Martin Modschiedler

Appearances

6/1 6/4 6/6 6/13 6/14 6/16 6/19 6/21 6/22 6/24 6/30 6/31 6/33 6/36 6/39 6/41 6/43 6/45 6/48 6/49 6/52 6/54 6/59 6/60 6/61 6/64 6/67 6/68 6/75 6/77 6/82 6/83 6/86 6/88 6/89 6/90 6/93

Last Statements

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Dr. Maicher, wir gehen demonstrieren – Stichwort: „Pulse of Europe“. Wir waren stark vertreten und haben ein tolles Zeichen gesetzt. Von wegen, die CDU ginge nicht demonstrieren – doch, wir können das!
Es waren übrigens weniger GRÜNE dort.
Ich möchte aus aktuellem Anlass einmal ein wenig in eine Symbol- und Wertedebatte eintauchen. Konrad Adenauer hat einmal gesagt: „Die Einheit Europas war ein Traum von wenigen, sie wurde eine Hoffnung für viele und sie ist heute eine Notwendigkeit für uns alle.“ Das hat sich auch aus dieser Diskussion hier ergeben.
Herr Barth, der Mann hatte recht, oder?
Ach so, er hat das nicht gesagt. Na, damals waren Sie ja dabei, das stimmt.
Deutschland und Sachsen sind fest in unsere Europäische Union eingebunden, und das ist gut so. Sachsen und Europa sind unsere Heimat. Sachsens Subsidiarität beginnt im sprichwörtlichen Sinne vor unserer Haustür, und das jeden Tag.
Was ist denn eigentlich Europa? Das sind Menschen, das sind Emotionen, das ist Geschichte, das ist Wirtschaft und Soziales, das ist Verkehr und das ist – wie aktuell angesprochen – auch Digitalisierung. Europa ist aber auch eine Wertegemeinschaft. Hier werden Freiheit, Toleranz, Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit aktiv gelebt. Europa bedeutet Freizügigkeit, Binnenmarkt und Austausch zwischen Kultur und Wissenschaft. Beispiel: Mein Nachbar aus Schottland und der Kollege aus Lissabon fahren frei bis nach Helsinki. Wir haben litauisch-französische Firmen, wir haben deutsche Wissenschaftler und spanische Studenten, die entweder in Rom lernen oder sogar in Rom lehren. Wir haben ein starkes
Europa mit starken Regionen. Und wem verdanken wir das? Der Europäischen Union!
Das heißt: Wir bekennen uns zu Europa und wir bekennen uns zu diesen europäischen Werten. Damit sind wir bei den Werten: Das sind Zeichen, und es sind Symbole. Vorgestern hatten wir zu unserer deutschen Fahne und deutschen Hymne „70 Jahre Grundgesetz“ gefeiert. Jetzt haben wir wieder festgestellt: Es stiftet uns Zusammenhalt. Dazu gehört auch diese Europafahne – eine schöne blaue Fahne mit zwölf Sternen. Es kommt immer wieder die Frage, warum sie eigentlich zwölf Sterne hat. Die Antwort ist relativ kompliziert, denn die Zahl 12 ist ein Symbol. Dieses steht für Einheit, für Solidarität und für Harmonie, und zwar zwischen den Völkern Europas. Deshalb hat man die symbolische Zahl 12 gewählt.
Aber am 1. Mai 2019 sind Anhänger einer rechtsextremen Splitterpartei über eine von diesen auf der Straße ausgerollten EU-Flaggen hinweggetrampelt. Eine andere EUFlagge war an einem Galgen befestigt. Angesichts dieser Bilder lief es mir eiskalt den Rücken herunter. Dort wurden nämlich unsere Symbole mit Füßen getreten, denn es wurde all das, was uns wichtig ist, kurzerhand am Galgen aufgehängt. Wir dürfen es nicht zulassen, dass auf der EU und ihren Symbolen einfach herumgetrampelt wird.
Leider Gottes ist genau dieses Verhalten strafrechtlich zurzeit nicht zu verfolgen. Der § 90 a des Strafgesetzbuches stellt diese Verunglimpfung unter Strafe: Verunglimpfung von Hoheitszeichen der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder sind bereits unter Strafe gestellt. Die Flagge der Europäischen Union ist zurzeit leider nicht ausreichend gegen Verunglimpfung geschützt. Wir müssen, wir werden und wir wollen ausdrücklich die Staatsregierung darin unterstützen, im Bundesrat eine Initiative zu starten, durch die die Verunglimpfung der Symbole der EU ebenfalls unter Strafe gestellt wird, sodass auch diese Flagge geschützt ist. Das ist überfällig und höchste Zeit!
An dieser Stelle möchte ich dem Präsidenten des Sächsischen Landtags, dem deutschen und dem österreichischen Europaminister sowie unserem Europaminister Herrn Schenk, die einen Aufruf zur Europawahl gestartet haben, herzlich danken. Wir lassen uns nämlich nicht von Populisten auf der Nase herumtanzen. Wir lassen uns nicht auf der Fahne herumtrampeln, und wir schützen unsere europäischen Werte. Liebe Mitbürger, bitte geht am 26. Mai zur Wahl! Geht wählen – mit Herzblut für Europa!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Überschrift ist bekannt. Ich möchte auf den Hintergrund des Weisungsrechts des
Justizministers gegenüber den Staatsanwaltschaften
eingehen. So müsste es nämlich richtig heißen. Sie merken also, der Titel ist schon einmal falsch. Die Gewaltenteilung wird wieder so gemacht, wie die AfD sie braucht.
Ich versuche, das Ganze juristisch aufzuarbeiten. Man kann immer mit Frankreich argumentieren. Aber wir haben immer noch eine deutsche Verfassung und deutsche Gesetze. Die müssen wir beachten.
Die Staatsanwaltschaft ist im Staatsgefüge –
Zuhören, Spaß gehabt! –
der Exekutive zuzuordnen.
Ja, klar. Es ist Juristerei. Ich wundere mich, Herr „Kollege“ Barth – wir müssen ja mit Anführungszeichen arbeiten –, ich hätte mich gefreut, wenn wir zusammenarbeiten, aber das haben Sie nicht gemacht. Ich habe gedacht, Sie hätten es verstanden.
Die Staatsanwaltschaft ist also im Staatsgefüge der Exekutive zuzuordnen und nicht der rechtsprechenden Gewalt. Das ist der erste Unterschied. Sie unterfällt daher nicht den Artikeln 92 ff.des Grundgesetzes. Vielmehr ist sie in einen hierarchischen Behördenaufbau eingegliedert, an dessen Spitze der Justizminister des jeweiligen Landes steht. § 146 unseres Gerichtsverfassungsgesetzes bestimmt, dass die Beamten der Staatsanwaltschaft den dienstlichen Anweisungen ihres Vorgesetzten nachzukommen haben.
Ausgeübt wird das Weisungsrecht gemäß § 147 des Gerichtsverfassungsgesetzes zum einen intern durch die Leiter der Generalstaatsanwaltschaften und Staatsanwaltschaften für ihren jeweiligen Geschäftsbereich oder hinsichtlich aller betreffenden staatsanwaltschaftlichen Beamten eines Landes durch den Justizminister oder – das geht dann auch – durch den von ihm bevollmächtigten Beamten, was dann wiederum – das hatten Sie angesprochen – als externes Weisungsrecht bezeichnet wird, da der Justizminister selbst kein Staatsanwalt ist. Das ist klar.
Gemäß Artikel 20 Abs. 2 Grundgesetz geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Daraus folgt wiederum, dass das Handeln der Staatsanwaltschaften als Exekutive einer parlamentarischen Kontrolle, für den Freistaat Sachsen also unserer Kontrolle, unterliegen muss. Seiner Verantwortung gegenüber dem Landtag als Volksvertretung kann ein Justizminister als oberste Fachaufsichtsbehörde durch das Weisungsrecht gegenüber den Staatsanwälten gerecht werden.
Die Möglichkeit der Einzelfallweisung wird über interne Berichtspflichten der Staatsanwaltschaften sichergestellt.
Der Staatsanwalt hat über alle Verfahren und Angelegenheiten von besonderer Bedeutung im öffentlichen Interesse an die vorgesetzte Behörde und die Generalstaatsan
waltschaft zu berichten. Diese wiederum unterrichtet das Justizministerium in allen Verfahren von besonderer Bedeutung. Das Justizministerium kann aber auch selbst zwecks Unterrichtung entsprechende Berichte anfordern. Weisungen des Justizministers zu einer bestimmten Sachverhandlung in einem konkreten Verfahren werden allerdings so gut wie nie erteilt.
Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD aus dem Jahr 2014 ist sogar ausdrücklich festgehalten worden, dass vom externen Weisungsrecht des Justizministers kein Gebrauch mehr gemacht wird.
Zentraler Kritikpunkt des einzelfallbezogenen Weisungsrechts des Justizministers ist, dass es ihm die Möglichkeit der sachlich nicht gerechtfertigten und unter Umständen – das hatten Sie angesprochen – politisch motivierten Einflussnahme eröffnet. Darüber hinaus ist die fehlende Transparenz von externen Weisungen Gegenstand der kritischen Auseinandersetzungen. Das hatten Sie angesprochen.
Es gab zu diesem Thema in der Vergangenheit verschiedene Reformvorschläge und Arbeitsgruppen. Der Freistaat Sachsen hat zuletzt im Jahr 2015 eine Bund-LänderArbeitsgruppe initiiert und intensiv in ihr mitgewirkt. Die Arbeitsgruppe beschäftigte sich intensiv mit der Frage der generellen Abschaffung des externen Weisungsrechts im Einzelfall.
Der Freistaat Sachsen setzt sich also schon lange für eine solche Abschaffung ein. Bereits im Jahr 2013 gab es eine diesbezügliche Initiative des damaligen Justizministers. Ihr Antrag kommt also ein bisschen spät und zeugt von der mangelnden Kenntnis der Materie. In diesem Zusammenhang – und das ist wichtig – wurde auch eine intensive verfassungsrechtliche Prüfung vorgenommen.
Und jetzt kommen wir in unser Grundgesetz hinein: Die Vereinbarkeit der Abschaffung mit dem Grundgesetz wurde intensiv diskutiert, und es bestand Einigkeit unter den Teilnehmern, dass für eine generelle Abschaffung des externen Weisungsrechts eine – das ist der Knackpunkt – Änderung des Grundgesetzes – Herr Bartl, Sie sprechen es an – Änderung des Grundgesetzes notwendig sein dürfte.
Gut, das macht man mal schnell im Ausschuss bei uns, das habe ich jetzt von der AfD gelernt, aber es ist halt noch eine Zweidrittelmehrheit notwendig; und das ist eine Grundgesetzänderung, keine Verfassungsänderung im Freistaat Sachsen. Die parlamentarische Kontrolle über die Staatsanwaltschaften als Teil der Exekutive muss also gewährleistet sein, da der Justizminister gegenüber dem Landtag verantwortlich ist. Eine Abschaffung des externen Weisungsrechts könnte das nach Artikel 79 Abs. 3 unseres Grundgesetzes unabänderliche Demokratieprinzip aus Artikel 20 Abs. 2 des Grundgesetzes berühren, da dem Justizminister die Kontrolle über die Staatsanwaltschaften entzogen und damit auch uns eine parlamentarische
Kontrolle nicht mehr erreichen würde; und das Parlament entmachten – ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das wollen.
Für eine Abschaffung des externen Weisungsrechts ist nach Ansicht der Länder bislang kein gesetzlicher Vorschlag absehbar, der den Sachverhalt rechtlich überzeugend lösen könnte. Wenn das externe Weisungsrecht also im Einzelfall auch Risiken birgt, dann wirft aber im Umkehrschluss die Abschaffung gravierende verfassungsrechtliche Probleme auf; und verfassungsrechtlich zulässige und praktikable Lösungen für eine Abschaffung sind für uns nicht in Sicht.
Die Befassungen mit diesem Thema im Kreis der Justizminister in den letzten Jahren haben gezeigt, dass eine solche Gesetzgebungsinitiative auf Bundesebene derzeit nicht durchsetzbar ist. Darüber hinaus drängen sich überhaupt keine sinnvollen und wirklich praxistauglichen Möglichkeiten zur bundesrechtlichen Modifizierung oder besseren Ausgestaltung des Weisungsrechts auf. Die Weiterverfolgung oder die Abschaffung und Umgestaltung des externen Weisungsrechts im Einzelfall ist derzeit nicht aussichtsreich.
Also, was soll der Antrag? Wollen Sie – so tut es sich ein wenig auf – die Gewaltenteilung mal kurz vertauschen? Oder wollen Sie das, was ich Ihnen gerade gesagt habe: im Rahmen der Verfassung die Rechte des Parlaments einschränken? Ich sage Ihnen ganz ehrlich: So geht es nicht. Herr Kollege Barth, hätten Sie mal ein wenig rechtliche Beratung in Ihre Möglichkeiten getan, dann hätte es nicht zu diesem Antrag kommen müssen. Wir lehnen Ihren Antrag ab.
Herr Kollege Bartl, geben Sie mir recht, dass das eine Thematik ist, die juristisch ziemlich in die Tiefe geht, und dass es sinnvoll gewesen wäre, dass wir, die wir ja zuständig waren, das im Rechtsausschuss hätten besprechen können? Ich stelle fest, dass es so nicht besprochen worden ist. Ich kann Ihnen zurzeit nicht so richtig folgen.
Herr Präsident! Fünf Stunden haben wir hinter uns; das Polizeigesetz ist vorbei – jetzt müssen wir mental umsteigen, jetzt sind wir in der Justiz gelandet, wir sind in der zweiten Beratung des Entwurfs des Dritten Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Justizgesetzes. Das hier ist keine persönliche Erklärung, sondern das ist die Einbringung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetz wollen wir erstens eine Unklarheit zur Reichweite des Auskunftsanspruchs der Presse gegenüber den Gerichten wieder beseitigen, und zweitens werden wir gemeinnützige und mildtätige Vereine von den Eintragungsgebühren in Vereinsregister befreien. Drittens wird die Zuständigkeit für die Entgegennahme von Mitteilungen zur Absicherung von Kundengeldern im Reisevertragsrecht geregelt. Mit einer Regelung im Sächsischen Justizgesetz sollen die Landkreise und auch die kreisfreien Städte als zuständige Behörden im Sinne dieser Vorschriften bestimmt werden. Die Behörden sollen auf Nachfrage erklären, ob ein Reiseveranstalter oder ein Vermittler verbundene Reiseleistungen mit Sitz im Inland seiner Pflicht zur Insolvenzsicherung auch nachgekommen ist.
Zudem werden noch weitere redaktionelle Regelungen verschiedener Bereiche und aktuelle Entwicklungen hier mit eingearbeitet und angepasst. – Das sind die Schwerpunkte des Dritten Gesetzes, mehr ist es schon nicht, und
ich möchte auf die beiden ersten Punkte besonders eingehen.
Mit dem Gesetz wird geregelt, dass die Gerichte die Terminslisten über die stattfindenden mündlichen Verhandlungen vorab zur Vorbereitung der Berichterstattung an Journalisten übermitteln können. Das sind die Listen, die an Gerichtstüren hängen und an den Gerichtsaushängen.
Das Gesetz stellt somit Sicherheit her, wie die Gerichte die Presse über bevorstehende mündliche Verhandlungen informieren können. Es erlaubt ihnen, die Terminslisten, die nach § 169 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Gerichtsgebäude ausgehängt werden, an diejenigen Journalisten zu übermitteln, die dies auch wünschen. Die Presse hat unserer Ansicht nach ein Interesse daran, vorab über diese Verhandlungen informiert zu werden, und die Pressefreiheit ist genauso wie die Meinungsfreiheit die Grundlage unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung.
Mit diesen Informationen ist die Presse in der Lage, entweder selbst oder gegebenenfalls durch Rückfragen beim Gericht zu entscheiden, welches Verfahren berichterstattungswert erscheint und an welchem die Journalisten teilnehmen wollen.
Derzeit erhält die Presse diese Informationen nur vor Ort – sie muss immer zu den jeweiligen Gerichten gehen und in die dortigen Aushänge schauen – und das kann nicht im Sinne einer modernen und zeitgemäßen Berichterstattung sein.
Andererseits berührt die Bekanntmachung der Terminslisten das Recht der Verfahrensbeteiligten auf informationelle Selbstbestimmung – Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit
Artikel 1 Abs. 1 unseres Grundgesetzes. Beide Grundrechte werden nicht vorbehaltlos gewährt, das wissen wir. In den Fällen eines Grundrechtskonflikts – wie hier erst einmal – wird der parlamentarische Gesetzgeber aufgerufen, zwischen beiden Interessen abzuwägen. Das erfolgt auf der Grundlage ebendieser Vorschrift.
