Birgit Klaubert

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Last Statements

Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete, selbstverständlich könnte ich den Bericht geben. Es gab aber im Vorfeld der heutigen
Sitzung und auch vor dem Hintergrund dessen, was wir schon bearbeitet haben und was wir alles nicht bearbeitet haben, eine Verständigung zwischen den Ausschussmitgliedern. Ursprünglich war ich darauf hingewiesen worden, dass Frau Lehmann eine kurze Begründung des Antrags übernimmt und schon darauf hinweist, dass das Berichtsersuchen, welches in dem Antrag unter Punkt II.1 erforderlich wäre, im Ausschuss in öffentlicher Sitzung gegeben wird. Das würde ich auch dem Hohen Hause vor dem Hintergrund des Zeitfensters, welches wir haben, ausdrücklich anbieten. Deswegen würde ich zum Antrag einige Worte sagen und dieses Angebot unterbreiten. Das hat den Charme, dass man in dem Ausschuss, den man genau terminlich festsetzen kann, auch unter hoher Aufmerksamkeit von außen zu diesem Bericht zu II.1 des Antrags sprechen kann. Das vorab.
Ich kann sagen – und jetzt beziehe ich mich auf den gesamten Antrag –, dass ich mich sehr freue, dass der Antrag der regierungstragenden Fraktionen verschiedene Aspekte aufnimmt, in Punkt I das Bekenntnis des Landtags zur Entwicklung einer eigenständigen Jugendpolitik in Thüringen und unter Punkt II die entsprechende Berichterstattung der Landesregierung und dann unter Punkt II.2 die Aufforderung an die Gestaltung dieser Jugendpolitik in Thüringen formuliert.
Ich denke, das spielt sich vor allem vor dem Hintergrund ab, dass junge Menschen gerade in Thüringen – übrigens auch in anderen ostdeutschen Bundesländern und zum Teil auch in der gesamten Bundesrepublik – in einer immer älter werdenden Gesellschaft groß werden, sodass der Austausch der Generationen immer schwieriger wird und heute das Voneinanderlernen durchaus Unterstützung braucht, die es früher organisch in den sozialen Gemeinschaften gab. Anders als zu der Zeit, als die Babyboomer da waren, sind junge Menschen heute zahlenmäßig weniger in unseren Regionen anzutreffen und demzufolge kommt uns eine besondere Verantwortung dabei zu, gerade junge Menschen, Heranwachsende dabei zu unterstützen, sich für die eigenen Interessen einsetzen zu können. Zudem kommt als zweiter Aspekt hinzu, dass junge Menschen in einer Welt aufwachsen, die nicht am nächsten Kirchturm endet. Globalisierung bedeutet, dass man sich in dieser immer komplizierter werdenden Welt zurechtfinden muss, seine eigene Position finden muss, sich auseinandersetzen muss mit einer Vielfalt der Welt, auch durch die unterschiedlichen Kommunikationsmittel.
Als Letztes muss man natürlich feststellen – das hat übrigens auch das Kinderbarometer in diesem Jahr konstatiert –, dass junge Leute schon früh unter einem enormen Zeit- und Leistungsdruck stehen.
All diese Faktoren muss man in den Blick nehmen, wenn man nach Instrumenten und Strukturen sucht, innerhalb derer sich junge Menschen bewegen können und die Möglichkeit erhalten, die Gesellschaft mitgestalten zu können. Wir nennen es schlichtweg: Teilhabemöglichkeiten für alle zu erschließen, ganz besonders auch für junge Leute. Vor diesem Hintergrund finde ich es sehr gut, dass wir uns mit dem Thema „eigenständige Jugendpolitik“ beschäftigen. Sie richtet sich zuerst natürlich an junge Menschen und hat unterschiedliche Jugendphasen mit den jeweiligen Lebenswelten, Bedürfnissen und Fähigkeiten im Blick. Eigenständige Jugendpolitik befähigt die Entscheider von morgen, heute schon Verantwortung mitzutragen, aber sie müssen natürlich das Gefühl haben, dass sie gefragt sind, dass ihre Mitbestimmung und ihre Mitwirkung in der Erwachsenengesellschaft auch gefragt ist. Gesellschaftlich relevante Zukunftspolitik bedeutet also, dass man sich gemeinsam, auch auf der politischen Ebene, überlegt, wie man die Rahmenbedingungen für solche eigenständige Jugendpolitik gestalten kann. Demzufolge – mir ist es auch schon zugetragen worden – wird es wohl eine Anhörung zu diesem Thema geben, was ich außerordentlich begrüße.
Um es nicht länger auszudehnen und wirklich auch ein bisschen in dem voranzukommen, was wir als Hohes Haus oder was wir als Regierung und Hohes Haus gemeinsam gestalten wollen, möchte ich darauf hinweisen, dass ich den umfangreichen Bericht zu den unterschiedlichen Facetten, die in dem Punkt II.1 aufgeführt sind, dem Ausschuss geben werde und dass ich mich sehr freuen würde, wenn es in diesem Zusammenhang eine öffentliche Anhörung gibt. Aus dieser könnten dann Schlussfolgerungen entstehen, die zeigen, dass der Thüringer Landtag gemeinsam mit der Regierung für eine eigenständige Jugendpolitik steht und auch gemeinsame Maßnahmen für die Zukunft über alle Ressorts hinweg gestalten möchte. Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich hatte nach den Möglichkeiten der Redezeit für mich gefragt, demzufolge stand ich erst einmal mit dem Rücken zu Ihnen, jetzt stehe ich nach vorn und gebe einige Anmerkungen zur Debatte.
Ich möchte mich zunächst ganz herzlich bei den Abgeordneten der regierungstragenden Fraktionen, aber auch der CDU-Fraktion für die sachliche Debatte bedanken. Ich glaube, das ist es wert, dass man diese Debatte, wenngleich wahrscheinlich zu später Stunde und ohne große öffentliche Aufmerksamkeit, führt. Aber wenn man sich der Thematik „Kinder und Jugendliche und deren Aufwachsbedingungen in diesem Land“ widmet, ist es gut, wenn man an verschiedenen Stellen an einem Strang
zieht. Die Unterschiedlichkeit sei da immer wieder noch einmal herausgestellt, aber vielleicht erwächst genau aus dieser Unterschiedlichkeit der produktive Dialog um die besten Lösungen. Wenn man sich die 88 Fragen in der Großen Anfrage anschaut, muss man natürlich erst einmal eins feststellen: Im Oktober 2015 sind die Anfragen gestellt worden. Dann gab es von unserer Seite die Bitte um Verlängerung der Frist zur Beantwortung der Anfragen. Demzufolge basieren die statistischen Werte und verschiedene Angaben, die wir in den Antworten gegeben haben, auf einer Datenbasis, die nicht mehr die Neueste ist.
Viele Befunde beziehen sich natürlich, insbesondere durch über 40 Fragen auf die vergangene Legislaturperiode bezogen, auf zurückwirkende und zurückliegende Zeiten. Vor dieser zeitlichen Angabe muss man manches relativieren und muss natürlich auch immer wieder überlegen, was der Befund, den man in einer solchen Anfrage als statischen Befund auf dem Tisch liegen hat, künftig für das weitere Arbeiten bedeutet. Demzufolge gehe ich nur auf die eine oder andere Thematik aus der Großen Anfrage ein und auf einige Dinge aus der Debatte.
Ich beginne in Anbetracht dessen, dass Herr Tischner noch einmal dieses Thema „Bildung und Schule“ sehr ausführlich an das Pult brachte, mit dem Bereich Bildung/Schule. Ich möchte in dem Zusammenhang erstens feststellen, dass natürlich Christoph Matschie als Bildungsminister vieles angestoßen hat, aber gerade im Bereich der Stellen und der Einstellungen konnte er sich nicht durchsetzen. Er konnte sich deshalb nicht durchsetzen, weil der Finanzminister gesagt hat, dass die Einstellungsbedingungen für die unbefristeten Einstellungen nicht gegeben sind. Um jede Einstellung wurde gefeilscht, 150 neue Lehrkräfte pro Jahr waren der Anfang und bei 400 war die Schmerzgrenze dann erreicht. Das muss man einmal zur Kenntnis nehmen.
Man muss auch zur Kenntnis nehmen, dass wir den Stellenabbaupfad, der übrigens im Koalitionsvertrag verankert ist, nach wie vor als einen Teil des Handelns im öffentlichen Dienst und bei der Belegung von Stellen sowohl in der Schule als auch in der Polizei haben. Wenn man dort etwas ändern möchte – und, Herr Tischner, Sie haben völlig recht, es werden in den nächsten Jahren viel mehr Kolleginnen und Kollegen aus dem Schuldienst ausscheiden, als wir mit den 500 Kolleginnen und Kollegen nachbesetzen können –, dann gilt es aber der Ehrlichkeit halber auch zu sagen, dass man das immer in dem Spannungsfeld bewegen muss, wie viel Personal man im öffentlichen Dienst hat.
Das ist nämlich keine einmalige Ausgabe, das ist eine Ausgabe, die in dem Aufwuchs durch die Tarifbedingungen auch kalkuliert werden muss. Und wie ist der Bedarf? Da haben wir noch einiges zu tun,
da gebe ich Ihnen recht, wenn Sie da an unserer Seite sind. In den Haushaltsberatungen kann ich nur eines sagen: Als Ministerin bin ich an den Koalitionsvertrag gebunden. Der Koalitionsvertrag gibt mir die Möglichkeit, 500 unbefristete Einstellungen pro Jahr vorzunehmen. Wenn der Haushaltsgesetzgeber sich in großer Einigkeit anders entscheidet, dann werden wir sehen, was wir damit machen können. Ich stelle aber fest, es ist tatsächlich so: Der Einstellungsbedarf ist höher als das, was wir im Moment tun können.
Ich verweise aber in diesem Zusammenhang noch einmal auf den Umstand, dass wir das nicht erst wissen, seit Rot-Rot-Grün an der Regierung ist. Das wissen wir spätestens seit der Studie aus dem Jahr 1999, die Studie, die damals durch das Thüringer Kultusministerium in Auftrag gegeben worden ist und die ich im Zusammenhang mit einer Berichterstattung in einer Sondersitzung dieses Plenums schon einmal zitiert habe.
Damals ist bereits angemerkt worden, was sich jetzt als Problem tatsächlich deutlich macht, dass der Einstellungsbedarf wenigstens in den frühen 2000er-Jahren schon hätte befriedigt werden müssen, um zu einer sinnvollen Personalstruktur an den Schulen zu kommen. Ich betone es noch einmal: Das Riesenproblem, das wir haben, ist das Fehlen dieser sogenannten mittleren Generation. Diese fehlt uns aus pädagogischen Gründen und sie fehlt uns auch aus organisatorischen Gründen in den Schulen.
Ich kann sie nicht herbeizaubern und ich kann Sie nicht in die Schule hineinbefehlen. Dazu gehört nämlich auch – das sagen Ihnen sicher auch viele junge Kolleginnen und Kollegen: Viele Jahre lang ist der Lehrerinnen- und Lehrerberuf überhaupt nicht attraktiv beworben worden. Demzufolge haben wir diese rückgängigen Bewerberinnen- und Bewerberzahlen an den Hochschulen. Alles, was wir jetzt machen, wird uns im Moment nicht unmittelbar in den Schulen zur Verfügung stehen. Dieses Problem haben wir, das habe ich mehrfach gesagt. Wir sind gern bereit, an den Einstellungsbedingungen zu arbeiten, Bürokratie aus dem System zu nehmen, mehr Verantwortung nach unten zu geben usw. usf. Aber das wird seine Zeit dauern. Die massive Kritik, dass Rot-Rot-Grün an der Überalterung und am hohen Erkrankungsstand schuld sei, ist wirklich an den Haaren herbeigezogen und ich will das noch einmal zurückweisen.
Wir brauchen diese Anstrengungen tatsächlich, und dass nicht nur wir diese Anstrengungen unternehmen müssen, zeigt der Blick nach Sachsen, zeigt der Blick nach Sachsen-Anhalt, nach Brandenburg und nach Mecklenburg-Vorpommern. In den ostdeutschen Bundesländern ist diese Situation gleichermaßen mit enormer Schnelligkeit entstanden. Aber auch meine Kolleginnen und Kollegen aus
den westlicheren und südlicheren Bundesländern sprechen von der gleichen Situation. Sie kommt dort nur zeitversetzt.
Ach, Herr Tischner, jetzt muss ich Ihnen einmal eines sagen: Ich habe neulich eine Pressemitteilung von Ihnen gelesen, da haben Sie mich wieder kritisiert. Und die gleiche Pressemitteilung – ich dachte, Sie haben sich abgesprochen – hat die Linke in einem anderen Bundesland gegen die CDU-Bildungsministerin gebracht.
Da habe ich gesagt: Okay, das ist also das Schicksal von Bildungsministern. Sie stehen unter dem kritischen Blickpunkt der Opposition, das muss man zur Kenntnis nehmen.
Ich hatte jetzt genau darauf hingewiesen, wir müssen dort gemeinsam nach Lösungen suchen. Wenn wir diese gemeinsamen Lösungen suchen, müssen wir uns sicher von manchen geliebten Dingen der Vergangenheit verabschieden. Dazu gehören aber gründlichere Debatten, als man sie in der Beratung einer Großen Anfrage zu dem benannten Thema aufmachen kann. Es würde jetzt auch nicht so sehr hilfreich sein, wenn wir die Fortberatung im Ausschuss vollziehen würden. Ich glaube, da muss man sehr genau, punktgenau zu solchen Themen sprechen. Manchmal sollte man sich auch vor Ort begeben. Wir haben das mit dem Bildungs-, Jugend- und Sportausschuss getan, nicht in Deutschland. Aber auch in Deutschland und in Thüringen kann man sich das eine oder andere anschauen. Nur so weit zu diesem Thema.
