Protocol of the Session on August 26, 2010

Ich eröffne die 72. Sitzung der Bürgerschaft (Landtag). Ich begrüße die hier anwesenden Damen und Herren sowie die Zuhörer und die Vertreter der Medien. Gemäß Paragraf 21 der Geschäftsordnung gebe ich Ihnen folgenden Eingang bekannt: Smiley-Kennzeichnungssystem für die Gastronomie einführen, Dringlichkeitsantrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 24. August 2010, Drucksache 17/1409. Gemäß Paragraf 21 Satz 2 unserer Geschäftsordnung muss das Plenum zunächst einen Beschluss über die Dringlichkeit des Antrags herbeiführen. Wer einer dringlichen Behandlung des Antrags zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt einer dringlichen Behandlung zu.

(Einstimmig)

Ich schlage Ihnen vor, diesen Antrag mit Tagesordnungspunkt 45, Initiative zur Verbraucherinformation und Lebensmittelsicherheit, zu verbinden. Ich höre keinen Widerspruch. Dann können wir so verfahren. Wir treten in die Tagesordnung ein.

Gesetz zur Sicherstellung der Rechte von Menschen mit Unterstützungs-, Pflege- und Betreuungsbedarf in unterstützenden Wohnformen (Bremisches Wohn- und Be- treuungsgesetz – BremWoBeG)

Mitteilung des Senats vom 10. August 2010 (Drucksache 17/1382) 1. Lesung

Wir verbinden hiermit:

Bremisches Gesetz zum Schutz von Bewohnern von Heimen (Bremisches Heim- bewohnerschutzgesetz – BremHeimG)

Antrag der Fraktion der FDP vom 23. August 2010 (Drucksache 17/1402) 1. Lesung

Dazu als Vertreter des Senats Staatsrat Dr. Schuster. Wir kommen zur ersten Lesung der Gesetzesvorlagen. Die gemeinsame Beratung ist eröffnet. Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Frehe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Senat legt heute ein Bremisches Wohn- und Betreuungsgesetz vor, das die bundesrechtlichen Regelungen zum Heimgesetz ablöst. Dieses Gesetz nimmt die gesellschaftlichen Veränderungen auf, die sich seit der Verabschiedung des Heimgesetzes 1974 – ein ganz langer Zeitraum – ergeben haben, und setzt die Übertragung der Gesetzgebungskompetenz auf die Länder für diesen Bereich um. Es ist ein Reformwerk, mit dem sich Bremen – und das muss man hier einmal deutlich betonen – an die Spitze der Länder in der Reformbewegung zum Heimrecht setzt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich will die wichtigsten zehn Neuerungen kurz benennen. Das Erste ist der Ausgangspunkt: Wir setzen nicht mehr an der Institution Heim an, sondern an dem besonderen Abhängigkeitsverhältnis von Wohnen und Unterstützung aus einer Hand. Das Zweite ist die Einbeziehung neuer Wohnformen. Das Dritte ist die Einbeziehung von Serviceangeboten, die mit diesen Wohnformen verbunden sind. Dann die Verpflichtung der Leistungserbringer und der Behörde zur Einhaltung grundlegender Rechte der Heimbewohnerinnen und Heimbewohner, weiter die höhere Transparenz von Leistungen und Qualität, und sechstens die Verbesserung des Beratungsanspruchs der Bewohnerinnen und Bewohner!

Schließlich haben wir eine wesentlich bessere Mitwirkung in dem Gesetz vorgesehen, ferner eine Verpflichtung zur Unterstützung zur Teilhabe, etwas das in den alten Heimgesetzen überhaupt nicht vorkam, da hat man an behinderte Menschen offensichtlich gar nicht gedacht. Neuntens die stärkere Einbindung in das soziale Umfeld, und zehntens die Intensivierung der Kooperation aller Beteiligten! Sie sehen also zehn Kernpunkte, mit denen wir das Heimrecht weiterentwickeln.

