Heike Gebhard
Appearances
14/4
14/6
14/8
14/12
14/17
14/22
14/26
14/30
14/32
14/38
14/39
14/45
14/46
14/47
14/49
14/50
14/52
14/58
14/59
14/62
14/63
14/64
14/68
14/73
14/74
14/76
14/78
14/79
14/81
14/83
14/87
14/89
14/91
14/93
14/96
14/97
14/99
14/106
14/107
14/113
14/116
14/120
14/121
14/122
14/123
14/125
14/126
14/127
14/131
14/133
14/134
14/136
14/140
14/142
14/143
14/144
14/148
Last Statements
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Seit fünf Jahren streiten wir in diesem Parlament um eine bessere Gesundheitsversorgung in Nordrhein-Westfalen.
Wir streiten um eine bessere Ausgangslage für unsere Krankenhäuser. Nordrhein-Westfalen hat ein immenses Interesse daran, dass wir, die wir den Weg von krankenhausindividuellen Basisfallwerten hin zu Landesbasisfallwerten gegangen sind, um uns zu einem bundesweiten Basisfallwert aufzumachen, dass wir endlich zu dem Prinzip kommen, dass gleiches Geld für gleiche Leistung gezahlt wird.
Herr Minister, hier in Nordrhein-Westfalen haben Sie sich massiv dafür ausgesprochen, dass wir diesen Weg beschreiten sollen. Ja, Sie haben die damalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt bedrängt, dass sie dieses nicht sozusagen Knall auf Fall durchgesetzt hat. Sie in Verhandlungen mit den anderen Bundesländern letztendlich nur einen Korridor, in dem sich dieser Bundesbasisfallwert bewegen sollte, hat durchsetzen können. Heute sind die Krankenhäuser froh, dass wir zumindest diesen Korridor haben; denn Ihr Koalitionsvertrag schließt eine Weiterentwicklung in diesem Fall ausdrücklich aus. Damit ist dieser Koalitionsvertrag an dieser Stelle klar gegen nordrhein-westfälische Interessen gerichtet.
Nordrhein-Westfalen hat offenbar in Berlin keine Lobby. Die nordrhein-westfälische CDU, der CDULandesverband des bevölkerungsreichsten Bundeslandes, ist offenbar dort nicht durchsetzungsfähig.
Und was haben Sie hier in Nordrhein-Westfalen für unsere Krankenhäuser getan? Wenn ich die Entwicklung bei den Investitionsmitteln vergleiche, sind sie im Landeshaushalt 2010 auf dem gleichen Niveau wie vor fünf Jahren. Nichts ist hinzugekommen.
Völlig klar, Herr Schmeltzer. Der Unterschied dabei ist, dass das Landesgeld sogar um 20 % gekürzt worden ist, und diese Differenz müssen die nordrhein-westfälischen Kommunen auffüllen, die es offenbar haben und denen man es wohl auch noch aufbürden kann. Das aber ist fatal und keine Gesundheitspolitik für eigenverantwortliche Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen.
Ein zweites Feld ist das Stichwort Krankenhausplanung. Mit Beginn der Diskussion um das neue Krankenhausgestaltungsgesetz, das seit über zwei Jahren in Kraft ist, haben Sie immer wieder dafür geworben und erklärt, Bettenmessziffern seien keine Planungsgrundlage mehr.
Fakt ist jedoch, dass bis zu diesem Jahr 2010 Sie immer noch Feststellungsbescheide erteilen lassen für einzelne Krankenhäuser, nach denen sowohl Bettenreduktionen als auch Bettenzunahmen vorgenommen werden müssen, und zwar abteilungsscharf.
Warum müssen Sie solches immer noch tun? Ganz einfach: weil Sie bis heute nicht in der Lage waren, eine neue Krankenhausplanung auf der Basis dieser neuen gesetzlichen Grundlage vorzulegen. Ihr letztes Versprechen – nur noch einmal zur Erinnerung –, das Sie in dieser Angelegenheit abgegeben haben, lautete: Spätestens Ostern – nicht 2010, sondern – 2009 würde das vorliegen. Davon ist leider bis heute nichts eingelöst.
Das wäre ja alles kein Problem, wenn es nicht dringende Notwendigkeiten gäbe. Wir bräuchten dringend eine Anpassung an die aktuelle Bevölkerungsentwicklung, an den medizinisch-technischen Fortschritt. Wir bräuchten dringend eine klare Abgrenzung dazu, was die verschiedenen ambulanten, teil- und vollstationären Angebote betrifft.
Ich weise darauf hin, wir haben Gutachten, beispielsweise des RWI, bekommen, in denen es hieß, insbesondere im Ruhrgebiet müsse die Bettenanzahl abgebaut werden. – Dann gab es eine andere Studie, nämlich des IAT, die besagte: Nein, Moment, es ist nicht eine Frage der Anzahl, sondern der Qualität. Wenn wir uns die Versorgung im Ruhrgebiet anschauen, dann stellen wir fest, dass dort die Anpassung an die demografische Entwicklung zwingend notwendig ist.
Dem, meine ich, kann niemand widersprechen. Dann sind wir ganz schnell dabei, dass wir nicht
mehr über die Anzahl von Betten diskutieren müssen, sondern über die Qualität.
Die rot-grüne Regierung unter der Federführung von Birgit Fischer im Gesundheitsministerium hat es Ihnen doch vorgemacht: Schwerpunktsetzungen tun Not. Wir sind damit gut gefahren, Perinatalzentren einzuführen. Wir sind damit gut gefahren, Stroke-Units einzuführen. Wir sind damit gut gefahren, sowohl Transplantationszentren als auch Herz- und Brustzentren zu entwickeln. Alles das hat zur Sicherung von Qualität einen hohen Beitrag geleistet.
Wenn wir uns anschauen, welchen Qualitätsfortschritt es an nordrhein-westfälischen Krankenhäusern gab, der auf eine Landesinitiative zurückgeht – nicht etwa, was die Krankenhäuser aus eigener Anstrengung heraus gemacht haben, darum geht es hier nicht –, also welchen Beitrag diese Landesregierung geleistet hat, um Qualitätsfortschritt in Nordrhein-Westfalen herbeizuführen, dann kann man nur sagen: Fehlanzeige!
Genauso Fehlanzeige insbesondere für den Bereich psychiatrische Versorgung, über den wir intensiv diskutiert haben. In den letzten fünf Jahren kein Qualitätsfortschritt! Dabei liegen die Probleme auf der Hand. 10 % der Fehltage bei Beschäftigten gehen auf Erkrankung der Psyche zurück. Psychische Erkrankungen sind die häufigste Ursache – sie liegen bei 30 % –, die zur Frühverrentung führen. Alles das schreit nach Antworten sowohl im präventiven Bereich als auch im therapeutischen Bereich.
Wir haben auch über die besondere Dramatik im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie intensiv diskutiert. Ich will nicht alles das wiederholen, was wir dazu ausgeführt haben. Fakt ist, dass wir die notwendigen Schritte nicht erfahren haben, die hätten getan werden müssen. Gerade bei Kindern ist das besonders dramatisch, weil wir wissen: Wenn es dort zu Wartezeiten von drei Monaten und länger kommt, dann ist das in der Entwicklung eines Kindes eine verdammt lange Zeit. Die können wir uns nicht leisten.
Wir können ein nächstes Feld aufmachen: Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um Selbsthilfe zu stärken und zu stützen?
Ja, schauen Sie sich das mal an. Da sind Strukturen kaputt gegangen,
weil niederschwellige Beratung nicht mehr entsprechend gefördert wird.
Wenn wir das alles zusammenbringen, dann muss man feststellen, dass Sie Ihre Hausaufgaben im eigenen Land nicht erledigt haben. Und wenn ich mir anschaue, wie die Interessensvertretung in Berlin aussieht, insbesondere seit Regierungsübernahme durch Schwarz-Gelb, dann kann man nur die Zeugnisnote mangelhaft geben. Schlicht und einfach mangelhaft.
Und das zu einer Zeit, wo die Zukunftsfähigkeit unseres Gesundheitswesens auf dem Spiel steht.
Ich bin eine Musikfreundin, die sagt: Vielstimmigkeit in der Musik kann zu Hochgenuss führen. Aber Vielstimmigkeit in der Politik führt im harmlosesten Fall zu Irritationen. In Ihrem Fall, bei dem, was sich in den letzten Wochen und Monaten abspielt, ist für die betroffenen Menschen nur noch verstörend. Sie sind sich noch nicht einmal einig, was ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem leisten muss. Sie wissen nur eines, Herr Minister: Gesundheit darf die Arbeitsgeber nicht mehr kosten als bisher. – Das ist das Einzige, worauf Sie sich verständigen können.
Die FDP-Fraktion ist für die Totalumstellung. Aus taktischen Gründen, damit die Menschen nicht sofort auf die Barrikaden gehen, sagt sie aber: nicht gleich auf einen Schlag, sondern wir fangen ganz langsam damit an. – In der CDU-Fraktion streiten Sie darum, wie hoch der einkommensunabhängige Beitrag zum Einstieg in die Kopfpauschale denn sein darf. Allein Herr Söder aus Bayern denkt laut über einen prozentualen, also einkommensabhängigen Beitrag nach.
Ihr Beitrag, Herr Minister, in den letzten Monaten dazu ist mehr als entlarvend. Sie haben den Koalitionsvertrag immer verteidigt und darauf abgehoben, dass Sie den Sozialausgleich wollen. Gleichzeitig aber – ich erinnere an unsere Plenardebatte vom 4. November – haben Sie darauf hingewiesen, dass für den steuerlichen Ausgleich wohl kein Geld vorhanden sei. Und wenn ich mir anschaue, was Sie im dpa-Interview letzten Montag erklärt haben, dann kann ich nur feststellen: Das Einzige, was Ihnen auf dem Herzen liegt, ist, dieses gefährliche Wort Kopfpauschale wegzukriegen; Sie wollen jetzt nur von Gesundheitsprämie reden. Ja, welcher qualitative Sprung ist denn das?
