Christel Hoffmann
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Last Statements
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als eine der letzten Landesregierungen hat auch die Hessische Landesregierung kurz vor Ende der Legislaturperiode ein Ausführungsgesetz zum Bundesbodenschutzgesetz vorgelegt. Das ist zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung. Aber die Landesregierung war in Sachen Bodenschutz schon einmal weiter, Herr Minister Dietzel. Das belegt ein Blick in das Aktionsprogramm Umwelt der Hessischen Landesregierung – Nachhaltige Umweltpolitik in Hessen –, das vom November 2002 stammt.
Zum Bodenschutz lesen wir dort als Maßnahme oder zunächst einmal als Qualitätsziel: Wertvolle Böden sind geschützt. Dann geht es weiter mit ganz vielen Maßnahmen. Ich greife eine heraus: „Die Möglichkeiten zur Ausweisung von Bodenvorranggebieten in der Raumordnung und Landesplanung werden in einem hessischen Ausführungsgesetz zum Bundes-Bodenschutz verankert.“ Natürlich gibt es dazu auch Indikatoren. Dort lesen wir etwas von der Fläche der ausgewiesenen Bodenvorranggebiete.
Wenn wir den Gesetzentwurf, den wir nach der Beratung im Umweltausschuss heute vorliegen haben, damit vergleichen, können wir zunächst feststellen, dass die Boden
vorranggebiete, die sich noch in § 7 des ursprünglichen Gesetzentwurfs befanden, die Beratungen in der CDUFraktion nicht überlebt haben. Der entsprechende Paragraf wurde ersatzlos gestrichen.
Wir lesen außerdem in dem wunderschönen Umweltprogramm von vor fünf Jahren, dass eine frühzeitig und umfassende Information und eine umfassende Beteiligung der Fachverwaltung sichergestellt wird. Im Gesetzentwurf können wir feststellen, dass auf eine Bodenschutzplanung völlig verzichtet wird. Darin ging es in einem der Änderungsanträge der SPD-Fraktion, der bedauerlicherweise ebenfalls abgelehnt wurde. Wir hatten beantragt, bei Erstellung der Programme und Pläne zur Raumordnung und des Landschaftsprogrammes die Belange des Bodenschutzes zu berücksichtigen. Nach den Handlungszielen ist genau das vorgeschlagen. Aber geblieben ist davon kaum etwas. Der Änderungsantrag zu einer Einvernehmensregelung mit den Bodenschutzbehörden wurde abgelehnt.
Meine Damen und Herren, in der Anhörung, die wir im Juli hatten, ist sehr deutlich geworden, dass vor allem die Wirtschaftsverbände das Bodenschutzgesetz ablehnen. Das wurde wie üblich mit der Furcht vor staatlicher Reglementierung, mit der Furcht vor Einengung begründet. Die CDU-Fraktion ist diesen Bedenken bedauerlicherweise gefolgt. Sie hat damit aber eine Chance vertan, das wichtige Umweltmedium Boden in Hessen wirkungsvoll zu schützen. Wenn man sich das Gesetz anschaut, kann man sehr schnell feststellen, dass vorsorgender Bodenschutz in Hessen demnächst bedauerlicherweise nicht stattfinden wird.
Ich möchte einen weiteren kritischen Punkt ansprechen, die Altlastensanierung. Durch das Gesetz wird eine Monopolstellung der mittlerweile privatisierten HIM begründet. Das widerspricht allen Regeln des Wettbewerbs. Wir halten diese Regelung auch für rechtlich problematisch.
Das Fazit der SPD-Fraktion zu diesem Gesetzentwurf,wie er heute vorliegt: Wo Bodenschutz draufsteht, muss auch Bodenschutz drin sein. Das ist bei dem vorgelegten Gesetzentwurf nicht der Fall.Wir werden ihm daher nicht zustimmen. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, ob der Wissenschaftsrat in diese Evaluierung eingeschaltet ist, der in seiner Stellungnahme zur Agrarforschung sehr deutlich von einer weiteren Zersplitterung der Forschungslandschaft abgeraten hat?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist zutreffend,dass die Rechtsetzung der Europäischen Union ganz erhebliche Bedeutung für das Land Hessen hat. Inzwischen werden alle Politikbereiche von Vorgaben der Europäischen Union geprägt. Das ist eine Folge der europäischen Integration, hinter der wir alle politisch stehen und die wir auch begrüßen. Richtig ist auch, dass die Einbindung des Hessischen Landtags in die Angelegenheiten der Europäischen Union bislang nicht gesetzlich geregelt ist.
Der Europaausschuss erhält jedes Mal umfangreiche Berichte.Allerdings darf ich feststellen, dass auf Nachfragen keine ausreichenden Antworten gegeben werden können. Bislang besteht keine Verpflichtung der Landesregierung dazu. In die Willensbildung der Hessischen Landesregierung ist der Hessische Landtag ebenfalls nicht eingebunden. Nicht immer gleichen sich die Willensbildungen von Landtag und Landesregierung, wie das beispielsweise bei der Weinmarktverordnung der Fall ist.
Im Kern geht es bei diesem Gesetzentwurf um die Stärkung der Rechte des Hessischen Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union.
Wir begrüßen das. Wir sollten aber überlegen, ob es der richtige Weg ist, dazu aus dem Parlamentsinformationsgesetz des Landes Schleswig-Holstein einen Paragrafen isoliert zu übernehmen. Herr Kollege Lennert, auch die CDU-Fraktion, trotz des Montesquieu-Zitats, war schon einmal weiter.
Die Enquetekommission der 15. Wahlperiode hat „sich mit der verfassungspolitischen Realität des Hessischen Landtags angesichts der politischen Veränderungen an Aufgaben auf bundesstaatlicher und europäischer Ebene“ befasst. Sie empfahl damals für beide Ebenen eine Verfassungsergänzung.
Bleiben wir zunächst bei der europäischen Ebene. Danach sollte die Landesregierung verpflichtet werden, den Landtag „zum frühestmöglichen Zeitpunkt über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union“ zu informieren, „die für das Land von herausragender politischer Bedeutung sind und wesentliche Interessen des Landes berühren“, und „ihm die Gelegenheit zur Stellungnahme“ zu geben. Einzelheiten der Unterrichtung und der Beteiligung des Landtags sollten dann in einer Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung geregelt werden.
Eine analoge Regelung wurde für die bundesstaatliche Ebene vorgeschlagen. Das ist eine Regelung, die ange
lehnt an die Gemeindeordnung von Baden-Württemberg übernommen worden ist.
Die Enquetekommission, die in dieser Legislaturperiode gearbeitet hat, hat diesen Vorschlag nicht übernommen. Er stand als Vorschlag aber zunächst im Raum.Es sind andere Bundesländer, z. B. Schleswig-Holstein, andere Wege gegangen. Sie haben dieses Problem mit einem sogenannten Parlamentsinformationsgesetz gelöst.
Die Frage ist für die SPD-Fraktion nicht, ob wir Informationspflichten der Landesregierung gegenüber dem Landtag regeln wollen – es geht schließlich um die Stärkung der Rechte des Parlaments –, sondern die Frage ist das Wie.
Nach Auffassung der SPD-Fraktion sollten wir das über eine Verfassungsergänzung tun, wie sie bereits die Enquetekommission der 15. Wahlperiode vorgeschlagen hat. Das wird eine der Aufgaben des Landtags der nächsten Wahlperiode werden. Wir sollten ernsthaft überlegen, ob es Sinn macht, Informationspflichten der Landesregierung gegenüber dem Landtag nur auf die Europäische Union zu beziehen.Weil es ein Problem ist, das sich nicht nur auf die Europäische Union bezieht, beantragen wir für die SPD-Fraktion die Überweisung dieses Gesetzentwurfs auch an den Hauptausschuss. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal betonen, worum es uns, den Mitgliedern der SPD-Fraktion, in dieser Debatte geht. Herr Kollege Dr. Lennert, es geht nicht darum, dass wir die technischen Möglichkeiten des Internets nicht nutzen könnten und da Nachhilfe bräuchten, weil wir uns im Internet nicht zurechtfänden.