Ein wichtiger Ausgangspunkt des Gesetzes ist, dass man nicht mehr an der Institution ansetzt, sondern wie beim Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz das Wechselverhältnis von Wohnen und Unterstützen zum Ausgangspunkt macht. Damit wird die Abhängigkeitssituation als Grund für den besonderen Schutzbedarf von Bewohnerinnen und Bewohnern berücksichtigt. Immer dann, wenn der Bewohner oder die Bewohnerin im Falle einer schlechten Hilfe nicht einfach den Anbieter wechseln kann, weil das miteinander verknüpft ist, und ohne seine Wohnung und sein Wohnumfeld zu verlassen, gibt es eine Abhängigkeit, auf die der Staat mit Kontrolle reagieren muss. Um dieser Kontrolle zu entgehen, sind zahlreiche Heimträger zu neuen Organisationsformen übergegangen, die sie als Seniorenresidenzen, Wohnen mit Service oder betreutes Wohnen bezeichnen, die aber auch Elemente dieses Abhängigkeitsverhältnisses beinhalten. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Diese vom Träger gesteuerten Wohnformen einzubeziehen ist ein wichtiges Anliegen des Gesetzes. Auch die Konstruktion des Heimgesetzes zu umgehen, indem man die Apartments und die pflegerische Infrastruktur von unterschiedlichen Trägern machen und verwalten lässt und so zum Beispiel mit einem ambulanten Pflegedienst kooperiert, aber quasi ein Heim betreibt, wird künftig nicht mehr möglich sein. Es wird nicht mehr möglich sein, sich dem Heimgesetz auf diese Art und Weise zu entziehen. Dazu gehört auch, die unterschiedlichen Serviceangebote, die mit Mietverträgen gekoppelt werden und die einen beträchtlichen Zuschlag zu den üblichen Mietpreisen ausmachen, in ihrer Qualität und Nutzbarkeit zu überprüfen. Was ist, wenn der Anbieter des Services zum Beispiel Beratung anbietet, die für die Bewohnerinnen und Bewohner aber gar nicht erreichbar ist, oder ein Rufsystem installiert, auf das keiner reagiert, oder die gerufenen Hilfen erst wesentlich später eintreffen, weil sie im benachbarten Heim engagiert sind und dort arbeiten müssen? Ich glaube, dass kein anderes Heimnachfolgegesetz die Verpflichtung der Leistungsanbieter und Behörden so klar definiert wie das unsere. Wahrung der Würde und körperlichen wie seelischen Unversehrtheit der Bewohnerinnen und Bewohner, Selbstbestimmung, Selbstständigkeit, Selbstverantwortung und gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, Wunsch- und Wahlrecht, Wahrung der kulturellen und sexuellen Identität, Privatsphäre und Verbraucherschutz, das sind im Grunde genommen Ansprüche, die die einzelne Heimbewohnerin, der einzelne Heimbewohner direkt gegen den Betreiber, aber auch gegen die Behörde hat. Das heißt, dass ganz praktisch die Bewohnerinnen und Bewohner nicht einfach gewindelt werden dürfen, weil das Personal für ausreichend viele Toilettengänge fehlt. Das heißt auch, ihnen darf nicht das Essen in den Mund gestopft werden, weil es schneller geht als beim selbstständigen Essen. Das heißt auch, ihnen muss die Wahl zwischen verschieden Essensangeboten verbleiben und nicht von der wohlmeinenden Pflegerin oder dem wohlmeinenden Pfleger entschieden werden, was jemand zu essen hat, zum Beispiel den schnell zu verabreichenden Haferbrei. Die religiösen wie kulturellen Bedürfnisse von allen Migrantinnen und Migranten müssen berücksichtigt werden, und auch schwule Lebenspartner müssen akzeptiert werden. Die Zimmertür darf nicht einfach ohne Klopfen und Hereinsignal geöffnet und das Zimmer betreten werden; das ist immer noch Praxis. Diese scheinbaren Selbstverständlichkeiten in ein Gesetz zu schreiben, scheint überflüssig, aber es ist keinesfalls überflüssig, wie ich selbst von vielen Heimbewohnerinnen und Heimbewohnern weiß, wie ich von vielen Kollegen weiß, aber wie ich auch selbst in der medizinischen Rehabilitation noch in diesem Sommer festgestellt habe.

(Glocke)

Ihre Redezeit ist zu Ende!

