Ich eröffne die 60. Sitzung der Bürgerschaft (Landtag). Ich begrüße die anwesenden Damen und Herren sowie die Zuhörer und die Vertreter der Medien.
Antrag der Fraktionen der FDP, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 9. Dezember 2009 (Drucksache 17/1099)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Stadtbürgerschaft und hier erreichen uns immer wieder in den Petitionen Anfragen, Anregungen und Beschwerden von Bürgern über zu viel Lärm. Einen Aspekt wollen wir heute hier aufgreifen, den die FDP-Fraktion 2007 schon angesprochen hat: Die Frage, wie halten wir es mit dem Bahnlärm, kann man da nicht mehr tun als bisher? Dazu gibt es bundesgesetzliche Regelungen, es gibt Lärmsanierungen der Bundesbahn, aber die sind weitaus zu wenig. Es gibt Ecken in unserem Land, die gar nicht berücksichtigt sind, weil sie fast schon in Niedersachsen sind. Es gibt aber auch Ecken, die deswegen nicht berücksichtigt sind, weil sie rechtlich noch nicht berücksichtigt werden mussten, weil man irgendwann gesagt hat, bei allem, was nach 1974 gebaut ist, da wusste man dann, dass Bahnlärm eben laut ist, da müssen die Kommunen das dann in ihren Bebauungsplänen berücksichtigen. Eine Tatsache, die zwar rechtlich so ist, aber uns nicht mehr ausreicht.
Wir sind schlichtweg der Meinung, dass hier mehr getan werden kann, dass die Bahn auch mehr Anstrengungen unternehmen muss, mehr Lärmschutzwälle bauen muss. Denn das, was wir jetzt sehen, ist, dass einige Strecken als lärmsaniert gelten und trotzdem nicht die Menge der Lärmschutzwände haben, die Bürger eigentlich erwarten und die eigentlich auch notwendig wären, und dass Lärmschutzwände mit Lücken gebaut werden, weil da unterschiedliche Bebauungszeiträume sind. Das sind Tatsachen, die wir eigentlich nicht hinnehmen können und hinnehmen wollen, und wir denken, dass auch angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung, die wir bei der Bahn sehen, hier die Bahn und auch der Anteilseigner, näm
lich der Bund, gefordert ist, hier noch mehr Geld in die Hand zu nehmen, um entsprechend dafür zu sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger Lärm nicht so ausgesetzt sind wie bisher.
Es ist schlichtweg so, wir alle wollen, dass mehr Verkehr auf die Schiene verlegt wird. Mehr Verkehr auf der Schiene heißt aber auch noch mehr Lärm. Der JadeWeserPort wird einer dieser Punkte sein, der dazu führt, dass es mehr Lärm dort gibt. Das ist nicht hinnehmbar, wird auch von den Bürgern so nicht akzeptiert, deswegen ist es richtig, hier weitere Anstrengungen zu fordern und alles Mögliche zu versuchen, damit weniger Lärm entsteht. Es geht auch um die Entdröhnung von Brückenbauwerken, die auch in erheblichem Umfang zum Lärm beitragen, und es geht auch darum, dass das Fahrzeugmaterial, was hier eingesetzt wird, auf dem jeweils neuesten Stand ist. Alte, quietschende Güterzugbremsen hat vielleicht jeder schon einmal gehört. Wer sie nachts hört, steht senkrecht im Bett. Das ist den Menschen nicht zu gönnen und zu wünschen, deswegen muss dort etwas getan werden, deswegen diese Initiative!
Wir sind froh, dass die Regierungsfraktionen sich diesem Anliegen angeschlossen haben. Wir haben deswegen auch unseren Antrag, den wir 2007 gestellt haben und der in die Umweltdeputation verwiesen war, zurückgezogen und legen hiermit den gemeinsamen Antrag vor und bitten um Ihre Zustimmung. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Meine erste Rede in der Bremischen Bürgerschaft galt dem Eisenbahnlärm. Ich sprach vom Rattern und Quietschen der Züge, mein Kollege Dr. Buhlert hat das auch gerade angesprochen, nur damit Sie direkt im Ohr haben, um welche Belastung es geht. Anlass meiner Rede war der Antrag der FDP dazu, aber er gehörte in den Zusammenhang des Aktionsplans zur Lärmminderung. Diesen Aktionsplan haben wir für die Stadtgemeinde Bremen am Dienstag in der Stadtbürgerschaft sehr einhellig als einen guten und wichtigen Anfang beim Lärmschutz in Bremen bewertet. Er zeigt auf, dass die Eisenbahn eine Hauptursache für zu hohe Lärmbelastungen in Bremen ist.