Ich möchte aber nicht nur zum Bereich Bildung und Schule sprechen, weil ich für den Bereich Bildung, Jugend und Sport verantwortlich bin. Auf den Bereich Jugend bezogen vielleicht eine Reflexion. Als wir damals diese Anfrage auf den Tisch bekamen, war unser ganzes Haus in ganz intensiver Arbeit damit beschäftigt, Kindern und Jugendlichen aus fremden Ländern entweder in den Jugendhilfeeinrichtungen oder in der Schule die Bedingungen zu bieten, die sie verdienen. Demzufolge kann ich das Lob, welches an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Hauses ausgesprochen wurde, gern weitergeben. Wir haben das nämlich neben dem getan, was organisatorisch zu realisieren war. Eine Anfrage zu beantworten, das ist auch sehr viel Arbeit. Sie sehen, wir haben hoch motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Zu dem Bereich Jugend noch einige Anmerkungen: Es ist der Fachtag Jugendpolitik, veranstaltet von den Koalitionsfraktionen, benannt worden. Ich hatte die Gelegenheit, an diesem Fachtag wenigstens
am Anfang teilzunehmen und habe dort wieder einmal gemerkt, was man übrigens allerorten durchaus bemerkt: Jugendliche haben ihren eigenen Blick auf die Dinge der Welt. Ihnen fallen Dinge auf, an die wir uns schon längst gewöhnt haben. Wir brauchen solche Impulse, denn Kinder und Jugendliche haben auch fantastische Ideen. Im Koalitionsvertrag haben wir dazu aufgeschrieben, dass wir die direkten Mitbestimmungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen verbessern wollen. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich auch in der Reflexion auf die Forderung nach einem Landesprogramm die Arbeit an der Landesstrategie „Mitbestimmung junger Menschen“ in den Mittelpunkt rücken. Wir haben in der vergangenen Woche die dazugehörige Arbeitsgruppe berufen. Die Arbeitsgruppe umfasst sehr unterschiedliche Menschen, von der Wissenschaft über die Kommunalpolitik bis hin zu Vertretern aus den Schulämtern. In diesem Zusammenhang wird eine Landesstrategie „Mitbestimmung“ erarbeitet, wo wir ziemlich einzigartig sind, dass so etwas entsteht, weil diese Landesstrategie nicht am grünen Tisch entsteht, sondern diese Arbeitsgruppe hat sich unter der Moderation der Naturfreunde zusammengefunden. Dort wird es Praxisfenster geben, in denen unmittelbar Kinder und Jugendliche in die Erarbeitung einbezogen werden. Ich habe der Landesschülervertretung schon angeboten, dass sie in diesem Praxisfenster auch ihre ganz spezifische Sicht auf die Dinge einbringen kann. Dort wollen wir nur warten, bis die neue Landesschülervertretung gewählt wird. Ich denke, in diesen zwei Praxisfenstern, in denen diese unmittelbare Einbindung in die Erarbeitung einer solchen Landesstrategie geschehen kann, können wir wirklich Neuland beschreiten zur Gestaltung von Kinder- und Jugendpolitik in Thüringen.
Die Gremien, in denen Kinder und Jugendliche arbeiten, von den Kinder- und Jugendparlamenten bis zu den Räten, sind benannt worden. Aber auch in diesem Zusammenhang verweise ich durchaus auf die Möglichkeiten, die wir durch die Absenkung des Kommunalwahlalters benannt haben. Immer wieder wird mir die Frage gestellt, warum dort nicht das passive Wahlalter 16 eingeführt worden ist. Ich glaube, das ist noch etwas, womit wir uns beschäftigen sollten.
Es wird oft davon ausgegangen, dass Kinder und Jugendliche sich gar nicht beteiligen wollen. Auf den Landesjugendförderplan bezogen, der nun beschlossen worden ist und bis ins Jahr 2021 hineinreicht, ist gesagt worden, wir hätten den haushalterisch noch nicht untersetzt. Wie auch? Wir sind im
Moment im Haushalt 2016/2017. In diesem Haushalt sind die entsprechenden haushalterischen Mittel zur Verfügung gestellt worden. Ich kenne durchaus die Mehrbedarfe, die aus dem Landesjugendförderplan in den unterschiedlichen Bereichen erwachsen. Dann muss man sich eben verständigen, wie man in der Haushaltsanmeldung 2018/ 2019 diese Bedarfe verarbeitet.
Eines kann ich aber auch sagen: Dann geht es darum, den Abgleich der unterschiedlichen Politikfelder in diesem Haus herbeizuführen. Dann geht es auch darum: Welchen Schwerpunkt setzt nicht nur ein Fachausschuss oder ein Fachabgeordneter oder eine Fachabgeordnete, sondern welchen Schwerpunkt setzt sich das Hohe Haus in seiner gesamten Zusammensetzung? Der Landesjugendförderplan liegt auf dem Tisch. Die Forderungen aus den unterschiedlichen Bereichen kenne ich und demzufolge ist die Frage, wie wir damit umgehen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch anmerken, dass wir natürlich sehr viele Möglichkeiten erschlossen haben, bei der Erarbeitung des Landesjugendförderplans insbesondere Jüngere, also auch Kinder, in die Erarbeitung der Zielsetzungen einzubinden. Das ist gut gelungen und hat auch zu viel Resonanz, gerade bei denen ab zwölf aufwärts, geführt.
Grundlage für die Arbeit in dem Bereich der Kinderund Jugendpolitik wird also in wesentlichen Teilen auch der Landesjugendförderplan sein. Wenn wir wollen, dass wir in diesem Zusammenhang eine gemeinsame Arbeit leisten wollen, kann ich nur an das anknüpfen, was jetzt in der Debatte zum Ausdruck gebracht worden ist, nämlich zuallererst eine hohe Gemeinsamkeit in der Herangehensweise an diese Fragen. Ich bitte darum, dass Sie uns dabei unterstützen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses ihre Arbeit machen können. In diesem Sinne bedanke ich mich – und ich nehme an, ich bekomme eine Frage gestellt – für die Aufmerksamkeit.
Frau Mühlbauer, ich hätte Ihnen auch gern eine Frage beantwortet.
Ich würde Ihnen diese schriftlich zur Verfügung stellen.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Weil dieser Gesetzentwurf plötzlich die Debatte aufmacht, wie es mit dem beitragsfreien Kindergartenjahr ist, möchte ich doch an Herrn Abgeordneten Wolf und Frau Abgeordnete RotheBeinlich anknüpfend einige Klarstellungen vornehmen.
Also zum Ersten eine grundsätzliche Anmerkung: Wir führen in Thüringen ein beitragsfreies Kindergartenjahr ein. Das ist etwas, worüber man sich freuen sollte.
Das ist in den Wahlprogrammen zur Vorbereitung dieser Legislaturperiode, in den Wahlprogrammen der Koalitionsfraktionen aufgenommen worden, das ist in den Koalitionsvertrag eingegangen und es ist
letzten Endes eine Möglichkeit gefunden worden, wie man das umsetzen kann. Und ich weise ausdrücklich zurück, dass das ein „angeblich“ gebührenfreies Jahr ist. Wir könnten auch einmal stolz darauf sein, dass wir damit den Einstieg in gebührenfreie Vorschulbildung schaffen – aber das nur zum Nachdenken.
Im Koalitionsvertrag wiederum steht, dass das Landeserziehungsgeld abgeschafft wird. Kollege Wolf ist darauf eingegangen, wie lange die Abfinanzierung noch erfolgen wird. Wir reden über einen Betrag von etwa 19 Millionen Euro und wiederum auf den Koalitionsvertrag bezogen heißt es dort, dass in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden dieses Geld für Gebührenfreiheit und Qualität eingesetzt wird. Dann muss man sich entscheiden, wie man diese 19 Millionen Euro einsetzt. Man kann natürlich auch aus der Sicht des Landesgesetzgebers und damit des Haushaltsgesetzgebers sagen: Wir nehmen einen großen Betrag an Geld in die Hand, das ist unser aller Schwerpunkt und demzufolge finanzieren wir viel mehr als das, was im Koalitionsvertrag versprochen worden ist. Das ist aber nicht Aufgabe der Regierung.
Für die Landesregierung kann ich nur sagen – ich knüpfe auch wieder an die Vorrednerinnen an –: Der Gesetzentwurf ist in der letzten Phase seiner Fertigstellung. Wir werden jetzt mit den kommunalen Spitzenverbänden noch einmal darüber beraten, wie man am besten und am bürokratieärmsten diese Möglichkeit der Erstattung der Elternbeiträge im letzten Kindergartenjahr vereinbaren kann. Dann wird dieser Gesetzentwurf dem Kabinett zugeleitet, dann wird er dem Landtag zugeleitet und dann kann man darüber diskutieren, wie man die Ausgestaltung aus der Sicht des Landesgesetzgebers gern haben möchte.
Aber diese ständigen Spekulationen, ob da nun etwas kommt und ob der Ministerpräsident, wenn er sich klar und deutlich geäußert und gesagt hat, er möchte, dass die Bildungsministerin diesen Gesetzentwurf vorbereitet, auch noch daraus gemacht wird, dass er irgendwelche Anweisungen zu etwas geben muss, was die drei Koalitionsfraktionen eint, nämlich das Geld aus dem Landeserziehungsgeld für Gebührenfreiheit im Kindergarten einzusetzen. Bitte, ich möchte daran erinnern, dass wir auch einmal etwas stehen lassen sollten, was als Ergebnis eines gemeinsamen Arbeitsschritts auf den Tisch gelegt wird. Dann wird solide darüber geredet, wenn dieser Gesetzentwurf dem Landtag zugeleitet wird. Bitte lassen Sie die Spekulationen über alles Mögliche! Es ist ja so, dass wir damit unsere eigene Arbeit schmälern und dieses Ergebnis verwässern. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich glaube, jeder wird zustimmen: Wir brauchen eine starke Erwachsenenbildung in Thüringen.
Wir leben in einer Wissensgesellschaft. Wissen verdoppelt sich in immer kürzeren Abständen, die Arbeitswelt hat sich entsprechend geändert, Anforderungen im Berufsalltag wachsen, die digitale Welt bietet neue Herausforderungen und einmal erworbenes Wissen und Können werden immer häufiger auf den Prüfstand gestellt. Lebenslanges Lernen und lebensbegleitendes Lernen sind heute eine Selbstverständlichkeit. Dafür brauchen wir eine leistungsstarke Erwachsenenbildung. Diese kann aber noch mehr. Manche Menschen brauchen einfach mehr Unterstützung. Funktionaler Analphabetismus ist weit mehr verbreitet, als man denkt. In Thüringen gibt es nach Schätzungen rund 200.000 Erwachsene, die nicht richtig lesen und schreiben können. Diese Menschen stehen dann eines Tages da und kommen nicht weiter – im Job, in der Organisation ihres eigenen Lebens. Erwachsenenbildung kann auch hier dafür sorgen, dass es im Leben keine verschlossenen Türen gibt, sondern dass die Türen auf bleiben. Auch für Menschen, die neu in Thüringen sind und unsere Sprache erst lernen müssen, können wir mit den Sprachlernangeboten in der Erwachsenenbildung einen wichtigen Beitrag für die Integration leisten.
Die Regierungsfraktionen sind sich dabei einig, dass man eine leistungsstarke Erwachsenenbildung braucht und diese im Gesetz verankert. Im Koalitionsvertrag ist das festgelegt worden. Die Novellierung des Thüringer Erwachsenenbildungsgesetzes legen wir dem Hohen Hause mit diesem Gesetzentwurf vor.
Vor einem Dreivierteljahr oder fast einem Jahr wurde die bisherige Gesetzesfassung per Landtagsbeschluss für ein Jahr verlängert. Das geschah damals in Übereinstimmung mit dem Landeskuratorium für Erwachsenenbildung, weil man sich die entsprechende Zeit nehmen wollte, um verschiedene Punkte in das neu zu formulierende Erwachsenenbildungsgesetz einzuarbeiten.
In aller Kürze möchte ich die wichtigsten Punkte skizzieren. Zum einen sorgen wir dafür, dass mehr Menschen mit Behinderung respektive Beeinträchtigungen die Angebote der Thüringer Erwachsenenbildung wahrnehmen können. Der Gedanke der Inklusion ist in der Erwachsenenbildung verankert
und im November 2013 wurde dazu eine AG „Inklusive Erwachsenenbildung“ ins Leben gerufen. Diese Arbeitsgruppe hat den Auftrag, Leitlinien bzw. Handlungsempfehlungen für alle anerkannten Einrichtungen der Erwachsenenbildung zu entwickeln. Am 15. September, also kürzlich erst, fand eine Fachtagung „Inklusive Erwachsenenbildung“ statt. Auf der Grundlage einer empirischen Untersuchung wurden Möglichkeiten, Bedingungen und Umsetzung einer inklusiven Erwachsenenbildung in Thüringen diskutiert. Weil ich selbst zu dieser Fachtagung anwesend war, kann ich nur zusammenfassend sagen: Auch hier gibt es viel zu tun.
Zweitens wollen wir den Gedanken der Qualitätssicherung stärken. Deswegen haben wir Regelungen aus der bisherigen Thüringer Verordnung über die Evaluation und Förderfähigkeit von Einrichtungen der Erwachsenenbildung in das Gesetz aufgenommen.
Drittens – ich deutete das Problem bereits an – wollen wir dem steigenden Bedarf an Alphabetisierungsangeboten begegnen, von funktionalen Analphabeten, also Menschen, die Schwierigkeiten mit Lesen und Schreiben haben, bis zu den Menschen, die die deutsche Sprache noch lernen möchten und müssen. In manchen Regionen ist die Nachfrage nach Bildungsangeboten und um das Thema „Sprache“ höher als das Angebot. Dort, wo es einen Mangel an Angeboten gibt und wo die Volkshochschulen diesen Mehrbedarf nicht decken können, sollen zukünftig auch freie Träger der Erwachsenenbildung Maßnahmen zur Alphabetisierung anbieten können.
Schließlich steht viertens eine Berichtspflicht im Gesetz, die der Qualitätssicherung und der Selbstkontrolle dient. Die Landesregierung wird dem Landtag künftig alle fünf Jahre schriftlich über die Entwicklung der Erwachsenenbildung berichten, so dieses Gesetz beschlossen wird. Und noch etwas ist uns wichtig: Erwachsenenbildung ist eine Daueraufgabe. Das Gesetz dient der Erfüllung dieser Daueraufgabe, und es soll deswegen unbefristet in Kraft treten.
Die Mittel für die Erwachsenenbildung sollen ab dem Jahr 2018 um circa 1,2 Millionen Euro erhöht werden, sofern der Landeshaushalt 2018/2019 entsprechende Mittel bereitstellt. Das ist ein Plus von rund 20 Prozent; derzeit haben wir in diesem Bereich 6,7 Millionen Euro verankert. Konkret heißt das dann, dass Volkshochschulen und freie Träger zusätzlich 30.000 Euro pro Einrichtung für Personal- und Sachkosten erhalten würden. Ich verweise aber ausdrücklich darauf: Damit ist bei Weitem noch nicht der Gesamtbedarf gedeckt. Das kann sich jeder vor Augen führen, der einmal mit Erwachsenenbildnern spricht. Zum anderen übergeben wir diese Aufgabe natürlich an den Haushalts
gesetzgeber in der Blickrichtung auf den Haushalt 2018/2019.
Die Novellierung des Thüringer Erwachsenenbildungsgesetzes erfolgte in enger Zusammenarbeit mit dem Landeskuratorium für Erwachsenenbildung. Seit dem Januar 2015 – also nachdem entschieden worden ist, dass man das alte Gesetz noch einmal verlängert – hat eine Arbeitsgruppe dazu getagt und einvernehmliche Vorschläge erarbeitet. Deswegen möchte ich ganz herzlichen Dank für die konstruktive Zusammenarbeit sagen. Auf der einen Seite waren das die Volkshochschulen, auf der anderen Seite die freien Träger der anerkannten Einrichtungen in der Erwachsenenbildung und zum Dritten ganz persönlich Herr Prof. Dr. Schäfer von der Ernst-Abbe-Hochschule in Jena.