Der Freistaat Sachsen hat für diese Regelung die Gesetzgebungskompetenz, und erst aufgrund Artikel 85 der Datenschutz-Grundverordnung ist dies auch zulässig. Es besteht also ein verfassungsrechtlicher Auskunftsanspruch für die Journalisten, und die hier vorliegende Regelung stellt das einfach nur klar. Die Veröffentlichung der Listen wird in den Bundesländern leider Gottes immer noch sehr unterschiedlich gehandhabt, und ich finde es gut, dass wir in Sachsen dafür endlich einen klaren gesetzlichen Rahmen geschaffen haben.
Auf Initiative der CDU-Fraktion konnte eine weitere Regelung ins Gesetz aufgenommen werden. Dabei geht es um die Entlastung von gemeinnützigen Vereinen. Diesen werden zukünftig die Eintragungsgebühren in ihre Vereinsregister erlassen werden. Das betrifft sowohl die Erst- als auch die Änderungseintragung. Das sind Gebühren in Höhe von 75 Euro bei der Eintragung und 50 Euro bei den Änderungen.
Mit der Befreiung dieser gemeinnützigen Vereine von den Eintragungsgebühren in die Vereinsregister wird von der Ermächtigung in § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare Gebrauch gemacht. Befreiungen von den Gerichtskosten sind also auch im Landesrecht vorzunehmen. Die Befreiung begünstigt Vereine, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke verfolgen und deshalb auch steuerbegünstigt sind. Die steuerlichen Vergünstigungen sollen durch die Verbesserung der gebührenrechtlichen Rahmenbedingungen flankiert
werden. Damit wird das bürgerschaftliche Engagement gestärkt. Die Gebührenbefreiung betrifft Verfahren über die Ersteintragung ins Vereinsregister, über die späteren Eintragungen, mithin die Gebühren, die für jeden dieser gemeinnützigen Vereine anfallen.
Für diese unkomplizierte Umsetzung – das ist wichtig – muss die Staatsregierung dann eine untergesetzliche Regelung finden, damit das einheitlich ausgelegt bzw. zurückgefordert werden kann.
Ich freue mich sehr, dass wir auf diesem Weg ein ganz klares Zeichen für die Wertschätzung des ehrenamtlichen Engagements setzen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken – und dem kann man doch eigentlich nur zustimmen.
Das reicht, gut, danke. Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 7. Juni 1994 wurde der Vertrag zwischen dem Freistaat Sachsen und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden Sachsen geschlossen. Wir erinnern uns: Am 4. Dezember 2015 haben wir den Vertrag modifiziert und im Landtag beschlossen. Nunmehr soll der vorliegende Gesetzentwurf die finanzielle Ausstattung neu festlegen.
Mit der heutigen Verabschiedung dieses Zustimmungsgesetzes zwischen dem Freistaat Sachsen und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden soll der bereits abgeschlossene Änderungsvertrag nun Gesetzeskraft erlangen. Entsprechend dem Änderungsvertrag soll die jährliche Landesleistung beginnend ab dem Jahr 2019 auf nunmehr 1 070 000 Euro erhöht werden. Mit der Erhöhung soll insbesondere die Rabbinerausstattung in Sachsen gestärkt werden. Damit kann der Freistaat einen unmittelbaren Beitrag zur Erhaltung und zur Pflege des jüdischen Lebens und der jüdischen Kultur in Sachsen leisten.
Wir handeln damit aus Verantwortung für die Geschichte und haben die Zukunft der jüdischen Gemeinden im Blick. Das kulturelle und religiöse Erbe des Judentums im Freistaat Sachsen wollen wir bewahren, und das freundschaftliche Verhältnis zwischen dem Freistaat Sachsen und der jüdischen Glaubensgemeinschaft wollen wir auch weiterhin fördern. Wir stehen, und zwar nicht nur aus historischer und moralischer Verantwortung, fest zu den Vereinbarungen zwischen dem Freistaat Sachsen und den jüdischen Gemeinden in Sachsen. Die jüdischen Gemeinden sind ein wichtiger und fester Bestandteil in unserer Gemeinschaft.
An dieser Stelle sei an den jüngst berufenen Beauftragten für das jüdische Leben in Sachsen erinnert. Ich traf Herrn Dr. Feist erst kürzlich und kann sagen: Ich freue mich auf sein Engagement. Energie hat er schon mal eingebracht.
Besonders in Zeiten zunehmender Säkularisierung und fehlender Orientierung benötigen wir diese religiösen Gemeinschaften genauso wie die jüdischen Gemeinden. Hier werden wichtige Kompetenzen und Werte vermittelt, hier wird Tradition gelebt und ein wichtiger Beitrag für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt geleistet.
Deswegen bitten wir um Zustimmung.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen für den starken Rechtsstaat.
Der demokratische Rechtsstaat stiftet einerseits allgemein verbindliches Recht und bindet andererseits die Organe zur Ausübung der staatlichen Gewalt an das Recht. Wir sollten uns – dafür ist heute die Gelegenheit – bewusst machen, dass Rechtsstaatlichkeit keine Selbstverständlichkeit ist. Dazu genügt ein Blick in unsere eigene wechselvolle Geschichte.
Von links wird man jetzt wieder lächerlich gemacht und von rechts wird man wieder infrage gestellt. Wir als CDU-Fraktion – das kann ich erklären – stehen fest zu dem Rechtsstaat und tun alles dafür, ihn weiter zu sichern.
Jetzt möchte ich gern zur Sache kommen. Es gibt eine Regierungserklärung, die abgegeben wurde. Wir führen keine Aktuelle Debatte mehr, wie wir sie gestern hatten – leider wieder Gehabe im Gange. Wir wollen es nicht und gehen auf die Regierungserklärung ein.
Ich habe eine wesentliche Säule des Rechtsstaates gesehen, fas ist die konsequente Strafverfolgung. Das bedeutet für uns konkret – es wird angegriffen, ich halte es für völlig richtig – null Toleranz gegenüber Tätern und ein guter Opferschutz.
Zum Thema Strafverfolgung. Die Strafverfolgungsbehörden, die Staatsanwaltschaft sowie die Gerichte sind in Sachsen sehr gut aufgestellt. Der Minister hat dazu ausgeführt: Die Gerichte und Staatsanwaltschaften wurden seit dem Jahr 2014 kontinuierlich gestärkt. Insgesamt wurden im Zeitraum von 2016 bis 2020, also in unserem jetzigen Haushalt, etwa 100 zusätzliche Stellen für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwälte und 300 neue Anwärter- und Referendarstellen geschaffen. Damit stehen im Freistaat Sachsen im Jahr 2020 über 1 100 Richterinnen und Richter und mehr als 380 Staatsanwälte zur Verfügung.
Aber – der Minister hat es bereits gesagt – Personal ist das eine. Um die Strafverfolgung konsequenter und schneller zu gestalten, sind die schon angesprochenen Grundverfügungen erlassen worden. Wir begrüßen und unterstützen sie ausdrücklich. Das bedeutet aber nicht – Herr Bartl hat es leider kritisiert –, dass der Rechtsstaat bisher nicht funktioniert hätte – im Gegenteil: Hier wird Gutes noch besser gemacht.
Am 1. März 2019 ist die Rundverfügung in Kraft getreten. Es ist nach wie vor möglich, bei Vorliegen der Voraussetzung ein Ermittlungsverfahren wegen Geringfügigkeit einzustellen. Das ist der § 153 a, den Herr Bartl in seiner Rede immer wieder erwähnt. Er ist aber bei deutlich niedrigerer Schadenshöhe einzustellen als bisher. Was heißt das also konkret? Bei Angriffen auf Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungskräfte sollen praktisch keine Verfahren mehr vonseiten der Staatsanwaltschaft eingestellt werden dürfen. Gleiches gilt für die reichsbürgerspezifischen Straftaten. Hier sollen häufiger die soge
nannten beschleunigten Verfahren zum Einsatz kommen. Wir haben etwas dazu gehört.
Künftig sollen also nahezu alle Strafverfahren im Bereich der Kleinkriminalität vor Gericht gebracht werden und nicht – das hatten wir gestern in der Aktuellen Debatte – leider vorher immer wieder durch die Staatsanwaltschaft eingestellt werden. Strafzumessungsvorgaben im Bereich der Betäubungsmitteldelikte werden verschärft. Das ist ein ganz wichtiger Schritt zur Prävention und zum Schutz vor allem von Jugendlichen. Das sei an dieser Stelle ebenfalls erwähnt.
