Uwe Biester

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Last Statements

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Justiz hat die Aufgabe, in angemessener Zeit und mit hoher Qualität Recht zu sprechen. Wir sind verpflichtet, den Gerichten die dafür erforderlichen sächlichen und personellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Ich stelle dazu fest: Die Justiz erfüllt ihre Aufgabe in Niedersachsen sehr gut, und wir tun dies mit unserem Haushaltsentwurf ebenfalls.
Die Landesregierung legte einen Haushalt mit Einnahmen von knapp 347 Millionen Euro und Ausgaben von rund 1,062 Milliarden Euro - davon entfallen allein 643 Millionen Euro auf Personalausgaben - vor. In den Personalausgaben sind - das haben Sie nicht erwähnt, Frau Bockmann fünf neue Stellen zur Erweiterung der Sozialtherapie in der Jugendstrafanstalt Hameln und drei neue Stellen in der Führungsaufsicht bereits enthalten. Wir investieren in die IT-Organisation durch Zentralisierung. Wir erproben den elektronischen Rechtsverkehr. Wir haben ein Qualitätsmanagement zur Optimierung der Arbeitsabläufe eingerichtet. Die Gerichte stellen sich dem Urteil ihrer Kunden durch Umfragen z. B. bei den Rechtsanwälten, um eventuelle Schwächen festzustellen und Stärken weiter auszubauen. Die Gerichte haben zu
Recht keine Scheu, sich dem Urteil der Kunden zu stellen. Wir sind stolz darauf - das sollte man auch einmal erwähnen; das ist von der Opposition noch nie anerkannt worden -, dass wir im Ranking der Bundesländer, was die Bearbeitungsdauer der
Fälle angeht, bei allen Gerichtsbarkeiten durchweg im oberen Drittel liegen.
Wir wissen, dass wir dies den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Justiz zu verdanken haben. Wir wissen um deren Arbeitsbelastung. Wir wissen um deren durchweg positive Arbeitseinstellung. Ich sage im Namen der CDU-Fraktion daher allen in der Justiz Tätigen dafür meinen ausdrücklichen Dank.
Wir haben natürlich - wie die Opposition auch - mit den Vertretern aller Gerichtsbarkeiten im Vorfeld der Haushaltsberatungen gesprochen, uns ihre Feststellungen, Wünsche und Anregungen angehört und sie abgewogen. Als Ergebnis haben wir als Fraktion gegenüber dem Entwurf der Landesregierung folgende Veränderungen vorgenommen:
Wir haben bei den Amtsanwälten vorgesehen, zehn neue Stellen einzurichten. Wenn die Opposition nun feststellt, dass wir dort gehandelt haben, so muss sie dies natürlich noch toppen und sagen: Wir stellen 30 Stellen zur Verfügung. Man müsste dann natürlich auch einmal die Frage beantworten, wo diese Mitarbeiter herkommen, wo sie auf dem Markt überhaupt verfügbar sind, wo ich, wenn ich aus dem Rechtspflegerbereich 30 Mitarbeiter als Amtsanwälte qualifiziere, Löcher aufreiße und wie ich dann wiederum gegensteuere. An Antworten auf diese Fragen fehlt es bei diesen Vorschlägen auch. Wir meinen, dass wir der besonderen Belastungssituation im Bereich der Amtsanwaltschaft dadurch, dass wir zehn neue Stellen einrichten, Rechnung tragen.
Wir stellen weitere sechs Richter in der Strafgerichtsbarkeit - die Begründung werde ich gleich nachliefern - und zwei weitere Staatsanwälte ein.
Wir nehmen 233 Stellenhebungen im mittleren Justizvollzugsdienst und im Wachtmeisterdienst vor. Darauf sind wir richtig stolz. Wir meinen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einen schweren Beruf in diesem Bereich ausüben, haben es verdient, diese Stellenhebungen zu erhalten.
Seit gestern kennen wir nun die Vorstellungen der Opposition. Sie sind offensichtlich dem Wahlkampf geschuldet. Sie sind utopisch und nicht seriös gegenfinanziert.
Ich nenne ein Beispiel dafür. Frau Bockmann, Sie wollen die Mittel für den Geschäftsbedarf an den Gerichten um 225 000 Euro kürzen, aber gleichzeitig 130 neue Richter einstellen. Den personellen Unterbau für die Richter vergessen sie völlig. Das ist schon dilettantisch. Sie kürzen andere Ausgabepositionen, ohne das Ist des Jahres 2007 zur Kenntnis zu nehmen. Einnahmepositionen erhöhen Sie in das Utopische hinein, ohne das Ist 2007 zur Kenntnis zu nehmen. Diese Versuche einer teilweisen Gegenfinanzierung in Ihren Anträgen können wir nicht ernst nehmen.
Den Höhepunkt haben Sie heute eigentlich in Ihrem Redebeitrag geliefert. Sie sagen: Es darf keinen Rechtsschutz nur für Reiche geben. Deswegen sind wir gegen einen Gesetzesvorschlag zur Begrenzung der Kosten der Prozesskostenhilfe. Dies mag man politisch durchaus vertreten. Wir haben eine völlig andere Auffassung. Das wissen Sie. Warum Sie aber gleichzeitig die Ausgaben für die Beiordnungen in diesen Sachen kürzen, kann ich nicht nachvollziehen. Das passt überhaupt nicht zusammen.
Sie haben einen besonderen Schwerpunkt bei den Sozialgerichten gesetzt. Frau Bockmann, wir haben bei den Sozialgerichten im Jahr 2006 32 neue Richterstellen und - wir kümmern uns ja auch um den Unterbau - 17 weitere Stellen im Folgedienst eingerichtet. Im Nachtrag 2007 haben wir 27 weitere Richterstellen eingestellt; zusätzlich zwei Stellen im gehobenen Dienst und 15 Stellen im mittleren Dienst. Das ist bereits geschehen. Außerdem haben wir aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit bereits fünf Richter umgesetzt. Wir werden noch weitere fünf Richter umsetzen. Von 2006 bis 2008 werden wir bei der Sozialgerichtsbarkeit insgesamt 76
neue Stellen geschaffen haben. Damit sind wir unserer Verantwortung gerade für diesen Gerichtszweig ohne Weiteres nachgekommen.
Sie haben die Verfahrensdauer bei diesen Gerichten angesprochen. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass diese langen Verfahrensdauern in vielen Fällen dadurch bedingt sind, dass umfangreiche Gutachten, Ergänzungsgutachten und Obergutachten eingeholt werden müssen. Die Erstellung der Gutachten ist häufig das, was sich auf die Dauer der Verfahren bei den Sozialgerichten
nachteilig auswirkt.
Was die ordentliche Gerichtsbarkeit angeht, können wir feststellen, dass die Eingangszahlen
durchweg leicht rückläufig sind.
Eine Besonderheit haben wir bei den Strafgerichten. Da Herr Jüttner gerade anwesend ist und sich konzentriert,
will ich ihm an dieser Stelle einmal Folgendes sagen: Sie haben gestern in einem Nebensatz gesagt, wir müssten die Untersuchungshäftlinge in Niedersachsen wegen überlanger Verfahrensdauern massenweise entlassen.
- In etwa so haben Sie das gesagt. - Damit verkennen Sie aber völlig die tatsächliche Situation.
Ich will Ihnen aber durchaus zugestehen: Wir haben eine verschärfte Rechtsprechung im Hinblick auf die Dauer der Untersuchungshaft und bezüglich der Anforderungen, die dort gestellt werden.
Dem tragen wir Rechnung, indem wir schon im letzten Jahr zwölf zusätzliche Strafrichter eingestellt haben. In diesem Jahr sind es wiederum sechs weitere Strafrichter.
- Ein Fall? Zwei Fälle? Wie viele kennen Sie denn? - Nennen Sie sie doch einmal!
- Völlig d’accord! Das werden Sie aber nie ausschließen können. Daraus können Sie nun nicht den Schluss ziehen, dass das daran liegt, dass wir zu wenige Staatsanwälte oder zu wenige Strafrichter hätten. Einen solchen Zusammenhang können Sie nicht nachweisen.
In der Arbeitsgerichtsbarkeit sind durchgängig
rückläufige Zahlen festzustellen. Eine Besonderheit stellt hierbei das Arbeitsgericht Osnabrück dar. Das muss unserer Meinung nach aber intern gelöst werden.
Bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit haben wir
ebenfalls eine deutliche Rückläufigkeit der Eingangszahlen, was sogar dazu geführt hat, dass uns der Präsident des Oberverwaltungsgerichts schriftlich darum gebeten hat, ihm doch Fälle aus dem Sozialbereich zuzuweisen, damit die Verwaltungsgerichtsbarkeit sie bearbeiten kann.
Meine Damen und Herren, ich stelle deshalb fest: Die sächliche und die personelle Ausstattung, die wir der Justiz mit dem Haushalt 2008 zur Verfügung stellen, wird der Belastungssituation der Gerichte gerecht. Sie ist angemessen. Die Justiz ist und bleibt bei uns in Niedersachsen in guten Händen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion ist stolz darauf und zufrieden, heute dieses niedersächsische Vollzugsgesetz zur Abstimmung stellen zu können.
Dieses Gesetz, liebe Frau Müller, ist kein Machwerk, sondern ein praxistaugliches Gesetz, an dem sehr, sehr viele Praktiker mitgearbeitet haben.
Deshalb sind wir auch davon überzeugt, dass sich dieses Gesetz in der Praxis bewähren wird. Unser Dank gilt all denjenigen, die an dem Gesetz mitgearbeitet haben. Da sich die Ministerin nicht selbst loben konnte, als sie den Gesetzentwurf hier in den Landtag eingebracht hat, möchte ich dies an dieser Stelle ausdrücklich tun. Die Ministerin hat sich in dieses Gesetzgebungsvorhaben sehr persönlich mit eingebracht. Das gilt gleichermaßen für die Mitarbeiter des Hauses, des Justizministeriums. Das gilt auch für den GBD und - wie vorhin schon gesagt - auch für die Praktiker. Mein Dank geht insbesondere auch an die FDP-Fraktion. Ich weiß natürlich, dass auf dieser Seite immer wieder einmal geguckt worden ist: Na, kriegen sie das hin? Gibt es da vielleicht Konfliktpotenzial? - Dort, wo wir uns zu unterhalten hatten, haben wir uns in sehr konstruktiver und sachlicher Atmosphäre unterhalten. Frau Peters hat hier ausgeführt, wo die FDP meint, dass sie ihren besonderen Einfluss eingebracht hat. Insgesamt haben wir jetzt ein Gesetz, hinter dem sowohl die FDP als auch die CDU steht, sodass wir das Gesetz heute mit großer Mehrheit verabschieden werden.
