Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich eine zehnte Klasse der Schule Am Leher Markt aus Bremerhaven, einen Integrationskurs für Migrantinnen des Mütterzentrums Tenever und eine neunte Klasse des Schulzentrums Habenhausen.
Antrag der Fraktionen der FDP, der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE vom 27. August 2009 (Drucksache 17/910) 1. Lesung
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir kommen zu einem Thema, das jeden Bürger betrifft, denn es ist ein Recht eines jeden Bürgers, eine Petition einzureichen, und nicht nur eines deutschen Bürgers, sondern eines jeden Menschen. Es ist nicht an Herkunft, Nationalität und auch nicht an das Alter gebunden, sondern es ist ein sogenanntes Jedermannrecht, das auch jeder Frau zusteht, und deswegen ist es ein Recht,
mit dem sich das Parlament sehr gern auseinandersetzt, weil es ein besonderes Recht und eine besondere Möglichkeit ist. Ich als Mitglied des Petitionsausschusses habe es als kleinen Bürgerantrag und als Seismografen dessen, was wir als Politik, und damit meine ich uns alle, an Gesetzen und Verordnungen produzieren, um dann ein Feedback, eine Rückmeldung von Bürgerinnen und Bürgern darüber zu bekommen, wie es denn um unseren Staat bestellt ist, wo Dinge nicht ganz richtig laufen, wo Verwaltung nicht funktioniert, wahrgenommen.
Dann habe ich mir die Frage gestellt, die ich mit den Mitgliedern des Petitionsausschusses, den Kollegen aus den anderen Fraktionen besprochen habe:
Gibt es nicht Dinge, die sich verändert haben? Wir hatten gemeinsam im Parlament schon Online-Petitionen eingeführt, aber es war klar, dass moderne Technologie auch weitere Verbesserungen und weitere Veränderungen ermöglicht. Als Liberaler war mir auch wichtig, die Frage geklärt zu wissen, was passiert, wenn immer mehr Aufgaben des Staates an Dritte übertragen werden, die sie erledigen, damit diese dann nicht aus dem Petitionsrecht irgendwann herausfallen, sondern, soweit es um hoheitliche Aufgaben geht, nach wie vor dem Petitionsrecht zugänglich sind.
Ich bin dann an die anderen Fraktionen herangetreten und habe ein sehr positives Resultat erfahren, als ich im März 2008 den Vorschlag machte, was man vielleicht am Petitionsrecht ändern könnte, und dieser Vorschlag auch von meiner Fraktion getragen wurde. Insofern danke ich Herrn Oppermann ganz herzlich, der dem eingesetzten Unterausschuss vorgesessen hat, dass er die Arbeit dann in die Hand genommen, koordiniert hat und wir zu einem interfraktionellen, von allen Fraktionen, wenn auch nicht unterzeichneten, aber so wie ich weiß, getragenen Antrag gekommen sind. Ich danke auch Frau Nitz ganz herzlich dafür, dass sie diesen Ausschuss stellvertretend geleitet hat, danke der Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Frau Motschmann, für die Unterstützung der Arbeit, die dann ja auch im Petitionsausschuss fortgeführt wird,
und ich danke auch der stellvertretenden Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Frau Dr. Mohammadzadeh.
Ich glaube aber, ich habe hier nicht nur den Parlamentariern für die gemeinsame Arbeit und die gute Arbeitserfahrung zu danken. Ich habe auch mit Praktikanten, die ich in diesen Unterausschuss mitgenommen habe, gesprochen, sie meinten, so haben wir das Parlament noch gar nicht erlebt, dass man gemeinsam sachorientiert arbeitet, auch dafür möchte ich danken.
Ich möchte aber auch ganz herzlich dem Wissenschaftlichen Dienst dieses Hauses und allen voran Frau Schneider danken, die hier eine Hauptlast der Arbeit getragen hat, die Anhörung organisiert und dazu beigetragen hat, dass wir als Fraktionen hier in der Lage sind, so zusammen einen guten, vorzeigbaren und in der Republik – denn alle anderen Landtage fragen danach, was habt ihr denn da gemacht, ihr seid doch da ganz modern und gut aufgestellt – nachgefragten Gesetzentwurf vorzulegen. Ich möchte auch aus dem Justizressort Herrn Dr. Wrobel danken, der weitere gute Anregungen gegeben hat. Ohne diese Zuarbeit und die Unterstützung der Mitarbeiter der
Fraktionen wäre es nicht gelungen, und insofern dafür mein ganz herzlicher Dank, dass das gelungen ist!