Durch die Begleitung, durch das Zusammenwirken konnte ein Gesetzentwurf erarbeitet werden, den Frau Staatssekretärin Ohler dem Landeskuratorium für Erwachsenenbildung am 15. September vorgestellt hat und der nun den Landtag erreicht. Das Kabinett hat den Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Erwachsenenbildungsgesetzes beschlossen. Ich bitte darum, dass dieser Entwurf konstruktiv und zügig miteinander beraten wird. Wir brauchen eine starke Erwachsenenbildung und mit diesem Gesetz sorgen wir dafür, dass Erwachsenenbildung in Thüringen weiterhin leistungsstark bleibt. Ich bitte um Zustimmung nach Beratung des Gesetzentwurfs.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach dieser qualifizierten Begründung des Antrags möchte ich gern zum Punkt I aus dem Antrag Bericht erstatten und auf einige Dinge aus dem Punkt II eingehen. Vielleicht ist es ganz gut, dass ein Sonderplenum zu Beginn eines Schuljahrs stattfindet, dass man einmal sehen kann, wie die Situation ist, wer wofür Verantwortung trägt, wer sich in den Maschinenraum dieses Landes begeben hat, um die Maschinen wieder zum Laufen zu bringen und wie das alles weitergehen soll.
Zum Ersten möchte ich einige Dinge zur Personalüberleitung in den Horten sagen. Ich sage Ihnen, die Personalüberleitung in den Horten ist ein Erfolg.
Seit dem 1. August sind 1.091 Erzieherinnen und Erzieher in den Landesdienst gewechselt.
Sie sind als Kommunalbedienstete – übrigens zum großen Teil aus befristeten Arbeitsverhältnissen – in unbefristete Arbeitsverhältnisse beim Land übergegangen. Der Betrieb in den Horten ging und geht reibungslos weiter, keiner blieb geschlossen, eingespielte Teams in den Grundschulhorten blieben zusammen, Eltern mussten nicht um die Betreuung ihrer Kinder bangen und die Kinder werden weiterhin nach der Schule und vor der Schule in vertrau
ter Umgebung betreut. Alle Unkenrufe, die es vorher gab, sind damit ad absurdum geführt.
Die Überleitung von über 1.000 Erzieherinnen und Erziehern in wenigen Wochen war ein gewaltiges Mammutprojekt, welches uns gelungen ist. Jahrelang hatten die Erzieher in den Horten im Erprobungsmodell befristete Arbeitsverträge. Immer wieder gab es Unsicherheit, die übrigens auch immer wieder ausgesprochen worden ist. Offensichtlich hat man das völlig vergessen. Wir haben dafür gesorgt, dass die von den am Modellprojekt beteiligten Schulträgern eingestellten Erzieherinnen und Erzieher endlich einen festen Vertrag bekommen.
Da ich im Land recht viel unterwegs bin, haben auch mir Leute von ihrem Schicksal erzählt, mit 8-jährigen immer wieder befristeten Arbeitsverträgen. Das nennen Sie also anständige Arbeitsverhältnisse und unsere Überleitung in den Landesdienst in unbefristete Arbeitsverträge nennen Sie unanständig. Sie sollten Ihren Realitätssinn überprüfen.
Die Überleitung der Erzieherinnen und Erzieher ist im Vorgang so erfolgt, dass der bisherige Stellenumfang erhalten blieb; nicht mit der Rückstufung auf 50 Prozent – übrigens haben wir die 50-Prozent-Regelung bei den Erzieherinnen und den Erziehern in den Horten auch nicht eingeführt – und ohne dass der Jahresurlaub verfallen ist, ohne dass die Erfahrungsstufen verloren wurden und ohne dass die Stufenrestlaufzeit in den Wind geschlagen werden musste. Und wir haben dafür gesorgt, dass die Hortkoordinatorinnen ihre Aufgabe behalten und in den Schulämtern zur Verfügung stehen. Damit sind gleichberechtigte Bedingungen an den Grundschulhorten im ganzen Land gesichert worden.
Klar war das ein Kraftakt. Das haben wir nie verschwiegen. Das ist in mehreren Debatten im Plenum und auch im Ausschuss zum Ausdruck gebracht worden. Aber ich gestatte mir noch einmal, auf das Jahr 2008 zurückzuweisen. 2008 haben Sie das Erprobungsmodell eingeführt und es ging nicht um pädagogische Konzepte. Es ging damals um den Rest des Vorhabens um Ministerpräsident Althaus, mit der Familienoffensive eine völlig andere Familien- und Bildungspolitik zu gestalten. Viele haben damals dagegen protestiert und demzufolge ist die Frage gewesen, wie sich diese Koalition dazu verhält. Verbunden war es übrigens damals noch mit dem Trick, dass man mit der Kommunalisierung der Erzieherinnen und Erzieher in den Horten das Spiel von rechte Tasche, linke Tasche betreibt und diese Erzieherinnen aus dem Landesdienst entfernt, weil sich so die Personalsituation besser darstellt, aber natürlich die Aufgabe da ist und vor Ort geleistet werden muss und demzufolge die Situation so war, dass diese Erzieherinnen und Erzieher
im Personalbudget auf der kommunalen Seite zu Buche schlugen. Das ganze Erprobungsmodell – und das ist auch benannt worden und Sie wissen es, und auch Sie, Herr Emde, wissen es, wir haben in früheren Zeiten oft darüber gesprochen – war nicht bis zum Ende durchdacht.
Rechtlich stand es auf tönernen Füßen, ich verweise an der Stelle nur auf das Schulgesetz. Im Schulgesetz ist ausgedrückt, dass Beschäftigte in den Horten im Landesdienst sein müssen. Und auch die Vorgängerregierung wusste schon, warum sie die Finger davon gelassen hat. Wir haben es angepackt. Wir haben eine Lösung gefunden. Zugegeben, sie war nicht einfach. Wir haben sie uns wahrlich errungen und wir haben die Thüringer Horte an den Grundschulen zukunftsfest gemacht. Nun beginnt der nächste Schritt, die guten Erfahrungen aus dem Modellversuch fortzuschreiben und die entsprechenden ganztägigen Angebote übrigens – ich hoffe, dass der Landesgesetzgeber dann mitgeht einschließlich der Oppositionsfraktion CDU – auch auf die Klassenstufen 5 und 6 zu erweitern. Das zum Punkt I.
Zum Punkt II: Wir haben auch das Berufsschulnetz zukunftssicher gemacht. Über Jahre und Legislaturperioden hinweg sind im Berufsschulbereich aus verschiedenen Gründen Entscheidungen verschleppt worden. Seit dem Schuljahr 2000/2001 haben wir es mit einer Halbierung der Schülerzahlen an den Berufsschulen zu tun und das war auch abzusehen. Das kam nicht über Nacht.
Kinder, die nicht geboren werden, oder Kinder, die nicht im Land bleiben, die werden auch die Berufsschulen nicht besuchen. An den allgemeinbildenden Schulen hat sich das bereits deutlich gemacht. Nun frage ich: Haben Sie in den vielen Jahren Ihrer Regierungszeit – zum großen Teil, ohne dass Sie auf irgendeinen Partner Rücksicht nehmen mussten – darauf überhaupt einmal vorausschauend reagiert? Haben Sie sich einmal Gedanken gemacht, mit welchen Konzepten man dieser demografischen Entwicklung in Thüringen überhaupt entgegnen kann? Kann man sichern, dass in Zukunft, wenn sich die Bevölkerungsentwicklung derart gestaltet, auch im Bildungssystem, das Geld, das zur Verfügung steht, auch für die Qualität der Bildung eingesetzt werden kann? Sie haben die Augen zugemacht. Sie haben keine Konzepte aufgegriffen. Ich werde dann noch eines von Ihnen zitieren, das Sie selbst in Auftrag gegeben haben und nichts, null Komma nichts getan haben.
Es sind nicht immer die anderen. Ich stelle den Zustand fest, in dem ich die Situation zum ersten Mal selbst steuern konnte. Wir haben in Thüringen an den berufsbildenden Schulen die teuerste Ausbildung. 6.200 Euro geben wir pro Kopf aus. Nun könnte ich sagen: Das ist gut so. Wir sparen nicht an Bildung, wir wollen dieses Geld auch ausgeben. Aber wenn man die teuerste Berufsausbildung hat und die entsprechenden qualitativen Effekte nicht eintreten und wenn es Ausfall auch an den Berufsschulen gibt, wenn wir ein Viertel unterfrequentierte Klassen haben, wenn wir im Bereich spezifischer Fächer händeringend nach den Fachkräften suchen und wenn wir auf der anderen Seite eine zurückgehende Nachfrage nach dualer Ausbildung haben, dann muss man sich doch einmal überlegen, wie wir mit diesem Umstand umgehen. Da sage ich auch: Warum haben Sie das vorher nicht angepackt? Was ich als Erstes auf den Tisch bekommen habe, waren Bescheide zur Schließung zahlreicher Ausbildungseinrichtungen.
Diese Bescheide haben wir nicht unterschrieben. Wir haben in den verschiedenen Regionen in Thüringen mit unterschiedlichen Partnern einen einjährigen Diskussionsprozess in Gang gesetzt, und wir haben begonnen, strukturelle Entscheidungen, die wir treffen mussten, umzusetzen. Das eine, muss ich sagen, ist, dass wir darauf eingegangen sind, dass uns die Berufsschulen und übrigens auch die Kammern gesagt haben, dass sie einen mittelfristigen Planungsprozess brauchen. Auf diesen mittelfristigen Planungsprozess sind wir eingegangen. Mittelfristig haben wir zunächst definiert – und da haben wir sehr viel Zuspruch erfahren –, dass wir über zwei Ausbildungszyklen planen können. Das sind also zwei mal drei Jahre, die übliche Durchlaufzeit an der Berufsschule. Natürlich muss man dazu das Berufsschulnetz straffen. Wenn ich in dieses System eingreife, in Liebgewordenes, was viele Jahre funktioniert hat, aber eben nicht mehr die Effekte brachte, dann muss man damit rechnen, dass es an dieser Stelle schmerzhafte Eingriffe gibt und dass man für diese Eingriffe auch Begründungen finden muss, zum Beispiel dass ein Viertel unterfrequentierte Klassen unser Budget so belasten, dass an der einen Stelle die Qualität nicht ausreicht und auf der anderen Seite Lehrerinnen und Lehrer fehlen. Also mit „unterfrequentiert!“ meine ich jetzt nicht 15er-Klassen, das sind zum Teil Klassen mit unter zehn Schülerinnen und Schülern. Dann haben wir gesagt, bestimmte Berufe müssen wir in ihrer Ausbildung konzentrieren. Parallel dazu haben wir die Zuschussrichtlinie überarbeitet. Gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen haben wir uns über diese Zuschussrichtlinie verständigt, haben die Mit
tel dafür in den Haushalt 2016/2017 eingebracht. Diese Zuschussrichtlinie ermöglicht jetzt den jungen Leuten, dass dann, wenn der Weg zur Berufsschule länger ist, durch diese Zuschüsse die entsprechende Unterstützung gewährleistet werden kann. Wir haben zahlreiche Gespräche mit den Schulträgern vor Ort geführt. Wir haben positive Erfahrungen, von sehr vernünftigen Entscheidungen vor Ort bis hin zu Ablehnung unserer Entscheidung, gemacht und haben jetzt einen Zustand, dass wir die erste Stufe dieses Prozesses geschafft haben und dass wir demzufolge in die nächsten Jahre für zwei mal drei Ausbildungsperioden an den Berufsschulen diese Sicherheit haben. Interessanterweise wird mir das unterwegs auch immer wieder gesagt. Auch die Kammern sagen, dass das für sie ganz wichtig ist. Aber natürlich obenauf ist oft die Kritik des Zustands. Das verstehe ich. Aber eins darf man auch nicht machen: Man darf nicht durch die rosarote Brille schauen und dafür bin ich nicht bekannt. Aber man darf auch nicht die schwarze Brille aufsetzen und keinerlei Tatbestände mehr wahrnehmen, wo sich etwas verändert.
Dritter Sachverhalt – Klassenfahrten: Ich wiederhole es noch einmal, obwohl schon an vielen Stellen gesagt. Eigentlich macht mich die Debatte darum ziemlich wütend und eigentlich kann ich Ihnen nur sagen: Zahlreiche Schülerinnen und Schüler gehen auf Klassenfahrt, zahlreiche Beantragungen gibt es, Lehrerinnen und Lehrer gehen auf Klassenfahrt und an vielen Stellen dieses Freistaats gibt es dazu keine Diskussion, aber akzeptiert: Dort, wo es Probleme gibt, muss man sich diese anschauen. Jetzt weise ich auch noch einmal auf Ihre Erfahrungen aus vergangenen Legislaturperioden zurück: Lehrerinnen und Lehrer haben früher keine Dienstreisekosten erhalten.
Das verschlägt mir jetzt fast die Sprache. Aber da muss schon mehr kommen.
Die Lehrerinnen und Lehrer haben keine Dienstreisekosten bekommen. Wenn sie es versucht haben – und dazu hatten wir in der letzten Wahlperiode auch Petitionen –, wurde es abgelehnt oder ihnen wurde mit Druck gesagt, sie sollen bitte diese Dienstreisekosten nicht in Anschlag bringen, wenn sie auf Klassenfahrt gehen. Vor diesem Hintergrund muss man sich einmal überlegen – und das verstehe ich als Lehrerin sehr genau –: Ich gehe mit den Schülern auf Klassenfahrt. Ich übernehme die Verantwortung für 24 Stunden Dienstzeit rund um die Uhr, ich bereite diese Klassenfahrten pädagogisch vor – das findet im Unterricht statt, denn das ist Ler
nen am anderen Ort –, und ich bereite sie auch nach. Mein Dienstherr sagte mir damals: Schön, dass du das gemacht hast, aber Geld gibt es dafür nicht. Den Durchbruch gab es erst, als ein Gerichtsurteil dazu gefällt worden ist, und zwar hat das Bundesarbeitsgericht 2012 entschieden, dass das nicht so sein kann. Dann ist die Frage: Wie geht man wieder damit um? Wie geht man mit Dienstreisekosten um? Jeder, ob das die Fraktionen sind, ob das ein Unternehmen ist oder eine öffentliche Einrichtung, muss Dienstreisekosten planen. Mein Vorgänger Christoph Matschie hat da auch schon einmal geplant und hat versucht, das Thema in den Griff zu bekommen. Das Ende war: Das Geld ist gar nicht abgeflossen. Demzufolge haben wir gesagt, wir setzen einen Betrag – aber ich habe das schon in den Haushaltsberatungen gesagt – von 800.000 Euro, also mehr als das, was verbraucht worden ist, für Dienstreisekosten für Kolleginnen und Kollegen in den Haushalt ein. Dann muss man sich wieder überlegen: Wie macht man denn das?
Wenn wir das planlos gemacht hätten, wäre jeder Lehrer – wie übrigens auch in anderen Ländern – mit seinem Dienstreiseauftrag zum Schulamt gerannt, hätte den genehmigt bekommen oder nicht. Wir haben uns überlegt: Was sind Klassenfahrten? Wir haben nämlich auch die Rückspiegelung erhalten, dass viele dieser Fahrten letzten Endes den Zweck „Lernen am anderen Ort“ nicht bestimmt haben. Wir haben auch erfahren, dass es Fahrten gibt, in denen eine soziale Auslese erfolgte, weil wir nämlich die Dienstreisekosten regeln können. Das, was die Schüler für die Klassenfahrt bezahlen oder was begleitende Eltern für die Klassenfahrt bezahlen, das regeln wir nicht. Demzufolge haben wir gesagt: Wenn Klassenfahrt, dann muss das für jedes einzelne Kind oder für jeden Kursteilnehmer möglich sein. Es ist ein pädagogisches Konzept, welches dahintersteht, und das muss man in dem von Ihnen benannten „bürokratischen Monster“ auch regeln.
