweite Punkt betrifft die Beteiligung der Senatskanzlei und der Staatskanzlei. Wir hatten seinerzeit beim RBB-Gesetz ausdrücklich darauf Wert gelegt, dass im Medienrat, wo es um technische Fragen und Lizenzen, um ganz sensible Dinge geht, nicht alle Gremien vertreten sind, sondern dass dies staatsfern organisiert ist, mit sieben Fachleuten. Im § 12 Abs. 5 haben nun die Senatskanzlei und die Staatskanzlei das Recht, als Rechtsaufsicht führende Stelle an den Sitzungen des Medienrates teilzunehmen. Das widerspricht meines Erachtens dem § 11 des Rundfunkstaatsvertrages, worin klar geregelt ist, dass nicht Mitglied des Medienrates sein darf, wer einem Gesetzgebungsorgan des Bundes oder des Landes, dem Senat von Berlin oder der Landesregierung von Brandenburg angehört oder als Beamter, Richter oder Arbeitnehmer im Dienst des Landes Brandenburg oder des Landes Berlin, inklusive der Landesanstalten, steht oder in einer unmittelbaren Anstalt untergebracht wird.
Die Leistungen des Vertrages habe ich hervorgehoben. Deswegen sollte er nicht abgelehnt werden. Aber um der Präzisierung willen und damit niemand einen Umgehungstatbestand konstruiert, sollte er geändert werden. Richtig ist bei diesem Anliegen, dass es keinen Kommunikationsverlust geben soll, dass all die Dinge, die die Rechtsaufsicht betreffen, die also von der Senats- und der Staatskanzlei geregelt werden müssen, unmittelbar am Tisch des Medienrates geklärt werden. Dazu sollte auch per Gesetz eingeladen werden können. Aber ich finde, die Staatsvertreter sollten in diesem staatsfern organisierten Gremium nicht das Recht haben - und wir haben es aus gutem Grund in § 11 so festgelegt -, die ganze Zeit dabeizusitzen, weil auch private Rundfunkanbieter manchmal den Anspruch oder das Recht haben, bestimmte Dinge im Medienrat so zu besprechen, dass sie nicht gleich in der Staats- und der Senatskanzlei ankommen.
Ansonsten ist es ein guter Vertrag. Die Kanzleien, auch die Ministerien für Wirtschaft sowie für Kultur und Wissenschaft haben lange gemeinsam dafür gearbeitet, dass das Babelsberger Filmorchester mit diesem Vertrag jetzt eine Sicherheit hat. Es kann gar nicht hoch genug geschätzt werden, dass nicht von Jahr zu Jahr über Lotto- und Sondermittel irgendwelche Hängepartien durchgezogen werden müssen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Otto von Bismarck war sicherlich kein ausgewiesener Bildungspolitiker, sondern ein Außenpolitiker. Aber die Bismarck'sche Weisheit: Politik ist die Kunst, das Wünschbare mit dem Machbaren in Einklang zu bringen, ist ein guter, seriöser und vernünftiger Grundsatz, den wir auch in dieser Debatte als Grundlage oder als Maßstab anlegen sollten.
Aus Sicht der CDU-Fraktion ist es durchaus verständlich, dass sich Fachschaftsinitiativen und Studenten gegen die mögliche Schließung eines Fachbereichs wenden oder demonstrieren. Dass der künstlerische Studiengang zur Disposition steht oder stehen könnte, ist sicherlich aus deren Sicht betrüblich. Dem muss man durchaus nachgehen. Wenn Menschen sich nicht um künstlerische Bildung bemühen und in Kunst nicht ausgebildet wird und wenn es vor allen Dingen keine ordentlichen Grundlage gibt, ist das etwas, was wir weder im Land Brandenburg noch an anderen Universitäten so hinnehmen können.
Das Gutachten der Expertenkommission für die Lehrerbildung an der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam, das sogenannte Lemmermöhle-Gutachten, attestiert dem Stu
diengang, dass dieser ressourcenmäßig unterausgestattet sei. Die Empfehlung ist, den bisherigen Lernbereich Musisch-Ästethische Erziehung entweder zu einer forschungsmäßigen Einheit auszubauen oder an die Universität der Künste in Berlin zu verlagern. Das Problem wird also gesehen, ist erkannt, und jetzt muss geprüft und entschieden werden.
Um den anerkannten Bedarf an Kunstlehrern in Brandenburg auch künftig decken zu können, hat die Universität Potsdam schon vor über einem Jahr oder im Frühsommer des vergangenen Jahres mit der Universität der Künste in Berlin Gespräche über eine Kooperation in der Kunstlehrerausbildung aufgenommen. Ziel dieser Gespräche ist eine mögliche Kooperationsvereinbarung, in der vorgesehen werden kann, dass die Studenten im Studiengang Kunst, Lehramt, an der Universität der Künste ausgebildet werden können. In Potsdam dagegen soll parallel die Ausbildung im zweiten Fach sowie in den erziehungswissenschaftlichen Fächern erfolgen.