Wenn ausschließlich GKV-Versicherte unabhängig von ihrem Einkommen einen festen Betrag zahlen müssen, was Sie noch einmal bestätigt haben, dann wäre es den Menschen schlichtweg egal, ob Sie das Gesundheitsprämie oder Kopfpauschale nennen: Im Endergebnis bedeutet das, dass die Menschen – alle gleich und unabhängig von Ihrem Einkommen – es allein finanzieren sollen. Wie sagten Sie in dem Interview: „Künftige Kostensteigerungen müssten über diese Prämien finanziert werden. Das wäre“ – und das muss man sich auf der Zunge zer
gehen lassen – „ein langsamer Einstieg in ein zusätzliches Finanzierungssystem.“
Das heißt, Sie wollen nicht starke Schultern mehr belasten als schwache. Nein, Sie wollen nicht die Berechnungsgrundlage für Beiträge verbreitern, was eine gute Möglichkeit wäre. Nein, Sie begrenzen die einkommensunabhängige Prämie nur, weil Sie keinen entsprechenden steuerlichen Ausgleich stemmen können. Der bürokratische Aufwand, die Stigmatisierung der Menschen bei einem solchen Ausgleich – alles das interessiert Sie nicht. Sie haben nur ein Ziel: die Arbeitgeber zu entlasten und die Versicherten draufzahlen zu lassen.
Die Menschen aber haben nur einen Wunsch: Unabhängig von ihren individuellen finanziellen Möglichkeiten wollen sie den Zugang für alle zur gesundheitlichen Versorgung, und zwar ambulant wie stationär. Sie wollen auch nicht vom medizinischen Fortschritt ausgeschlossen werden. Und sie können ihn auch nicht alle allein bezahlen. Darum: Bekennen Sie sich endlich zu einem vernünftigen Gesundheitssystem! – Danke schön.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Monheim, Sie haben geklagt, dass unser gemeinsamer Antrag, der nun hier vorliegt, in der Diktion ein bisschen mehr Wahlkampf enthalten würde, als unsere Anträge aus Mai und Juni letzten Jahres. Ja, woran liegt das denn? Wo ist denn das, was Sie hier an Gemeinsamkeiten beschworen haben, in den letzten fünf Jahren gewesen? Wir haben uns doch fünf Jahre lang darum bemüht. Sie aber haben leider kein Entgegenkommen gezeigt.
Ich will daran erinnern – gucken wir uns das noch mal ganz genau an –: Seit Sommer 2006 beschäftigen wir uns mit diesem Thema, damals auf Antrag der Grünen. Wir haben dann im Januar 2007 die gemeinsame Anhörung gehabt, auf die Sie selbst gerade Bezug genommen haben. In der Auswertung dieser Anhörung bestand im Ausschuss zwischen allen Fraktionen Konsens, dass Handlungsbedarf besteht. Und was ist daraus geworden? Sie, die Regierungskoalitionen, haben uns zugesagt: Wir machen dazu einen ersten Aufschlag. Dann sollen SPD und Grüne dazukommen. – Auf diesen ersten Aufschlag warten wir bis heute. Der ist nicht erfolgt, Frau Monheim. Wir konnten nicht gemeinsam agieren.
Im Oktober – nicht etwa 2007 – 2008 haben Sie den Offenbarungseid geleistet. Damals haben Sie erklärt, Sie seien auch als FDP und CDU nicht in der Lage, einen gemeinsam Antrag auf den Tisch zu legen, zu dem wir uns dann hätten verhalten können. In dieser Ausschusssitzung haben wir Sozial
demokraten gesagt: Wenn das so ist, dann müssen wir einen eigenen Antrag machen.
Wir haben Ihnen zwischenzeitlich sogar das Angebot gemacht – weil wir ja im Januar 2007 noch das große Thema Psychiatrie auf der Tagesordnung hatten –: Wenn Sie das nicht gleich für das gesamte Thema abwägen können, weil die Baustelle vielleicht doch ein bisschen zu groß ist, dann lassen Sie uns in drei Gottes Namen doch wenigstens den Bereich Kinder- und Jugendpsychiatrie gemeinsam anpacken.
Aber selbst bei dieser Eingrenzung des Themas waren Sie nicht in der Lage, dem nachzukommen. Und dann wundern Sie sich, dass wir jetzt sagen: Fünf Jahre sind in diesem Bereich eine verlorene Zeit gewesen. Es ist nichts passiert. Es ist in diesem Bereich in der Tat nichts passiert. Und ich glaube, das sollten wir hier festhalten.
Wir haben deshalb einen eigenen Antrag eingebracht. Warum? Sie sagen, das wäre doch gar nicht nötig gewesen, schließlich kam doch im April 2008 die Ankündigung, es gebe ein Sofortprogramm. – Ja, die Ankündigung gab es. Einen Kriterienkatalog, wie es denn funktionieren soll, gab es nicht, jedenfalls gab es nichts Transparentes. Wie viele Plätze sind denn seitdem im teilstationären bzw. stationären Bereich geschaffen worden? Wie groß ist denn das Sofortprogramm? – Unseren Haushaltsantrag von 10 Millionen €, um ein solches Sofortprogramm zu finanzieren, haben Sie abgelehnt. Also ich kann keine Taten erkennen. Außer Ankündigung ist da nichts gewesen. Das, was da passiert ist, ist marginal.
Wir reden über die Verantwortung des Landes. Stationäre und teilstationäre Plätze sind insbesondere in der Verantwortung des Landes und nicht in der Verantwortung der KVen.
Man muss meines Erachtens noch ein bisschen genauer hingucken; und da wäre ein Stück weit Ehrlichkeit wirklich angesagt.
Bei uns ist die sowieso. Bei Ihnen vermisse ich die ja. Ich wäre bei Ihnen ja schon froh, wenn das ein Stück weit wäre, Herr Ellerbrock, ein Stück wenigstens.
Ich möchte noch einen Punkt nennen. Die Frage ist: Was war denn die Ursache, dass Sie sich nicht haben einigen können? Möglicherweise hat das doch genau daran gelegen, dass der Minister monatelang, um nicht zu sagen: jahrelang, der Ansicht anhing, dass es diesen Mehrbedarf gar nicht gibt. Er war vielmehr der Meinung: Die Zahl der Jugendlichen geht sowieso herunter, dann wird der Bedarf auch kleiner. – Das war die eine Aussage. Die zweite Aussage war die, dass, wenn er in die Fläche
gehe – also ganz im Gegensatz zu dem, was Sie heute vertreten –, das Angebot Nachfrage schaffe, und das wolle er nicht haben. Das Dritte, was er gesagt hat, war, dass vonseiten der Jugendhilfe die Leistung in den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung, in den Bereich der Gesundheit abgeschoben würde und dass das die Ursache für die Wartelisten sei. – Das war die Situation im Herbst 2008. Eine Änderung dieser Position hat der Minister erst im Frühjahr 2009 vorgenommen.
Herr Minister, ich erinnere mich noch gut an die Haushaltsberatung, wo ich diesen Punkt mit aufgegriffen habe, weil dankenswerterweise auch die KGNW wieder einmal sehr deutlich wieder den Finger in die Wunde gelegt und gesagt hat: Da muss was passieren, da ist noch nichts passiert. – Als ich meine Rede beendet hatte, sagten Sie zu mir: Bei der Psychiatrie haben Sie ja recht, Frau Gebhard. – Es ehrt Sie ja auch, dass Sie da einen Sinneswandel vollzogen haben und dann in der Ankündigung das Sofortprogramm kam.
Aber sicher.
Diese drei Aussagen können Sie sogar dem schriftlichen Bericht entnehmen, den der Minister für die Ausschusssitzung im Oktober 2008 vorgelegt hat.
Genau da! Das können Sie bitte nachlesen. Da heißt es wörtlich – das habe ich mir notiert –: Ausdruck dafür, „dass zunehmend Erziehungs- und schulische Probleme zulasten der GKV in den Gesundheitsbereich verschoben werden.“ – Ich habe mir das nicht Wort für Wort herausgeschrieben. Sie finden das alles in diesem Text und in dem Protokoll der Ausschusssitzung, in der wir das diskutiert haben.
Das heißt also, wir waren gezwungen zu handeln. Wir haben im Mai letzten Jahres den Aufschlag im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie in der ganzen Breite gemacht. Die Grünen sind dann im
Juni gefolgt. Und dann, Frau Monheim, gab es wiederum das Angebot an Sie: Lassen Sie es uns doch gemeinsam machen. – Und wir haben gewartet und gewartet. Wir haben die ersten Beratungen gemacht. Und jetzt im Frühjahr hieß es in einer Obleuterunde: Geben Sie uns noch ein bisschen Zeit, wir sind noch nicht dazu gekommen. – Und was kam dann? – Wiederum nichts. Daher haben sich Rot und Grün alleine zusammengesetzt und gesagt: Gut, dann gucken wir mal, auf welchen gemeinsamen Nenner wir kommen, welche Maßnahmen jetzt an erster Stelle stehen müssen. – Dann kommen Sie plötzlich mit diesem kleinen, mickrigen Antrag um die Ecke.