Demzufolge haben wir Klassenfahrten geregelt. Diese Aussage, dass Klassenfahrten ausfallen oder nicht ausfallen, weil irgendwelche Budgets gekürzt seien, ist falsch. Es ist einfach falsch.
Erstens reden wir über Dienstreisekosten; das ist Punkt 1. Zum Zweiten reden wir darüber, dass wir die Klassenfahrten als Teil des pädagogischen Prozesses in der Schule für alle Kinder betrachten wollen und auch müssen. Es finden zahlreiche Klassenfahrten statt.
Zur berühmten Blitzumfrage, was alles nicht stattfindet, habe ich mich auch kundig gemacht. Alle bis zum 30. April eingereichten Klassenfahrten sind bis zum 31. Mai genehmigt worden. Im zweiten Schritt wird man dann überlegen, inwiefern man Skilager und Chorlager unterstützt, welche Möglichkeiten man da hat. Aber wir reden von Klassenfahrten. Sie sagen ja auch immer: Die Klassenfahrten fallen aus und sind der Meinung, wir haben mit diesem Dienstreisetitel im Haushalt das System der Klassenfahrten kaputt gemacht. Falsch, sage ich Ihnen, völlig falsch. Wir sichern, dass Kolleginnen und Kollegen, wenn sie mit ihren Schülerinnen und Schülern auf Klassenfahrt gehen, diese Dienstreise abrechnen können und auch bezahlt bekommen, was sie an Aufwendungen für eine solche Dienstreise aus ihrer Tasche beisteuern.
Das ist das, was wir gemacht haben. Ihre Politik der Vergangenheit konnten wir dort nur korrigieren.
Vierter Punkt: Wir bringen auch mehr Lehrkräfte in die Schulen. Man kann viel darüber diskutieren, wie viele es sein müssten. Man kann auch darüber diskutieren, wie man die Vertretungsreserve stabiler machen kann. Gern, das können wir gern machen. Ich hoffe, Sie an der Seite zu haben, wenn wir den Doppelhaushalt 2018/2019 aufstellen. Frau Taubert schaut mich ganz neugierig an, sie wird dann sagen: Welche Schwerpunkte setzen wir? Wenn wir das machen, können wir etwas anderes nicht machen. Das wird das politische Ausstreiten sein. Gern, ich kann nur sagen: Aus der fachpolitischen Sicht haben Sie mich da völlig an Ihrer Seite.
Jetzt wird natürlich in den Medien gesagt – völlig zu Recht: Thüringen hat die ältesten Lehrer. Richtig.
Sie sind übrigens nicht seit vorigem Jahr zu diesem Jahr oder unter Rot-Rot-Grün unter besondere Alterungsstufen gekommen. Sie sind tatsächlich – wie Sie und ich – jedes Jahr ein Jahr älter geworden. Wenn man also jahrelang nicht einstellt und eine mittlere Lehrergeneration in den Lehrerzimmern völlig fehlt, dann kann ich nur feststellen: Dann haben wir es eben mit älteren Kolleginnen und Kollegen zu tun. Eines sage ich Ihnen auch: Die Diffamierung dieser Kolleginnen und Kollegen, nur weil sie älter sind, lasse ich auch nicht zu.
Sie bringen einen Erfahrungsschatz in die Schule. Aber aufgrund Ihrer verfehlten Einstellungspolitik konnten sie das nicht der nächsten Generation übergeben. Jetzt haben wir unter Rot-Rot-Grün
1.000 neue Kolleginnen und Kollegen in die Schulen gebracht – da fehlt eine gesamte mittlere Generation. Wer ein bisschen pädagogisch bewandert ist, weiß, dass die Altersmischung bei Lehrerinnen und Erziehern etwas ganz Wichtiges ist. Das hat etwas damit zu tun, dass junge Leute viel Esprit, viel Neues in die Schule bringen und die anderen mit Erfahrungen dagegensteuern.
Sie haben nicht eingestellt, eine mittlere Generation fehlt. Dass ein älterer Kollege, wenn er erkrankt, durchaus einmal längere Zeit ausfallen kann, ist normal. Und dass unsere jüngeren Kolleginnen und Kollegen jetzt in die Schule kommen und auch erst mal ein Baby bekommen und in die Elternzeit gehen, freut uns. Aber es bringt wieder die Situation, dass uns die konkrete Lehrerin oder der Lehrer – na gut, der wird nicht schwanger, das wäre dann für die Elternzeit …
Also Herr Emde, wenn ich das schaffe, dass Männer schwanger werden, also dann kann ich auch übers Wasser gehen.
Verstehen Sie das Problem? Wir stellen 1.000 neue Leute ein, jedes Jahr 500. Wir haben die Vertretungsreserve mit 100 mühsam miteinander ausgehandelt, damit wir die Vertretungsreserve sichern können. Wir haben in diesem Bereich auch befristete Arbeitsverhältnisse erschlossen. Befristete Arbeitsverhältnisse sind nicht meine Lieblingsarbeitsverhältnisse, aber sie waren das, was wir im Moment ermöglichen konnten. Vor diesem Hintergrund haben wir die Situation in den Lehrerzimmern, so wie sie ist, mit hoch engagierten Kolleginnen und Kollegen, mit wahrscheinlich hoch motivierten Schülerinnen und Schülern am heutigen ersten Schultag und aufgeregten ABC-Schützinnen und Schützen für das Wochenende. An vielen Stellen gibt es sehr gute Bedingungen und Erfahrungen. Demzufolge muss man immer wieder darüber nachdenken, wie ich selbst mit dem, was ich tue, dafür arbeite, dass das Bildungsklima ein gutes Bildungsklima ist.
Jetzt kommt erst einmal der Verweis auf ein Gutachten, das die CDU unter ihrer Alleinregierung gemacht hat.
Ende der 90er-Jahre gab es das berühmte Gutachten „Entwicklung der Thüringer Regelschulen und Gymnasien“, Gutachten im Auftrag des Thüringer Kultusministers aus dem Jahr 1999. Dieses Gutachten hat offensichtlich das damalige Ministerium
in Auftrag gegeben, um hoffentlich – hoffentlich, kann ich nur sagen – vielleicht auch Handlungsoptionen abzuleiten. Was aber getan worden ist, ist nichts. In dem Gutachten – also die Jüngeren unter den Abgeordneten können sich das gern mal aus der Bibliothek holen, vor allem Herr Tischner, weil der das damals noch gar nicht so sehen konnte – steht, dass sich die Probleme aufgrund der demografischen Entwicklung verschärfen werden, die Schülerzahlen zurückgehen werden, es in den Lehrerzimmern Überalterung geben wird, es schrumpfende Schulen geben wird. Das steht dort alles schwarz auf weiß. Dann ist in dem Gutachten nachzulesen: Die Umbrüche, die uns jetzt bevorstehen – das heißt, am Beginn der 2000er –, stehen den 1990ern in nichts nach. Nun frage ich, was ist dann eigentlich gemacht worden? Was ist dann gemacht worden?
Da bin ich ja mal gespannt. Die Studie ist 17 Jahre alt. 15 Jahre lang hatten wir überhaupt nichts daran zu regeln und jetzt fangen wir an – ich hatte es eingangs gesagt –, die demografische Entwicklung zu berücksichtigen: Veränderungen in Lehrerkollegien, Klassenfahrten werden letzten Endes als Dienstreisen betrachtet, die Berufsschulnetzplanung haben wir gestrafft. Da sage ich: Das ist ein Schritt, den wir in die richtige Richtung gegangen sind. Der Weg ist allerdings trotzdem noch lang, denn wenn man jahrelang versäumt hat und nichts gemacht hat und dann genau – und ich nenne ihn noch mal – diesen Maschinenraum betritt und schaut, wie die Maschinen dastehen und wie sie verwahrlost dastehen,
dann kann man nur anfangen und versuchen, das wieder ins Laufen zu bringen. Wenn Herr Emde in Richtung Christoph Matschie ruft – vermute ich jedenfalls –, ich würde den …
Ich würde durchaus auch einräumen, dass ich um Christoph Matschies Ringen mit dem Finanzministerium weiß, die Stellen zu bekommen. Erst im letzten Jahr ist da mehr gelungen, als man es sich überhaupt vorstellen konnte.
Demzufolge kann ich zurückblickend auf das, was ich bisher benannt habe, nur sagen: Wir haben die Hortkommunalisierung geschafft, das Berufsschulnetz gestrafft, wir haben 1.000 Kolleginnen und Kollegen eingestellt, wir haben mit der Vertretungsreserve einen wichtigen Schritt getan – wir haben den Weg in die richtige Richtung eingeschlagen.
Eine Bemerkung gestatte ich mir auch einmal: Ich dachte ja, dass der CDU die freien Schulen auch besonders am Herzen liegen.
Aber Sie haben ein Gesetz gemacht, da waren wir an dieser Entscheidung noch nicht beteiligt, welche dem Urteil des Thüringer Verfassungsgerichts nicht standhielt. Also auch hier mussten wir nachbessern und ein neues Gesetz machen und jetzt behaupten Sie tatsächlich, wir hätten dort die Mittel gekürzt. Also wer das sagt, der hat offensichtlich den Haushaltsplan noch nicht einmal aufgeschlagen, geschweige denn die Zahlen, die darin stehen, verstanden. In einem Ringen um die sogenannten Schülerkostenjahresbeiträge haben wir ein Budget festgelegt, welches im ersten Jahr für die freien Schulen zur Verfügung steht. Und mit dem Aufwuchs jedes einzelnen Schülers wird dieses Geld erstattet. In meinem Haushalt ist es die Position, die trotz der Planung mit zusätzlichen Kosten verbunden ist und wir geben gern jährlich zusätzlich zum Planansatz etwa 2 Millionen Euro in die freien Schulen, damit die Arbeit dort gut gesichert werden kann.
Nächster Punkt: Schulgesetz. Ja, wir wollen das Schulgesetz novellieren. Schule ist immer ein Spiegel der Gesellschaft. Gesellschaft verändert sich und Schule muss auf solche Veränderungsprozesse eingehen. Und weil das Thema „Inklusion“ zum Teil so negativ diskutiert wird, verweise ich noch einmal auf einen Konsens, den gab es auch einmal hier im Haus: Über das Recht der gemeinsamen Beschulung von Menschen mit und ohne Beeinträchtigung haben sich bereits 2008 die Vereinten Nationen verständigt. Und die Bildungsministerien in allen Bundesländern setzen diese Behindertenrechtskonvention um – unterschiedlich und auch in unterschiedlichem Tempo. 2013, in der letzten Legislaturperiode, wurde dem Thüringer Landtag der Entwicklungsplan „Inklusion“ vorgelegt. Alle Fraktionen haben zugestimmt! Alle Fraktionen haben diesem Entwicklungsplan „Inklusion“ zugestimmt. Und wir gehen mit der Überarbeitung des Schulgesetzes nun den nächsten Schritt. Übrigens, fast alle anderen Bundesländer haben inzwischen ein solches Schulgesetz. Wir sind dort nicht Vorreiter, obwohl
wir im Gedanklichen einmal eine Vorreiterrolle gespielt haben. Übrigens auch in dem, was wir an Fortbildungen angeboten haben. Aber dieser Prozess ist in dem Tempo nicht mehr vorangeschritten. Das nun zu überarbeitende Schulgesetz wird in einem breiten Abstimmungsprozess entwickelt. Auch das habe ich an vielen Stellen gesagt.
Die erste Ebene war der Beirat „Inklusive Bildung“ mit der gemeinsamen Abstimmung eines Eckpunktepapiers mit Zielvorstellungen für Inklusion und dann dem Versprechen meinerseits, aus dem gesamten Prozess Tempo herauszunehmen. Inklusion ist ein Generationsprojekt. Das dauert. Viele sagen, Inklusion beginnt im Kopf. Und wenn im Kopf verstanden wird, was ich damit meine, dann kann ich auch die entsprechenden Schritte, in unserem Fall für das Schulgesetz, ableiten. Wir wollen in dem Schulgesetz diesen inklusiven Gedanken verankern. Aber wir wollen uns auch ausreichend Zeit nehmen und wir wollen die Erfahrung der unterschiedlichen Partnerinnen und Partner in diesen Prozess einfließen lassen.
Aber es muss uns klar sein, dass das Verabschieden, wie manche jetzt sagen, wir sollen uns von diesem Thema verabschieden, das Verabschieden des Gedankens der Inklusion ist, und das kann ich Ihnen sagen, das machen Sie mit mir nicht! Da müssen Sie sich schon woanders einen Partner suchen.
Und wir planen auch keine Eingriffe. Sie unterstellen uns immer, wir greifen da in irgendwelche Situationen ein. Ich weiß sehr wohl: Schule braucht Kontinuität, braucht Erfahrung, braucht Augenmaß. Demzufolge müssen solche Prozesse auf möglichst breiter Basis miteinander vereinbart sein. Und da wünsche ich mir schon, wir hatten das in früheren Jahren durchaus auch einmal in einer Enquetekommission, dass man sich auf die unterschiedlichen Sichtweisen verständigt, dass man auch einmal selbstkritisch zurückblickt: Was hat man selbst verbockt? Was hat man heute in das System einzubringen und wo sind die Schnittmengen, wo man gemeinsam etwas verändern kann? Das wünschte ich mir. Leider ist Ihr Antrag dazu nicht geeignet.
Eine weitere Bemerkung: Beförderungsstau: Wahrscheinlich gab es bei der Entstehung des Antrags eine Art „To-do-Liste“: Was haben wir alles nicht gemacht und was binden wir jetzt der neuen Regierung ans Bein? Beförderungsstau. Der aktuelle Beförderungsstau an den Schulen – wo ist denn der entstanden?
Fangen wir mal bei den Schulleiterbesetzungen an: Im Juni 2014 gab es noch 70 unbesetzte Schulleiterstellen, jetzt haben wir 46. Das heißt, Stück für Stück haben wir das abgetragen. Übrigens gibt es dort trotzdem immer einen Wandel, das hat auch etwas mit der Altersstruktur von Schulleiterinnen und Schulleitern zu tun, dass man natürlich immer wieder, wenn Schulleiter ausscheiden, in Besetzungsverfahren geht. Wir hatten jahrelang die sogenannten Versorgungsfälle, das waren diejenigen, die aus anderen Schulen kamen. Jetzt kommen wir in die Situation, dass wir auch andere einsetzen können, die vorher nicht Schulleiter waren. Ich habe im Hohen Haus des Öfteren berichtet, wie wir das auch qualitativ regeln. Aber ein Schulleiterversprechen kann ich nicht abgeben. Sie hätten das ja früher machen können, dann hätte ich auf die Erfahrung zurückgreifen können: Innerhalb von drei Monaten wird der Schulleiter besetzt. Warum haben Sie es denn nicht gemacht? Ich kann sagen, so schnell wie möglich, aber ich kann nicht sagen, innerhalb von drei Monaten, weil wir verschiedene Bedingungen, die schwierigsten sind zum Teil die Konkurrentenklagen, dabei berücksichtigen müssen.