Sicherlich gibt es einen Bedarf an Kunstlehrern im Land Brandenburg. Er wird in Zukunft möglicherweise steigen. Zurzeit ist das noch nicht richtig ermittelt. Es schwankt zwischen zehn und vierzig pro Jahr. Das Schulressourcenkonzept ist in dieser Hinsicht möglicherweise nachzubessern. Gleichwohl werden wir auch künftig einen Bedarf an Kunstlehrern in Brandenburg haben und ihn auch decken. Deswegen möchte ich grundsätzlich zu bedenken geben: Ein Studiengang Kunst an der Universität Potsdam bedeutet nicht automatisch, dass die Absolventen hier in Brandenburg bleiben. Das muss aber nicht unbedingt die Grundlage der Entscheidung sein. Ich bin der Überzeugung, dass sich das Wissenschaftsministerium, die Universität auch in Abstimmung mit dem Schulministerium dieser Aufgabe gewachsen zeigen werden.
Ich möchte abschließend unterstreichen: Die Ergebnisse der Bemühungen und Prüfungen sind noch nicht endgültig abgeschlossen. Das sollten wir erst einmal abwarten. Selbstverständlich gibt es auch an der Universität noch einen Meinungsbildungsprozess. Da wir auf die Autonomie der Universitäten großen Wert legen, sollten wir diese ernst nehmen und ihnen im Sinne der Freiheit der Wissenschaft die Möglichkeit geben, eine Entscheidung herbeizuführen.
Dass sich die Universität der Künste und die Potsdamer Universität, die so nahe beieinanderliegen, pädagogisch und künstlerisch für eine bessere Ausbildung von Kunsterziehern und Kunstlehrern ergänzen können, ist doch ein gutes Zeichen und wäre möglicherweise ein guter Weg und keiner, der zu bedauern ist. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich sehe, der Chef der Staatskanzlei hat wegen des starken Europabezuges des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrages eine sich zur Europäischen Gemeinschaft bekennende Krawatte an. Das ist durchaus angebracht. Er hat schon darauf hingewiesen, dass eigentlich nur Gebührenerhöhungen, die meistens ärgerlich sind...
- Nein, das ist eine Farbe der gesteigerten Aufmerksamkeit. Es gibt keine politische Partei, die ein Recht auf dieses Monopol hat.
Aber zur Sache zurück, meine Damen und Herren. Der Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag hat nicht das Aufmerksamkeitsmerkmal, dass es hier um eine Gebührenerhöhung geht. Das wird der nächste sein, der Dreizehnte Staatsvertrag, der den Versuch unternehmen will, diese gesamten Gebühren auf eine ganz neue Grundlage, die gerechter sein soll für den Einzelnen wie für die Rundfunkanstalten, zu stellen. Hier geht es darum, wie schon angedeutet worden ist, zwischen den privaten Rundfunk-, Fernseh- und vor allem auch Internetanbietern sowie der Europäischen Union einerseits und den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten andererseits einen Kompromiss zu finden. Das Verdienst dieses Staatsvertrages ist, dass die Beauftragung und vor allen Dingen die Definition des öffentlichrechtlichen Rundfunks sowohl konventionell als auch für die Telemedien, für den modernen Rundfunk neu gefasst worden ist. Ich zitiere einmal daraus, weil es von allgemeinem Interesse ist:
„Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier, individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sie sollen hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern. Ihre Angebote haben der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Sie haben Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten. Auch Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entsprechen.“
Die Barrierefreiheit soll gegeben sein, und auch bei den Telemedien gilt diese Maßgabe.
„Der öffentlich-rechtliche Rundfunk kann programmbegleitend Druckwerke mit programmbezogenem Inhalt anbieten.“
Meine Damen und Herren, vergegenwärtigen Sie sich einmal, wie sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk seit den 50er, 60er Jahren entwickelt hat: Wir haben die ARD mit den Zusatzangeboten EinsExtra, EinsPlus und EinsFestival. Dann haben wir die neun Landesrundfunkanstalten mit dem Spartenprogramm BR-alpha mit dem Schwerpunkt Bildung, das ZDF als Vollprogramm, zusätzlich ZDFinfokanal, ZDFkulturkanal und ZDF-Familienkanal und natürlich ARD und ZDF zusammen mit den Vollprogrammen 3sat, arte und den Spartenprogrammen Phönix und Kinderkanal. Dazu kommen die Hörfunkprogramme und die Telemedien. Deswegen halte ich es durchaus für gerechtfertigt, dass mit den privaten Anbietern und vor allen Dingen denjenigen, die im Internet präsent sind, ein Ausgleich gefunden wird, weil unser öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der auch mir lieb und teuer ist, trotzdem einen Vorteil durch die Gebührenfinanzierung hat. Es ist wichtig und richtig, dass man das regelt, dass man bestimmte Angebote zeitlich befristet und dass man diesen sogenannten Drei-StufenTest eingeführt hat für bestehende, aber vor allen Dingen für neue und nicht unmittelbar programmbezogene Internetangebote.
