Kornelia Wehlan

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Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag hat eine aktuelle Anbindung mit der Nachhaltigkeitskonferenz zu Beginn dieser Woche in Potsdam erfahren, obwohl uns das Thema Nachhaltigkeit natürlich schon länger umtreibt.
Sie wissen, seit der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro im Jahre 1992 ist sich die Staatengemeinschaft einig, dass nur eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten der künftigen Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen, als nachhaltig und damit zukunftsfähig gelten kann.
Seither findet weltweit das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung als normatives Grundprinzip auf allen Ebenen Eingang und ist angesichts aktueller Klimaentwicklungen stärker auf die politische Tagesordnung gerückt.
Die Strategie der EU für die nachhaltige Entwicklung aus dem Jahre 2001, ihre im Jahr 2006 beschlossene Präzisierung und Fortschreibung sowie die im Jahre 2002 veröffentlichte nationale Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung „Perspektiven für Deutschland“ beschreiben das Prinzip der Nachhaltigkeit als strategischen Handlungsansatz, der in allen Politikfeldern zu berücksichtigen ist. Dabei weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass den Bundesländern, also den Regionen, besondere Verantwortung und Gestaltungsräume dafür zugewiesen werden.
Bezogen auf die Umsetzung dieses Anspruchs konnte jedoch auch der 1. Nachhaltigkeitskongress Brandenburgs, der kürzlich stattgefunden hat, lediglich von einer ansehnlichen Nische in der Politik sprechen.
Der Nachhaltigkeitsbeirat kommt zu dem ernüchternden Befund: Brandenburg ist im Bundesvergleich sogar Nachzügler bei der Formulierung einer Landesnachhaltigkeitsstrategie als langfristige politische Rahmensetzung für Politik und Gesellschaft.
Bisher hat sich Brandenburg im Wesentlichen auf einen Umweltpakt mit der Wirtschaft und die kleinteilige Projektförde
rung bei Prozessen der Lokalen Agenda 21 beschränkt. Das ist eine ernüchternde Bilanz, meinen wir.
Dabei haben wichtige fachübergreifende Themen der Landespolitik einen engen Bezug zur nachhaltigen Entwicklung wie insbesondere die Klimaschutzpolitik, die Energiepolitik, die Verkehrs-, Raumordnungs- und Siedlungspolitik, der Naturschutz, die Landnutzung, die ländliche Entwicklung und Demografie, die Steuer- und Förderpolitik, die Umweltbildung, die Kooperation mit den Akteuren der Lokalen Agenda 21.
Von einer ganzen Reihe von Entwicklungen ist Brandenburg unmittelbar und besonders betroffen, so der Beirat für Nachhaltige Entwicklung und Ressourcenschutz.
Er merkt deutlich an, Klimawandel, Verlust der biologischen Vielfalt und Ressourcenknappheit, ökologische Folgen schrankenlosen Wachstums und wachsender gesellschaftlicher Spaltung und Ausgrenzung, die Gewalt begünstigen, Armut und Krankheit, Verletzung der Menschenrechte und kriegerische Gewalt im globalen Maßstab gefährden die natürlichen Lebensgrundlagen und stehen einer gerechten Verteilung der Lebenschancen innerhalb der und zwischen den Generationen entgegen.
Was ist nun die politische Konsequenz daraus? Auf alle Fälle nicht ein „Weiter so!“. Sie, verehrte Damen und Herren der Koalition, hätten sich schon in dieser Legislaturperiode in Umsetzung ihrer eigenen Koalitionsvereinbarung viel stärker selbst in die Pflicht nehmen müssen. Hier haben Sie die stärkere Integration der nachhaltigen Entwicklung in die Fachpolitik der Ressorts der Landesregierung als eine Aufgabe in der Regierungskoalition benannt.