Wir Fraktionen legen hier jetzt ein Gesetz vor, das vorbildlich ist. Ich habe darauf hingewiesen, dass es nachgefragt ist. Es ist eines der fortschrittlichsten Petitionsgesetze überhaupt in den Ländern, und insofern können wir darauf stolz sein, dass wir hier von Bremen aus auch einen Impuls in die anderen Bundesländer geben. Das Gesetz ist lesbarer geworden. Auch Herr Dr. Steinbrück als Landesbehindertenbeauftragter hat dazu beigetragen, dass die Belange der Menschen mit Behinderungen dort berücksichtigt sind, es barrierefreier geworden ist. Moderne Technik ist berücksichtigt. Öffentliche Petitionen hatten wir schon, aber wir haben jetzt auch die Frage der Online-Petitionen insofern geklärt, als Diskussionsforen entstehen können und dergleichen. Da ist die Technik momentan noch nicht soweit, aber wir sind alle zuversichtlich, dass es bei der zweiten Lesung, wenn das Gesetz dann endgültig verabschiedet ist, auch funktioniert und der Startschuss für die moderne Technik gegeben werden kann. Ansonsten haben wir noch weitere Dinge geregelt, die auch wichtig sind für die Abarbeitung der Petitionen. Es gibt manchmal mehrere Menschen, die ein und dasselbe Anliegen haben, und darum haben wir uns dann auch um Massen- und Sammelpetitionen gekümmert. Als Letztes haben wir uns damit auseinandergesetzt, was es heißt, wenn wir als Parlament auch in der Arbeit des Petitionsausschusses transparenter werden wollen. Die Kollegen wissen, dass es häufig um persönliche Daten, um Lebensverhältnisse von Menschen geht, die nicht offengelegt werden sollen. Das will niemand, aber es geht eben auch manchmal um ganz allgemeine Interessen. Die Diskussion um Flugrouten ist vielleicht im Moment aktuell jedem im Ohr, die Besoldung für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst und Ähnliches. Solche Fragen sind eben von allgemeinem Interesse, und da sind wir im Petitionsausschuss auch der Meinung, dass so etwas dann öffentlich beraten werden soll und Anhörungen dazu öffentlich durchgeführt werden können. Insofern wollen wir uns auch als Petitionsausschuss hier weiter öffnen. Dafür braucht es eine gesetzliche Grundlage, auch die wird hiermit geschaffen. Daher freue ich mich, dass dies gelungen ist, und finde, es ist ein hervorragendes Beispiel des Bremer Parlamentarismus, dass wir hier gemeinsam dieses Bürgerrecht auf Petitionen weiter voranbringen, fortentwickeln zu einem der modernsten, vorbildlichen und fortschrittlichen Gesetze für die Bundesländer. Ich hoffe, andere werden vieles davon abschreiben, weil ich davon überzeugt bin, dass es uns wirklich gelungen ist, hier etwas richtig Gutes auf die Beine zu stellen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Kollege Dr. Buhlert hat das Wesentliche hier schon vorgetragen, insofern kann ich darauf aufbauen und auch für uns als Sozialdemokraten sagen, wir haben hier einen Entwurf über alle Fraktionen hinweg gemeinsam erarbeitet, der wirklich vorbildhaft ist, und die Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Länderparlamenten schauen teilweise heute auf uns nach Bremen, wie wir hier diesen Entwurf beraten. Es sind zwischenzeitlich Anfragen von den Länderparlamenten, von den Ausschüssen gekommen worden, die unsere Entwürfe als Grundlage für ihre Beratungen in ihren jeweiligen Länderparlamenten mit übernehmen wollen, weil sie sagen, das, was wir hier gemeinsam erarbeitet haben, darauf lege ich großen Wert, hat eine Chance, auch in anderen Länderparlamenten zu einem Recht zu kommen.
Wir haben im Petitionsausschuss einen Unterausschuss gegründet, um dies zu beraten. Ich bin Herrn Dr. Buhlert dankbar, dass er meine Anregungen angenommen hat und den Entwurf, den die FDP erarbeitet hat, nicht einfach in dieses Parlament eingebracht hat, sondern dass wir intensiv im Fachausschuss, im Petitionsausschuss diesen Entwurf beraten und dann eben durch die Gründung eines Unterausschusses, in dem die Obleute der Fraktionen vertreten waren, eine sachgerechte und nutzerorientierte Beratung durchgeführt haben.