Wenn ich mir anschaue, was in diesem Antrag steht, und hinzunehme, was Sie vorhin als Problemlage beschrieben habe, dann kann ich nur sagen: Da ist eine große Diskrepanz. Wenn darin als Situationsbeschreibung das stehen würde, was Sie vorhin einleitend gesagt haben, dann hätten wir ja eine vernünftige Basis miteinander, dann könnten wir da etwas bewegen. Aber leider Gottes steht das nicht in Ihrem Antrag. Da ist keine einzige Forderung zum Ausbau des teilstationären oder des stationären Bereichs zu finden. Es ist kein einziges Wort enthalten, wo die Ursachen für steigende Bedarfe zu suchen sind und dass Sie diese wahrgenommen haben.
Sie schreiben stattdessen – und das macht mich wirklich stutzig –, die Zahlenreihen in der KiGGSStudie stellten den Bedarf fest, ohne anschließend einzulösen, wie diesem Bedarf denn nachgekommen werden soll. Wir haben doch darauf aufmerksam gemacht – hier verweise ich noch einmal auf unseren originären Antrag –, dass wir diesem Bedarf, der in der KiGGS-Studie steht, nicht nur nicht nachkommen können, sondern dass – obwohl bei den Betroffenen sozusagen schon eine Selbstzensur stattfindet – mit einem Fünftel auch nur ein Bruchteil der Eltern mit ihren Kindern tatsächlich Hilfe aufsucht. Aber nicht einmal diesen Bedarf können wir abdecken; trotzdem existieren noch Wartelisten.
Das heißt, wenn Sie solch eine Zahl in Ihrem Antrag voranstellen und sagen, dass dort ein Problem besteht, dann müssen Sie auch sagen, wie es zu lösen ist.
Und da bin ich bei dem Minister. Herr Minister, Sie haben vorhin zu einem anderen Tagesordnungspunkt gesagt, die Regierung sei dazu da, Probleme nicht nur zu beschreiben, sondern sie auch zu lösen. Aber von Lösen kann hier nun wirklich keine Rede sein. Darum kamen wir nicht umhin – ich finde das sehr bedauerlich –, hier festzuhalten, dass wir kein Stück weitergekommen sind.
Ich will noch einen Punkt ansprechen. Vorhin kam die Frage, was für eine Situation Sie 2005 übernommen hätten; das Defizit schleppten wir ja schon so lange mit uns herum. – Erstens ist es erst in den letzten Jahren zu diesem dramatischen Anstieg der Zahlen gekommen. Zweitens hatten wir 2005 ein wesentlich besseres niederschwelliges Angebot als heute – aber um Längen besser.
Drittens gab es sowohl im Rheinland als auch in Westfalen-Lippe ein Konzept, das auf den Ausbau der tagesklinischen Plätze und das Hineingehen in die Fläche ausgerichtet war. Das war ein abgestimmtes Programm. Dieses konnten die Träger der Kliniken bis heute nicht umsetzen. Das liegt daran, dass Sie über Anträge, die aus der alten Legislaturperiode stammen, bis heute noch nicht entschieden haben. Das ist, glaube ich, alles andere als ein Nachweis von Arbeit und Leistung. Das spricht für sich selbst. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Post, ich halte es für müßig, darüber zu streiten, ob irgendwer hier eine Blaupause gemacht hat. Meines Wissens gab es in der letzten Woche nicht einen Antrag der Grünen, sondern eine Aktuelle Stunde.
In der Tat. Inhaltlich gab es dazu eine entsprechende Auseinandersetzung. Der Fakt, dass wir uns heute hier ebenfalls mit diesem Thema befassen, ist nicht der Tatsache geschuldet, dass man in Berlin darüber diskutiert, sondern der, dass Sie jede beliebige Zeitung aufschlagen können, um festzustellen: Dieses Thema ist auf dem Tisch. Das heißt, es gelingt Ihnen in keinerlei Weise, was einmal Ihre ursprüngliche Absicht war, diese Auseinandersetzung auf die Zeit nach dem 9. Mai zu verschieben. Wir können es uns nicht leisten, zu der Diskussion, die in den Medien läuft, hier und heute zu schweigen. An klaren Äußerungen führt meines Erachtens kein Weg vorbei.
Lassen Sie mich dazu einen Kommentar von Stefan Schulte in der „WAZ“ zitieren, den er am 26. Januar, also erst vor ein paar Tagen, geschrieben hat. Darin weist er auf Folgendes hin:
Alle anderen Vorhaben des Ministers verursachen nicht weniger, sondern mehr Kosten...
Darüber hinaus hat er vorher auf die Aussage von Herrn Rösler zu den Arzneikosten Bezug genommen.
Er will den Versandhandel in Drogerien verbieten, Rabattverträge erschweren und verspricht Nachbesserungen bei den Ärztehonoraren.
Nach dem Motto:
Für jede Lobby ein Bonbon, nur keines für die Versicherten.
Dies ist meines Erachtens der entscheidende Punkt, warum die Diskussion so heftig geführt wird.
Die Abfassung des Koalitionsvertrages – wir hatten im Oktober letzten Jahres bereits Gelegenheit, darüber zu diskutieren – zeigt doch eines: dass da offenbar CSU und FDP – unterstützt von Experten der privaten Versicherungen – am Verhandlungstisch gesessen und es ausgehandelt haben.
Und wo saß die CDU? – Die CDU hat das, was Sie jetzt in Teilen zitiert haben, als ihre Position vertreten und in die Präambel ein paar Grundsätze hineinformuliert, sozusagen ein bisschen weiße Salbe darübergetüncht. Das Problem ist nur eines, Herr Post: Wie wollen Sie diese weiße Salbe realisieren, wenn anschließend die konkreten Punkte Strukturen schaffen, die es unmöglich machen, das, was Sie postulieren, umzusetzen?
Entschuldigen Sie bitte: Weder ich noch die gesamte Opposition können etwas dafür, wenn Sie kein Konzept für die Weiterentwicklung der Gesundheitspolitik haben. Das Problem ist: Die Menschen wollen jetzt eine Antwort auf die Fragen, die sich aus den erfolgten Ankündigungen ergeben.
Man sollte sich einmal die zurzeit agierenden Protagonisten und deren Verhalten anschauen:
In der ersten Phase der Diskussion ist der Bundesgesundheitsminister abgetaucht und hat sich um das Weitere nicht gekümmert. Dann schwingt er sich auf und erklärt – darauf hat meine Kollegin Steffens schon hingewiesen –, dass er die Zusatzbeiträge als unsozial empfinde. Da muss dann tatsächlich die Bundeskanzlerin einschreiten – ich zitiere aus der „Süddeutschen Zeitung“ vom 28. Januar –: Sie kritisiert den Gesundheitsminister, „der die Verantwortung für die Zusatzbeiträge bei der früheren schwarz-roten Koalition abzuladen versuche“:
Aus Unionssicht ist das auch deshalb paradox, weil die Liberalen ja nicht nur einkommensunabhängige Zusatzzahlungen, sondern sogar eine generelle Kopfpauschale anstreben.
Sie muss ihn also zur Ordnung rufen, dass er da in seinem Konzept wohl recht widersprüchlich sei.
Wenn Herr Rösler jetzt „ausse Büsche“ kommt und am Montag bei Beckmann in der ARD sogar sein persönliches Schicksal mit der Realisierung der Kopfpauschale verknüpft, dann wissen wir doch, welche Geschütze da aufgefahren sind. Wie verhalten Sie sich denn dazu? Sagen Sie dem Herrn Rösler, dann packen Sie schon mal die Koffer, wir machen das so nicht mit, weil wir ganz andere gesundheitspolitische Ziele haben, wie Sie gerade formuliert haben? – Das steht doch unversöhnlich nebeneinander, was Sie gefordert haben und was auf der anderen Seite steht. Welchen Lösungsweg zeigen Sie denn da auf?
Wenn ich dann sehe, was Ihr CDU-Kollege Jens Spahn erklärt, der die Zusatzbeiträge als Einstieg in die einkommensunabhängige Kopfpauschale verteidigt, dann sehen Sie, dass Sie doch in Ihrem eigenen Laden – Sie können es noch nicht einmal auf die FDP abladen – erst einmal eine Linie finden müssen, wofür Sie denn nun eigentlich sind.
Da bin ich wieder ganz hier in NordrheinWestfalen, wie Sie es wünschen.
Ich knüpfe an die Diskussion hier in diesem Hohen Hause im Oktober 2009 an, Herr Minister. Seinerzeit haben auch Sie gesagt, Sie seien sehr wohl für einkommensunabhängige Beiträge. Sie haben sie verteidigt und gemeint, die steuerlichen Regelungen, die nachgeordnet kämen, würden alles richten. Jetzt können wir lesen, dass Sie plötzlich die Bedeutung der solidarischen Krankenversicherung wiederentdeckt haben.
Na ja, nach gerade einmal drei Monaten machen Sie jetzt einen Schwenk, der wohl dem Datum 9. Mai geschuldet ist. Anschließend, nach dem 9. Mai, werden Sie wahrscheinlich wieder sagen, die Einführung von einkommensunabhängigen Beiträgen sei in Ordnung.
Allerdings – das ist der Grund, warum wir das hier diskutieren müssen – glaubt Ihnen im Lande niemand mehr, dass es möglich ist, einkommensunabhängige Beiträge einzuführen und sie tatsächlich sozial abzufedern.
Die niedrigste Schätzung – ich habe eine Spanne von Schätzungen entdeckt – besagt, dass 40 % der Versicherten einen solchen Sozialausgleich erhalten müssten. Wissen Sie eigentlich, welch eine Bürokratie Sie da in Gang setzen, wenn das berechnet werden soll, wenn jede und jeder Einzelne seinen Antrag stellen darf, seine Einkommenssituation offenlegen und sagen muss, bitte, bitte, gebt mir einen entsprechenden sozialen Ausgleich? Was das obendrein an Bürokratie- und an Verfahrenskosten verursacht! Dieses Geld soll
ten wir doch lieber im Gesundheitswesen belassen, wo es hingehört. Dann wären die Versicherten wesentlich besser dran.