In einem gebe ich Ihnen recht. Es ist in der Tat so, dass die Europäischen Union eine hervorragend aufgebaute Homepage hat. Ich würde mir nur manchmal wünschen, dass einige Begleitdokumente etwas früher in Deutsch vorliegen. So muss ich mich manchmal mit der englischen Version begnügen.
Darum geht es überhaupt nicht. Vielmehr geht es um die Mitsprache des Hessischen Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union. Genau das ist der Punkt, der eben nicht geregelt ist.
Herr Minister Hoff, Sie haben zitiert. Das ist immer so: Aus den Vorlagen kann sich jeder das herausziehen, was ihm so passt.
In Drucks. 15/4000, das ist der Bericht der Enquetekommission „Künftige Aufgaben des Hessischen Landtags an der Wende zum 21.Jahrhundert“,wurde sehr deutlich dargestellt, dass es um die Rolle des Landtags geht. Es geht darum, dass der Landtag seine Meinung und seine Position einbringen will.
Es geht also um die Abgrenzung der Kompetenzen zweier Verfassungsorgane. Es geht nicht um die technischen Fähigkeiten, die man braucht, um das Internet nutzen zu können.
Wir halten deshalb eine Ergänzung der Verfassung für erforderlich. Ich denke, das wird in den Ausschüssen entsprechend diskutiert werden können.
Ich frage die Landesregierung:
Wer hat in wessen Auftrag den „Weinberg“ auf dem Parkplatz neben der Hessischen Landesvertretung in Berlin angelegt?
Herr Minister, sind Sie mit mir der Meinung, dass diese Neuanlage des Weinbergs in Berlin die Enzymaktivität der Alkoholdehydrogenase bei allen Regierungsmitgliedern steigert?
Wie bewerten Sie diese Neuanlage vor dem Hintergrund der Anbaubeschränkung für Reben in der Europäischen Union? Wie bewerten Sie diese Neuanlage vor dem Hintergrund des allgemeinen Qualitätsstrebens für Wein in der Europäischen Union?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hessen legt nun als eines der letzten Bundesländer endlich ein Ausführungsgesetz zum Bundes-Bodenschutzgesetz vor. Frau Kollegin Hammann hat darauf schon hingewiesen. Wir haben vor etwa zwei Jahren die Diskussion dazu hier im Hause geführt. Es war damals geradezu peinlich, wie Sie, Herr Minister, sagen mussten, die Landesregierung habe sich noch nicht entschieden. Für die SPD-Fraktion begrüßen wir grundsätzlich dieses Gesetz. Aber – und das werde ich gleich ausführen und begründen –: Wo Bodenschutz draufsteht, muss auch Bodenschutz drin sein.
Herr Minister,es ist deutlich geworden,dass Sie sich in Ihrer Rede fast ausschließlich mit der Altlastensanierung beschäftigt haben. Mit diesem Gesetz bleibt die Landesregierung hinter dem eigenen Anspruch ihres Regierungsprogramms zurück. Das enthält nämlich neben der Altlastensanierung auch den vorsorgenden Bodenschutz. Da stand auch noch viel mehr, nämlich dass Sie einen Altlastensanierungsfonds auflegen. Mit diesem sind Sie bekanntlich ebenfalls gescheitert.
Ich werde an drei Beispielen aus dem Gesetzestext deutlich machen, dass mit diesem Gesetz der vorsorgende Bodenschutz auf der Strecke bleibt.
Erstes Beispiel. Wir lesen im Vorblatt des Gesetzes unter „Finanzielle Mehraufwendungen, Kosten“: „Keine“. Da frage ich die Landesregierung, wie sie denn über die Altlastensanierung hinaus, die das Gesetz regelt, ohne zusätzliche Aufwendung vorsorgenden Bodenschutz betreiben will.
Zweites Beispiel. In den Zielvorgaben nach § 1 des Gesetzes steht:
Fehlt die Funktion des Bodens als Archiv der Natur und Kulturgeschichte und entsprechender Schutz,...
Das findet sich zwar später wieder.In späteren Paragrafen wird das auf „kleinräumig“ begrenzt.Aber gerade mit dieser Funktion des Bodens – es handelt sich hierbei häufig um besondere Bodenaufschlüsse – kann auch die Sensibilität der Öffentlichkeit für die Besonderheiten der Böden sowie ihre Schutzbedürftigkeit deutlich gemacht werden. Herr Minister, vielleicht schauen Sie einmal auf die Homepage des Bundesumweltamtes unter „Archiv der Böden“. Leider fehlt Hessen dort noch.
Drittes Beispiel. Das ist die Stellung der Bodenschutzbehörden. Da wird das besonders deutlich. Wir lesen in § 3 Abs. 3 Folgendes – ich zitiere –:
Soweit Belange des Bodenschutzes berührt sind, ist die Bodenschutzbehörde zu beteiligen.
Es geht dabei in der Sache um Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren. Diese Beteiligung ist uns zu unbestimmt. Denn bei öffentlichen Planungen müssen die Bodenschutzbehörden auch Träger öffentlicher Belange und zur Stellungnahme aufgefordert werden.
Notwendig ist auch eine Einvernehmensregelung mit den Bodenschutzbehörden, besonders bei Maßnahmen mit bestehenden schädlichen Bodenveränderungen oder auch bei Bodenflächen mit diesen besonderen Schutzfunktionen.
Über die drei Beispiele hinaus möchte ich dann noch § 13 ansprechen: „Träger der Altlastensanierung“. Diesen Paragrafen halte ich für besonders interessant. Dieser § 13 greift in Fällen, in denen Sanierungsverantwortliche aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr herangezogen werden können. Dieser Träger soll, wie bisher auch, durch Rechtsverordnung bestimmt werden.
Das ist seit 1989 die HIM. Inzwischen ist die HIM nach dem Verkauf der Landesanteile ein ausschließlich privates Unternehmen. Mit diesem Gesetz wird diesem Unternehmen eine einmalige Monopolstellung eingeräumt. – Meine Damen und Herren, Herr Minister, in das Gesetz gehören Vorschriften für die öffentliche Ausschreibung und die Vergabe.
Damit ist genügend Stoff genannt, der in einer öffentlichen Anhörung dringend erörtert werden muss. Als Fazit kann ich für die SPD-Fraktion festhalten: Der Titel des Gesetzentwurfs weist in die richtige Richtung.Aber es ist ein Altlastensanierungsgesetz ohne Finanzierung, und den Bodenschutz haben wir vergeblich gesucht. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Bökel, eine Vorbemerkung: Der Jahrgang 1949 ist ein hervorragender Jahrgang. Das ist nämlich auch mein Jahrgang.
Ich möchte die Aussprache zu den Römischen Verträgen mit einem Zitat aus der Berliner Erklärung beginnen: „Wir Bürgerinnen und Bürger Europas sind zu unserem Glück vereint.“ Ich denke, es ist ein Glück, dass vor 50 Jahren mit der Unterzeichnung der Römischen Verträge der Grundstein für die Einigung der Völker Europas gelegt wurde, denn heute steht die Europäische Union für Frieden und Freiheit in Europa, für die Stabilisierung der Demokratie, für Wohlstand und Freizügigkeit, für den Binnenmarkt und das Zusammenwachsen der Mitgliedstaaten.
Die EU ist weltweit ein Vorbild und das Modell für die friedliche Überwindung von Interessengegensätzen. Wir alle wissen, dass die Europäische Union von daher gesehen nach wie vor ungebremste Attraktivität auch bei den Beitrittsaspiranten genießt.
Es ist gut, dass sich die Europäische Union an ihrem 50. Jahrestag auf ihre Stärken besinnt, auch deswegen, um Europa im 21. Jahrhundert weiter voranzubringen. Für uns Sozialdemokraten ist die soziale Marktwirtschaft eine der großen Stärken, auf der Europas Zukunft weiter ausgebaut werden kann. Unsere gemeinsamen Grundwerte als Sozialdemokraten, nämlich Solidarität, die Gleichheit und die Achtung der Vielfalt in Europa, sind die richtigen Grundlagen für die Gestaltung der Zukunft.
