Protocol of the Session on December 14, 2006

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung am letzten Plenartag des Jahres 2006, heiße Sie alle sehr herzlich willkommen und stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Zur Tagesordnung ist festzuhalten: Noch offen sind die Punkte 7, 14 bis 17, 22 bis 24, 26 bis 37, 39, 40, 42 bis 47, 49 bis 62, 69 und 72 bis 82.Wir tagen heute bis 18 Uhr bei einer Mittagspause von einer Stunde.

Wir beginnen mit den Anträgen auf Aktuelle Stunden. Das sind die Tagesordnungspunkte 49 bis 52. Die Fraktionen haben sich auf eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion geeinigt. Nach Tagesordnungspunkt 49 werden die Tagesordnungspunkte 44 und 69, ein Antrag und ein Dringlicher Antrag zum Thema, ohne Aussprache aufgerufen und sofort abgestimmt. Nach Tagesordnungspunkt 51 wird Tagesordnungspunkt 40, ein Antrag zum Thema, ohne Aussprache aufgerufen und sofort abgestimmt.Nach der Aktuellen Stunde kommen wir zu Tagesordnungspunkt 37.

Entschuldigt fehlt heute Herr Staatsminister Volker Hoff.

(Heiterkeit – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da sitzt er doch!)

Das ist offensichtlich eine Kopie von ihm, denn hier steht: „Entschuldigt fehlt: Herr Staatsminister Volker Hoff“.

(Große Heiterkeit)

Er hat gesagt, er bleibt noch ein bisschen da. Wenn er dann geht, ist er entschuldigt.

Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 49, 44 und 69 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Blockadehaltung der Kultusbürokratie gegen Selbstverantwortung plus beenden) – Drucks. 16/6633 –

Antrag der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP betreffend verlässliche Rahmenbedingungen für das Modellprojekt „Selbstverantwortung plus“ schaffen – Drucks. 16/6565 –

Dringlicher Antrag der Fraktion der CDU betreffend verlässliche Rahmenbedingungen für das Modellprojekt „Selbstverantwortung plus“ schaffen – Drucks. 16/6697 –

Redezeit: fünf Minuten je Fraktion. Es beginnt Frau Kollegin Henzler für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben diese Aktuelle Stunde beantragt und einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen der SPD, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingereicht, weil ein großes Projekt in diesem Land, das von allen Fraktionen in diesem Hause gewünscht und auch angestoßen wurde, zu scheitern droht.

Die Schulpolitiker reden immer von Eigenverantwortung von Schule, sehen das als großes Ziel an. Die Kultusministerin hat sogar eine Kampagne zu diesem Thema durchgeführt. Das heißt, wir reden zwar immer darüber, aber es wurde im Grunde nicht genügend gehandelt.

(Beifall bei der FDP)

Ein einziges Mal kam es zu einer Ausnahme. Im August 2003 wurde in diesem Hause ein einstimmiger Beschluss aller vier Fraktionen mit dem Ziel gefasst, zehn berufliche Schulen Selbstverantwortung, Selbstständigkeit erproben zu lassen. Das wurde den Schulen angeboten, und es haben sich 17 berufliche Schulen für den Versuch „Selbstverantwortung plus“ beworben. Das ist eine große, eine stolze Leistung, denn die Schulen mussten das in ihren Gesamtkonferenzen beschließen lassen. Es gab Schulen, die das einstimmig beschlossen und gesagt haben:Wir machen uns auf diesen wichtigen Weg.

Die Schulen haben Arbeitskreise gebildet und sechs Handlungsfelder erarbeitet, die in diesen Versuch einfließen sollten: Qualitätsentwicklung, Qualitätssicherung, Organisationsstruktur der jeweiligen Schule – eine selbstständige Schule muss eine andere Organisationsstruktur haben als eine Schule, die von oben geführt und gesteuert wird, die Schulleitung hat eine ganz andere Stellung –, Personalgewinnung – eine selbstständige Schule muss ihr Personal selber rekrutieren können, denn es sind besondere Lehrer, die an solchen Schulen tätig werden.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie um etwas mehr Aufmerksamkeit. Seien Sie am letzten Plenartag bitte so höflich. Frau Henzler hat das Wort.