Erinnern möchte ich an dieser Stelle daran, dass wir Sie diesbezüglich hier im Landtag Brandenburg öfter mit Anträgen und Anfragen in dieser Sache gefordert haben. Im Jahr 2007 haben Sie, die Landesregierung, auf unsere Anfrage hin erklärt, dass mit der Arbeit an einer brandenburgischen Nachhaltigkeitsstrategie gerade begonnen worden sei und dass der inzwischen eingesetzte Nachhaltigkeitsbeirat daran beteiligt werden solle. Der aktuelle Stand in dieser Frage wurde uns bis heute nicht vermittelt. Deshalb bleibt festzustellen, dass ein fachübergreifender programmatischer Handlungsansatz, der den Brandenburger Verhältnissen entspricht und das Denken ausschließlich in Legislaturperioden ein Stück weit aufbricht, schlichtweg fehlt. Unseres Erachtens ist dazu eine Veränderung der Anbindung der Zuständigkeit für die nachhaltige Entwicklung - derzeit beim Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz - unbedingt notwendig. Nachhaltige Entwicklung muss zur Chefsache werden. Sie ist Querschnittsaufgabe über alle Ressorts und bedarf eines integralen Ansatzes von Ökologie, Ökonomie und Soziokulturellem.
Dabei sollte sich eine Nachhaltigkeitsstrategie für Brandenburg nicht auf eine Regierungsstrategie beschränken; sie muss vielmehr als Landesstrategie die gesamte Gesellschaft und natürlich auch die darin handelnden Akteure einbeziehen. Für eine konsequente Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit ist es notwendig, breite Bevölkerungskreise anzusprechen und einzubeziehen sowie zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen und Organisationen in Entwicklungs- und Entscheidungsproz
essen zu fordern. Große Lücken gerade in dieser Frage wurden auf der Nachhaltigkeitskonferenz festgestellt. Der Beirat vermerkt dazu kritisch:
„In Brandenburg ist viel kreatives Potenzial vorhanden, das zurzeit eher ausgebremst wird, anstatt es gezielt zu nutzen und zu fördern. Insgesamt ist in Brandenburg noch zu wenig die Bereitschaft zu erkennen, innovative Gedanken und Lösungen aufzugreifen und sich konsequent um Möglichkeiten der Umsetzung zu bemühen.“
Für uns gehört die Einbeziehung der Wirtschaft und der Wissenschaftler unbedingt dazu. Deshalb haben wir im März 2007 die Berufung des aus Experten bestehenden Beirats für Nachhaltige Entwicklung durch die Landesregierung sehr deutlich unterstützt. Der Aufgabe, die Landesregierung zu Fragen der Nachhaltigkeit zu beraten und an der Ausgestaltung relevanter Strategien und Programme des Landes mitzuwirken, ist der Nachhaltigkeitsbeirat konsequent gefolgt. Sie können sich auf der Internetseite über die vielen Initiativen, aber auch über Positionspapiere zu grundsätzlichen Fragen der Entwicklung Brandenburgs eingehender informieren.
In einem Konsultationspapier zu den Grundzügen einer Nachhaltigkeitsstrategie für Brandenburg hat der Beirat inhaltliche und prozessuale Anforderungen an die Erarbeitung einer Nachhaltigkeitsstrategie gestellt sowie prioritäre Handlungsfelder für Brandenburg benannt. Auf der ersten Nachhaltigkeitskonferenz wurden die bisher erreichten Arbeitsergebnisse einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt und diskutiert.
Breiter Konsens unter den ca. 250 Akteuren aus Brandenburg war, dass die Erarbeitung einer Landesnachhaltigkeitsstrategie für Brandenburg dringend geboten ist. Denn klar ist, dass Brandenburg von der Transformation der ländlichen Räume, der Veränderung von Siedlungsstrukturen und dem demografischen Wandel besonders stark betroffen ist. Das hat natürlich Auswirkungen, insbesondere auf die peripheren, strukturschwachen Räume Brandenburgs und die Tragfähigkeit der für die öffentliche Daseinsvorsorge nötigen Infrastruktur, zum Beispiel in den Bereichen Allgemeine Versorgung, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Schulen, Gesundheitsdienste, Erwachsenenbildung, Mobilität und Kultur.
Wir wollen kein weiteres Vertagen der Diskussion über diese Fragen. Wir brauchen Strategien und politisches Handeln für eine nachhaltige Entwicklung. Vor allem aber brauchen wir öffentliche Debatten und Diskurse im Parlament und in der Zivilgesellschaft. Deshalb sind der im September zu erwartende Bericht des Nachhaltigkeitsbeirates und seine Handlungsempfehlungen dem Landtag zeitnah zu übermitteln, und zwar natürlich einschließlich der daraus abgeleiteten landespolitischen Konsequenzen. Nehmen Sie sich - in Umsetzung Ihrer eigenen Koalitionsvereinbarung - da beim Wort!