Das europäische Sozialmodell bildet eine Gesellschaft ab, in der unternehmerische Freiheit genauso ihren Platz hat wie der Schutz und die Sicherung der Arbeitnehmerrechte sowie ihre Mitwirkungsmöglichkeiten. Es ist eine Gesellschaft, in der sich wirtschaftliche Leistung lohnen muss, in der aber auch zugleich gesellschaftliche Solidarität eingefordert wird.
Wir denken, diese soziale Dimension ist ein Markenzeichen Europas. Es ist wichtig, diese soziale Dimension im Angesicht der Globalisierung in den Mitgliedstaaten vor allem auf der europäischen Ebene weiterzuentwickeln.
Meine Damen und Herren, es gibt weitere Herausforderungen, mit denen die Europäische Union konfrontiert ist. Als Beispiele nenne ich den Klimawandel und die Sicherung der Energieversorgung.Der letzte Gipfel der Regierungschefs hat gezeigt, dass Europa handeln kann. Natürlich hat es auch Kritik gegeben. Man könnte auch sagen: „20-20-20“ ist zu wenig, was die CO2-Minderung und was den Anteil an regenerativer Energie angeht.Aber ich denke, die Einigung auf diese konkreten Beschlüsse sind ein Zeichen dafür, dass sich Europa den Zukunftsaufgaben stellt.
Meine Damen und Herren, wir wissen, dass dennoch sehr viele Bürger skeptisch sind, ob die Europäische Union derzeit in der Lage ist, die ihr gestellten Aufgaben und die vor uns liegenden Probleme angemessen zu lösen. Diese Einschätzung, so denke ich, verweist auf die tatsächlich existierende Reformnotwendigkeit in der Europäischen Union. Denn für 27 Mitgliedstaaten sind die institutionellen Grundlagen des Vertrags von Nizza nicht mehr leistungsfähig genug. Sie wurden damals schließlich nur für 15 Mitglieder gemacht.
Die Union der 27 braucht eine neue Arbeitsgrundlage, und zwar in Gestalt einer Verfassung. Wir brauchen für die Europäische Union einen Vertrag, der die Entscheidungsfähigkeit verbessert und die Transparenz erhöht, der die rechtlichen Grundlagen vereinbart, der den Schutz der Grundrechte, der mehr Demokratie und der die soziale Dimension der Europäischen Union sichert.
Das sind gleichzeitig auch die Voraussetzungen für eine bürgernahe Union. Denn nur damit kann der weit verbreiteten Euroskepsis begegnet werden. Nur dann wer
den sich auch junge Menschen wieder für Europa begeistern. Denn das, was wir die Tage mit dem 50. Jahrestag der Römischen Verträge gefeiert haben, ist für die jungen Leute selbstverständlich.
Noch einen Satz. – Wir wollen, dass alle Bürger, vor allem auch junge Menschen, Europa nicht als Risiko begreifen, sondern als ihre Chance für Freiheit, für Demokratie und für Wohlstand. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach zehn Monaten Amtszeit ergreift der Europaminister im Hessischen Landtag endlich einmal das Wort. Ich denke, es wurde auch Zeit.
Vielleicht hat Herrn Hoff die Ergriffenheit gepackt, als er in der letzten Woche in Meerholz die Europafahne gehisst hat. Meerholz im Main-Kinzig-Kreis – das ist nach dem Beitritt Rumäniens und Bulgariens die neue geografische Mitte Europas. Vielleicht war es aber auch die Kritik, die im Europaausschuss an seinem 365-Tage-Programm geübt wurde. Jedenfalls sind wir froh, im Plenum endlich einmal etwas über Ihre europapolitischen Vorstellungen zu hören. Ich werde mich für die SPD-Fraktion kritisch damit auseinandersetzen.
Herr Kollege Wintermeyer, ich will zunächst deutlich herausstellen: In den Grundfragen der Europäischen Union sind sich alle Parteien einig. Die Geschichte Europas wurde über Jahrhunderte von Kriegen geprägt. Aufgrund der europäischen Einigung sind Kriege in Europa nicht mehr vorstellbar. Nach dem Fall der Mauer war die Perspektive des EU-Beitritts für die Länder Mittel- und Osteuropas – –
Ich rede weiter, wenn sich die beiden Kollegen darauf verständigt haben, leiser zu sein. – Ich bedanke mich herzlich.
Nach dem Fall der Mauer war die Perspektive des EUBeitritts für die Länder Mittel- und Osteuropas eine wichtige Voraussetzung – oder ein wichtiges zentrales Element – für den Aufbau ihrer neuen Gesellschaftsordnung. Zur politischen Stabilität Europas gehören, trotz aller Probleme, die wir dabei zu bewältigen haben, auch die wirtschaftliche und die soziale Stabilität.
Die Errungenschaften der Europäischen Union gehören inzwischen ganz selbstverständlich zum Alltag. Das stelle ich immer wieder fest, wenn ich mich mit meinen mittlerweile erwachsenen Kindern darüber unterhalte. Bedauerlicherweise ist es so, dass Europa heute kaum noch Begeisterung weckt. Ich stimme der Landesregierung zu, wenn es in der Regierungserklärung heißt, dass es dort einiges zu tun gibt. Meine Zustimmung hat auch das Leit
motiv der Bundesregierung zur EU-Ratspräsidentschaft: „Europa gelingt gemeinsam“.
Als Nächstes ist natürlich zu fragen: Was ist da zu tun? Herr Minister, dazu gehören sicherlich Aktivitäten, wie sie in der letzten Woche bei dem europäischen Projekttag auf der Tagesordnung standen.Um Ihre Aufzählung zu ergänzen – ich finde es nett, dass Sie die EU-Beamten genannt haben –: Es war auch eine ganze Reihe von Kolleginnen und Kollegen aus dem Hessischen Landtag beteiligt. Ich selbst war in einer beruflichen Schule. Das Europainformationsbuch stieß auf großes Interesse. An die Landeszentrale für politische Bildung geht ein Dank für die gute Gestaltung. Ein Dank geht an dieser Stelle auch an die Landesvertretung in Brüssel für ihre kompetente Arbeit.
Ich sage aber auch, was an der Arbeit in Brüssel zu verbessern ist. Dafür nenne ich ein Beispiel. Die hessischen Hochschulen beklagen die geringen Erfolgsaussichten bei Anträgen nach dem jeweiligen Forschungsrahmenprogramm. Es liegt im Interesse des Landes, dies durch die Implementierung von Wissenschaftsmanagern zu verbessern. Ich denke, das ist wichtiger für die Forschung in unserem Lande und wichtiger für unsere Zukunft,als mit anderen Bundesländern in einen Wettbewerb darüber zu treten, welches Bundesland das größere Länderereignis feiert. Natürlich gehe ich davon aus, dass der Wein, den es auf dem Weinfest gab, sehr ordentlich war.
Leider konnte ich nicht daran teilnehmen, weil ich durch den Kreistag verhindert war.
In der Regierungserklärung betont der Herr Minister mehrfach, dass Europa eine große Erfolgsgeschichte sei und dass ein Europaverdruss – auch das wird mehrmals erwähnt – in Hessen nicht angesagt sei.
Natürlich ist es wichtig, die Europäische Ratspräsidentschaft zu begleiten. Es ist auch wichtig, den 25. März, den 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge, feierlich zu begehen. Dass die Landesregierung diese Ereignisse nicht sang- und klanglos verstreichen lässt, ist eigentlich selbstverständlich.
Aber die Landesregierung reduziert die Europäische Union auf Verwaltungsprobleme. Ich finde es schon mehr als bedenklich, wenn die Landesregierung Roman Herzogs Äußerungen zustimmt. Herr Kollege Häusling hat bereits darauf hingewiesen. Das, was der Altbundespräsident schreibt, nämlich Europa entmachte uns und unsere Vertreter, ist schließlich starker Tobak. Das kann man so nicht stehen lassen.