Die drei Punkte will ich nennen, weil das wichtig ist. Erstens hat geprüft zu werden, inwieweit das neue Angebot den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entspricht, in welchem Umfang - zweitens - durch das Angebot in qualitativer Hinsicht publizistischer Wettbewerb unterstützt wird, es also einen Beitrag dazu gibt, und welcher finanzielle Aufwand - drittens - für dieses Angebot erforderlich ist. Das ist wieder wichtig, denn die Gebührenzahler haben ein unglaublich großes Angebot bekommen. Diese Entwicklung habe ich deutlich gemacht, die auch Gebührenerhöhungen nach sich gezogen hat. Deswegen ist es wichtig, dass der Telemedienbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unter wettbewerbs-, qualitäts-, aber auch finanziellen Gesichtspunkten einer besonderen Kontrolle unterliegt.
Ich weiß, dass vor allen Dingen die Rundfunkräte viel zu tun haben werden. Im letzten Rundfunkrat des RBB ist das schon besprochen worden. Aber das eine kann man eben nicht ohne das andere haben. Die Praxis wird erweisen, ob es ein bürokratisches Monstrum ist oder ob es wirklich dem Wettbewerb, der Qualität und vor allen Dingen auch der Gebührensicherheit und -dämpfung für die Bürgerinnen und Bürger und den Nutzern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dient bzw. ihnen von Nutzen sein kann. In diesem Sinne kann ich die Überweisung nur befürworten. Eine Anhörung dazu kann man selbstverständlich durchführen. Ich finde, es ist ein guter Kompromiss, den die 16 Chefs der Länder, Freistaaten und Stadtstaaten am 18. Dezember 2008 zustande gebracht haben. - Danke schön.
Das ist jetzt ein sehr ziviles und nicht militantes Thema. - Brandenburgische Hochschulen werden offenbar immer attraktiver; auch die Hochschulpolitik des Landes ist gut. In diesem Wintersemester haben sich knapp 10 000 Studentinnen und Studenten neu eingeschrieben. Das ist eine Steigerung um 14,5 %.
Dieser wunderbare Umstand kann aber möglicherweise auch zu Engpässen führen.
Deswegen frage ich die Landesregierung: Sind wir diesem Ansturm gewachsen? Sind wir darauf vorbereitet?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete von der DVU-Fraktion, das, was Sie hier vorlegen, ist nicht nur abenteuerlich. Die Umsatzsteuer in Deutschland um mehr als ein Viertel, von 19 % auf 14 % zu senken, ist nicht nur für die Volkswirtschaft schädlich und tödlich, sondern für alle Bundesländer und den Bundeshaushalt. Wenn man sein Land, seine Nation liebt, sollte man ihr Medizin und nicht Gift verschreiben. Das, was Sie uns hier verschreiben wollen, ist Gift. Deswegen muss das dringend abgelehnt werden.
Es gibt überhaupt eine ganze Menge von radikalen, unverantwortlichen Dingen, die Sie sagen. Ihre Fraktionsvorsitzende hat heute in der Debatte zur Regierungserklärung behauptet, in Brandenburg treibe man nicht nur willentlich, sondern sogar wissentlich den Mittelstand oder Teile des Mittelstandes in den Ruin. - Wie wollen Sie das denn rechtfertigen?
Ich komme nun zum Kern Ihres Problems und Ihrer Sichtweise. In der Begründung schreiben Sie einen Satz:
„Die Wirtschaft in Brandenburg wie in ganz Deutschland befindet sich nach Aussagen aller Experten in der schlimmsten Krise seit 1929.“
Das müssen sie erst einmal belegen. Ich kenne pessimistische und kritische Aussagen, die meinen, dass wir, wenn wir nicht entsprechend handeln, in einer starken Krise oder vielleicht in der stärksten Krise seit 1949, seit der Gründung der Bundesrepublik, sein könnten. Aber in der größten Krise seit 1929? Ich möchte Sie bitten, in Ihr Geschichtsbild aufzunehmen, dass es in den 30er und 40er Jahren viel stärkere Krisen und fürchterliche, unvergleichbare Katastrophen gegeben hat. Die übersehen Sie einfach. Die sollten Sie mit einbeziehen.
Diese Mischung aus Schwarzseherei, Geschichtsklitterung und einseitigem Populismus muss deutlich zurückgewiesen werden. Populismus ist ein ganz großes Übel der europäischen Politik und auch von Ihnen und meistens eine Vorstufe für radikale und extreme Politik.