Frau Müller, ich weiß nicht genau, wie ich mit Ihrem Redebeitrag umgehen soll. Sie haben sich um den Strafvollzug verdient gemacht. Ihre heutige Rede wird eine Ihrer letzten Reden gewesen sein.
Deshalb habe ich so eine gewisse Beißhemmung. Einige Sachen muss ich aber vielleicht doch noch richtigrücken: Ich scheue überhaupt nicht die politische Auseinandersetzung im Hinblick auf die Frage, wie das Verhältnis zwischen Resozialisierung und Schutz der Allgemeinheit ist. Wir sagen - das ist eine politische Aussage, zu der wir stehen -: Beides steht gleichwertig nebeneinander. Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, dass der Vollzug auch dem Schutz der Allgemeinheit vor den Straftätern dienen soll. Daraus dürfen Sie jetzt aber bitte nicht den Umkehrschluss ziehen: Damit wird die Resozialisierung in den Hintergrund gedrängt. Das ist überhaupt nicht der Fall. Im gesamten Gesetzentwurf findet sich kein Ansatzpunkt dafür, dass dem so ist. Nein, beides - Resozialisierung auf der einen Seite und Sicherheit der Öffentlichkeit auf der anderen Seite - gehört zusammen.
Zur Resozialisierung nutzen wir den Chancenvollzug. Es kann überhaupt nicht bestritten werden, dass man immer nur dann resozialisieren kann, wenn der betreffende Gefangene es auch wenigstens im Ansatz will. Jemandem, der überhaupt nicht mitarbeitet, dem können wir Therapien angedeihen lassen, dem können wir Arbeitsangebote machen. Wer nicht will, der will nicht. Deshalb ist es richtig, dass das Gesetz jetzt Regelungen darüber enthält. Wir machen ihm dieses Angebot. Nimmt er es nicht an, wird er zurückgestuft. Wir machen ihm das Angebot immer wieder neu. Wenn er sich dauerhaft verweigert, wird ihm das Angebot nicht mehr unterbreitet, und er wird auf die Basisversorgung zurückgesetzt.
Dankbar bin ich der Opposition auch dafür, dass sie sagt: Die durchgängige Betreuung der Gefangenen im Vollzug und nach dem Zeitpunkt der Entlassung ist ein echter Fortschritt. - Das sehen wir genauso. Das ist ein echter Fortschritt. Es steht jetzt als Aufgabe im Gesetz, dass diese durchgängige Betreuung gewährleistet sein muss. Damit wird die besondere Gefahrensituation, die die Entlassung eines Strafgefangenen bisher dargestellt hat, deutlich abgemildert, indem die Betreuungseinrichtungen miteinander vernetzt werden und miteinander arbeiten, sodass der Übergang des Strafgefangenen in die Freiheit mit den gleichen Personen erfolgen kann, die ihn auch bisher betreut haben.
Ich fasse für meinen Teil zusammen - ich habe meinem Kollegen Nacke als unserem Experten für den Justizvollzug versprochen, ihm noch Redezeit
zu überlassen -: Wir sind froh, dass dieses Gesetz geschaffen wird.
Herr Briese, auch Ihnen möchte ich einfach nur noch einmal sagen: Wir halten es nach wie vor für richtig, dass wir die Gesetzgebungskompetenz für diesen Bereich bekommen haben. Für diesen Bereich liegt die politische Verantwortung beim Land Niedersachsen. Für diesen Bereich liegt auch die finanzielle Verantwortung beim Land Niedersachsen. Von daher ist es konsequent, wenn auch die gesetzgeberische Verantwortung für dieses Sachgebiet beim Land Niedersachsen liegt.
In der Veranstaltung mit dem Niedersächsischen Richterbund, über die der Kollege Briese berichtete, hat sich der Vorsitzende, Herr Possehl, ausgesprochen dankbar dafür gezeigt, dass 15 neue Richterstellen im Jahr 2007 eingestellt worden sind. Gleichwohl hat er darauf hingewiesen, dass es immer wieder einmal bei Gerichten besondere Belastungssituation geben kann, sei es durch Langzeiterkrankungen von Richtern, sei es durch Mammutverfahren.
Meine Frage: Wenn es im Laufe eines Jahres zu solchen konkreten Situationen an einem bestimmten Gericht kommt, was kann überhaupt das Justizministerium in solchen Situationen tun, um gegenzusteuern? Oder wer ist zuständig?
Frau Ministerin, halten Sie es für eine angemessene Reaktion, dann, wenn die Zahl der Eingänge bei den Zivilsachen sinkt, die Zahl der Eingänge bei den Strafsachen aber gleichzeitig steigt, Zivilkammern in Strafkammern umzuwandeln?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion versucht seit Kenntnis der Überlegungen, ein Justizzentrum im Bredero-Hochhaus
einzurichten, erfolglos, diesen Vorgang zu skandalisieren.
Werfen wir einmal einen Blick zurück. Der erste Vorwurf, das Land Niedersachsen sei einem unseriösen Vertragspartner aufgesessen, hat sich als falsch erwiesen. Richtig war: Der erste Gesprächspartner des Landes Niedersachsen hatte die Immobilie gekauft; sein Erwerbsanspruch war durch eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch abgesichert. Er hat dann allerdings den Kaufpreis nicht bezahlt mit der Folge, dass der Verkäufer zurückgetreten ist. Ein anderer Investor hat gekauft. Die Verhandlungen sind mit dem anderen Investor nahtlos fortgesetzt worden. Dieser Investor ist mit Projekten dieser Größenordnung und Nutzungsart erfahren und als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Es ist also der richtige Verhandlungspartner des Landes Niedersachsen.
Zweiter Vorwurf: Heute verdrängen Sie total - das habe ich im Rechtsausschuss schon gesagt -, dass Sie am Anfang gar nicht für ein Justizzentrum waren. Vielmehr haben Sie darauf hingewiesen, dass die fünf Fachgerichte in Mietimmobililen untergebracht seien, die Mietverträge noch recht lange liefen und sich das Ganze gar nicht rechnen könne. Wenn Sie fünf Fachgerichte in einem Gebäude zentralisieren wollen, dann müssen Sie natürlich Rücksicht darauf nehmen, dass die bisherigen Mietverträge unterschiedliche Laufzeiten haben. Aber dies war von Anfang an lösbar und ist in den Verhandlungen jetzt gelöst worden. Ich stelle also fest - insofern hat Ihr Antrag ein Gutes -, dass Sie mit uns immerhin darin übereinstimmen, dass die Zusammenfassung der Fachgerichtsbarkeit in Hannover in einem Justizzentrum ein überaus sinnvoller und guter Vorgang ist, den man nur unterstützen kann.
Damit Sie weiter skandalisieren können, kommt jetzt von Ihnen der dritte Vorwurf, es sei das falsche Objekt. Meine Damen und Herren, es hat mehrere Unterrichtungen im Ausschuss gegeben. Die Abwägungen, die zwischen verschiedenen Projekten vorgenommen worden sind - BrederoHochhaus, Neubau, PH Hannover und andere Objekte -, sind im Ausschuss nachvollziehbar offengelegt worden. Dies hat das Justizministerium
auch nicht allein gemacht, sondern es hat sich des Landesliegenschaftsfonds und des Staatlichen Baumanagements bedient. Alle Beteiligten - auch diejenigen, die die Finanzen im besonderen Fokus haben - kamen zu dem Ergebnis, das BrederoHochhaus sei das geeignete Objekt.
Wenn Sie uns nun andere Zahlen für ein anderes Projekt von einem Architekten, den Sie eingeschaltet haben, präsentieren, oder wenn ich in der Zeitung lese, ein Investor habe ein Objekt immerhin schon zwei- oder dreimal besichtigt und könne auf Grundlage dieser zwei oder drei Besichtigungen bessere Konditionen anbieten, dann sage ich Ihnen ganz offen: Ich vertraue mehr den Prognosen der Einrichtungen aus dem Finanzministerium, nämlich Landesliegenschaftsfonds und Staatliches Baumanagement. Es ist auch richtig, wenn uns das Staatliche Baumanagement sagt, bei den Anforderungen des Denkmalschutzes sei auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Investors Rücksicht zu nehmen. Wenn diese Herren bestätigen, dass dieses Kriterium strenger genommen wird, wenn die öffentliche Hand investiert, als wenn ein Privater investiert, dann halte ich auch dies für nachvollziehbar und glaube mehr den Fachleuten aus den Ministerien.
Für uns steht eindeutig Folgendes im Vordergrund: erstens die zentrale Lage des Bredero-Hochhauses. Es ist eben die Stadtmitte und nicht ein Quartier, das etwas mehr in der Südstadt liegt. Es ist direkt am Hauptbahnhof gelegen und befindet sich in unmittelbarer, fußläufiger Nähe des Amtsgerichts und des Landgerichts Hannover. Die dortige nicht ausgelastete Kantine kann mitgenutzt werden. Dann werden wir also nicht nur ein Justizzentrum der fünf Fachgerichtsbarkeiten in einem Gebäude haben, sondern wir werden sämtliche Einrichtungen der Justiz in Hannover um den Volgersweg zentralisieren. Zweitens ist das Projekt preiswerter als die derzeitigen Unterbringungen. Es ist bürgerfreundlicher als die derzeitigen Unterbringungen, die bekanntlich teilweise an eher versteckten Standorten in Hannover gelegen sind.