Manches vom ursprünglichen FDP-Antrag ist inzwischen erledigt. Das gilt insbesondere für die viel zu spät vom Eisenbahnbundesamt vorgelegten Eisen
bahndaten für die Lärmkartierung. Das Eisenbahnbundesamt hat die vorgeschriebene Lärmkartierung und Aktionsplanung auch für Bremen durch ihre völlig verspätete Datenvorlage massiv behindert, aber seit dem 13. Juli 2009 liegt die Lärmkartierung auch für den Eisenbahnlärm vor.
Die Stoßrichtung des FDP-Antrags war jedoch grundsätzlich richtig, wir haben uns vor diesem Hintergrund als rot-grüne Koalition auf einen gemeinsamen Antrag mit der FDP verständigt, der – wie Herr Dr. Buhlert es auch schon gesagt hat – den alten FDPAntrag ersetzt hat. Ich habe es vorgestern schon in der Stadtbürgerschaft gesagt, der Aktionsplan legt dar, dass von der Deutschen Bahn im Rahmen des freiwilligen Lärmsanierungsprogramms schon einiges in Bremen getan wird. Entsprechendes gilt für Bremerhaven. In Bremen wurde zum Beispiel 2009 der Bau von Lärmschutzwänden auf beiden Seiten der Eisenbahnstrecke in Horn-Lehe mit einer Gesamtlänge von 2,9 Kilometern angegangen. Allein 2009 wurden in Bremen insgesamt circa 6,5 Millionen Euro aufgewendet, und 2010 sollen weitere 6 Millionen Euro folgen.
Durch die Ungleichbehandlung mit der Stichtagsregelung 1. April 1974 und dem Bahnbonus bei der Lärmberechnung kommt es für die dichte Bebauung in unseren beiden Städten zu völlig unsinnigen Lücken. Wichtige Möglichkeiten des Lärmschutzes werden damit verschenkt, und die Betroffenen können dies zu Recht nicht nachvollziehen. Die Deutsche Bahn ist Hauptverursacher des Lärms und gehört wie auch das Streckennetz dem Bund. Die Mittel für das Lärmsanierungsprogramm der Deutschen Bahn müssen weiter massiv erhöht werden, um an innerstädtischen Hauptverkehrsstrecken einen lückenlosen Lärmschutz zu erreichen. Die unsinnige Schönrechnung des Eisenbahnlärms durch den Bahnbonus muss weg. Die Sanierungsgrenzwerte der Bundesimmissionsschutzverordnung müssen auf 55 Dezibel nachts und 65 Dezibel tags gesenkt werden.
Liebe FDP-Kollegen, das kann ich mir nicht verkneifen: Mit solchen Maßnahmen ließen sich sinnvolle Wachstumsimpulse setzen, die der Allgemeinheit nachhaltig nützen.
Doch es können nicht überall Lärmschutzwände an den Eisenbahnstrecken gebaut werden, es wäre zu teuer und zu langwierig. Auch verlöre das Zugfahren dadurch seinen landschaftlichen Reiz. Neben dem Bau von Lärmschutzwänden, der Entdröhnung von Brücken und der Lärmvermeidung am Gleisbett muss als kostengünstigste und am umfassendsten wirkende Maßnahme die Lärmvermeidung an den Fahrzeugen vorangetrieben werden. Hier sind eine europäische
Die SPD-Fraktion möchte, dass mehr Menschen mit dem Zug zur Arbeit pendeln, auf Geschäftsreise oder Urlaubsreise gehen.
Wir wollen auch, dass mehr Güter auf den Schienen transportiert werden. Nicht umsonst fordern wir den Ausbau der Hafenhinterlandanbindung.