Über Jahrzehnte hat es kein Beförderungskonzept gegeben. Der erste Schritt war dann: Wir hören mit der Verbeamtung auf. Als man verbeamtet hat, hat man die Kolleginnen und Kollegen nicht mehr befördert. Dann ging man wieder von der Verbeamtung weg. Das ist alles vor längerer Zeit passiert. Das Gesetz haben Sie damals verändert, das kann ich Ihnen auch sagen. Es ist also letzten Endes kein konzeptioneller Vorschlag da gewesen, also mussten wir uns etwas ausdenken, wie wir damit umgehen.
Übrigens: Die Folge solcher fehlenden Konzepte ist die ungeheuer große Klagefreude unserer Kolleginnen und Kollegen. Ohne Vorwurf! Die haben dann gesagt: Ich muss doch eine Möglichkeit bekommen, es muss doch möglich sein für mich, eine Beförderung zu erreichen. Mit jeder Gerichtsentscheidung wurde das schwieriger.
Wir haben es auf den Weg gebracht und die entsprechende Regelung, die entsprechende Laufbahnverordnung ist im Moment in der Ressortabstimmung. Da gab es zahlreiche Gespräche, dass wir künftig wenigstens – obwohl das ein großer Schritt wäre – diejenigen, die in der A 13 sind – das ist jetzt ein bisschen Fachchinesisch, ich sage es trotzdem mal – und die nächste Stufe durchlaufen müssten, um Schulleiter zu werden, in die Bewerbungsverfahren aufnehmen können – das nennt sich Sprungbeförderung –, damit die dann auf der 15 und 16 als Schulleiterinnen oder stellvertretende Schulleiter eingesetzt und eingruppiert werden können. Ich hoffe, dass wir das hinbekommen. Dazu gab es eine ganze Reihe von Gesprächen. Das ist Teil dieses Konzepts, wo wir sagen: Auch das Be
soldungsgesetz müssen wir in diesem Zusammenhang verändern.
Das heißt, man hat nichts vorliegen, es ist jahrelang nicht befördert worden, es gab keine Möglichkeit der Beförderung. Wir fassen das an, aber das soll dann falsch sein. Da kann ich nur sagen: Auch das ist falsch. Wir werden diesen Schritt gehen. Ich hoffe, wir bringen den zu einem guten Ende. Dann bekommen wir die Kolleginnen und Kollegen mit der berühmten A 13 in die Schulen, die haben ihre Qualifikationsphase 1 und 2 durchlaufen. Die wollen Schulleiterinnen und Schulleiter werden und sind in einem mittleren Alter. Die bekommen dann die Chance. Ich halte das für einen sehr guten Weg.
Zum Thema „Begabtenförderung“: Sie unterstellen uns, wir würden die Begabtenförderung zugrunde richten. Dies ist eine Unterstellung. Dass die Kommunalisierung der Spezialgymnasien nicht auf der Tagesordnung steht, sage ich jetzt zum hundertsten Mal. Wenn Sie es wollen, sage ich es auch noch zum hundertersten Mal. Die Spezialgymnasien sind Landesaufgaben, erfüllen überregionale Aufgabenstellungen und das ist bereits mehrfach öffentlich benannt und auch kommentiert worden und nun steht es wieder in dem Antrag. Es gibt auch keine Gebührenerhöhung als Schulgelderhöhung an den Spezialgymnasien. Was wir machen mussten, auch weil es vorher nicht gemacht worden ist, und was mehrfach kritisiert worden ist bis hin zum Rechnungshof, ist, dass wir die Verwaltungsaufwendungen für Unterkunft und Verpflegung in den Internaten an unseren Spezialgymnasien mit sozialer Staffelung anpassen mussten.
Im Endergebnis dessen, was wir dazu entschieden haben, bewegen wir uns immer noch im unteren Bereich der vergleichbaren Länder. Da kann ich Ihnen gerne einen Blick in die statistischen Jahrbücher empfehlen. Das heißt, wir haben gut aufgestellte Sportgymnasien, das Musikgymnasium und das Sprachengymnasium. Wir haben ein System an Begabtenförderung in Thüringen, wir haben Spezialgymnasien für einzelne Fachbereiche, wir haben bilinguale Züge, wir haben Module an den Gymnasien, Korrespondenzzirkel und Camps für Kinder mit besonderer Begabung und vieles mehr. Bei uns beginnt die Begabtenförderung bei den „Häusern der kleinen Forscher“ in den Kindergärten, die jedes Jahr bessere Ergebnisse auf den Weg bringen oder in den Schülerforschungszentren, wo wir in Zusammenarbeit mit dem Haus von Minister Tiefensee als einziges Land ein Netz von Schülerforschungszentren aufgebaut haben. Aus der positiven Erfahrung in Erfurt gab es in Zusam
menarbeit mit der Stiftung in unseren beiden Häusern die Idee, ein Netz aufzubauen.
Dieses Netz hat jetzt in Jena eine Stelle, in Gera eine Stelle und in Nordhausen und in Ilmenau helfen uns die Hochschulen dabei, dieses dichte Netz in einem kleinen Land aufzubauen. Im vergangenen Jahr sagte der Bundesverband, man hat das als außerordentlich positive Entwicklung in Thüringen betrachtet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, junge Leute sollen die besten Möglichkeiten haben, in ihrem Heimatland – egal, wo sie herkommen –, dort, wo sie wohnen und aufwachsen, die besten Bedingungen für ihre Bildung zu haben. Das betrachten wir als linke Bildungspolitik. Das gilt für die gezielte Förderung, das gilt für die Förderung derjenigen, die ein Handicap haben, das gilt aber auch für diejenigen, die mit besonderer Begabung und mit besonderer Befähigung ihre Laufbahn beschreiten wollen. Das ist gut für unser Land und es wird von außen übrigens auch so wahrgenommen.
Ich weiß natürlich, wenn wir das halten wollen, müssen wir uns alle ganz sehr anstrengen und viel Kraft in dieses System geben, Kraft, Zeit und Geld. Und wenn wir in diesem Jahr noch pro Bewerberstelle, also pro Stelle, die wir im Lehrerbereich ausgeschrieben haben, über sechs Bewerberinnen und Bewerber hatten, also Menschen, die sich darauf beworben haben, dann blicke ich in mein Nachbarland Sachsen, wo es zahlreiche Quereinsteiger geben musste, um diese Stellen zu besetzen. Mir ist sehr gut bekannt, es fehlen uns für verschiedene Fachkombinationen die Lehrerinnen und Lehrer. Wir haben mehr Lehrer, die ein gymnasiales Lehramt anstreben, brauchen sie aber in den Regelschulen. Wir brauchen im Bereich der Förderschulpädagogik viel mehr Kräfte, die wir in unseren Schulen einsetzen können. Wir brauchen insbesondere in den sogenannten großen, also in den Mehrstundenfächern Kolleginnen und Kollegen. Das ist das, wo ich wirklich jedem recht gebe. Wir müssen uns natürlich dazu verständigen. Wie gehen wir mit dem Thema um und holen die Kolleginnen und Kollegen in die Schulen? Aber wir haben auf der anderen Seite auch zwei Einstellungstermine, weil vorhin der Mai benannt worden ist. Wir stellen im Februar schon einmal ein. Trotzdem, sage ich, bin ich bereit, über alles nachzudenken und übrigens auch über die Frage von Quereinsteigern und habe angekündigt, dass ich mich an meine ostdeutschen Kolleginnen und Kollegen, die mir alle die gleiche Situation berichten, egal, wie ihre Parteibücher aussehen, wenden werde, dass wir in einen Erfahrungsaustausch treten, dass es uns nichts bringt, uns gegenseitig die Butter vom Brot zu nehmen, sondern zu sagen, Lehrerberuf, das ist etwas Schö
nes. Wie es übrigens heute in der TA steht – Frau Keller hat mir die Zeitung mitgebracht – von den zwei jungen Leuten, die ins Gymnasium und in die Grundschule kommen, weil wir dort über 60 Kolleginnen und Kollegen einstellen konnten und die sich freuen und sagen, das ist der schönste Beruf, den man überhaupt ergreifen kann. Dort müssen wir gemeinsame Anstrengungen vornehmen. Ich habe keine Lust, Ihnen jahrelang nachzuweisen, was Sie in den vergangenen Jahren versäumt haben. Was ich auch zurückweise, ist, dass Sie mir und uns immer wieder sagen, wir hätten die Probleme verursacht, die in der Vergangenheit als Problemlagen angelegt worden sind. Respektvoller Umgang – und das erwarte ich auch von einer Opposition – heißt, wir legen unsere Vorschläge auf den Tisch. Wir gehen davon aus, wir wollen das gute Bildungsland Thüringen bleiben. Wir haben gute Ergebnisse und wenn wir sie halten wollen, dann ist das unsere gemeinsame Anstrengung, weil zum Funktionieren einer demokratischen, einer gut gestalteten Gesellschaft Bildung das Wichtigste ist.
Weil wir frühzeitig anfangen, sage ich jetzt einmal ausdrücklich, auch weil es da so sehr viele Diskussionen darum gibt, wir bringen das beitragsfreie Kindergartenjahr mit dem Doppelhaushalt 2018/ 2019 auf den Weg.
Wir haben gesagt, das Landeserziehungsgeld wird dafür eingesetzt. Dieses Landeserziehungsgeld wird für die Finanzierung eines beitragsfreien Kindertagesstättenjahrs eingesetzt. Wir sind im Gespräch und werden das auch noch bis zum Jahresende sehr transparent und öffentlich machen.
Wir haben auch im Koalitionsvertrag verankert, dass wir uns mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Trägern zusammensetzen. Die müssen nämlich am Ende auch diese „Last“ davon tragen. Dass wir mit ihnen beraten, welches dieses Jahr sein soll. Aber es wird der Einstieg in Gebührenfreiheit im vorschulischen Bereich sein. Es wird ein gebührenfreies Kindergartenjahr geben und die Voraussetzungen werden wir gesetzgeberisch in unserem Haus und haushalterisch mit dem Doppelhaushalt 2018/2019 verankern. Wir sollten also wirklich über gute Bildung reden.
Auch die kleine Anmerkung gestatte ich mir noch: Wenn es darum geht, dass wir in bestimmten Bereichen die Frage von Verbeamtung auf der Tagesordnung haben – auch das hatte ich diese Woche in der Pressekonferenz und des Öfteren vorher schon gesagt – wir sind im Moment am Überlegen, wie wir dieses Modell, welches die Finanzministerin vorgelegt hat, umsetzen. Wenn man über Verbe
amtung spricht, kann man nicht nur die Worthülse in die Gegend prasseln. Dann muss man schauen, welche Konsequenz das hat, weil das dann nämlich für alle gilt. Verbeamtung macht man nicht nach Nase und es gibt auch immer wieder circa 50 Prozent, die sagen, wir brauchen das gar nicht. Wir werden uns zu allen Bedingungen verständigen, die in diesem Zusammenhang zu schaffen sind, auch dieses bis zum Jahresende 2016 zu Ende bringen, um dann für den Doppelhaushalt die entsprechenden Weichen zu stellen.
Schule braucht engagierte Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher. Ich gehe davon aus, und Sie können mir wahrlich nicht unterstellen, dass ich nicht viel unterwegs bin. Das wissen zum Teil auch die Kolleginnen der CDU-Fraktion. Wir haben uns des Öfteren getroffen und es gab auch Einladungen von ihnen, dass ich da sehr gut zuhören möchte und dass ich hochengagierte Kollegen vorfinde.
Zum Schuljahresbeginn 2016/2017 möchte ich meine Ausführungen damit abschließen, dass ich diesen Kolleginnen und Kollegen aus meinem ganzen Haus heraus und, ich glaube, auch im Namen der Landesregierung ganz herzlichen Dank sagen will. Sie sind die Engagierten, die unsere Jugend auf ihren weiteren Lebensweg vorbereiten und sie haben uns an ihrer Seite. Vielen Dank dafür!
Vielen Dank, Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich gestatte mir für die Landesregierung zu diesen beiden Anträgen noch einige Anmerkungen, möchte aber mit Folgendem beginnen: Das, was an Beleidigungen zahlreicher zivilgesellschaftlicher Akteure hier durch den Mund von AfD-Abgeordneten ausgesprochen worden ist, weise ich ausdrücklich zurück.
Ich möchte all denjenigen, die tagtäglich für Weltoffenheit, Toleranz und Demokratie stehen, meinen allerherzlichsten Dank sagen. Die Zeiten werden kritischer.
Besonders hat mich bewegt, was zum Thema „MOBIT“ gesagt wurde. Viele, viele Jahre stand Herr Nossen als Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde entweder als Vorsitzender oder als Stellvertreter des Vorsitzenden an der Seite von MOBIT, hat sich engagiert, hat im hohen Alter noch gekämpft. In dieser Art und Weise durch Abgeordnete des Thüringer Landtags eine ganze Institution zu diffamieren, halte ich für unglaublich!
Bitte nehmen Sie stellvertretend die Entschuldigung an und haben Sie Dank für Ihre Arbeit!
Ich möchte mich an die Fakten halten. Wir haben zwei Anträge vorliegen. Und offenbar gibt es nach wie vor trotz Pressekonferenz und Behandlung im Ausschuss Unklarheiten darüber, wie Projekte im Rahmen des Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit gefördert werden.
Die Mittel werden in Anwendung des Zuwendungsrechts auf der Grundlage von Förderrichtlinien ver
geben. Wir haben eine Förderrichtlinie dazu, darauf ist mehrfach eingegangen worden. Eine Ausschreibung ist bei einer Zuwendung nicht vorgesehen. Es können Projektanträge eingereicht werden und über die eingereichten Projekte wird dann im Programmbeirat entschieden. Alle wichtigen Informationen zur Förderrichtlinie finden potenzielle Antragsteller auf der Homepage des Landesprogramms, auch die Angaben zur Mittelvergabe sind dort nachzulesen. Das Landesprogramm arbeitet seit seinem Bestehen transparent. Alles andere hätten wir uns überhaupt nicht leisten wollen und können.
So ist das auch im Falle der Dokumentationsstelle gelaufen. Im April des Jahres 2016 hat die Amadeu Antonio Stiftung einen Projektantrag eingereicht. Dieser Antrag beinhaltete eine Konzeption für eine Dokumentationsstelle, die natürlich – das ist mehrfach gesagt worden – durch die Koalitionspartner von Rot-Rot-Grün auch im Koalitionsvertrag verankert worden ist. Ich erinnere an dieser Stelle noch einmal daran – es ist übrigens auch im Sonderausschuss benannt worden –: Es gab Gründe dafür, dass man ein solches Programm für Weltoffenheit, für Demokratie, für Toleranz eingerichtet hat. Es waren die gemeinsamen Überlegungen – ich werde dann noch einmal kurz darauf eingehen –, die aus den Schlussfolgerungen des Umgangs mit dem Nationalsozialistischen Untergrund entstanden sind. Da waren sich die Demokraten in diesem Haus einig. Ich danke insbesondere Frau Marx, die immer wieder aus dem Untersuchungsausschuss dieses Thema in die Öffentlichkeit bringt.
