Protocol of the Session on January 27, 2005

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung, heiße Sie mit einem frohen Glückauf zum dritten Plenartag in dieser Woche herzlich willkommen und stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Zur Tagesordnung teile ich mit: Noch offen sind die Punkte 7, 10, 12, 14, 16 bis 19, 21 bis 44, 46 bis 53, 55 bis 62, 73, 78 bis 80, 82 bis 84, 87 bis 96 und 98.

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie zu Beginn der Sitzung noch einmal herzlich um Folgendes bitten.Wir haben hier im Raum einen anderen Geräuschpegel und eine andere Geräuschkulisse als in unserem alten Plenarsaal. Es ist – wir haben es gestern wieder festgestellt – sowohl für die Redner sehr schwer, sich verständlich zu machen, als auch für diejenigen, die zuhören wollen, sehr schwierig,den Ausführungen zu folgen,wenn 20 andere Leute im Raum wichtige Gespräche führen. Deshalb bitte ich Sie herzlich darum, wenn diese Gespräche zu führen sind, dass sie außerhalb des Plenarsaals geführt werden.

Wir tagen heute bis 18 Uhr bei einer Mittagspause von einer Stunde.

Wir beginnen mit den drei Anträgen betreffend eine Aktuelle Stunde, den Tagesordnungspunkten 82, 83 und 84. Die Redezeit pro Fraktion beträgt fünf Minuten je Aktuelle Stunde.

Danach folgen Tagesordnungspunkt 49, der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Antidiskriminierungsgesetz, Drucks. 16/3511, und Tagesordnungspunkt 58, Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP zum gleichen Thema. Hierzu mit aufgerufen wird Tagesordnungspunkt 98, Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 16/3560.

Anschließend wird Tagesordnungspunkt 46 behandelt, Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Gewährleistung eines bedarfsgerechten Betreuungsangebotes für Kinder unter drei Jahren nach dem Tagesbetreuungsausbaugesetz in Hessen.

Danach kommt Tagesordnungspunkt 7, die zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zur Änderung des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Sozialgerichtsgesetz.

Nach der Mittagspause beginnen wir mit Tagesordnungspunkt 57, Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend Gleichstellung von DNA-Abgleich und Fingerabdruck, Drucks. 16/3524. Hierzu werden Tagesordnungspunkt 88 und Tagesordnungspunkt 96 aufgerufen.

Danach kommen die Tagesordnungspunkte 38 und 39, die Beschlussempfehlungen des Haushaltsausschusses betreffend die Haushaltsrechnung des Landes Hessen für das Haushaltsjahr 2002 und den Haushalt des Hessischen Rechnungshofs.

Die Fraktionen haben sich dahin gehend geeinigt, dass wegen der um 18.30 Uhr im Rathaus stattfindenden Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus die heutige Plenarsitzung gegen 17.30 rechtzeitig beendet werden muss.

Entschuldigt fehlt am heutigen Vormittag Herr Staatsminister Riebel. Er nimmt an einer Feier zum Gedenken an

die Opfer des Nationalsozialismus im Bundestag in Berlin teil.

Ich rufe nunmehr Tagesordnungspunkt 82 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (CDU-Filz in der Justiz – Grüttner und Landau stehen mit Strafprozessordnung auf Kriegsfuß!) – Drucks. 16/3536 –

Die Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. Erste Wortmeldung für die SPD-Fraktion: Frau Kollegin Heike Hofmann.

(Beifall bei der SPD)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die GrüttnerLandau-Wolski-Affäre zeigt einmal mehr, welchen CDUFilz es in der hessischen Justiz gibt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU)

Sie zeigt einmal mehr, wie die CDU Staat und Partei hier in Hessen miteinander vermengt. Sie, Herr Staatssekretär Landau, haben mit Ihrer Auskunft an Ihren Parteikollegen Grüttner klar Ihre Amtsbefugnisse überschritten.

(Beifall bei der SPD)

Es ist auch dreist, dass Sie bereits in einer ersten Reaktion auf unsere Vorwürfe eine vermeintliche Rechtsgrundlage herbeigezaubert haben. Ihr vorgelegtes Rechtskonstrukt ist aber geradezu abwegig.

(Beifall bei der SPD)

§ 478 StPO regelt genau, wer Auskünfte über Ermittlungsverfahren erteilen darf und wer nicht. Herr Landau, Sie und die Spitze des Justizministeriums gehören nach dieser Vorschrift nicht dazu.