Aber gerade die längerfristig erwarteten Steigerungen des Güterverkehrs durch die Entwicklung unserer Häfen erfordern eine verbesserte Akzeptanz der Eisenbahn bei den Betroffenen. Ich hoffe auf eine breite Unterstützung unseres Antrags in der Bürgerschaft. So vergrößern wir unsere Chance, gemeinsam bei der Bundesregierung mit unseren Forderungen nach einem verbesserten Schutz vor Eisenbahnlärm Gehör zu finden! – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie alle kennen den Slogan „Weg von der Straße, rauf auf die Schiene!“, und das ist ein erklärtes Ziel, ich glaube, von uns allen hier, das wir voll und ganz unterstützen. Mehr Personen, mehr Pendler und auch Güter, die mit der Bahn, statt mit dem Auto fahren oder statt mit dem Lkw transportiert werden, sind ein wichtiger Beitrag zur umweltfreundlichen Mobilität und damit auch für mehr Klimaschutz, und das ist das, was wir wollen. Aber, und das hat Herr Dr. Buhlert auch schon gesagt, mehr Schienenverkehr bedeutet einfach auch mehr Lärm, und zusätzlich – darüber werden wir heute nicht weiter reden – gibt es das Problem, dass es auch Vibrationsschäden an Häusern gibt. Wenn wir vermehrt für das klimafreundliche Bahnfahren werben, müssen wir auch mehr Akzeptanz für diese Art der Mobilität schaffen, und dazu gehört der Lärmschutz.
Gerade auch nächtlicher Güterverkehr ist eine enorme Belastung für Menschen, die in unmittelbarer Nähe von Bahnschienen wohnen, und Wissenschaftler haben belegt, dass Lärm auf Dauer krank macht. Da
her müssen wir uns dem Thema Bahnlärm und Lärmschutz auch vermehrt widmen. Wir haben in den letzten zwei Jahren oft kritisiert, dass das Eisenbahnbundesamt sehr lange gebraucht hat, bis es die Lärmdaten – im Übrigen auch für Bremen – vorgelegt hat, und trotzdem sollten wir honorieren, dass die Bahn den Bahnlärm als Problem erkannt und ein Lärmsanierungsprogramm aufgelegt hat. Wir haben es hier aber mit vielen betroffenen Gebieten, in ganz Deutschland, aber auch in Bremen zu tun. Exemplarisch seien einmal Oberneuland oder Findorff genannt, und das Lärmsanierungsprogramm der Bahn reicht daher beileibe nicht aus. Es bedarf hier zusätzlicher Anstrengungen und Maßnahmen, um einen effektiven Lärmschutz zu gewährleisten.
Zum einen – darauf hat Herr Dr. Buhlert schon hingewiesen – brauchen wir einen lückenlosen Lärmschutz, das heißt auch für die betroffenen Wohngebiete, die nach 1974, also nach Inkrafttreten des Bundesimmissionsschutzgesetzes entstanden sind. Dort, wo die Lärmschutzwände fehlen, müssen sie ersetzt werden, das kostet viel Geld. Daher müssen die Mittel für das Lärmsanierungsprogramm der Bahn aufgestockt werden.
Herr Dennhardt ist schon darauf eingegangen, Lärm muss dort bekämpft werden, wo er entsteht, das bedeutet auch eine Optimierung der Technik, besonders der Bremsen – schwieriges Wort, die Graugussklotzbremsen, das habe ich irgendwann einmal auswendig gelernt, damit ich mich nicht verhaspele –, aber auch des Gleisbetts, und da auf dem deutschen Schienennetz Schienenfahrzeuge aus ganz Europa verkehren, reicht es nicht aus, wenn wir die deutschen Fahrzeuge nach neuester Technik optimieren und bauen, wenn alte, laute Züge aus anderen europäischen Ländern bei uns fahren. Deshalb gilt es, sich auf EUEbene dafür einzusetzen, dass überall geräuscharme Züge gebaut und auch eingesetzt werden.