Natürlich erfordert die Erarbeitung einer Nachhaltigkeitsstrategie im Sinne eines langfristigen, Legislaturperioden überdauernden, umfassenden Leitbildes einen ebenso langfristig ausgerichteten Arbeitsprozess. Dafür sollte es heute, in der letzten Sitzung des Landtages, deutliche Signale geben. Die Arbeitsfähigkeit des Beirates ist über das Ende der 4. Wahlperiode hinaus zu sichern. Das ist natürlich zum einen Ausdruck der Aner
kennung für die geleistete Arbeit, zugleich aber auch Anspruch an die zukünftige Bearbeitung dieses strategischen Politikfeldes. Diesem Anliegen widmet sich Punkt 2 unseres Antrags.
Ich bitte Sie, unseren Antrag zu unterstützen.
Frau Gregor, ich habe Ihren Ausführungen entnommen, dass der erste Punkt unseres Antrags für Sie nicht ernsthaft genug ist, weil darüber erst in der nächsten Legislatur ordentlich beraten werden soll. Würden Sie dann wenigstens dem zweiten Punkt zustimmen, dass es Maßnahmen bedarf, mit denen die Arbeitsfähigkeit des Beirates über die zu Ende gehende Legislaturperiode hinaus gesichert und eine deutlich bessere Anbindung erreicht werden kann?
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Intention des vorliegenden Antrags haben wir schon im Dezember des letzten Jahres mit Ihnen diskutieren wollen. Leider waren Sie zu diesem Zeitpunkt nur bereit, mit uns die Auswirkungen der getroffenen Beschlüsse zum Gesundheitscheck der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU in einer Handlungsaufforderung an die Arbeit der Landesregierung zu binden. Nun: Steter Tropfen höhlt den Stein. Dabei sehen wir uns auch durch die aktuelle Diskussion zur Veränderung der Agrardieselbesteuerung darin bestärkt, hier und heute das Thema erneut mit Ihnen zu debattieren, zumal auf den Kreisbauernkonferenzen und auf dem Landesbauerntag die Politik noch einmal dazu aufgefordert wurde, und auch Sie, Herr Minister Woidke, sehr deutlich positive Signale in diese Richtung sandten. Nehmen wir uns also beim Wort und lassen es nicht nur bei Absichtserklärungen!
Warum meinen wir, dass die Landwirtschaft jetzt von Kosten entlastet werden muss?
Erstens hat die Landwirtschaft mit den Beschlüssen des EU-Agrarrats vom November 2008 eine Kursänderung der europäischen Agrarpolitik noch im laufenden Planungszeitraum zu verkraften. Diese ist für Brandenburger Agrarbetriebe mehr als erheblich, vor allem dann, wenn man bedenkt, dass die gekürzten Direktzahlungen und die zusätzlich aufzubringenden Modulationsmittel Bestandteil von Unternehmensbilanzen bzw. Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Kredite bei Banken sind, und zwar beispielsweise zum Bau von Stallanlagen oder aber, weil Boden gekauft wurde.
In der Verpflichtung, gegenüber Banken den Kapitaldienst zu leisten, stehen die Betriebe. Wo aber bleibt die Verantwortung der Politik, die mit ihren Entscheidungen für Halbwertszeiten von Planungszeiträumen sorgt? Eine rückwirkende Änderung von Zusagen im Planungszeitraum von 2007 bis 2013 ist für die auf Langfristigkeit angelegte Landwirtschaft mehr als schädlich. Mit der Aufhebung des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Betriebsgrößen ist nicht nur schlechthin für Deutschland eine Lex Ost geschaffen worden, sondern auch ein Einfallstor, um zukünftig von der nun geschaffenen Möglichkeit einer nach Betriebsgrößen differenzierten Ausgestaltung der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik noch ausgiebiger Gebrauch zu machen. Das betrifft immerhin Agrarbetriebe in Brandenburg, die 50 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche des Landes bewirtschaften und 41 % der in der landwirtschaftlichen Primärproduktion tätigen Arbeitskräfte beschäftigen. Da frage ich mich schon: Wo ist heute das Wort der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die noch wenige Wochen vor den entscheidenden Verhandlungen in einem an den Ministerpräsidenten unseres Landes gerichteten Antwortschreiben versicherte, Deutschland werde keiner Lösung zustimmen, die überproportionale Belastungen für die ostdeutschen Betriebe zur Folge hätte? Es gibt eine überproportionale Belastung des Ostens, Frau Merkel, und das hat Auswirkungen auf Arbeit und Einkommen im ländlichen Raum.