Auf die anderen Punkte werde ich in einer zweiten Runde eingehen, auch um noch einmal deutlich zu machen, wie sich unser Heimgesetz vom Heimgesetzentwurf der FDP unterscheidet, der eher ein Rückgriff auf vergangene Zeiten ist. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Garling.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es hat ein bisschen gedauert, aber das neue Gesetz liegt jetzt vor, und es kann sich inhaltlich sehen lassen. Wir gehen heute in die erste Lesung. Es hat im Prozess eine breite und gut wahrgenommene Beteiligung zu dem Entwurf gegeben. Es hat von vielen Verbänden, Trägern und der Seniorenvertretung Stellungnahmen im Rahmen der Anhörung gegeben. Dieses Vorhaben zum neuen Gesetz war sehr ambitioniert, denn es sollte an die aktuelle Vielfalt der Angebotsformen angepasst werden und sich ordnungsrechtlich darauf beziehen, und es sollte sicherstellen, dass Leistungsanbieter eine Öffnung zum Gemeinwesen und bürgerschaftlichen Engagement ermöglichen. An dieser Stelle möchte ich das Ressort stellvertretend für die SPD-Fraktion ausdrücklich loben, denn dieses Gesetz ist bezogen auf die heutigen Anforderungen sehr modern und gut gelungen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das Gesetz soll Bewohnerinnen und Bewohner bei der Wahrnehmung ihrer Interessen unterstützen und sie vor Benachteiligungen schützen und dies für alle Wohnformen, die von einem Leistungsanbieter Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen. In diesem Gesetz werden die Anforderungen zwischen selbstorganisierten Wohnformen und Servicewohnen, trägergesteuerten Wohnformen und Pflege- und Betreuungseinrichtungen genau differenziert, und das ist der richtige Weg, besonders vor dem Hintergrund der vielfältigen Bedürfnisse und Angebotslage. Diese Differenzierung wird auch bei der Überwachung dieser unterschiedlichen Wohnformen vorgenommen. Die Abstufung in der Anwendung des Gesetzes soll größtmögliche Selbstbestimmung und Spielraum für innovative Angebote mit dem jeweils notwendigen minimalen ordnungsrechtlichen Schutz und Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher verbinden. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Es ist heute nicht mehr die Frage, ob Menschen sich ambulant zu Hause versorgen lassen oder in ein Heim gehen, sondern gefragt sind vielfältige Angebotsformen mit einem hohen Maß an Versorgungssicherheit und größtmöglicher Autonomie. Im Einzelnen sind im Gesetz Fragen zu Transparenz und Verbraucherschutz geregelt sowie zu Strukturanforderungen, zu Anforderungen an die Personalausstattung, zu baulichen Bedingungen, zur Heimmitwirkung und Überwachung.

Meine Damen und Herren, da es an dieser Stelle nicht möglich ist, im Einzelnen jeden Punkt zu beschreiben, empfehle ich Ihnen dieses Gesetz zum Lesen, es lohnt sich.

Ich möchte allerdings noch auf den Paragrafen 13 des Gesetzes eingehen, weil er aus meiner Sicht etwas festlegt, das bisher auf freiwilliger Basis der Leistungsanbieter geschah. Der Paragraf hat die Überschrift „Teilhabe und Förderung bürgerschaftlichen Engagements“. Dort steht unter Punkt eins: „Die verantwortlichen Leistungsanbieter von Pflege- und Betreuungseinrichtungen haben die Teilhabe der Bewohnerinnen und Bewohner am Leben in der Gesellschaft und die Öffnung der Pflege- und Betreuungseinrichtung in das Gemeinwesen unter Einbeziehung der lokal bestehenden Angebote und Netzwerke zu fördern.“ Unter Punkt zwei steht, dass die Leistungsanbieter dazu ein Konzept vorlegen sollen.