Kein Landeshaushalt in Deutschland und auch kein Bundeshaushalt könnte diese Senkung verkraften. Das würde die Handlungsfähigkeit und die Flexibilität des Staates und der Staaten in der Krise völlig ad absurdum führen und nicht zu der Frei
heit für Verbraucher und Unternehmer, zu konsumieren, zu verbrauchen und zu investieren. Deswegen ist es Gift für Deutschland. Wer so etwas will, meint es nicht gut mit unserer Nation. Deswegen lehnen wir das ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht wieder einmal um das größte zusammenhängende Weltkulturerbedenkmal der UNESCO in Deutschland, nämlich in Potsdam. Im Potsdamer Norden ist unter anderem geplant, den Sacrow
Paretzer Kanal auszubauen. Da wird es auch noch eine Menge rechtlicher Auseinandersetzungen geben, weil es doch ein sehr starker Eingriff in die Lebensräume der Tier- und Pflanzenwelt ist. Mein Thema ist jedoch ein anderes, denn in diesem Zusammenhang soll auch die Nedlitzer Südbrücke, auch als „Brücke des Friedens“ bekannt - anders als die 250 Meter entfernte erst kürzlich restaurierte Nordbrücke -, aus der historischen Achse gerissen und möglicherweise verschwenkt werden.
Ich frage dazu die Landesregierung: Welche Möglichkeiten hat sie, darauf hinzuwirken, dass auch die Nedlitzer Südbrücke im Falle der grundsätzlichen Sanierung bzw. des Neubaus in der historischen Trasse der Kulturlandschaft belassen wird?
Erstens: Ist Ihnen bekannt, dass diese Angelegenheit von Einwohnern der Umgebung vor den Petitionsausschuss des Bundestages gebracht worden ist?
Zweitens: Dass es gegen die neue Brückenanlage keine rechtlichen Klagen gab, muss ich zur Kenntnis nehmen, und dass sie aber näher an die Trinkwasserschutzzone heran- als davon wegrückt?
Drittens: Ist Ihnen bekannt, dass eine der italienischen Villen, die vor allem von Friedrich Wilhelm IV. rings um Potsdam in die Eingangssituation gebaut worden sind, dafür dort abgerissen werden muss?
Bei den massiven Protesten gegen den Transport von CastorBehältern nach Gorleben kam es am Sonntag, dem 9. November, zu diversen Anschlägen auf Signalanlagen der Deutschen Bahn auf Brandenburger Gebiet. Diese Aktionen waren massiv und sind keine legitime Grundlage einer demokratischen Mei
nungsäußerung. Sie überschreiten die Grenzen und haben dabei Leib und Leben Hunderter Fahrgäste bzw. deren Bedrohung billigend in Kauf genommen. Das sind keine Kavaliersdelikte, sondern gefährliche Eingriffe in den Eisenbahnverkehr, die mit hohen Strafen belegt sind.
Dazu frage ich die Landesregierung: Liegen ihr Erkenntnisse zur Tätergruppe und deren politischen Hintergrund vor?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Vertreter der Linksfraktion hat hier sehr pauschal behauptet bzw. festgestellt,
dieses Gesetz, diese Novelle erfülle nicht seine Prämissen. Das will ich gern glauben; denn wenn man eigene Prämissen hat, die an dem Sinn des Textes, an dem Sinn und dem Ziel des Gesetzes vorbeigehen, und das Ganze deshalb als Wüste bezeichnet, kann man sich nur auf dem Holzweg befinden.
Lieber Herr Jürgens, ich will Ihrem Bild von der Wüste bewusst ein anderes entgegenstellen. Dieses Gesetz ist ein Jungbrunnen für Brandenburg, für die jungen Studierenden und für die jungen Universitäten und Hochschulen, die wir haben. Seit 1999 genießen zwei Politikbereiche in Brandenburg besondere Priorität und bekommen immer mehr Geld. Das ist zum einen der Bereich Bildung und Schule und zum anderen der Bereich Wissenschaft und Forschung, also Hochschulen und Universitäten. Dies muss gerechtfertigt werden, indem man die Qualität, die Rahmenbedingungen und die gesetzlichen Grundlagen in einer Weise verbessert, dass der Mehraufwand an Finanzen tatsächlich gerechtfertigt ist und dort ankommt bzw. sich dort auswirkt, wofür er auch vorgesehen worden ist.
Man kann nicht daran vorbeigehen, dass die Individualität der Hochschulen und der Universitäten weiter gestärkt wird, dass Hochschulen weiter kreativ sein können und dass sie sich individuell organisieren können. Zu denken, wir würden die Demokratie beschneiden und unsere Hochschulen und Universitäten würden keine demokratischen Einrichtungen mehr sein nur weil wir vorsehen, dass die Gremien selbstständig festgelegt und organisiert werden können und dass das von Hochschule zu Hochschule auch einmal etwas anders aussehen kann -, ist völlig aus der Luft gegriffen. Es bleibt doch dabei, dass diese Organisationsformen gesetzlich genehmigt werden müssen und der Lehrkörper natürlich eine gewisse Priorität besitzt.