Dann muss man noch sehen, welches Volumen – da bin ich ganz bei der Kollegin Steffens – notwendig wäre, um einen solchen sozialen Ausgleich zu finanzieren, nämlich 20 bis 40 Milliarden €. Klar kann man das über Steuern ausgleichen. Dann müssen Sie aber nicht mit den Steuern runter, sondern rauf, Herr Romberg, und zwar drastisch nach oben.
Darum sage ich Ihnen hier: Das glaubt Ihnen kein Mensch mehr. So, wie die Mehrheit der Menschen es schon abgelehnt hat, die Steuersenkungen, die sie an anderer Stelle wieder selbst finanzieren müssen, mitzumachen – sie fragen: warum diese Umverteilung, wenn der Staatshaushalt schon so unterfinanziert ist? –, nehmen Sie es Ihnen an dieser Stelle auch nicht ab, dass sie tatsächlich entsprechend entlastet werden.
Deshalb glaube ich, dass nur eines bleibt: In der Tat, Herr Post und Herr Laumann, sind wir uns einig, dass wir nicht ausschließlich das Arbeitseinkommen belasten dürfen, um die Krankenversicherung zu finanzieren. Da sind wir ganz beieinander. Dafür gibt es eine ganz klassische Lösung: Sie heißt Bürgerversicherung.
Diese klassische Lösung besagt: Alle Einkommensarten sind zu berücksichtigen, nicht nur das Arbeitseinkommen. Wenn wir auf diese Weise die Grundlage, auf der Beiträge erhoben werden, entsprechend verbreitern, werden wir ausreichend Geld im System haben. Ich finde es toll, dass Sie unsere Ansprüche da formuliert und nachvollzogen haben. Wir wollen in der Tat, dass alle Menschen, unabhängig von Einkommen und Herkunft, in die Lage versetzt werden, den gleichen Zugang zur gesundheitlichen Versorgung zu bekommen. Damit könnten wir das realisieren.
Ich schließe mit dem letzten Satz von Herr Schulte, den ich auch als treffend empfinde. In der Tat: Ich glaube, das hat es noch nie gegeben, dass die Menschen unisono so den Wunsch hegen, dass ein Minister möglicht viele Wahlversprechen bricht, wie sie sich das bei den Wahlversprechen von Herrn Rösler wünschen.
Helfen Sie mit! Entweder kriegt er die Kurve, oder Sie können ihm gleich beim Packen seiner Koffer helfen. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist es gut, dass auf Bundesebene die Möglichkeit geschaffen worden ist, eine Modellklausel zu verankern, um eine Akademisierung in den Gesundheitsfachberufen auf den Weg bringen zu können. Es ist auch gut, dass diese Chance hier in NRW genutzt wird.
Kollege Burkert hat schon darauf hingewiesen, dass die Fachszene sich einig ist, dass eine Akademisierung notwendig ist, und zwar nicht nur deshalb, weil dies bei den Gesundheitsfachberufen in den europäischen Nachbarländern ein durchaus üblicher Ausbildungsweg ist, sondern auch deshalb, weil sich die Anforderungen an diese Berufe im Alltag sehr verändern.
Wir haben in NRW – und darauf können wir stolz sein – gute Voraussetzungen, um diesen Weg zu beschreiten. Zahlreiche Hochschulen haben in der Vergangenheit bereits im Gesundheitswesen angedockte Studiengänge etabliert, sodass wir nicht bei Null anfangen, sondern diese Expertise der Hochschulen nutzen können.
Der Gesetzentwurf gibt zusätzlich zu dem Errichtungsgesetz für die Fachhochschule für Gesundheitsberufe in Bochum nunmehr allen Hochschulen die Möglichkeit – das ist in der Anhörung gefordert worden –, die Modellklausel zu nutzen; sie wird also
nicht nur der einzigartigen Fachhochschule in Bochum überlassen. Ich halte das für wichtig; wir würden uns ohne diese Ausweitung viele Chancen nehmen und Kompetenzen nicht nutzen. Es ist also gut und richtig, einen solchen Rechtsrahmen zu schaffen.
Aber weder der Gesetzentwurf noch die dazugehörige Rechtsverordnung beantworten alle Fragen, die in diesem Zusammenhang noch zu klären sind. Es ist nicht geklärt, wie die Zukunft der Fachschulen aussehen wird und welchen Anteil sie zukünftig an der Ausbildung haben werden. Uns allen ist aber klar – die Berufsordnungen schreiben das zwingend vor –, dass wir nicht auf die Praxisanteile in der Ausbildung verzichten können. Wir wollen auch nicht darauf verzichten. Deshalb ist zu fragen, wie die Fachschulen gleichberechtigte Partner der Hochschulen werden können. Denn es darf nicht so sein, dass nur die Fachhochschulen sich der Kompetenzen der Fachschulen bedienen, sondern es muss auch ein Nutzen für die Fachschulen selbst dabei herauskommen.
Wir müssen auch klären, welche Konsequenzen es im Berufsalltag haben wird, wenn wir ausgebildete Bachelorabsolventen neben Menschen mit einer klassischen Berufsqualifikation haben. Dazu gehören auch die Aufstiegschancen derjenigen, die bisher den klassischen Ausbildungsweg gegangen sind.
Das ist die spannende Frage. Wir in meiner Fraktion treten sehr dafür ein, für Durchlässigkeit zu sorgen, wenn wir diesen Weg gehen. Es kann nicht sein, dass wir zukünftig an Berufsfachschulen dreijährig ausgebildete Kräfte mit jahrelanger Berufserfahrung haben, die die Weiterbildungsordnung nutzen, aber anschließend jemanden vor die Nase gesetzt bekommen, der drei oder vier Jahre an der Hochschule ausgebildet wurde, aber nicht über die entsprechende Erfahrung verfügt. Ich bin sicher, dass die Praktiker denen manchmal etwas vormachen können. Darum bedaure ich es sehr, dass wir hier in Nordrhein-Westfalen bei der Anpassung der Weiterbildungsverordnungen nicht die Chance genutzt haben, diese Durchlässigkeit herzustellen.
Wenn wir wirklich alle die Akademisierung wollen, hätten wir bereits bei den Weiterbildungsverordnungen den Europäischen Qualifikationsrahmen nutzen und bei den Modulen ein entsprechendes Level verankern müssen, das eine Anerkennung bei einem späteren Bachelorstudium nach sich zieht. Schade, dass das versäumt worden ist. Ich meine, da muss nachgebessert werden.
Ein weiteres Versäumnis gibt es bei der Pflege. Die Modelle sind längst abgeschlossen. Sie sind evaluiert, und wir wissen, dass wir weg von der getrenn
ten Kranken- und Altenpflege hin zu einer generalisierten oder gegebenenfalls integrierten Pflege kommen sollten. Aber wir haben keine entsprechende Grundsatzentscheidung getroffen. Es wäre sinnvoll gewesen, dieses vor der Einführung von Bachelorstudiengängen zu klären, damit wir gar nicht erst getrennte Studiengänge, einmal aufgesetzt auf die Altenpflege und einmal aufgesetzt auf die Krankenpflege, haben. Diese Chance wurde vertan.
Der Gesetzentwurf regelt all dies nicht, sondern lässt das offen. Daher tun wir uns nicht schwer, ihn passieren zu lassen. Denn er gibt uns Möglichkeiten der Gestaltung zusammen mit allen Beteiligten. Dafür sind wir ab dem 9. Mai bereit – sicherlich auch die Beteiligten; davon gehe ich aus. Dann werden wir schon noch etwas Gutes in diesem Bereich auf den Weg bringen können. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vorhin ist deutlich geworden, dass sich die Oppositionsfraktionen – die Grünen beziehe ich dabei ausdrücklich ein – sehr konstruktiv an der Diskussion beteiligt haben, wie die Akademisierung der Gesundheitsfachberufe vorangetrieben werden soll.
Herr Minister, wenn Sie jetzt anfangen, Wahlkampf zu machen, müssen Sie mir gestatten, noch einmal das Wort zu ergreifen. Es ist absolut unpassend, an der Stelle etwas Geschichtsklitterung zu betreiben. Sie haben selbst darauf hingewiesen: Die Möglichkeit von Modellversuchen haben wir im Pflegebereich schon ein bisschen länger als für die anderen Gesundheitsfachberufe. Sie tun den Hochschulen mehr als Unrecht, wenn Sie ihnen bescheinigen, sie hätten die Möglichkeiten der Modellklausel nicht vorher schon genutzt und sich nicht auf den Weg gemacht. Ob in Bielefeld, Münster oder Witten/Herdecke – wir haben schon längst entsprechende Studiengänge gehabt. Das sollte man zur Kenntnis nehmen. Darauf können wir aufbauen. Ich habe Sie vorhin nicht im Einzelnen benannt, weil ich dachte, das könnte ich im Hohen Hause und beim Minister als bekannt voraussetzen können.
Ich denke, wir sollten das nutzen. Wir müssen uns in der Tat dazu aufmachen, nicht nur Weiterbildungsstudiengänge vorzuhalten, für die man zunächst eine berufspraktische Ausbildung und die Hochschulzugangsberechtigung haben muss, sich also auf einen langen Weg machen muss. Auch für die Bereiche Logopädie, Hebammen, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten müssen wir das bekommen.
Wir sollten uns dabei aber, wie gesagt, auf einer sachlichen Ebene bewegen. Wahlkampf an der Stelle ist unpassend. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Wie der Minister schon ausgeführt hat, sind wir im September letzten Jahres in der Tat mit Meldungen überrascht worden, dass Krankenhäu
ser Kopfgeld für Patienten an niedergelassene Ärzte zahlen.
