Heike Franzen
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Last Statements
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der heute vorliegende Antrag zur Sozialstaffelregelung ist Wahlkampfgeplänkel in reinster Form.
2004 hat die damalige rot-grüne Landesregierung die Bemessungsgrenze für die Sozialstaffel auf 85 % der Regelsätze herabgesetzt, um die Kommunen im Rahmen der Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosengeld nicht zu überfordern. Bereits im September 2005 haben wir hier darüber diskutiert.
Wenn wir wollen, dass die Sozialstaffeln angeglichen werden, dann geht das nur zusammen mit den Kreisen und kreisfreien Städten. Sie sind die Träger der Jugendhilfe und nicht das Land. Daher hatten wir uns, nachdem die ehemalige Bildungsministerin mit ihren Verhandlungen keinen Erfolg hatte, bewusst im Bildungsausschuss darauf verständigt, die kommunalen Landesverbände, den Landesrechnungshof und die Wohlfahrtsverbände sowohl schriftlich als auch mündlich anzuhören. Wir wollten alle gemeinsam ein öffentliches parlamentarisches Verfahren. Wir haben heute Morgen gehört, dass der Abgeordnete Puls sehr viel Leidenschaft für solche Verfahren hat. Das scheint bei der SPD aber von gewissen Themen abhängig zu sein.
Die antragstellenden Fraktionen sind nun ausgeschert. Sie beantragen jetzt, dass die Landesregierung - meine Damen und Herren, wir alle sind nur noch fünf Wochen im Amt - in der Zeit das schafft, was weder eine rot-grüne Landesregierung in 17 Jahren vor dieser Legislaturperiode geschafft noch die SPD-Bildungsministerin in den letzten vier Jahren hingekriegt hat.
Ich freue mich über so viel Zutrauen zu unserem Bildungsminister, halte es aber in der Sache für unrealistisch und falsch.
Die Frage nach den Auswirkungen auf den Landeshaushalt ist noch nicht geklärt. Vorhin haben wir gehört, dass die Grünen wirklich Bauchweh hatten, beim Landesplan Niederdeutsch zuzustimmen. Wir wissen hier überhaupt noch nicht, welche Auswirkungen die Veränderungen im § 25 des Kindertagesstättengesetzes hätten. Wir müssen davon ausgehen, dass für die entstehenden Mehrkosten der Kreise und kreisfreien Städte auch das Land auf
kommen müsste, insbesondere beim Gebrauch der 85 %-Regelung, von der insgesamt nur drei Kreise Gebrauch machen. Der Landesrechnungshof hat dazu bisher keine Aussagen gemacht, aber wir wollen gern wissen, mit welchen Kosten wir an der Stelle zu rechnen haben. Die CDU-Fraktion will zuerst alle Fakten kennen, bevor sie entscheidet.
Meine Damen und Herren, eine einheitliche Sozialstaffel führt im Übrigen nicht - das müssen wir den Eltern auch deutlich sagen - zu einer einheitlichen Be- oder Entlastung. Denn auch die Elternbeiträge der Kindertagesstätten sind davon nicht erfasst. Auch über die plötzliche Eile bei der SPD kann man überrascht sein. Erst kürzlich konnte man der Presse entnehmen, dass Herr Dr. Stegner als erste Amtshandlung alle drei Kindergartenjahre beitragsfrei machen will. Wozu dann die große Eile mit den Sozialstaffeln? Die werden dann zum größten Teil überflüssig sein.
Ist am Ende vielleicht doch die Erkenntnis gereift, dass es mit der Finanzierung knapp werden könnte? Bis jetzt hat sich die SPD noch nicht erklärt, wie sie den Landeshaushalt sanieren und gleichzeitig 70 Millionen € zusätzlich aufbringen will.
- Sie können sich ja zu Wort melden, Herr Dr. Stegner.
Dazu gibt es drei Wege: Der erste Weg ist, Steuern zu erhöhen, der zweite ist, Schulden zu machen, und der dritte ist, anderen die Zuweisungen zu kürzen. Vielleicht können Sie uns eine Antwort darauf geben, welchen Weg Sie gehen wollen.
Die Kreise und kreisfreien Städte sind in ihrer kommunalen Verantwortung bisher verantwortlich mit den Bemessungsgrundlagen und den Sozialstaffeln umgegangen.
Der Landesrechnungshof hat deutlich gemacht, dass ein einheitlicheres Vorgehen auch zu Synergieeffekten bei den Kommunen führen kann. Darüber wollen wir mit dem Vertretern der Kommunen reden und werden an einem gemeinsam vereinbarten Verfahren festhalten und im Bildungsausschuss
des nächsten Landtags eine mündliche Anhörung beantragen.
Ihrem Antrag werden wir heute in der Sache nicht zustimmen. Ich denke, dass sich nach der Wahl die Gemüter wieder beruhigt haben, um zu sachlicher Arbeit zurückzukehren. Die CDU-Fraktion folgt jedenfalls der Beschlussempfehlung des Ausschusses.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Bericht des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung bedankt sich Dr. Hase insbesondere auch bei uns Abgeordneten für die gute Zusammenarbeit und die Unterstützung für ihn und sein Team. Ich will diesen Dank gern aufgreifen, Dr. Hase, und mich ebenfalls für die stets vertrauensvolle und offene Zusammenarbeit sehr herzlich bei Ihnen und bei Ihrem Team bedanken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Arbeit ist für die gesamte Gesellschaft von elementarer Bedeutung und ist somit auch der erste Schwerpunkt des Berichts. Zum einen wird deutlich, dass sich die Landesregierung um den Bereich Arbeit für Menschen
mit Behinderung bemüht hat, zum anderen müssen wir erkennen, dass noch weitere Anstrengungen notwendig sind, um Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung zu erhalten und zu schaffen. Der zuständige Arbeitsminister wollte bereits im November 2009 in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit dem Sozialministerium dazu Instrumente entwickeln. Der Landesbeauftragte erhofft sich offenbar noch heute, dass diese Arbeitsgruppe bald eingerichtet wird. Ich kann nur hoffen, dass sich die Hoffnungen des Landesbeauftragten bereits zwei Jahre später erfüllt haben werden.
Die Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderung beim Land sollte weiter erhöht werden, nicht nur, um die Ausgleichsabgaben zu vermeiden, sondern, um insbesondere der von der Sozialministerin angestoßenen Diskussion zur Inklusion auch Rechnung zu tragen. Erfreulich ist in diesem Zusammenhang, dass sich offensichtlich die Übertragung der Eingliederungshilfe auf die Kommunen inzwischen auf einem guten Weg zu befinden scheint. Es ist noch nicht alles perfekt, aber es wird konstruktiv daran gearbeitet.
Im Februar dieses Jahres lebten rund 2,8 Millionen Menschen in Schleswig-Holstein, davon rund 481.000 mit einer anerkannten Behinderung. Rund 305.000 unserer Mitbürger hatten einen Grad der Behinderung von über 50. Es handelt sich hierbei also nicht um eine Randgruppe, sondern um einen relevanten Anteil der Bevölkerung, der aufgrund der demografischen Entwicklung auch weiter ansteigen wird. Es ist daher erfreulich, dass Barrierefreiheit offensichtlich zunehmend als Qualitätsmerkmal verstanden wird, das der Gesamtheit zugute kommt.
Um Barrierefreiheit umsetzen zu können, müssen wir mehrere Wege beschreiten. Es ist sicherlich richtig, auch über gesetzliche Maßnahmen auf Barrierefreiheit hinzuwirken, aber darüber hinaus muss Barrierefreiheit auch in den Köpfen der Menschen zur Selbstverständlichkeit werden. Ein solcher Prozess braucht Zeit und Multiplikatoren, und solche Multiplikatoren sind Herr Dr. Hase und vor allen Dingen auch die Beauftragten und Beiräte vor Ort.
- Danke schön.
Im Bereich der Mobilität hat sich in den letzten Jahren viel getan. Dennoch müssen wir feststellen, dass dieser Bereich immer noch eine große Herausforderung darstellt. Wir müssen im Rahmen der uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten weiter dar
an arbeiten, dass gerade der ÖPNV barrierefrei wird, sowohl im Busverkehr als auch auf der Schiene und im Flugverkehr. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, in unserem Land barrierefrei verreisen zu können. Auf dem Gebiet des barrierefreien Tourismus haben wir noch deutlichen Handlungsbedarf.
Im Bericht wird mehrfach darauf hingewiesen, dass das Gewähren von Nachteilsausgleichen in den Schulen zu Schwierigkeiten führt. Nach den Bereichen Barrierefreiheit und Arbeit ist bei den Einzelfällen der Nachteilsausgleich an dritter Stelle benannt. Das ergab sich nicht etwa aufgrund von fehlenden gesetzlichen Regelungen, sondern offensichtlich aufgrund von Unkenntnis der Schulleitungen und Lehrkräfte - und das im Jahr der inklusiven Bildung. Da müssen wir etwas ändern!
Politik tut immer gut daran, sich auf den Rat von Experten zu verlassen, und so haben sich inzwischen in fast allen Kreisen - bis auf drei - Beiräte oder Beauftragte für Menschen mit Behinderung etabliert. Sie tragen ehrenamtlich mit ihrem Expertenwissen dazu bei, dass die Belange unserer Mitbürger mit Behinderung befördert werden, und dafür sollte sich dieses Haus hier sehr herzlich bedanken. - Schade eigentlich. Ich finde, die Beauftragten vor Ort hätten einen Applaus verdient.
Es gäbe noch viel mehr zum Bericht des Landesbeauftragten zu sagen. Er ist sehr umfangreich, und viele von ihm gemachte Vorschläge würden sich mit Sicherheit gut für die Erstellung eines behindertenpolitischen Gesamtkonzeptes eignen. Weil das so ist, sollte der Bericht in jedem Ausschuss beraten werden.