Insgesamt sollten Sie auch einmal sehen, dass eine solche Gesetzesnovelle eine große Arbeitsleistung ist. Ich freue mich übrigens darüber, dass Vertreter des Ministeriums anwesend sind. Es gibt Artikel, Systematiken und Rechtsbedingungen, die sich verändern und die alle miteinander abgeglichen werden mussten. Es dauert natürlich eine gewisse Zeit, bis das in eine neue Gesetzesform gegossen und unanfechtbar ist.
Ein Land wie Brandenburg mit so wenigen Bodenschätzen - der erste Ministerpräsident hat im Jahr 1990 dazu gesagt, wir seien ein armes Land - hat nur die Möglichkeit, Humankapital auszubilden und an sich zu ziehen. Diesen Weg gehen wir hier konsequent weiter. Ich will nicht so vermessen sein bzw. nicht so starke Worte wie der Bildungsminister gebrauchen, der gesagt hat, im Gegensatz zu Sachsen hätten wir erst im Jahr 1999 mit der Aufholjagd bei den Schulen begonnen. Wir haben bereits etwas früher damit begonnen, aber die Prioritätensetzung bzw. die Entscheidung, dass das ein Markenzeichen für uns, für unser Leben, Überleben und auch für den Wohlstand ist, hat es, glaube ich, erst in den letzten acht oder neun Jahren gegeben.
An Hochschulen und Universitäten kann der gesamte Mittelbau, das akademische Personal, selbstständig eingesetzt und auch die Art des Einsatzes strukturiert werden. Es gibt vor allem auch unterschiedliche Teilzeitmöglichkeiten. Es gibt Teilzeitprofessuren, bei denen man individuell und flexibel wissenschaftliches Lehrpersonal einsetzen kann. Es gibt individuelle Bestimmungen über Teilzeitstudiengänge - die natürlich von Hochschule zu Hochschule und auch von Studiengang zu Studiengang unterschiedlich sind -, um jungen Menschen, die eine Familie gründen, die Kinder oder pflegebedürftige Eltern und Großeltern haben, ein Studium in der Weise zu ermöglichen,
dass sie zu einem Abschluss kommen und dass vor allem auch die BAföG-Fähigkeit bzw. die Fähigkeit, Stipendien zu erhalten, nicht verloren geht.
Heute wurde noch nicht erwähnt, dass es in unserer Gesellschaft an vielen Schulen besonders begabte Kinder gibt. Wenn diese nicht entdeckt und gefördert werden, langweilen sie sich, verfallen zum Teil in Depressionen und fallen zurück. Wir haben nicht nur für die Schulen Schnellläuferklassen, sondern nun auch für die Hochschulen Juniorstudierende vorgesehen. Besonders begabte Jungen und Mädchen, die mehr gefordert und gefördert werden wollen, dürfen nunmehr bestimmte Module auswählen, spezielle Prüfungen ablegen und Abschlüsse an den Hochschulen machen, was der Gesellschaft insgesamt - auch den individuellen Berufs- bzw. Erwerbsbiografien - hervorragend zugute kommen wird.
Ich möchte noch kurz hervorheben, dass ich überhaupt nicht verstehen kann, was Sie an dem Körperschaftsvermögen und dessen Bildung auszusetzen haben. Sie sagen, es stehe nicht ausdrücklich im Gesetz, dass der Staat, also das Land bzw. der Landeshaushalt, das nicht einplanen oder vereinnahmen könne. Wir haben es doch gerade deswegen eingeführt, dass es Zustiftungen gibt, dass es ehemalige Studenten gibt, die sagen: Ich gebe an meine Hochschule bzw. Fachhochschule Geld, weil dort Vermögen angehäuft und dann auch eingesetzt wird und dort verbleiben kann. Aus diesem Grund tun wir das, damit es nicht plötzlich haushaltsrechtlich vereinnahmt werden kann. Das, was Sie sagen, ist also nicht nur Schwarzmalerei, sondern platte Demagogie.
Zum Schluss möchte ich noch Folgendes erwähnen: Fördern heißt immer fordern. Auf Studentinnen und Studenten zu hören vor allem auf einen bestimmten Teil von ihnen, die möglichst Standards senken und zu leichte Zugangsbedingungen haben wollen - ist für uns und für jeden Einzelnen nicht gut. Deswegen ist es selbstverständlich, dass es beim Übergang von einem Bachelor- zu einem Master-Studium oder -abschluss natürlich Qualitätskriterien - einen erneuten Sprung, eine erneute Prüfung bzw. besondere Anforderung - gibt. Klar ist auch, dass Studentinnen und Studenten, die sich zu lange an den Hochschulen aufhalten und selbst verschuldet Abschlüsse und Prüfungen nicht nachweisen können, irgendwann einmal davon ausgeschlossen werden können, die Segnungen des studentischen Lebens in Anspruch zu nehmen.
