Elisabeth Charlotte Motschmann
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Last Statements
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie beurteilt der Senat die vom rheinlandpfälzischen Bildungsministerium herausgegebene Handlungsempfehlung „Muslimische Kinder und Jugendliche in der Schule“?
Zweitens: Wie bewertet der Senat die darin enthaltenen Empfehlungen im Hinblick auf den Schulalltag: Fördern sie die Integration, oder sind sie hinderlich?
Drittens: Welche Position vertritt der Senat im Hinblick auf eine Ausrichtung der Unterrichtsgestaltung, die die Grundprinzipien der Koedukation und des gemeinsamen Lernens im Klassenverband aushebelt?
Herr Staatsrat, sind Sie mit mir der Meinung, dass es schwierig ist, wenn während des Ramadans keine Klassenarbeiten geschrieben werden sollen und man praktisch den Schulalltag an diese Riten der Muslime anpasst?
Herr Staatsrat, ist Ihnen ein Fall in der Bundesrepublik bekannt, bei dem man sich entsprechend an christliche Feiertage, Fastenzeiten oder Riten anpasst?
Sind Sie mit mir der Meinung, Herr Staatsrat, dass die notwendige Integration, die wir alle wollen, egal, welcher Fraktion oder Partei wir angehören, nicht so aussehen kann, dass es eine einseitige Anpassung an andere Religionen gibt und darüber dann die christlichen in den Hintergrund geraten?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch die CDU-Fraktion, Frau Dr. Sommer, bedankt sich für Ihren Bericht! Sie sind eine engagierte Datenschützerin, und das begrüßen wir. Aber Sie müssen auch begrüßen, dass wir Sie kritisch begleiten, und deshalb sage ich zunächst einmal: Ihre Kritik an der Bundesregierung weise ich erst einmal zurück.
Herr Hamann, wir befinden uns hier nicht im Deutschen Bundestag, dort sollten wir die Themen behandelt wissen, die Sie angesprochen haben. Wir sind in Bremen in der Bremischen Bürgerschaft und wollen uns mit dem Bericht von Frau Dr. Sommer beschäftigen.
Datenschutz wird öffentlich zunehmend ein Thema in den Medien, wir können es jeden Tag lesen, wir erleben es. Es gibt unglaublichen Missbrauch, ganz klar, und deshalb ist es auch wichtig, dass wir das Bewusstsein dafür schärfen. Soweit sind wir uns völlig einig. Wir müssen die aktuellen Entwicklungen beobachten, immer auch reagieren und dann entsprechend das Gesetz anpassen. Da würde ich Ihnen auch recht geben, dass man an der Stelle schon schauen muss, wie die aktuelle Lage ist.
Ich will mich auf zwei Punkte dieses Berichts beschränken. Das ist einmal die künstliche DNA. Es wird Sie nicht erstaunen, Frau Dr. Sommer, dass die CDU-Fraktion Ihre Bedenken nicht teilt. Datenschutz
kann – und ich werde nicht müde, das zu sagen – kein Täterschutz sein.
Diese DNA-Sprühanlagen sind ja dazu da, Täter zu finden oder zu überführen. Wenn wir den Datenschutz überdrehen – das will ich hier ganz klar sagen –, dann kann man dadurch auch das Datenschutzbewusstsein der Menschen schwächen, weil sie dann des Guten zuviel tun.
Ja, in dem Augenblick, wo Sie Täterschutz mit Datenschutz betreiben, werden Sie Reaktionen der Menschen finden, die dann sagen, wozu brauchen wir das, und genau das wollen wir alle nicht! Insofern sage ich noch einmal: DNA-Sprühanlagen finden nun nicht nur unsere Kritik, sondern genauso wie die SPD-Fraktion und auch unser Innensenator halten wir das für ein legitimes Mittel, um hier des Täters habhaft zu werden. Das ist Punkt eins!
Punkt zwei: Stopp der Jugendgewalt! Das Projekt halte ich für gut, aber das, was Sie hier machen, Frau Dr. Sommer, führt dazu, dass diese Konferenzen gar nicht mehr stattfinden, weil die Betroffenen nicht zustimmen, und es ist auch nachvollziehbar, dass die Betroffenen nicht zustimmen. Nun weiß ich auch, dass man mit solchen Daten von ganz jungen Menschen sorgsam umgehen muss, aber auch hier gilt, dass wir deshalb nicht die Arbeit der Polizei erschweren dürfen, dass wir dadurch mit kriminellen Jugendlichen – wir haben ja leider viele davon, leider! – nicht angemessen umgehen können. Deshalb ist Datenschutz, und das will ich hier nur sagen, aus unserer Sicht immer auch eine Abwägungssache. Ein Zuviel ist falsch und ein Zuwenig natürlich auch. Diese Aufgabe haben Sie als Landesdatenschützerin, dass Sie diese Gratwanderung mit uns gehen, wir sind da ja an Ihrer Seite. Wir sind uns in den meisten Fällen auch völlig einig, das muss man dann auch sagen, aber ich will zu diesen beiden Beispielen nur sagen, da sind wir uns nicht einig. Hier bei „Stopp der Jugendgewalt“ haben Sie des Guten zu viel getan. Was da jetzt an Hürden aufgebaut worden sind und an Zustimmung der Betroffenen, das ist aus unserer Sicht falsch. Abschließend vielleicht noch, Datenschutz ins Grundgesetz, darüber kann man nun trefflich streiten! Was sollen wir eigentlich noch alles ins Grundgesetz aufnehmen?
Wenn wir zu viel aufnehmen, ist das Grundgesetz nicht mehr das wert, was es jetzt noch wert ist. Deshalb finde ich, dass wir diese Diskussion vielleicht an anderer Stelle in Ruhe führen sollten, aber so auf Anhieb denke ich nicht, dass dieses Thema nun auch noch ins Grundgesetz muss. So viel zu dem Thema, aber noch einmal herzlichen Dank, und wir diskutieren weiter!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, heute habe ich alle besonders schönen Themen. Jetzt geht es um das Informationsfreiheitsgesetz. Ich fange einmal so an: Die Umbenennung halten wir als CDU-Fraktion ehrlich gesagt für ziemlichen Unsinn!
Informationszugangsgesetz und Informationsfreiheitsgesetz sind zwei Wortungetüme, und es wird nicht besser, wenn man ein Wortungetüm durch ein anderes Wortungetüm auswechselt. Das ist Punkt eins, aber das ist ein harmloser Teil.
Im Prinzip und grundsätzlich ist die CDU-Fraktion immer an Ihrer Seite, Frau Senatorin, was das Informationsfreiheitsgesetz anbelangt. Wir unterstützen das, halten das auch für richtig, haben das auch positiv begleitet. Dennoch werden wir uns heute enthalten, denn die Gesetzesänderung, die Sie uns vorschlagen, ist eine Verschlimmbesserung aus unserer Sicht. Dadurch wird ein an sich gutes Gesetz aus unserer Sicht nicht besser, und das will ich auch begründen. Das betrifft im Wesentlichen den Paragrafen 6.
Übrigens wäre es ganz schön, wenn Sie uns Gesetzesänderungsanträge nicht am gleichen Tag zuleiten, sondern vielleicht ein paar Tage eher – das nur als gutgemeinte Anregung an die Kollegen der Koalition von SPD und Grünen –, sodass Sie uns als Opposition dann auch eine faire Chance geben, in Ruhe über Ihre Gesetzesänderungsanträge nachzudenken. Wir können das jetzt aber auch so machen. In Paragraf 6, Frau Dr. Sommer, hätte ich mir von der Landesdatenschutzbeauftragten einen größeren Schutz der schutzwürdigen Belange der Betroffenen gewünscht. Da machen Sie nun etwas, was ich gar nicht verstehen kann, denn da geht es
jetzt um das Informationsinteresse, und da sagen Sie, das Informationsinteresse der antragstellenden Person ist Ihnen wichtiger als die schutzwürdigen Belange. Das betrifft – –.
Ja, das muss abgewogen werden, richtig! Im Zweifelsfall überwiegt aber das Informationsinteresse. Da sage ich einmal, wenn es um Betriebsgeheimnisse und auch wenn es um die Verträge der Daseinsvorsorge geht, halten wir das für problematisch, weil dadurch auch eine Wettbewerbsverschlechterung in Bremen gegenüber anderen Kommunen und anderen Bundesländern eintritt. Sie haben das jetzt aus Berlin abgeschrieben oder übernommen, wie auch immer, das ist legitim. Ich halte das aber für problematisch, ein Geschäftsgeheimnis von Betrieben, die Verträge mit der öffentlichen Hand machen, einfach so, wenn das Informationsinteresse überwiegt, offenzulegen. In der Abwägung würden wir da als CDU-Fraktion anders entscheiden. Deshalb werden wir uns enthalten.
Was ich ein bisschen schade finde, weil grundsätzlich die Möglichkeit bestanden hätte, dass wir dieses Gesetz oder eine Gesetzesänderung gemeinsam gemacht hätten, wenn wir sie dann sorgfältig miteinander abgestimmt hätten. Das Informationsfreiheitsgesetz wäre solch ein Thema gewesen, bei dem wir uns jetzt nicht auseinanderdividieren müssen.
Ich tröste mich jetzt etwas damit, dass sehr wenige Menschen bisher von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht haben. So hoffe ich, dass möglichst wenige Geschäftsgeheimnisse offengelegt werden müssen, weil das Gesetz noch nicht so bekannt ist. Das ist aber eigentlich auch widersinnig, weil wir das Gesetz eigentlich bekannt machen müssen und nicht als geheimes Gesetz in der Schublade haben sollten. Bisher haben dieses Gesetz, diese Informationsfreiheitsmöglichkeit, so wenige genutzt, dass man sich manchmal fragt – –. Der Bürger, der von uns so vieles erwartet, der Offenlegung, der Beteiligung, des Mitnehmens, dann bietet man ihm das an, und dann ist es auch wieder nicht richtig. Also gut, machen Sie Ihr Gesetz bekannt! Im Grundsatz teilen und unterstützen wir die Informationsfreiheit, in diesem Paragrafen 6 allerdings nicht, und deshalb die Enthaltung der CDU-Fraktion. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es war die Idee der CDUFraktion zur Zeit der Großen Koalition, die Jugend Kunst Stiftung ins Leben zu rufen. Eine supertolle Idee!
Ziel der Stiftung war und ist es, den künstlerischen Nachwuchs zu fördern, junge künstlerische Talente in allen Disziplinen zu entdecken und auf ihrem Weg zu unterstützen. Auch Projekte oder Initiativen können gefördert werden. Der Stiftung geht es also darum, die künstlerische Kreativität, Fantasie und individuelle Begabung junger Menschen besonders zu fördern. Das ist angesichts der eben besprochenen Probleme wahrhaftig ein gutes Ziel. Mit den Erträgen der Stiftung soll dieser Stiftungszweck finanziert werden, um nachhaltig – ich betone nachhaltig – für Kinder und Jugendliche etwas zu tun. Bisher ist das auch geschehen. Viele Förderungen konnten seit dem Jahr 2003 im Bereich Musik, Tanz und bildender Kunst in allen künstlerischen Disziplinen realisiert werden. Sponsoren haben sich zusätzlich engagiert. Allerdings – auch das ist eben erwähnt worden – gab es leider keine Zustiftungen. Dennoch, der Stiftungszweck wurde erfüllt, und ich möchte allen, die daran mitgewirkt haben, herzlich danken.