Auch der Sächsische Richterverein unterstützt die Ziele dieser Rundverfügung.
Nicht der Neue Richterverein, der Richterverein. Das finde ich völlig okay.
Der Richterverein unterstützt es. Ruben Franzen ist der Vorsitzende der Neuen Richtervereinigung. Der erklärt immer alles andersherum. –
Noch eine Bemerkung in Richtung der Linkspartei, wenn wir gerade dabei sind: Es gab bisher Regelungen bzw. Richtlinien, wann Verfahren eingestellt werden und wann nicht. Hier geht es um eine Verschärfung, und die begrüßen wir. Die Unabhängigkeit der Gerichte bleibt davon – das ist durch den Minister in seiner Regierungserklärung heute noch einmal klargestellt worden – unbenommen, gestern in der Aktuellen Debatte und heute.
Zum Thema null Toleranz gegenüber Tätern: Uns ist es wichtig, dass gegenüber den Tätern null Toleranz geübt wird. Ladendiebstahl ist kein Kavaliersdelikt und nicht beim ersten Mal frei. Beleidigungen sind keine freien Meinungsäußerungen, und Angriffe auf die Rettungskräfte sind keine Bagatellen.
Durch diese klaren Regelungen der Rundverfügung kann auch beim Drogenhandel und beim Schwarzfahren härter durchgegriffen werden. Täter, egal, wo sie herkommen, müssen und werden lernen, dass sich Sachsens Justiz nicht auf der Nase herumtanzen lässt.
Schnellere Verfahren – das haben wir gemerkt – schrecken nachweislich ab. Schnelles und konsequentes Handeln bei der Strafverfolgung hilft zum einen den Opfern, es dient aber auch dem sozialen Frieden im Freistaat. Unsere Bürger erwarten einen starken Staat, der ihre Rechte verteidigt und der Kleinkriminelle nicht einfach laufen lässt, wie es immer wieder den Anschein hat.
Zudem wird durch ein schnelles und konsequentes Handeln eine kriminelle Karriere frühzeitig beendet.
Damit soll auch eines klarwerden: Die großen Straftaten wie beispielsweise die Gewalttäter, die Mörder, Vergewaltiger, Betrüger, Steuerstraftäter etc. werden weiter konsequent verfolgt. Hierauf liegt unser Augenmerk. Ob klein oder groß, jede Straftat wird verfolgt, und niemand wird laufen gelassen, wie es immer landläufig behauptet wird. Die strengere Strafverfolgung verhindert oder verzögert in keinem Fall die Strafverfolgung der größeren Straftaten –
ganz im Gegenteil, Herr Lippmann. Wenn auch Kleinkriminelle erst gar keine Großkriminellen werden, verringert das die Anzahl von schweren Straftaten. Die Herkunft spielt dabei keine Rolle, wie es immer wieder gesagt wird. Vor dem Gesetz sind Inländer und Ausländer gleich.
Wir verstärken auch die Strafverfolgung im Bereich der Intensivtäter. Der Minister hat dazu ausgeführt. Die Ermittlungen werden durch die Strafverfolgung und die Strafverfolgungsbehörden gebündelt. Dies hat den Vorteil, dass der zuständige Strafverfolger einen Überblick über alle Straftaten eines Intensivtäters erhält. Ende 2014 wurde die täterorientierte Bearbeitung von mehrfach- und intensivtatverdächtigen Zuwanderern, den sogenannten MITA, für die Staatsanwaltschaften und die Polizei in Sachsen eingeführt. – Eine gute Sache.
Bei den beschleunigten Verfahren sind schon die ersten Erfolge zu verzeichnen. Die Anzahl ist, seitdem wir es aufgerufen haben, in Sachsen gestiegen. Das beschleunigte Verfahren zur Strafverfolgung in Sachsen kommt also immer häufiger zum Einsatz. Seit Anfang September 2018 wurden 150 Personen auf diesem Wege verurteilt. Dabei handelt es sich um Fälle wie Diebstähle mit und ohne Waffen, Wohnungseinbrüche, Leistungserschleichung,
aber auch gefährliche Körperverletzung, Angriffe auf Beamte oder das Zeigen des Hitlergrußes. Die Strafen folgten sofort auf dem Fuße – das ist wichtig –, am Folgetag und in der Folgewoche. Das schreckt ab.
Speziell zum Thema Crystal: Wenn hier – das hatten wir gestern in der Aktuellen Debatte – von Bagatellen gesprochen wird, ist das ein Schlag ins Gesicht aller Betroffenen.
Schauen Sie sich doch einmal die Crystal-Abhängigen an! Schauen Sie sich die Leute an – ob kleine Mengen oder große, Herr Bartl.
Schauen Sie sich die Kinder an! Hier eine rigorose Linie zu verfolgen, Herr Bartl, das gebietet die Menschlichkeit.
Herr Präsident, natürlich.
Das haben Sie gestern gesagt. Diese Grammzahl, wenn die heruntergefahren wird,
das ist doch alles ganz schlimm. Das bringt ein ganzes System durcheinander. Wissen Sie, was Crystal an sich durcheinanderbringt? Das ist das Problem. Sie sagen, Sie sind Anwalt. Haben Sie schon einmal Leute vor sich sitzen sehen, die keinen vollständigen Satz mehr sprechen können, die nicht in der Lage sind, länger als drei Minuten einem Gespräch zu folgen?
Ich auch. Ich war in der Strafverteidigung tätig. Das ist schlimm, und deshalb sage ich: rigoros durchgreifen. Das ist etwas für die Menschlichkeit.
Herr Präsident, natürlich.
Ändert das etwas an meiner Aussage?
Bitte?
Ich erinnere mich daran. Ich habe es gerade angesprochen. Ich sage: rigoroses Verhalten, nicht sagen: Oh, da müssen wir mal schauen, ob das jetzt – – Das bringt alles durcheinander. Nein, es bringt nichts durcheinander. Wir
schauen auf das Opfer. Wir schauen auf die Leute, die es betrifft. Wir schauen die an, die das konsumieren.
Dieser Handel – – Wenn man sagt: Komm, wenn der ein paar Gramm dabei hat, das wird schon okay sein. Nein, das ist es nicht.
Ich gebe auch zu Protokoll, Herr Bartl, ich habe mit meiner Frau gesprochen, nachdem Sie das gestern zu Protokoll gegeben haben.
Die Strafverteidiger haben natürlich eine unterschiedliche Auffassung. Aber ich erlaube mir, hier eine eigene Auffassung zu haben.
Danke.
Ich möchte das Thema Opferschutz stärker ansprechen. Als CDU-Fraktion stehen wir für einen starken Opferschutz, indem wir auch die kleinen Vergehen konsequent verfolgen und bestrafen. Es ist einem Opfer einer Straftat wirklich schwer zu erklären, dass ein Verfahren wegen fehlenden öffentlichen Interesses eingestellt wird. Der Minister hat es gesagt: Dann kommt irgendwann der Bescheid, auf dem „Fehlendes öffentliches Interesse“ steht. Es dient dem Opferschutz, wenn Diebstähle, Beleidigungen und Körperverletzungen streng geahndet werden.
Einmal anderes herum gefragt: Was soll der Bürger denken, wenn solche Dinge einfach nicht mehr bestraft werden? Dann entsteht doch das Gefühl von: Geht doch, alles beim ersten Mal frei. Es ist alles möglich. Auch in diesem Bereich wollen wir gleich den Anfängen wehren und die Opfer schützen. Mit der Bestrafung des Täters kann oft die Aufarbeitung für das Opfer beginnen.
Auch die nunmehr verschärften Regelungen der Rundverfügung beim Thema Drogenhandel schützen potenzielle Opfer. Wer kann denn hier eigentlich ernsthaft dagegen sein? Wir dürfen nicht vergessen, welche negative oder gar traumatisierende Wirkung die Einstellung eines Verfahrens auf die Geschädigten bedeuten kann.
Eine weitere Säule des Opferschutzes – das wurde auch angesprochen – ist die psychosoziale Prozessbegleitung. Auch das soll hier nicht unerwähnt bleiben.
Zum öffentlichen Raum hat der Minister vorgetragen. Das ist ein Schwerpunkt der neuen Regelung. Sie betrifft den öffentlichen Raum. Straftaten, die im öffentlichen Raum begangen werden, sollen nur noch eingeschränkt eingestellt werden können. Als CDU-Fraktion finden wir es außerordentlich wichtig, dass sich alle Bürger im öffentlichen Raum sicher fühlen können. Das ist schlicht der Kern von Rechtsstaatlichkeit – Sicherheit, Recht und Ordnung.