Interessant waren die Reaktionen der Interessenverbände der Krankenhäuser und der Ärzteverbände – es gab gegenseitige Schuldzuweisungen. Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, sagte, hinter den Prämienzahlungen steckten die Betriebswirtschaftler in den Krankenhausleitungen. Der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Dr. Rudolf Kösters, sagte, die Schuld liege bei den niedergelassenen Ärzten; sie träten im Verbund an Kliniken heran und stellten gemeinsam Forderungen. – Wir müssen uns wohl damit abfinden, dass es beides gibt.
Wie ich Meldungen und Einlassungen des Ministers an anderer Stelle habe entnehmen können, sind auch im Ministerium anonyme Anzeigen angekommen. Geschäftsführer von Krankenhäusern haben mir im persönlichen Gespräch gesagt, dass solche unsittlichen Ansinnen an sie herangetragen wurden. Dies geschah insbesondere in den Kommunen, in denen es mehrere Krankenhäuser gibt, sodass die Konkurrenz entsprechend groß ist. Man hat dann geschaut, wo man den größten Vorteil ziehen konnte. Zum Teil mussten Abwehrmaßnahmen ergriffen werden. Die Geschäftsführer der Krankenhäuser taten sich zusammen und haben sich gegenseitig versprochen, nicht auf die Forderungen einzugehen.
Umgekehrt – das zeigt das Beispiel in Oberhausen – muss es auch Krankenhäuser geben, die auf Ärzte zugehen und entsprechende Angebote machen, um ihre Einweisungszahlen zu erhöhen.
Fakt ist: Illegal ist beides schon jetzt. Krankenhäusern, die sich so verhalten, drohen Konkurrenzklagen. Im Fall Oberhausen ist man vor Gericht damit erfolgreich. Ärzten drohen – wie der Minister gerade ausgeführt hat – Berufsgerichtsverfahren. Verfehlungen können mit einem Bußgeld bis zu 50.000 € geahndet werden. Ja, ihnen kann auch die Berufszulassung entzogen werden. Trotzdem scheint dieses nicht abschreckend genug zu sein, wenn solche Dinge dennoch vorkommen.
Das hängt sicherlich ein Stück weit damit zusammen, dass die Beweislage sehr schwierig ist. Sie ist auch deshalb sehr schwierig, weil wir als Gesundheitspolitiker natürlich ein großes Interesse daran haben, dass es sehr wohl integrierte Versorgung gibt, das heißt, dass es eine vernünftige inhaltlich abgestimmte Zusammenarbeit zwischen dem stationären und dem ambulanten Bereich, also zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten, gibt. Gleichzeitig wollen wir eine Versorgung, die zum Wohl des Patienten und der Patientin ist. Dabei sind Ärzte nach ihrer Leistung zu vergüten, nach erbrachter Leistung, und nicht dafür, dass sie als Makler tätig werden. Das ist, glaube ich, der entscheidende Punkt. Ich gehe
davon aus, dass wir uns in diesem Hause an dieser Stelle alle einig sind.
Also: Wir brauchen eine Regelung, die solche sinnvollen Verträge nicht diffamiert oder unmöglich macht, sondern sie zulässt.
Wir müssen aber gleichzeitig – da stimme ich dem Minister völlig zu – die Befugnisse der beim Ministerium angesiedelten Rechtsaufsicht über die Krankenhäuser so stärken, dass solch verwerfliches Gebaren von Krankenhäusern ausgeschlossen ist. Das heißt, die Rechtsaufsicht muss gestärkt werden. Die Rechtsaufsicht braucht Instrumente, um da tätig werden zu können.
Dieser Gesetzentwurf, der uns hier heute vorliegt, schafft solche Möglichkeiten, beispielsweise indem die Einsichtnahme in die entsprechenden Verträge zulässig werden soll. Und damit das kein zahnloser Tiger bleibt, ist es ganz wichtig, dass es auch Sanktionsmöglichkeiten gibt. So lässt das Gesetz Zwangsmittel nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz zu. Das bedeutet im Klartext, dass gegenüber Krankenhäusern Bußgelder verhängt werden können. Ich glaube, die schärfste Waffe, die natürlich nur als Ultima Ratio greifen soll, ist, dass sie – gegebenenfalls nur mit der betroffenen Abteilung – aus dem Krankenhausplan herausgenommen werden.
Ich denke, wir müssen alles daransetzen, dass Patienten und Patientinnen darauf vertrauen können, dass ihr Arzt oder ihre Ärztin, wenn er oder sie eine Empfehlung ausspricht, weil er oder sie will, dass ihr Patient/ihre Patientin optimal gesundheitlich versorgt wird und nicht, weil er oder sie Geld verdienen will. Diese Sicherheit müssen wir herstellen.
Wenn wir dazu einen Beitrag leisten können – mit diesem Gesetzentwurf ist das möglich –, dann sollten wir diese Pflicht auch wirklich wahrnehmen und dafür sorgen, dass Krankenkassenmittel nicht zweckentfremdet werden können.
Ich denke, dass wir es in der Tat Ihrem Wunsch entsprechend, Herr Minister, hinkriegen werden, dieses Gesetz bis zu den Landtagswahlen zu verabschieden. Denn es kann eigentlich nicht strittig sein, dass wir an dieser Stelle gemeinsam vorgehen sollten. – Danke schön.
Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Ich habe an der Ausschusssitzung zwar aus Krankheitsgründen nicht teilnehmen können, aber mir ist berichtet worden, dass nicht so abgestimmt worden ist. Allerdings will ich mich nicht lange dabei aufhalten.
Vielmehr möchte ich sehr konkret auf den Teil eingehen, der uns – durch den Änderungsantrag bereits zum Ausdruck gebracht – sehr am Herzen liegt. Es geht um den Teil, der sich mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst in Nordrhein-Westfalen auseinandersetzt, ein Bereich, von dem wir meinen, dass seine Bedeutung für die Menschen so groß ist, dass er es verdienen würde, nicht erst um 22 Uhr aufgerufen und dann in wenigen Minuten abgehandelt zu werden.
Die Stellungnahmen der Experten im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales haben deutlich gemacht, dass wir hier in Nordrhein-Westfalen seit 1997 ein wirklich gutes Landesgesundheitsgesetz haben. Ich darf beispielsweise den Vertreter des Gesunde Städte-Netzwerks zitieren: Viele andere Bundesländer schauen neidisch nach NordrheinWestfalen, insbesondere, wenn es darum geht, Vernetzungen herzustellen. Hier bietet die kom
munale Gesundheitskonferenz, durch dieses Gesetz initiiert und etabliert, eine ganz hervorragende Plattform, die auch über die Landesgesundheitskonferenz die Vernetzung zwischen Land und Kommunen sicherstellt.
Sowohl die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände als auch der Vertreter des Landesverbandes für Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst haben die positive Weiterentwicklung des öffentlichen Gesundheitsdienstes auf Basis eben dieses Gesetzes geschildert.
Dabei haben sie keinen Zweifel daran gelassen, dass dazu unbedingt ein Landesinstitut als Dienstleister zur Verfügung stehen muss. Und – was ganz besonders wichtig ist und bei der Expertenanhörung sehr deutlich zum Ausdruck kam – sie haben darauf aufmerksam gemacht, dass die Aufgabenfelder Epidemiologie, Gesundheitsförderung, Infektionsschutz und Hygiene keinesfalls entfallen dürfen.
Entschuldigen Sie bitte, wenn ich störe. Ich weiß, dass es schwierig ist, um diese Uhrzeit noch aufmerksam zu sein. Ich fände es gut, dass Sie entweder zuhören oder herausgehen würden.
Nein. Ich muss mich um diese Uhrzeit auch konzentrieren können. Ich finde es einfach nur ein Gebot der Fairness.
Der Vorsitzende des Europäischen Public Health Zentrums Nordrhein-Westfalen, Herr Dr. Klitzsch, führte darüber hinaus aus – ich zitiere an dieser Stelle ausdrücklich wörtlich –:
Neben den bereits erwähnten Aufgabenbereichen, die jetzt nicht mehr explizit erwähnt werden, betrifft das auch das Verfolgen der europäischen und internationalen Gesundheitspolitik. Das bisherige lögd, das jetzige LIGA, unterstützt unter anderem auch das EPHZ bei der Verfolgung diesbezüglicher europäischer Themen.
Und dann sagt er weiter: Wir würden es natürlich sehr bedauern, wenn diese Aufgabe niedriger gehängt würde und sogar verloren ginge.
Für diese Position, verehrte Kolleginnen und Kollegen, haben wir, Bündnis 90/Die Grünen und die SPD-Fraktion, volles Verständnis und wir tragen diesem mit unserem Änderungsantrag Rechnung.
Da alle Dienstleistungen mit Geld abgesichert werden müssen, sind Glauben und Hoffnung keine geeigneten Sicherungsmaßnahmen, sondern sie müssen im Gesetz definitiv verankert sein.
Wie bereits angemerkt, ist es allen Experten wichtig, dass auch nach der Zusammenlegung des lögd mit der Landesanstalt für Arbeit das Landesinstitut auch zukünftig ein leistungsfähiges Referenzinstitut für die Kommunen bleibt.
In Anbetracht des Personalabbaus, den Sie bereits mit der Zusammenlegung betrieben haben, ist das vielleicht schon jetzt nicht mehr so einzulösen. Wenn Sie jetzt aber auch noch hergehen und explizit die Aufgabenfelder wie die Epidemiologie, die europäische und internationale Gesundheitspolitik, die Gesundheitsförderung, den Infektionsschutz, Felder, die alle Beteiligten auch zukünftig für unverzichtbar halten, aus dem Gesetz herausstreichen, dann sieht es doch danach aus, als wenn sie gesetzlich die Voraussetzungen dafür schaffen wollen, weitere Mittel in diesem Bereich einzusparen.