An dieser Stelle kann ich Ihnen Folgendes sagen: Das ist kein Gesetz für den Landtag, für Professoren oder für Abgeordnete, sondern für unsere Hochschulen und für die jungen Menschen. Der Ministerpräsident zieht ja gern sehr viele Themen an sich und vertritt sie auch gern, vor allem dann, wenn es sich um etwas Erfolgreiches handelt.
- Gut, das ist seine Aufgabe, aber manchmal macht er das auch zu intensiv. Jedenfalls hat er der Ministerin und dem Landtag vor allem der die Regierung tragenden Koalition - ins Stammbuch geschrieben, dass sie hiermit eines der besten und modernsten Gesetze geschaffen haben. Ich wünsche mir, dass das bei den studentischen Vertretungen und vor allem bei den Jugendorganisationen, die Ihrer Partei nahestehen, richtig ankommt und von denen nachvollzogen wird. Dann kann man diese Sache nicht nur umsetzen, sondern auch dafür werben.
Diesen Weg, den wir in den letzten zehn Jahren zurückgelegt haben - die Zahl an Studierenden an Brandenburger Hochschulen hat sich nahezu verdoppelt -, können wir fortsetzen und das auch so ausbauen, dass die Studienbefähigung und vor allem der Wunsch, zu studieren, in Brandenburg noch um 10 oder 15 % steigt. Diese Reserven haben wir noch.
In diesem Sinne werbe ich für das Gesetz. Es lohnt sich, dem zuzustimmen. Wir alle werden etwas davon haben. - Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrte Damen und Herren von der Linksfraktion! Herr Jürgens, niemand bestreitet doch, dass Sie das Recht und die Möglichkeit haben, Ihre Oppositionsrolle zu spielen und auszufüllen. Nur, Opposition um der Opposition willen ist das eine. Opposition in der Sache, um eine Sache zu verbessern und den Finger wirklich in die Wunde zu legen, ist etwas anderes.
Das ist ein ganz großer Unterschied. Wissen Sie, wenn ich Sie hier reden höre, kommt mir immer ein Satz von Kurt Biedenkopf in Erinnerung, der sinngemäß gesagt hat: Die PDS heute die Linksfraktion - ist sozusagen die organisierte Formation zur Verhinderung des Erfolgs der deutschen Einheit. Sie wollen den Erfolg der deutschen Einheit in Brandenburg nicht.
Sie wollen unser Land schlechtreden, Sie wollen unser Land zu einer Wüste machen. Das ist Ihre Vorstellung, die Sie haben, um auf der Flamme der Verelendungstheorie Ihre politische Suppe zu kochen.
Das machen wir nicht mit. Wir lassen das Land, die Menschen und das, was wir aufgebaut haben und verbessern - unsere Hochschulen und Universitäten -, nicht schlechtreden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hochschulpolitik und Hochschulrecht - das ist immer eine relativ trockene Materie. Sowohl für die Zuhörenden auf den Besucherplätzen des Parlaments als auch für die Kolleginnen und Kollegen ist es nicht immer leicht, dem Thema zu folgen und es interessant zu finden. Deswegen will ich versuchen, meine Ausführungen kurz, knapp und holzschnittartig zu halten.
Meine Damen und Herren! Seit 1972 gibt es in Westdeutschland - seit 1990 mit Geltung für Gesamtdeutschland - eine Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen. Diese wurde auf der Grundlage eines Staatsvertrages eingerichtet. Sie verliert durch das Fortschreiten des Bologna-Prozesses, das heißt durch die Diversifizierung und Differenzierung des Studiums im Ergebnis der Umstellung auf Bachelor und Master und die damit verbundene Möglichkeit, sowohl breiter ausgerichtete als auch speziellere Abschlüsse zu erlangen, langsam an Bedeutung.
Die Umstellung auf eine gestufte Studienstruktur hat aufseiten der Studieninteressierten wegen der Vielfalt des Studienangebots zu Orientierungsschwierigkeiten geführt. Ein Anhaltspunkt dafür sind die Mehrfachbewerbungen. Auf jeden Fall geht die
Übersicht verloren, und wertvolle Studienplätze können nicht besetzt werden.
Deswegen sieht der Staatsvertrag zwischen den deutschen Ländern bzw. Freistaaten und Stadtstaaten die Errichtung einer Hochschulzulassungsstelle im Sinne einer Serviceeinrichtung mit Stiftungscharakter vor, die das genannte Problem auflösen, aber auch die wichtigen Funktionen der ehemaligen Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen wahrnehmen soll. Auch das qualifizierte Personal wird übernommen.
Von dieser Umstrukturierung wird schon sehr lange geredet. Mit der gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung können wir unsere Hochschulen entlasten, langwierige Verwaltungsverfahren beschleunigen und den gewünschten Bürokratieabbau fortsetzen. Das ist der eigentliche Sinn. Vor allem kann durch eine zentrale Einrichtung für Hochschulzulassung die Planungssicherheit der Universitäten und Fachhochschulen erhöht werden. Das kommt sowohl den Universitäten und Fachhochschulen als auch den jungen Menschen, die den für sie passenden Studienplatz anstreben, zugute.