Kommen wir zu den Einwendungen der Gerichtsleitungen und der Personalvertretungen. Ich sage ganz ausdrücklich: Sie sind legitim. Das Justizministerium beschäftigt sich mit diesen Einwendungen, und ihnen wird, soweit es technisch möglich ist, Rechnung getragen. Ich nenne die Situation der Fenster, die beklagt worden ist, die Schadstoffproblematik, die gutachterlich untersucht worden ist und beseitigt werden wird, und den Wunsch
nach einzeln regulierbaren Raumtemperaturen, dem ebenfalls nachgekommen werden soll. Für das, was nicht regelbar ist, meine Damen und Herren, sieht unser Gesetz eine entsprechende Einigungsmöglichkeit vor: Kommt es nicht zu einer Einigung von Ministerium und Personalvertretung, dann wird das Problem vor der Einigungsstelle erörtert.
Ich fasse zusammen: Wir als Fraktion bzw. als Parlament sehen keinerlei Veranlassung, in dieses Projekt einzugreifen - ein Projekt das im Übrigen eindeutig der Zuständigkeit der Exekutive unterliegt. Wir können nicht erkennen, dass hier irgendwelche Fehler begangen worden sind.
Frau Präsidentin! Frau Ministerin, wer bereit ist den Bericht objektiv zur Kenntnis zu nehmen, wird, glaube ich, unschwer zwei Feststellungen treffen können. Erste Feststellung: Die Jugendanstalt Hameln wird mehrfach besonders lobend hervorgehoben. Zweite Feststellung: Seit Antritt dieser Landesregierung haben sich die Verhältnisse in der Anstalt nochmals deutlich verbessert.
Daher meine Frage: Auf welche Maßnahmen führt die Landesregierung im Wesentlichen die seit dem Regierungswechsel eingetretenen Verbesserungen zurück?
Herr Minister Hirche, wir haben in der letzten Woche einen Vorschlag des selbst ernannten Vergabeexperten Wenzel gehört, der gesagt hat, man solle das Verfahren sofort abbrechen und eine Neuausschreibung vornehmen. Wir haben heute in der Zeitung lesen können, dass die SPD-Fraktion angeblich überlegt, sich - je nach Beantwortung der Dringlichen Anfrage - diesem Vorschlag anzuschließen. Sie haben auch schon darauf hingewiesen, dass jeder, der es mit dem JadeWeserPort gut meint, diesen Gedanken gar nicht ernsthaft verfolgen kann. Ich teile diese Auffassung. Gleich
wohl stellt sich in diesem Zusammenhang die rechtliche Frage: Kann man denn einfach aus einem laufenden Vergabeverfahren aussteigen, ohne dass es dafür eine sachliche Begründung gibt?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben heute Morgen fast zwei Stunden über den JadeWeserPort diskutiert.
Der eine oder andere Abgeordnete mag sich bei diesem Thema schon etwas strapaziert fühlen. Aber ich glaube schon, es ist wert, hier so ausführlich behandelt zu werden. Es ist bereits sehr deutlich geworden, welche immense Bedeutung dieses Projekt für das Land Niedersachsen hat.
Ich möchte in diesem Zusammenhang an die Geschichte dieses Projektes erinnern. Ich möchte darauf zu sprechen kommen - das ist heute Morgen noch nicht gesagt worden -, wer denn eigentlich der erste Politiker in diesem Landtag war, der gesagt hat: Wir brauchen einen Containertiefwasserhafen in Niedersachsen, und zwar in Wilhelmshaven. Der erste Politiker, der dies gesagt hat, war Christian Wulff.
Herr Kollege Buß, wir stellen immer wieder positiv heraus, dass es die SPD-Landesregierung war, die dann die ersten Entscheidungen im Landtag vorbereitet und damit praktisch den Containertiefwasserhafen in Wilhelmshaven auf den Weg gebracht hat. Daraus, meine Damen und Herren von der SPD, ergibt sich aber auch eine Verpflichtung für
Sie. Ich glaube, dass Sie gut beraten sind, im Zusammenhang mit Ihren heutigen Äußerungen auf Ihre Positionen in der Vergangenheit Rücksicht zu nehmen und aufzupassen, dass Sie Ihre Verdienste um den JadeWeserPort nicht durch leichtfertige Äußerungen verspielen.
Es war dann die CDU/FDP-Regierung, die eine seriöse Finanzierung sicherstellte. Ich darf daran erinnern; das wurde heute Morgen schon gesagt.
Sie haben einen Zuschuss des Bundes eingeplant, allerdings zu einem Zeitpunkt, zu dem Ihnen bereits das ablehnende Schreiben der Bundesregierung vorlag. Weiter haben Sie in Ihrer Kalkulation die Mehrwertsteuer schlichtweg vergessen.
Es war die JadeWeserPort Realisierungsgesellschaft, die auf schwierigstem rechtlichem Gelände erfolgreich gearbeitet hat. Sie hat einen EUZuschuss von 50 Millionen Euro akquiriert. Sie hat die Vergabe der Betreiberkonzession so geregelt, dass es keine Anfechtung gab. Sie hat den Planfeststellungsbeschluss und - was wichtig ist gleichzeitig den Beschluss auf sofortige Vollziehung erwirkt. Sie hat des Weiteren die Vergabe des ersten Bauloses so vorbereitet, dass es aller Wahrscheinlichkeit nach morgen im Aufsichtsrat zu einer Entscheidung kommen wird.
Meine Damen und Herren von der SPD, die Art, wie Sie diese Themen begleitet haben, war nicht hilfreich. Ich möchte Ihnen das an zwei Beispielen verdeutlichen. Dies ist ja Ihr zweiter Entschließungsantrag, mit dem wir uns beschäftigen, und mit dem Sie versuchen, Einfluss auf die Realisierung des Projektes zu nehmen.
Ich komme auf Ihren ersten Entschließungsantrag zurück. Zu diesem Zeitpunkt war das Planfeststellungsverfahren in die Wege geleitet worden. Es begrenzte sich auf die neu aufzuspülenden Flächen, den sogenannten Hafengroden. Sie haben gesagt: Das geht nicht, der Voslapper Groden-Süd muss von vornherein in das Planfeststellungsverfahren einbezogen werden. Das haben Sie per Entschließungsantrag unter Hochhalten einer entsprechenden Karte gefordert.
Der Voslapper Groden-Süd, Herr Jüttner, das hätten Sie als ehemaliger Umweltminister insbesondere wissen müssen, war faktisches Vogelschutzgebiet. Ihr Ratschlag war der sicherste Weg, das
Planfeststellungsverfahren zum Scheitern zu bringen. Sie haben gleichwohl daran festgehalten, Sie waren in diesem Punkt unbelehrbar. Sie haben dann auch noch dem Land Niedersachsen zu Unrecht vorgeworfen, vermeintliche vertragliche Vereinbarungen zwischen dem Land Niedersachsen und der Stadt Wilhelmshaven zu brechen.
Nun haben Sie wieder einen Entschließungsantrag eingebracht und wollen Einfluss nehmen. In diesem Entschließungsantrag behaupten Sie wider besseren Wissens, dass die Dinge nicht ordnungsgemäß auf dem Weg sind. Stichwort „Bahnanbindung“. In der ersten Beratung des Antrags ist sehr deutlich gemacht worden, dass Ihnen der Brief, in dem Ihnen die Deutsche Bahn das Gegenteil bestätigt hat, vorlag, als Sie diesen Entschließungsantrag eingebracht haben. Diese Tatsache haben Sie verschwiegen und diese Behauptung wider besseren Wissens aufrechterhalten.
Dann behaupten Sie, dass Ihre große Sorge sei, der Hafen würde nicht die erforderliche Wertschöpfung für Wilhelmshaven und die Region bringen. Herr Jüttner, wenn Sie sich erkundigt hätten, könnten Sie wissen - ich vermute sogar, dass Sie es wissen -, dass es vertragliche Vereinbarungen zwischen dem Land Niedersachsen bzw. der Realisierungsgesellschaft und der Firma EUROGATE gibt, die besagen, dass die Firma EUROGATE eben nicht nur den Hafen betreibt, sondern sich auch für wertschöpfende Maßnahmen auf dem Hafengroden engagiert. Das ist schon jetzt vertraglich vereinbart. Ihre Sorge ist auch in diesem Punkt völlig unbegründet. Herr Kollege Buß, deshalb ist Ihr Entschließungsantrag schlicht und ergreifend nicht annahmefähig. Daher haben wir ihn auch nicht angenommen.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Realisierung des Hafens bei der JadeWeserPort Realisierungsgesellschaft in sehr, sehr guten Händen ist. Den Sozialdemokraten empfehle ich, einmal zu hören, was die Sozialdemokraten in Bremerhaven und Bremen zu dem Thema sagen.
Diese befinden sich in der heißen Phase eines Wahlkampfes. Wir hatten - Herr Kollege Buß war dabei - eine gemeinsame Sitzung des Ausschus
ses für Angelegenheiten der Häfen im Lande Bremen und unseres Unterausschusses „Häfen und Schifffahrt“. Der Vorsitzende des Bremer Ausschusses, ein Sozialdemokrat, äußerte sich wie folgt:
Erstens. Wir haben volles Vertrauen in die Arbeit der Realisierungsgesellschaft.
Zweitens. Das, was hier zurzeit an Rum-rumGerummel um die Realisierung und um die Vergabe des ersten Bauabschnittes geschieht, ist etwas Normales. Wir, die Sozialdemokraten aus Bremen, empfehlen allen Beteiligten Gelassenheit.
Dem schließen wir uns uneingeschränkt an.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Normalerweise beginnt die Diskussion ja mit der Mär, wie gut und wie effektiv das Widerspruchsverfahren doch war, wie kostengünstig, wie bürgerfreundlich, wie bürgernah. Ich glaube, mein Vorredner, Prof. Dr. Lennartz, hatte einfach nicht die Zeit, um das seinerseits zu wiederholen. Ich erwarte eigentlich einen vergleichbaren Wortbeitrag von der Kollegin Bockmann.