Wenn Sie sich also nicht dem Verdacht aussetzen wollen, ja wenn Sie insbesondere den Kommunen die Sicherheit geben wollen, dass Sie ihnen die gewohnte und schon jetzt eingeschränkte Dienstleistung des Landesinstituts erhalten wollen, dann sollte es ein Leichtes für Sie sein, unserem Änderungsantrag auf explizite Nennung der Aufgabenfelder zu folgen.
Sie müssen doch einräumen, dass sich der Laie fragen und der Fachmann wundern muss, warum man eine gesetzliche Grundlage ändert, die von allen Beteiligten geschätzt wird. Natürlich gibt es nichts, was man nicht noch verbessern kann. Aber Sie machen ja keinen Verbesserungsvorschlag. Wir dagegen machen auch einen Verbesserungsvorschlag in unserem Änderungsantrag, indem wir die Themen umweltbezogener Gesundheitsschutz und Stärkung der Gesundheitsförderung und prävention mit eingebaut haben und auch den Erkenntnissen der Enquetekommission „Zukunft einer frauengerechten Gesundheitsversorgung“ Rechnung tragen. Denn dort haben wir mit Ihnen, liebe Kollegen von der CDU, doch die Handlungsnotwendigkeit der geschlechtergerechten Weiterentwicklung des lögd festgestellt und festgeschrieben. Das haben Sie so mit verabschiedet, damals mit Rot-Grün. Ich weiß nicht, warum Sie das heute nicht mehr können. Sie müssen doch eigentlich die Erkenntnis aus der Enquetekommission nicht in so kurzer Zeit schon vergessen haben. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir können in diesem Tagesordnungspunkt die Diskussion von heute Morgen ein Stück weit konkreter fortsetzen. Das will ich auch tun. Ich will hier keine Kaffeesatzleserei betreiben, sondern mich ganz konkret Wort für Wort an Ihrem Koalitionsvertrag, den Sie in Berlin geschlossen haben, entlang hangeln.
Lassen Sie mich mit einem Zitat beginnen:
Die soziale Krankenversicherung in Deutschland bietet 90 Prozent der Bevölkerung einen umfassenden Krankenversicherungsschutz. Dieser auf Solidarität basierende Schutz ist ein entscheidender Standortfaktor und hat maßgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands beigetragen. Das deutsche Krankenversicherungssystem ist ein Garant für die Stabilität unserer Gesellschaft. Kapitalgedeckte Schutzsysteme, das zeigt die derzeitige Finanzkrise, unterliegen dagegen den Risiken der Finanz- und Kapitalmärkte.
Dann geht es weiter:
Das deutsche Gesundheitssystem hat sich bewährt und dient anderen Ländern als Vorbild. … Ein Systemwechsel wäre schädlich.
Dieses Zitat entstammt nicht etwa den gesundheitspolitischen Grundsätzen der Sozialdemokratie, obwohl es da auch hinpasst, es ist auch kein Zitat der großen Versorgerkassen, sondern es stammt aus den gesundheitspolitischen Positionen der Ersatzkassen, die diese vor der Bundestagswahl so veröffentlicht haben.
Was sagen Sie nun zu diesen Punkten, zu diesen Anforderungen in Ihrem Koalitionsvertrag? Da heißt es:
Die Versicherten sollen auf der Basis des bestehenden Leistungskatalogs so weit wie möglich ihren Krankenversicherungsschutz selbst gestalten können.
Das heißt doch wohl, dass der gesamte Leistungskatalog nicht für jeden automatisch gesichert ist, sondern dass es von der individuellen Wahl seines Versicherungsschutzes abhängt. Sollen hier etwa Tarife mit Selbstbeteiligung, Teilkasko und Vollkasko etabliert werden? Verraten Sie doch dann bitte einmal den Menschen, wie sie ihre Krankheit dem selbstgestalteten Versicherungsschutz anpassen sollen! Das Kunststück wird man, glaube ich, nicht schaffen.
Kommen wir zum nächsten Punkt im Koalitionsvertrag. Dort heißt es: Das bestehende System wird in eine Ordnung mit „einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeiträgen“ überführt. – Da wird die Katze aus dem Sack gelassen. Einkommensunabhängige Beiträge sind bekanntlich nur für Besserverdienende interessant. Das heißt, sie sind für den jeweiligen Chef, nicht aber für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Vorteil. Diese Art von Gleichmacherei, eine solche Kopfpauschale, zerstört den Zusammenhalt unserer Gesellschaft.
Damit – die Idee ist ja nicht neu – knüpfen Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, nahtlos an Ihren Leipziger Parteitag von 2003 an. Die damalige Reaktion haben Sie sicherlich noch in schmerzhafter Erinnerung. Das hat Sie wohl auch veranlasst, dieser die Gesellschaft verletzenden Kopfpauschale ein bisschen weiße, schmerzstillende Salbe hinzuzufügen, die da heißt: Sozialausgleich.
Doch warum, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, ein soziales System zerstören, um ein neues, unsoziales System dann sozial ausgleichen zu müssen? – So fragt meines Erachtens völlig zu Recht der Mediziner Dr. Bernd Hontschik am letzten Wochenende in der „Frankfurter Rundschau“.
Eigentlich müssten wir doch alles daransetzen, unser System so weiterzuentwickeln, dass alle Versicherten, egal ob gesetzlich oder privat versichert, den gleichen Zugang zur medizinischen Versorgung erhalten. Oder, um es mit den Worten des bayrischen Hausärzteverbandes zu sagen: Jede Erkrankung eines Patienten muss unabhängig von dessen wirtschaftlichem Status angemessen behandelt werden. – Da gibt es schon jetzt Verbesserungsbedarf, beispielsweise, wenn gesetzlich Krankenversicherte länger auf einen Termin beim Facharzt warten müssen als Privatversicherte.
Doch die von CDU/CSU und FDP unterzeichnete Vereinbarung führt nicht nur zu einer Zwei-, sondern zu einer Mehrklassenmedizin. 90 % unserer Bevölkerung – ich sagte es schon – sind gesetzlich versichert. Die Grundlagen für die Krankenkassen verschlechtern Sie mit den Absichten, die Sie im Koalitionsvertrag verankert haben, dramatisch.
Sie wollen den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich zurückfahren. Das heißt: Den finanziellen Ausgleich gerade für die hier bei uns in Nordrhein-Westfalen großen Versorgerkassen wie AOK und Knappschaft, die wegen ihrer Versicherten und ihrer Morbiditätsstruktur für ihre Versicherten mehr Kosten aufwenden müssen als andere, treffen Sie damit. Sie schicken die Kassen wieder in einen Wettbewerb um junge, gesunde Singles, den wir gerade dabei waren zu überwinden. Wer wie ich regelmäßig Auto fährt und dabei gezwungenermaßen auch Radiowerbung zur Kenntnis nimmt, kann
sich regelmäßig anhören, wie schon jetzt die privaten Versicherungen genau diesen Personenkreis umwerben. Bald müssen es die gesetzlichen Krankenkassen wohl auch tun.
Gleichzeitig schließen Sie aber die gesetzlichen Krankenversicherungen von den beabsichtigten Zusatzversicherungen aus, indem Sie den Privaten dieses Recht exklusiv verleihen. Ich weise noch mal darauf hin – Herr Henke, Sie haben heute Morgen gerufen: Lesen bildet! –: Ja, wir haben den Koalitionsvertrag wortwörtlich gelesen. Das steht genau so darin, aber nicht unter einem Kommissionsvorbehalt, also nicht in einer Regelung, die noch auszuhandeln ist, sondern das ist bereits verankert. Es heißt also nicht „kann“, „wird geprüft“ oder „soll“, sondern es ist so.
Eigentlich hat man an dieser Stelle als gesetzlich Krankenversicherter längst genug von Ihrer Vereinbarung. Aber Sie legen noch eine Schüppe drauf, und die Menschen hier in Nordrhein-Westfalen und überall in Deutschland müssen es möglichst schnell erfahren. Den Arbeitgebern sagen Sie nämlich auch nicht als Prüfauftrag, sondern definitiv zu: Der Beitrag der Arbeitgeber bleibt fest – auf dem heutigen Stand. Hier haben Sie offenbar auch keinen Beratungsbedarf mehr.
Das heißt für die Versicherten: Jede Kostensteigerung im Gesundheitssystem, sei es dank medizinischen Fortschritts, sei es durch höhere Mobilität, sei es durch höhere Personal- und Sachkosten, wird zukünftig ausschließlich von den Versicherten getragen. Damit schwinden auch die Verantwortung der Arbeitgeber für ein effizientes Versorgungssystem und der Anreiz – das ist ganz wichtig; wir sind in einem Ausschuss nicht nur für Gesundheit, sondern auch für Arbeit –, Arbeitsplätze so zu gestalten, dass sie nicht krank machen. Und obwohl Sie die Verantwortung der Arbeitgeber reduzieren, schreiben Sie ihnen gleichzeitig noch mehr Mitwirkungsrechte im Bereich der Selbstverwaltung der Krankenkassen zu.
Wie man den Medien entnehmen konnte, gab es in den Reihen der CDU auf ihrem Kleinen Parteitag durchaus Kritik. So soll beispielsweise die ehemalige saarländische Sozialministerin Regina Görner – von Herrn Tillich und Herrn Müller hört man Ähnliches – gefordert haben, dass die Krankenversicherung umlagefinanziert bleiben soll und bei der Pflegeversicherung nicht auf die Kapitaldeckung gesetzt werden soll.