Es geht außerdem um die Finanzen. Eigenverantwortliche Schulen brauchen ein eigenes Budget, in dem Mittel des Schulträgers und Mittel des Kultusministeriums zusammenfließen. Außerdem wollen diese Schulen regionale Bildungsnetzwerke bilden. Das heißt, die beruflichen Schulen wollen ihre Ressourcen besser einsetzen können und sich auch nach außen hin öffnen, um möglichst viele Menschen in ihren Räumen unterrichten und weiterbilden zu können.

Ziel und Inhalt des Ganzen war die Verbesserung der Qualität von Schule.Alle Schulen waren mit Begeisterung dabei. Das war für sie viel, viel Arbeit. Sie haben sich neue Strukturen gegeben, und sie haben von Grund auf ein Konzept erarbeitet, wie es aussehen kann, wenn sie in die Selbstständigkeit gehen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Schulen haben Schulverfassungen erarbeitet, in denen z. B. die Leitungsstruktur festgelegt werden sollte. Sie haben Kooperationsverträge zwischen Schule und Schulträger erarbeitet, um Mittel zu budgetieren und den Schulen zur Verfügung zu stellen. Interessanterweise kam vonseiten der Schulträger überwiegend Unterstützung. Sie haben sehr, sehr aktiv daran mitgearbeitet. Alles war auf einem guten Weg. Es gab Unterstützung von der Politik, von den Fraktionen und auch von der Hausspitze des Kultusministeriums.

Bei der Umsetzung war aber ständig Sand im Getriebe. Zweierlei lief schlicht und ergreifend schief. Die Kultusbürokratie kam nicht damit zurecht, dass es plötzlich Schulen gab, die in die Selbstständigkeit entlassen werden und Freiheiten bekommen sollten.Wenn Schulen die Frei

heit bekommen, über Geld und Personal selber zu entscheiden, dann müssen andere Leute Aufgaben abgeben und diese Freiheiten gewähren.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das heißt, diese Schulen mussten aus der Verfügungsmasse der Staatlichen Schulämter herausgelöst werden. Sie standen nicht mehr zur Verfügung, wenn sich anderswo Lücken auftaten. Auf das Personal und die Mittel selbstständiger Schulen konnte nicht mehr zurückgegriffen werden. Das haben manche Schulämter akzeptiert, andere haben es nicht akzeptiert.

Das zweite Problem war, endlich zu definieren, wohin die Reise eigentlich gehen sollte, das heißt, welche Rechtsstellung eine selbstständige Schule am Ende dieses Weges eigentlich haben sollte. Zwei Jahre hat es gedauert, die Fragen zusammenzutragen, die zu klären waren, um ein Rechtsgutachten in Auftrag zu geben, das die zukünftige Rechtsstellung formulieren sollte. Zwei Jahre hat man also gebraucht,um überhaupt die Fragen aufzuwerfen,die geklärt werden müssen, um Festlegungen über die Rechtsstellung zu treffen. Das Bundesland SchleswigHolstein war da deutlich schneller. Dort liegt bereits ein Gesetzentwurf vor. Er wird auch beschlossen werden. In Schleswig-Holstein ist die Rechtsstellung der selbstständigen Schulen klar.

Die Probleme wurden in der Zwischenzeit immer deutlicher. Die Schulleiter haben sich an die Fraktionen gewandt, und die Obleute der Fraktionen haben ihnen Unterstützung zugesagt. Noch im letzten Gespräch hat der Kollege Irmer gesagt: „Das kann ja wohl nicht wahr sein. Wenn der politische Wille da ist, dann muss er auch umgesetzt werden. Es muss einen Ukas vom Kultusministerium geben, damit die Staatlichen Schulämter endlich handeln.“

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Henzler, seien Sie bitte so lieb.