Das finden wir richtungsweisend. Es ist heute schon so, dass viele Einrichtungen ihre Häuser öffnen, für Ehrenamtliche Räume anbieten, Vorträge veranstalten, Kulturveranstaltungen und Feste durchführen und mit dem Stadtteil leben und kooperieren. Die Teilhabe am öffentlichen Leben ist ein wesentlicher Aspekt von Lebensqualität. Es wird damit zukünftig nicht mehr dem Zufall überlassen bleiben, inwieweit Leistungsanbieter ihre Einrichtung in das Gemeinwesen öffnen, und das halten wir für den richtigen Schritt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich freue mich darüber, dass wir das Gesetz jetzt in erster Lesung beschließen können, und werde in meinem zweiten Redebeitrag auf den Dringlichkeitsantrag der FDP eingehen. – Vielen Dank!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Nachfolgeregelung zum Heimrecht beschäftigt uns hier jetzt erst gegen Ende dieser Wahlperiode. Eigentlich hatte uns die Sozial- und Gesundheitssenatorin in einer früheren Debatte zugesagt, bereits am Anfang dieses Jahres einen Gesetzentwurf vorlegen und auch verabschie

den lassen zu wollen. Insofern darf man in Richtung des Senats und der Koalition zumindest die Kritik üben, dass dies doch erheblich mehr Zeit in Anspruch genommen hat, als es wünschenswert gewesen wäre, um hier auch solide rechtliche Grundlagen zu schaffen.

(Beifall bei der FDP – Abg. F r e h e [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Dafür ist es auch umso besser geworden!)

Auch das, was vorgelegt worden ist, erscheint uns alles andere als wirklich sinnvoll, durchdacht und belastbar, denn, lieber Kollege Frehe, es ist richtig, Bremen setzt sich an die Spitze der Bundesländer bei den Nachfolgeregelungen im Heimrecht, und zwar vor allem wenn es um die Ausweitung von Bürokratismus und zusätzlichen Vorschriften geht. So ist das, Herr Frehe, schauen Sie sich das einmal an! Die anderen Bundesländer haben ja fast alle schon vorgelegt und kommen überwiegend mit deutlich vernünftigeren Regelungen aus, als Bremen dies täte, wenn wir Ihrem Gesetzentwurf hier folgen würden. Ich halte das, was der rot-grüne Senat hier vorschlägt, für nicht machbar und auch nicht zweckmäßig.

Ich will Ihnen zunächst drei Punkte benennen, die für uns hier kritikwürdig sind.

Zum einen fehlt die Abgrenzung des ordnungsrechtlichen Zwecks. Der Senat versucht, qualitative Mängel durch kleinteilige Anforderungen zu vermeiden. Im Übrigen, Herr Kollege Frehe, ist das, was Sie heute vorgetragen haben, von der ganzen Denkungsart etwas völlig anderes als das, was Sie gestern in der Debatte zum Thema persönliches Budget ausgeführt haben.

(Beifall bei der FDP)

Uns geht es darum, die Menschen in die Lage zu versetzen, dass sie selbst ein breites Angebot bekommen und sich entscheiden können. Sie wollen den Menschen kleinteilig vorgeben, wie sie sich zu verhalten haben, und auch Angebote in einer sehr drastischen Weise regulieren. Das werden wir als Liberale so nicht mitmachen!

(Beifall bei der FDP)

Wir glauben, dass es gut ist, dass die Qualität der Pflege und Betreuung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen kontrolliert und durch den Wettbewerb sanktioniert wird. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass Instrumente wie der Pflege-TÜV dort zu mehr Transparenz beitragen. Wir glauben indes nicht, dass es hier zu einer solch kleinteiligen, rigiden Regelung kommen muss, wie Sie es hier im Heimgesetz gestalten wollen.

(Beifall bei der FDP)

Man muss auch – und das ist eigentlich der Grund, warum wir das nicht wollen – im Blick behalten, dass es viele ältere Menschen gibt, die sich schon jetzt nur noch schwerlich die Pflege leisten können, die sie dringend brauchen, da sie dafür einen Teil ihrer eigenen Pension oder Rente mit einbringen müssen, da das, was die Pflegekassen zahlen, nicht ausreichend ist. Wir befürchten – ich denke, nicht ganz zu Unrecht –, dass die vielen guten Wünsche, die Sie in dieses Gesetz hineingeschrieben haben, und die vielen zusätzlichen Auflagen sehr schnell dazu führen werden, dass sich noch weniger Menschen eine gute Pflege leisten können. Das ist etwas, das wir gemeinsam unmöglich wollen können, dass noch mehr Menschen hinausgedrängt und in soziale Sicherungssysteme gedrängt werden, nur um überhaupt in die Situation zu kommen, dass sie sich Pflege in angemessener Form leisten können. Wir glauben deshalb, dass Bürokratie den Menschen schadet, die pflegebedürftig sind, und Ihr Gesetz schadet genau diesen Menschen, da es ihnen in der Folge höhere Kosten aufbürdet.