Doch wo war Ihr Protest, Herr Laumann? Herr Linssen hat heute Morgen gesagt, wir sollten ein bisschen Ordnung in den Laden bringen. Die Vielstimmigkeit, die ich aus CDU-Reihen zu dieser Geschichte gehört habe, schreit in der Tat auch nach Ordnung, aber nach einer Ordnung im Sinne der Versicherten und nicht im Sinne nur eines Teils der Versicherten.
Als Zweites möchte ich noch anmerken: Wo bleiben Sie eigentlich mit den Positionen, die Sie uns im letzten Jahr mit schöner Regelmäßigkeit vorgetragen haben, ob bei Podiumsdiskussionen, bei Demonstrationen oder in diesem Hohen Hause, Herr Minister? Sie haben angeprangert, dass Berlin, dass das Gesundheitsministerium dafür sorgen soll, dass wir in der Krankenhausfinanzierung einen Bundesbasisfallwert bekommen. Herr Minister, in der Tat beschreiten wir seit Jahren den Weg von der Einzelfallfestlegung eines einzelnen Krankenhauses hin zu der Festlegung eines Landesbasisfallwertes. Und daraus hätte sich jetzt der nächste Schritt entwickeln können. Es war angedacht, zu einem Bundesbasisfallwert zu kommen.
Aber Ihre Kolleginnen und Kollegen Länderminister, insbesondere von der CDU, haben Nein gesagt. Jetzt stehen das Regionalisierungsprinzip und die Absage an den Bundesbasisfallwert definitiv schriftlich im Koalitionsvertrag. Was sagen Sie nun den Krankenhäusern? Auf welchen Sankt-NimmerleinsTag wollen Sie sie vertrösten? In dieser Legislaturperiode bekommen Sie ihn jedenfalls nicht mehr. – Danke schön.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte einen Punkt noch einmal klarstellen. Wir kritisieren nicht Personen, die gerade erst eine Woche im Amt sind. Das liegt uns fern. Auch wenn Herr Rösler schon die eine oder andere Äußerung getan und den Eindruck erweckt hat, dass er einen prozentual vom Bruttolohn erhobenen Beitrag nicht für sinnvoll hält, sondern künftig eine Kopfpauschale will. Das steht hier aber gar nicht zur Debatte.
Wir haben uns klipp und klar auf das bezogen, was Sie schriftlich im Koalitionsvertrag niedergelegt und was Ihre Parteigremien abgesegnet haben. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt: Herr Romberg, Sie haben erklärt, dass Sie mit dieser Änderung das System zukunftssicher machen wollen; partiell ist der Minister auch darauf eingegangen. Sie müssen mir mal erklären, auf welcher Höhe denn der Einheitsbeitrag liegen muss, damit mehr Geld in die Kasse kommt, um das System zukunftssicher zu machen. Wenn Sie das auf dem höchsten Stand machen, den wir jetzt haben, klar, dann kommen Sie in einen Bereich, den viele nicht zahlen können. Dann muss der Steuerzahler, so wie es der Minister gesagt hat, in einen ganz tiefen Sack greifen, um das mit zu finanzieren.
Ich habe ihn – wenn Sie mir zugehört haben, wissen Sie das – gefragt: Warum wollen Sie, wenn Sie sozial ausgleichen wollen, ein System aufgeben, das sozial ist, und ein anderes System einführen, das Sie anschließend neu sozial ausgleichen müssen? Das entbehrt jeglicher Logik.
Als Nächstes haben Sie offen eingeräumt; da bin ich für die Klarheit sehr dankbar. Sie haben deutlich gemacht – da verstehe ich den Minister nicht ganz angesichts der Einlassungen, die ich sonst von ihm kenne –, dass Sie in der Tat der Freiberuflichkeit zweier Berufsgruppen einen wesentlich höheren Stellenwert einräumen als der Versorgung der Patientinnen und Patienten.
Das ist festzustellen. Herr Minister, an Sie ganz konkret gerichtet: Ich frage mich schon bei der generellen Absage an MVZs, so wie Sie es gerade gesagt haben, wie Sie im ländlichen Raum die Versorgung der Patientinnen und Patienten sicherstellen wollen. Sie wissen, dass die jetzigen MVZs, die wir haben, überwiegend – ich glaube, es sind mindestens 80 % – von Ärzten geführte werden, nicht von Krankenhäusern.
Also warum aufregen?
Ich habe verstanden und registriert, dass Sie gesagt haben: Die Arbeitgeber sollen nicht weiter beteiligt werden. Das kann man gegebenenfalls in drei bis fünf Jahren ändern. Das heißt, in der nächsten Legislaturperiode halten Sie es mit einer anderen Koalition für durchsetzbar, das wieder anders zu machen. Jetzt, mit den FDP-Leuten, ist das offenbar nicht machbar. Das nehmen wir zur Kenntnis.
Herr Romberg, das ist vielleicht der Schlüssel: Sie haben gefragt, wofür Sie gewählt worden sind. Ich glaube schon, dass die Menschen darauf vertraut haben, dass die CDU die Pläne der FDP, die deren Vertreter landauf und landab schon vor der Bundestagswahl verkündet haben, verhindern würde, sodass der solidarische Aspekt beibehalten wird. Ich bin, was Nordrhein-Westfalen anbetrifft, schon ein Stück weit enttäuscht. Da hört man, wie gesagt, von den CDU-Kollegen aus dem Saarland ganz andere Töne.
Eine Bemerkung noch zum Stichwort Arzneimittel: Herr Minister, natürlich haben teure neue Medikamente auch ihren Preis. Das ist völlig klar. Das erklärt aber nicht, warum ein und dasselbe Medikament bei uns wesentlich teurer sein muss als im Nachbarland, in den Niederlanden oder in anderen europäischen Ländern. Es wäre sinnvoll, daran zu gehen, statt nur das Hohelied der Freiberuflichkeit zu singen.
Lassen Sie mich abschließend noch ein Wort zum Kollegen Henke sagen. Herr Kollege Henke, Sie haben mich vorhin ganz traurig gemacht, als Sie mir nicht die letzte Möglichkeit, Ihnen in Ihrer Rede eine Zwischenfrage zu stellen, eingeräumt haben.
Das Zweite, was ich anmerken möchte – die Zeit läuft ab –: Sie haben – das zeichnet Sie in der Tat aus; so habe ich Sie erlebt – in Ihrem Beitrag vorhin ja nicht nur als Abgeordneter, sondern auch als Vorsitzender des Marburger Bundes gesprochen und dem Kreis, den Sie repräsentieren, nämlich dem der niedergelassenen Ärzte, ins Stammbuch geschrieben, dass sie beim Morbi-RSA Missbrauch betreiben. Das finde ich schon sehr mutig. Machen Sie weiter so! – Danke schön.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zwischen uns ist unstrittig, dass wir die akademische Ausbildung aufgrund der veränderten Anforderungen in den Bereichen der nichtärztlichen Heilberufe brauchen. Die Berufsverbände der Logopäden, Ergotherapeuten, Physiotherapeuten und Hebammen gingen in der Anhörung sogar so weit, dass sie für ihre Berufe in zehn bis 20 Jahren eine völlig akademisierte Ausbildung anstreben.
Das heißt zum einen: In diesem noch relativ überschaubaren Zeitraum müssten wir so viele Studienkapazitäten aufbauen, dass dies dann auch vollständig gewährleistet wäre. Wenn man bedenkt, dass bei der heute in Rede stehenden Fachhochschule in vier Jahren vermutlich die ersten vier mal 60 Absolventen vorhanden sind, so kann man sich unschwer ausmalen, wie viele zusätzliche Studiengänge wir in den nächsten zehn bis 20 Jahren aufbauen und einrichten müssten.
Gleichzeitig bedeutet diese Vorgabe zum anderen, dass die Fachschulen in den vier Professionen Auslaufmodelle sind. Diese Botschaft muss denen auch klar rübergebracht werden. Das eine bekommt man nicht ohne das andere. Das heißt, die Zeiten sind gezählt, was diese Einrichtungen anbetrifft.
Anders sieht es bei der Pflege aus. Der europäische Qualifikationsrahmen sieht eine horizontale und eine vertikale Differenzierung der Pflegeberufe vor. Davon kann in Deutschland noch nicht die Rede sein. Zwei Dinge sind dazu aus unserer Sicht erforderlich:
Wir benötigen nach wie vor die klassische Fachschulausbildung sowie eine Weiterbildung, die in einzelnen Modulen angeboten wird, und zwar auf dem Level 6, das heißt dem Level, der es den Beteiligten, die sich auf den Weg machen, anschließend ermöglicht, dass sie diese in entsprechenden Bachelorstudiengängen angerechnet bekommen.
Bereits im letzten Jahr haben wir gefordert, die Weiterbildungsverordnung für Pflegekräfte der Anästhesie und Intensivmedizin in dieser Form einzurichten. Schon damals haben wir es bedauert – das tun wir heute noch –, dass dies nicht geleistet wird. Dabei verfügen wir in Deutschland schon jetzt über mehr als 50 pflegerelevante Studiengänge. Die meisten davon finden an Fachhochschulen statt. Dort könnten die so weitergebildeten vorhandenen Pflegekräfte sehr wohl ihren Bachelorabschluss erwerben.
Wenn sich Nordrhein-Westfalen nun sogar anschickt, eine eigenständige Fachhochschule für Gesundheitsberufe zu etablieren, also der Akademisierung nicht nur in der Pflege, sondern daneben in vier weiteren nichtärztlichen Heilberufen das Wort redet, ist es völlig unverständlich, dass den bereits ausgebildeten und weitergebildeten Fachkräften die mit dieser Qualifikation verbundene Aufstiegsmöglichkeit verwehrt wird.