Wir haben in über zehn Sitzungen mit zwei Außenterminen – einmal waren wir in Berlin beim Petitionsausschuss des Bundestages, und einmal waren wir in Bremerhaven beim Stadtverordnetenvorsteher und haben Gespräche geführt, wie es jeweils von dort aus gesehen wird – dann eben diesen Entwurf soweit geeint. Es hakte zum Schluss noch so ein bisschen, aber die Sommerpause lässt einem ja auch noch einmal die Möglichkeit, über das eine oder andere nachzudenken. Mein Petitum war immer, dass wir hier einen über alle Fraktionen geeinten Gesetzentwurf in dieses Parlament einbringen. Das ist uns gelungen, darauf sind wir im Petitionsausschuss stolz.
Ich sage ebenfalls, auch wenn nicht alle den Antrag unterzeichnet haben, das Interesse, hier gemeinsam für die Bürgerinnen und Bürger mit diesem Gesetz zu wirken, finde ich richtig und gut, und ich bedanke mich auch bei allen, die dazu beigetragen haben. Den Dank an die Verwaltung kann ich mir insofern ersparen, ich schließe mich den Worten von Herrn
Dr. Buhlert an, denn allein hätten wir das nicht machen können. Wir haben diesen Gesetzentwurf mit dem Datenschutz abgesprochen und eine breite Beratungsmöglichkeit auch außerhalb des Ausschusses wahrgenommen, sodass wir hier mit Fug und Recht behaupten können, Bremen ist ein Vorbild, was das Petitionsgesetz angeht.
Ich bitte das Parlament, diesen Antrag heute in erster Lesung zu verabschieden und dann wieder an den Ausschuss zu überweisen, damit wir bis zur zweiten Lesung noch in der Zwischenzeit ein paar Überarbeitungen vornehmen können. Wir haben die Texte gegendert, wir haben die Belange des Behindertengleichstellungsgesetzes mit berücksichtigt.
Ich glaube, wir haben hier einen Entwurf gemacht, der seinesgleichen in der Bundesrepublik Deutschland sucht. Noch einmal an meine Kolleginnen und Kollegen ein herzliches Dankeschön für die konstruktive Mitarbeit! – Vielen Dank!
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich schließe mich auch dem Dank meiner Vorredner und Kollegen, der Vorsitzenden des Petitionsausschusses, der Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen an, dass wir es geschafft haben, gemeinsam solch einen Gesetzentwurf hier vorzulegen, aber ich möchte mich gern besonders bei Frau Schneider vom Wissenschaftlichen Dienst bedanken, die stets eine gute Vorbereitung für die Sitzungen getroffen und uns auch sehr gut betreut hat.
Das Petitionsgesetz wird reformiert. Ich erlaube mir, das zum Anlass zu nehmen, mit Ihnen gedanklich einmal vielleicht zwei Schritte zurückzutreten. Worum geht es hier eigentlich? Es geht um die Beziehung zwischen Politik einerseits und den Menschen in diesem Land anderseits. Diese Beziehung ist, wie wir alle wissen, oft distanziert und von Missverständnissen geprägt. Politikverdrossenheit, mediale Parteien-, Politikerschelte und sinkende Wahlbeteiligung sind Ausdruck wachsender sozialer Distanz. Viele sprechen sogar von einer Krise der Politik. Was können und sollen wir dagegen tun? Allgemein gesprochen, wir sollten gesellschaftliche Veränderungen und Wünsche aufnehmen und unsere politischen Institutionen entsprechend umgestalten. Meiner Ansicht nach diskutieren wir aus diesem Grund heute die Reform des Petitionsgesetzes. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Zu den gesellschaftlichen Veränderungen sind zwei Entwicklungen in diesem Zusammenhang offensichtlich: Zum einen wollen die Menschen mehr Austausch mit der und mehr Einfluss auf die Politik haben. Schauen Sie sich allein die Ergebnisse des Bürgerbegehrens zur Änderung des Wahlrechts oder auch die Befragung der Wähler der Universität Bremen dazu an! Sehr aufschlussreich! Zum anderen wird Bremen vielfältiger und heterogener. In Bremen leben nicht nur mehr und mehr Menschen mit Migrationshintergrund, sondern auch die Unterschiede zwischen Jung und Alt, den verschiedenen Milieus in der Stadt werden größer. Mit der Vielfalt unserer Gesellschaft nehmen aber auch die Konflikte und Interessenunterschiede zu. Denken Sie nur an die neuerlichen Konflikte im Bereich der Stadtentwicklung! Ich erinnere an den Umbau des Weserufers, den Ringschluss der A 281, den Stadionausbau und das aktuelle Thema Flugroute, das der Kollege Buhlert genannt hatte.