Der Altbundespräsident sieht in einem Europäischen Verfassungsvertrag ausdrücklich keine Verbesserung. Das Horn, in das er bläst, klingt so: Europa sei ein bürokratischer Moloch, der die nationalen Parlamente entmachte und den es zurückzudrängen gelte. – Herr Minister, Sie bejubeln zwar Europa, stimmen dann aber zusammen mit Roman Herzog in die alten Kritteleien ein.
Herr Kollege Häusling hat Klaus Hänsch zitiert, den Abgeordneten der SPE und ehemaligen Präsidenten des Europäischen Parlaments. Ich möchte Ihnen ein anderes Zitat vorhalten. Es stammt von Werner Weidenfeld, der, wie wir wissen, ein eher dem konservativen Lager zuzuordnender Professor in München ist:
Werner Weidenfeld hält die Europakritik des früheren Bundespräsidenten für populistisch, seine Vorschläge zur künftigen Gestalt der EU für undemokratisch.
Herr Minister, über so etwas freuen Sie sich. Das finde ich sehr bedenklich.
Ich denke, mitunter verhilft ein Perspektivenwechsel zu ganz neuen Einsichten. Dass ein hoher Prozentsatz des deutschen Rechts von der Europäischen Union beeinflusst ist, das ist wenig überraschend; denn unter den Bedingungen der Globalisierung schrumpfen ohnehin die Einflussmöglichkeiten der Nationalstaaten. Nur ein vereinigtes Europa mit 480 Millionen Einwohnern eröffnet neue Spielräume. Das gilt für den Gesundheits- und Verbraucherschutz in der Europäischen Union, der weltweit höchstes Niveau hat. Das gilt für die Wirtschaftspolitik, das gilt vor allem für die Umwelt und den Klimaschutz. Denn Lösungen auf diesen Feldern haben sich schon lange aufgrund ihrer Problematik dem nationalen Zugriff entzogen. Sie machen Entscheidungen notwendig, die weit über die nationalen Grenzen hinausreichen. Wer etwas anderes sagt, der verkauft die Bürger, die man für Europa begeistern will, ein Stück weit für dumm.
Sie haben in Ihrer Regierungserklärung sehr viel Liebe und sehr viel Eifer den Vorschlägen der Kommission zur Weinmarktordnung gewidmet. Natürlich freut mich das als Abgeordnete aus dem Rheingau außerordentlich. Aber gerade an dieser Weinmarktordnung ist deutlich zu machen,dass Europa nur gemeinsam handeln kann.Denn es geht nicht darum, die Kommission zu bekämpfen, sondern es geht darum, den europäischen Weinbau fit zu machen für den Weltmarkt, den wir schon haben.
Herr Minister, ich würde mich freuen, wenn Sie das Papier, das Sie morgen der Kommissarin übergeben werden, endlich einmal dem Hessischen Landtag zur Kenntnis geben würden – es wird wohl kein Geheimdokument sein –; wir haben es schon mehrfach angefordert.
Nun zu den Inhalten. Man kann natürlich über die Vorschläge streiten. Aber Deutschland alleine hätte keine Chance im internationalen Konzert. Wir wissen alle, dass die Europäische Union die Kompetenzen für ihre Mitgliedstaaten wahrnimmt und dafür Übertragungen von Kompetenzen der Mitgliedstaaten benötigt. Das verlangt – auch das ist nichts Neues – eine partielle Aufgabe der Souveränität.Die einheitliche Normsetzung durch die EU beflügelt den Handel in der Europäischen Union, beflügelt die Wirtschaft und erleichtert den Austausch und Kooperationen.
Die konservative Antwort darauf ist – wir haben es bei Roman Herzog gehört, und es klingt auch in Ihrer Regierungserklärung durch –, den Superstaat zu beklagen und zu seiner Bekämpfung aufzurufen. Meine Damen und Herren,das ist kein europäisches Denken und Fühlen,das ist gestrig, das ist Kleinstaaterei. Das lehnen wir ab.
Herr Minister Hoff, Sie müssen sich schon einig werden, ob Sie die Vorteile eines gemeinsamen Vorgehens sehen und die positiven Äußerungen des Ministerpräsidenten Koch zu den Vorschlägen der Kommission zur Strommarktordnung begrüßen oder ob Sie sich immer nur die
Häppchen herauspicken, die in Ihr Konzept passen, und den Rest in Bausch und Bogen verdammen.
Sie machen drei Vorschläge. Zum einen geht es um die Diskontinuität von Gesetzesvorhaben. Darüber kann man diskutieren. Man muss am Ende sorgfältig abwägen. In die Überlegungen sind die Erfahrungen aus der Debatte und den Verläufen um die Chemikalienverordnung und die Dienstleistungsrichtlinie einzubeziehen; denn das sind sehr umfangreiche europäische Regelungen, die das Europäische Parlament, die Kommission, aber auch uns sehr lange beschäftigt haben. Ich denke, aus diesen Beispielen kann man Resümee ziehen.
Von der Befristung von Richtlinien und Verordnungen halten wir nichts, weder auf der hessischen Ebene – das haben wir oft genug deutlich gemacht – noch auf der europäischen Ebene.Ein großer Teil der Verordnungen,z.B. die Verordnungen zu den Strukturfonds, zur gemeinsamen Agrarpolitik oder auch der Forschungsrahmenplan, sind ohnehin zeitlich gebunden, und es gibt bei den Strukturfonds, bei den großen Programmen sogenannte Midterm-Reviews. Es passt auch nicht zusammen, die Bürokratie in der Europäischen Union zu beklagen und dann alle Richtlinien und Verordnungen zu befristen.
Sie beklagen auch die Kompetenzordnung. Es war eine klare Kompetenzordnung mit der Europäischen Verfassung geplant. Allerdings hatte der Verfassungskonvent von einem abgeschlossenen Kompetenzenkatalog abgesehen, um für künftige Entwicklungen offen zu sein.Wir haben das begrüßt. Kompetenzen können, wie Sie das fordern, bereits heute mit einstimmigem Beschluss auf die Mitgliedstaaten rückübertragen werden. Mit der EU-Verfassung gälte für eine solche Entscheidung das Mehrheitsprinzip.
Es kommt Folgendes hinzu: Die nationalen Parlamente haben inzwischen mehr Einfluss auf die Brüsseler Gesetzgebung als beispielsweise der Hessische Landtag auf die bundesdeutsche Gesetzgebung. Es gibt mittlerweile eine Vereinbarung zwischen dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung über die Zusammenarbeit in den Angelegenheiten der Europäischen Union. Wir werden die Zusammenarbeit zwischen dem Hessischen Landtag und der Landesregierung im Zusammenhang mit der Europäischen Union wieder auf die Tagesordnung nehmen. Andere Länder wie beispielsweise Rheinland-Pfalz sind da erheblich weiter.
Herr Minister, Sie betonen die Effekte des Binnenmarktes und loben die Entstehung neuer Arbeitsplätze. Sie begrüßen die Fördermittel.Das tun wir auch.Ich füge für die SPD-Fraktion hinzu: Wir mussten häufig genug die Kofinanzierung durch das Land Hessen anmahnen,
gerade was die Strukturfonds im Bereich der Landwirtschaft angeht, aber auch dem Europäischen Sozialfonds.
Inzwischen ist es gerade im Sozialbereich so, dass dort ausschließlich der Europäische Sozialfonds kofinanziert wird. Es gibt überhaupt keine hessischen Programme mehr.
Natürlich können wir feststellen, dass die Europäische Union ein starker Partner für die Menschen im ländlichen Raum ist. Herr Minister, es fällt immer wieder auf, dass Sie besonders Ihre Kritik an der europäischen Naturschutzpolitik lieben. Zur Illustration bemühen Sie dies
mal einen Feldhamster, der sich vor den Mähdrescher eines Bauern wirft. Ohne die Diskussion wiederholen zu wollen,die wir im Europaausschuss geführt haben und die wir unentwegt im Umweltausschuss über europäische Naturschutzpolitik führen: Sie ziehen gegen den Naturschutz zu Felde. Für Sie ist er ein Hemmnis bei Infrastrukturmaßnahmen. Ihn zu brandmarken, dafür ist Ihnen kein Argument zu billig. Herr Minister, ich lade Sie ein – Sie haben ein extrem gestörtes Verhältnis zum Naturschutz –, mit mir eine Wanderung im FFH-Gebiet Engweger Kopf in Lorchhausen zu machen.