Die Experten gehen davon aus – das ist uns in der Anhörung noch einmal sehr deutlich erklärt worden; sie stützen sich dabei auf eine Studie der Robert Bosch Stiftung –, dass 10 % des zukünftigen Pflegepersonals akademisch qualifiziert sein sollten. Das hieße, dass wir bundesweit 80.000 Personen mit dieser Qualifikation bräuchten.
Der Wissenschaftsminister hat mehrfach in der Öffentlichkeit erklärt, er erwarte, dass diese Fachhochschule zukünftig 300 Absolventen pro Jahr habe. Bei einer Gesamtstudierendenzahl von 1.000 setzt er also offenbar sechssemestrige Studiengänge voraus. Das bedeutet, dass wir in 20 Jahren 17 mal 60 gleich 1.020 Fachkräfte akademisch ausgebildet haben werden.
Warum sage ich das? Es ist völlig klar, dass bei 80.000 bundesweit benötigten Personen mit dieser Qualifikation der auf Nordrhein-Westfalen entfallende Anteil wesentlich größer sein wird als 1.020. Das bedeutet, dass diese eine spezielle Fachhochschule bei Weitem nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken.
Viele der Experten haben uns deshalb davor gewarnt, dieser Hochschule ein Alleinstellungsmerkmal zu geben. Das kann man aber nicht nur anhand des Bedarfs nachweisen; es ist auch aus inhaltli
chen Gründen erforderlich, auf so etwas zu verzichten. Die Sachverständigen haben deutlich gemacht, dass man in der Modellphase bis 2017 unterschiedliche Modelle austesten müsse. Außerdem sei an unseren nordrhein-westfälischen Hochschulen, Fachhochschulen wie Universitäten, schon eine Menge an einschlägiger Kompetenz vorhanden, die einbezogen werden müsse. So gebe es beispielsweise an der RWTH Aachen bereits seit 1991 einen sogenannten konsekutiven Studiengang für Lehr- und Forschungslogopädie.
Die bisher vorhandenen derartigen Studiengänge setzen auf eine dreijährige Fachschulausbildung auf. Die Studierenden fragen sich unseres Erachtens völlig zu Recht, ob die Ausbildung wirklich nacheinander stattfinden muss. Sie kostet in der Regel nicht nur viel Geld, sondern auch noch viel Zeit.
Wir haben in Nordrhein-Westfalen auch eine Reihe von dualen Studiengängen, insbesondere an Fachhochschulen, die bei der Ausbildung eng mit Fachschulen kooperieren. Diese Studiengänge dauern in der Regel aber auch noch bis zu etwa fünf Jahren.
Im Vorlauf des Gesetzgebungsverfahrens war zahlreichen Presseverlautbarungen der beiden zuständigen Minister zu entnehmen, dass es an der neuen Fachhochschule für Gesundheitsberufe erstmalig ein grundständiges Studium geben soll, an dessen Ende die Absolventen nicht nur den Bachelorabschluss haben, sondern auch die Berufszulassung. Leider ist dies nicht im Gesetzentwurf verankert. Deshalb liegt Ihnen ein entsprechender Änderungsantrag der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor; denn gerade dieser Doppelabschluss ist sehr interessant.
Offenbar ist es aber wesentlich leichter, eine solche Zielvorgabe zu formulieren, als sie tatsächlich umzusetzen. Bei der Einbringung des Gesetzentwurfs erweckten Sie noch den Eindruck, das sei alles gar kein Problem, auch wenn es im Gesetz nicht explizit erwähnt sei; das Gesundheitsministerium könne völlig backstage bleiben, die Einrichtung dieser Fachhochschule könne man getrost ausschließlich in den Händen des Wissenschaftsministeriums belassen.
Interessant ist, dass alle die von mir damals aufgeworfenen Fragen anschließend in der Expertenanhörung Gegenstand der Beratung waren. Ja, Herr Dr. Brinkmeier, die Berufsverbände vertrauen darauf, dass die Doppelqualifikation kommt. Und Frau Professor Bienstein als Pflegewissenschaftlerin formulierte eindeutig, Doppelprüfungen seien für die Studierenden nicht zumutbar.
Von den Berufsverbänden wird also vorausgesetzt und erwartet, dass an die Hochschule Personal berufen wird, das nicht nur über die wissenschaftliche Qualifikation verfügt, sondern auch über die fachpraktische Qualifikation. Die erste Ausschrei
bung, die dazu stattgefunden hat – darauf wies der Vertreter des Deutschen Pflegerats hin –, berücksichtigte aber genau dies nicht. Einen deutlicheren Hinweis darauf, dass man im Aufbaugesetz vielleicht doch etwas präziser auf diese Doppelausrichtung hätte hinweisen müssen, braucht man wohl nicht.
Offenbar hat man sich vor der Einbringung dieses Gesetzentwurfs aufseiten des MAGS keine Gedanken darüber gemacht, wie ein Bachelorstudiengang strukturiert ist, und nicht berücksichtigt, dass jedes Semester zahlreiche Prüfungen stattfinden, die Eingang in einzelne Modulabschlussprüfungen finden.
Umgekehrt hat man im Wissenschaftsministerium anscheinend nicht darüber nachgedacht, was es heißt, die Ausbildungs- und Prüfungsordnungen für diese speziellen Berufe tatsächlich zu integrieren, also die Bachelorstruktur mit den Vorgaben der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen, die zur Berufszulassung führen, zu harmonisieren. Wie viele praktische und theoretische Ausbildungsanteile vorhanden sein müssen, war dort offenbar gar nicht klar. Wenn beispielsweise 1.700 Stunden für drei Jahre vorgegeben sind, bleibt der Spielraum für wissenschaftliche Ausbildung nicht gerade groß.
So muss es nicht verwundern, dass die Experten anders als der Wissenschaftsminister achtsemestrige Studiengänge für erforderlich halten. In diesem Zusammenhang wurde in der Anhörung auch die Schwierigkeit deutlich, die unterschiedlichen Vorgaben zu harmonisieren; denn einerseits hat die Prüfung für die Berufszulassung nach dreijähriger Ausbildung stattzufinden, während andererseits der Bachelorabschluss erst nach vier Jahren, also nach acht Semestern, abgelegt wird.
Bei den Einlassungen des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales in unseren Ausschussberatungen ist auch eine interessante Entwicklung abzulesen, die die von mir gerade wiedergegebene Einschätzung widerspiegelt. In der gestrigen Ausschusssitzung des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie haben wir vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales erstmalig gehört, dass sich Doppelprüfungen nicht vermeiden lassen. Zuvor ist das nie so gesagt worden. Wer sich das Protokoll der Anhörung und die schriftlichen Stellungnahmen noch einmal anschaut, stellt fest, dass man bis dato von einer ganz anderen Ausgangslage im Lande ausgegangen ist. Jetzt kommt die Wahrheit scheibchenweise heraus.
Wir halten über die Ausschussberatungen hinaus aus folgendem Grund an unserem Änderungsantrag fest: Wenn wir wollen, dass das von Ihnen politisch vorgetragene Ziel nicht aufgegeben wird, dass die Studiengänge, die an dieser speziellen Fachhochschule eingerichtet werden sollen, tatsächlich grundständig sind und gleichzeitig zur Berufszulas
sung führen, ist es erforderlich, ein solch klares Signal in das Gesetz aufzunehmen und das dort hineinzuschreiben. Nicht mehr und nicht weniger steht in unseren Änderungsanträgen. Darum bitten wir darum, dem zuzustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Henke, Sie haben mich sozusagen aufgefordert, noch einmal in die Bütt zu gehen.
Doch, das war ganz eindeutig. Denn ich traue Herrn Henke sehr wohl zu, dass er in der Lage ist zu entscheiden, ob es einen Widerspruch gibt zwischen dem, was ich bei der Einbringung des Gesetzes gesagt habe, und dem, was ich hier gesagt habe. Wenn er das als Widerspruch bezeichnet hat, heißt das: Er war sich sehr wohl im Klaren darüber, dass das gar kein Widerspruch ist.
Der Hinweis, den ich bei der Einbringung gegeben habe – ich bin dem Minister in der Tat sehr dankbar dafür, dass er das zitiert hat, was ich damals gesagt habe –, und das, was ich heute gesagt habe, sind der Ausfluss daraus, dass das Gesundheitsministerium im Gesetz nicht verankert ist.
Sie haben völlig zu Recht darauf hingewiesen – wir haben darauf auch schon hingewiesen –: Wir wissen – Sie wissen es auch –, dass beide Aspekte zu berücksichtigen sind. Sie legen aber einen Gesetzentwurf vor, der nur die Aspekte der Wissenschaft
betont. Die Aspekte der Gesundheit sind darin nicht verankert.
Wir aber sagen: Dabei gibt es Unterschiede. Es wäre der Rechtsklarheit wegen wichtig, dass beides hineinkommt.
Herr Minister, wenn Sie sich den ersten Punkt anschauen, stellen Sie fest: Es ist eben kein rechtswidriger Antrag im Hinblick auf die Regelungen. Denn wir verlangen darin nicht, dass Doppelprüfungen ausgeschlossen werden, sondern wir verlangen in diesem ersten Änderungsantrag, …
… dass das, was Ihre politische Absicht ist, tatsächlich für alle Beteiligten verbindlich wird, nämlich dass die Studiengänge so organisiert werden, dass sie zu beiden Abschlüssen führen. Um mehr geht es nicht.
Das ist garantiert – mit Verlaub, Herr Henke – …
… nicht ein rechtsuntechnischer Begriff, wenn man hineinschreibt, wie die Abschlüsse sein sollen. – Danke schön.