Thema Justizvollzug: Der Justizvollzug ist ein ebenso wichtiger Bestandteil des Rechtsstaats. Unser sächsischer Justizvollzug ist gut aufgestellt. Wir wissen, dass wir in Zukunft mehr Haftplätze benötigen werden, als wir noch vor einigen Jahren hatten. Das nötige Personal dafür stellen wir ein. Dazu gehören gut ausgebildete und motivierte Justizvollzugsbeamte. Deren Arbeit für die innere Sicherheit ist uns außerordentlich wichtig. Wir haben im aktuellen Doppelhaushalt dafür 120 Stellen neu geschaffen.
Lassen Sie uns ein wenig in die Zukunft schauen. Cyberkriminalität und extremistische Straftaten stellen uns vor neue Herausforderungen. Hier wurde schon einiges erreicht. Die Sächsische Zentralstelle zur Bekämpfung von Cybercrime wurde genannt. Wir müssen hier mit technischen Entwicklungen Schritt halten und dringend dranbleiben. Technische Innovationen sind auf der einen Seite schön und zu begrüßen, aber auf der anderen Seite bieten sie Kriminellen leider oft neue Möglichkeiten für Straftaten. Hier müssen wir genügend personelle und finanzielle Ressourcen bereitstellen.
Islamistischer Terror, rechte und linke Gewalt sind stete Bedrohung unseres demokratischen Gemeinwesens, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und unseres Rechtsstaates. Auch hier braucht es eine konsequente und gute Strafverfolgung. Deshalb bin ich dem Generalstaatsanwalt Hans Strobl für sein Handeln und unserem Justizminister Sebastian Gemkow für sein konsequentes Einstehen für unseren Rechtsstaat sehr dankbar.
Noch eines ist mir persönlich wichtig: Recht entwickelt sich weiter,
wie das auch die Gesellschaft tut. Das Recht muss also auf Veränderungen reagieren. Diesem Ansatz wird die sächsische Justiz gerecht. Wir sichern den starken Rechtsstaat in Sachsen, und darauf können sich unsere Bürger auch verlassen.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein interessanter Antrag. Er betrifft ja die Entscheidung des Landes- und Bundessozialgerichts und nimmt darauf Bezug. Interessant ist also eine sozialrechtliche Norm. Die Stellungnahme kommt vom Innenministerium, also innenpolitische Geschichte. Es betrifft die Finanzen, und wo ist es gelandet? – Im Verfassungs- und Rechtsausschuss. Herzlichen Dank. Freue ich mich auch. Ich weiß nicht, was der Antrag bei uns verloren hat. Aber ich denke mir – gut, ich mache das jetzt auch so. Ich mache das jetzt nicht politisch, sondern ich mache es rechtspolitisch-juristisch, so wie mir der Antrag vorliegt. Er lautet: Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichts endlich umsetzen.
Es stellt sich bei mir die Frage: Welche Entscheidungen sollen wirklich umgesetzt werden? Herr Bartl, Sie zitieren richtig – zwei, aber völlig verschiedene Entscheidungen aus dem Jahre 2018. Sie betreffen auch unterschiedliche Sachverhalte. Es ist ja bei dem Sozialgericht immer so,
dass die Entscheidung eine einzelne Person betrifft, die einen Antrag stellt und rehabilitiert bzw. entschädigt werden will. Sie fordern, auf diese beiden Entscheidungen hin endgültig einmal tätig zu werden. Ich habe nachgefragt und habe gesagt: Mensch, Leute, was ist da los? Nach dem Innenministerium – das hat auch die schriftliche Antwort ergeben – handelt es sich allein in Sachsen um mehrere Verfahren vor dem Landessozialgericht. Es stehen also noch zahlreiche Entscheidungen des Sächsischen Landessozialgerichts aus.
Das heißt im Klartext: Wir setzen jetzt schon mal etwas um, was noch gar nicht durch die Instanzen – und das ist das gute Recht, da hatten wir vorhin schon einen kleinen Disput – ist. Ich bin der Auffassung, die Distanzen müssen sein und es gibt ein Bundessozialgericht. Gerade, wenn die Staatsregierung oder die Legislative tätig werden sollen, brauchen wir eine Grundsatzentscheidung. Diese Entscheidung des Bundessozialgerichts steht bundesweit – und da sind die neuen Bundesländer gemeint – noch aus.
Worum geht es denn inhaltlich? Sie wollen, dass das Bekleidungs- und Verpflegungsgeld der Angehörigen der ehemaligen Deutschen Volkspolizei der ehemaligen DDR als Arbeitsentgelt bei der Rentenberechnung anerkannt wird. Das ist der Sachverhalt. Das Sächsische Landessozialgericht hat über die Berücksichtigung von Bekleidungs- und Verpflegungsgeld – in dem anderen Fall aber nur dem Verpflegungsgeld; in zwei Fällen hat sie schon entschieden – gestimmt. Und in einem Fall – das haben Sie auch gesagt – ist die Nichtzulassungsbeschwerde vonseiten des Freistaates Sachsen vor das Bundessozialgericht ergangen.
In einem Fall ist die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen worden, in einem anderen Fall ist überhaupt noch nicht entschieden.
Wir haben aber noch diverse andere Entscheidungen von Landessozialgerichten, die auch noch offen sind. Herr Bartl, es gibt hier keine einheitliche Rechtsprechung; denn das Bundessozialgericht hat sich überhaupt noch nicht damit befasst. Zu der Entscheidung komme ich noch.
Warten wir doch erst einmal – das ist eine sinnvolle juristische Frage – die Entscheidung ab. Dann besteht ja die Möglichkeit, mit der höchstrichterlichen Entscheidung auch eine Entscheidung im Parlament bzw. in der Staatsregierung herbeizuführen. Bislang hat sich das Bundessozialgericht mit der Thematik, wie Sie gesagt haben, noch nicht auseinandergesetzt.
Meiner Ansicht nach ist es sinnvoll und geboten, dass die endgültigen einheitlichen Entscheidungen erst einmal vorliegen, und dann werden wir tätig werden. Mir geht es um eine saubere und abschließende juristische Klärung.
Wenn wir wieder vorauseilend gehen wollen, denn wir sind jetzt im Wahlkampf und die Wahlen sind im September und ich muss Klientelpolitik machen, dann machen wir unter Umständen wieder Fehler. Das halte ich für den falschen Weg, zumal – ganz ehrlich – die Entscheidungen der Landessozialgerichte, die hier sind, für eine solche Grundlage eher etwas dürftig sind. Sie haben aber auch noch einen anderen Antrag angenommen: den der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 23. August 2007. Er wird als Grundlage für die Anerkennung von Verpflegungs- und Bekleidungsgeld als weiterer Entgeltbestandteil angesehen. Er ist aber überhaupt nicht einschlägig.
Das führt auch die Stellungnahme des Innenministeriums aus, dass das Urteil des Bundessozialgerichts allein zu der Frage der sogenannten Jahresendprämie als berücksichtigungsfähiges Arbeitsentgelt ergangen ist. Sorry, ich muss es jetzt hier mal ablesen. In dem dort zugrunde liegenden Fall wurde die sogenannte Jahresendprämie als zusätzlicher Arbeitsentgeltbestandteil aus einem Zusatzversorgungssystem geltend gemacht. Im Bereich der Sonderversorgung der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei wurden aber die Jahresendprämien nicht geleistet. Deshalb ist dieses Urteil des Bundessozialgerichts vom 23. August 2007 überhaupt nicht einschlägig. So können Sie die Staatsregierung nicht beauftragen, in irgendeiner Form tätig zu werden. Gut gemeint – das wollen Sie – ist aber das Gegenteil von gut gemacht.
Ich möchte aber gern zum Ende kommen, Herr Präsident, ja, bitte.
„Handgreiflich“ ist immer noch ein solches Wort, das ich bei Ihnen liebe. Ich kann handgreiflich werden, aber Gesetze können nicht handgreiflich sein.
Sie können einschlägig sein. Beim Landessozialgericht geht es um zwei einheitliche Kammern, die hier entschieden haben. Die eine hat das Bundessozialgericht zurückgewiesen, die Nichtzulassungsbeschwerde, und die andere hat sie noch nicht entschieden. Ich frage mich, warum ich vorher tätig werden muss.