Das wird nun anders. Aus einer Ertragsstiftung soll eine Verbrauchsstiftung werden. Das Rezept ist einfach. Man nehme Kinder- und Jugendprojekte aus dem ordentlichen Haushalt heraus und finanziere sie mit Stiftungsgeldern, jährlich bis zu 400 000 Euro. Dadurch entstehen Freiräume im Haushalt, die zum Stopfen von Haushaltslöchern verwendet werden, ABM-Stellen und anderes. Diesen Verschiebebahnhof macht die CDU nicht mit.
Die Abstimmung hier im Parlament über die Gesetzesänderung ist übrigens eine Farce, das Geld wurde in der letzten Sitzung der Kulturdeputation, wenn auch vorbehaltlich der Zustimmung im Parlament, verteilt. Die Koalition muss also zustimmen, die CDU wird nicht zustimmen.
Die negativen Folgen liegen auf der Hand. In absehbarer Zeit werden die Stiftungsgelder verbraucht sein und damit der gute Stiftungszweck erloschen. Das ist unverantwortlich, Herr Bürgermeister! Die För
derung von Kindern und Jugendlichen durch Bildung, in diesem Fall durch kulturelle Bildung, ist das Gebot der Stunde, wir haben es ja eben gehört. Manchmal denke ich, für Sozialdemokraten und Grüne sind das Lippenbekenntnisse. Ihre Vorwürfe gegenüber der Bundesregierung sind doch hohl im Hinblick auf das geplante Bildungspaket, wenn Sie sich umdrehen und im gleichen Augenblick de facto dieser Stiftung Geld für Kinder und Jugendliche wegnehmen. Das ist die Wahrheit!
Abschließend möchte ich auf das immer wiederkehrende Argument eingehen, man folge hier lediglich den Empfehlungen des Rechnungshofs. Der Rechnungshof ist ohne Frage eine wichtige Institution. Aber politische Entscheidungen und Abwägungen kann er uns nicht abnehmen. Im Übrigen ist mir bisher nicht aufgefallen und schon gar nicht gestern bei den Haushaltsberatungen, dass die rot-grüne Landesregierung stets eins zu eins umsetzen würde, was der Rechnungshof empfiehlt. Das fällt Ihnen ausgerechnet bei einer Stiftung ein, die Kindern und Jugendlichen zugutekommen soll. Das, meine Damen und Herren von Rot-Grün, finde ich, ist ein Armutszeugnis.
Hier wird einmal mehr der Ausverkauf kultureller Werte beschlossen, und daran wird sich die CDUFraktion jedenfalls nicht beteiligen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe eine Nachfrage, und zwar sagte Frau Krusche, diese Stiftung würde noch zehn Jahre reichen. Bei 400 000 Euro Verbrauch im Jahr hieße das, dass die Stiftung vier Millionen Euro hätte. Das hat sie aber nach meiner Kenntnis nie gehabt. Insofern ist der Verbrauch dieser Stiftung sehr viel schneller, und wir bleiben auch dabei: Wenn man Haushaltsprojekte in die Stiftung schiebt und dafür in den Haushalt andere Dinge aufnimmt, dann ist das ein Weniger für Kinder und Jugendliche. interjection: (Beifall bei der CDU)
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meine Rede mit einem Dank beginnen, das wird Sie jetzt erstaunen. Ich möchte mich bei allen Schulen in Bremen und Bremerhaven bedanken, in denen noch Religionsunterricht erteilt wird.
Immerhin ein Viertel der Schulen der beiden Stadtgemeinden gibt an, den Unterricht in Biblischer Geschichte in der Sekundarstufe I vollständig zu erteilen. Ich finde, darüber darf man sich jetzt erst einmal freuen. Ein weiteres Viertel erteilt das Fach reduziert bei Nichterteilung in der siebten oder zehnten Jahrgangsstufe, auch damit kann man noch leben, denn das sind die Klassen, in denen viele Kinder oder einige von ihnen Konfirmandenunterricht haben. Ein Viertel der Schulen der Sekundarstufe I in Bremen und die
Hälfte der Schulen in Bremerhaven aber erteilen keinen Unterricht in Biblischer Geschichte. Das ist eine Bankrotterklärung im Hinblick auf diesen Unterricht.
Schlimm ist auch, dass 90 Prozent der Lehrkräfte, die diesen Unterricht erteilen, fachfremd sind, das heißt, das Fach nicht studiert haben. Ich möchte einmal sehen, was hier los wäre, wenn Handarbeitslehrer Mathematikunterricht geben, wenn Englischlehrer Unterricht in Mathematik oder Physik geben würden oder wenn Sportlehrer Physik lehrten. Dann herrschte hier der Aufstand. Das geht eigentlich nicht.
Wir kommen noch auf die Gründe. Übrigens, die Senatorin ist nicht da, das bedauere ich!
Ich hoffe, dass sie trotzdem auch noch Interesse an dem Unterricht hat.
Zugewiesene Religionsstunden werden für andere Fächer genutzt, auch das ist nicht in Ordnung. Das bedeutet, dass immer mehr Kinder ohne Kenntnisse oder mit mangelhaften Kenntnissen im Fach Religion aufwachsen. Das ist inzwischen fast eine ganze Generation. Solange ich in Bremen lebe, seit 1987, kämpft die CDU immer wieder erneut dafür, dass der Religionsunterricht oder Biblischer Geschichtsunterricht erteilt wird, und leider ist die Bilanz immer noch so negativ.
Die Nichterteilung des Religionsunterrichts führt zu Wissens- und zu Bildungslücken in erheblichem Ausmaß. Zum Verständnis unseres Sozialsystems, unseres Wertesystems, unseres Rechtssystems, unserer Kultur und Geschichte, unserer Kunst und Musik gehört zwingend, dass man Kenntnisse der eigenen Religion hat, auf der diese ganzen Felder unseres Lebens ruhen. Demnächst werden wir hier auch Abgeordnete haben, die gar nicht mehr verstehen, wenn man vom christlichen Menschenbild spricht, wenn man von christlichen Werten redet, warum wir als CDU es wichtig finden, das C im Namen unserer Partei zu haben.
Weil sie gar nicht mehr wissen, worauf eigentlich dieses C basiert!
Die Wissenslücken sind das eine, das belastet manche vielleicht nicht mehr. Mich belastet es schon, wenn man Kinder diese Bildungslücken haben lässt. Was aber vielleicht auch in der jetzigen Situation besonders
schlimm ist, ist, dass diejenigen, die nichts von ihrer eigenen Religion wissen, zum Dialog mit anderen Religionen nicht befähigt sind.
Wie wollen sie denn den Brückenschlag zum Islam oder zu anderen Religionen machen, wenn sie gar nicht mehr wissen, was eigentlich ihr eigener Standpunkt ist? Wie soll das denn gehen? Wenn sie im Dunkeln tappen, warum eigentlich wir zu bestimmten Werten stehen und nicht wollen, dass andere Werte oder die Scharia in unserem Land die Oberhand bekommen, wie wollen sie diese Diskussion führen? Zum Dialog gehören zwei, und Dialog heißt, dass man eben von einem eigenen Standpunkt her diese Diskussion führt. Dazu sind viele Schülerinnen und Schüler, jedenfalls diejenigen, die keinen Religionsunterricht haben, nicht mehr fähig.
Herr Othmer, der Staatsrat, wird mir nun erklären, man kann Lehrer nicht zwingen, diesen Unterricht zu geben. In anderen Bundesländern ist es dann eben besser geregelt. Da geht es, da kann man mit Pastoren arbeiten, das geht in Bremen wegen der Verfassung nicht. Das sehe ich ein, aber dann qualifiziert sie doch nach! Es ist doch besser, der Unterricht wird erteilt, als dass er gar nicht stattfindet. Also muss man doch nach Wegen suchen, was geht.
Seit 30 Jahren erklärt man uns immer nur, was nicht geht. Ich denke, es wird Zeit, dass wir überlegen, wie es denn gehen kann und nicht weitere Arbeitsgruppen bilden, die dann auch zu keinen Ergebnissen führen. Übrigens wurde hier eben die soziale Kälte beklagt. Ich beklage sie auch, aber je mehr das Christentum aus unserem Land schwindet, umso kälter wird es auch sozial in diesem Land.
Abschließend sage ich ganz klar: Die Situation des Religionsunterrichts in Bremen und Bremerhaven ist schlecht für die Schulen, für Bremen und Bremerhaven, für die Bildung unserer Kinder, für den Dialog der Religionen, und vor allem ist diese Situation schlecht für unsere Kinder. Das ist das Schlimmste. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte die Debatte doch noch weiterführen! Ich habe von 1975 bis 1981 an einem Gymnasium in Schleswig-Holstein Religion unterrichtet.
Ihnen, Frau Stahmann, möchte ich sagen: Selbstverständlich gab es in diesem Religionsunterricht immer Teile, die sich mit anderen Religionen beschäftigt haben. So wird er übrigens auch in anderen Bundesländern erteilt. Es ist doch nicht so, dass da bekenntnismäßiger Unterricht erteilt wird, sondern es gibt kon
fessionellen Unterricht in den südlichen Bundesländern. Ich finde es übrigens besser, wenn er Religionsunterricht heißt, weil dann selbstverständlich ist, dass man auch über andere Religionen spricht.
Ich denke, wir müssen neu über diesen Unterricht nachdenken. Da gebe ich sogar Herrn Dr. Buhlert recht, obwohl er mir manches unterstellt hat, was nicht stimmt.
Es ist nicht so, dass es in Bremen oder Bremerhaven keine Nachfrage gibt, aber in Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein ist die Nachfrage eine andere, das kann mir dann auch keiner erklären, sondern man muss Interesse wecken – das ist auch die Aufgabe der Schule, da wird mir jeder Kollege hier recht geben –, und man muss Angebote machen. Darüber, wie dieses Angebot aussieht, sollten wir reden. Ich bin nun nicht in der Bildungsdeputation, aber darüber sollten wir reden. Ich könnte mich schwer auf einen Unterricht, wo alle Religionen gleichwertig nebeneinander stehen, verständigen, ich kann mich aber gut – und da könnte ich morgen wieder anfangen zu unterrichten – auf einen Unterricht verständigen, der klar vom Christlichen ausgeht und dann auch über andere Religionen spricht.