(Beifall bei der FDP)

Wir glauben im Übrigen, dass die Ausweitung der Regelungen auf die ambulanten Versorgungsformen ein großes Problem darstellt. Frau Garling, wir sind sehr dafür, innovative Formen zu stärken, ganz richtig, aber genau das Gegenteil tun Sie mit Ihrem Gesetz. Sie müssen mir einmal erklären, wer in Bremen nach diesem Gesetz noch eine neue Wohngemeinschaft für demenzkranke Menschen gründen wird, nachdem Sie dort etliche zusätzliche Auflagen für die Betreiber hineingeschrieben haben, die andere Bundesländer unisono so nicht haben wollen, da man sie auch nicht braucht. In den letzten Jahren sind übrigens sehr vernünftige Einrichtungen entstanden, ohne dass es dort zu irgendwelchen nennenswerten Problemen gekommen wäre. Ich frage mich: Gegen wen regulieren Sie eigentlich?

(Beifall bei der FDP)

Ich glaube, dass eine Heimgesetznachfolgeregelung in Bremen zunächst einmal einladen muss, dass wir innovative Wohnformen auch weiterhin stärken und nicht den Betrieb verunmöglichen. Genau das wird passieren, wenn man diesen Gesetzentwurf des Senats hier beschließt, und deshalb rate ich dringend dazu an, dies auch noch einmal in Betracht zu ziehen. Wir als liberale Fraktion haben deshalb einen eigenen Gesetzentwurf gemacht, der sich an dem orientiert, was die übrigen Bundesländer an guten Regelungen vorgesehen haben, die übrigens auch deutlich schlanker dabei wegkommen als Ihr Entwurf. Der Entwurf der rot-grünen Koalition des Senats umfasst 35 Paragrafen, wir schaffen eine vernünftige Regelung in 18 Paragrafen. Das ist vom Volumen her das, was die übrigen Bundesländer in der Regel verwenden.

Wir sind überdies – und das möchte ich auch deutlich hervorheben – sehr in Sorge, ob wir in Bremen überhaupt in der Lage wären, das, was wir an neuen Vorschriften schaffen wollen, nachher wirklich auf seine Einhaltung zu überprüfen. Bereits jetzt – und das ist kein neues Problem – ist die Heimaufsicht Bremens chronisch überlastet, hat nicht den Personalstand, den sie braucht, um bereits die heute bestehenden Auflagen und Verpflichtungen hinreichend zu kontrollieren, und der Senat schreibt dazu locker-flockig, langfristig müsste man einmal den Personalbedarf der Heimaufsicht überprüfen.

Meine Damen und Herren, Sie wollen dieses Gesetz kurzfristig in Kraft setzen. Das bedeutet, es fallen nach Ihren Vorstellungen ganz neue, vielfältige Aufgaben an. Ich bin eigentlich nicht bereit, diese einer Heimaufsicht zu übertragen, die bereits in den letzten Jahren kaum noch die gesetzlichen Anforderungen erfüllen konnte. Wenn man wirklich Missstände in den Heimen abstellen will, Herr Kollege Frehe, muss man auch auf die Durchsetzung von Recht achten, dann muss man auch Behörden so ausstatten, dass sie auf die Einhaltung dringen können. Ich glaube, damit wäre die Heimaufsicht – so, wie Sie es beschreiben – völlig überfordert. All diese Dinge, die Sie der Heimaufsicht zusätzlich an Aufgaben geben, könnte sie heute überhaupt nicht bewerkstelligen.

(Beifall bei der FDP)

Da Sie vermutlich nicht bereit sein werden – der Senat scheint es jedenfalls nicht zu sein –, dort kurzfristig eine Umschichtung von Personalmitteln in diese Richtung zu bewegen, ist es, glaube ich, sehr unredlich, was Sie heute hier vorgetragen haben. Das sind alles Wunschvorstellungen, die nichts mit der Realität zu tun haben.

(Glocke)