Ja, weil sie wegsterben – aber das verstehe ich nicht. Dann hätten Sie letztes Jahr im Februar schon sagen müssen: Da ist jetzt eine Entscheidung, da müssen wir sofort tätig werden. Wir haben März 2019 und jetzt haben Sie es eilig. Jetzt wäre es sinnvoll, … ist übrigens noch in Arbeit, er arbeitet noch, also wegsterben wird er nicht. Wo ist denn jetzt das Problem, dass wir innerhalb der drei, vier Wochen tätig werden müssen? – Weil jetzt Wahlkampf ist!
Nein, weil wir die Frage stellen, ob zwei Landessozialgerichts-Entscheidungen und keine BundessozialgerichtsEntscheidungen maßgeblich sind. Das reicht nicht aus. So wird kein Mensch tätig. Juristisch müssen wir schon sauber bleiben. Deshalb können wir dem Ansinnen nicht folgen.
Herr Bartl, ich wollte auch mal versuchen, Ihnen in der ersten halbe Minute eine Frage zu stellen; denn sonst ist es immer umgekehrt. Diesmal geht die Frage an Sie: Können Sie uns kurz einmal erklären, was denn eine Rundverfügung, eine Richtlinie, eine Richtschnur ist, die der Generalstaatsanwalt gegeben hat? Könnten Sie uns erläutern, wie Sie das verstehen?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gut, das ist jetzt die zweite Debatte der LINKEN, habe ich mir gedacht. Über die Substanz und die Frage des Inhalts und vor allem des Niveaus habe ich mir Gedanken gemacht.
Ich muss sagen: Wow! Angesichts der Wortwahl des Antrags, Herr Kollege Bartl, sage ich: Sie sind seit 30 Jahren in diesem Parlament. Sie sind Strafverteidiger. Sie sind Anwalt, wie ich auch. „Gehabe des Generalstaatsanwaltes ist Gift für den Rechtsstaat“ – wie man sich als Anwalt so im Ton vergreifen kann, das tut mir leid. Das macht man meiner Ansicht nach nicht.
Gut, ich habe mir geschworen: Wir sind in der Fastenzeit und setzen uns sachlich mit diesem Thema auseinander. Es geht wohl um diese Rundverfügung des Generalstaatsanwaltes Strobl. Er ist übrigens nicht Mitglied der Exekutive – nur dass wir das einmal wissen, denn das ist der zweite Teil dieses Satzes.
Am 1. März 2019 ist die Rundverfügung in Kraft getreten. Sie dient der Strafverfolgungspraxis, nicht der Urteile des Richters und der Strafzumessung.
Die sächsische Strafverfolgungspraxis durch die Staatsanwaltschaft wird dadurch verschärft. Die Straftaten sollen also konsequent verfolgt werden, selbst wenn es sich um Bagatelldelikte handelt. Zukünftig soll – und das ist wichtig – das Strafverfahren im Bereich der Kleinkriminalität vor Gericht, also vor dem Richter, verhandelt werden. Das ist richtig und wichtig.
Bisher war es leider immer wieder üblich, dass die Staatsanwaltschaft vorher nach §§ 153 a, b, c, d, e und 154 eingestellt hat, wegen fehlendem öffentlichen Interesses etc. Auch darin haben Sie recht. Das wollen wir aber nicht.
Was wollen Sie mit dem Antrag? Wenn ich mir den Wortlaut „Gehabe des Generalstaatsanwaltes – Law and Order“ ansehe, dann wollen Sie letztendlich wieder einmal die Kriminellen schützen, und die Opfer, um die es geht, lassen Sie im Regen stehen.
Nein, Herr Bartl, das ist ein völlig falscher Ansatz. Ich sage Ihnen ehrlich: Erster Diebstahl, erste Körperverletzung, erstes Graffitimalen, das erste Mal dem anderen eine reinbumsen – im Straßenjargon –, das wird doch eh eingestellt, das ist doch frei. Nein! Das soll es nicht mehr. Das ist der Grund. Wir wollen es konsequent verfolgen. Es soll von der Staatsanwaltschaft konsequent nicht immer wieder eingestellt werden.
Das sind wir nämlich den Geschädigten und auch den Opfern schuldig.
Die Wortwahl der LINKEN zeigt eines: entweder Populismus – keine Ahnung –, Klientelpolitik – kann es auch sein – oder Unkenntnis. Nein, Herr Bartl, Unkenntnis sage ich Ihnen nicht nach. Sie sind fit. Als Strafverteidiger sind Sie gut. Deshalb verstehe ich nicht, warum der Generalstaatsanwalt das nicht machen darf. Es ist die Aufgabe und sogar die Pflicht der Generalstaatsanwaltschaft.
Kollege Mackenroth hat gesagt: „Justiz ist Ländersache“. Der Generalstaatsanwalt ist ein Landesgeneralstaatsanwalt
und er hat die Pflicht, dies zu tun. Eine solche Rundverfügung, eine solche Richtlinie zu geben ist eben kein Gehabe, wie Sie das darstellen.
Diese Richtlinie, diese Richtschnur für die Staatsanwaltschaften soll dem Rechtsfrieden dienen, Herr Bartl. Sie soll der Rechtsstaatlichkeit dienen und das tut sie auch. Sie ist nämlich ein Heilmittel und eben kein Gift. Was aber Gift ist, ist Ihr Debattenthema. Damit vergiften Sie nämlich genau das Ansehen dieser Rundverfügung.
Und das sage ich Ihnen noch einmal: So geht man übrigens nicht mit Herrn Staatsanwalt Strobl um, so geht man eigentlich überhaupt nicht mit der Staatsanwaltschaft um. Das ist Gift.
Ich komme noch einmal auf das beschleunigte Verfahren zurück. Das war nicht die aktuelle, sondern es war die letzte Rundverfügung gewesen. Ich denke, das war eine gute Sache. Sie hat sehr guten Anklang gefunden, bei der Staatsanwaltschaft und auch bei den Gerichten. Die schnelleren Verfahren schrecken nämlich ab. Das zeigen
auch die Erfahrungen unserer Nachbarn. Das zeigen auch die Erfahrungen in Polen und in Tschechien.
Und, liebe LINKE, fragen Sie mal in Thüringen nach bei den Genossinnen und Genossen. Das funktioniert. Sie sind dort nämlich auch sehr positiv überrascht und machen das genauso. Sie haben positive Erfahrungen damit gemacht. Denn durch das schnelle und konsequente Handeln – das ist wichtig – ist die kriminelle Karriere eines Kleinkriminellen mal ganz schnell gestoppt, und das ist sinnvoll. Die Täter müssen lernen, und sie müssen auch verstehen, dass sich die sächsische Justiz nicht einfach auf der Nase herumtanzen lässt.
Dieses ewige „Ich laviere mich durch, da eingestellt, da hab ich was gemacht und letztendlich taucht es nirgendwo auf, und jeder sagt, ich habe eine reine Weste“ geht so nicht. Dabei ist er schwarz gefahren, dabei hat er jemanden mal verwumst, dann hat er mal dort irgendwas geklaut. Das geht so nicht!
Aus diesem Grund danke ich dem Generalstaatsanwalt für die Umsetzung ebendieser Grundverfügung. Es ist das richtige Zeichen und vor allem der richtige Weg.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der zweiten Runde ist es dann gut. Mir geht es nur noch um eine Sache, den zweiten Teil mit der Exekutive. Vielen Dank, Herr Kollege Bartl hat nämlich genau dieses Thema angesprochen. Die Frage ist: Was soll denn das? Was macht denn der Richter? Der Richter ist in dem Verfahren, das heißt, er urteilt. Und was macht er? Entweder spricht er frei oder er verurteilt. Was macht vorher die Staatsanwaltschaft? Sie ist die Herrin des Verfahrens bis zur Erhebung der Anklage. Dann prüft der Richter: Ist das okay, kann man das verhandeln oder nicht? Also ist er Herr des Verfahrens. Das heißt, hier ist eine ganz klare Trennung. Die Staatsanwaltschaft kann die Anklage erheben.
Jetzt haben wir dieses Verfahren, was Herr Bartl vorgibt, wo er mit der Mischmaschine agiert. Der Richter sagt okay, ich möchte trotzdem einstellen. Das heißt, er springt in das Verfahren der Staatsanwaltschaft wieder hinein. Dann ist die Staatsanwaltschaft wieder die Herrin des Verfahrens und fragt: Kann ich einstellen?