Wir müssen ganz sicher auch der Frage nachgehen, ob man nicht doch diejenigen, die dafür qualifiziert ausgebildet sind – und das sind die Pfarrer –, einsetzen kann, meinetwegen mit Nachqualifikation. Warum sollen sie denn nicht unterrichten? Man kann sie doch verpflichten, das auf allgemein-christlicher Grundlage zu tun. Dafür sind sie ausgebildet, sie haben das Studium absolviert, das übrigens nicht eines der leichtesten ist, das man einmal so eben von anderen mit machen lassen kann. Herr Güngör, es liegen insofern schon Vorschläge auf dem Tisch. Es ist folglich nicht so, dass wir hier nicht auch Vorschläge machen, aber sich immer nur an Strukturen zu klammern, die sich nicht bewährt haben, halte ich für falsch.
Deshalb fände ich es gut, wenn wir endlich zu einem Neuanfang kämen, der zu einer besseren Situation an den Schulen führt. Das Ziel muss sein, dass möglichst viele Kinder in diesem Fach unterrichtet werden. Wir reden von Bildung, und wir können nicht auf einmal einen Bildungsverzicht und Wissenslücken bei den Schülern als Normalität hinnehmen, das halte ich für falsch. Ich glaube auch, dass wir uns zumindest in dem Punkt einig sein sollten. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU hat dieses Gesetz von Anfang an positiv begleitet, das bleibt auch so.
Doch, Herr Strohmann hat sich da immer sehr engagiert eingesetzt, das soll auch so bleiben!
Herr Strohmann ist doch die CDU, oder nicht?
Wir unterstützen auch, dass dieses Gesetz um fünf Jahre verlängert wird. Wir hätten es allerdings begrüßt, wenn die Ankündigung, dass es vor der Sommerpause ein Änderungsgesetz gibt, auch in die Tat umgesetzt worden wäre. Dies ist nicht geschehen. Gut! Wir diskutieren weiter, das ist kein wichtiger Punkt. Trotzdem finde ich es aber immer ganz schön, dass, wenn ein Senat etwas ankündigt, er dies dann auch wahr macht. Die Annahme des Gesetzes, das ist hier gesagt worden, lässt sehr zu wünschen übrig. Das ist richtig und auch bedauerlich. Daran muss sich etwas ändern. Dreizehn Prozent sind natürlich eine sehr geringe Kenntnis von dieser Möglichkeit. Ob man, Frau Senatorin, nun zielgruppenorientierte Kampagnen für dieses Gesetz starten sollte, daran zweifeln wir etwas, wir sind nämlich ein Haushaltsnotlageland. Ich glaube, es gibt wichtigere Themen als dieses Thema, um zielgruppenorientierte Kampagnen zu starten. Was allerdings geschehen könnte, und daran ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
können wir uns alle hier im Parlament beteiligen, ist, dass wir dieses Gesetz durch Mund-zu-MundPropaganda weiter bekannt machen, damit immer mehr Bürgerinnen und Bürger von dieser Informationsmöglichkeit erfahren, die ich übrigens auch positiv finde, nicht nur Herr Strohmann.
Ich finde das übrigens auch für die Seite der Verwaltung hilfreich, weil es natürlich ein Unterschied ist, ob man etwas macht und niemand kann von außen hineinschauen oder ob man etwas macht, und man weiß, dass die Bürger das Recht haben hineinzusehen. So glaube ich, dass das im Wechselverhältnis schon ein positives Ergebnis hat. Wir haben auch selbst noch einige Detailverbesserungen, die können wir im Medienausschuss dann besprechen, was den Geltungsbereich anbelangt, was die Aufgabenbeschreibung im Gesetz anbelangt. Auch da könnte man noch nachlegen. Das können wir aber dann dort machen.
Frau Senatorin, ob die Namensänderung dem Gesetz wirklich weiterhilft, möchte ich einmal dahingestellt sein lassen. Ich bin kein großer Freund von Namensänderungen. Bei der Stadthalle, finde ich, ist es nicht besonders erfolgreich gelungen. Warum soll es bei diesem Gesetz besser sein? Den Namen Informationsfreiheitsgesetz finde ich eigentlich besser als Informationszugangsgesetz, aber das ist Geschmackssache, und über Geschmack können wir uns auch im Medienausschuss unterhalten, wenn wir die Zeit dafür finden.
Ich denke also: Weitermachen auf diesem Weg! Verlängern des Gesetzes! Dann hoffen wir, dass es besser angenommen wird als bisher. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Wichtigste vorweg: Die CDU-Fraktion stimmt dem Antrag von Rot-Grün zu.
Darin, meine Damen und Herren, unterscheiden wir uns eben von Rot-Grün: Wenn Sie etwas Ordentliches vorlegen, dann stimmen wir zu.
Das ist ein Zeichen von Souveränität. Leider ist es umgekehrt nicht so. Wir haben gestern gute Anträge zur Schuldenbremse in der Landesverfassung und zum Datenschutz im Zusammenhang mit Google vorgelegt. Diese Anträge waren sehr gut, das wissen Sie, Sie stimmen nicht zu, das ist sehr schlecht.
Das Zusammengehörigkeitsgefühl in Europa kann nur dann gelingen, wenn sich die Menschen, in diesem Fall die jungen Menschen, begegnen und in einen intensiven und regen Gedankenaustausch kommen. Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsabkommen können Europa ja nicht gestalten oder bau––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
en, sondern sind notwendige Dienstleistungen. Auch die gemeinsame Währung, der Euro, ist wichtig und sinnvoll. Das Geld ist jedoch nicht das Fundament, auf dem wir Europa bauen. „Geld regiert die Welt“ ist eben immer nur die halbe Wahrheit. Gemeinsame Werte, gemeinsame Traditionen, auch der christliche Glaube und eine wechselhafte gemeinsame Geschichte sind das, was das Fundament von Europa ausmacht. Dies müssen junge Menschen erleben, sehen und erfahren. Das ist wichtig für alle jungen Europäerinnen und Europäer. Um diesen grenzüberschreitenden Dialog zu ermöglichen, müssen wir die Jugendmobilität stärken und fördern, wir müssen Begegnungen organisieren und Vernetzung und Austausch ebenfalls fördern.
Eines aber müssen oder können wir nicht, das will ich hier auch ganz deutlich sagen: Wir können diese Angebote nicht unabhängig von finanziellen Aspekten sicherstellen, gemeint ist ja unabhängig von den finanziellen Voraussetzungen der Eltern. Es wäre schön, wenn wir allen Kindern von Hartz-IV-Empfängern und gering verdienenden Eltern europäische Reisen ermöglichen könnten, nur in einem Haushaltsnotlageland können wir das eben leider nicht. Wir haben die Reisen der Abgeordneten zu Recht gestrichen. Ich befürworte Reisen grundsätzlich sehr und verstehe, dass das jetzt in einer Zeit der knappen Finanzen nicht geht, aber dann muss man auch ehrlicherweise sagen, dass es auch nicht für jeden Jugendlichen möglich sein wird, mithilfe von staatlicher Kofinanzierung oder kompletter Finanzierung durch Europa zu reisen. Ich bin immer für Ehrlichkeit und dafür, dass wir nichts versprechen, was wir nicht halten können.
Ein Punkt, das will ich nur noch sagen, ist ein Allgemeinplatz, der nicht in den Antrag gehört hätte, das ist Punkt e). Da heißt es: „Jugendlichen den Zugang zu europabezogenen Informationen ermöglichen und auch ausbauen“. Das ist auch sprachlich ein bisschen schwierig, aber das lasse ich einmal dahingestellt. Jeder Jugendliche, jedes Mädchen, jeder Junge ist über das Internet in der Lage, wirklich jede Information über Europa zu erfahren, und deshalb sollten wir solche Allgemeinplätze – –. Daran mangelt es nicht! Es mangelt an Geld, um durch Europa zu reisen – das ist richtig, Frau Hiller –, und da sollten wir auch etwas tun, aber an Informationen kann jeder herankommen. Also, wir unterstützen den Antrag, er ist in Ordnung, und ich hoffe, dass wir in einem halben Jahr das Konzept diskutieren und es nicht nur ein Konzept ist, sondern dann auch mit Leben erfüllt wird. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich liebe Vorbemerkungen, und darum mache ich auch jetzt eine, es ist ein Appell an alle Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen: Bitte geben Sie dem Thema Europa mehr Zeit als einmal 5 Minuten!
Es kann doch nicht sein, dass wir das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Leichenwesen länger debattieren als die Strategie „Europa 2020“. Mit Verlaub, das ist Schwachsinn!
Die CDU hat einen eigenen Antrag vorgelegt, und, Herr Dr. Kuhn, dieser Antrag ist von den vorgelegten Anträgen mit Abstand der beste, inhaltsreichste, ausführlichste und von der Position her der klarste. Leider kann ich mich aufgrund der kurzen Zeit nur auf zwei Punkte konzentrieren: Erstens, in dieser Strategie 2020 wird die Steigerung der Forschungsausgaben auf 3 Prozent des Bruttoinlandproduktes, Verringerung der Schulabbrecherquote auf 10 Prozent und Steigerung der Hochschulabschlussquote auf 40 Prozent gefordert. Diese Vorgaben sind übrigens ziemlich konkret, Frau Hiller. Dazu möchte ich sagen, dass die christlich-liberale Koalition,
die ja im Augenblick in Berlin in der Diskussion steht, sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt hat, die Forschungs- und Bildungsausgaben bis 2013 auf 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen. Das sind zusätzlich 12 Milliarden Euro für Investitionen in Bildung und Forschung.
Das, meine Damen und Herren, ist die beste Jugendpolitik. Das ist nämlich auch sehr konkret, und das kommt allen Jugendlichen zugute, allen Jugendlichen, die sich im Bildungssystem unseres Landes befinden, und hier wird nicht gekürzt. Eine klasse Schwerpunktsetzung von FDP und CDU!
Zweitens möchte ich mich auf einen Punkt des Koalitionsantrags konzentrieren, der mich sehr gefreut hat, ich bin heute nett mit der Koalition! Da heißt es in einer Art Selbstverpflichtung zum Punkt der Erhöhung der Beschäftigungsquote, der ja auch in dieser Strategie 2020 enthalten ist, ich zitiere: „Die Bürgerschaft (Landtag) erwartet jedoch, dass die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und die Förderung der sozialen Eingliederung in abgestimmte und gemeinsame Politik umgesetzt wird. Zentral sind dabei gerechte Arbeitsbedingungen, die Gewährleistung Existenz sichernder Entgelte wie der Abbau der Entgeltunterschiede zwischen Männern und Frauen.“ Ja, meine Damen und Herren, das ist ein wichtiger Punkt, und das ist für Bremen ein wichtiger Punkt. Auch das wollen wir hier einmal festhalten, denn der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen in Bremen liegt bei 24 Prozent, und im europäischen Durchschnitt liegt er bei 15 Prozent. Das ist peinlich, und das ist Ergebnis sozialdemokratischer Politik in diesem Lande, auch das wollen wir einmal festhalten!
Übrigens, wenn Sie den Vergleich mit gleich großen Städten in der Bundesrepublik ziehen, dann liegt dort der Lohnunterschied bei 12 Prozent – in Dortmund, einer vergleichbar großen Stadt –, und in Bremen ist er doppelt so hoch und liegt bei 24 Prozent. Das ist ein nicht hinnehmbarer Zustand!