Deshalb dazu vorweg noch einmal Folgendes. Wir haben das Widerspruchsverfahren, das weitestgehend abgelöst worden ist, sehr genau darauf überprüft, in welchen Verfahren das Widerspruchsverfahren wirklich gut war. Damit meinen wir, wenn wir „gut“ sagen: Wo hat es dazu geführt, dass es eine Veränderung der behördlichen Entscheidungen gegeben hat bzw. dass eine Befriedung damit verbunden gewesen ist? - Wir mussten feststellen, dass das weitestgehend nicht der Fall war, sondern dass das Widerspruchsverfahren ein Durchlaufverfahren war, das der Bürger noch zusätzlich hinter sich bringen musste, bevor er zu Gericht gehen konnte, mit der weiteren Folge, dass er zusätzliche Widerspruchsgebühren zu zahlen hatte und dass sich der Rechtsschutz durch die Dauer des Vorverfahrens plus des nachfolgenden Gerichtsverfahrens eher verlängert hat. In den Fällen, in denen wir festgestellt haben, das Widerspruchsverfahren war ein erfolgreicher Rechtsbehelf, haben wir ihn nicht abgeschafft, sondern bestehen lassen.
Dann ist zum 1. Januar 2005 das Widerspruchsverfahren in der eben beschriebenen Form beseitigt worden, und wir haben in der Tat - das habe ich beim letzten Mal eingeräumt - eine ganz erhebliche Steigerung der Fallzahlen beim Verwaltungsgericht festgestellt. Das hat uns nicht überrascht. Wenn man ein Widerspruchsverfahren abschafft, sodass die Bürger direkt zum Gericht gehen, dann weiß man ja, dass das zu einer entsprechenden Erhöhung der Fallzahlen führen wird. Und weil wir dies wussten, haben wir ja von vornherein - um das noch einmal deutlich zu sagen - gesagt: Wir überprüfen die Situation für die Dauer von fünf Jahren. Das Gesetz ist zeitlich befristet auf fünf Jahre. Das heißt, wenn wir nichts tun würden, würde das Widerspruchsverfahren dann wieder eingeführt werden. Wir werden uns in diesen fünf
Jahren die Zahlen und die Entwicklung genau angucken.
Manchmal ist es ganz gut, wenn zwischen den Ausschussberatungen und den Beratungen im Plenum eine gewisse Zeit vergeht. Diese gewisse Zeit ist deshalb gut, Herr Professor Lennartz, weil wir jetzt neuere Zahlen haben. Wir haben im November auf der Grundlage der Zahlen des Jahres 2005 diskutiert. Dabei hatten wir in der Tat eine ganz exorbitante Steigerung der Fallzahlen. Wir haben inzwischen die Zahlen bei den Verwaltungsgerichten des Jahres 2006. Im Jahr 2006 ist ein Rückgang der Zahl der Klagen beim Verwaltungsgericht um 3 290 zu verzeichnen. Das sind 13 % weniger Klagen trotz Abschaffung des Widerspruchsverfahrens.
Wenn Sie sich diese Entwicklung einmal anschauen, dann erklärt es sich auch, wie Herr van Nieuwland, den Sie gerade zum Kronzeugen für Ihre Äußerungen gemacht haben, das bewertet. Herr van Nieuwland hat bestätigt, dass die Zahlen in dieser Form zurückgegangen sind, und er hat das verbunden mit dem Bemerken, dass es wahrscheinlich zwei Gründe gibt. Erster Grund: Die Leute haben gemerkt, dass ein Klageverfahren beim Verwaltungsgericht nicht kostenfrei ist, sondern sie einen Kostenvorschuss zahlen müssen. Das ist auch so. Auch in anderen Gerichtszweigen muss man, wenn man die Justiz in Anspruch nimmt, entsprechende Gebühren zahlen. Aber das, was ich bemerkenswert finde, ist, dass er zweitens gesagt hat: Offensichtlich ist es so, dass die Behörden mit ihren Bürgern inzwischen freundlicher umgehen, ein besseres Beschwerdemanagement haben, sich die Verwaltungsbehörden also darauf eingestellt haben, dass es kein Widerspruchsverfahren mehr gibt, weshalb sie anders mit den Bürgern umgehen müssen, um Klagen zu vermeiden, und dass das anscheinend zunehmend Früchte trägt. Denn nur so ist der starke Rückgang der Zahlen von 2005 auf 2006 erklärlich.
Um nicht missverstanden zu werden: Wir haben immer noch eine deutliche Steigerung gegenüber der Situation von 2004, aber die Flutwelle, die beim letzten Mal so massiv beklagt worden ist, ebbt offensichtlich ab. Diese Tatsache, dass die Zahlen so unterschiedlich sind, bestätigt uns in der Beschlussfassung, die wir in der Fraktion auch tatsächlich herbeigeführt haben, indem wir gesagt haben: Okay, wir werden die Situation noch weiter beobachten. Wir werden sehen, wie sich die Zahlen entwickeln, wir werden evaluieren, in welchen
Bereichen genau die Steigerungen sind, und dann unsere Entscheidung treffen. Das ist vergleichbar mit der Polizeireform. Man kann nicht nach bereits einem Jahr, nach zwei Jahren sichere Schlüsse ziehen, sondern man muss die Entwicklung über einen längeren Zeitraum betrachten. Erst dann kann man sichere und zuverlässige Schlüsse ziehen. Das werden wir entsprechend tun.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Dringliche Anfrage der CDU-Fraktion hat folgenden Wortlaut: Der schreckliche Mord an dem kleinen Mitja aus Leipzig macht betroffen. Der Tatverdächtige wurde seit seiner Jugend mehrfach wegen sexuellen Missbrauchs an Kindern verurteilt. Angesichts dieser Tat stellt sich die Frage, wie die Bevölkerung und insbesondere die Kinder besser vor pädophilen Übergriffen geschützt werden können.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Welche Maßnahmen zur Rückfallvermeidung werden während der Haft getroffen?
2. Welche strafrechtspolitischen Initiativen, insbesondere auch im Bereich der Sicherungsverwahrung, hat die Landesregierung ergriffen oder unterstützt, um den Opferschutz zu verbessern?
3. Wie kann in Zukunft der bestehende Informationsfluss zwischen Polizei, Staatsanwaltschaften sowie Maßregel- und Justizvollzug in Bezug auf entlassene Sexualstraftäter im Anschluss an deren Haftzeit verbessert werden?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir werden heute Nachmittag das Justizvollzugsgesetz diskutieren. Dazu und auch zur Frage der Resozialisierung hat es schon sehr viele Äußerungen gegeben, und manche dieser Äußerungen scheinen mir von einem Menschenbild geprägt zu sein, bei dem man sagt: Jeder - und sei er noch so unwillig - wird, wenn wir ihn nur genug therapieren, letzten Endes schon resozialisiert werden können, und von ihm wird dann keine Gefahr mehr ausgehen.
Ich gehe davon aus, Herr Briese, dass die Wirklichkeit wie immer im Leben sehr differenziert ist. Ich bin davon überzeugt, dass es eine gewisse Anzahl von Tätern geben wird, bei denen wir relativ sicher sagen können: Er ist therapiert. Von ihm wird keine Gefahr mehr ausgehen. - Es wird aber auch Täter geben, von denen wir sicher sagen können: Er ist nicht therapierbar. Von ihm wird Gefahr ausgehen. - Diesen Täter können wir aufgrund unserer Initiativen in die Sicherungsverwahrung nehmen.
Das Problem werden die Strafgefangenen dazwischen sein. Das Problem werden also diejenigen sein, bei denen wir keine sichere Entscheidungsgrundlage haben, um die Frage beantworten zu können: Wird er gefährlich sein, oder wird er nicht gefährlich sein? - Mich würde in dem Zusammenhang insbesondere die jetzt auch in der Presse thematisierte Datei interessieren: Was kann der Datenaustausch im Rahmen einer solchen Datei für den Opferschutz bewirken?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt lautet nicht „Reform des Sanktionenrechtes“, sondern „Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen“. Deshalb, Herr Briese, waren Ihre Ausführungen zwar vielleicht durchaus amüsant oder vielleicht nicht amüsant, sondern vielmehr
lehrreich, wenn auch nicht neu. Aber wir reden heute darüber, was passiert, wenn ein Gericht nach einem strafrechtlichen Verfahren eine Sanktion verhängt hat, und wie diese Sanktion, wenn sie in einer Freiheitsstrafe besteht, in unseren Vollzugsanstalten vollzogen werden soll. Insofern habe ich den Anfang Ihrer Ausführungen nicht recht verstanden.
Ich kann mich auch der Diskussion, ob ein Gesetz, zwei, drei oder vier Gesetze auf den Weg gebracht werden sollten, nicht anschließen. Frau Müller, ich möchte darauf hinweisen, dass das Bundesverfassungsgericht nicht gesagt hat, dass ein eigenständiges Gesetz für den Jugendstrafvollzug erforderlich ist, sondern das Bundesverfassungsgericht hat gesagt, dass eigenständige Regelungen für den Jugendstrafvollzug erforderlich sind. Die Frage, ob es ein Gesetz, zwei oder drei Gesetze sein sollen, ist eine rechtstechnische Frage, hat aber mit den
materiellen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts überhaupt nichts zu tun.
- Einverstanden. Aber es klingt immer etwas nach dem Motto: Sie halten sich nicht an die Verfassung, wenn Sie das in einem Gesetz regeln. - Das muss ich deutlich zurückweisen.
Meine Damen und Herren, ich will deutlich aussprechen - meine Vorredner sind kaum darauf eingegangen -: Wir wollen in der Tat - das prägt auch diesen Gesetzentwurf -, dass neben der Resozialisierung die Sicherheit der Bevölkerung als eines von zwei Vollzugszielen im Gesetz verankert wird. Das ist für uns mehr als Gesetzeslyrik. Denn wir gehen davon aus, dass dieser Umstand durchaus Auswirkungen auf den Alltag im Strafvollzug und auch auf zukünftige Entscheidungen in Strafhaftsachen haben kann und wird.
Ich will das in einen etwas größeren Zusammenhang stellen: Wir halten die Sicherheit der Bevölkerung für extrem wichtig. Der Vollzug ist für uns dabei ein Glied in einer ganzen Kette von Maßnahmen:
Erstens. Effektive und schnelle Ermittlung des Täters. Deshalb haben wir die Polizei personell verstärkt und die Polizeiarbeit reformiert.