Es darf nicht sein, dass Studienplätze, um deren Erhalt wir uns stets bemühen, aufgrund von zu komplexen Verwaltungsstrukturen nicht belegt werden, wobei keinem Studenten anzulasten ist, wenn er sich auf mehrere Studienplätze bewirbt, um seine Chancen zu erhöhen und den Start ins Studium so schnell wie möglich zu verwirklichen. Hier sind wir als Verantwortungsträger des Landes, als Hochschulpolitiker, als Parlament in der Pflicht. Jede Studentin und jeder Student ist eine Investition in die Zukunft. Das Land Brandenburg ist nicht zuletzt wegen der Maßnahmen, die wir vor etwa einer Stunde beschlossen haben, also wegen der hervorragenden Studienmöglichkeiten, der Familienfreundlichkeit usw., ein Ort, wo wir die entsprechende Vereinfachungen brauchen und deshalb auch umsetzen sollten.
Die gemeinsame Einrichtung für Hochschulzulassung ist eine zentrale Anlaufstelle für Bewerberinnen und Bewerber um einen Studienplatz, eine Servicestelle, die auf Nachfragen flexibel reagieren kann und durch die im Übrigen Kompetenzen und Verwaltungsvorgänge gebündelt werden. All dies kann die gemeinsame Einrichtung für die Hochschulzulassung leisten. Wir sollten ihr grünes Licht für eine freie Fahrt geben und dem vorliegenden Staatsvertrag zustimmen. - Danke schön.
Herr Präsident! Das, was für die Hochschulpolitik zutrifft, trifft
für die Medien- und Rundfunkpolitik manchmal umso stärker zu. Es ist eine Materie, die nicht leicht zu verstehen ist. Wenn Sie in diesen Gremien sitzen, werden Sie merken, dass dort eine ganz eigene Sprache gesprochen wird. Das, was die Menschen, die Bevölkerung, interessiert, ist nur, ob die Rundfunkgebühren nach oben oder nach unten gehen und möglicherweise ob das Programmangebot so ist, dass man sich am Abend etwas aussuchen kann, was man gern sieht.
Der Elfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der zwischen den einzelnen Bundesländern vereinbart worden ist, hat letztlich zwei Dinge im Zentrum zu regeln: Zum einen einen zusätzlichen Jugendmedienstaatsvertrag, in dem der Jugendschutz verbessert wird, zum Zweiten: Der Anspruch der neun Landesrundfunkanstalten, die wir haben, auf eine Erhöhung der Rundfunkgebühr um 1,69 Euro ist von der Kommission zur Erfassung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten in dieser Höhe nicht anerkannt worden. Sie ist mit 95 Cent maßvoll ausgefallen.
Trotzdem lohnt es sich, auch wenn der Zwölfte und Dreizehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag heute nicht zur Debatte stehen, grundsätzlich ein paar Dinge festzuhalten, die die zukünftige Arbeit betreffen. Ich bin ein Parlamentarier, der heute davon spricht, dass sich das Parlament - die Abgeordneten - mehr Arbeit machen muss und dass nicht alles nur den Staatskanzleien, Herr Kollege Appel, überlassen werden sollte. Das Bundesverfassungericht hat in seinem Urteil von 2007 die Rolle der Landesparlamente gestärkt und ihnen die eigentliche Verantwortung für die Regelung des Rundfunks- und Fernsehrechts zugewiesen. Diese Verantwortung bedeutet mehr Arbeit. Die müssen wir ernst nehmen.
Deswegen möchte ich zweitens zum Finanzierungssystem sagen, Herr Kollege Birthler: Es ist schwer, sich vorzustellen, ob man das jetzige System kostenneutral in ein gerechteres und besseres umwandeln kann. Ich bin aber der Meinung, wir sollten der Hoffnung Ausdruck geben, zum letzten Mal eine Gebührenperiode in der jetzigen Regelungsart bis zum Jahre 2013 festzulegen und dann etwas Neues zu haben, nämlich aus strukturellen, organisatorischen Gründen, aus Gründen der Gerechtigkeit und vor allen Dingen auch aus sozialen Gründen.
Halten Sie sich einmal vor Augen, was uns neulich ein Gutachter im Rundfunkrat vor Augen geführt hat: Wie wird der Finanzbedarf der einzelnen neun Landesrundfunkanstalten ermittelt? Ob es der Bayerische Rundfunk, der Westdeutsche Rundfunk, der RBB oder der Norddeutsche Rundfunk sind - sie melden einen Bedarf an und sagen, dass dieser aufgrund von Preissteigerungen, Leistungsangeboten, Programmveränderungen so hoch ist. Deswegen brauchen wir insgesamt eine Gebührenerhöhung um 1 Euro, 1,50 Euro, 90 Cent oder 50 Cent. Diese Bedarfsanmeldungen werden alle in einen Topf geworfen und geprüft. Dann wird insgesamt ein angemessener Betrag ausgerechnet, um den die Rundfunkgebühren erhöht werden können. Aber dabei kann es durchaus sein, wie der Gutachter sagt, dass es zu unangemessener Bereicherung kommt, und zwar insofern, als die Rundfunkanstalten, die nicht so viel angemeldet haben, die zum Beispiel in Gebieten mit 17 oder 18 Millionen Einwohnern empfangen werden, sehr viel mehr aus dem Topf kriegen als der RBB, da Brandenburg mit 2,5 Millionen und Berlin mit 3,5 Millionen Einwohnern nicht so viele Gebührenzahler hat und es sehr viel mehr Ausnahmetatbestände aus sozialen Gründen, Befreiungen gibt und es dann an diesen Stellen nicht ankommt.