Deshalb finde ich es gut, dass Sie sich dieses Defizit Bremens – und es ist eines – in Ihrem Antrag auf die Hörner nehmen und da etwas tun wollen, und wir werden Sie an den Ergebnissen Ihrer Arbeit messen. Insofern kann ich Ihnen so raten: Handeln Sie, es ist allerhöchste Zeit!
Was die Gewährleistung Existenz sichernder Entgelte betrifft, da kann ich nur sagen, auch die Arbeitslosenquote ist in Bremen ziemlich dramatisch schlecht, und auch da haben Sie Nachholbedarf. Auch da können Sie viel tun, und ich hoffe, Sie tun es auch durch eine vernünftige Wirtschaftspolitik.
Wir liegen im Land Bremen bei 12,1 Prozent Arbeitslosigkeit, im bundesdeutschen Durchschnitt sind es 7,7 Prozent. Auch das ist ein peinliches Ergebnis. Insofern haben wir da in der Tat etwas zu tun, und da wird Europa konkret. Da übersetzen wir es in Handeln auf Ebene des Landes oder der Kommune. Insofern sage ich einmal, Sie fordern immer von uns, dass wir ein sozialeres Gewissen haben. Bei dieser katastrophalen Arbeitslosigkeit und auch dem Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen in Bremen, der schlechter ist als im europäischen und im bundesdeutschen Durchschnitt, kann ich sagen, haben Sie viel Grund, Ihr soziales Gewissen zu schärfen, denn das ist für die Frauen in der Tat kein guter Zustand und schlimm, wenn sie immer noch schlechter bezahlt werden als die Männer.
Also, meine lieben Kollegen von Rot-Grün, wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen!
Sie haben sozialpolitisch viel zu tun. – Danke schön!
Herr Senator, haben Sie nur die Anträge von der FDP, der SPD und den Grünen gelesen, oder ist es Ihre Art, mit der Opposition umzugehen, dass Sie gar nicht auf einen guten Antrag der CDU eingehen?
Keine Zusatzfrage, eine Zusatzbemerkung! Ich bedanke mich dafür, dass Sie dann doch unseren Antrag positiv gewürdigt haben und hoffe auf weitere gute Zusammenarbeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Keine Debatte beschäftigt die Öffentlichkeit in den letzten Wochen mehr als das Thema sexueller Missbrauch an Kindern – zu Recht! Wer sich an Kindern vergreift, bricht ein letztes Tabu.
Darum muss endlich mit dem Verschweigen, Verdrängen und Vertuschen Schluss sein. Wir sind es den Kindern schuldig, dass wir aufklären und handeln. Wir sind es den Kindern schuldig, dass alles getan wird, dass derartige Missbrauchsfälle in der Zukunft nicht weiter geschehen können.
Der sexuelle Missbrauch von Kindern ist ein schweres Verbrechen. Das Vertrauen, das Kinder Erwachsenen entgegenbringen, wird zerstört. Das Zutrauen der Kinder wird missbraucht, ihre Abhängigkeit und Anhänglichkeit sowie ihre Schutzbedürftigkeit werden schamlos ausgenutzt. Wer seinen Erziehungsauftrag missbraucht, indem er sich an Kindern sexuell vergeht, hat seinen Beruf verfehlt und verdient null Toleranz.
Wer sich an Kindern vergangen hat, darf nicht einfach versetzt werden, um an einem anderen Ort andere Kinder wiederum sexuell zu missbrauchen. Hier hat die katholische Kirche schwere Schuld auf sich geladen.
Aber auch Willi Lemke berichtet in seinem Buch, dass er einen Sportlehrer, der zwei Schülerinnen von 13 und 14 Jahren in sein Bett mitnahm, ihnen ein Glas Sekt angeboten und sie nach Aussagen der Mädchen unsittlich berührt hatte, nicht aus dem Schuldienst entlassen, sondern nur an eine andere Schule versetzen konnte. So gestern im „Weser-Kurier“ nachzulesen! Ein bedrückender Gedanke, dass so ein Lehrer in Bremen weiter unterrichten kann!
Dass so viele Fälle in katholischen Einrichtungen sowie einer reformpädagogischen begangen wurden, kann man nur mit Bestürzung zur Kenntnis nehmen. Anspruch und Wirklichkeit klaffen hier krass auseinander und beschädigen das Ansehen der Institutionen erheblich. Trotzdem werden Sie mir abnehmen, dass ich die genannten Institutionen grundsätzlich nicht infrage stellen möchte.
Bernd Ulrich, selbst ehemaliger Schüler des Berliner Canisius-Kollegs schreibt in „Die Zeit“: „Der katholische Missbrauch und der reformpädagogische Missbrauch sind zwei Verkehrtheiten, die sich ineinander spiegeln.“
Warum fordert die CDU-Fraktion die Abschaffung der strafrechtlichen Verjährung? Dafür gibt es zwei
Gründe: Erstens, juristisch sind die Missbrauchsfälle verjährt, die Opfer jedoch leiden ihr Leben lang.
Alle Fälle, die zurzeit bekannt werden, liegen Jahrzehnte zurück, sie sind straf- und zivilrechtlich verjährt. Nicht verjährt sind jedoch die Folgen für die Opfer, sie leiden noch heute, viele Jahre, mitunter Jahrzehnte nach dem Missbrauch, unter schweren psychischen Schäden, unter seelischen Verletzungen. Sie sind nachhaltig traumatisiert, oft ein Leben lang. Die Täter hingegen können nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden, ihre Verbrechen sind verjährt. Wenn dann auch die Kirche noch einen Mantel des Schweigens, Verdrängens und Vertuschens über diese Fälle deckt, bricht für die Opfer noch einmal eine Welt zusammen.
Der zweite Grund für unseren Antrag: Erst nach vielen Jahren können Missbrauchsopfer über ihr Leid sprechen. Alle Missbrauchsfälle, die wir diskutieren, haben eines gemeinsam: Die Opfer konnten erst sehr spät, mitunter Jahrzehnte danach, über das reden, was ihnen widerfahren ist. Das erlebte, erlittene Leid wird weggeschlossen. Wann ein Opfer den Schlüssel in die Hand nimmt, um diese psychische, seelische Verschlusssache vor sich selbst, vor anderen und der Öffentlichkeit zu öffnen, weiß niemand und kann auch niemand wissen, nicht einmal der Betroffene selbst, auch kein Psychologe.
Hier liegt der Grund dafür, warum die derzeitigen Verjährungsfristen realitätsfremd sind. Auch der Vorschlag der bayerischen Justizministerin Merk, eine Verjährungsfrist von 30 Jahren, wäre aus meiner Sicht eine willkürliche Setzung. Natürlich liegt in der Aufhebung der strafrechtlichen Verjährungsfrist allein nicht die Lösung des Problems. Mir ist auch sehr wohl bewusst, warum sich Juristen im Vergleich zu den Verjährungsfristen anderer Straftaten mit der Verlängerung oder Aufhebung der Fristen schwertun, das wird auch gleich die Debatte zeigen, vermutlich jedenfalls. Dennoch, man würde den Opfern die Zeit geben, die viele von ihnen brauchen, bis sie reden können.
Im Übrigen müssen natürlich die Ursachen des Missbrauchs ebenso geklärt werden wie die notwendigen Konsequenzen, denn eines ist doch wohl klar: Nichts wäre schlimmer, als dass die große mediale Aufmerksamkeit, die wir augenblicklich erleben, verebbt, nichts konkret passiert und alles beim Alten bleibt. Dann haben die Betroffenen endgültig und abschließend verloren. Verloren haben aber auch die Kinder, die gegenwärtig und in Zukunft geschützt
werden müssen, und das ist unser Auftrag. Man muss es den Tätern schwermachen – so schwer wie überhaupt möglich –, sich an Kindern sexuell zu vergreifen, aber das, was wir an erster Stelle tun müssen, ist: Wir müssen unsere Kinder schützen.
Die Ursachen können in einer kurzen Parlamentsdebatte nicht ausgelotet werden. Die erste Frage, die sich stellt: Begünstigt große Nähe den Missbrauch? Die Nähe in Klöstern, Schulen, Chören, aber auch in der Familie ist sicherlich ein Problem unter anderen. Die meisten Missbrauchsfälle finden in der Familie statt. Trotzdem wird niemand ernsthaft fordern, die Familie abzuschaffen. Begünstigt zu große Strenge und Autorität den Tabubruch oder zu große Freizügigkeit? Beides wird man schonungslos untersuchen müssen, beide Ursachen sind sicherlich nicht von der Hand zu weisen.
Im Hinblick auf eine sehr freie Sexualmoral räumt Daniel Cohn-Bendit ein, ich zitiere aus „Die Zeit“: „Aber wir haben im Überschwang auch Fehler gemacht, die man korrigieren muss. Wir haben keine klaren Grenzen gezogen.“ Dort, wo die Grenzen zu eng gezogen wurden und werden, in der katholischen Sexualmoral, wünscht man sich ein vergleichbares Eingeständnis von Fehlern und eine erkennbare Korrektur.
Ich kann nur jedem empfehlen, sich den Brief vorzunehmen, den Bischof Bode anlässlich des Missbrauchs geschrieben hat, der uns heute in der Andacht vorgelesen wurde. Er hat es in wünschenswerter Klarheit und, wie ich denke, sehr gut gemacht.
Die katholische Kirche wartet nicht auf Belehrungen von außen; auch ich will dieser Versuchung widerstehen. Man kann nur hoffen, dass die traurigen Missbrauchsfälle, die nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt zutage treten, zu einem intensiven und offenen Diskurs und zu Konsequenzen in der katholischen Kirche führen. Dazu gehört auch, dass die Diskussion über den Zölibat zugelassen und nicht von vornherein unterbunden und abgewürgt wird.
Wer hier allerdings den einzigen Grund für die Missbrauchsfälle sucht, macht es sich zu einfach. Unbestreitbar ist, dass die zölibatäre Lebensform die betroffenen Männer vor enorme Herausforderungen stellt. Unbestreitbar ist jedoch auch, dass die allermeisten Mönche damit klarkommen, ohne sich an Kindern zu vergehen, sagt Bernd Ulrich in „Die Zeit“. Unbestreitbar ist aber auch, dass die Ehe kein Schaden
für das Pfarramt ist, das zeigt sich in der evangelischen Kirche. Die Ehe ist für den Pfarrer in jeder Hinsicht positiv zu bewerten.
Die Ehe für Priester zu verbieten, ist auch deshalb problematisch, weil sie biblisch verankert ist. Warum also kann sich ein katholischer Pfarrer nicht frei entscheiden, ob er zölibatär leben möchte oder sich für die Ehe entscheidet? Im Übrigen war Petrus, auf dessen Stuhl der Papst sitzt, selbst verheiratet.