Zweitens. Ein zügiges Strafverfahren durch die Gerichte. Deshalb haben wir Schwerpunktstaatsanwaltschaften eingerichtet und die Strafgerichte in Niedersachsen personell verstärkt.
Drittens. Nach einer Verurteilung baldiger Strafantritt. Deshalb wurden zusätzliche Vollzugseinrichtungen auch schon von der Vorgängerregierung geschaffen. Ein weiteres PPP-Projekt, das wir im Gegensatz zur Opposition außerordentlich begrüßen, ist in Bremervörde geplant. Nur deshalb wollen wir in bestimmten Situationen, in Ausnahmefällen, eine Mehrfachbelegung zulassen. Das soll nicht die Regel sein, sondern eine Ausnahme unter ganz engen Kriterien.
Viertens. Im Vollzug wollen wir die Unterbringung des Straftäters so geregelt wissen, dass bis zu einer erfolgreichen Resozialisierung des Täters von diesem keine Gefahr für die Öffentlichkeit ausgeht.
Deshalb, meine Damen und Herren, wird der geschlossene Vollzug der Regelvollzug sein. Nur derjenige, der aufgrund der Art seiner Straftat, seiner Persönlichkeit bzw. seines bisherigen Verhaltens in der Strafhaft geeignet erscheint, soll in den Genuss des offenen Vollzuges kommen. Das kann durchaus gleich zu Beginn der Strafhaft möglich sein, insbesondere bei kurzen Freiheitsstrafen, sicherlich nicht bei längeren Freiheitsstrafen.
Wir wollen auch der Ordnung im Vollzug einen großen Stellenwert einräumen. Deshalb ist für uns wichtig, dass nur derjenige, der sich freiwillig einem Drogentest unterzieht und damit nachweist, dass er drogenfrei ist, Urlaubs- und Ausgangsmöglichkeiten erhalten soll. Wir wollen - das ist heute Morgen schon einmal angesprochen worden -, dass Daten und Informationen über Gefangene im Rahmen datenschutzrechtlicher Vorgaben länger als bisher aufbewahrt und auch ausgewertet werden können, um so Auskünfte über kriminelle Entwicklungen und ihre Ursachen zu erhalten und für die Allgemeinheit damit einhergehende Risiken besser beurteilen und erkennen zu können.
Moderner Strafvollzug ist natürlich nicht das Wegschließen eines Strafgefangenen, sondern unter dem Stichwort des Chancenvollzuges - das verstehen wir darunter - geben wir jedem Strafgefangenen die Möglichkeit, die Angebote im Vollzug zu nutzen. Wer das auf Dauer nicht tut, der soll auf einen Grundpegel von Versorgungen zurückgefahren werden.
Wichtig für uns ist des Weiteren die durchgängige Betreuung der Strafgefangenen. Der Staat hat die Möglichkeit, in Form von therapeutischen Maßnahmen innerhalb der Strafhaft auf die Strafgefangenen einzuwirken. Nach der Haftentlassung des Straftäters folgen weitere Maßnahmen wie Bewährungshilfe, Führungsaufsicht, es gibt Hilfeeinrichtungen für Strafgefangene. Diese Maßnahmen wollen wir weiter vernetzen.
Ich fasse zusammen: Dieser Gesetzentwurf bedeutet eine ausgewogene Balance zwischen Resozialisierung und Sicherheit. Er ist modern und trägt den Realitäten Rechnung.
Ich bin Herrn Briese dankbar dafür, dass er den Unterschied unserer Positionen so deutlich herausgearbeitet hat. Das ist in der Tat der Unterschied. Wir stehen dazu. Das ist von uns politisch gewollt. Wir wollen, dass ein Strafgefangener erst dann wieder auf die Menschen „losgelassen“ wird - auch im Rahmen von Strafvollzugslockerungen -, wenn wir es verantworten können. Wir halten es nicht für einen Akt der Resozialisierung, wenn wir das zu früh tun und damit eine Gefährdung der Öffentlichkeit und der Menschen herbeiführen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist stets eine Freude, den Einzelplan 11 - Justizministerium - dem Landtag vorstellen zu dürfen, Angriffe der Opposition zurückzuweisen - wenn es denn berechtigte Angriffe gäbe; es gibt sie jedoch nicht und unsere Vorschläge zu begründen.
In diesem Jahr, bei den Beratungen des Haushaltsplans 2007 ist es sogar eine ganz besondere Freude, weil wir es trotz Beachtung der Sparnotwendigkeiten in den Haushalten aller Ministerien geschafft haben, deutliche Schwerpunkte im Bereich der Justiz zu setzen. Diese Schwerpunkte will ich kurz ansprechen.
Das Erste, was uns ganz wichtig war, nämlich die Stellenhebungen, erreichen natürlich auch den Bereich der Justiz. Wir werden 228 Stellenhebungen haben, davon 26 im Strafvollzug. Das betrifft den Bereich von A 6 bis maximal A 13; der ganz überwiegende Teil betrifft Stellen im mittleren und
einfachen Dienst. Ich sage aus Sicht der Fraktionen von CDU und FDP auch ganz deutlich: Unsere Bediensteten haben es verdient, dass sie auf diese Art und Weise Beförderungschancen bekommen und motiviert werden.
Den zweiten Schwerpunkt setzen wir im Bereich der Strafgerichtsbarkeit. Wir werden dort fünf Vorsitzende Richter und zehn „normale“ Richter einstellen. Damit tragen wir dem Umstand Rechnung, dass aufgrund einer Verschärfung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Überprüfung von Haftdauern immer weiter kritisch begleitet wird mit der Folge, dass die Gerichte gezwungen sind, sich primär mit Haftsachen zu befassen. Das führt dann wiederum dazu, dass andere Sachen entweder liegen bleiben oder dass - dies ist teilweise geschehen - aus dem Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit bei den Landgerichten Richter in die Strafgerichtsbarkeit abgeordnet werden, sodass dort dann Lücken auftreten können. Das wollen wir verhindern bzw. beheben. Daher werden diese zusätzlichen Richterstellen geschaffen.
In dem Zusammenhang haben wir in der Tat festzustellen, Frau Bockmann - das ist einfach Realität -, dass die Möglichkeit, verfahrensbeendende Absprachen zu treffen, immer mehr genutzt wird. Sie sagen, dadurch wird eine Zweiklassenjustiz geschaffen. Das sehe ich anders. Schon immer sind Dinge, die die Verfahrensbeendigung ansprechen, durchaus Gegenstand von Zweckmäßigkeitserörterungen zwischen Staatsanwaltschaft und Gerichten gewesen. Ich nenne beispielsweise die Einstellung von Verfahren. Insofern ist es nicht richtig, dass der Eierdieb sofort mit voller Härte bestraft wird, während die Großen davonkommen. Das ist ein verzerrtes Bild.
Wenn es jedoch Absprachen gibt - das Verfassungsgericht sagt: wir haben nichts dagegen, aber es muss vernünftige Regeln dafür geben -, dann ist es folgerichtig und geradezu zwingend, dass die Justizministerin sich des Themas annimmt, wie der Deal, der in der Praxis stattfindet, rechtlich verbindlich und eindeutig für alle geregelt und damit den Vorgaben des Verfassungsgerichts gefolgt werden kann.
Nächster Schwerpunkt. Wir stärken die Staatsanwaltschaft, indem wir zwei weitere Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Korruptionsbekämpfung einrichten werden. Das ist ein Thema - darüber müssen wir gar nicht lange diskutieren -, das für uns von besonderer Bedeutung ist.
Ein weiterer Punkt, den ich einmal ansprechen will - Frau Bockmann hat ihn gar nicht erwähnt -, ist folgender: Wir haben im Bereich der Justiz in der Vergangenheit in der Tat recht viel in Justizvollzugsanstalten investiert, was bauliche Maßnahmen angeht. Wir konnten aber nicht in Gerichtsgebäude im eigentlichen Sinne investieren. Im Jahre 2007 schaffen wir den Einstieg dafür, dass auch dort etwas getan wird. Ich freue mich für den Kollegen André Wiese, dass das Amtsgericht Winsen/Luhe betroffen ist. Wir werden dort das Grundbuchamt neu bauen. Wir werden den Altbau umbauen und dafür immerhin 6 Millionen Euro investieren können.
Dann komme ich zu den Verwaltungsgerichten. Wir waren in der letzten Landtagssitzung darüber einig: Ja, es gibt einen Anstieg bei den Verfahren an den Verwaltungsgerichten; das ist in der Tat der Fall. Sie haben vorgeschlagen, Widerspruchsverfahren sofort wieder einzuführen. Wir haben einen Mittelweg gewählt. Wir haben gesagt - dies war ja schon immer beschlossen -, dass wir die Situation in fünf Jahren evaluieren und dann unsere Entscheidung treffen werden. Wir haben aber auch gesagt, wir haben nun einmal den Zustand, dass vermehrt Klagen da sind. Damit lassen wir die Verwaltungsgerichte nicht alleine, sondern wir werden die Verwaltungsgerichte mit zusätzlichen Richtern ausstatten. Wir werden insgesamt acht Verwaltungsrichter bei den Verwaltungsgerichten neu einstellen. Damit wird auch kein Geld hinausgeworfen, Frau Bockmann; denn wir verbinden die Einstellung mit der Zusage der einzustellenden Richter, dass sie dann, wenn ein Abbau dieser Verfahren bei den Verwaltungsgerichten zu verzeichnen sein wird, bereit sind, in andere Gerichtsbarkeiten zu wechseln. Auf diese Weise produzieren wir keinen künstlichen Überhang, sondern reagieren situationsgerecht auf die Situation bei den Verwaltungsgerichten.