Sie werden dann eine grandiose Landschaft erleben, und ich werde Ihnen die blauflüglige Ödlandschrecke zeigen, die nach dem Anhang III der FFH-Richtlinie geschützt ist.
Da darf man laufen. – Sie werden dann auch sehen, welche Nutzungen in solchen Gebieten zugelassen sind: naturverträgliche Nutzungen.
Im Gegensatz zu Ihren starken Sprüchen gegen den Naturschutz – Ihnen ist, wie gesagt, kein Argument zu billig – stehen die Absichten der Bundesregierung, die Sie zu unterstützen vorgeben. In dem bereits zitierten Arbeitsprogramm „Europa gelingt gemeinsam“:
Ein besonderes Anliegen gilt dem Schutz der nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt, deren Rückgang erschreckende Ausmaße angenommen hat.
Das sagt die Regierung Merkel zur nachhaltigen Nutzung der Natur. – Herr Minister, außerdem macht Ihnen die EU-Erweiterung Sorgen. Für die Sozialdemokraten steht fest: Es wird neue Erweiterungsschritte der Europäischen Union erst dann geben können, wenn es eine Europäische Verfassung gibt.Wir begrüßen es auch im innereuropäischen Interesse, dass die Bundesregierung in der Zeit der Ratspräsidentschaft die Wiederbelebung des Verfassungsprozesses sehr hoch angesiedelt hat.
Trotz der Sorgen, die die Landesregierung um die Erweiterung hat,begrüßt sie,wie positiv sich Kooperationen mit dem jungen Mitgliedstaat Ungarn oder dem Beitrittskandidaten Kroatien darstellen. Dass die Türkei in dieser Aufzählung fehlt, ist sicherlich kein Zufall. Den eben gehörten positiven Aussagen der Landesregierung zum europäischen Einigungsprozess steht jedoch in der Realität leider nur allzu oft ihre kritische, ja abweisende Haltung gegenüber. Das zeigt sich gerade an Ihrem 365-Tage-Programm, Herr Minister.
Es besteht im Kern aus der Abwehr der Ansprüche Europas gegenüber dem Land Hessen. Die Haltung, die Sie an den Tag legen, ist defensiv und gerade nicht europäisch. Am schönsten wird es, wenn Sie die hessische Verwaltungsvereinfachung Europa als Beispiel andienen. Da muss ich Sie ganz im Ernst fragen: Haben Sie etwa vergessen, welche Kosten und welche heftigen, inhaltlich kontroversen Diskussionen wir nach wie vor in Bezug auf SAP hier haben?
Mit den Kosten etwa auch nicht? Na gut.
Wir kommen zu Europa zurück. Herr Minister, Ihr Bekenntnis zu Europa ist – ich habe es dargelegt – ein Lippenbekenntnis. Sie fördern damit die Abgrenzung, die Ablehnung der Europäischen Union. Das ist eine Haltung, die Sie sonst wortreich beklagen. Es gibt wirklich gute Gründe, sich für die Europäische Union auszusprechen und europäisch zu denken. Ich möchte einige nennen.
Das soziale Niveau in der EU kann unter den Bedingungen der Globalisierung nur erhalten werden, wenn wir Europa weiterentwickeln. Auch das internationale Recht bekommt entscheidende Impulse durch die Europäische Union. Das haben mittlerweile auch die USA anerkannt. Wie sollten einem globalen Wettbewerb mit einer globalen Machtpolitik sonst Fesseln angelegt werden?
Man kann Europa als einen relativ geschützten Raum verstehen, der seinen Einwohnern sehr viele große neue Chancen eröffnet. Wie attraktiv die Europäische Union ist, sieht man an dem Interesse, der Europäischen Union beizutreten. Selbst die gescholtene EU-Bürokratie vereinfacht den Handel, aber auch den Verbraucherschutz. Sie schafft Mindeststandards für den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Die Europäische Union ist zukunftsfähig, und ihre Entwicklung können und wollen wir positiv beeinflussen. Eine defensive Grundhaltung mit dem Wunsch nach einem „Zurück“ – wie wir das heute von Ihnen gehört haben – ist dafür allerdings eine schlechte Voraussetzung.
Ich möchte Ihnen und den Kollegen von der CDU ein Zitat mit auf den Weg geben:
Die Einheit Europas war ein Traum von wenigen. Sie wurde eine Hoffnung für viele. Sie ist heute eine Notwendigkeit für uns alle.
Der Herr Minister murmelt den Autor. Es war Konrad Adenauer. Herr Minister, Sie haben gerade zu erkennen gegeben, dass Sie das Zitat kennen. Es wird aber auch Zeit, dass Sie diese Worte verinnerlichen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für die SPDFraktion möchte ich hier sehr deutlich erklären,
dass wir die Einigung der europäischen Außenminister sehr begrüßen.
Denn damit bleibt die Tür für den EU-Beitritt der Türkei offen. Dieser Kompromiss garantiert, dass die Beitrittsverhandlungen nicht ausgesetzt werden. Er erhöht gleichzeitig den Druck auf die Türkei, das Ankara-Protokoll umzusetzen. Und ein weiterer wichtiger Aspekt: Er verhindert die ethnische Spaltung Zyperns, die sonst im Raum gestanden hätte.
Meine Damen und Herren, schon die Titelgebung der Aktuellen Stunde zeigt, wie weit die CDU-Landtagsfraktion vom Geist der Europäischen Union entfernt ist.
Denn die Politik der Europäischen Union war schon immer lösungsorientiert ausgerichtet. Dafür stehen die besonnenen Worte des Kommissionspräsidenten Barroso kürzlich im Deutschen Bundestag, und dafür steht auch die Einigung der europäischen Außenminister.
Im Gegensatz dazu – und hier möchte ich doch einmal hessische Europapolitik in diese Diskussion einbeziehen – steht beispielsweise das vor einigen Wochen veröffentlichte 365-Tage-Programm dieses Europaministers, der übrigens hier noch nie zu einem europapolitischen Thema geredet hat. Dieses Programm ist von einer Abwehrhaltung gegen europäische Vorhaben gekennzeichnet, und es fand sich nicht ein einziger konstruktiver Punkt darin, in dem Hessen die europäischen Zukunftsthemen begleiten will.
Wir können feststellen: Durch die Einigung der Außenminister ist die Zeit über das Thema dieser Aktuellen Stunde hinweggegangen.Das gilt auch für die Erklärung des Hessischen Ministerpräsidenten in der vergangenen Woche,
der vorschlug, gegenüber der Türkei eine härtere Gangart einzulegen.
Meine Damen und Herren,als die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei begannen, war klar, dies wird ein langer und schwieriger Prozess werden, schwierig auch für die Europäische Union. Denn wir wissen, die Ratifizierung des Verfassungsvertrags steht noch immer aus. Ich hoffe auf die deutsche Ratspräsidentschaft, damit diese Verfassungsdebatte wieder neu belebt wird.
Nun zur Türkei. Ich möchte die Probleme in der Türkei nicht kleinreden.In der Tat wies der Fortschrittsbericht einige sehr bedenkliche Momente aus.Wir kennen die Diskussionen zum Thema Justizvollzug in der Türkei,
das Problem der Freiheit der Religionsausübung.
Herr Kollege Klee, ich möchte doch die CDU-Fraktion bitten, etwas leiser zu sein. – Danke sehr.
Ich unterbreche so lange, bis die kleine Konferenz da hinten beendet ist.
Meine Damen und Herren, die Türkei ist ein Land im Umbruch. Dabei ist die EU-Perspektive eine wichtige Kraft für die Modernisierung dieses Landes. Im September haben wir mit einer Delegation der SPD-Landtagsfraktion die Türkei besucht.