Abschließend möchte ich kurz die Konsequenzen sagen: Kinder müssen ermutigt werden, Missbrauch in Form von Gewalt oder sexuellem Missbrauch zu melden und darüber zu reden. Kein Missbrauchstäter darf sich in unserem Staat und in unserer Stadt sicher sein, dass er sein Leben lang unerkannt bleibt. Das setzt voraus, dass es nirgendwo, weder in der katholischen noch in der reformpädagogischen Einrichtung noch in unseren Schulen in Bremen Strukturen gibt, die das Verschweigen, das Verheimlichen, das Verdrängen begünstigen. Der runde Tisch von Familienministerin Christina Schröder ist sicherlich hilfreich, um Ursachen aufzuarbeiten.
Abschließend möchte ich betonen, dass die Aufhebung der Verjährungsfrist im Strafrecht den Opfern den zeitlichen Freiraum gibt, den sie brauchen, um sich zu offenbaren. Ein Klima der Offenheit ist in dieser Situation in unserem Land und in unserer Stadt gefragt. Dafür wollen wir uns mit den Initiativen, die wir hier gemeinsam einbringen, einsetzen. Wir stimmen dem Antrag der Koalition zu, aber wir lassen unseren eigenen weitergehenden Antrag zuvor abstimmen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich ganz herzlich bedanken für diese nachdenkliche Debatte, die es wirklich geworden ist, und damit ist ein Sinn dieses Antrags schon einmal erreicht. Ich bin keine Juristin, das weiß auch jeder, das ist vielleicht auch nicht so schlimm,
und schon gar nicht bei dem Thema! Deshalb höre ich natürlich sehr wohl auch die Argumente, die hier von juristischer Seite vorgetragen worden sind, die ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
überhaupt nicht von der Hand zu weisen sind. Ich persönlich bin dennoch zutiefst davon überzeugt, dass zumindest die jetzigen Verjährungsfristen aus den Gründen, die ich benannt habe, hoch problematisch sind.
Eines hat mich ein bisschen gestört, Herr Dr. Möllenstädt, dass Sie unseren Antrag oder die Debatte als unseriös bezeichnet haben.
Es hat auch niemand hier allein der katholischen Kirche, wie Sie es dargestellt haben, die Schuld zugewiesen. Das kann man auch nicht, weil es eben, wie gesagt, in ganz vielen Bereichen und vor allem leider am allerhäufigsten in den Familien geschieht. Deswegen kann man hier nicht einseitige Schuldzuweisungen vornehmen. Das wollten wir nicht, das wollten wir auch mit dem Antrag nicht.
Ich finde einen Gedanken sehr wichtig, Herr Dr. Güldner, den ich noch einmal aufgreifen möchte und der vielleicht auch fast das Allerwichtigste ist, nämlich die Bewusstseinsänderung bei den Opfern, dass sie reden, dass sie sich offenbaren, den Mut finden, über ihr Leiden, über das, was sie erlebt und erlitten haben, zu reden. Wenn so eine Debatte hier in der Bürgerschaft auch dazu beiträgt, denjenigen, die das jetzt vielleicht am Radio hören, diesen Mut zuzurufen, das könnt ihr und das müsst ihr tun, im eigenen Interesse sowie im Interesse anderer, die davon in Zukunft bedroht sein können, dann wäre auch das ein ganz gutes Ergebnis.
Auch das vielleicht noch einmal zum Schluss: Völlig richtig ist, was hier gesagt worden ist, Herr Tittmann, von Bestien zu reden, das geht wirklich nicht!
Ich bin nun wirklich niemand, der hier die Täter in Schutz nehmen will, aber dass sie Hilfe brauchen, das will ich hier auch ganz deutlich sagen.
Es ist selbstverständlich, dass wir vor allem auf die Opfer blicken müssen, weil sie die Betroffenen sind, die etwas erleiden und erdulden müssen, aber die Täter von dem, was sie da tun, abzubringen oder sie vielleicht auch zu therapieren, wenn es denn nötig ist, das ist sicherlich auch ein Sinn dieser Gesamtdiskussion.
Abschließend will ich sagen: Ich denke, dass wir hier sehr facettenreich diskutiert haben, dass wir jetzt die Anträge nacheinander abstimmen und hoffen können, dass das Thema nicht wieder versickert.
Die Medien tun ja Gutes im Augenblick, aber die Gefahr besteht, dass es dann nach einer Weile, wie bei Winnenden, wie bei Glykol, wie bei vielen Themen, die einmal groß diskutiert werden und dann wieder versickern, nicht weiter verfolgt und diskutiert wird. Das ist meine ganz große Sorge, denn hier ist ein Problem, das angepackt werden muss. Wir müssen sehen, dass wir zu veränderten Voraussetzungen kommen sowohl in der Kirche als auch in der Gesellschaft, beide Bereiche sind hier angesprochen. Deshalb hoffe ich, dass wir weiter am Ball bleiben, und die Berichtspflicht in Ihrem Antrag für den Senat ist ja eine Garantie dafür, dass wir dieses Thema nicht mit der jetzigen Diskussion fallen lassen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel sind Opfer von schwersten Verbrechen. Die betroffenen Frauen sind verunsichert, sind in einer katastrophalen Lage, sind verängstigt – das Wort Angst ist hier schon gefallen – und wissen nicht ein und nicht aus. Die vorliegenden Anträge dienen dazu, diesen Frauen zu helfen. Das finde ich richtig und sage im Namen
der CDU-Fraktion, dass wir den Antrag der Koalition mittragen.
Den Antrag der LINKEN unterstützen wir nicht, und ich sage auch ausdrücklich: Nach dem, was wir heute von Ihnen hier erlebt haben, habe ich auch keine große Lust, mich mit Ihrem Antrag auseinanderzusetzen.
Im Übrigen, Frau Troedel, darf ich Sie auch darauf hinweisen, dass es die CDU-Fraktion war, die vor genau einem Jahr zu diesem Thema eine Große Anfrage gestellt hat, um eben die Zahl der Dunkelziffern in diesen Fällen in den Hellbereich zu bringen, das heißt, dass wir die Aufklärungsarbeit der Polizei hier stärken. Das hat die CDU-Fraktion vor einem Jahr auf den Weg gebracht, und ich finde es gut, dass wir heute erneut das Thema aufgreifen, es wird ja parallel in der Innendeputation behandelt. Die Vorlage, die in der Innendeputation, soweit ich weiß, noch nicht debattiert worden ist, ist hilfreich und sinnvoll, und alles, was dazu beiträgt, dass wir diesen Frauen aus ihrer grausamen Situation heraushelfen, ist positiv.
Positiv finde ich auch, Herr Fecker, dass Sie ganz ausdrücklich nicht nur die Frauen, die aus dem Bereich der EU kommen, in Ihren Antrag einbezogen haben, sondern eben auch die Frauen aus Drittstaaten. Welchen Unterschied macht es für eine Frau, wenn sie Opfer von Zwangsprostitution geworden ist, ob sie aus einem Drittstaat oder aus der EU kommt? Beiden muss geholfen werden.
Es fällt schwer – und ich versuche es immer –, sich in die Lage einer solchen Frau zu versetzen, die in ihrem Heimatland von Schleppern angesprochen wird und der eine rosige Zukunft in Wohlstand im Westen versprochen wird. Sie kennen Wohlstand und Luxus aus dem Fernsehen und dem Internet und denken tatsächlich, sie kommen, wenn sie mit diesen Männern mitgehen, in ein Schlaraffenland. Die Wahrheit ist dann, dass sie hier sofort zur Prostitution gezwungen werden, dass ihnen das Geld abgenommen wird, dass sie gerade einmal genug haben, um zu leben oder zu überleben, und völlig hilf- und ratlos sind. Deshalb denke ich, dass wir aufgerufen sind, zum einen hier zu helfen – das ist ja die Intention dieses Antrags – und zum anderen die Aufklärungsarbeit der Polizei zu erleichtern. Denn nur die Frauen selbst sind Zeuginnen, die uns helfen können, die
se entsetzlichen Fälle aufzuklären, und deswegen unterstützen wir beide Ziele der Anträge. Im Übrigen verstehe ich nicht ganz, warum die Sozial- und Arbeitsministerkonferenz sich nur um die Frauen der EU-Staaten kümmert, jedenfalls haben sie in ihrer Presseerklärung nichts von den Frauen aus Drittstaaten gesagt. Der Frage sollte man einmal nachgehen, denn das kann nicht sein.
Im Übrigen denke ich, dass die Aufklärung, die Beratung und die Unterkunft in der Phase der Aufklärungsarbeit, in der Phase, in der die Frau belastbare Aussagen machen muss, von großer Bedeutung ist. Wir reden hier nicht über sehr viel Geld, wir reden natürlich auch immer über Geld, das muss man ehrlicherweise sagen, aber das ist nun wirklich kein verschenktes und kein schlecht ausgegebenes Geld, sondern notwendiges Geld, das wir in die Hand nehmen müssen, um diese Not zu lindern. Ich finde es immer schlimm, dass wir über Geld reden und darüber vergessen, dass es hier um Mitleid, um Fürsorge, um soziale Hinwendung, um all diese Eigenschaften geht, die oft deshalb nicht stattfinden, weil das notwendige Geld nicht vorhanden ist. Ich denke also, es darf keine Frage des Geldes sein, diesen betroffenen Frauen zu helfen, und es darf auch keine Frage von fehlenden Mitteln sein, diese Fälle aufzuklären.
Ich kann nur die Innendeputation auffordern, dem Bericht, der vorliegt, weiter nachzugehen und das, was dort geplant ist, auch umzusetzen – es ist hier auch schon von Herrn Fecker und anderen ausführlich darüber gesprochen worden. Die einzelnen Punkte sind vernünftig, wir sind jetzt einmal wieder nah beieinander, heute schon den ganzen Tag. Das ist doch auch einmal ganz schön, wenn wir uns inhaltlich nicht nur streiten, sondern wenn wir inhaltlich eines Sinnes sind, und in diesem Fall sind wir es. Ich bedanke mich bei allen, die daran mitarbeiten. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Kuhn hat Ziel, Zweck und Sinn dieses Antrags sehr gut vorgestellt, sodass ich mich kurzfassen kann. Ich möchte nur noch einmal darauf hinweisen, dass der Lissabon-Vertrag, solange er in der Diskussion war und die Gefahr bestand, dass er vielleicht nicht ratifiziert werden könnte, das Interesse von Medienöffentlichkeit und Politik hatte. Wir haben gespannt auf Irland, Tschechien und auch nach Karlsruhe geblickt, wo von ganz links bis Gauweiler Klagen vorlagen.
Das würde ich so nicht sagen, Herr Dr. Kuhn, da müssen wir vorsichtig sein, weil mit diesem Begriff schlimme Erinnerungen verbunden sind!
Das möchte ich auch Herrn Gauweiler nicht unterstellen. Da müssen wir vorsichtig sein.
Die Entscheidung ist gefallen, und sie ist so gefallen, dass die Klagen zum Glück abgewiesen worden sind, aber dem Bundesrat, dem Bundestag und damit auch den Länderparlamenten eben doch Kontrolle und Gestaltung des Vertrags jetzt verstärkt in die Hände gefallen sind. Das ist gut so, und diese Verantwortung müssen wir natürlicherweise auch wahrnehmen. Deshalb ist dieser Antrag eingebracht worden. Ich finde es auch gut, dass wir hier so schnell sind im Vollzug.