(Beifall bei der SPD)

Allenfalls die Staatsanwaltschaft darf dies im Vorverfahren tun. Auch § 147 GVG, der die Aufsicht und Leitung der Staatsanwaltschaft behandelt, sagt nichts anderes aus.

(Zurufe von der CDU)

Die Standardkommentierung zu § 147 GVG sagt ausdrücklich – ich darf hieraus zitieren – : „Der Justizminister hat nicht das Recht,die Befugnisse der Staatsanwaltschaft wahrzunehmen.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Bezeichnenderweise gibt es über das Gespräch, das Sie mit Herrn Grüttner geführt haben,keinen Aktenvermerk, obwohl Sie sonst sehr penibel sind. Deswegen bleibt auch der Inhalt dieses Gesprächs gerade für die Öffentlichkeit im spekulativen Bereich und ist auch weiterhin ungewiss.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Herr Landau,Sie haben das Recht auch zu dem Zeitpunkt mit Füßen getreten, als Sie – bevor Sie Ihrem Parteikollegen Grüttner diese Auskunft erteilt haben – nicht vorher das Einverständnis von Frau Wolski eingeholt haben. Allein die Möglichkeit, dass durch Ihre Auskunft das informationelle Selbstbestimmungsrecht von Frau Wolski verletzt sein könnte, hätte es erfordert, das Einverständnis

von Frau Wolski entweder schriftlich oder mündlich einzuholen. Das haben Sie nicht getan.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Wagner, Sie und Herr Landau haben im Rechtsausschuss sehr dezidiert argumentiert, es habe nur eine so genannte Negativauskunft gegeben. Ich möchte diesbezüglich an Ihr Erinnerungsvermögen appellieren, wie Sie sich in der Debatte um Negativauskünfte auf der Grundlage der staatsanwaltschaftlichen Auskunftsregister beim Generalstaatsanwalt verhalten haben. Sie erinnern sich wahrscheinlich an die Debatte, ob man Negativauskünfte auf der Grundlage dieses Registers erteilen dürfe oder nicht. Damals haben Sie ganz klar argumentiert: Um Gottes willen, solche Negativauskünfte kämen einem Ausforschungstatbestand gleich.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNISS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD):War das vor 8 Uhr, oder war der Minister schon im Dienst?)

Mithin ist Ihre Argumentation sehr grotesk. Eines ist aber auch gewiss, meine Damen und Herren: Herr Grüttner, mit Ihrer missratenen Kandidatenauswahl und Ihrer Torheit bzw. Naivität, der Presse sogar noch selber mitzuteilen, dass Sie nicht den Dienstweg eingehalten, sondern Ihre CDU-Kanäle genutzt haben, stehen Sie ganz klar auf der politischen Abschussrampe.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNISS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die SPD Fraktion wird nicht zulassen, dass es einen derartigen Filz, eine derartige Kumpanei in Hessen gibt und dass Sie den Rechtsstaat mit Füßen treten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNISS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Justizminister, Herr Dr. Wagner.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie uns nach diesem Oppositionsgetöse zunächst einmal zur Sache kommen.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Fangen Sie erst einmal Ihre Ausbrecher wieder ein!)

Lassen Sie uns ganz nüchtern, klar und unvernebelt über den Sachverhalt sprechen. Der Sachverhalt ist in seinem Kern ebenso schlicht wie unstreitig. Im Dezember 2004 fragte Staatsminister Grüttner Herrn Staatssekretär Landau, ob es richtig sei, dass gegen Frau Wolski kein Ermittlungsverfahren laufe. Der Staatssekretär antwortete daraufhin, das sei richtig.

(Zurufe von der SPD)

Das ist der Sachverhalt, nicht mehr und nicht weniger. Hierüber unterhalten wir uns. Ich will klar und deutlich sagen, dass Herr Staatssekretär Landau seine Antwort

erst gegeben hat, nachdem Frau Wolski Herrn Staatsminister Grüttner mitgeteilt hatte, dass gegen ihren Mann, nicht aber gegen sie ermittelt werde und dass sie mit einer Nachfrage beim Justizministerium in dieser Angelegenheit ausdrücklich einverstanden sei.

(Lebhafte Zurufe von der SPD)

Lassen Sie mich einige wenige Sätze zur rechtlichen Würdigung sagen.

(Lebhafte Zurufe von der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)