Wir haben vereinbart, dass es dazu einen Antrag aller Fraktionen geben wird. Die FDP hat Vorarbeit geleistet. Wir haben den Antrag mit allen Fraktionen abgestimmt. Leider war die CDU-Fraktion in der letzten Woche nicht in der Lage, diesen Antrag zu unterschreiben. Sie war nicht entscheidungsfähig. Deshalb gibt es jetzt zwei Anträge, einen Antrag von drei Fraktionen und einen Antrag der CDU-Fraktion. Ich hoffe trotzdem, dass wir uns auf einen Antrag einigen können. Die Zielrichtung unseres Handelns sollte gleich sein. Das sollten wir noch einmal klar zum Ausdruck bringen – und zwar heute, noch in diesem Jahr.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Hugo Klein, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die FDP-Fraktion in Person von Frau Kollegin Henzler konstruiert heute Vormittag eine gekünstelte Aktuelle Stunde.

(Zurufe von der FDP)

Der vorgetragene pauschale Vorwurf, die Kultusbürokratie nehme eine Blockadehaltung gegen das Modellprojekt „Selbstverantwortung plus“ ein, ist eine in dieser Form unbegründete und nicht nachvollziehbare Unterstellung, die ich im Namen der CDU-Fraktion ausdrücklich zurückweise.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Frau Kollegin Henzler, Ihre Aussage, das Projekt drohe zu scheitern, ist abenteuerlich.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Vor sechs Jahren haben Sie von der CDU das genauso gesagt!)

Seit Beginn des Modellprojekts, das seinerzeit von allen vier im Landtag vertretenen Fraktionen gemeinsam beschlossen wurde, haben wir uns im Kulturpolitischen Ausschuss immer wieder mit der Fort- und Weiterentwicklung der Projektinhalte beschäftigt. Selbstverständlich haben wir im Rahmen der zahlreichen Gespräche auch erkannt, dass es den einen oder anderen Stolperstein auf dem Weg zu mehr Selbstverantwortung und Eigenverantwortung im Rahmen des Modellprojekts gibt. Allein schon die Komplexität der Inhalte der verschiedenen Handlungsfelder und die damit verbundene rechtliche Würdigung hat uns die eine oder andere Schwierigkeit bei der gewünschten zeitnahen Umsetzung aufgezeigt.

Solche Stolpersteine und Probleme aufzuzeigen ist aber gerade der Sinn einer modellhaften Erprobung. Natürlich ist da Sand im Getriebe, denn es handelt sich ja um ein Modell, das erst erprobt werden soll.

Vonseiten des Kultusministeriums wurde in allen Gesprächen immer wieder betont, dass die zeitnahe und erfolgreiche Umsetzung des Modellprojekts unterstützt und gefördert wird. Ich erinnere hier nur an den umfassenden Bericht der Frau Ministerin zu den Meilensteinen des Modellprojekts „Selbstverantwortung plus“. Frau Kollegin, wenn Sie jetzt von einer „Blockadehaltung der Kultusbürokratie gegen das Modellprojekt“ sprechen, ist das nicht nachvollziehbar und trifft auch bei den beteiligten Modellschulen auf wenig Verständnis.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Diese haben in der Zwischenzeit bereits große Fortschritte auf dem Weg zu mehr Selbstständigkeit und Eigenverantwortung gemacht und eine hervorragende Arbeit zur Schaffung ihres Schulprofils geleistet.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Warum hat das zwei Jahre gedauert?)

Im Namen der CDU-Fraktion bedanke ich mich sehr herzlich bei den beteiligten Schulen für diese großartige Leistung.

(Beifall bei der CDU)

Was mich persönlich sehr ärgert, ist die Tatsache, dass auf Betreiben der Kollegin Henzler die bisherige unangetastete, gemeinsame Allianz aller vier Fraktionen bei dem Modellprojekt grundlos und ohne Notwendigkeit zerstört worden ist.

(Widerspruch bei der FDP)