Nun sagen Sie, Sie wollen etwas bei den Arbeitsgerichten tun. Das haben Sie anhand des Arbeits
gerichts Osnabrück zu begründen versucht. Wenn Sie eine solche Forderung erheben, dann müssen Sie sich natürlich auch überlegen, wie die Belastungssituation bei den Arbeitsgerichten aussieht. Ich will Ihnen nur einmal die Zahlen sagen. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2005 sind die Klageverfahren bei den Arbeitsgerichten im ersten Halbjahr 2006 um 9,7 % zurückgegangen. Um fast 10 % sind die Klagen bei der Arbeitsgerichtsbarkeit zurückgegangen. Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der Berufungen um fast 15 % zurückgegangen. Nun erklären Sie mir bitte einmal, warum Sie angesichts dieser Entwicklung dort das Richterpersonal aufstocken. Dort ist es unserer Ansicht nach am allerwenigsten erforderlich. Wir meinen deshalb, dass es der Vorbereitung eines Besuches, möglicherweise Ihres Arbeitskreises, beim Landesarbeitsgericht dient, aber nicht der Sache selber bei den Arbeitsgerichten.
Uns ärgert etwas, dass Sie das Gegenteil dessen tun, was Herr Möhrmann hier für die gesamte Fraktion angekündigt hat. Herr Möhrmann hat letzten Endes gesagt: Wir wollen keine Kleinstbeträge schaffen. Wir wollen nicht jedes Klientel mit Kleinstbeträgen bedienen. - Ich will nur einmal darauf hinweisen, dass Sie den Ansatz für den Täter-Opfer-Ausgleich um 79 000 Euro erhöhen wollen. Das ist nun wirklich kein Riesenbetrag. Das ist einfach das Bedienen einer Klientel. Sie wollen, wenn Sie mit denen sprechen, sagen können, dass Sie etwas getan haben. Gleiches gilt für die Opferhilfe, für die Sie die Mittel um 100 000 Euro erhöhen wollen. In beiden Fällen ist eine Erhöhung schlicht und ergreifend nicht erforderlich; denn die Opferhilfe und der Täter-Opfer-Ausgleich funktionieren mit den vorhandenen Mitteln.
Des Weiteren ärgert mich, wie Sie versuchen, die Deckung Ihrer weiteren Vorschläge hinzubekommen. Da wollen Sie die sächlichen Mittel reduzieren. In der Vergangenheit haben Sie immer wieder gesagt: Bei den sächlichen Mitteln sind wir an die Grenze dessen, was vertretbar ist, herangegangen. Da geht es überhaupt nicht mehr. Nun geht es an das Personal und dann ist alles darnieder. Nach einer solchen Äußerung im Vorjahr wollen Sie jetzt die Mittel, die für andere Dinge gebraucht werden, ausgerechnet bei den sächlichen Mitteln holen. Das halte ich für politisch überhaupt nicht verantwortbar und für überhaupt nicht vertretbar.
Wenn Ihnen dann noch etwas fehlt, machen Sie von der Möglichkeit einer Scheinbuchung Gebrauch, indem Sie sagen: Bei den Einnahmen im Zusammenhang mit Gerichtskosten und Geldbußen legen wir einfach einmal 560 000 Euro drauf; Begründung: realistische Einnahmeerwartungen. Das ist durch nichts belegbar. Das ist schlicht und ergreifend der Versuch, eine Deckung hinzubekommen, ohne dass es klappt.
Sie haben, Frau Bockmann, Ihren Redebeitrag damit begonnen, dass Sie vermeintliche Zitate der Ministerin - Interessenvertretung der Justiz, Interessenvertretung der Bürger - in einen vermeintlichen Gegensatz gesetzt haben. Das ist kein Gegensatz. Einen solchen haben Sie lediglich konstruiert. Die Justiz ist natürlich die dritte Säule der Gewalt; sie hat damit auch einen gewissen Selbstzweck. Die Justiz ist aber auch dazu da, die Interessen der Bürger zu vertreten, dafür zu sorgen, dass die Bürger in angemessener Zeit einen guten Rechtsschutz bekommen.
Wenn die Ministerin also sagt, dass sie die Interessen der Bürger im Ressort Justiz vertritt, dann ist das kein Widerspruch zu der Aussage, dass sie die Interessen der Justiz vertritt.
Wir sind sicher, dass wir mit dem vorgelegten Entwurf dazu beitragen, dass die Justiz in Niedersachsen ihre Arbeit auch weiterhin gut und schnell im Interesse der Bürger verrichten wird. Wir danken allen Mitarbeitern in der Justiz dafür, dass das der Fall ist.
Meine Damen und Herren, wir bitten um Ihre Zustimmung. Eigentlich, Frau Bockmann, weichen Sie mit Ihren Voten gar nicht so stark ab. Diesem Haushalt müssten Sie eigentlich sogar zustimmen können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will es kurz machen.
Ich stelle für die CDU-Landtagsfraktion fest, dass die SPD in diesem Antrag eine Tatsache richtig beschreibt, nämlich wie sich die Ausgaben für Prozesskostenhilfe entwickelt haben. Sie hat aber leider wieder einmal keine konsequenten Lehren daraus gezogen, sondern ist auf halbem Wege stehen geblieben. Da war der Kollege von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wesentlich fortschrittlicher gewesen. Er hat immerhin gesagt: Jawohl, wir sehen einen Reformbedarf bei Prozesskostenhilfefragen.
Für all diejenigen, die die Zahlen vielleicht nicht im Kopf haben, weil sie die Anfrage nicht gelesen haben, will ich wenigstens den Saldo nennen. Wir haben in der Zeit von 1999 bis 2005 einen Anstieg der Prozesskostenhilfeaufwendungen des Staates von 44,3 Millionen Euro auf nunmehr 80,8 Millionen Euro gehabt. Das ist eine Verdoppelung der Kosten - 80 Millionen Euro - in sechs Jahren. Dabei fällt auf - wir haben ab dem Jahr 2005 differenzierte Zahlen -, dass z. B. allein das Familienrecht einen Betrag von 36 Millionen Euro Prozesskostenhilfe aufweist.
Sie stellen in Ihrem Antrag fest, dass das daran liegt, dass die Bevölkerung zum Teil sozial schwächer würde und dass Gebühren zum Teil gestiegen sind. Das ist sicherlich unbestreitbar und auch richtig. Aber ich will Ihnen auch sagen, wie das in der Praxis abläuft, weil ich ein Praktiker bin.
Meine Damen und Herren, wer die Prozesskosten selber zu tragen hat, der wägt das Kostenrisiko ab, bevor er das Gericht anruft, und kommt gelegentlich auch schon einmal zu der Entscheidung, dass
sich ein Prozess aus Kostengesichtspunkten nicht lohnt und dass er erst einmal versucht, andere Wege zu gehen, um seine Forderungen und Ansprüche durchzusetzen. Ein Beispiel aus dem Familienrecht sind die Besuchsrechtsfragen. Wenn Sie sich mit dem von Ihnen getrennt lebenden oder geschiedenen Partner streiten, können Sie das Jugendamt einschalten, wenn Sie Prozesskosten selber zu tragen hätten, Sie können Familienangehörige oder den Freundeskreis um Vermittlung bitten. Sie können verschiedene Wege gehen, um zu versuchen, die Probleme außerhalb des Gerichts zu lösen.
In der Praxis sieht das so aus: Wer die Prozesskosten nicht selber zu tragen hat, der legt dem Anwalt seinen SGB II-Bescheid auf den Tisch und sagt: Bitte schön, stelle gerichtliche Anträge. - Da es eine Anwaltsschwemme gibt, finden sich immer wieder Anwälte, die relativ ungeniert direkt diesen Weg gehen. Die Zeche zahlen wir, zahlt der Steuerzahler durch entsprechende Prozesskostenhilfe. Das wäre vermeidbar.
Ich meine deshalb, dass es grundsätzlich richtig ist, nach Wegen zu suchen, die zu einer gewissen Kostenbeteiligung auch derjenigen Personen führen, die prozesskostenhilfeberechtigt sind. Meine Damen und Herren, das ist keine Verweigerung des Rechtsschutzes für solche Personen, sondern sie werden so nur gezwungen, sich zumindest annähernd die Gedanken zu machen, die sich logischerweise solche Personen machen, die die Kosten selber zu tragen haben. Die aufgeführten Zahlen zeigen den politischen Handlungsbedarf, der hier gegeben ist. Es ist wieder einmal so, dass für diese Regelung der Bundesgesetzgeber zuständig ist, die Kosten der Regelung aber das Land trägt. Also bleibt uns nur die Möglichkeit, hier über eine Bundesratsinitiative Einfluss auf die Bundespolitik zu nehmen.
Wir meinen, dass das, was hier mit der Initiative vorgeschlagen wird, grundsätzlich der richtige Weg ist. Das, was die SPD vorschlägt, ausschließlich auf die Rückflüsse von Ratenzahlungen zu setzen, um dieser Situation Herr zu werden, ist natürlich nicht ausreichend. Sie wissen, dass es eine Vielzahl von Fällen gibt, in denen keine Ratenzahlung angeordnet worden ist, sodass dieses Instrument von vornherein ausscheidet, und Sie wissen auch, dass es die Pfändungsfreigrenzen außerordentlich schwierig machen, in den Fällen, in denen Raten
zahlung angeordnet worden ist, diese Raten beizutreiben.
Das wird unser Problem nicht lösen. Unser Problem wird nur eine Gesetzgebung lösen, die zu einer gewissen verstärkten Kostenbeteiligung der prozesskostenhilfeberechtigten Partei führt. Das hat nichts mit Verfassungswidrigkeit zu tun, sondern es ist legitimes Interesse des Landes Niedersachsen, hier die Kosten in den Griff zu bekommen.
Meine Damen und Herren, Prozesskostenhilfe ist Sozialhilfe im Recht. Wir sind also letztlich gehalten, hier die Anforderungen deutlich zu begrenzen und aufzupassen, dass uns die Situation hier nicht aus dem Ruder läuft. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte meinen Redebeitrag damit beginnen, dass ich Herrn Professor Lennartz den Vorschlag mache, den Entschließungsantrag der Grünen in einem Punkt zu ändern bzw. zu berichtigen. Satz 1 lautet: Bis auf wenige Rechtsgebiete bedarf es seit dem 1. Oktober 2005 nicht mehr der Erhebung des Widerspruches.
Wir sind uns darüber einig, dass es „1. Januar“ heißen muss. Der Antrag ist insofern vielleicht etwas zu schnell gestrickt worden. In diesem Punkt ist er aber sicherlich korrigierbar.