Der Vertrag ist nicht in Beton gegossen, sondern er kann jetzt unterhalb der Ratifizierungsnotwendigkeit verändert werden: ein dynamischer Veränderungsprozess. Es gibt ja immer wunderbare Formulierungen im Zusammenhang mit Europa. Auch das Gesetz hat ja einen traumhaften Namen, das heißt nämlich „Gesetz zur Wahrnehmung der Integrationsverantwortung des Bundestags und des Bundesrats in Angelegenheiten der Europäischen Union (Inte- grationsverantwortungsgesetz)“. Ob man es nicht schlichter ausdrücken könnte, lasse ich einmal dahingestellt. Fakt ist, dass wir uns daran beteiligen wol
len. Ich bin sehr gespannt, ob wir deshalb häufiger tagen werden müssen, weil die Fristen relativ knapp bemessen sind. Insofern sind wir auch gezwungen, sehr schnell zu reagieren, wenn es Initiativen gibt. An dieser Arbeit wollen wir uns gern beteiligen.
Die CDU unterstützt nicht nur den Antrag, sie hat ihn mit unterzeichnet. Dies haben wir aus voller Überzeugung getan, um eben diesen Vertrag, den Lissabon-Vertrag, den übrigens viele Menschen in seinem Inhalt noch nicht kennen, auch das ist wahr, mit Leben zu füllen. Wenn wir es nicht zuerst machen, wer soll es dann machen? – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Fecker, es macht mir Freude, mich in neue Themen einzuarbeiten!
Der Bericht, der uns vorliegt, ist alt. Er kommt aus dem Jahr 2008, die Probleme sind aber nicht alt, sie bleiben aktuell. Es ist der letzte Bericht, den uns Herr Holst vorgelegt hat. Sein größtes Verdienst ist, denke ich, dass er in dieser langen Zeit neben vielen konkreten Maßnahmen das Bewusstsein für den Datenschutz implementiert und gestärkt hat. An diesem Bewusstsein, Frau Dr. Sommer, können Sie jetzt ganz prima weiterarbeiten. Wir danken Herrn Holst und wenden uns den aktuellen Problemen zu.
Frau Troedel hat schon eine Menge Themen genannt. Ich will mir ein einziges herausgreifen, weil ich denke, man kann daran deutlich machen, dass Datenschutz uns alle betrifft. Das ist der Handel mit Adressen. Frau Troedel hat beschrieben, dass jeder jede Adresse haben kann, jeder Privatmann jede Adresse mit Doktortitel und so weiter. Denn es wird nicht kontrolliert und verfolgt, was damit eigentlich passiert. Was ist das Ergebnis? Auch mit meiner Adresse wird offenbar schwungvoller Handel getrieben. Ich bekommen ständig Anrufe, in denen es heißt: „Sie haben gewonnen.“ Dann bin ich sehr verlegen, weil ich das eigentlich schön finde, wenn ich gewonnen habe. Ich muss dann jedoch immer sagen: „Ich will aber nicht gewinnen.“ Ich denke, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, Sie werden mir recht geben, dass einem Politiker dieser Satz nur schwer über die Lippen geht: „Ich will nicht gewinnen!“
Daran wird also deutlich, dass Datenschutz nicht nur große Firmen wie Telekom, Lidl und andere wie die Deutsche Bahn betrifft, sondern dass er uns persönlich betrifft. Deshalb finde ich schon, dass wir allen Grund haben, sorgfältig und intensiv an diesem Thema weiterzuarbeiten. Und dass die Schattenregister, die da entstehen, ein großes Problem sind, da werden Sie mir alle recht geben!
Ich will aber auch das Thema nennen, an dem mir ganz deutlich geworden ist, an welcher Stelle für mich dann auch die Grenze des Datenschutzes erreicht ist. Das war, als ich eines Morgens den „Weser-Kurier“ aufgeschlagen habe und darin die Überschrift stand „Datenschutz für Tankstellenräuber“. Da hört für mich der Datenschutz nun wirklich auf.
Es kann nicht sein, dass Datenschutz zu Täterschutz wird.
Es kann auch nicht sein, dass Datenschutz der Polizei die Arbeit erschwert. Deshalb müssen wir sicherlich, Frau Dr. Sommer, im Blick auf die Aktion „Stopp der Jugendgewalt“ auch über das Datenschutzproblem reden. Niemand von uns will, dass ein junger Mensch, wenn er mit 14, 15, 16, 17 Jahren einmal daneben gehauen hat, sein ganzes Leben gezeichnet ist, das kann keiner wollen. Trotzdem sage ich ganz deutlich, dass wir auch sehr genau die Erfordernisse der Polizei im Auge haben müssen. Denn sie muss diese Fälle verfolgen und sehen, dass sie die Jugendgewalt stoppt, und bei diesem Stopp muss es auch bleiben. Da darf es auch keine Hintertür über den Datenschutz geben.
Insofern will ich jetzt nicht die vielen Themen noch einmal aufgreifen, die wir in dieser Stellungnahme auch des Ausschusses aufgelistet haben, ich will nur sagen, am Ende gibt es Themen, wo der Datenschutz wirklich brandaktuell und sehr notwendig ist, und es gibt dann auch den Punkt, den wir gemeinsam mit Ihnen, Frau Dr. Sommer, finden müssen, wo der Datenschutz seine Grenzen hat. Ich habe auch gesagt, ich finde es prima, wenn Frau Dr. Sommer zwei Schritte vorgeht und sie dann wieder einen zurückgehen muss. Wir werden mit ihr zusammenarbeiten und um den richtigen Weg ringen. Aber sie muss auch damit rechnen – und das hat sie jetzt, glaube ich, anhand dieser Problematik mit den Tankstellenräubern gespürt –, dass es dann auch einmal einen Stopp für den Datenschutz vonseiten der Parlamentarier gibt, einen Teilstopp. Es gibt ja eine vernünftige Regelung im Hinblick auf die DNA-Duschen, die jetzt in Gesprächen mit dem Justizsenator erarbeitet wurde. Darüber sind wir auch froh, aber in diesem Spannungsfeld bewegen wir uns, auf der einen Seite gibt es eine große Notwendigkeit für den Datenschutz, auf der anderen Seite aber auch Vorsicht.
Damit bin ich schon am Ende meines Beitrags. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies ist meine Jungfernrede in Sachen Europapolitik. Europapolitik ist kompliziert, nicht weil die Themen kompliziert wären oder Europa, sondern weil es in Brüssel offenbar niemanden oder kaum jemanden gibt, der eine klare, verständliche, unbürokratische Sprache spricht. Deshalb sind die Texte mitunter etwas mühsam.
Die CDU-Fraktion begrüßt ausdrücklich, dass sich Vertreter Bremens um die ehrgeizigen Umweltziele – durch die ökonomische Krise wird es schwieri
ger, sie durchzusetzen, das haben wir in Kopenhagen gesehen – in dieser Konferenz besonders kümmern. Wir unterstützen auch, dass es diese neue Arbeitsgruppe „Integrierte maritime Politik“ gibt, in der das Schwerpunktthema „Infrastruktur und Logistik“ ist, Frau Dr. Mathes hatte es gesagt. Es ist bedauerlich, dass die Arbeit der Ostseeparlamentarierkonferenz viel zu wenig in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Das ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Europapolitik nicht die Aufmerksamkeit zukommt und die Bedeutung, die sie verdient hätte und die auch notwendig wäre.
Die Themen der Ostseeparlamentarierkonferenz habe ich mir sehr genau angeschaut und halte sie für wichtig und auch zukunftsweisend. Es geht dort um die Zusammenarbeit in der Region, um Sicherheit und Gefahrenabwehr im Seeverkehr in der Region, um zivile Sicherheit in der Region, um den Klimawandel und Energiefragen in der Region. Unter den 42 Unterpunkten habe ich aber auch solche gefunden, die ich nicht verstehe, das sage ich auch ganz ehrlich, aber da habe ich hier kompetente Vertreter bei den Grünen, die mir das erklären, weil es nämlich in Punkt 12 jetzt gar nicht mehr um die Ostsee, sondern auch um das Schwarze Meer, um das Mittelmeer, um den Nordatlantik und die Irische See im Zusammenhang mit der Schwefelemissionsüberwachung geht. Das müssen Sie mir dann noch einmal erklären! Ich dachte, jetzt geht es schwerpunktmäßig um die Ostsee und nicht um das Mittelmeer und alles andere. Die CDU unterstützt auch ein entsprechendes Gremium für die Nordsee.
Alles sollte man vielleicht nicht tun, sondern weniger könnte mehr sein. All diese Fragen, das ist klar, müssen grenzüberschreitend gelöst werden. Nationale und regionale Egoismen müssen aufgebrochen werden. Wir können Europa nicht nur auf den Lippen tragen, und wenn es darauf ankommt, kleinteilig denken und handeln. Das alles wissen wir genau! In vielen Reden, insbesondere vor Europawahlen, weisen wir auch darauf hin, wie sinnvoll es ist, gemeinsam zu agieren, gemeinsam Probleme zu lösen und gemeinsam aufzutreten.
Ich sage auch ganz klar, solange das Interesse der Politiker an den Grenzen der eigenen Stadt, an den Grenzen des eigenen Bundeslandes oder des eigenen Nationalstaates haltmacht, dürfen wir uns über die geringe Wahlbeteiligung bei Europawahlen und über das geringe Interesse der Menschen für Europa nicht ernsthaft wundern. Was uns selbst nicht so wichtig und nahe ist, können wir den Bürgerinnen und Bürgern draußen nicht nahebringen. Wie viel weniger wichtig uns Europapolitik ist, ist mir deutlich geworden: Jeder sollte einmal versuchen aufzuschreiben, wie die Regierungschefs und die Fachminister der anderen europäischen Staaten heißen. Wenn man sich dieser Aufgabe einmal unterzieht, werden die Listen immer kürzer. Das können Sie ja einmal versuchen, da kommt man nicht so weit. Bei den Re
gierungschefs fallen einem noch einige ein, aber bei den Fachministern schon nicht mehr. Was sich nun im Ostseeraum bewährt hat, soll für den Nordseeraum auch geschaffen werden. Auch dies unterstützt die CDU-Fraktion, dass ein Parlamentsforum Nordsee geschaffen wird. Wir unterstützen nicht den Antrag der LINKEN. Das tut mir leid! Ich denke, das ist auch nicht notwendig. Ziel dieses Forums ist die nachhaltige Entwicklung eines gemeinsamen Lebens-, Wirtschafts-, Forschungs-, Umwelt- und Kulturraumes. Wichtige Aspekte sind dabei Schiffbau, Schifffahrt und Häfen, Windenergie, Fischerei, Tourismus, Sicherheit, Klima und Umweltschutz, Innovation und Forschung. Das sind alles natürlich unglaublich große und wichtige Themen. Wie Sie das schaffen wollen, ist mir ein Rätsel. Ich finde es aber trotzdem gut, dass dieses Forum analog zu dem anderen geschaffen wird. Bremen ist dabei, das ist gut so! Wir können denjenigen, die dort unsere Interessen vertreten, nur viel Erfolg, gutes Durchsetzungsvermögen und allzeit eine Hand breit Wasser unter dem politischen Kiel wünschen. – Vielen Dank!