Frau Präsidentin! Meine lieben Damen und Herren! Nach den Vorgaben der Föderalismuskommission II ist nicht mehr der Bund für die Heimgesetzgebung zuständig, sondern die Länder. Wir haben uns hier in Schleswig-Holstein dieser Herausforderung gestellt und wollen heute das Gesetz zur Stärkung von Selbstbestimmung und Schutz von Menschen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung kurz: Selbstbestimmungsstärkungsgesetz - verabschieden.
Zunächst einmal möchte ich mich bei allen Beteiligten für die konstruktive Zusammenarbeit und die sachlichen Diskussionen, die zu dem jetzt vorlie
genden Beschlussvorschlag des Sozialausschusses geführt haben, sehr herzlich bedanken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Viele der vorgebrachten Anregungen und Vorschläge sind im parlamentarischen Verfahren von den beiden Koalitionsfraktionen aufgenommen worden und finden sich nun im Gesetz wieder.
Der Anspruch unseres Gesetzes ist hoch. Wir wollten sowohl den Bedürfnissen von Menschen mit Pflegebedarf als auch denen von Menschen mit Behinderung gerecht werden - unter dem Anspruch des Verbraucherschutzes. Die letzte Diskussion und die Abstimmung im Sozialausschuss zeigten sehr deutlich, dass sich diesem Anspruch alle Fraktionen in diesem Hause verpflichtet fühlen.
Das Gesetz trägt insbesondere dem Grundsatz von ambulanten Hilfen vor stationären Hilfen Rechnung. Dabei haben wir einige Schwerpunkte gesetzt: in der Beratung, bei der Qualitätssicherung, bei den Mitwirkungsrechten und der Förderung von ambulant unterstützten Wohn-, Pflege- und Betreuungsformen. Menschen sollen in Schleswig-Holstein selbstbestimmt leben können und dabei die Hilfen bekommen, die sie auf Grund ihres Pflegebedarfs oder ihrer Behinderung benötigen.
So verschieden wie die Menschen sind, so verschieden sollen auch die Wohn-, Pflege- und Betreuungsformen sein: von der ambulanten Betreuung in der eigenen Wohnung über Haus- oder Wohngemeinschaften, wo man sich gegenseitig hilft und Hilfeleistungen selbstverantwortlich einkauft, bis hin zu den stationären Hilfen zum Wohnen und Leben. Um die Träger von stationären Einrichtungen zu ermuntern, auch hier den Grundsatz „ambulant vor stationär“ umzusetzen, ist in § 11 vorgesehen, dass sie bei der Weiterentwicklung von stationären zu ambulanten Einrichtungen und bei der Erprobung von neuen Wohn-, Pflege- und Betreuungsformen unter den im Gesetz beschriebenen Vorgaben zunächst auf fünf Jahre befristet und bei Bewährung der entsprechenden Konzepte auch auf Dauer befreit werden können. Ich will noch einmal betonen, dass diese Regelungen sowohl für den Bereich der Pflege als auch für die Angebote für Menschen mit Behinderung gelten. Selbstverständlich gelten sie auch für die Einrichtungen, die beides anbieten.
Bei der Pflege ist in den letzten Jahren zu Recht das betreute Wohnen in den Mittelpunkt der Diskussi
on gerückt. Immer wieder sind mit diesem Begriff unterschiedlichste Vorstellungen von betreutem Wohnen verbunden worden: vom Wohnen mit Service bis hin zu dem Anspruch, bei Notwendigkeit der Pflege die Pflegestufe 3 zu erhalten. In diesem Zusammenhang ist immer wieder die mangelnde Transparenz der Angebote des betreuten Wohnens angesprochen worden. Das war auch notwendig. Das Gesetz sieht daher eine Transparenzpflicht für die Anbieter vor. Sie müssen allgemeinverständliche Informationen über ihre Angebote vorhalten, damit gleich von Anfang an klar ist, was der Anbieter leisten kann. Zudem fordert das Gesetz sie auf, sich um ein Gütesiegel zu bewerben. Die im Entwurf des Ministeriums vorgesehene Pflicht der Anbieter zur Zertifizierung ihres Angebotes entfällt an dieser Stelle. Ich glaube, dass wir mit der neuen Regelung die Qualität von Betreutem Wohnen einerseits sichtbar machen und noch deutlich verbessern, andererseits aber auch zur allgemeinen Akzeptanz des Gesetzes beitragen.
Natürlich enthält ein solches Gesetz auch die Voraussetzungen und Pflichten für den Betrieb von ambulanten Angeboten sowie besonderen Wohn-, Pflege und Betreuungsformen und stationären Einrichtungen. Diese will ich nicht alle aufzählen, aber schon aufzeigen, dass wir sowohl bei den besonderen Wohnformen als auch bei den stationären Einrichtungen auf die Selbstbestimmung der Bewohner besonderen Wert gelegt haben. So müssen Anbieter von besonderen Wohn-, Pflege- und Betreuungsformen die Darstellung der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte vorlegen und Angaben darüber machen, wie bürgerschaftliches Engagement stattfinden kann. Für die stationären Einrichtungen sichert und stärkt der § 16 die Mitwirkungsrechte bis hin zur Teilnahme an den Vergütungsverhandlungen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Qualität und Transparenz zeichnen ein gutes Angebot aus. Daher regelt dass Gesetz umfangreiche Informationspflichten für die Anbieter, aber auch die Überprüfung der Qualität der Angebote und die Veröffentlichung von Prüf- und Tätigkeitsberichten. Dabei hat uns der Grundsatz „So viel Überprüfung wie nötig, so wenig wie möglich“ geleitet.
Hier das nötige Gleichgewicht zu finden, war nicht immer einfach. Wir müssen uns bei der Überprüfung von Anbietern immer vor Augen führen, dass jede Überprüfung auch immer ein Eingriff in die Privatsphäre derjenigen ist, die wir schützen wollen. Die Prüfung einer Leistung bedeutet auch das Betreten von privaten Räumlichkeiten der Bewoh
ner. Daher finden in den selbstverantwortlich geführten Hausgemeinschaften keine Regelprüfungen statt. Hier muss man davon ausgehen, dass bei mangelnder Qualität der Leistungen die Haus- oder Wohngemeinschaft auch selbstverantwortlich den Anbieter wechseln wird. In den besonderen Wohn-, Pflege- und Betreuungsformen finden keine Regelprüfungen statt. Sie können aber bei konkret vorliegenden Anhaltspunkten überprüft werden. Sollte die zuständige Behörde beim Betreuten Wohnen begründete Zweifel an der Zuordnung der Versorgungsform haben, kann auch hier geprüft werden.
Stationäre Einrichtungen unterliegen weiterhin sowohl einmal jährlich einer Regelprüfung als auch anlassbezogenen Prüfungen, die grundsätzlich stattfinden. Einrichtungen können für bis zu drei Jahre von Regelprüfungen befreit werden, wenn sie in dem gleichen Jahr bereits vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen oder vom Träger der Sozialhilfe umfassend geprüft worden sind oder nachweisen können, dass sie die Ziele des Gesetzes bereits seit längerer Zeit erreicht haben und das auch für die Zukunft sicherstellen können. Auch hier wollen wir so viel Kontrolle wie nötig und so wenig wie möglich.
Insbesondere um den Umfang der Prüfungen gab es immer wieder Diskussionen. Ich bin aber überzeugt, dass wir mit der gefundenen Regelung zu einer Lösung kommen werden. Das Sozialministerium soll im Einvernehmen mit den zuständigen Behörden und unter Beteiligung des Landespflegeausschusses, in dem die Träger vertreten sind, innerhalb von sechs Monaten eine Richtlinie erarbeiten, die die Details klärt und sicherstellt, dass die Prüfungen möglichst einheitlich durchgeführt werden.
Werden bei Prüfungen Mängel festgestellt, dann gibt das Gesetz einen umfangreichen Maßnahmenkatalog von der Beratung über Anordnung eines Belegungsstopps bis hin zur Schließung einer Einrichtung vor. Gerade beim Thema Belegungsstopp haben wir ebenfalls länger diskutiert. Auch die Fraktionen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben in den vorliegenden Anträgen nochmals beantragt, den Belegungsstopp auf drei Monate zu befristen.
Ich möchte deutlich sagen, in weiteren internen Diskussionen sind auch wir zu der Überzeugung gelangt, dass die Gründe für eine Befristung überwiegen, und wir werden daher an dieser Stelle den beiden Anträgen zustimmen.
Insgesamt möchte ich zu den Anträgen von den Fraktionen der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ
NEN sagen, dass wir in der Sache hier nicht weit auseinanderliegen. Ich glaube, dass wir einiges von dem, was die Grünen beantragt haben, auf dem Verordnungsweg und nicht durch das Gesetz regeln sollten. In Richtung des Kollegen Dr. Heiner Garg möchte ich anmerken, dass es ein bisschen schade ist, dass wir Ihren Antrag so spät bekommen haben, sodass wir ihn im Sozialausschuss nicht mehr haben beraten können. Ich hätte gern noch einmal über ihn gesprochen und auch die Verbände zu Ihren Vorschlägen gehört.
Was den Namen des Gesetzes betrifft, so kann man hier in der Tat unterschiedlicher Auffassung sein. Ich glaube aber, es ist wichtiger, was im Gesetz steht, als was oben drüber steht.