Sie haben mich und einige von uns in den Rundfunkrat entsandt. Wir sind nicht nur Vertreter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, dessen kulturelle, soziale, wissenschaftliche Kompetenz und dessen Rang wir immer wieder unterstreichen müssen - vor allen Dingen zu den Hauptsendezeiten -, sondern wir müssen uns auch um unseren RBB Sorgen machen. Denn wenn man einen Finanzbedarf, eine Lücke von 50 Millionen Euro hat und diese mit einem Überbrückungsdarlehen von 30 Millionen Euro durch die Landesrundfunkanstalten überbrückt werden kann, während der Rest durch Einsparungen erbracht werden muss, ist das ein Tatbestand, der uns dazu bringt, wegen unserer Regionalsender im eigenen Interesse hier ein neues Rundfunkgebührensystem und eine neue Erhebung und Verteilung vorzusehen.
Ein zweiter Punkt: Wenn Sie in die 50er oder 60er Jahre zurückschauen, stellen Sie fest, da gab es ARD, ZDF und die Dritten Programme, die noch keinesfalls Vollprogramme waren. Heute sind die Dritten Programme alle Vollprogramme. Jede Landesrundfunkanstalt hat vier, fünf, sechs - wir hatten sogar sieben - eigene Rundfunksender. Es ist nicht mehr so, dass ein Rundfunksender unterschiedliche Programmangebote für unterschiedliche Generationen unterbreitet, sondern heute gibt es für jede Richtung, ob das Information, Wissenschaft, Jugend, die ältere Bevölkerung oder Kultur betrifft, eigene Sender. Das alles verursacht Kosten. Deswegen ist es wichtig, dass wir eine Deckelung vorsehen, dass es eine Programmbeschränkung gibt und die Rundfunkanstalten auch angehalten werden, verschiedene Programmteile untereinander auszutauschen.
Meine Damen und Herren, letztlich sollte es für die Haushalte und vor allen Dingen um diese teilweise unwürdige Überprüfung durch die GEZ nicht mehr zu haben - eine Haushaltsgebühr für Rundfunk- und Fernsehgeräte geben und eine Betriebsstättengebühr, die vor allen Dingen den Mittelstand entlasten wird. Diese Dinge müssen wir in den Blick nehmen, meine Damen und Herren. Für den Zwölften und Dreizehnten Rundfunkstaatsvertrag kündige ich schon an, dass sich die CDUFraktionen der deutschen Länder, viel, viel stärker für das Zustandekommen einsetzen werden, als das bisher der Fall war. Vielen Dank.
Um diesen ernsten Vorgang geht es. - In der rbb-Sendung „Klartext“ am 2. Juli wurden unter dem Titel „Umstrittene Methoden einer Hilfeeinrichtung für Kinder und Jugendliche“ diese Vorwürfe durch Zeugen erhoben und durch Beispiele belegt. Es ging um Körperverletzung, Gewalt, Missbrauch von Schutzbefohlenen und Vernachlässigung der Fürsorgepflicht. Diese Vorgänge sind der Staatsanwaltschaft, den staatlichen Jugendämtern, dem Bildungsministerium und dem staatlichen Schulamt seit April bekannt. Seit dem 2. Juli ist über die Vorfälle auch in privaten Medien und Printmedien berichtet worden.
Ich frage die Landesregierung: Was hat sie, insbesondere in ihrer Funktion als Schulaufsichtsbehörde, seit April getan, um die Vorfälle aufzuklären bzw. die Zustände zu verändern?
Sehr geehrter Herr Minister Rupprecht, ich will in diesem Problem gar nicht herumrühren oder irgendwas skandalisieren. Aber wer den rbb-Beitrag gesehen hat oder wer von den Abgeordneten, wie ich, von vielen besorgten Eltern angerufen worden ist, der stellt sich die Frage, warum bis zum 2. Juli die Dinge nicht gesehen oder nicht ernst genommen worden sind, wenn das wirklich so war. Seit dem 2. Juli ist ja eine Vielzahl von Maßnahmen eingeleitet worden. Deswegen frage ich: Was ist bis zum 2. Juli passiert? War der Ernst der Lage vorher nicht so klar erkennbar?