Die Konsequenz daraus ist, wir brauchen politische Institutionen und Angebote, die zu zweierlei in der Lage sind, erstens, einen Dialog und Ausgleich über die unterschiedlichen Interessen und Probleme zwischen den Menschen und ihren politischen Vertretern und der Verwaltung zu ermöglichen, und zweitens, weitere politische Kanäle zu eröffnen und zeitgemäße und direktere Einflussmöglichkeiten auf die Politik und Verwaltung zu erlauben. Die Menschen sollen Politiker direkt erleben können und sich ihr Bild nicht nur über die Medien machen müssen. Mit der Reform des Petitionsgesetzes wollen wir genau das im Kleinen erreichen. Ich möchte daher zwei wichtige Veränderungen und Folgen hervorheben.
Erstens, die Hemmschwellen zur Beteiligung werden herabgesetzt, meine Vorredner haben das genannt. E-Petitionen und die Ausweitung des Internetangebots erleichtern es erheblich, Petitionen zu verfassen, jungen und wenig mobilen Menschen wird politisches Handeln näher gebracht. Die Einführung von Sammelpetitionen erlaubt die Solidarisierung der Menschen und fördert so gemeinsames Handeln. Darüber hinaus können Menschen mit Behinderung durch die Barrierefreiheit des Angebots besser ihre Beschwerden und Nöte mitteilen. Aus unserer Sicht ist das ein Schritt in die richtige Richtung, besonders für benachteiligte Bevölkerungsgruppen im Land.
Zweitens, die Öffentlichkeit und die Akzeptanz des Petitionswesens werden erhöht. Die öffentliche Petition im Internet ist ein Meilenstein auf diesem Weg. Sie erlaubt aber auch, Beschwerden und Anliegen einer breiten Öffentlichkeit nahezubringen. Mitmenschen haben die Möglichkeit, ihre Beschwerden und Anliegen Politikern und Bürgern mitzuteilen, sich anzuschließen und die Beschwerden in Internetforen zu diskutieren. So schaffen wir gegenseitiges Verständnis für die Probleme und Interessen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, auch wenn uns dies sicherlich nicht immer gelingt.
Zum Schluss möchte ich noch zum Ausdruck bringen, dass wir Grünen dieses Gesetzvorhaben voll und ganz unterstützen. Wir hoffen, dass Sie das auch tun. Ich denke, mit der Überweisung an den Petitionsausschuss bekommen wir einmal mehr die Gelegenheit, noch mehr Einflussbei dieser Reform zu nehmen. – Vielen herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit 1949 gewährt das Grundgesetz in seinem Artikel 17 jedem und jeder das Recht, Bitten und Beschwerden einzureichen. Jedem und jeder bedeutet – wie Herr Dr. Buhlert es dankenswerterweise schon ausführte –, nicht nur Erwachsene, sondern auch Minderjährige, Ausländer, Staatenlose, auch Geschäftsunfähige und Inhaftierte können dieses Recht in Anspruch nehmen. Alle können sich in eigener Sache oder im Allgemeininteresse an den Petitionsausschuss wenden. Für DIE LINKE ist das Petitionsrecht ein wichtiges Instrument für die Demokratie. Es ist das Bindeglied zwischen dem Parlament, den Parlamentariern und dem Bürger.
Wie wirken die von uns beschlossenen Gesetze vor allem im Alltag der Menschen? Gerade in letzter Zeit wird das Mittel der elektronischen Petition verstärkt genutzt. Noch nicht so sehr in Bremen, aber zumindest auf Bundesebene wird doch dem Protest in verschiedenen Bereichen eindeutig Ausdruck verliehen. Ich nenne einige Beispiele, die uns allen aus den letzten Wochen und Monaten zumindest aus den Medien bekannt sein dürften, wenn es darum geht, GEMAGebühren zu überprüfen, ob sie denn noch rechtens sind, wenn Überwachungskameras aufgestellt werden sollen, die Debatte um „Zensursula“ im Zusammenhang mit der unkontrollierte Sperrung von Internetseiten, aber auch die Debatten um Sanktionsparagrafen im Sozialgesetzbuch II. Auf Landesebene wurden schon einige Beispiele angeführt. Hier beschäftigen wir uns vor allem mit Aufenthaltsregelungen, Bauangelegenheiten, auch hier mit den Auswirkungen des Sozialgesetzbuchs II auf die Menschen und ihr Lebensumfeld, aber auch mit Lärm, in den letzten Tagen insbesondere mit Fluglärm.