Lassen Sie mich zum Abschluss sagen, dass wir in einem sachlichen und pragmatischen Beratungsprozess letztlich zu einem sehr guten Gesetz gekommen sind, das eine der Weichen für die zukünftige Entwicklung in der sozialen Landschaft in Schleswig-Holstein stellen wird. Für die CDU-Fraktion kann ich feststellen: Alle unsere Anforderungen an ein solches Gesetz und Gesetzesvorhaben sind mit den umfassenden Anträgen der Regierungsfraktionen erfüllt. Auch der umfangreichen Kritik an dem Entwurf des Ministeriums ist letztendlich Rechnung getragen worden. Dieses Gesetz ist modern, setzt auf Innovation und Kreativität, stärkt die Selbstbestimmung und den Verbraucherschutz, und deshalb bitte ich Sie sehr herzlich um Ihre Zustimmung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Sozialstaffelregelungen bei den Kindertagesstätten in Schleswig-Holstein beschäftigen uns nicht zum ersten Mal in dieser Legislaturperiode. 2005 haben wir einen Passus in das Kindertagesstättengesetz aufgenommen, der vorsieht, dass bei der Ermittlung der Belastungsgrenzen für die Heranziehung zu einem Eigenanteil zu den Kita-Gebühren 85 % der Regelsätze der Sozialhilfe berücksichtig werden können.
Ich möchte noch einmal daran erinnern, warum § 25 des Kindertagesstättengesetzes geändert worden ist. Es ging darum, das Gesetz an die neuen Gegebenheiten aufgrund der Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosengeld anzupassen und die Zuwendungsempfänger über die Sozialstaffel nicht stärker zu belasten als vor der Zusammenlegung. Die Kreise und kreisfreien Städte befürchteten damals Mehrbelastungen in Millionenhöhe. Der Landesrechnungshof hat sich in seinem Kommunalbericht 2007 mit den Regelungen der Sozialstaffeln befasst, die in der Verantwortung der Träger der Jugendhilfe - also letztlich der Kreise und kreisfreien Städte - liegen. Er hat dabei zu Recht darauf hingewiesen, wie unterschiedlich diesbezüglich verfahren wird.
Nun haben wir das Jahr 2009, und in der Kindertagesstättenlandschaft hat sich einiges getan. Ab August dieses Jahres wird das letzte Kindergartenjahr vor der Schule für die Eltern gebührenfrei sein; das ist bereits eine massive Entlastung für die Eltern.
Sowohl die Bürgerbeauftragte als auch das zuständige Bildungsministerium haben mitgeteilt, dass nur drei der 15 Kreise und kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein von der 85-%-Regelung Gebrauch machen. Abgesehen von dem Beispiel im Bericht der Bürgerbeauftragten haben wir keine Erkenntnisse zu den tatsächlichen Auswirkungen auf die betroffenen Eltern. Auch das Bildungsministerium konnte in der Antwort auf meine Kleine Anfrage keine zuverlässigen Angaben machen.
Eine Aufhebung dieser Regelung würde übrigens nicht automatisch dazu führen, dass der Besuch von
Kindertagesstätten für die Kinder aller Arbeitslosengeld-II-Empfänger kostenfrei wird. Laut Landesrechnungshof erhebt beispielsweise der Kreis Pinneberg, der die 85-%-Regelung nicht anwendet, eine Mindestgebühr von 15,50 € pro Kind. Auf der anderen Seite sind Arbeitslosengeld-II-Empfänger im Kreis Stormarn, der die 85-%-Regelung anwendet, gänzlich von Gebühren für Kindertagesstätten befreit.
Die Grünen fordern in ihrem Antrag, dass zum 1. Dezember 2009 die vollen Regelsätze bei der Bemessung von Einkommensgrenzen für die Sozialstaffelregelungen zugrunde gelegt werden. Die dadurch entstehenden Kosten sollen aus den angeblich frei werdenden Mitteln der Sozialstaffeln aufgrund der Einführung des beitragsfreien letzten Kindergartenjahres gedeckt werden. Die Sozialstaffeln der Kreise und kreisfreien Städte sind aber bereits über den Pakt für Familien in die Finanzierung des letzten Kindergartenjahres einbezogen. Die Gelder sind also bereits ausgegeben, und zweimal werden wir sie nicht ausgeben können!
Darüber hinaus fordern die Grünen eine landesweit einheitliche Sozialstaffel. Das ist aber nicht sinnvoll. Denn wir haben schließlich auch keine landesweit einheitlichen Gebühren für die Kindertagesstätten. Die Sozialstaffeln werden sich immer an den örtlichen Gegebenheiten und an den Besonderheiten des Einzelfalles orientieren müssen.
Die CDU-Fraktion will langfristig weitere Kindergartenjahre für die Eltern beitragsfrei machen, solange wir das nicht über zusätzliche Schulden finanzieren müssen. Bis es so weit ist, sollten wir mit den Kommunen über die Ausgestaltung der Sozialstaffeln in Schleswig-Holstein reden. Dabei müssen wir auch noch einmal die Vorschläge des Landesrechnungshofes diskutieren. Dieser fordert unter anderem eindeutige und nachvollziehbare Handlungsvorschriften, die zum einen zu einer Gleichbehandlung der Antragsteller führen und zum anderen den Verwaltungsaufwand reduzieren können. Daran müssten eigentlich auch die Kommunen ein großes Interesse haben.
Die Voraussetzungen für Leistungen der Sozialstaffeln sollten die örtlichen Träger der Jugendhilfe, auch im eigenen Interesse, enger miteinander abstimmen. Dadurch könnte eine einheitliche Behandlung der Eltern in Schleswig-Holstein gewährleistet werden. Um diesbezüglich weitere Schritte gehen zu können, sollten wir im Ausschuss den kommunalen Landesverbänden Gelegenheit geben, sich zu dem Verfahren der Sozialstaffeln zu äußern. Außerdem schlage ich vor, den Landesrechnungshof im
Ausschuss anzuhören, von dem viele gute Vorschläge zum Umgang mit den Sozialstaffeln in Schleswig-Holstein gekommen sind. Wir brauchen ein einheitlicheres Verfahren in Schleswig-Holstein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Gott, Frau Birk, was strotzte das vor Unkenntnis. Wann waren Sie eigentlich das letzte Mal in einer Schule?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung ist im vergangenen Jahr von der Bundesregierung ratifiziert worden. Die CDU-Fraktion begrüßt dies ausdrücklich.
Diese Beschlüsse tragen dazu bei, die Rechte auf Bildung und Gleichstellung in den Ländern zu fördern, insbesondere in den Ländern, in denen sie noch nicht selbstverständlich sind.
Die Grünen schließen daraus, dass alle Kinder unabhängig von ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten gemeinsam unterrichtet werden müssen. Nein, das ist nicht ganz richtig, nicht alle Kinder. Nach Ansicht der Grünen sollen bei einigen Behinderungen allein die Eltern entscheiden, ob ihre Kinder integrativ oder an einem Förderzentrum beschult werden, während bei anderen Behinderungen eine Beschulung an einem Förderzentrum gar nicht mehr möglich sein soll.
Im Einzelfall bedeutet dies, Eltern eines Kindes mit einer ausgeprägten Lernbehinderung, das vielleicht auch noch von einer emotionalen Störung betroffen ist, müssen nach den Vorstellungen der Grünen ihr Kind auf jeden Fall an einer Regelschule anmelden, während Eltern eines Kindes mit DownSyndrom wählen können, wo ihrer Meinung nach der geeignetere Förderort für Ihr Kind ist. Es gibt Formen von Lernbehinderungen, bei denen die Abgrenzung zu einer geistigen Behinderung nicht eindeutig vorgenommen werden kann. Wer von Ihnen entscheidet in solchen Fällen über den Ort der Förderung? - Dieses Aussortieren einzelner Behinderungen lehnen wir entschieden ab.
Kinder müssen entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse gefördert werden. Dabei ist für uns immer der Bedarf des konkreten Einzelfalls ausschlaggebend. Wenn Kinder den Schonraum der kleinen Gruppe und die intensive Betreuung und Förderung eines Förderzentrums benötigen, um sich entwickeln zu können, dann müssen wir dem auch entsprechen können.
Dabei müssen auch Aspekte der Persönlichkeitsentwicklung Berücksichtigung finden. Kinder brauchen soziale Kontakte und Freundschaften zu Gleichaltrigen. Insbesondere bei Kindern mit Entwicklungsverzögerungen müssen wir darauf achten, dass es bei der integrativen Beschulung nicht zu Ausgrenzung und Vereinsamung im Klassenverband kommt. Wir brauchen für eine verantwortungsvolle sonderpädagogische Förderung von Kindern sowohl die integrative Beschulung als auch die intensive Förderung durch Fachpersonal an den Förderzentren.
Die Grünen haben in ihrer Pressemitteilung zu Recht darauf verwiesen, dass der Anteil der Kinder, die in Schleswig-Holstein integrativ beschult werden, deutlich höher ist als der in anderen Bundesländern. Das ist richtig und mit Sicherheit auf die Verfahren zurückzuführen, die in unserem Land Anwendung finden.
Wird der sonderpädagogische Förderbedarf eines Kindes festgestellt, dann werden Koordinierungsgespräche geführt. Führen diese zu keinem Einvernehmen, wird ein Förderausschuss eingerichtet, der unter anderem den konkreten Förderbedarf der Kinder ermittelt, die benötigten Hilfs- und Lernmittel feststellt und natürlich auch über den geeigneten Förderort beschließt.
Die Behauptung in der Begründung des Gesetzentwurfes der Grünen, „dass diese Förderzentren zu Abschiebeplätzen für Schülerinnen und Schüler werden, die aufgrund ihrer sozialen Herkunft einem höheren Risiko ausgesetzt sind“, ist daher meiner Meinung nach ungeheuerlich.