Herr Senator, sind Sie mit mir der Meinung, dass solche Fragen, die geprägt sind von Misstrauen, Vorurteilen und Angriffen gegen Muslime und ihre Organisationen, allenfalls die Islamfeindlichkeit und auch die Angst schüren, aber nicht den notwendigen Dialog anstoßen und das gute Miteinander fördern?
Herr Senator, können Sie skizzieren, wie in Zukunft der Dialog – die Gespräche mit dem Islam – geführt werden soll und wer daran beteiligt wird?
Herr Senator, wie beurteilen Sie den Wunsch der Muslime, zu einem Staatsvertrag zu kommen, beziehungsweise wie kann
man das in Gesprächen strukturieren, die analog zur Islamkonferenz in Berlin stattfinden? Sie haben es selbst gesagt, sie reicht nicht aus, wir müssen es auf Bremen herunterbrechen. Wie kann dieser Prozess in Zukunft aussehen?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zwei Vorbemerkungen machen, die mir bitte nicht von der Redezeit abgezogen wird.
Sie haben einen Zettel vor sich liegen, nach dem ich – darauf haben mich netterweise die SPD-Kolleginnen aufmerksam gemacht – aus dem Gleichstellungsausschuss herausgehe. Dieser Zettel ist falsch, ich bleibe im Gleichstellungsausschuss.
Sie bekommen einen neuen Zettel, und insofern ist das dann geklärt.
Zweite Vorbemerkung: Ich bedauere immer wieder – und Herr Schneider ist jetzt der Einzige, den das nicht trifft –, dass bei diesen Themen auch die Presse so schwach vertreten ist. Das ist schlecht, weil wir das Thema transportieren möchten, und wenn die Presse nicht da ist, dann ist es so schwer, das in die Köpfe und Herzen der Menschen zu bringen.
Jetzt beginnt die eigentliche Rede, Herr Präsident!
Im März dieses Jahres stellte die CDU-Fraktion eine Große Anfrage zum Thema Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern im Lande Bremen. Ich freue mich, dass wir heute erneut das Thema auf der Tagesordnung haben, denn es ist aktuell genauso wie im Frühjahr, und ich sage, leider! Darüber können wir uns nicht freuen. Die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen waren und sind in Deutschland aber eben leider auch in Bremen ein ernstes Problem. Dass es in Bremen ernster ist als in manchen anderen vergleichbaren Großstädten und in Deutschland insgesamt, finde ich bedauerlich. Eigentlich müsste das anders aussehen.
Meine Damen und Herren, an diese Lohnlücke dürfen wir uns alle nicht gewöhnen. Die Ursachen sind in der Antwort des Senats aufgeführt, und sie sind da auch sehr sorgfältig aufgeführt. Typische Frauen
berufe werden schlechter bezahlt als typische Männerberufe. Frauen sind in den Führungsetagen nach wie vor dramatisch unterrepräsentiert. Frauen befinden sich überdurchschnittlich in ungeschützten Beschäftigungsverhältnissen. Frauen gehen in Teilzeitbeschäftigung, weil die Kinderbetreuungsangebote unbefriedigend sind, wir haben eben darüber geredet. Frauen üben häufiger als Männer Ein-Euro-Jobs aus. Frauen werden im öffentlichen Dienst in den Tarifverträgen TV-L und TVöD nach der Elternzeit so eingestuft wie vor der Elternzeit, und bei einer längeren Unterbrechung erfolgt sogar ein Stufenrückschritt. Es muss unser aller Ehrgeiz sein, dass zumindest die nächste Frauengeneration diese offensichtlichen Ungerechtigkeiten nicht mehr erleben muss.
Dem Senat sind die Gründe, die zu den Lohnunterschieden führen, bekannt. Seine Analyse ist gut, seine Therapie mangelhaft. Aus der Antwort des Senats geht hervor, dass er keine konkreten Schritte einleitet, um die Situation zu verbessern. Entschuldigt wird es damit, dass man noch nicht genug über die Ursachen wisse und noch weitere Ursachenforschung betreiben müsse. Nein, Sie wissen genug und tun zu wenig, das ist das eigentliche Problem!
Darum möchte ich Sie heute ermutigen, das Problem offensiv anzupacken. Was ist zu tun? Vieles können Sie selbst ändern, anderes muss im Bundesrat angestoßen werden, und wieder anderes müssen wir den Tarifparteien überlassen. Wenn die Eingangsstufe für Laufbahnen des gehobenen technischen Dienstes, eine typische Männerdomäne, bei A 10 liegt, andere Laufbahnen, die ebenfalls einen Fachhochschulabschluss erfordern, jedoch nach A 9 bezahlt werden, dann sorgen Sie dafür, dass sich dies ändert! Technik ist niemals wichtiger als die Menschen, die betreut werden müssen.
Erzieherinnen oder die verschiedenen Pflegeberufe mit einem Fachhochschulabschluss haben es wirklich verdient, dass sie endlich besser bezahlt werden.
Wenn es in den Tarifverträgen TV-L und TVöD einen Stufenrückschritt nach einer Elternzeit gibt, dann nehmen Sie Ihre Verantwortung in der Tarifgemeinschaft der Länder wahr, und fordern Sie ein Ende dieser Regelung! Kindererziehung darf kein Karrierehemmnis sein.
Wenn der schleppende Ausbau der Ganztagskindergärten und -krippen dazu führt, dass Frauen ihrem Beruf nicht oder nur teilweise nachgehen können und sich nicht zuletzt dadurch sich mit ungeschützten Beschäftigungsverhältnissen oder Ein-EuroJobs zufriedengeben müssen, dann ändern Sie auch das! Wenn Frauen nach wie vor in den Leitungspositionen unterrepräsentiert sind, dann ändern Sie auch das! Sorgen Sie dafür, dass in Bremen dieser unhaltbare Zustand nicht zunimmt, sondern abnimmt!
In der Großen Anfrage geht es auch um die Privatwirtschaft. Natürlich kann es uns nicht gleichgültig sein, dass auch dort die Diagnose des Problems ähnlich aussieht wie im öffentlichen Dienst. Die „Wirtschaftswoche“, kein feministisches Blatt, bezeichnet Deutschland in Sachen weibliches Topmanagement als ein Entwicklungsland und spricht sogar von der „MachoAG“ in den Führungsetagen der Unternehmen. Dennoch ist in diesem Bereich der Privatwirtschaft nun nicht zuallererst der Senat gefordert. Der Senat wäre gut beraten, wenn er vor seiner eigenen Haustür kehrt. Wenn der öffentliche Dienst mit gutem Beispiel vorangehen würde, wäre schon viel gewonnen.
Ich komme sofort zum Schluss, Herr Präsident! Gute Ratschläge oder gar Forderungen an die Privatwirtschaft sind absolut sinnlos, solange der öffentliche Dienst seine Schularbeiten noch nicht gemacht hat.
Darum ziehe ich das Fazit: Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen sind eine gravierende Ungerechtigkeit. Man kann manches ertragen und wegstecken, Ungerechtigkeit gehört nicht dazu! Deshalb wollen wir keine weiteren Gutachten sehen, wir wollen Taten sehen. Frauen in Bremen sollen im Durchschnitt nicht schlechter verdienen als Männer und nicht schlechter als im Bundesdurchschnitt. Renke Brahms hat heute Morgen in der Kirche gesagt, es kommt nicht darauf an, die Welt zu kommentieren, es kommt darauf an, sie zu verändern.
In diesem Punkt müssen wir sie verändern! – Vielen Dank, meine Damen und Herren!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Möllenstädt, Sie fordern mich immer wieder heraus, wenn Sie Ihre Reden zur Gleichstellung halten. Wenn Sie meinen, dass Sie der einzige sind, der die Marktwirtschaft begreift,
und denjenigen zum Vorwurf machen, die hier das Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft fordern, dass sie nichts begreifen, dann, finde ich, ist das das schwächste Argument, dass Sie überhaupt nur vortragen können.
Man kann hier unterschiedlicher Meinung sein, das habe ich auch vorgetragen, aber nicht mit so arroganten Argumenten!
Im Übrigen empfehle ich Ihnen, mir einmal zu erklären, warum ein Techniker mit A 10 eingestellt wird und eine Erzieherin oder Pflegeberufe mit A 9, das möchte ich dann auch gern einmal wissen! Das verstehe ich nicht, und da ist eine Diskriminierung.
Warum ich gekommen bin, ich wollte Ihnen einmal ein aktuelles Beispiel für verdeckte Diskriminierung vortragen. Im „Weser-Kurier“ gibt es heute einen sehr guten Beitrag: „Europas Frauen proben den Aufstand“. Bedauerlicherweise gibt es nur vier EU-Kommissarinnen. Der Beitrag ist gut, aber der letzte Satz ist diskriminierend. Weil viele immer nicht wissen, was verdeckte Diskriminierung ist, möchte ich ihn vorlesen: „Und so war es ausgerechnet eine Vorzeigefrau, die dann als ,Königsmörderin’ in die EU-Annalen einging. Die dreiste Vetternwirtschaft der Französin Edith Cresson brachte 1999 die gesamte Kommission von Jacques Santer zu Fall. Kein besonders aufmunterndes Beispiel für Barroso.“ Meine Damen und Herren, wenn wir diese Kriterien und Maßstäbe anlegen, bleiben aber viele Chefsessel in dieser Republik leer.
Nur um einmal zu zeigen, dass es verdeckte Diskriminierung gibt, und zwar auf Schritt und Tritt, und leider auch in der Presse, trage ich dies vor. Ich will die Presse jetzt nicht schlechtmachen, wir mögen sie alle gern,
aber was gesagt werden muss, muss gesagt werden. Frau Stahmann hat heute gesagt, wir kritisieren den Senat. Natürlich kritisieren wir den Senat, aber sie hat dann gesagt, wir mögen den Senat nicht. Nein, Frau Stahmann, wir mögen den Senat, aber wir kritisieren ihn da, wo er zu kritisieren ist.