Wir haben vorgestern Nachmittag hier in der Bürgerschaft auch schon einmal zum Bremer Lärmaktionsplan debattiert. Ich hatte dazu angemerkt, dass Bremen dringend im nächsten Schritt die Auslöseschwellenwerte von 65 Dezibel tags und 55 Dezibel nachts absenken muss, und das, was für den Straßenverkehr gilt, und das, was wir vom Senat erwarten, das erwarten wir auch von der Bahn. Der Bahnverkehr darf nicht grundsätzlich lauter sein als der Straßenverkehr, das können wir nicht akzeptieren. Der Bahnbonus muss daher abgeschafft werden, denn Menschen, die an den Bahngleisen wohnen, haben natürlich das gleiche Recht auf Gesundheitsschutz
und damit auch auf Lärmschutz wie Menschen, die an befahrenen Straßen wohnen oder gerade auch Menschen, die womöglich an beiden Lärmquellen wohnen und beiden Lärmquellen ausgesetzt sind.
Als Letztes die Anregung oder besser auch Forderung der Etablierung von Anreizsystemen für lärmmindernde Zugzusammenstellungen! Ein Beispiel: Im Flugverkehr werden jetzt schon Gebühren je nach Schadstoffemissionen und in einigen Flughäfen, zum Beispiel Tegel in Berlin, nach Lärmemissionen erhoben, und das würde ich mir im Übrigen auch für den Bremer Flughafen wünschen, aber das gleiche Anreizsystem könnte ich mir auch für die Trassengebühren der Bahn vorstellen. Leise Züge würden dann einfach weniger Gebühren zahlen.
Die Bahn ist ein umweltfreundliches Transportmittel, wir wollen mit diesem Antrag alle Anstrengungen, Bahnlärm effektiv zu reduzieren, unterstützen und weiter ausbauen. Daher bitte ich Sie, unterstützen Sie unseren Antrag! – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die CDU-Bürgerschaftsfraktion wird diesen Antrag unterstützen.
Ich will jetzt aber nicht die beleidigte Leberwurst spielen, weil ich sonst Herrn Dr. Buhlert verunsichere, den habe ich schon letztens damit verunsichert.
Ich glaube schon, dass dieser Antrag wichtig und auch sinnvoll ist und auch der Aspekt der europäischen Einbindung eine richtige Grundlage hat, aber uns allen muss klar sein – Frau Dr. Schaefer hat es soeben schon angesprochen –, die Bundesbahn macht da etwas. Es wird letztlich auch immer eine Frage des Geldes sein, und Schallschutzmauern überall hinzubauen, glaube ich, wäre vielleicht effektiv, ist aber sehr kostenintensiv, und schön ist es architektonisch auch nicht, das hatte Herr Dennhardt angesprochen. Wenn man nur noch an Mauern fährt oder an Mauern wohnt, kann das, glaube ich, auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein, es ist wichtig, die Technologie zu nutzen. Es ist ja im Pkw- und Lkw-Verkehr genauso wie im Schienenverkehr, dass man neueste technische Möglichkeiten auch beim Waggonbau nutzt und dies dann auch dort umsetzt und einbaut. Das ist dann eine Kostenfrage, aber ich glaube, es ist notwendig, weil damit, wenn ich den Bericht sehe, auch richtig ein paar Dezibel reduziert werden können, was mit Schallschutzmauern gar nicht so möglich ist.
Diese ganzen Punkte, die Sie aufgeführt haben, sind ja alles lang- und mittelfristige Punkte, die jetzt nicht von heute auf morgen umgesetzt werden können, gerade zum Beispiel bei der europäischen Richtlinie. Weil das gemeinsame Standards sind, wissen wir alle, dass das sehr lange dauert. Wer schon einmal im europäischen Ausland und gerade in Osteuropa war – da fahren ja unsere alten Waggons, die hier ausrangiert worden sind, die laufen da ja als neu, weil die noch besser sind als die alten, die sie haben –, der weiß, da wird noch einiges passieren müssen, um diese gleichmäßigen europäischen Standards zu erreichen. Ich glaube schon, der beste Lärmschutz ist eigentlich Verkehr, der in bestimmte Gebiete erst gar nicht hineinfährt, das ist auch bei Zügen so.