Meine Damen und Herren, diese Aussage ist falsch und diffamiert die gute Arbeit der beratenden Lehrkräfte, der beteiligten Schulen und der verantwortlichen Schulämter.
Die Grünen wollen, dass nur noch 15 % der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Förderzentren unterrichtet werden. Alle anderen sollen integrativ in allen Schularten unterrichtet werden, und zwar mit einem besonderen Hinweis auf die Gymnasien.
Das ist vor dem jetzigen Hintergrund nichts anderes als ein schöner Wert für die Statistik. Wir wollen aber keine Statistiken schönen, sondern wir wollen junge Menschen fördern.
Ich stelle daher infrage, ob das auch dem gesetzgeberischen Ziel des Artikel 24 Abs. 2 Buchstabe e) der UN-Konvention gerecht wird. Hier heißt es im Wortlaut:
„Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertragsstaaten sicher, dass in Übereinstimmung mit dem Ziel der vollständigen Integration wirksame individuell angepasste Unterstützungsmaßnahmen in einem Umfeld, das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet, angeboten werden.“
Ich glaube, wir haben in Schleswig-Holstein ein gutes Angebot.
Bis heute wissen wir nicht, ob die integrative Beschulung in Schleswig-Holstein immer und für alle der erfolgreiche Weg für eine vollständige Integration ist. Zweifel sind durchaus angebracht; denn es werden immer wieder Umschulungen an die Förderzentren vorgenommen, weil sich die Verantwortlichen darüber einig sind, dass das Förderzentrum eben doch der geeignete Förderort ist.
Die Grünen gehen davon aus, dass auch bei abnehmenden Schülerzahlen die bestehende Ressourcenausstattung aufrechterhalten wird, die Lehrkräfte aber ab dem Schuljahr 2012/2013 ihre Schülerinnen und Schüler ausschließlich an den Regelschulen betreuen.
Derzeit werden für Kinder mit dem Förderschwerpunkt Lernen zusätzlich 1,7 Wochenstunden für die integrative Beschulung in den Schularten zugewiesen. Das vorgeschlagene Konzept der Grünen wird zu einer weiteren Verschlechterung dieser Zuweisungen führen. Glauben Sie wirklich, dass Sie damit den Kindern in diesem Förderschwerpunkt gerecht werden?
Wir haben zudem bei Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf entgegen der allgemeinen Tendenz keine rückläufigen, sondern steigende Schülerzahlen, also einen höheren
Lehrerbedarf. Wie wollen Sie den abdecken? Was machen Sie eigentlich mit den Schülerinnen und Schülern, die in diesem Schuljahr in den Förderzentren unterrichtet werden? - Darauf gibt es keine Antwort. Darüber hinaus sprechen Sie in Ihrem Antrag von weiteren Fachkräften und Bertreuerinnen und Betreuern der betreffenden Schülerinnen und Schüler. Was sind das für Fachkräfte und Betreuer? Woher kommen sie, und wer finanziert sie?
Es gibt noch viel mehr Punkte, an denen man diesen Antrag aus handwerklicher Sicht kritisieren könnte. Ich möchte aber auch noch eine kurze Bemerkung an unseren Koalitionspartner richten: Ihre jüngsten Ausführungen zum Jahr der Inklusion haben mich verwundert. In Ihrer Pressemitteilung vom 13. März 2009 feiern Sie den Antrag und den Entwurf zur Änderung des Schulgesetzes der Grünen als - ich zitiere - einen
„Beitrag zum ‚Jahr der Inklusion 2009’ und eine Unterstützung des Zieles von Bildungsministerin Erdsiek-Rave und der gesamten SPD, den Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf, der in eigenen Förderzentren unterrichtet wird, auf die im OECDRahmen üblichen 15 % und weniger zu reduzieren.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, es stellt doch überhaupt niemand in diesem Haus infrage, dass wir im Rahmen der Inklusionsthematik gemeinsam die OECD-Ziele erreichen wollen. Ich stimme Ihnen auch darin zu, dass es - ich zitiere Sie erneut - ,,zu Integration und Inklusion keine Alternative gibt“, wie Sie presseöffentlich am 20. Februar 2009 erklärt haben. Ich hätte mir von Ihnen aber eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Vorschlägen der Grünen gewünscht.
Die Vorschläge der Grünen vermischen Sachverhalte und sind unausgegorene Gedankenspiele. Wollen Sie tatsächlich infrage stellen, dass sich die schulische und insbesondere die sonderpädagogische Arbeit an dem individuellen Bedarf der Kinder und Jugendlichen und an den jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalles orientieren muss?
Ich möchte noch drei wichtige Punkte aufgreifen:
Erstens. Förderzentren sind öffentliche Schulen, deren besonderer Auftrag im Schulgesetz geregelt ist. Sie sollen junge Menschen mit besonderem Förderbedarf unterrichten, erziehen und fördern sowie Eltern und Lehrkräfte beraten. Sie nehmen Kinder dann auf, wenn sie in den anderen Schularten trotz
besonderer Hilfestellung dauernd oder vorübergehend nicht ausreichend gefördert werden können. Dabei unterliegen sie den allgemeinen Lehrplänen, die sowohl für die Grundschulen als auch für die Sekundarstufe I und II gelten. In Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, unterstellen Sie, dass diese Schulen keine Schulen des allgemeinen Bildungssystems sind. Habe ich Sie da richtig verstanden?
Zweitens. Sie wollen alle Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt „emotionale und soziale Entwicklung“ ausschließlich an den Regelschulen unterrichten. Das Förderzentrum „emotionale und soziale Entwicklung“ unterrichtet und erzieht Schülerinnen und Schüler, die sich wegen erheblicher Erziehungsschwierigkeiten im Rahmen von Hilfe zur Erziehung nach § 34 des Achten Buches Sozialgesetzbuch in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform befinden. Des Weiteren unterrichtet und erzieht es, begrenzt auf ein Jahr, Schülerinnen und Schüler, die gemäß des Achten Buches Sozialgesetzbuch Maßnahmen der Hilfe zur Erziehung in Anspruch nehmen, sofern dadurch eine Heimunterbringung vermieden werden kann. Es handelt sich dabei um Kinder, die zum Teil in Einzelbetreuung erst einmal wieder an den Schulalltag herangeführt werden müssen. Nach dem vorliegenden Antrag soll das ausschließlich in Grundschulen und in den weiterführenden Schulen geschehen. Ich weiß aber nicht, wie das umgesetzt werden soll. Ist das wirklich Ihr Ernst?
Drittens. Sie wollen, dass sich Eltern von Schülerinnen und Schülern mit dem Förderschwerpunkt Sehen auch für eine Beschulung im Förderzentrum entscheiden können. Ist Ihnen eigentlich klar, dass das Landesförderzentrum „Sehen“ gar keine eigenen Klassen hat? Wollen Sie diese etwa wieder einführen? Ist das wirklich Ihr Ernst?
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Ihr vorliegender Antrag und Ihr Gesetzentwurf sind handwerklich so schlecht gemacht, dass sie beide bei allen redlichen Motiven, die Sie vielleicht damit verfolgen - zurückziehen sollten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir befassen uns heute wieder einmal mit einem Thema, das uns sehr betroffen macht, mit den Geschehnissen in den Kinder- und Jugendheimen in den Jahren zwischen 1945 und den 70er-Jahren. Nach wie vor sind wir alle gefragt, wenn es um die Aufklärung und die Anerkennung des von den Betroffenen erfahrenen Leides geht.
Für die CDU-Fraktion begrüße ich es ausdrücklich, dass wir uns hier in diesem Parlament auf einen interfraktionellen Antrag verständigt haben. Damit setzen wir ein deutliches Zeichen, dass wir uns gemeinsam der Verantwortung stellen wollen. So sollten wir auch weiterhin gemeinsam beraten, welchen Beitrag dieses Parlament leisten kann, damit die Betroffenen zu ihrem Recht kommen.
Die Landesregierung hat sich bereits im Jahr 2007 dieser Thematik angenommen. Die Sozialministerin hatte runde Tische mit Betroffenen einberufen, um zu der Aufarbeitung der Geschehnisse beizutragen. Inzwischen liegen Dokumentationen dieser Gespräche vor, und Mitarbeiter des Ministeriums sind damit beschäftigt, die inzwischen aufgefundenen rund 7.000 Akten aus dieser Zeit aufzuarbeiten.
Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir darüber hinaus eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschehnisse in den Kinder- und Jugendheimen in Schleswig-Holstein erreichen.
Inzwischen ist auf Bestreben des Petitionsausschusses des Bundestages nach dem schleswig-holsteinischen Vorbild ein bundesweiter runder Tisch eingerichtet worden. Er hat die Aufgabe, die Heimerziehung unter den damaligen rechtlichen, pädagogischen und sozialen Bedingungen aufzuarbeiten, Hinweise auf den Heimkindern zugefügtes Unrecht zu prüfen und sich auch mit den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und psychischen Folgen der damaligen Heimerziehungspraxis auseinanderzusetzen, die Verantwortlichkeiten zu klären und schließlich auch zur zeitgeschichtliche Einordnung der Fälle.
Neben den Betroffenen und Vertretern des Bundestags und der Bundesregierung arbeiten auch die Länder und Kommunen ebenso wie Vertreter der konfessionellen Trägervereine an diesem runden Tisch mit. In einem Jahr soll ein Zwischenbericht vorliegen. Ende 2010 soll mit einem Abschlussbericht zu rechnen sein. Der runde Tisch steht vor der schwierigen Aufgabe, für diesen komplizierten Fall eine möglichst breit akzeptierte Lösung zu finden. Wir hier in Schleswig-Holstein wollen unseren Beitrag dazu leisten und fordern daher die Landesregierung auf, ihren bisher eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen und an der Arbeit des runden Tisches im Bund mitzuwirken.