Die Einrichtung einer Dokumentationsstelle für Menschenrechte, Grundrechte und Demokratie haben wir dann im Koalitionsvertrag verankert und die Mittel dazu für den Doppelhaushalt 2016/2017 vorgesehen. Bis zur Antragsfrist der Förderrichtlinie, die auf der Homepage bekannt gegeben ist, lag kein weiterer Antrag für eine Dokumentationsstelle vor. Am 16. Juni des Jahres 2016 trat der Programmbeirat des Landes zusammen. Dem Programmbeirat übrigens zu unterstellen, er bestünde aus „ausschließlich im rot-rot-grünen Lager stehenden Einrichtungen“ ist eine grobe Unterstellung, um nicht zu sagen Unfug. Neben dem interministeriellen Arbeitskreis besteht er aus jeweils einem Vertreter der evangelischen Kirche, der katholischen Kirche, der Jüdischen Landesgemeinde, des Deutschen Gewerkschaftsbunds, des Verbands der Wirtschaft Thüringen, des Gemeinde- und Städtebunds Thüringen, des Thüringischen Landkreistags sowie je einem Vertreter der Bürgerbündnisse aus den vier Thüringer Planungsregionen. Madeleine Henfling hat das bereits in ihrem Beitrag benannt, ich sage es aber noch einmal ausdrücklich: Dieser Programmbeirat ist mit dem Programm eingerichtet worden und es hat keinerlei parteipolitische oder einseitige Ausrichtungen dabei gegeben. Man kann
über alles reden, da gebe ich Madeleine Henfling recht, zum Beispiel, ob man noch jemanden in diesen Programmbeirat hinzunimmt. Aber es ist ein Programmbeirat. Und übrigens hat auch nicht jedes Bundesland, welches ein ähnliches Programm hat, einen Beirat. Da wird zum Teil durch die Minister selbst entschieden.
In Thüringen ist es so und es ist auch in der Vergangenheit gute Sitte in Thüringen gewesen, dass der Programmbeirat, nachdem er dann getagt hat, also zusammengetreten ist und eine Entscheidung gefällt hat, dem zuständigen Minister oder der Ministerin vorlegt, welche Projekte gefördert werden sollen. Das ist in diesem Fall auch passiert. Und ich hatte und habe auch keinerlei Anlass, dem Votum des Programmbeirats nicht zu folgen. Ich finde, er hat an verschiedenen Stellen eine gute Entscheidung getroffen und ich sage auch: Die Entscheidung des Programmbeirats war ohne Gegenstimme, auch wenn man das wider aller Wahrheit öffentlich behaupten mag. Es ist falsch, dass es dort Gegenstimmen gab. Ich glaube, wenn es wirklich Gegenwind gegen eine solche Entscheidung gegeben hätte, dann hätte man durchaus auch den Mut der Akteure verspürt, diese Entscheidung deutlich zu machen.
Mit dem 1. August 2016 hat nun das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft – Thüringer Dokumentationsund Forschungsstelle gegen Menschenfeindlichkeit – die Arbeit aufgenommen. Sehr geehrte Damen und Herren, ein Aufgabenschwerpunkt des Instituts ist die Dokumentation und Erforschung von Aktivitäten in Thüringen, die sich gegen die Grundsätze der Verfassung richten. Dazu gehören – Sie benennen es im Antrag ganz richtig – neonazistische, rassistische, antisemitische, homophobe und antiziganistische Einstellungen. Das sind ziemlich viele Aspekte, durch Kommata voneinander geteilt. Wenn man es dann nachlesen kann, merkt man: Unterschiedliche Aspekte zeigen auch die Vielseitigkeit des gesamten Dokumentationsund Forschungsprojekts. Demzufolge frage ich: Woher kommt die Behauptung, dass das einseitig wäre? Möchte man hier ganz bewusst – und ich unterstelle es insbesondere der AfD – das Programm kaputt machen und die zivilgesellschaftlichen Akteure – schon wenn man den Begriff der Zivilgesellschaft kritisiert – in der Öffentlichkeit diffamieren und durch Wiederholung von Lügen und durch Wiederholung von Diffamierungsstrategien in eine Gesellschaft eingreifen, die letzten Endes das, was Steffen Dittes in seiner Rede sagte, als Grundprinzip „Die Wahrung der Würde des Menschen“ hat und infrage stellen.
Ich sehe in einer solchen gedanklichen Strategie eine große Gefahr und ja, Herr Brandner, das kann ich nicht verstehen und will es auch nicht verstehen!
Ich möchte nicht noch einmal in aller Ausführlichkeit darauf eingehen, was wir bereits im Sonderausschuss benannt haben und was auch durch meine Vorrednerinnen und Vorredner benannt worden ist. Zusammengefasst gehen wir davon aus, dass es gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit gibt. Nun kann man, Herr Dr. Voigt, eine lange Debatte dazu führen, was das ist und wie wir die Herkünfte auch im wissenschaftlichen Bereich benennen können. Das kann man tun. Wir haben es aber damit zu tun und das haben wir auch ausdrücklich so begrüßt, dass wir, wenn man von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit redet, den Begriff oder das Verständnis dahinter sehen, dass man, wenn Menschen wegen ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrer Lebensweise oder ihrer sonstigen Gruppenzugehörigkeit als minderwertig wahrgenommen werden, dagegen etwas tun muss. Das ist ein ziemlich verständliches Verfahren und ich denke, dass das in einer wissenschaftlichen Dokumentations- und Forschungsstelle durchaus gut angesiedelt ist.
Was ich überhaupt nicht verstehe, Herr Bühl, ist, dass Sie sagen: Wie soll dort das Datensammeln veröffentlicht werden? Ich gehe erstens davon aus, dass Sie wissen, dass wissenschaftliche Daten immer veröffentlicht werden. Das habe ich Ihnen auch des Öfteren schon gesagt und ich hoffe dabei, dass Sie nicht von Ihren Erfahrungen aus Ihrem früheren Beruf auf eine solche Stelle schließen!
Übrigens möchte ich mir durchaus ein Wort zu der Frage gestatten, die des Öfteren im Raum stand, der Frage nach dem Umgang mit der Ideologie des Islamismus. Hier verweise ich auf den Sozialwissenschaftler Matthias Quent, der seit 1. August Direktor des Instituts ist – das ist hier schon in ausreichendem Maße erörtert worden – und der schon vor längerer Zeit deutlich gemacht hat – auch das ist zitiert worden, ich wiederhole es gern –, dass es um Strategien zur Reduzierung von Ungleichwertigkeit geht. Dort muss man Strategien auf der Grundlage von Beobachtungen des gesamten gesellschaftlichen Spektrums entwickeln, nicht im Verborgenen, sondern in der tatsächlichen wissenschaftlichen Dokumentation. Also kann doch keinesfalls die Frage danach gestellt werden, ob das Institut
einseitig arbeitet. Ich glaube, ich habe einige Belege für das Gegenteil des Ganzen gebracht.
Das Institut arbeitet übrigens auch sehr eng mit Kooperationspartnern wie dem Landeskriminalamt und dem Thüringer Innenministerium zusammen. Wir haben im Ausschuss auch darüber gesprochen, dass die Datenschutzbestimmungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft schon dadurch akzeptiert werden, dass die Amadeu Antonio Stiftung an großen bundespolitischen Forschungsprojekten beteiligt ist. Auch im Ausschuss waren übrigens die Vertreter des Thüringer Datenschutzbeauftragten anwesend und dort ist noch einmal gesagt worden – ich wiederhole es gern noch einmal öffentlich –, dass es auch eine Zusammenarbeit mit dem Datenschutzbeauftragten gibt, um hier keine Möglichkeiten der Gefährdung des Datenschutzes zuzulassen.
Die Amadeu Antonio Stiftung zeichnet sich durch eine umfassende Erfahrung über viele Jahre aus. Immerhin hat sie seit ihrer Gründung bundesweit etwa 1.000 Projekte mit 300 Kooperationspartnern und über ein breites Netzwerk realisiert. Zu den Kooperationspartnern gehören die Bundeszentrale für politische Bildung, die Theodor Heuss Stiftung, der „Stern“, „Die Zeit“, und ein Löwenanteil fällt auf die Zusammenarbeit mit der Bundesregierung und die Förderung durch die Bundesregierung. Demzufolge frage ich: Woher kommt das Misstrauen? Der Amadeu Antonio Stiftung geht es um die Stärkung der Zivilgesellschaft. Der kritische Blick auf Missstände geht da in alle Richtungen. Ein Augenmerk liegt auch auf der Bekämpfung des Antisemitismus, und ich habe es schon gesagt: Auch die Aufklärung über verschiedene Fragen des Umgangs mit Gefährdungen von Demokratie und Weltoffenheit sind im Programm verankert.
Ich möchte auch exemplarisch auf zwei Dinge hinweisen: Ende 2015 wurde im Rahmen des Landesprogramms – also unter der Arbeitszeit von RotRot-Grün – eine „Beratungsstelle Islam“ eingerichtet, die neben Angeboten zur Prävention von Muslimfeindlichkeit auch – und ich halte das für ganz wichtig – ein Erstangebot für Eltern und Angehörige von Jugendlichen vermittelt, wo sich Eltern und Jugendliche, die vermuten, dass sich ihre Kinder, ihre Jugendlichen dem gewaltorientierten Islamismus zuwenden könnten, beraten lassen können. Dort braucht es Beratung, dort braucht es Unterstützung. Bis jetzt wurden in diesem Jahr bereits 20 Fortbildungsangebote in den Themenkomplexen Islamophobie, Islam und Radikalisierung durchgeführt. So weit zu der Frage dazu, was wir an sich überhaupt nicht in den Blick nehmen.
Auf die Frage, wer denn diese Möglichkeiten des Programms in Anspruch nimmt, möchte ich ausdrücklich auf eine Veranstaltung zum Thema „Extremismus vorbeugen“ verweisen. Da wurden Refe
renten des Thüringer Verfassungsschutzes eingeladen und die Konrad-Adenauer-Stiftung, und Veranstalter und Antragsteller war damals der Kreisverband der Jungen Union Gotha. Man sieht also, auch diese Möglichkeit besteht. Das Programm ist überparteilich angelegt und das muss auch so sein.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich möchte noch einmal daran erinnern: Alle in der vergangenen Legislaturperiode im Landtag vertretenen Parteien haben das Landesprogramm gemeinsam auf den Weg gebracht. Im Leitbild des Landesprogramms heißt es: „Die Thüringer Landesregierung, die im Thüringer Landtag vertretenen Parteien und alle an der Erarbeitung des Programms Beteiligten stehen für ein tolerantes, weltoffenes und demokratisches Thüringen. Vor diesem Hintergrund wenden sie sich gegen jede Form von Extremismus und gegen Gewalt als Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele.“ Weiter heißt es: „Dies vor allem auch deshalb, weil damit verbundene Einstellungen sich nicht mehr nur am Rand der Gesellschaft abbilden.“ – Ich kann mich an zahlreiche Namen von Abgeordneten erinnern, die heute noch hier im Landtag sitzen, die sich engagiert für ein solches Programm eingesetzt haben. Ich denke aus meiner Vorgängerzeit auch an die Präsidentin Frau Diezel; Frau Lieberknecht schaut mich jetzt gerade so an, wo wir immer diesen Grundkonsens der Demokraten miteinander herstellen konnten. Wenn man sich die Zeit heute betrachtet und wenn man die Übergriffe auf Flüchtlingsheime, übrigens auch auf Abgeordnetenbüros, auf Einrichtungen der Zivilgesellschaft anschaut und sieht, dass sich diese etwa verfünffacht haben, dann frage ich uns alle: Was können wir dringender denn je heute gemeinsam als Demokraten tun?
„Der Schutz von Demokratie und Freiheit beginnt mit dem Schulterschluss der Demokraten.“ So formuliert es die gemeinsame Erklärung aller Landtagsfraktionen im September 2009, wortgleich steht dieser Satz noch einmal im Leitbild des Landesprogramms, welches 2009 auf Basis der zitierten Erklärung im Konsens aller Landtagsfraktionen entstanden ist. 2016 sind die Gefährdungen unserer demokratischen Kultur durch Rechtsradikale, durch Intoleranz, durch Menschenfeindlichkeit und übrigens auch durch die Wirkungen von hate speech größer geworden. Heute ist es sogar noch wichtiger denn je, dass wir zusammenstehen, dass wir geschlossen diese gemeinsamen demokratischen Grundwerte leben und vertreten. Wir wissen, dass die Angriffe auf uns größer geworden sind, die Gefährdungen höher und die Gesellschaft fragiler. In diesem Sinne ist es heute manchmal nicht nur unbequem, sondern manchmal sogar gefährlich, wenn man gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit eintritt.
Die Opferberatung ezra, eines von vielen wichtigen Projekten des Landesprogramms, zählte in der ersten Jahreshälfte 2016 eine Verdopplung rechter Übergriffe in Thüringen im Vergleich zum Vorjahr. Ich sage Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Kolleginnen aus den Ministerien und liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter der Zivilgesellschaft: Wir müssen gemeinsam Verantwortung übernehmen, damit sich diese fragile Situation, diese Gefährdung von Demokratie nicht vertieft. Wir haben die Verantwortung und dazu braucht es den Schulterschluss der Demokraten, weil die Würde des Menschen unantastbar ist. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten, Leistungsbeurteilung erschöpft sich nicht in Ziffern und auch nicht in Behauptungen. Behauptungen werden auch nicht wahrer, wenn es falsche Behauptungen sind und man sie wiederholt.
Ich danke Ihnen ganz herzlich für die Gelegenheit, in der Aktuellen Stunde kurz zu der Frage der Bilanz von rot-rot-grüner Bildungspolitik Stellung nehmen zu können, und möchte das in zehn Punkten unterstreichen.
Der große bundesweite Zeugnistag für die Bildungspolitik fand in der vergangenen Woche statt: Die Kultusministerkonferenz hat den Bildungsbericht 2016 veröffentlicht, übrigens auch bis an das Jahr 2016 heranreichend, also in die Zeit, in der Rot-Rot-Grün in Thüringen regiert. Auf einer breiten und objektiven Datenbasis zeigte er, wo wir im Ländervergleich stehen. Ein Ergebnis hat mich ganz besonders gefreut. Da geht es nämlich darum, welchen Risiken Kinder und Jugendliche in Deutschland ausgesetzt sind. Das sind insbesondere soziale Risiken. Neben dem Bundesland Sachsen sind wir in Thüringen das Land, welches am weitesten gegen solche sozialen Risiken gegensteuern konnte. Wir sind dort auf einem guten Weg und werden ihn weiter bestreiten.
Ganz stark ist Thüringen übrigens auch bei der Entwicklung der MINT-Fächer. Thüringer gehören zu den besten Schülern in Mathematik und in den naturwissenschaftlichen Fächern; auch das hat eine Vergleichsstudie der Kultusministerkonferenz inzwischen gezeigt. Seit meinem Amtsantritt habe ich das Thema in den Mittelpunkt meiner Aufmerksamkeit gestellt und zahlreiche Gespräche mit lehrerbildenden Einrichtungen und mit Lehrerinnen und Lehrern geführt, um diesen Arbeitsprozess zu forcieren, um auch künftig im lehrerbildenden Bereich für diesen Nachwuchs zu sorgen.