Wir hatten Gesprächspartner aus Politik, Wirtschaft, Hochschulen und Kultur. Sie alle haben uns versichert, wie wichtig diese Perspektive ist, und sie haben uns berichtet, dass in der Türkei die Zustimmung zum EU-Beitritt sinkt. Ihre große Sorge war, dass die Türkei nationalistischer und islamistischer werden wird, wenn das Projekt EU-Beitritt scheitern sollte. Deshalb gilt es, die politischen Kräfte in der Türkei zu stärken, die das Land europafähig machen wollen.
Die CDU-Fraktion, das war der Rede des Kollegen Klein deutlich zu entnehmen, will genau diese Kräfte schwächen.
Wir wollen – auch im europäischen Interesse – erreichen, dass die Türkei ein Vollmitglied der Europäischen Union wird. Wir alle wissen, dass wir hier über einen Zeitraum von zehn bis 15 Jahren reden.Wir alle wissen, dass ein tief greifender Transformationsprozess in der Türkei notwen
dig sein wird, und wir wissen auch, dass die Europäische Union ihre eigenen Probleme bis zum Beitritt gelöst haben muss. Seit 40 Jahren gibt es Zusagen an die Türkei.
Die Türkei ist ein islamisch geprägtes Land. Über das Thema Brückenfunktion der Türkei müssen wir noch einmal diskutieren, Herr Kollege Klein. Wenn die Türkei als islamisch geprägtes Land vom christlich-humanistisch geprägten Europa aus eine Brücke in die arabisch-islamische Welt bilden soll, dann müssen wir uns darüber unterhalten, wie das funktionieren soll. Wir sind der Meinung, wenn der Transformationsprozess in der Türkei weitergeht, wenn die Türkei als Vollmitglied der Europäischen Union den Wertekanon dieser Gemeinschaft übernimmt, dann ist ungeheuer viel gewonnen, auch für die Diskussion mit Muslimen in unserer Gesellschaft.
Dieser wichtige Aspekt ist eine Chance auch für unsere Gesellschaft. Die CDU-Fraktion sollte ihre beschränkte Sicht auf die Türkei endlich aufgeben. Das ist die Forderung der SPD-Landtagsfraktion.
Ich frage die Landesregierung:
Über welche besonderen Qualifikationen verfügt der energiepolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Herr Kollege Roger Lenhart, die den energiepolitischen Sprechern der anderen Landtagsfraktionen fehlen und die ihn prädestinieren, als alleiniger Vertreter des Hessischen Landtags an einer Podiumsdiskussion des 10. Hessischen Klimaschutzforums teilzunehmen?
Wie hoch werden die Kosten dafür sein, wenn Sie den Adressaten des Klimaschutzforums mitteilen, dass sich der Teilnehmerkreis an der Podiumsdiskussion verändert hat?
Ich frage die Landesregierung:
Welcher Nachteil entsteht den Hessischen Staatsweingütern durch die Aufgabe des Standorts in der Schwalbacher Straße in Eltville mit dem Verlust des (nach Aussage des Geschäftsführers der Hessischen Staatsweingüter) „großen Glücks, mit unserem historischen Kelterhaus eine außergewöhnliche Räumlichkeit als Vinothek nutzen zu können“?
Eine Vorbemerkung. Gefragt war nach dem besonderen Ambiente. Das, was ich vorgelesen habe, war die Antwort. Wie bewerten Sie dieses Ambiente, von dem sich die Landesregierung trennen möchte?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Apel, Ihre Argumentationsnot muss schon sehr groß gewesen sein. Denn ansonsten hätten Sie uns nicht mit so starken Sprüchen etwas zum Thema Bodenschutz erzählt.
Ich möchte zunächst einmal auf etwas hinweisen: Die grundwasserschutzorientierte Beratung wurde in Hessen von Gerhard Bökel in seiner Funktion als Landwirtschaftsminister eingeführt. Das ist durchaus nichts Neues.
Ich möchte Ihnen jetzt aus einem Dokument zitieren. Ich sage auch gleich, wo das herkommt.
Da heißt es:
Ebenso sollen die natürlichen Bodenfunktionen, Lebensraum und Lebensgrundlage, Bestandteil des
Naturhaushalts, Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen, sowie die Archivfunktion des Bodens so weit wie möglich vor Beeinträchtigungen geschützt werden.
Dieses Zitat stammt aus dem Aktionsprogramm Umwelt der Hessischen Landesregierung. Darin werden die Zielsetzungen für den Umweltschutz bis zum Jahre 2010 beschrieben.
Frau Kollegin Beer, ich darf um etwas Ruhe in der ersten Reihe bitten. Das stört mich sehr.
Ich bitte darum, dies nicht auf meine Redezeit anzurechnen.
Die Zwischenbilanz des Umweltressorts, die im November vorgelegt wurde,zeigt ganz deutlich,dass sich die Hessische Landesregierung eindeutig vom vorsorgenden Bodenschutz verabschiedet hat. Dort werden die Altlastensanierungsmaßnahmen beschrieben, die unter Rot-Grün schon begonnen hat. Sie haben dafür einmal einen englischsprachigen Preis erhalten. Diesen wollen wir Ihnen gern gönnen.
Ich möchte dann noch auf eine Konfusion, nein auf eine Verwirrung hinweisen. Wir wollen doch Deutsch reden und keine lateinischen Worte verwenden.
Die Debatte wirkt schon.– Im September 2005 hatte der Minister dem Umweltausschuss in Beantwortung eines ganz netten Dringlichen Berichtsantrags mitgeteilt, dass die Landesregierung noch überlegt und noch nicht abschließend über den vorsorgenden Bodenschutz entschieden hat.
Herr Minister, vorher schon hatten Sie ein Gesetz unterschrieben, nämlich den Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Verlängerung befristeter Rechtsvorschriften und zur Änderung des Gesetzes über Volksabstimmungen vom 05.07.2005. Darin haben Sie die Befristung des Bodenschutzgesetzes vom Dezember 2005 auf den Dezember 2010 verlängert. Liebe Frau Kollegin Apel, das geht auch in Ihre Richtung. Dann möchte ich doch einmal fragen, wann Sie denn das Bodenschutzgesetz, das Sie vorhin groß angekündigt haben, nun eigentlich vorlegen wollen.
Es kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu. Herr Minister, im Umweltausschuss haben Sie im Dezember 2005 einräumen müssen, dass sich die hessische Wirtschaft nicht mehr an dem Altlastensanierungsfonds beteiligen möchte. Diese Zusage ist 1999 die Grundlage für die Abschaffung der Grundwasserabgabe in Hessen gewesen. Außerdem war diese Zusage ein wesentlicher Punkt, der
mit der Gründung der Umweltallianz vereinbart wurde. Meine Damen und Herren, damit zeigt sich sehr deutlich, was die Umweltallianz ist. Es ist ein nettes Papier, bunt bebildert, hübsch beschrieben. Aber vom Bodenschutz haben Sie Abstand genommen. Auch Ihre Umweltallianz ist nicht das Papier wert, auf das sie geschrieben ist.
Gestern hat Herr Kollege Grumbach eine neue Einheit definiert, nämlich die Einheit „1 Dietzel“. Das ist das, wenn der Umweltminister mit einem Jahr Verspätung einen Gesetzentwurf vorlegt, der EU-Vorgaben 1 : 1 in landesrechtliche Vorschriften umsetzt. Heute haben wir ein bisschen mehr. Heute sprechen wir über „minus 5 Dietzel“.Wir können nämlich feststellen, dass bei Ihnen große Verwirrung bezüglich des Bodenschutzes herrscht.Außerdem habe ich nachgewiesen, dass die Umweltallianz mit dem gescheiterten Altlastensanierungsfonds beerdigt ist. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute erneut mit dem Kellereineubau der Staatsweingüter am Steinberg. Das ist ein völlig überflüssiges Prestigeobjekt des Hessischen Ministerpräsidenten,
das brutalstmöglich gegen den Widerstand in der gesamten Region durchgesetzt werden soll. Meine Damen und Herren, es gibt andere Lösungen am Standort in Eltville. Wir hätten uns solchen Lösungen, auch mit Investitionen, nicht verschlossen. Ich denke, das wäre eine Möglichkeit gewesen, dass die Winzer zugestimmt hätten und dass es nicht zu diesen heftigen Auseinandersetzungen gekommen wäre. Denn dass Investitionen erforderlich sind, war für uns keine Frage.Aber wir und viele andere in der Region haben ganz massive Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des Kellereineubaus, den die Landesregierung auf Gedeih und Verderb durchziehen will.