Bei all den berechtigten Diskussionen um die Heimerziehung in den Jahren von 1950 bis 1970 dürfen wir aber nicht den Eindruck erwecken, dass in der damaligen Heimerziehung pauschal alle jungen
Menschen geschädigt, ausgebeutet und misshandelt worden sind. Viele Einrichtungen haben Kindern und Jugendlichen geholfen, sie gefördert und gestärkt, und das nicht immer unter den einfachsten Arbeitsbedingungen. Auch diesen Einrichtungen und den damaligen Beschäftigten gegenüber müssen wir gerecht bleiben.
Ein besonders erschreckendes Beispiel der Heimerziehung in Schleswig-Holstein war das Landesfürsorgeheim Glückstadt. Betroffene berichten von unbezahlter Zwangsarbeit, von Misshandlungen und Missbrauch, von menschenunwürdigen Erziehungsmaßnahmen wie tagelanger Isolationshaft in einer Arrestzelle oder Essensentzug und von schwersten Demütigungen. Sie berichten, dass sie teilweise bis heute unter dem damals Erlebten leiden. Und sie leiden nicht nur psychisch. Oft sind auch die Rentenansprüche niedrig, weil die damals geleistete Arbeit offiziell gar nicht registriert wurde.
Und: Glückstadt war kein Einzelfall. Bundesweit hat es diese Methoden in Erziehungsheimen gegeben. Das, was in Glückstadt und an anderen Orten von Betroffenen zu Recht als Unrecht angeprangert wird, kann niemand von uns hier wieder ungeschehen machen.
Darum will ich für die CDU-Fraktion, wie in unserem gemeinsamen Antrag formuliert, noch einmal deutlich machen: Wir sehen und erkennen erlittenes Unrecht und Leid, das Kindern und Jugendlichen in den 50er- bis 70er-Jahren in Kinder- und Erziehungsheimen widerfahren ist, und wir bedauern dies zutiefst.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ältere Menschen sind in unserem Land und
in unserer Gesellschaft ein unverzichtbarer Schatz an Erfahrungen und Kompetenzen. Umso wichtiger ist es, die Potenziale älterer Menschen zu erkennen und zu nutzen. Dazu gehört auch die aktive Einbindung älterer Menschen in die Wirtschaft, in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt.
Die demografische Entwicklung ist eindeutig: Die Zahl der jüngeren Menschen nimmt ab, und die Lebenserwartung der älteren Menschen steigt an. Die längere Lebenszeit ist in der Regel mit einer besseren Gesundheit und mit mehr Vitalität verbunden, als das in den vergangenen Jahrzehnten der Fall gewesen ist.
Ältere Menschen haben zudem mehr Möglichkeiten der eigenen Lebensgestaltung. Heute älter zu werden, geht mit einem Gewinn an gestaltbarer Lebenszeit einher. Es bietet somit auch vermehrt Chancen und nicht nur Risiken, die in der Öffentlichkeit immer noch gern dargestellt werden. Das führt mitunter zu einem verzerrten und falschen Bild vom Alter. Ein steigendes Alter wird häufig mit einem Rückgang der Innovationskraft, der Produktivität und der Güter- und Dienstleistungsnachfrage verbunden. Dabei wird immer übersehen, dass gerade die Innovationskraft und die Produktivität Älterer aufgrund ihrer lebenslangen Erfahrung zu einer angemessenen Gestaltung der Arbeitsbedingungen und auch der gesellschaftlichen Entwicklung beitragen können. Darum muss es ein grundlegendes Ziel unserer Seniorenpolitik sein, die Entwicklung und Verankerung eines neuen Leitbildes des Alters voranzutreiben.
Aufgabe der Politik ist es, den Veränderungsprozess zu fördern und mitzugestalten. Die Seniorenpolitik der Landesregierung stellt sich dieser Aufgabe unter anderem mit dem Projekt ,,Älter werden in Schleswig-Holstein“ und mit der intensiven Unterstützung sowohl des Landesseniorenbeirates als auch der Arbeit des Altenparlaments.
Herr Kollege, zum Antrag der FDP sage ich: Ich würde mir gern zunächst einmal einen Überblick darüber verschaffen, ob und in welchen Gesetzen und Verordnung in Schleswig-Holstein Altershöchstgrenzen enthalten sind. Ich würde die Ministerin bitten, im Ausschuss dazu zu berichten.
- Das habe ich sehr wohl gelesen. Ob diese Altersgrenzen aber tatsächlich diskriminierend sind und welche anderen Parameter vielleicht vorhanden sind, um für ältere Menschen beispielsweise ein Ehrenamt sicherzustellen, muss noch einmal überprüft werden.
Als Vizepräsidentin der Landesverkehrswacht Schleswig-Holstein beschäftigt mich immer wieder die Thematik Senioren und Straßenverkehr. Auch an diesem Beispiel wird immer die Frage einer Altersbegrenzung für den Führerschein diskutiert, die ich weder für praktikabel noch für richtig halte. Das möchte ich noch einmal deutlich machen. Wer sollte wann und warum den Führerschein abgeben?
Die Entwicklung eines Menschen ist nun einmal höchst unterschiedlich. Daher kann es hier immer nur eine Einzelentscheidung geben, die zum einen die Lebensqualität und die Mobilität des Einzelnen nicht einschränkt, auf der anderen Seite aber die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt. Dieses Beispiel gilt für viele Lebensbereiche. Darum sollten wir eine Entscheidung darüber, wann und warum das steht auch in Ihrem Antrag, Herr Dr. Garg - Altersbegrenzungen diskriminierend sind, nicht allein der Landesregierung überlassen, wie es in dem Antrag vorgesehen ist, sondern hier im Parlament diskutieren.
Einen weiteren Punkt würde ich gern noch aufgreifen, nämlich die Aufforderung, die Landesregierung möge sich auch auf Bundesebene für die Erarbeitung von Handlungsvorschlägen zur Abänderung diskriminierender Altershöchstgrenzen einsetzen. Ich vermute mal, die meisten Altersbegrenzungen wie beispielsweise die Altersbegrenzung von 70 Jahren bei Schöffen liegen in der Verantwortlichkeit des Bundes. Dazu muss man sagen, dass sich der Bundestag bereits seit 2007 mit diesem Thema beschäftigt. Die Altersbegrenzung für Ärzte ist ja, wie Sie ja auch richtig aufgenommen haben, inzwischen aufgehoben. Im März letzten Jahres hat die Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen ein Gutachten zu Altersgrenzen und gesellschaftlicher Teilhabe in Auftrag gegeben. Das wird in der nächsten Zeit veröffentlicht werden.
Dieses Gutachten soll unter anderem eine Bestandsaufnahme in Deutschland bestehender Altersgren
zen enthalten, die ein Ausschlusskriterium für gesellschaftliche und relevante Tätigkeiten älterer Menschen darstellen. Und das Gutachten soll auch aufzeigen, in welchen Bereichen derartige Altersgrenzen bestehen, die dahinterstehenden Gründe und Motive beschreiben und die für die Bewertung ihrer Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit erforderlichen Grundlagen liefern. Das heißt, die Bundesebene arbeitet bereits an der Thematik. Ich würde in dem Zusammenhang auch gern anregen, dass wir die Ergebnisse dieses Gutachtens im Zusammenhang mit Ihrem Antrag im Ausschuss gemeinsam diskutieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Große Koalition in Kiel hat sich im vergangenen Jahr nach langer Diskussion darauf geeinigt, zusätzlich zu den 17.000 Betreuungsplätzen für die Kinder unter drei Jahren weitere Maßnahmen in den
Kindertagesstätten des Landes zu ergreifen, um die Eltern von Bildungskosten zu entlasten und die Bildungschancen für unsere Kinder im Vorschulalter zu erhöhen.
Kinder haben ein Recht auf Bildung und Erziehung, unabhängig vom Geldbeutel ihrer Eltern, und dazu steht die CDU-Fraktion. Darum haben wir einen Bildungsauftrag für die Kindertagesstätten ebenso gesetzlich verankert, wie die intensive Zusammenarbeit von Kindertagesstätten und Grundschulen. Wir haben die vorschulische Sprachförderung aufgebaut und verpflichtende Deutschkurse vor der Einschulung eingeführt.
Damit hat gerade das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung einen hohen bildungspolitischen Stellenwert erlangt. Deswegen haben wir uns in der Großen Koalition darauf verständigt, dass wir ab August 2009, also mit Beginn des neuen Kindergartenjahres, das letzte Kindergartenjahr für die Eltern gebührenfrei machen wollen, um möglichst allen Kindern das Rüstzeug für den Schulanfang mit auf den Weg zu geben.
Unser Ziel ist es nach wie vor, Eltern von den Gebühren für die Kindertagesstätten gänzlich zu befreien.
Wir haben aber auch deutlich gemacht, dass wir das nicht zulasten der Kinder machen wollen, die heute die Kindertagesstätten besuchen. Nun ist in den Haushaltsanträgen der Regierung ein Fehler unterlaufen, der zugegebenermaßen nicht hätte passieren dürfen. Durch das Fehlen des Datums für das Inkrafttreten des Gesetzes, dem 1. August 2009, ist die neue Regelung versehentlich ab dem 1. Januar 2009 bereits in Kraft getreten.
Tatsache ist aber auch, dass bei den Haushaltsberatungen in diesem Haus niemandem - da schließe ich mich mit ein - das fehlende Datum aufgefallen ist. Nicht einmal der sonst so gründlich arbeitende Landesrechnungshof ist darüber gestolpert. Darum gibt es auch keinen Grund für das populistische Auftreten der Oppositionsparteien in den Medien der letzten Woche,
denn auch der Opposition ist das Fehlen des Datums nicht aufgefallen.