Thüringen ist übrigens auch in diesem Jahr das Land mit den besten Abiturienten – vielleicht hören Sie einmal zu, wenn Sie verschiedene Leistungsbewertungen für uns ansetzen –, der Notendurchschnitt der diesjährigen Abiturientinnen und Abiturienten beträgt 2,18 und 194 Abiturienten erreichten trotz schwieriger Mathematikprüfung ein Ergebnis von 1,0.
Die Zahl derjenigen, die mit einem sehr guten Abitur
von den Gymnasien gegangen sind, ist gegenüber dem Vorjahr leicht angestiegen. Unsere Schülerinnen und Schüler sind leistungsstark. Jetzt möchte ich mich gern dem Dank von meinen Vorrednerinnen anschließen, die die Leistungskraft und das Engagement der Kolleginnen und Kollegen in den Schulen würdigten. Einen ganz herzlichen Dank zum Ende dieses Schuljahrs an diejenigen, die als Lehrerinnen und Lehrer, als Erzieherinnen und Erzieher oder als Sozialpädagoginnen oder Sozialpädagogen unterwegs sind und hervorragende Arbeit leisten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Aktuelle Stunde fragt nach schlechten Zeugnissen für Rot-Rot-Grün. Ich frage auch, was Sie damit zum Ausdruck bringen wollen, denn Ihr Beitrag, Herr Tischner, hat nicht überzeugt.
Deswegen zum Ersten: Nehmen wir das Modellprojekt Hortkommunalisierung, welches Sie 2008 unter CDU-Regierung gestartet haben; Frau Rothe-Beinlich ist darauf eingegangen. Es gab kein Szenario, es gab keine Möglichkeit, wie man dieses Projekt beendet; keine Variante des Ausstiegs war vorbereitet, weder die vollständige Kommunalisierung noch die Rücküberführung an das Land. Als in der vergangenen Legislatur diese Frage immer noch nicht entschieden werden konnte, ist einfach das Provisorium verlängert worden. Wir konnten unsere Pädagoginnen und Pädagogen in den Horten nicht mehr weiter mit diesem Durchwursteln ihrem Schicksal überlassen.
Wir haben gehandelt, und zwar unter immensem Zeitdruck. Ich betone es noch einmal: Wir haben 1.000 Erzieherinnen und Erzieher mit einem sicheren, unbefristeten Arbeitsvertrag in den Landesdienst überführt. Wir haben den bisherigen Stellenumfang gesichert, wir haben gesichert, dass der Jahresurlaub nicht verfällt, und wir haben die Erfah
rungsstufen und die Stufenrestlaufzeiten übernommen. Wenn auch immer wieder behauptet wird, wir hätten die Beschäftigten mit Hochschulabschluss, die letzten Endes laut reiner Tariftabelle in E 5 eingruppiert werden müssen, verlassen, dann ist auch das falsch. Wir haben dafür gesorgt, dass in Kooperation mit den Schulträgern bei sorgsamer Einstellungspolitik derjenigen mit Hochschulabschluss die Tarifstufe E 8 für diese Kolleginnen und Kollegen gesichert wird.
Wir haben im Rahmen des Modellprojekts auch dafür sorgen können, dass die Kolleginnen und Kollegen mit einem höheren Stellenumfang als diejenigen im Landesdienst ihren höheren Stellenumfang in die neuen Verträge überführen können. Damit ist die pädagogische Einheit von Schule und Hort – ein Alleinstellungsmerkmal in Thüringen – für die nächsten Jahre gesichert und wir können den Ausbau der ganztägigen Schulangebote jetzt auf solider Basis miteinander bereden und organisieren.
Punkt 2: Berufsschulnetz. Dazu haben Sie gar nichts gesagt. Über Jahre hinweg sind im Berufsschulbereich aus den verschiedenen Gründen Entscheidungen verschleppt worden. Das führte dazu, dass Thüringen die teuerste Berufsausbildung hat. Aber die teuerste Berufsausbildung – mit 2.000 Euro über dem Bundesdurchschnitt pro Schüler liegend – hat nicht die entsprechenden Effekte gebracht. Jedes Jahr wurde der Bescheid neu versandt, wie die Berufsschulen mit entsprechenden Klassengrößen und Ausbildungsrichtungen in das Schuljahr gehen. Wir haben gehandelt und haben in einem langen Diskussionsprozess, der natürlich auch ein schwieriger Diskussionsprozess war, erreicht, dass wir das Berufsschulnetz in der Fläche sichern, dass wir Traditionsberufe schützen konnten, dass wir Planungssicherheit für einen Ausbildungsdurchlauf von zwei mal drei Jahren – also für sechs Jahre – haben. Das hat niemand vor uns erreicht. Demzufolge könnten Sie das wenigstens respektvoll zur Kenntnis nehmen.
Drittens zum Thema „Klassenfahrten“: Zwei Jahrzehnte lang sind Kolleginnen und Kollegen, wenn sie auf Klassenfahrt gingen, ohne die Rückerstattung von Reisekosten unterwegs gewesen. Es gab keine Regelung für die Vergabe von Freiplätzen. Es gab keine Regelung für die Vergabe von Drittmitteln. Demzufolge hatten wir uns damit auseinanderzusetzen, dass es inzwischen ein Gerichtsurteil gab, welches die Möglichkeit erschloss, dass Dienstreisekosten für Kolleginnen und Kollegen, wenn sie an Klassenfahrten teilnehmen, erstattet
werden. Dazu gibt es einen Haushaltstitel von fast 1 Million Euro.
Halten Sie doch mal Ihren Mund und lassen Sie mich zu Ende reden!
Wir mussten das mit einer Verwaltungsvorschrift begleiten, damit das alles sauber läuft. In jedem Unternehmen ist es so, dass Dienstreisen nach bestimmten Regelungen genehmigt werden. Demzufolge haben wir diese Verwaltungsvorschrift organisiert und für die Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit geschaffen, die Fahrten als Dienstreisen abzurechnen. Dass das viel Arbeit und hohen Kommunikationsaufwand erfordert, ist uns völlig klar. Aber ich kann dem überhaupt nicht folgen und nichts bestätigt uns das, dass wir Klassenfahrten unzureichend genehmigen würden. Wir haben jetzt im ersten Durchgang die Klassenfahrten für alle Schülerinnen und Schüler in den Blick genommen. Dann geht es im zweiten Durchgang um diejenigen, die gewissermaßen „Traditionsfahrten“ an verschiedenen Schulen sind. Wir wollen auch sorgsam mit diesem Geld umgehen. Der Rechnungshofbericht ist eben wieder gekommen. Wir möchten uns da keinem Vorwurf aussetzen.
Vierte Anmerkung – zum Thema „Freie Schulen“: Ich erinnere nur daran, dass die vorherige Landesregierung uns ein Gesetz hinterlassen hat, welches nicht verfassungskonform war. Dieses Gesetz haben wir auf solide Füße gestellt. Die Schulen in freier Trägerschaft haben eine beispielgebende Finanzierung. Dass dort immer noch mehr möglich ist, ist völlig klar. Aber manche scheinen vergessen zu haben, dass wir in dieses System außerordentlich viel Geld stecken, weil wir die Qualität dieser Schulen schätzen.
Fünfte Anmerkung: Es ist bereits angedeutet worden, was in der Einstellungspolitik insbesondere unter CDU-Alleinregierung gelaufen ist. 2009 – das war das letzte Jahr der CDU-Alleinregierung – sind sage und schreibe acht Kolleginnen und Kollegen eingestellt worden. Acht! Die rot-rot-grüne Landesregierung hat sich per Koalitionsvertrag vorgenommen – und es auch in den ersten Schritten umgesetzt –, insgesamt 2.500 Kolleginnen und Kollegen neu und fest in den Schuldienst einzustellen. 2015 haben wir das mit 500 Kolleginnen und Kollegen
geschafft – das Verfahren im Jahr 2016 läuft noch – und so werden wir das auch weiter machen. Alles andere zur Personalentwicklung haben Torsten Wolf und Birgit Pelke bereits gesagt.
Der Aufbau einer Vertretungsreserve ist uns als erster Landesregierung unter Rot-Rot-Grün gelungen. Wir haben einen Vertretungspool von 100 Vertretungskräften. Das ist nicht ausreichend, aber wir sind dort auf dem Weg, die dringendsten Fälle, insbesondere bei Langzeiterkrankungen, regeln zu können.
Sechste Anmerkung: Das vergangene Schuljahr war auch kein gewöhnliches Schuljahr. Es haben sehr viele Kinder und Jugendliche aus fremden Ländern aus Fluchtgründen bei uns Schutz gesucht. Wir helfen den Schulen, indem wir im Doppelhaushalt 2016/2017 dafür gesorgt haben, dass zusätzlich 300 Lehrkräfte zunächst befristet in das System kommen. Wir haben ein System der Sprachförderung aufgebaut. Unser Ziel ist es, die neu hinzugekommenen Kinder und Jugendlichen ganz schnell in den Schulalltag, auch in den Alltag der Kindergärten, und in das soziale Umfeld zu integrieren.
Die Bilanz unserer Regierungspolitik: Feste Arbeitsplätze für 1.000 Erzieherinnen und Erzieher, ein zukunftsfestes Berufsschulnetz, mehr Personal an den Schulen und eine gelingende Integration von geflüchteten Kindern und Jugendlichen.
Aber ich habe Ihnen zehn Anmerkungen versprochen. Zu der nächsten, der siebenten, möchte ich sagen: Kein anderes Bundesland hat wie wir einen Bildungsplan bis zum 18. Lebensjahr.
Außerhalb von Thüringen wird er beachtet und auch meine Kolleginnen und Kollegen sind unterwegs und diskutieren tatsächlich Bildungspolitik mit diesem Bildungsplan.
Achtens: Wir haben dafür gesorgt, dass das Schulsozialarbeiterprogramm weitergeht. Derzeit sind 260 Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter an 270 Schulen in Thüringen beschäftigt.
Wir haben auch das Bildungsfreistellungsgesetz in Thüringen – als weiteren Punkt – auf den Weg gebracht. Ich kann mich nur wundern, dass die CDU jetzt plötzlich traurig darüber ist, dass dieses Gesetz noch nicht angewandt wird,
weil die Verordnung im Moment noch in der Abstimmung zwischen drei Ministerien ist, aber der Beirat trotzdem schon zweimal getagt hat und die Maßnahmen schon gesichtet worden sind und wir mit dem Schuljahres- respektive Semesterbeginn mit diesem Bildungsfreistellungsgesetz wirklich in die
Vollen starten können. Das ist auch unser Verdienst; das ist Verdienst dieser Landesregierung unter Rot-Rot-Grün. Dass Thüringen das vierzehnte von 16 Ländern war, welches ein Bildungsfreistellungsgesetz erarbeitet hat, muss ich vielleicht an dieser Stelle auch noch einmal sagen.
Abschließend und letztens zusammengefasst: Die Bilanz dieser Zeit von rot-rot-grüner Politik und rotrot-grüner Bildungspolitik kann sich sehen lassen, und ich bin sehr froh darüber, dass die Opposition mir die Gelegenheit gegeben hat, das einmal darzustellen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich erfülle gerne dieses Berichtsersuchen, verweise aber darauf, dass wir tatsächlich, wie bereits in der Begründung zu diesem Antrag angedeutet wurde, im Bildungsausschuss mehrfach dieses Thema auf der Tagesordnung hatten und es auch zum Beispiel durch die Beantwortung von Anfragen oder andere Möglichkeiten der Berichterstattung zu diesem Thema die Gelegenheit gab, das Thema in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stellen. Ich gehe aber davon aus, dass vieles, was im Ausschuss beraten worden ist, nicht diese große Öffentlichkeit erreicht und dass wir demzufolge mit diesem Berichtsersuchen auch
öffentlich über dieses Thema sprechen können. Herr Emde, das ist eine völlig falsche Anschuldigung, die Sie hier treffen. Aber ich werde in meinem Berichtsersuchen darauf eingehen, dass wir natürlich Lösungen haben, die dieses Thema „Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Beschulung von Flüchtlingskindern in Thüringen schaffen“ berühren.
Ich kann, glaube ich, zunächst einmal von einem Konsens ausgehen, der uns hier eint, dass Bildung Schlüssel zur Integration ist, Spracherwerb Schlüssel zur Welt ist. Denn wer die Sprache beherrscht und sich verständigen kann, wer sich qualifizieren kann, der hat gute Chancen für einen Neustart auch in einem Land, in dem seine Muttersprache nicht die Muttersprache ist.
Also, sehr verehrte Damen und Herren, gehen wir davon aus – ich glaube, auch das eint uns –, dass die Schulen in Thüringen wichtige Impulsgeber für gelingende Integration sind und dass die Schulen dabei vor großen Aufgaben stehen. Deswegen möchte ich es am Beginn auch nicht versäumen, all denen zu danken, die in den Gelingensprozess eingebunden waren. Das sind zum einen natürlich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unsers Ministeriums, die übrigens, bevor die großen Zahlen an Flüchtlingen nach Thüringen kamen, sich Gedanken darüber gemacht haben, wie wir dieses Thema bearbeiten können. Es sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Schulämtern und in den Schulverwaltungsämtern, zahlreiche Schulleiterinnen und Schulleiter, die hoch engagiert und mit guten Ideen diese Frage der Integration von Flüchtlingskindern organisiert haben und natürlich die Lehrerinnen und Lehrer, die an diesem Prozess beteiligt sind und die bereitwillig diese neuen Aufgaben, für sie neuen Aufgaben, für sich mit pädagogischem Elan annahmen und mit ungeheurer Einsatzbereitschaft diese Aufgabe erfüllt haben. Ich glaube, dafür kann man, auch wenn es relativ spät vor einem Wochenende ist, ganz herzlichen Dank sagen.
Um aber zunächst auf die von Ihnen angegebenen, auch technischen Anfragen zu antworten: Zum aktuellen Sachstand kann ich Ihnen sagen, dass laut Angabe des Ausländerzentralregisters zum Stichtag 31. Januar 2016 – das ist der für uns zur Verfügung stehende Stichtag – insgesamt 13.670 minderjährige Ausländerinnen und Ausländer in Thüringen waren. Darunter waren 398 Flüchtlingskinder, denen die Flüchtlingseigenschaft nach § 25 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz zuerkannt wurde sowie 39 minderjährige Flüchtlinge, denen subsidiärer Schutz nach § 25 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz gewährt wird.
Darüber hinaus waren es neun Minderjährige nach § 25 Abs. 1 dieses Gesetzes, die als Asylberechtigte anerkannt sind.
Zum Stichtag lebten 3.437 minderjährige Ausländer mit einer Aufenthaltsgestattung in Thüringen, 1.113 Minderjährige mit einer Duldung. Ich möchte an der Stelle darauf verweisen, dass wir nicht unterscheiden nach Artikel 1 der Genfer Flüchtlingskonvention und Kriegsflüchtlingen und dann die anderen Gruppen extra aufführen, sondern dass wir diese Zahlen zusammengefasst erhalten und demzufolge keine Unterscheidung getroffen wird.