Abschließend möchte ich dann auch noch sagen, was ich vergessen habe zu sagen, dass wir den Dringlichkeitsantrag nicht mitmachen, weil er sich insgesamt auf die Privatwirtschaft bezieht. Trotzdem finde ich es gut, dass jedes Jahr ein Bericht des Senats über die Einkommensentwicklung der Frauen in Bremen vorgelegt werden soll, das sage ich hier ausdrücklich. Ich finde es gut, wenn wir immer weiter über dieses Thema diskutieren, weil dann irgendwann auch etwas besser wird. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Petitionsrecht ist sehr alt, es ist auch viel älter, als es 1949 ins Grundgesetz kam, das wissen wir auch alle. Schon im alten Rom nannte man Bitten an die Herrscher Supplikation, was vom Verb supplicare abgeleitet ist und heißt, vor jemandem auf die Knie fallen und flehentlich bitten. Der Kniefall ist zum Glück Geschichte, das flehentliche Bitten nicht, und der Weg vom Kniefall bis zur öffentlichen Petition, zur Online-Petition, zur E-Petition, ist weit. Das letzte Stück sind wir im Ausschuss gemeinsam gegangen. Ich möchte auch von meiner Seite sagen, es hat Spaß gemacht, vielen Dank dem Vorsitzenden, Herrn Oppermann, vielen Dank der FDP, die den Anstoß gegeben hat, Frau Nitz hat die Stellvertretung gemacht, und Frau Dr. Mohammadzadeh hat ebenfalls mitgemacht!
Wir haben ein Beispiel dafür abgegeben, wie einig sich Fraktionen bei einem Thema auch sein können, und haben das modernste Petitionsgesetz geschaffen, das es in den Ländern gibt. Ich werde als Vorsitzende inzwischen immer häufiger in andere Bundesländer eingeladen, zuletzt auch vom Europäischen Ombudsmann-Institut, um unseren Weg und den Entwurf vorzutragen, andere wollen es nachma
chen. Der Bundestag hat ja schon etwas Entsprechendes gemacht.
Ich möchte noch einen einzigen Aspekt anfügen, der noch nicht genannt worden ist. Manche fragen, ob der normale geschriebene Brief damit ersetzt werden soll, wenn wir eine E-Petition haben oder wenn wir jetzt öffentliche Petitionen haben, Foren im Internet. Nein, der Brief bleibt bestehen! Den Brief halte ich auch nach wie vor für ein wichtiges Mittel, um seine Bitten vorzutragen, weil er eben doch auch sehr zur Konzentration zwingt. Wir alle wissen, dass man eine E-Mail viel schneller einmal schreibt als einen Brief, von daher möchte ich dieses Missverständnis, das manche haben, hier ausräumen. 20 Prozent unserer Petitionen kommen inzwischen per E-Mail, das ist eine ganze Menge, das wird auch mehr werden, aber der alte Brief soll damit nicht aufgehoben werden.
Auch ich möchte mich bei der Ausschussassistenz bedanken. Frau Schneider hat uns mit einer großen Präzision, mit großer Verlässlichkeit und Kompetenz begleitet, und dafür können wir ihr nur sehr danken.
Die CDU stimmt dem Gesetzentwurf zu, und wir wollen ihm noch den letzten Schliff geben, um uns dann in zweiter Lesung wiederzutreffen, aber ich denke, bis hierhin haben wir gute Arbeit gemacht und können stolz darauf sein. Deshalb empfehle ich allen, sich das auch einmal selbst anzusehen, es lohnt sich. Bremen ist hier Vorreiter, hat die Nase vorn, ist ja auch einmal schön, wenn wir die Nase vorn haben und nicht das Schlusslicht sind. Insofern wünsche ich dem neuen Gesetz viel Erfolg, auch denjenigen, für die wir es gemacht haben, nämlich für die Menschen draußen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion stimmt dem Antrag der Koalition zu. Wir stimmen dem Änderungsantrag der LINKEN nicht zu, er geht zu weit und gefährdet damit die Annahme des Antrags nicht nur hier, sondern auch in Berlin, und damit helfen wir am Ende keiner Frau. Darüber hinaus möchte ich sagen, dass sowohl Frau Mahnke als auch Frau Dr. Mohammadzadeh klar gesagt haben, was das für diese Frauen bedeutet. Es ist ein Verstoß gegen Menschenrechte, wenn man Frauen zwangsverheiratet und sie verschleppt.
Zum Glück kann sich niemand von uns wirklich vorstellen, was es bedeutet, wenn man zwangsverheiratet oder in ein anderes Land verschleppt wird. Da fehlt uns allen wahrscheinlich die Fantasie. Was diese Frauen erleiden müssen, führt zu einer Schädigung der Seele für das ganze Leben, ich glaube, darüber sind wir uns klar, das geht wie ein Schatten mit. Es gibt keinen Trost und sehr wenig Hilfe. Das Einzige, was wir tun können, ist an ihnen dieser Stelle einen Rechtsanspruch auf die Rückkehr nach Deutsch
land zu geben. Weil das die einzige Unterstützung dieser Frauen – und es sind natürlich mehrheitlich Frauen, die das erleiden, das wurde auch von allen gesagt – ist, sollten wir diesem Antrag alle zustimmen, und das tun wir ja auch. Ich finde es gut, dass dieses Thema so konsensual in diesem Haus behandelt wird, wir haben ja heute auch kontroverse Themen gehabt.
Wenn es aber um die geringe Hilfe und Unterstützung von Frauen geht, die zwangsverheiratet oder verschleppt wurden, sind wir uns einig, und das ist gut so. Deshalb danke ich ausdrücklich denjenigen, die diesen Antrag eingebracht haben, in dem Fall den Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den Grünen, damit habe ich überhaupt kein Problem, unsere Fraktion auch nicht. Vielen Dank! Ich finde es schön, dass wir das gemeinsam machen. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst eine Vorbemerkung machen: Dies ist aus frauenpolitischer Sicht ein guter Tag, nicht nur, weil die Bundeskanzlerin gewählt worden ist.
An die Spitze des zweitgrößten Arbeitgebers in Deutschland ist heute eine Frau gewählt worden, wir gratulieren Margot Käßmann, sie ist Ratsvorsitzende der EKD geworden.
Immerhin, man sieht doch, es geht, und das bei einer Organisation wie der Kirche!
Jetzt kommen wir einmal in die Niederungen der bremischen Politik und schauen uns einmal an, wie es bei uns aussieht: Im Oktober 2007, also genau vor zwei Jahren, hat die Bürgerschaft beschlossen, das Landesgleichstellungsgesetz auf die im öffentlichen Mehrheitsbesitz befindlichen Gesellschaften auszuweiten und die hierfür notwendigen Schritte unverzüglich einzuleiten. Prima! Wir haben nicht mitgestimmt. Zehn Monate später, nämlich am 26. Au
gust 2008, hat der Senat die Regelungen des Senats zur Gleichstellung von Frau und Mann in bremischen Mehrheitsgesellschaften beschlossen. Wir halten jetzt erst einmal fest, unverzüglich einleiten heißt für den Senat zehn Monate. Das finde ich relativ unbefriedigend. Wieder ein Jahr später, nämlich am 25. August 2009, unterrichtet der Senat die Bremische Bürgerschaft über erste Schritte der Umsetzung des Beschlusses. Dafür sind wir dankbar.
15 Gesellschaften – das ist nur ein Teil, da stimme ich Frau Troedel zu, wir wissen gar nicht, welche es noch gibt – lassen uns nun wissen, wie weit sie mit ihren Hausaufgaben sind. So weit, so gut! Drei dieser 15 Gesellschaften können Vollzug beziehungsweise Erfolg vermelden, das ist wirklich schön. Zur Brepark heißt es: „Am 9. März wurde die Wahl zur Frauenbeauftragten mit Erfolg durchgeführt.“ Das sollten wir loben! Gesundheit Nord bringt uns ebenfalls gute Nachrichten. Die haben es auch besonders nötig, wenn wir an die überwältigende Mehrheit von Chefärzten und die verschwindend geringe Zahl von Chefärztinnen in diesem Betrieb denken. Da heißt es, ich zitiere: „Frauenbeauftragte wurden gewählt und Frauenförderpläne in den Klinika vereinbart. In der Neufassung der Gesellschaftsverträge wurden zusätzliche Regelungen zur Anwendung des LGG gemäß Mustersatzung aufgenommen.“ Musterschüler, möchte man fast sagen, wenn das Verhältnis von Männern und Frauen in den Spitzenfunktionen der Gesellschaft doch nur ein bisschen besser wäre.
Schließlich gehört die Fischereihafen-Betriebsgesellschaft – das wird die Bremerhavener freuen – zu denen, die den Senatsauftrag ernst genommen haben. Da heißt es, ich zitiere: „Am 7. November 2008 wurde im Vorgriff auf die gesellschaftsvertragliche Regelung eine Frauenbeauftragte gewählt. Diese hat ihre Tätigkeit aufgenommen.“ Man kann nicht kritisieren, dass eine gewählte Frauenbeauftragte auch ihre Arbeit aufgenommen hat, das kann uns wirklich freuen.
Die übrigen zwölf Gesellschaften haben den Senatsauftrag nicht so ernst genommen, und es ist interessant, was da so steht, ich halte mich streng an den Text: „Die Geschäftsführung unterstützt die Wahl einer Frauenbeauftragten und hat die Vorbereitungen dazu initiiert“, bremen online. Oder bei den Bremer Bädern: „Nach Auskunft der Geschäftsführung vom Juni 2009 sollte beim nächsten Monatsgespräch zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat verabredet werden, wie die Regelungen des Senats zur Gleichstellung von Frau und Mann in bremischen Mehrheitsbeteiligungen in der Gesellschaft umgesetzt werden sollen. Als erster Schritt würde es um die Wahl der Frauenbeauftragten gehen.“ Noch schöner die Wirtschaftsförderung GmbH, Zitat: „Eine schnelle Umsetzung, Regelungen des Senats zur Gleichstellung von Frau und Mann in bremischen Mehrheitsbeteiligungen, Wahl einer Frauenbeauftragten und Aufstellen von Frauenförderplänen, ist an
gekündigt.“ Die Flughafen GmbH, Zitat: „Die Wahl einer Frauenbeauftragten sowie Frauenförderpläne sind im Zusammenhang mit der anstehenden Neustrukturierung der Gesellschaft derzeit in Vorbereitung.“
Mein Fazit, tut mir leid: Jede Menge Ankündigungen, leider keine Umsetzung. Den Senat mag das zufriedenstellen, weil er ohnehin nur kleine Brötchen backt. Mich stellt das nicht zufrieden. In Wahrheit ist das Ergebnis nach mehr als zwei Jahren dürftig und blamabel.
Wie sieht es bei den Aktiengesellschaften aus? Auch da will ich zitieren: „Aufgrund der aktienrechtlich fehlenden Weisungsbefugnis von Aufsichtsrat und Hauptversammlung hat der Senat auf eine unmittelbare Implementierung der Regelungen des Senats zur Gleichstellung von Frau und Mann in bremischen Mehrheitsbeteiligungen per Satzung verzichtet.“ Die erste Frage ist: Kann man eigentlich auf etwas verzichten, das rechtlich nicht möglich ist? Dann heißt es: „Gleichwohl soll in die Satzung der Bremer Straßenbahn AG durch die Hauptversammlung am 28. August die Regelung aufgenommen werden, dass der Vorstand in der Gesellschaft die Gleichstellung von Mann und Frau fördern muss.“ Na toll! Das ist eine großartige Regelung, dass nämlich der Vorstand der Straßenbahn AG die Gleichstellung von Frau und Mann fördern muss.