- Das hätten Sie dann sicherlich in den Haushaltsberatungen angebracht. Ich glaube schon, dass Sie das getan hätten.
Dieser Fehler hat nun zur Folge, dass die Eltern bereits jetzt von den Gebühren für das letzte Kindergartenjahr befreit sind.
Das Land wird dadurch allein für den Monat Januar mit rund 3 Millionen € belastet. Wenn wir den Forderungen der Grünen und der FDP folgen würden und die gesetzliche Grundlage nicht korrigieren, würde das eine Mehrbelastung für den laufenden Haushalt von rund 20 Millionen € bedeuten. Diese Entscheidung wäre sicherlich ein schönes Geschenk für manche Familien, sie hat allerdings auch einige Schönheitsfehler.
Das Ziel, über die Beitragsfreiheit alle Kinder in das so wichtige Kindergartenjahr zur Vorbereitung auf die Schule zu bekommen, wäre im Januar - also mitten im Kindergartenjahr, sicherlich verfehlt.
Zudem müssten für die fehlenden 20 Millionen € zusätzliche Schulden aufgenommen werden, und das vor dem Hintergrund der Haushaltsrisiken, die uns hier in diesem Hause allen bekannt sind.
Herr Kubicki, in der letzten Landtagstagung haben wir intensiv - mit Ihnen auch - über den Haushalt der Landesregierung und den Haushalt des Landtags diskutiert. Gerade Sie sind derjenige gewesen, der den dramatischen Anstieg der Ausgaben beklagt hat, insbesondere für die Schuldendienste. Den Pressemitteilungen der letzten Woche konnte man entnehmen - und wer gelegentlich durchs Haus geht, kann es auch sehen -, dass auf dem Flur der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Schuldenuhr tickt.
Mich würde interessieren, ob schon in Ihrer Regierungsverantwortung diese Schuldenuhr dort tickte.
Beide Fraktionen fordern uns jetzt aber auf, trotz der Kritik an der Neuverschuldung und der tickenden Schuldenuhr weitere Schulden zu machen, und das nur aufgrund eines Fehlers in den Haushaltsanträgen der Regierung. Wir in der Großen Koalition haben eine andere Auffassung von verantwortungsvoller Politik für dieses Land.
Sie können sich ja zu Wort melden, Frau Birk.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Fehler gemacht werden, sollte man auch dazu stehen und sie so weit wie möglich korrigieren. Richtig ist auch, dass es keine Anträge - weder von den Grünen noch von der FDP - gegeben hat, die eine frühere Einführung der Beitragsfreiheit für das letzte Kindergartenjahr gefordert hätten.
Lassen Sie uns auch in der Opposition zu einer sachlichen Betrachtung der Lage kommen, auch wenn es noch so reizvoll ist, die Beitragsfreiheit in Kindertagesstätten populistisch mit anderen finanzpolitischen Sachverhalten zu verknüpfen. Objektiv gesehen ist die Beitragsfreiheit für das letzte Kindergartenjahr richtig, wenn sie nicht nur zu einer Entlastung der Eltern führt, sondern auch den Anreiz bietet, gerade allen Kindern über die vorschulische Förderung das Rüstzeug für die Schule mit auf den Weg zu geben. In Zeiten hoher Haushaltsrisiken müssen Fehler, die zu einer erheblichen Mehrbelastung des Haushalts führen und eigentlich von niemandem - nicht einmal von der Opposition - gewollt waren, auch korrigiert werden.
Ich beantrage daher für die CDU-Fraktion, den Gesetzentwurf an den heute tagenden Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen, damit wir noch in dieser Landtagstagung in zweiter Lesung über den Entwurf entscheiden können.
Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung in der heutigen Ausschusssitzung insbesondere zu den Stellungnahmen der kommunalen Landesverbände und der Eltern Stellung beziehen wird.
Meine Damen und Herren, unser Ansinnen ist es, schnell und unbürokratisch eine Lösung für die Rückzahlung der Elternbeiträge für den Monat Januar zu finden und, wie geplant, mit der dauerhaften Beitragsfreiheit für das letzte Kindergartenjahr im August zu starten.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kinder haben ein Recht auf Bildung und Erziehung unabhängig vom Geldbeutel ihrer Eltern. Deswegen wollen wir das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung für die Eltern gebührenfrei machen und stufenweise weitere Kindergartenjahre.
Bildung fängt für uns bereits im Kindergarten an, und deswegen haben wir auch einen Bildungsauftrag für die Kindertagesstätten formuliert. Insbesondere die vorschulische Sprachförderung wird in Schleswig-Holstein in der Zukunft noch weiter an Bedeutung zunehmen, da sich der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund unter sechs Jahren bereits jetzt auf 22,5 % beläuft. Diese Kinder müssen über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen, wenn sie in den Schulen eine Chance haben sollen, und deswegen sind auch die verpflichtenden Deutschkurse vor der Einschulung so wichtig.
Auch die verbindliche Zusammenarbeit von Kindertagesstätten und Grundschulen hat einen gesetzlichen Rahmen bekommen. Eine enge Vernetzung dieser beiden Bildungseinrichtungen ist notwendig, damit Stärken und Schwächen unserer Kinder besser erkannt und begleitet werden können und nicht an der Schnittstelle Einschulung verloren gehen. Das letzte Kindergartenjahr soll die Kinder gerade vor dem Hintergrund, dass nun alle 6-Jährigen
eingeschult werden, gezielt auf die Einschulung vorbereiten.
Alle diese Maßnahmen zeigen, welche bildungspolitische Bedeutung gerade dem letzten Kindergartenjahr vor der Einschulung zukommt. Das heißt für die CDU-Fraktion: Wir müssen möglichst alle in diese vorschulische Förderung bekommen.
Daher war es zunächst unser Bestreben, mit der Beitragsfreiheit auch die Verpflichtung zur Teilnahme zu verbinden, was aus verfassungsrechtlichen Gründen leider nicht möglich war. Jetzt gibt es die Beschlusslage des Koalitionsausschusses. Das letzte Kindergartenjahr wird für die Eltern ab 2009 beitragsfrei. Ich freue mich, dass unser Koalitionspartner SPD nach seinem Schlingerkurs, mal dafür und mal dagegen zu sein, nun die Gebührenfreiheit des letzten Kindergartenjahres mit trägt.
Auch unsere Berechnungsgrundlage von 120 € pro Kind und Monat hat sich als die richtige erwiesen.
- Wieso? Wir haben das dritte Kindergartenjahr beschlossen. Dann habt ihr gesagt, ihr wolltet das erste Kindergartenjahr. Jetzt sind wir wieder beim dritten Kindergartenjahr. Ich finde, das ist schon ein Hin und Her.
- Über die richtige Reihenfolge können wir uns noch einmal streiten, aber die SPD scheint ja mit unserer Reihenfolge einverstanden zu sein.
Meine Damen und Herren, wir wollen so vielen Kindern wie möglich das Rüstzeug für die Schule mit auf den Weg geben. Daher legt die CDU auch Wert darauf, dass dieses wichtige Jahr vor der Schule auch in einer Kindertagesstätte stattfindet. Sie können sich ja mit einem Dreiminutenbeitrag melden wenn Ihnen das nicht passt!
Das muss mit dem entsprechendem Fachpersonal und den nur in einer Gruppe zu erfahrenden Sozialisationsprozessen stattfinden. Die Tagespflege kann in diesem Zusammenhang nur die Ausnahme sein.
Wir wollen die Eltern von den ohnehin hohen Ausgaben für Bildung und Erziehung entlasten. Natür
lich verbinden wir damit die Hoffnung, dass sich wieder mehr junge Paare für Kinder entscheiden. Kinder sind keine Belastung, sondern eine Bereicherung für unsere Gesellschaft.
Ich will aber auch ehrlich sagen, dass von diesen Kindern in der Zukunft viel erwartet wird. Ihre Anzahl ist im Vergleich zu uns sehr viel niedriger. Trotzdem sollen sie sich selbst, ihre Kinder und uns finanzieren, versorgen und pflegen und dabei auch noch flexibel, innovativ und wettbewerbsfähig am Arbeitsmarkt sein.
Wir in diesem Haus sind dafür verantwortlich, dass sie dafür das notwendige Rüstzeug bekommen in Form von guter Bildung und Betreuung. Was wir ihnen aber nicht aufbürden sollten, sind die Gebühren für ihren eigenen Kindergartenbesuch. Wir dürfen weitere Kindergartenjahre nur dann elternbeitragsfrei machen, wenn wir auch das Geld im Haushalt haben und dafür keine neuen Schulden aufnehmen müssen. Die Koalition hat sich am 1. Oktober 2008 auf verfassungsgemäße Haushalte und bis 2015 ausgeglichene Haushalte geeinigt. Darauf müssen wir bei der vorgesehenen Gesetzgebung für weitere beitragsfreie Kindergartenjahre achten. Ich appelliere an alle im Haus, sich dieser Verantwortung für die zukünftige Generation zu stellen.
Unsere Kinder brauchen finanzielle Handlungsmöglichkeiten, um in der Zukunft wirtschafts-, bildungs- und sozialpolitische Entscheidungen für unser Land treffen zu können.
Die Ministerin hat es berichtet: In den vergangenen Tagen haben Gespräche mit den kommunalen Landesverbänden stattgefunden. Es hat mich nicht überrascht, dass die Kommunen ihre Verantwortung für die Kinder sehen und sich bereit erklärt haben, sind auf jeden Fall im bisherigen Maße und eventuell auch darüber hinaus an der Finanzierung der Kindertagesstätten beteiligen zu wollen. Dafür meinen herzlichen Dank an die kommunale Familie.