Herr Bartl, ist der § 153 StPO gerade in Sachsen abgeschafft worden? – Nein, es gibt ihn weiterhin. Der Staatsanwalt kann weiterhin entscheiden, ob er einstellt oder nicht und auch das Gericht kann immer noch weiter fragen. Wenn ein Staatsanwalt sieht, dass ein Verfahren bei Gericht so läuft, wie es läuft, und der Richter sagt: Freunde, so sieht es aus; wollen wir nicht einstellen?, wird er wahrscheinlich nicht dagegen vorgehen. Es ist doch gar kein Zwang in dieser Richtlinie.
Jeder Referendar, der hier mal seine Ausbildung gemacht hat, musste Staatsanwaltsdienste machen. Da hat man genau diese Rundverfügung mitbekommen. Das heißt nicht mehr als: Was kostet was? Damit geht man rein.
Das ist Ländersache und das wird hier verhandelt. Das steht hier im Gegensatz zueinander, der Richter entscheidet. Er macht die Rechtsprechung. Der Staatsanwalt bringt das Verfahren ein und klagt an. Deswegen heißt er Anwalt.
Sie haben genau diesen Denkfehler mit der Strafverfolgung. Er kann nicht einfach sagen, es besteht kein öffentliches Interesse oder es ist geringwertig, deshalb stellen wir es mal nach § 153 a ein. Da sind andere Richtlinien dran. Jetzt sind wir in der mündlichen Verhandlung vor Gericht, der Richter hat zu entscheiden. Der Richter kann sagen, er geht unter § 153 und sucht das Rechtsgespräch. Dann stellt sich die Frage: Einstellung ja oder nein? Wenn der Richter sagt, es ist nicht alles dran, was dran ist, dann hat er die Möglichkeit zu sagen, ich stimme einer Einstellung nach § 153 zu.
Wenn das nicht so wäre, dann hätte der Generalstaatsanwalt gerade ein Gesetz verbreitet. Das ist es nicht, es ist eine Richtlinie, eine Richtschnur. Das wissen wir doch alle, die wir als Referendare da mal gesessen haben. Der Richter gibt den Hinweis und nach dem Hinweis nehmen sie das Telefon in die Hand und rufen den Staatsanwalt an: Geht das oder geht das nicht? Dann fragt er, was hat der Richter gesagt? Gut, dann stellen wir ein. Hallo, das ist eine Richtlinie, nicht mehr und nicht weniger. Sie versuchen hier gerade etwas zu einem Gesetz zu machen, und das ist es nicht.
Noch einmal, bitte.
Wenn der Richter eine andere Auffassung hat, hat er immer noch die Möglichkeit, wenn der Staatsanwalt Nein sagt, zu verurteilen oder, wie sie sagen, den Strafvorbehalt zu machen.
Zur Nachfrage an Sie, Herr Bartl: Der Staatsanwalt hat mit dieser Richtlinie zu entscheiden, wann er wie Anklage zu erheben hat und wann er wie nach § 153 das Verfahren einzustellen hat. Diese Sachen muss man eingrenzen. Und nun kommen wir wieder zum Ursprung: Die Frage der Rechtsprechung hat mit der Frage der Staatsanwaltschaft nichts zu tun. Dass der Justizminister oder der Generalstaatsanwalt in die Exekutive eingreift und die Rechtsprechung verändert,
ist an der Sache vorbeidiskutiert. Das wollte ich nur noch einmal klargestellt haben.
Herr Präsident! – Schön, Herr Colditz. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Justiz ist wieder an der Reihe. Jugendliche sind unsere Gegenwart, und sie sind natürlich auch unsere Zukunft. Wie wir unsere Jugendlichen ausbilden und erziehen, prägt unsere aller Zukunft. Was tun wir aber, wenn die Jugendlichen auf die sogenannte schiefe Bahn, wie wir immer so schön sagen, geraten? Was tun wir also, wenn sie straffällig werden?
Unser Justizsystem hat dazu klare Vorstellungen. Der Jugendarrest ist eine Möglichkeit und eine Maßnahme. Sanktionen für straffällig gewordene Jugendliche sind ebenso notwendig wie entsprechende Unterstützungsangebote. Beides – das eine wie das andere – gewährleistet der Jugendarrest. Die gesetzliche Regelung hierzu – des Vollzuges des Jugendarrestes – obliegt gemäß Artikel 70 Abs. 1 Grundgesetz den Ländern, nachdem im Zuge der Föderalismusreform I im Jahre 2006 die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug und damit für den gesamten Vollzug vom Bund an die Bundesländer – also an uns, den Freistaat Sachsen insbesondere – übertragen wurde. Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf handelt es sich um das letzte der Vollzugsgesetze, das noch in Landesrecht umgesetzt werden muss.
Die Gesetze für den Vollzug, für die Untersuchungs- und Strafhaft, für die Jugendstrafhaft sowie für die Sicherungsverwahrung wurden bereits in der 5. Legislaturperiode des Sächsischen Landtags beschlossen. Die heutige und letzte Gesetzesverabschiedung dient dazu, diesem Jugendarrestvollzug einen gesetzlichen Rahmen zu geben. Darüber hinaus ergibt sich die Anpassung – das machen wir heute noch – der sächsischen Vollzugsgesetze sowie der Änderung zum Sächsischen Justizgesetz und auch dem Richtergesetz des Freistaates Sachsen.
Der Jugendarrestvollzug hat die Senkung der Rückfallquote zum Ziel. Dieses Ziel haben wir uns gesetzt. Er strebt die gesellschaftliche Wiedereingliederung von
Jugendarrestanten an und soll die Möglichkeit auf eine freie Entfaltung in der Gesellschaft schaffen. – So der Gesetzeszweck.
Um diese zu gewährleisten, brauchen wir einen sicheren und auch einen gut ausgestatteten Jugendarrestvollzug sowie sichere Arbeitsbedingungen für die Justizvollzugsbediensteten.
In Sachsen gibt es vier Jugendarrestabteilungen, die dem Jugendstrafvollzug bzw. der Jugendvollzugsanstalt
angegliedert sind. Sie sind – das wird in dem nun eingegangenen Änderungsantrag aufgegriffen – aber auf jeden Fall räumlich getrennt. Der Jugendarrest erfolgt, wenn die Erziehungsmaßregeln nichts ausrichten, andererseits aber eine Jugendstrafe noch nicht geboten ist. Er soll erzieherisch gestaltet werden und den Jugendlichen helfen, die Probleme zu bewältigen, die zur Begehung der Straftat beigetragen haben.
Das für den Jugendarrest erforderliche Personal wird aus dem Personalkörper der jeweiligen Anstalt zur Verfügung gestellt. Um der Bedeutung des Jugendarrestvollzugs auch hinsichtlich der Ausstattung mit entsprechendem Personal Ausdruck zu verleihen, wurde die Regelung in Anlehnung an das Sächsische Strafvollzugsgesetz und das Sächsische Justizvollzugsgesetz gleich übernommen. Dort heißt es, dass für die Erreichung des Vollzugsziels das erforderliche Personal, unter anderem Sozialarbeiter, Psychologen, Pädagogen, vorzuhalten ist. Bereits im Doppelhaushalt 2015 und 2016 wurden im sozialbetreuerischen Bereich die Personalstellen erhöht. Auch der aktuelle Doppelhaushalt trägt dem Rechnung.
Weiterhin sollen nur die Bediensteten eingesetzt werden, die für den Umgang mit den jungen Menschen auch besonders geeignet sind. Die Koalition von CDU und SPD legt großen Wert auf eine qualitativ hochwertige und zielführende Betreuung dieser jungen Menschen. Wir wollen Fortbildung, Praxisbetreuung, Praxisbegleitung sowie die Qualitätssicherung und die erforderliche Supervision für die Bediensteten. Dies soll gewährleistet werden.
Die Arrestdauer umfasst in der Regel einen Zeitrahmen von ungefähr bis zu drei Wochen. Wir haben für diese Zeit auf die Erstellung eines Förderplanes verzichtet, da
man aufgrund der Kürze des Aufenthaltes keine abschließenden Ergebnisse erzielen würde und auch nicht erzielen kann. Das würde nur dazu führen, dass die Bediensteten überflüssige Arbeiten machen und damit zusätzlich mit Dingen eingebunden werden, die während des kurzen Aufenthaltes niemanden weiterbringen. Vielmehr soll mit den geeigneten Maßnahmen darauf hingewirkt werden, den Jugendlichen die Konsequenzen ihres Fehlverhaltens aufzuzeigen, um sich damit auseinanderzusetzen und durch Sozialmaßnahmen eine Wiedergutmachung zu erzielen.