Wir haben heute auch einen Dringlichen Entschließungsantrag der CDU vorliegen. Danach sollen wir feststellen, dass keine neuen Sachverhalte vorliegen, die eine weitere parlamentarische Beratung erforderlich machen. Meine Damen und Herren, ich kann verstehen, dass der CDUFraktion diese Diskussion unangenehm ist. Denn – die Kolleginnen und Kollegen von außerhalb des Rheingaus werden das nicht mitbekommen – in Eltville zerlegt sich wegen des Kellereineubaus der CDU-Stadtverband gerade total.
Meine Damen und Herren, es sind insgesamt 15 Millionen c zu investieren. Damit wird dieses Geld der Steuerzahler ganz heftig aufs Spiel gesetzt werden. Denn Fakt ist, dass die Staatsweingüter 7,5 Millionen c, also die Hälfte dieses Betrages, aus dem Verkauf von Landesvermögen erhalten.
Gestatten Sie mir nebenbei eine Frage an die Landesregierung: Wie weit sind Sie eigentlich mit den Verkäufen, beispielsweise in Hochheim?
Die anderen 7,5 Millionen c sollen die Staatsweingüter über Kredite finanzieren.Eigene Sicherheiten,wie andere Betriebe es haben müssten, sind nicht vorhanden. Deshalb hat die Landesregierung durchaus logisch gehandelt und bereits eine Ermächtigung in den Haushaltsplan 2005 eingestellt. Ich zitiere den Haushaltsvermerk: Bis zur Höhe von 7,5 Millionen c kann die Landesregierung einstehen für Verbindlichkeiten der Staatsweingüter im Zusammenhang mit dem Neubau der Kellerei Steinberg.
Meine Damen und Herren, eine Bürgschaft geht man aber nur dann ein, wenn realistischerweise damit zu rechnen ist,dass der Bürgschaftsnehmer diese Last auch schultern kann.
Wir wissen, dass die Staatsweingüter hoch defizitär arbeiten. Wir fragen uns, wie das funktionieren soll. Es bestehen begründete Zweifel, dass die Staatsweingüter nach der Kreditaufnahme mit den Belastungen von Zins und Tilgung je die Gewinnschwelle erreichen können.
Wir haben Sie deswegen schon im November 2004 aufgefordert, vor weiteren Investitionen und vor weiteren Zusagen den Businessplan durch unabhängige Wirtschaftsprüfer überprüfen zu lassen. Unsere Zweifel an der Wirtschaftsfähigkeit sind in den letzten Monaten nur noch größer geworden.Wir fordern die Landesregierung daher auf, vor dieser Ermächtigung die Wirtschaftlichkeit einer Überprüfung durch unabhängige Sachverständige zu unterziehen, denn es ist fünf vor zwölf.
Gleich elf nach elf, aber das ist dann ein anderes Kapitel, heute an Altweiberfasnacht.
Überdenken Sie das Vorhaben. Wir bitten Sie dringend darum:Verschließen Sie sich nicht einer Überprüfung der Wirtschaftlichkeit in einer Anhörung des Landtages.
Meine Damen und Herren, ich frage mich: Was hat die CDU, was hat die Landesregierung eigentlich zu verber
gen? Der Geschäftsführer der GmbH rechnet mit einem Baubeginn im April.Woher er diesen Optimismus nimmt, ist angesichts der Klage der Stadt Eltville unklar.
Ich bedanke mich,Heinrich Heidel.Die Frage ist,in welchem Jahr.
Klar ist jedoch, dass das Land und damit der Steuerzahler
7,5 Millionen c zahlen muss, wenn sich das Vorhaben als unwirtschaftlich erweist und die Staatsweingüter die Zinsbelastung nicht schultern können. Damit gefährden Sie nicht nur den Kellereineubau,
Sie gefährden die Staatsweingüter insgesamt.
Denn mit einer Bürgschaft, mit der sich die Staatsweingüter übernehmen würden, treiben Sie diesen Betrieb in die Insolvenz.Wir fordern Sie auf:
Stimmen Sie einer Anhörung im Landtag zu. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPDFraktion hat der Beschlussempfehlung in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz zugestimmt, und wir werden dies auch heute tun. Es geht zum einen um den Abbau von Mitwirkungs
rechten in den Gebietsagrarausschüssen. Das war in dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Landesregierung vorgesehen. Dieses Vorhaben wurde im Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz einvernehmlich korrigiert.
In den folgenden Bereichen, für die das Umweltministerium verantwortlich ist, haben wir einen beispiellosen Abbau von Mitwirkungsrechten: Forst, Naturschutz, Fischereigesetz. Die Zustimmung und das Engagement für das Ehrenamt, das die CDU-Fraktion jetzt an den Tag gelegt hat,hätte ich mir auch bei den anderen Gesetzesvorhaben gewünscht.
Die Naturschützer dürfen bei Ihnen weiterhin die Kröten über die Straße tragen. Aber ihre kritische Mitbestimmung ist nicht mehr gefragt. Diese Möglichkeit haben Sie abgeschafft.
Zum anderen geht es in dem Gesetzentwurf um ein transparentes Verfahren für die Wahl der Ortslandwirte, wenn mehr als ein Kandidat aufgestellt ist. Wir haben im Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz ein transparentes Verfahren für den Fall gefunden, dass es mehr als einen Kandidaten gibt. Ich denke, es ist eine Klatsche für die Landesregierung, dass sie von den Mitgliedern des Ausschusses für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz in dem Moment korrigiert wurde, als sie einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, in dem die Mitwirkungsrechte im ländlichen Raum beschnitten wurden. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir kommen nach einem eher wenig geglückten Ausflug in die Bundespolitik wieder zu unseren ureigensten hessischen Angelegenheiten.
Wir müssen uns wieder einmal mit der geplanten Kellerei am Steinberg beschäftigen. Diesmal haben wir es mit dem brutalstmöglichen Durchregieren der CDU hier in Hessen zu tun.
Meine Damen und Herren, ich möchte zunächst drei Vorbemerkungen machen, um für die SPD-Fraktion kurz die Haltung zu den Staatsweingütern zu benennen.
Erstens. Wir wollen die Staatsweingüter in Eltville am Standort erhalten. Wir wissen, dass dort ausreichend Flächen für Erweiterungen und für Entwicklungen bestehen. Eine Außenbereichsbebauung ist überflüssig.
Die zweite Bemerkung – ich denke, das ist ein ganz wichtiger Hinweis –: Die Stadt Eltville hat ihr Einvernehmen versagt, übrigens mit den Stimmen eines standhaften CDU-Stadtverordneten.
Der dritte Punkt. Wir wissen alle, dass ein Verfahren bei der Europäischen Kommission anhängig ist.Dort wird geprüft, ob diese Investition, die zu 50 % aus der Landeskasse subventioniert wird, überhaupt statthaft ist.
Jetzt zu den Ereignissen der letzten Woche. Der Landrat wollte nach sorgfältiger Abwägung den Bauantrag der Staatsweingüter ablehnen, weil es gravierende Diskrepanzen zwischen dem Bauantrag und der Bauvoranfrage gab. Außerdem – ich habe es schon erwähnt – hatte die Stadt Eltville ihr Einvernehmen verweigert.Aber dazu ist es nicht gekommen, weil der Regierungsvizepräsident, und zwar per E-Mail – auch das ist bemerkenswert –,
das Verfahren an sich gezogen hat. Der Grund für dieses Vorgehen ist bekannt: Die Mehrheit dieses Hauses hat erst im Oktober mit dem Dritten Verwaltungsstrukturgesetz die Verwaltungsgerichtsordnung geändert. Alle Oppositionsfraktionen in diesem Hause haben vor diesem Schritt gewarnt.