Es ist jetzt nicht die Zeit vorhanden, um mit Zahlen noch einmal die Situation bei den Verwaltungsgerichten offenzulegen. Die Situation ist im Antrag dargestellt, und Herr Professor Lennartz ist darauf auch bereits eingegangen. Ich stimme ihm ausdrücklich zu: Die Entwicklung der Zahl der Klagen bei den Verwaltungsgerichten ist dramatisch.
Für die Gerichte kommt ein Punkt erschwerend hinzu: Die Klageverfahren werden jetzt häufig von Privatpersonen eingeleitet, was zur Folge hat, dass es diverse formale Mängel gibt. Das geht damit los, dass der Klagegegner nicht richtig benannt wird. Auch der Bescheid, der angegriffen wird, wird nicht immer beigefügt. Das reicht hin bis zu dem
Fall, dass ein konkreter Antrag fehlt. Das ist im Verwaltungsverfahren besonders gravierend, weil dort alle Dinge von Amts wegen geprüft werden müssen und man etwas nicht einfach aus formalen Gründen beiseite schieben kann. Bei der Bearbeitung solcher Klageverfahren bedeutet das zusätzliche Arbeit für die Richter und auch für die damit verbundenen Servicestellen.
Wir sind uns in der Analyse einig: Die Situation der Belastung der Verwaltungsgerichte ist schon bemerkenswert und dramatisch. Wir haben natürlich mit einer gewissen Anzahl von Klageerhebungen gerechnet. Man kann sich ja ausrechnen, dass es dann, wenn man das Widerspruchsverfahren abschafft, vermehrt zu Klageverfahren kommt. Wir haben dem - darauf will ich ausdrücklich hinweisen - bei der Gesetzgebung gleich in zwei Punkten Rechnung getragen. Erstens haben wir, was nicht häufig vorkommt, dieses Gesetz von vornherein auf fünf Jahre befristet. Zweitens haben wir von vornherein beschlossen, dass parallel dazu eine Evaluation stattfinden soll, sodass wir nach Ablauf von fünf Jahren im Jahre 2008 dann sagen können, ob sich die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens bewährt hat oder möglicherweise nicht bewährt hat. Letzteres hätte zur Folge, dass man Änderungen vornehmen muss.
Weil der Anstieg der Zahl der Klageverfahren so groß ist, werden wir uns in unserer Fraktion mit diesem Thema zu befassen haben. Insofern bedurfte es Ihres Antrages nicht, Herr Professor Lennartz. Die Diskussion ist bei uns in vollem Gange. Ich kann Ihnen ankündigen, dass wir noch im Jahre 2006 eine Entscheidung treffen werden - mit der Folge, dass sie im Jahre 2007 relativ schnell greifen kann.
Herr Lennartz, Ihr Antrag erweckt den Eindruck, als gebe es nur eine Lösungsmöglichkeit. Er erweckt den Eindruck, die einzige Lösungsmöglichkeit sei, das Widerspruchsverfahren sofort wieder einzuführen. Das ist keineswegs richtig. Es gibt mehrere Handlungsoptionen, die wir ins Auge fassen können.
Ich will sie der Vollständigkeit halber hier einmal benennen. Erstens könnten wir theoretisch das Evaluationsergebnis abwarten, das Ende 2008 vorliegen wird. Wir könnten sozusagen so lange durchhalten. Das Durchhalten geht zulasten der Verwaltungsgerichte. Es geht damit auch zulasten der Bevölkerung und der Bürger. Ohne alle Zahlen zu nennen, will ich hier aber darauf hinweisen,
dass bei 120 Verwaltungsrichtern und 5 000 zusätzlichen Klagen 40 Klagen mehr auf jeden Verwaltungsrichter entfallen. Diese Verfahren sind mit der Bearbeitungszeit, wie wir sie zurzeit haben, nicht handhabbar. Es würde also zu einer Verlängerung der Verwaltungsverfahren kommen, wenn wir nur nach dem Prinzip des Durchhaltens verfahren würden.
Zweitens könnten wir theoretisch die Evaluation vorziehen und versuchen, uns vorzeitig Ergebnisse präsentieren zu lassen.
Drittens könnten wir theoretisch die Verwaltungsgerichte personell verstärken. Wir müssten dann, um allein der Anzahl der neuen Klageverfahren gerecht zu werden, etwa zwölf Richterstellen und 15 Stellen im nachgeordneten Service schaffen. Das bedeutete eine finanzielle Belastung von rund 1,5 Millionen Euro, und zwar nicht einmalig, sondern jährlich wiederkehrend. Wir wissen nicht, wie sich die Situation dann weiterentwickeln wird. Die Verwaltungsrichter wären dann aber eingestellt. Es ist insofern zu bezweifeln, ob eine Lösung in dieser Form die optimale Möglichkeit wäre.
Viertens könnten wir - Herr Professor Lennartz, da gebe ich Ihnen recht - das Widerspruchsverfahren in den Bereichen, die Sie beschrieben haben, in der Tat wieder einführen. Wir könnten es also in einigen Bereichen teilweise wieder einführen, in anderen Bereichen hingegen nicht.
Das Problem liegt auf dem Tisch. Die Handlungsoptionen werden in der CDU-Fraktion und - dessen bin ich sicher - auch in der FDP-Fraktion entsprechend behandelt und verhandelt werden. Sie können sicher sein, dass wir Ihnen nach Abwägung aller Umstände eine verantwortungsvolle Entscheidung zu diesem Thema präsentieren werden.
Verehrte Frau Kollegin Merk, wir haben das Widerspruchsverfahren im Rahmen einer umfangreichen Verwaltungsmodernisierung teilweise - nicht vollständig - abgeschafft. Wir haben bei der Verwaltungsmodernisierung von vornherein einkalkuliert, dass es zu Veränderungen der Eingangszahlen bei den Verwaltungsgerichten kommen wird. Wenn Sie zugehört hätten, dann hätten Sie auch gehört, dass ich gesagt habe, dass wir das Gesetz befristet und eine Evaluation vorgesehen haben, um das auf die Art und Weise abzufedern.
Jetzt nehmen Sie doch einfach einmal zur Kenntnis, dass wir jetzt nach anderthalb Jahren die Zahlen haben, nämlich von Januar 2005 bis zum zweiten Halbjahr 2006. Nehmen Sie doch bitte einfach einmal zur Kenntnis, dass diese Fraktion das Thema erörtern und einen Lösungsvorschlag unterbreiten wird. Wir werden einen guten Vor
schlag unterbreiten - das habe ich Ihnen gesagt -, einen solchen, der letzten Endes den Bürgern und der Situation gerecht wird. Warten Sie das Ergebnis einfach einmal ab, und poltern Sie nicht gleich so los, wie Sie es getan haben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich versuche gerade, mir vorzustellen, wie diese Fragestunde verlaufen wäre, wenn das Ministerium lediglich mit Delta Bau verhandelt und das Angebot von Herrn Hippler gar nicht erst überprüft hätte. Ich kann mir die Überschriften vorstellen, die in diesem Fall von der Opposition produziert worden wären. In der Tat würde auch ich es für grob fahrlässig halten, wenn ein an das Ministerium herangetragenes Angebot gar nicht erst geprüft würde. Insofern gibt es für mich nur eine einzige Frage, und die stelle ich jetzt der Landesregierung: Hatte die Landesregierung irgendwelche Erkenntnisse, die sie dazu veranlasst hätten, dieses Angebot gar nicht erst zu prüfen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe Verständnis dafür, dass der Kollege Briese mit Energie für dieses Thema ficht. Es ist nicht das erste Mal. Einen vergleichbaren Antrag haben wir schon in der letzten Legislaturperiode gehabt. Ich wage die Prognose, dass wir, wenn wir diesen Antrag gleich erwartungsgemäß ablehnen, in der nächsten Periode wieder einen vergleichbaren Antrag bekommen werden.
Dieses Thema ist eben Ihr Steckenpferd.
Herr Kollege Briese, wir gehen mit einer anderen Blickrichtung an dieses Thema heran.
Wir fragen uns schlicht und ergreifend: Brauchen wir ein solches Gesetz eigentlich? Wir stellen fest, dass es umfangreiche Akteneinsichtsrechte für Betroffene und all diejenigen gibt, die ein berechtigtes Interesse an einer Akteneinsicht darlegen können. Wir haben diverse Regelungen über Veröffentlichungspflichten.
Herr Briese, das obrigkeitliche Handeln der Verwaltung, das Sie hier darstellen, entspricht gar nicht der Wirklichkeit in Niedersachsen. Darauf lege ich großen Wert. Wir haben schon lange eine gewandeltes Bild der Verwaltung. Unsere Verwaltung hat das obrigkeitsstaatliche Denken schon lange abgelegt, trägt den Dienstleistungsgedanken in sich und stellt den Service für den Bürger in den Vordergrund.
Wir sind davon überzeugt, dass dies ausreicht.
Es besteht also aus unserer Sicht keine Regelungslücke. Deshalb brauchen wir auch kein Gesetz. Wir wollen Rechtsvorschriften abbauen. Neue Gesetze wollen wir nur dann, wenn wirklich ein zwingender Bedarf besteht. Den sehen wir nicht.
Meine Damen und Herren, wie sähe die praktische Umsetzung eines solchen Gesetzes aus? Sie räumen selber ein, dass das umfassende Akteneinsichtsrecht, das Sie meinen gewähren zu können, tatsächlich nicht so umfassend sein kann. Sie sagen: Es gibt natürlich Ausnahmetatbestände. Es gibt insbesondere das Recht der Einzelperson auf informationelle Selbstbestimmung, das dazu führt, dass nicht uneingeschränkt Akteneinsicht gewährt werden kann. Sie sagen in Ihrem Antrag selber, interne Vorgänge der Willensbildung der Regierung dürften nicht betroffen sein. Geheimhaltungsvorschriften - Strafverfolgung, Polizei, Arzt- und Mandantengeheimnis, Steuergeheimnis - dürften nicht betroffen sein. Der Schutz von persönlichen Daten und von Privat-, Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sei zu wahren. - In der Tat. Dann frage ich mich, wo eigentlich der Unterschied zwischen Ihrem Informationsfreiheitsgesetz und der Wirklichkeit liegt, die wir in Niedersachsen schon lange haben. Da gibt es keinen Unterschied.