Der Ausgleich für die Mehrkosten soll über das Finanzausgleichsgesetz geregelt werden. Dabei gehen wir von einer durchschnittlichen Pauschale von 120 € pro Kind und Monat aus. Dieser Betrag beruht auf einer Schätzung, da ein durchschnittlicher Beitrag nicht einwandfrei zu ermitteln war. Für das Land bedeutet das für 2010 eine Summe von 35 Millionen € und für das Startjahr 2009 einen
Betrag von 14,6 Millionen €. Die Mittel sollen den Kreisen und kreisfreien Städten als den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe zugewiesen werden und dienen der Förderung von Kindertagesstätten und Tagespflegestellen und damit der Beteiligung des Landes an den Betriebskosten. Die Kreise leiten dann die zugewiesenen Mittel in eigener Verantwortung an die Träger weiter, bei denen die Gebühren entfallen. Das Land wird im Haushaltsjahr 2011 prüfen, ob die Annahmen, auf denen die jetzige Ausgleichszahlung beruht, tragfähig sind.
Ich will in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hinweisen, dass wir in Schleswig-Holstein bundesweit mit die höchsten Kindergartenbeiträge von den Eltern erheben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht auch um den Bericht „Kein Kind ohne Mahlzeit“. Wenn es um die Ernährung unserer Kinder geht, geht uns das alle an. Grundsätzlich gilt aber nach wie vor: Für eine ausreichende Ernährung von Kindern sind zuallererst die Eltern verantwortlich.
Allerdings müssen sie dazu auch in die Lage sein und das finanzieren können. Eigentlich sollte die Ernährung von Kindern über die sozialen Sicherungssysteme abgedeckt sein. Dennoch ergeben sich vor Ort Probleme, wenn Eltern beispielsweise die Kosten für ein Mittagessen in der Kindertagesstätte oder der offenen Ganztagsschule nicht aufbringen können. Hier müssen wir individuelle Lösungen finden.
Die Sozialministerin hat mithilfe der schleswig-holsteinischen Wohlfahrtsverbände und der Stiftung ,,Familie in Not" das Projekt „Kein Kind ohne Mahlzeit“ ins Leben gerufen. Damit soll sichergestellt werden, das sozialbedürftige Kinder nicht von der Mahlzeit ausgeschlossen werden. Seit März dieses Jahrs haben 1948 Kinder ein bezuschusstes Mittagessen in ihrer Kindertagesstätte erhalten.
Ein solcher Kinderhilfsfonds ist aber nicht die endgültige Lösung für die Finanzierung von warmen Mahlzeiten für Kinder in Kindertagesstätten. Grundsätzlich müssen alle familienpolitischen Leistungen hinterfragt und auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden, um hier zu einem effektiveren Einsatz der Mittel zu gelangen.
Dabei müssen bei der Bemessung von Regelleistungen insbesondere die Bedarfe von Kindern überprüft werden.
Wir müssen aber auch aufpassen, dass wir mit solchen gut gemeinten Initiativen nicht das Deckmäntelchen des Wegschauens über die Probleme in einigen Familien legen. Wenn mir letztlich eine Lübeckerin erzählt, dass die Kinder, die zu ihrer Tafel kommen, kein Mittagessen bekommen, weil die Eltern zu Hause um diese Uhrzeit schon betrunken sind, oder wenn andere mir berichten, dass Eltern einfach nicht gewillt sind, Geld für ein Mittagessen in der Schule oder im Kindergarten zu bezahlen, dann ist diesen Kindern nicht allein mit einer warmen Mahlzeit geholfen. Hier müssen die Maßnahmen unseres Kinderschutzgesetzes und die der Jugendhilfe greifen. In solchen Fällen geht es nicht um Armut, sondern es geht um Vernachlässigung. Da müssen wir hinschauen.
Lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen: Wir sollten in diesen finanziell schwierigen Zeiten nicht auf wohlklingende finanzielle Ankündigungen setzen. Lassen Sie uns auf unseren gesunden Menschenverstand bauen und ihn für weitere politische Entscheidungen nutzen. Da gibt es noch viel zu tun. Packen wir es an!
Frau Präsidentin! Herr Dr. Klug, das, was Sie über die Finanzierung der Kindertagesstätten und die steigenden Elternbeiträge im ersten und zweiten Kindergartenjahr gesagt haben, würde nur dann stimmen, wenn dem gedeckelten Anteil von 60 Millionen €, die wir haben, auch eine gleichbleibende Kinderzahl gegenüberstehen würde. Aber dem ist ja nicht so. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir schon jetzt ein Viertel Kinder weniger in den Kindertagesstätten haben. Die demografische Entwicklung geht auch in diese Richtung. Insofern muss man natürlich zugestehen, dass die gedeckelten 60 Millionen € im Endeffekt ein steigender Zuschuss im Rahmen der Kindertagesstättenfinanzierung sind.
Frau Heinold, Sie haben gefragt, warum wir das immer wieder unter den Finanzierungsvorbehalt stellen. Das will ich Ihnen gern erläutern. Es gehört ein Stück Ehrlichkeit in die Politik. Sie bestellen sich doch heute auch nicht für 2011 und 2013 ein Auto, ohne zu wissen, wie Ihr finanzieller Haushalt dann sein wird.
- Es gibt eine Beschlusslage, Frau Heinold, die zum einen sagt, wir wollen drei Kindergartenjahre beitragsfrei machen. Das will auch die CDU; selbstverständlich, das ist unser Ziel, gar keine Frage. Wir haben zum anderen aber auch beschlossen, dass das im Rahmen von verfassungsmäßigen Haushalten mit der Zielsetzung eines ausgeglichenen Haushaltes 2015 passieren muss. Auch das ist Beschlusslage, und daran haben wir uns zu halten. Wenn wir das hinkriegen, sind wir die Letzten, die Nein sagen. Aber wir brauchen ein Stück Ehrlichkeit in der Politik. Das muss man auch sagen dürfen. Wenn man das Geld dafür hat, dann machen wir das. Wenn man das Geld dafür nicht hat, dann müssen wir sehen, wie wir andere Lösungen finden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was lange währt, wird endlich gut. Ich freue mich, dass wir heute - wie ich hoffe, einstimmig - ein Gesetz verabschieden werden, das ein deutliches Signal für die Mitbestimmung von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft gibt. Wir waren uns alle einig, dass der oder die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung unabhängig von der Regierung arbeiten können muss. Daher ist es auch richtig und notwendig, dass dieses wichtige Amt ein Wahlamt des Parlaments wird.
Menschen mit Behinderung können sich manchmal nicht so zu Wort melden wie andere, und darum brauchen sie eine kraftvolle Vertretung, die auf ihre Belange und Bedürfnisse aufmerksam macht und uns in der Politik immer wieder Wege aufzeigt, wie wir diesen Belangen und Bedürfnissen gerecht werden können. Diese Aufgabe hat der bisherige Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung wie ich finde, in herausragender Weise - wahrgenommen, und dafür bedanken ich und meine Fraktion uns sehr herzlich bei Herrn Dr. Hase.
In den letzten 50 Jahren hat ein rasanter Wandel in der Behindertenpolitik stattgefunden. Insgesamt sind die rechtlichen Voraussetzungen für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung vorangetrieben worden und sind inzwischen auf einem guten Stand. Was aber an manchen Stellen noch immer fehlt, ist die praktische Umsetzung und die Präsenz insbesondere von Barrierefreiheit in den Köpfen der handelnden Menschen. Die kann man
leider nicht per Gesetz verordnen. Hier sind wir alle gefragt, indem wir uns und andere immer wieder fragen: Haben wir bei unseren Entscheidungen auch alle bedacht? Das tun wir noch immer nicht häufig genug, und daher ist es notwendig, dass Menschen mit Behinderung auch im Landtag über den Landesbeauftragten Gehör finden.
Das Verfahren zur Gesetzgebung hat sich aus formellen Gründen etwas hingezogen, dennoch kommen wir rechtzeitig vor dem Abschluss der Haushaltsberatungen heute - wie ich denke - zu einer guten Entscheidung.
In der Anhörung zum Gesetz haben sich die Verbände für ein Vorschlagsrecht der Verbände ausgesprochen, was ich aus Sicht der Verbände nachvollziehen kann. Wir halten dieses Vorschlagsrecht allerdings nicht für praktikabel und kommen daher diesem Wunsch nicht nach. Ich gehe dennoch davon aus, dass sich die Fraktionen bei personellen Veränderungen selbstverständlich mit den Verbänden besprechen werden.
Das Wahlrecht - ob nun mit oder ohne Vorschlagsrecht der Verbände - bleibt bei beiden ohnehin dem Parlament vorbehalten, ebenso wie beispielsweise bei der Bürgerbeauftragten, bei der es im Übrigen auch kein Vorschlagsrecht der Verbände gibt.
Das Gesetz sieht vor, dass nach dem Inkrafttreten innerhalb von drei Monaten einer oder eine neue Landesbeauftragte durch das Parlament zu wählen ist. Die Wahlperiode beläuft sich auf fünf Jahre, und ich hoffe, dass wir bereits in der nächsten Tagung des Landtags wählen können.
Ich will auch schon einmal ankündigen, dass die CDU-Fraktion aufgrund seines persönlichen Einsatzes für Menschen mit Behinderung den bisherigen Landesbeauftragten Dr. Ulrich Hase vorschlagen wird.
Den Vorschlag, die Berichtsmöglichkeiten des Landesbeauftragten zu erweitern, haben wir aufgenommen, ebenso wie eine Übergangsregelung bis zur Wahl.