Das führt dazu – ich lasse jetzt den Gesetzestext weg –, dass der Landrat, wenn er einen Bauantrag ablehnt, auch über den Widerspruch zu entscheiden hat.Wahrscheinlich hat die CDU-Fraktion, hat keiner von Ihnen damit gerechnet, dass Ihnen ausgerechnet beim Bauantrag der
Staatsweingüter für diese überflüssige Kellerei diese Gesetzesänderung heftigst auf die Füße fällt.
Aber es hatten Sie alle drei Oppositionsfraktionen vor diesem Schritt gewarnt.Das ist auch in der Anhörung sehr deutlich geworden. Aber so ist das eben, wenn man nach dem Grundsatz verfährt: Mehrheit ist Wahrheit.
Ich kann mir die Unruhe vorstellen und räume durchaus ein, dass ein bisschen Schadenfreude mitschwingt, nachdem man in den Reihen der CDU überrascht festgestellt hat, welche Konsequenzen diese Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung hat.
Ich will keine Spekulationen – zumindest ist es in der Zeitung so dargestellt – über blitzartige Kommunikationen zwischen der Kreisverwaltung, dem Geschäftsführer der Staatsweingüter und dem Regierungsvizepräsidenten anstellen. Aber genau das ist ein Beispiel dafür, wie von oben durchgegriffen wird, wie von oben durchregiert wird, um ein unsinniges Lieblingsprojekt dieses Ministerpräsidenten durchzusetzen.
Aber kommen wir von diesem aktuellen Fall weg.Was die CDU im Oktober beschlossen hat, gilt für jeden anderen Bürger in Hessen. Es ist kaum vorstellbar, dass der Regierungsvizepräsident beim Bauantrag des Winzers X oder beim Bauantrag des Häuslebauers Y genauso verfahren würde. Das offenbart schon ein sehr merkwürdiges Rechtsverständnis in der CDU.
Sie wollten dieses Verfahren.Aber weil es Ihnen opportun erscheint, wird es gerade einmal vier Wochen, nachdem es in Kraft getreten ist, wieder außer Kraft gesetzt.
Ja. – Meine Damen und Herren, der Kellereineubau am Steinberg wird nicht mitgetragen. Ein Beleg dafür war die Landratswahl im Frühjahr. Das Vorgehen in der letzten Woche ist eine Machtdemonstration gegen den Willen der Bevölkerung im Rheingau. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Das machen wir nächste Woche, wenn Ferien sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute eine interessante Gemengelage, was die Anträge angeht.Ich möchte mich zunächst einmal an den Kollegen Lennert wenden, und ich werde mich noch en détail mit dem Entschließungsantrag der CDU-Fraktion auseinander setzen.
Herr Kollege Dr. Lennert, was Sie hier mit sehr viel Europapathos in der Stimme vorgetragen haben, wird in Ihrem bemerkenswerten Antrag überhaupt nicht widergespiegelt. Ich komme gleich darauf zurück. Da gefallen mir die zehn Thesen des Kollegen von Hunnius – auch wenn er die neunte leider unterschlagen hat – schon erheblich besser, weil man sich damit inhaltlich-fachlich auseinander setzen muss.
Alle vier Fraktionen hatten sich vor zwei Monaten im Europaausschuss auf gemeinsame Anträge verständigt; das war der Ausgangspunkt.Da ging es zum einen um die Mitwirkung der Länder nach Art. 23 Grundgesetz und zum anderen um die Subsidiaritätskontrolle, die im Verfassungsvertrag vorgesehen ist, die wir in Hessen verankern wollen, und zwar nicht nur durch die Landesregierung, sondern angebunden an den Landtag. Das war die einvernehmliche Beschlussempfehlung des Europaausschusses.
Meine Damen und Herren, auch wir haben einen Entschließungsantrag eingebracht. Wir alle kennen die Ergebnisse der Referenden in Frankreich und in den Niederlanden. Diese Ergebnisse sind unbestritten eine herbe Enttäuschung. Aber wir Sozialdemokraten stehen zu dem europäischen Verfassungsvertrag, und wir unterstreichen heute nachdrücklich unsere Haltung zum europäischen Einigungsprozess und zum weiteren Ratifizierungsprozess.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs haben sich eine Denkpause von einem Jahr verordnet.Wir gehen davon aus, dass die Ratifizierung im Jahr 2007 erfolgt. Wir halten allerdings nichts davon, wie wir das im Antrag der CDU-Fraktion nachlesen können, dass die historischen Leistungen der Europäischen Union und auch dieser EUVerfassung hier zerredet werden. Genau das ist der Kern des Entschließungsantrags der CDU-Fraktion. In Ihrem unbändigen Eifer, nach Berlin zu kommen, ist anscheinend nichts vor Ihnen sicher, und Sie halten es für notwendig, hier alle europakritischen Ressentiments zu schüren.
Sie bedienen alle Vorurteile gegenüber der Europäischen Union – nach dem Motto: Jetzt schreiben wir einmal alles auf, was uns schon immer nicht gepasst hat.
Das findet sich in Ihrem Antrag wieder. Ein Beispiel: Es wird das Vorurteil bedient, die Europäische Union sei ein bürokratischer Moloch, der mit überflüssigen Vorschriften alles stranguliere. Das findet sich auch in der fünften These des Kollegen von Hunnius wieder, der das ein bisschen charmanter ausdrückte, als er meinte, das Europa der Technokraten sei nicht sexy. Dem kann ich zustimmen. Ich bin nachgerade froh, dass viele Menschen in Europa nicht die Weinmarktordnung kennen; denn das würde sie vielleicht davon abhalten, Wein zu trinken. Aber wenn wir uns überlegen, warum die Weinmarktordnung so kompliziert ist, so brauchen wir nur in die Anhänge zu schauen, und sehen dann, dass die Besonderheiten jedes Mitgliedstaats geregelt werden müssen. So kommen zum großen Teil diese aufgeblähten bürokratischen Verordnungen zustande.
Ich komme auf den CDU-Antrag zurück. Er ist wunderschön. Da wird z. B. die Chemikalienpolitik genannt. Das ist ein diskussionswürdiges Unterfangen der Europäischen Union, weil es seit Bestehen der Europäischen Union das größte Reformwerk in der Umweltpolitik darstellt. Ich bin davon überzeugt, dass am Ende der Diskussion, die jetzt im Parlament begonnen hat, ein gutes Ergebnis stehen wird.Aber die CDU sagt dazu – ich will aus diesem Antrag zitieren, das muss sein, er ist so schön –:
Ja, ist in Ordnung.
Am Beispiel... wird deutlich, dass solche Vorhaben allzu oft wirtschaftlichen Interessen widersprechen, was wiederum zu pauschalem Unmut in der Bevölkerung gegenüber „Brüssel“ führt.
Ist Ihnen denn noch nicht aufgefallen, dass es außer wirtschaftlichen Interessen noch andere Interessen der Europäischen Union gibt,andere Ansprüche,die die Menschen an die Europäische Union haben?
Zum Beispiel gibt es den Anspruch auf eine saubere Umwelt. Sie argumentieren so platt. Sie wollen Unmut und Stimmungen schüren, und aus diesem Unmut wollen Sie Stimmen machen. Wenn man Ihren Antrag liest und das mit der Rede vergleicht, stellt man fest, dass das anders klang. Aber ich halte immer viel davon, wenn Wort und Schrift übereinstimmen.
Ich darf Sie daran erinnern, dass die CDU im Bundestag und im Bundesrat dem Verfassungsvertrag zugestimmt hat. Ich erinnere mich sehr deutlich an das Werben des Hessischen Ministerpräsidenten während einer Delegationsreise in die neuen EU-Mitgliedsländer im letzten Jahr für den Verfassungsvertrag. Ich erinnere auch an die großen Worte von Minister Riebel.Er hat uns die Debatte aus dem Bundestag zugeschickt. Dort steht: „Ungeachtet der Ablehnung des Vertrages durch das französische bzw. durch das niederländische Referendum ist das Projekt des Vertrages über eine Verfassung für Europa wegweisend.“ Da kann ich nur zustimmen.Allerdings ist es schade, dass Sie in Ihrer Fraktion ganz offensichtlich allein dastehen.