Nun zu Ihrer nachgefragten Situation in den Schulen. Da beziehe ich mich wiederum auf die Schuljahresstatistik. Gemäß dieser befanden sich zum aktuellen Stichtag, also immer zu dem, zu dem wir messen können – das ist in diesem Fall der 4. März 2016 – insgesamt 8.900 Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache an den Thüringer Schulen. Wir hatten das bereits im Ausschuss besprochen und ich möchte das an dieser Stelle öffentlich noch einmal betonen, dass Sie beachten müssen, dass wir nicht nach einer weiteren Kategorie unterscheiden. Wir erfassen die Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache in Thüringen und treffen demzufolge dort keine Unterscheidung, aus welchem Grund ein Kind in der Schule ist.
Aufschlussreich für die Situation an den Schulen ist also die Kategorie derjenigen Schülerinnen und Schüler, die aktuell eine Sprachförderung bekommen. Da sind wir viel näher an dem von Ihnen benannten Themenkatalog. Im März dieses Jahres haben 6.654 Schüler eine Sprachförderung erhalten. Davon sind 5.965 Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen und 689 Schülerinnen und Schüler an den berufsbildenden Schulen. Betrachtet man dazu den Vergleich zum September 2015, da waren es insgesamt 3.883 Schülerinnen und Schüler an den Thüringer Schulen, die eine Sprachförderung erhalten haben. Diese unterschieden sich damals in 3.360 an allgemeinbildenden Schulen und 522 an den berufsbildenden Schulen. Innerhalb eines halben Jahres hat sich also der Anteil an Schülerinnen und Schülern in der Sprachförderung um beinahe die Hälfte erhöht. Das ist natürlich ein beachtlicher Aufwuchs, wenngleich uns natürlich Stadtstaaten und große Flächenländer sagen, das wäre etwas, was in der Größenordnung für sie fast nicht relevant ist. Wir haben darüber natürlich auch schon im Ausschuss gesprochen, als es insbesondere um die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingskinder ging, als der Ausschuss seine Reise nach Bremen antrat.
Ich habe es vorhin bei der Intervention auf einen Einwurf von Herrn Emde bereits gesagt: Wir haben sehr vorausschauend in diesem Problembereich gehandelt. Wir haben frühzeitig handeln können, dass wir natürlich mit der Frage, wie gehen wir mit
Flüchtlingskindern und wie gehen wir mit der Beschulung von Flüchtlingskindern und wie gehen wir vor allem mit dem Thema „Deutsch als Zweitsprache“ um, uns auch einen Plan gemacht hatten, wie wir das in die Praxis umsetzen können.
Betrachten wir also die Situation der Sprachförderung an den Thüringer Schulen. Wir unterscheiden grundsätzlich – ich hatte das, glaube ich, auch schon einmal hier im Hohen Hause berichtet – nach drei Kursarten, die sich auf die jeweiligen Kenntnisse der Kinder und Jugendliche beziehen. Die Einstufung orientiert sich jeweils am Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen; das ist aber überall der Fall und das machen wir auch so. Wir haben auf der ersten Stelle einen Vorkurs für die Schüler, die keine Kenntnisse der deutschen Sprache haben oder keine Kenntnisse der lateinischen Alphabete. In diesen Vorkursen lernen die Schüler, bis sie die Schulausgangsschrift und die Druckschrift und die Niveaustufe A 1 beherrschen – für all diejenigen, die das nicht wissen: also die elementare Sprachverwendung. Bis zu diesem Zeitpunkt sind die Kinder und/oder Jugendlichen im Vorkurs. Dann gibt es den Grundkurs, in dem Schüler mit mangelnden Deutschkenntnissen bis Niveaustufe B 1 unterrichtet werden. B 1 wieder in der Übersetzung bedeutet selbstständige Sprachverwendung. Also bis dahin ist man im Grundkurs und daran schließt sich der Aufbaukurs an, der bis zum Sprachniveau B 2 führt.
Sie sehen, eine individuelle Einschätzung der sprachlichen Fähigkeiten der zu beschulenden Kinder und Jugendlichen findet bereits statt. Aufgrund der unterschiedlichen Verteilung der Kinder und Jugendlichen an die Kommunen sind natürlich auch die Bedarfe in den Regionen und in den Schulen zum Teil sehr unterschiedlich. Wir haben Schulen mit einem sehr hohen Anteil an neu angekommenen Schülerinnen und Schülern, wir haben Schulen mit einem geringen Anteil. An diesen unterschiedlichen Bedarfen orientiert sich die Durchführung des Sprachunterrichts. Seit dem Schuljahr 2014 und 2015 richten wir sogenannte Sprachklassen ein; auch über diese habe ich bereits berichtet. Vor allem an Schulen mit vielen neuen Schülern bewähren sich diese Sprachklassen außerordentlich, denn sie können sowohl an den Stammschulen geführt werden, an denen die Schülerinnen und Schüler regulär zum Unterricht gehen. Wenn es an einer Schule nicht ausreichend Kinder und Jugendliche nicht deutscher Herkunftssprache gibt, aber ein Bedarf nach einer Sprachklasse entsteht, dann kann man natürlich auch solche Sprachklassen für mehrere Schulen in einem Umfeld, welches überschaubar ist, einrichten.
Aktuell gibt es in Thüringen 90 Sprachklassen an den Schulen von Nord nach Süd und von Ost nach West und natürlich immer wieder auch dort, wo wir die großen Aufnahmezentren und die großen Kapazitäten haben, nämlich in den Städten.
Im berufsbildenden Bereich gibt es seit diesem Schuljahr die sogenannten BVJ-S-Klassen, „S“ steht an dieser Stelle für Sprache. Wir haben etwa 40 dieser Klassen und in diesen werden Schülerinnen und Schüler sprachlich und fachlich fit gemacht, damit sie in eine reguläre BVJ-S-Klasse gehen und einen Ausbildungsgang absolvieren können. In den BVJ-S-Klassen, also da, wo ein erhöhtes Stundenvolumen an deutscher Sprache angeboten wird, ist aber letzten Endes das bereits realisiert, dass man Deutsch als Zweitsprache versteht und sich mit dieser Ausbildung an den berufsbildenden Schulen in den BVJ-S-Klassen integrieren kann.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal deutlich machen – und ich meine auch, das hätte ich bereits gesagt –, dass die in Ihrem Antrag und auch in der Begründung jetzt noch einmal benannten Vorkurse von uns nicht präferiert werden. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit dem jetzt von mir vorgetragenen Modell dieser drei Kursarten und dem BVJ-S. Vorschaltklassen wollen wir in Thüringen nicht einrichten. Das hat zum einen den Erfahrungshintergrund zu dem möglichen Spracherwerb bis zum Aufbaukurs und zum BVJ-S. Aber es hat noch einen anderen Grund und der zielt dann darauf ab, was Sie in Ihrer Begründung auch benannt haben, wie wir diese Kinder und Jugendlichen auch in das integrieren, was sie in unserem Wertesystem verstehen müssen. Unsere Schülerinnen und Schüler werden von Anfang an in den Schulunterricht integriert und zum Beispiel in Fächern wie Sport oder Kunst geht das zum Teil auch mit sehr geringen Deutschkenntnissen. Da kann man sich das eine oder andere anschauen. Da kann zum Beispiel schon vom ersten Tag der Beschulung gerade im Sport- oder im Kunstunterricht bereits mit den anderen Kindern und Jugendlichen gelernt werden. Das folgt einem integrativen Ansatz, den ich sehr befürworte.
Ich werbe auch dafür, dass Sie diesen integrativen Ansatz mitgehen. Wir wollen ein inklusives Schulsystem und eine inklusive Gesellschaft. Wir gehen davon aus, dass wir diese Heterogenität auch als eine Herausforderung erleben wollen und dass wir mit der Aufnahme von ausländischen Schülerinnen und Schülern genau diesen Ansatz verfolgen. Eine inklusive und integrative Schule ist, glaube ich, auch der beste „Lehrmeister“ auf dem Weg zur Integration in die gesamte Gesellschaft. Wir haben Lehrkräfte, die fair und transparent benoten, und Kinder und Jugendliche kommen in dieses System hinein. Da gibt es keine Bestechlichkeit, da gibt es keine Zuordnung von Noten nach der entsprechenden Herkunft, sondern nach dem entsprechenden Leistungsniveau. In den Klassenzimmern werden Konflikte und Argumente mit Worten ausgestritten und nicht mit körperlicher Gewalt. Wir haben Mitwirkungsgremien an den Schulen, von den kleinsten Ebenen bis zur Landesschülervertretung. Die Eltern
können sich an dieser Mitwirkung beteiligen. Wenn Schülerinnen und Schüler sehen, dass bei uns auch Frauen in den Schulleitungen souverän eine Schule managen können, ist das, glaube ich, ein Anschauungsunterricht, der auch deutlich macht, wie das Geschlechterverhältnis in Deutschland ausgeprägt ist, und dass wir nicht danach unterscheiden, ob ein Mann etwas besser kann als eine Frau, wenn es um das Management einer Schule geht. Da gibt es sowohl positive als auch negative Beispiele in beiderlei Richtungen. Die meisten meistern das außerordentlich gut. Dass natürlich in den pädagogischen Berufen sehr viele Pädagoginnen unterwegs sind und dass insbesondere im Grundschulbereich die Erzieherinnen und Erzieher, also meistens eben auch Frauen, dazu kommen, ist, glaube ich, etwas, was für alle erleben lässt, wie Schule als demokratische Einrichtung gestaltet ist.
Da sind wir – ich würde nur eine kurzen Ausflug dazu machen – auch bei Ihrer Sorge nach der Vermittlung der christlich-jüdisch-abendländischen Grundlagen unserer Gesellschaft. Wir sind in einer Plenarsitzung, in der das mehrfach – auch an anderer Stelle – eine Rolle gespielt hat. Wenn ich so in die letzten zwei Tage zurückhorche, kann ich sagen, teile ich Ihre Sorge, aber ich denke auch, dass wir insgesamt ein Unterstützersystem in einem Werteverständnis brauchen, in einem humanistischen Werteverständnis, in einem Werteverständnis von Grundgesetz und Verfassung und natürlich von Mitwirkung und demokratischer Auseinandersetzung in einer Gesellschaft, auch wenn es um die politische Gestaltung dieser Gesellschaft geht. Insofern kann ich Ihnen versichern, dass natürlich die Schulen solche Lernorte sind. Das hat auch damit zu tun, wie Schule in Thüringen verfasst ist und wie Lehrpläne organisiert werden, dass das Orte sind, in denen Kinder und Jugendliche, die nicht hier ihre heimatlichen Wurzeln haben, sondern hierhergekommen sind und sicher und hoffentlich auch den einen oder anderen Lebensmittelpunkt bei uns finden und dann Mitbürgerin und Mitbürger werden und sich in dieser Lebenswelt zurechtfinden können.
Wie sieht es nun mit der Personalabdeckung im Bereich „Deutsch als Zweitsprache“ aus? Zum Stand Dezember 2015 waren etwa 1.000 – genaue Zahl: 1.029 – Personen im Umfang von 129 Vollzeitbeschäftigten im Bereich „Deutsch als Zweitsprache“ tätig. Das sind sowohl unbefristet tätige Lehrkräfte, das sind diejenigen, die die Befähigung haben, im Thüringer Schuldienst als Lehrerinnen und Lehrer eingestellt zu sein und die neben ihrer regulären Tätigkeit zum Beispiel als Deutschlehrerin, als Fremdsprachenlehrerin Deutsch als Zweitsprache zu unterrichten. Dazu haben wir befristet eingestellte Lehrkräfte. In diesem Zusammenhang sind natürlich aktuelle Bedarfe entstanden und es sind auch Personen in unser Schulsystem gekom
men, die keine Lehramtsausbildung haben und für die es – das wissen wir, wir hatten das im Ausschuss des Öfteren besprochen – schwierig ist, die dauerhafte Einstellung in den Schuldienst zu realisieren. Das gelingt im Wesentlichen nur dann, wenn wir ihnen ein Fortbildungsangebot unterbreiten können, damit sie dann auch im Thüringer Schuldienst oder eben im öffentlichen Dienst als Lehrerinnen und Lehrer tatsächlich eine unbefristete Einstellung bekommen.
Um die Deutsch-als-Zweitsprache-Kompetenzen zu sichern und zu verstärken, haben wir bereits 2014/15 ein Fort- und Weiterbildungsprogramm gestartet. Die Ersten, die in diesem Programm waren, waren 15 Lehrkräfte, die diese Fortbildung bereits erfolgreich abgeschlossen haben. Das meinte ich auch damit, als ich vorhin sagte, wir sind sehr frühzeitig auf diesen Prozess eingegangen. Denn das ist ein Zeitraum gewesen – 2014/15 –, der war genau zu der Zeit, als wir uns alle im Wahlkampf befunden haben und die Frage nach der Bildung dieser rot-rot-grünen Regierung noch in den Koalitionsverhandlungen steckte. Da ist zu diesem Zeitpunkt auch unter der Anregung meines Vorgängers im Amt bereits dieser Prozess eingeleitet worden. Wir haben dann gemerkt, dass wir mit zunehmenden Flüchtlingszahlen natürlich diesen Prozess verstärken müssen, und 65 weitere Lehrkräfte sind aktuell dabei, diese Fortbildung zu absolvieren. Die Ausschreibung für weitere 65 Teilnehmer für das kommende Schuljahr läuft bereits. Wir merken durchaus, dass dieses Angebot gern angenommen wird. Diese Programme – das ist für uns auch immer günstig – können wir mithilfe von ESF-Förderungen auch im folgenden Jahr fortsetzen, sodass wir an dieser Stelle nicht an den notwendigen finanziellen Kapazitäten scheitern müssen.
Für den Sprachunterricht haben wir im Jahr 2015 Unterrichtsmaterialien in der Größenordnung von einer Viertelmillion Euro angeschafft. Auch darauf bin ich, glaube ich, im Ausschuss bereits eingegangen. Wir haben also am Jahresende 2015 noch einmal in alle Kassen und Kassenreste geschaut – also ich sage das jetzt mal so ein bisschen salopp, die Haushälter mögen mir verzeihen – und haben gesagt: Wo können wir noch Geld hernehmen? Wir haben innerhalb kürzester Zeit Unterrichtsmaterialien in Form von Bildern, Spielen und CDs für die unterschiedlichen Altersgruppen angeschafft. Zusätzlich haben wir Lehrmaterial für die älteren Schülerinnen und Schüler beschafft, die die lateinische Schrift nicht lesen und nicht schreiben können und demzufolge aus dieser Sicht wenig Lernerfahrung mitbringen. Eine weitere Bestellrunde für derartige Unterrichtsmaterialien in Höhe von 60.000 Euro läuft, sodass wir also am Jahresende 2015 eine Viertelmillion, jetzt noch einmal die 60.000 Euro obendrauf, also über 300.000 Euro ausgegeben ha
ben, um derartige Lehrmaterialien über die Schulämter den Schulen zur Verfügung zu stellen.