Wie schon anfangs gesagt: Was lange währt, wird endlich gut. Darum bitte ich sehr herzlich um Ihre Zustimmung zu diesem Gesetz.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Inkrafttreten der Föderalismusreform am 1. September 2006 ist die Gesetzgebungskompetenz für das Heimrecht auf die Länder übertragen worden. Das bisher gültige Heimgesetz des Bundes konzentriert sich auf die besondere Schutzbedürftigkeit von älteren und behinderten Menschen in Einrichtungen der Alten-, der Behindertenhilfe und der Pflege. Das entspricht nun überhaupt nicht mehr den realen Bedürfnissen der älteren Bevölkerung und von Menschen mit Behinderung.
Neben der Wahrung der Schutzbelange müssen mehr Eigenverantwortung und das Recht auf Selbstbestimmung, Teilhabe und Normalität in der Gesetzgebung Berücksichtigung finden. Das bishe
rige Heimgesetz richtet sich in erster Linie an stationären Strukturen aus und berücksichtigt individuelle Wohn- und Betreuungsformen nur unzureichend. Die neue Pflegeversicherung aus Berlin nimmt das bereits auf, indem sich darin auch individuelle Pflegeleistungen wiederfinden. Und das müssen wir uns auch hier in Schleswig-Holstein zur Aufgabe machen.
Wir müssen den Menschen neue Möglichkeiten im Bereich der Betreuung und der Selbstbestimmung eröffnen. In der Pflege sollte unsere Leitlinie „ambulant vor stationär“ sein, damit entsprechen wir dem Bedürfnis der Pflegebedürftigen, so lange wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung, im Kreis ihrer Verwandten und Freunde zu bleiben. Besonders Wohn-, Pflege- und Betreuungsformen leisten wichtige Beiträge zur Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen. Das gilt ebenso für das betreute Wohnen, für ambulant betreute Wohn- und Hausgemeinschaften und vor allen Dingen für die Erprobung neuer Wohn-, Pflege- und Betreuungsformen.
Wenn sich durch passgenaue niedrigschwellige Betreuungsangebote die Verlagerung in ein Pflegeheim vermeiden lässt, dann ist das der richtige Weg!
Für die Menschen mit Behinderung kann das nicht so stringent gelten. Hier müssen der individuellen Hilfebedarf und im Rahmen der Selbstbestimmung die persönlichen Lebensvorstellungen im Vordergrund stehen.
Es gibt bereits viele kirchliche, gemeinnützige und kommunale Einrichtungen, in denen engagiert und kompetent beraten wird, und zwar - das ist besonders wichtig - in Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten. Insbesondere denjenigen, die sich hier ehrenamtlich engagieren, sollte unser ganz besonderer Dank gelten.
Wir als CDU-Fraktion hatten den Ehrgeiz, möglichst jeden Euro direkt an den zu pflegenden Menschen zu bringen. Wir haben dann mit dem Ministerium und mit Teilen der SPD Probleme gehabt, weil sie lieber Geld in Strukturen investieren.
Wir haben uns am Schluss auf etwas verständigt, was aus unserer Sicht tragbar ist. In Schleswig-Holstein werden 15 Pflegestützpunkte entstehen, wo
bei die bisherigen acht trägerunabhängigen Beratungsstellen einbezogen werden sollen.
Mit dem Pflegegesetz haben wir hervorragende Chance, ein neues Profil für die Pflege zu entwickeln, und die sollten wir auch nutzen.
In den meisten Heimen ist eine gute Pflege selbstverständlich. Die Pflegekräfte leisten eine hervorragende Arbeit. In der Vergangenheit jedoch haben immer wieder Meldungen über schlechte Zustände in Pflegeheimen zu erheblicher Verunsicherung geführt. Meine Damen und Herren, die Menschen müssen sich auf die Qualität der Pflegeleistungen in den Heimen verlassen können.
Die Prüfung - das ist mir ebenso wichtig - soll sich künftig auf den Zustand der Bewohnerinnen und Bewohner konzentrieren, weniger auf die Dokumentations- und die Aktenlage. Im Vordergrund der Prüfung muss die Ergebnisqualität stehen; die Prozess- und Strukturqualität müssen nachrangig sein. Wir wollen die Situation der Bewohner im Betriebsalltag der Einrichtungen in den Blick nehmen.
Ich bin allerdings auch der Auffassung, dass unterschiedliche Wohn-, Pflege- und Betreuungsformen auch unterschiedliche Ansprüche an eine Überprüfung haben. Die im Gesetzentwurf befindliche Regelung, Überprüfungen ausschließlich auf dem Standard der Überprüfungen bei stationären Einrichtungen durchzuführen, Frau Ministerin, sollten wir vielleicht noch einmal überdenken, insbesondere wenn diese Überprüfung auch auf den Bereich des betreuten Wohnens und der selbst verwalteten Heimgemeinschaften zutrifft. Hier sind die Betreuungs- und Pflegeleistungen frei wählbar und können bei schlechter Leistung gekündigt und neu eingekauft werden.
Eine Daueraufgabe bleibt die von den Pflegekräften und Heimleitern immer wieder nachdrücklich eingeforderte Entbürokratisierung. Die Dokumentation ist zwar eine wichtige Voraussetzung für das bestmögliche Wohlbefinden unserer Mitmenschen; der zeitliche und inhaltliche Aufwand dieser Dokumentation muss aber mit Augenmaß auf das Sinnvolle und das Notwendige begrenzt werden.
Unnötige bürokratische Anforderungen, die Zeit für Pflege und Betreuung rauben, müssen gestrichen werden.
Notwendig sind also zielgenaue Koordination behördlicher Kontrollen, eine Reduzierung unnötiger Anzeigepflichten und eine Standardisierung der Dokumentation. Die Bestimmungen sollten sich
darauf beschränken, dem Wohl der Bewohnerinnen und Bewohner zu dienen. Es lohnt sich, in diesem Bereich etwas zu tun. Das zeigt das bayerische Projekt „Entbürokratisierung der Pflegedokumentation“, mit dem es gelungen ist, die Bürokratielasten in Teilbereichen um bis zu 50 % zu reduzieren. Das bedeutet nicht nur Einsparungen zugunsten von echten Pflegeleistungen, sondern vor allem, dass die bislang für eine überflüssige Bürokratie verschwendete Zeit endlich für die Pflege und Betreuung unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger aufgebracht werden kann. Das ist dringend notwendig, denn sie haben mehr Fürsorge und Zuwendung verdient. Ich erhoffe mir hier im Rahmen der Anhörung zum Gesetzentwurf Vorschläge, die aus der Praxis kommen. Bei diesem Gesetz geht es in allererster Linie um die Menschen; um die Bewohnerinnen und Bewohner, ihre Angehörigen, die Pflegekräfte und diejenigen Bürgerinnen und Bürger, die in diesem Bereich ehrenamtlich ganz Hervorragendes und Außergewöhnliches leisten. Darum begrüßen wir die Mitwirkungsrechte von Bewohnerinnen und Bewohnern einer Einrichtung. Für meine Fraktion ist dies eigentlich selbstverständlich. Wir alle entscheiden bei uns zu Hause selbst über die Farbe der Tapeten und darüber, was es am nächsten Tag zu essen gibt oder wie wir unsere Freizeit gestalten.
Das Pflegegesetz sollte dem Anspruch Genüge tun: So viel Transparenz wie möglich, so wenig Bürokratie wie nötig.
Das hilft diesen Menschen, das ist sinnvoll und gut und trägt zur Steigerung der Lebensqualität in unseren Einrichtungen bei.
Der Gang in eine stationäre Einrichtung oder in ein Pflegeheim ist für jeden eine schwere Entscheidung. Natürlich wollen alle in der Regel nur das Beste für ihre Angehörigen. Was aber tun, wenn die Kinder oder die Enkel nicht mehr am Heimatort wohnen oder wenn die eigene Berufstätigkeit oder finanzielle Gründe es nicht erlauben, Angehörige zu Hause zu pflegen? Was tun, wenn es diese nahen Angehörigen nicht mehr gibt, die die Versorgung übernehmen könnten? Wenn es aus welchen Gründen auch immer zu einer Entscheidung für einen Umzug in eine Einrichtung kommt, dann sollte diese Entscheidung wenigstens gut informiert und guten Gewissens getroffen werden können. Deshalb tragen wir Mitverantwortung dafür, dass die größtmögliche Transparenz nicht nur in der Frage der Lage und der Ausstattung der Zimmer gewährleistet wird, sondern dass vor allen Dingen Informa
tionen über die Pflegequalität und die Angebote der Einrichtungen zur Verfügung stehen. Deshalb ist es richtig, dass die Ergebnisse von Qualitätsprüfungen zukünftig in verständlicher Art und Weise und für jedermann einsehbar veröffentlicht werden.
Das kann auch im Internet geschehen, aber auch im Pflegeheim selbst sind zukünftig eine Zusammenfassung dieser Prüfberichte des Medizinischen Dienstes und die zugrunde liegende Bewertungssystematik transparent und verständlich zugänglich zu machen. Nur mit besserer Transparenz, die ohne Zweifel nötig ist, ist es aber nicht getan. Wir wollen, dass in den Einrichtungen jedes Jahr unangemeldete Kontrollen stattfinden. Das ist wichtig und stärkt die Sicherheit, die Qualität und die Transparenz.
Mit dem jetzt vorliegenden Entwurf werden die Einrichtungen transparenter. Die Transparenz ist der beste Schutz vor Missständen. Das sind wir den Menschen in unserem Land schuldig. Ein Mehr an Transparenz darf umgekehrt für die Pflegekräfte vor Ort nicht zu noch mehr Bürokratie führen. Davon haben wir schon genug. Pflegekräfte sollen während ihrer Arbeit zuerst am Menschen und nicht am Schreibtisch tätig sein.