Wir stehen zu einem modernen Jugendarrestvollzug, bei dem stets die Resozialisierung im Mittelpunkt stehen muss. Jeder hat eine zweite Chance verdient. Das ist auch Teil unseres christlichen Menschenbildes.
Der Vollzug in freien Formen soll dabei auch auf die Arreststrafen als alternative Möglichkeit gesehen werden.
Ein weiteres Thema ist für uns als CDU-Fraktion sehr wichtig: der Schutz unserer sächsischen Vollzugsbediensteten sowie die Praktikabilität der Maßnahmen. Daher wurden auf Initiative unserer Fraktion diese noch erfolgten Änderungen, die wir in der letzten Ausschusssitzung beschlossen haben, in das Gesetz aufgenommen. Die Einführung der disziplinarischen Trennung soll aufgrund angestiegener Übergriffe im Vollzug wieder möglich sein. Dies dient der Vorbereitung des sächsischen Justizvollzugs auf künftig vermehrte Aufnahme von Personen mit radikal-extremistischen Anschauungen und Verhaltensweisen. Dies kann insbesondere als Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn die Gefahr einer erheblichen Störung der Sicherheit oder der Ordnung in der Einrichtung nicht auf andere Weise vermieden werden kann.
Dabei wurde eine Verlängerung der Berichtspflicht für die Bediensteten der Aufsichtsbehörde vorgeschlagen und somit im Gleichklang mit den weiteren sächsischen Justizvollzugsgesetzen auf 48 Stunden verlängert. Diese Regelung trägt den Erfordernissen der Praxis hinreichend Rechnung – gerade im Hinblick auf die Wochenenden und auf die Feiertage. Zudem können sich die Vollzugsbediensteten so noch stärker ihren eigentlichen Aufgaben widmen.
Jetzt noch in die Richtung des Datenschutzbeauftragten, der es angesprochen hat: Der Erheblichkeit des Eingriffs und dem Erfordernis nach aufsichtsrechtlicher Kontrolle ist unserer Ansicht nach ausreichend Rechnung getragen.
Des Weiteren wurde eine Verlängerung der Berichtsfrist für die Bediensteten bei Videoaufzeichnungen an die Aufsichtsbehörde und auf den Wunsch des Arrestanten an den Anwalt von zehn auf 24 Stunden ermöglicht. Dies wurde vor dem Hintergrund der Praxiserfahrung an den Gesetzgeber herangetragen. Es ist also ein guter Kompromiss, die Aufsichtsbehörde und gegebenenfalls den
Verteidiger bei einer Fortdauer der Beobachtung mittels optisch-technischer Hilfsmittel, wie es so schön heißt – also Videoüberwachung –, über 24 Stunden hinaus zwingend zu informieren.
Die Beobachtung inhaftierter Personen mit der Videoüberwachung ist ein Teil des sächsischen Gesamtkonzeptes zur Suizidprävention von Straftätern vor dem Hintergrund des Falls Dschaber al-Bakr. Wir haben aus diesem Fall Konsequenzen gezogen, und wir haben gehandelt. Es ist doch nur logisch, dass neue technische Möglichkeiten auch vom Staat genutzt werden. Die Beobachtung mit optisch-technischen Hilfsmitteln, also der Videoüberwachung, ist in jedem Fall einer Sitzwache vorzuziehen,
und für den Arrestanten auch weniger unangenehm. Das ist unsere Auffassung und unsere Aussage.
Auch in der Sachverständigenanhörung am 22. August 2018 wurde die Anregung geäußert und aufgegriffen, die Frist zur Löschung der gespeicherten Daten, die mittels dieser Videoüberwachung erhoben werden soll, auf 72 Stunden zu verlängern. Die bislang vorgesehene Frist von 48 Stunden war hierfür zu kurz bemessen und auf die Bedürfnisse in der Praxis nicht ausreichend abgestimmt gewesen. Auch das haben wir angepasst.
Ganz klar ist: Eine Beobachtung mittels Videoüberwachung darf nur durch Anordnung erfolgen. Das heißt, es gibt vorher eine Erforderlichkeitsprüfung, und sie muss demzufolge immer begründet werden. Die Videoüberwachung wird immer von einem Bediensteten der JVA verfolgt. Insofern können Auffälligkeiten schnell erkannt und es kann gegebenenfalls reagiert werden.
Die Verlängerung dient vorrangig dem Ziel, dass unter Umständen eine fachliche Bewertung von Auffälligkeiten des Arrestanten durch mehrere Fachleute erfolgen muss. Das ist das sogenannte Konsilium. Das kann ich nicht mit einfachen Bediensteten der JVA durchführen, sondern hierfür brauche ich Fachleute, zum Beispiel Psychologen. Jene kann ich nicht am Wochenende an einen Bildschirm setzen.
Noch einmal zum Datenschutzbeauftragten – er hat das angesprochen –: Auch mit dieser Regelung wird dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dem Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, gleichwohl ausreichend Rechnung getragen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die sächsische Justiz leistet eine hervorragende Arbeit. Unser Dank gilt vor allem den sächsischen Justizvollzugsbediensteten, die diese hervorragende Arbeit leisten.
Das hier vorliegende Gesetz ist ein weiterer Baustein für einen starken Rechtsstaat. Unsere Bürgerinnen und Bürger können sich jederzeit auf unseren Rechtsstaat
verlassen. Dafür können wir dankbar sein und ich bitte, dass das auch so bleibt.
Jugendliche sind in unserer Gegenwart da und sie werden auch in Zukunft da sein. Der vorliegende Gesetzentwurf hilft jenen Jugendlichen, die Schwierigkeiten haben oder die sich etwas haben zu Schulden kommen lassen, dass sie wieder auf den richtigen Weg geführt werden. Das ist auch für uns der richtige Weg, und diesen sollten wir gemeinsam gehen.
Herzlichen Dank.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Vielen Dank. Es schließt sich an der Redebeitrag von Herrn Kollegen Bartl, Fraktion DIE LINKE.
Herr Bartl, uns ist zunächst einmal wichtig, wie wir mit dem Antrag umgehen. Er wird jetzt einheitlich eingebracht und einheitlich abgestimmt – nicht so wie im Ausschuss mit den fünf Stunden; das wollen wir uns ersparen.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Wir müssen uns jetzt verständigen. Es gibt eine Stellungnahme zum Änderungsantrag; Herr Modschiedler, bitte.
Genau, eine einheitliche Stellungnahme, dann werden wir uns nicht mehr dazu äußern.
Deswegen fasse ich es in drei Punkten zusammen, die Sie, Herr Bartl, mit eingebracht haben. Im Wesentlichen haben wir uns vorab, weil wir wussten, dass die Änderungsanträge kommen, in der Einführungsstellungnahme schon einmal geäußert.
Zum einen möchte ich auf das Trennungsgebot eingehen. Wir müssen uns Gedanken machen – es ist kein Jugendhotel. Der Arrest in freien Formen, den wir haben, steht unabhängig davon im Raum; das Seehaus-Beispiel, das auch wieder kritisiert worden ist. Aber das hier ist kein Wochenendhotel, sondern es ist die Frage des Jugendvollzugsarrests, und den muss man auch sehen.
Deswegen ist es richtig, dass wir das Trennungsgebot haben, und dieses soll es auch geben, aber es ist eine räumliche Trennung. Eines müssen wir sehen – das hatten wir mehrfach angesprochen –: Es ist nicht immer so, dass jemand dort da ist, dass der Jugendarrestvollzug genutzt wird. Man hat dann leere Räume, aber für diese alle möglichen Psychologen, die dann vorhanden sind. Das nenne ich ineffektiv, und da stellt sich nicht mehr die Frage, ob eigenständig sinnvoll ist oder nicht.
Zweitens, Durchsuchung von Jugendarrestanten. Wenn ich Aussagen höre wie „das darf man doch nicht tun“, sage ich dazu: Wir haben es unter Richtervorbehalt. Wollen wir jetzt noch den lieben Gott befragen, ist Ihnen das wichtiger? Das würde mich wundern. Der Richtervorbehalt ist schon ein schwerwiegender Vorbehalt, der hier getroffen wird, und einzig dieser ist einzuholen.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Herr Modschiedler, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Ja, klar.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Herr Bartl, bitte.
Der Oberste der Anstalt ist der Richter, der das zu machen hat. Das ist ein Irrtum. Sie haben im Jugendarrest die Möglichkeit, dass ein Konsilium gemacht werden kann, und das kann der Chef des Jugendvollzugs machen. Hier macht es der Richter – so verstehe ich es.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Es gibt eine weitere Zwischenfrage von Herrn Bartl.