Ich will einfach einmal ein Szenario aufmalen. Ich stelle mir vor, ein Rentner aus dem Harz kommt auf den Gedanken, einen Brief an das Wirtschaftsministerium zu schreiben und die Vorlage der Akten zur Realisierung des JadeWeserPorts zu verlangen. Dazu sagen Sie: Das ist kein Problem; er hat ein entsprechendes Informationsrecht, auch wenn er im Harz wohnt und örtlich nicht betroffen ist. Er soll Akteneinsicht haben, und zwar in vier Wochen.
In vier Wochen müssen also die Aktenberge, die zu diesem Thema sicherlich vorhanden sind, im Hinblick darauf gesichtet werden, ob Bestandteile diese Akten aus den von Ihnen selbst genannten Gründen nicht preiszugeben sind. Sie setzen also hoch bezahlte Verwaltungsbeamte daran, die gesamten Vorgänge darauf zu prüfen, welche Sachen herauszugeben sind und welche nicht. Da geht es um schwierige rechtliche Erwägungen; daran müssen Sie einen hoch dotierten Beamten setzen, der die entsprechende Befähigung hat.
Immerhin drohen bei unberechtigtem Zurückhalten von Aktenteilen Rechtsstreitigkeiten.
Das alles geschieht, um die Neugierde eines Menschen zu befriedigen, der kein Betroffener ist, der kein berechtigtes Interesse hat, der sich dieses Themas aus reiner Neugierde annimmt. Dann sagen Sie auch noch, die Höhe der damit verbundenen Gebühren dürfe nicht abschreckend sein. Den gesamten Verwaltungsaufwand, den Sie lostreten, sollen wir bitte schön aus allgemeinen Steuermitteln bezahlen. Fotokopiekosten darf man vielleicht noch erheben.
Das halten wir einfach nicht für erforderlich.
Ich sage es ganz deutlich: Wir halten das System, dass jemand, der ein berechtigtes Interesse hat oder betroffen ist, eine Akte einsehen kann, für völlig ausreichend und völlig in Ordnung.
Ich komme auf den Tagesordnungspunkt 8 zurück. Da haben wir über ein Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes beraten. Da sehen wir z. B. ein Recht auf Einsicht in Bemessungsgrundlagen von Gebührenbescheiden vor. Wo wir das Gefühl haben, den Betroffenen wirklich zu helfen, tun wir das auch und schreiben ein Akteneinsichtsrecht in das jeweilige Spezialgesetz.
Aber ein so allgemeines Gesetz, jeden Bereich betreffend, nur die Neugierde befriedigend, lehnen wir ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade wegen meines Nachnamens lege ich Wert darauf, dass Namen in der politischen Debatte nicht verhohnepipelt werden;
sonst könnte ich Frau Bockmann auch sagen: Mit diesem Redebeitrag in dieser Aktuellen Stunde haben Sie einen ganz schönen Bock geschossen.
Wir sind Ihnen sehr dafür dankbar, dass Sie dieses Thema für die Aktuelle Stunde angemeldet haben, weil uns das die Gelegenheit gibt, zwei Dinge zu tun. Erstens können wir die hervorragende Arbeit der Niedersächsischen Justizministerin würdigen.
Zweitens können wir bei dieser Gelegenheit nachweisen, dass es bei der SPD eine Justizpolitik gar nicht gibt.
Frau Bockmann, Sie ziehen durch die Lande und beklagen, dass die Richter unverhältnismäßig hohe Belastungsquoten hätten.
Sie schlagen in diesem Zusammenhang vor, dass mehr Geld in das System gegeben werden muss.
Des Themas, wie die Justiz in der heutigen Zeit neu organisiert werden kann, nehmen Sie sich überhaupt nicht an.
Es ist das große Verdienst der Justizministerin des Landes Niedersachsen, dass sie diese Reformdebatte angestoßen hat
wohl wissend, dass sie allein gar nicht entscheidungsbefugt ist, weil über viele Themen auf der Bundesebene zu entscheiden ist.
Aber sie hat die Debatte immerhin angestoßen. Das wäre Aufgabe der Bundesjustizministerin - der SPD zugehörig - gewesen. Sie hat es weder bei Rot-Grün noch jetzt in der großen Koalition getan. Das ist ein seltsames Schweigen der Bundesjustizministerin zu diesem Thema! Insofern war es wichtig und gut, dass dieses Thema angeschoben worden ist.
Wir finden auch in der Koalitionsvereinbarung der Parteien Ansätze dafür, dass bestimmte Dinge angeschoben werden. Sie selbst sind sogar dafür, indem Sie dafür eintreten, dass bestimmte Fachgerichtsbarkeiten zusammengelegt werden sollten. Wir werden uns dieses Themas weiter annehmen. Wir werden versuchen, möglichst viele der Punkte, die die Justizministerin vorgeschlagen hat, auf Bundesebene durchzusetzen.
Dazu gehört auch die Verlagerung des Strafvollzugs in den Kompetenzbereich des Landes. Frau Bockmann und meine Damen und Herren von der SPD, wo steht denn eigentlich, dass Resozialisierung das einzige Vollzugsziel sein muss?
Wir wollen die Resozialisierung doch keineswegs abschaffen! Der Strafvollzug hat doch schon immer zwei Gesichtspunkte berücksichtigt - das muss man auch in einem Gesetz als Leitlinie durchsetzen -: Wir wollen durch den Strafvollzug sowohl resozialisieren als auch die Allgemeinheit vor
Straftätern schützen. Das ist Bestandteil des Strafvollzuges.
Frau Bockmann, die Justizministerin hat auch niemals eine „lasche Strafjustiz“ angesprochen. Es geht um Vollzug. Es geht nicht um die Urteile der Richter; diese sind niemals kritisiert worden. Wenn Sie das so gesagt haben, dann muss ich darauf hinweisen, dass das schlicht und ergreifend falsch ist.
Wer trägt denn die politische Verantwortung für den Strafvollzug?
Wer bezahlt denn den Strafvollzug? - Das sind ausschließlich die Länder. Da liegt es doch nahe und ist es ein Gebot der Stunde, dass auch die politische Verantwortung dafür bei den Ländern liegt.
Was haben wir in der ganzen Diskussion eigentlich von der SPD gehört? - Rückwärts gewandt, alles verneinend, was angestoßen worden ist, keinerlei eigene Vorschläge, die die Diskussion befruchten und weiterführen könnten. Es wäre fast noch ein Lob, wenn ich sagen würde, dass Sie reformunfähig sind. Denn es ist viel schlimmer: Sie sind nicht nur nicht reformfähig, sondern Ihre Justizpolitik findet in Niedersachsen überhaupt nicht statt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eingedenk der fortgeschrittenen Zeit und weil bereits beim letzten Tagesordnungspunkt sehr viel Allgemeines zur Notwendigkeit und zum Inhalt der Föderalismusreform gesagt worden ist, möchte ich mir Einzelheiten ersparen und deshalb nur in Kürze auf zwei Punkte eingehen. Ich meine, dass es schon eine große Leistung war, dass die Verhandlungsführer die Interessen des Bundes und die Interessen von 16 Bundesländern in einen Kompromiss eingebettet und einen Vorschlag unterbreitet haben, wie aus ihrer Sicht eine solche Reform aussehen könne. Diese Vorschläge sind dann in die parlamentarische Beratung eingeführt worden.
Um es ganz deutlich zu sagen: Es ist das gute Recht eines jeden Abgeordneten, es ist geradezu die Pflicht des Abgeordneten, derartige Dinge zu hinterfragen und sich eine Meinung über die Gesetzesvorlage zu bilden. Ich meine, dass eine Anhörung keine echte Anhörung wäre, wenn man für die Argumente der Sachverständigen nicht offen wäre. Wenn das nicht der Fall wäre, wäre eine Anhörung in der Tat eine Farce.
Gleichwohl darf jeder Abgeordnete, der zu entscheiden haben wird, dabei nicht aus dem Auge lassen, dass er nicht über eine Summe von Detailregelungen abstimmt, sondern dass er über einen gefundenen Kompromiss abstimmt. Er muss sich bei jeder Äußerung, die er in der Öffentlichkeit tut, auch überlegen, welche Wirkungen seine Äußerung auf das gesamte Gefüge einer Föderalismusreform hat. Da hat es Herr Briese natürlich relativ leicht. Er kann Fundamentalopposition betreiben, indem er sagt, dass das alles nicht in Ordnung sei und eine solche Reform mit ihm nicht zu machen sei. Ich bin gespannt, wie sich die SPD-Fraktion zu diesem Thema einlässt.
Dieser Antrag von Bündnis 90/Die Grünen stammt vom 15. März 2006. Inzwischen ist eine Fülle von Beratungen und Anhörungen im Bundestag dar
über hinweggegangen, es sind weitere Gespräche zwischen den Parteien geführt worden, und wir wissen jetzt relativ genau, wohin der Weg führen wird und welche Änderungen es noch geben kann. Wir wissen ganz genau, dass es im Bereich der Bildung keine Änderungen geben wird. Wir wissen auch, dass es im Bereich des Umweltrechts keine Änderungen geben wird. Ich bin davon überzeugt, sicher und auch optimistisch, dass es auch im Bereich des Strafvollzuges keine Änderungen geben wird. Insofern wird es in drei der vier Punkte, die die Grünen in ihrem Antrag genannt haben, keine Änderungen geben.
Wenn Sie, meine Damen und Herren von der SPD, diesem Antrag heute gleichwohl zustimmen, dann sagen Sie damit zugleich, dass die Föderalismusreform scheitern möge. Denn die Föderalismusreform würde scheitern, wenn diese Änderungen weiterhin gefordert würden. Sie sind nun einmal auch auf Bundesebene in der Verantwortung und in eine große Koalition eingebunden. Aus unserer Sicht wäre es der Super-GAU, wenn die Reform tatsächlich scheitern würde. Ich empfände es als völlig unglaubwürdig, wenn Sie von der SPD heute diesen Antrag unterstützen und wenige Tage später für die Föderalismusreform auf Bundesebene die Hand heben würden.