Zweitens: die Festlegungen zum Milchmarkt als weiteres Kernelement der Halbzeitbewertung. Die fragwürdige Quotenerhöhung von jährlich 1 % ist der Entwicklung der Milchpreise
abträglich und geht komplett an der Marktsituation vorbei. Es ist zu viel Milch auf dem Markt. Die Erzeugerpreise sind im Keller. Die Milchpreise betragen zurzeit nur noch etwa 50 % der Spitzenpreise aus dem Jahre 2007. Eine wirtschaftlich rentable Milchproduktion ist vor diesem Hintergrund nicht möglich.
Auch das hat Auswirkungen für Brandenburg, wo die Milchproduktion eine wichtige Rolle spielt und den größten Teil der Arbeitskräfte im ländlichen Raum bindet. Ich darf daran erinnern, dass die großen Betriebe, die ja die Kürzung der Direktzahlungen und die höheren Modulationsleistungen jetzt schon verkraften müssen, 60 % des Milchkuhbestandes in Brandenburg halten. Nach Angaben des Ministeriums hängen von der Milcherzeugung in Brandenburg direkt und indirekt etwa 17 000 Arbeitsplätze ab. Der Milchfonds, den die Bundesagrarministerin dabei als Erfolg und Ausgleich feiert, ist eine Scheinlösung. Mit diesem Milchfonds wird von den Brandenburger Bauern Geld eingesammelt, wird eine neue bürokratische Richtlinie geschaffen, und dann heißt es: Bitte schön, Bauer, wirke daran mit, damit du über diese Richtlinie Geld bekommst. - Man muss aber auch deutlich sagen, dass man das, wenn man Glück hat, möglicherweise schaffen kann. Aber der Bauer wird nur einen weitaus geringeren Teil dessen spüren bzw. nutzbar machen können, was vorher bei ihm eingesammelt worden ist. Das ist Schizophrenie hoch zehn.
Wie sich die neue Möglichkeit darstellt, aus dem europäischen Konjunkturpaket nun auch Gelder für den Milchfonds umzuwidmen, wird sich zeigen. Herr Harms konnte im Europaausschuss dazu noch gar nichts Konkretes verraten. Klar ist bisher, dass Deutschland für die ländliche Entwicklung zusätzlich 85,68 Millionen Euro erhalten soll. Ich habe gelesen, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern schon genau weiß, was es bekommt. Vielleicht wird uns heute hier auch vermittelt, was davon auf Brandenburg entfallen wird.
Maßnahmen zur Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft, insbesondere zur Unterstützung der Vieh- und Milchviehhalter in Brandenburg, stehen wohl obenan und sind im fachpolitischen Raum unumstritten. Es geht um schnelle Hilfe, um den Milcherzeugern Liquidität zu verschaffen, zum Beispiel über Betriebsmitteldarlehen. Es sind ja nicht nur Betriebe betroffen, die, wie ich jetzt einmal formulieren möchte, ohnehin schwach sind; vielmehr sind es auch unsere Leistungsbetriebe, die betroffen sind. Darüber muss man sich an dieser Stelle einfach einmal klar werden.
Drittens meinen wir, dass die Landwirtschaft stabile Rahmenbedingungen braucht, die weitgehend frei von Wettbewerbsverzerrungen sind, die aber auch kurzfristige Handlungsoptionen zum Überstehen der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise wie die Sicherung der Liquidität in den Betrieben und die Reduzierung der Betriebskosten einschließen, von denen die Landwirtschaft natürlich ebenso über Gebühr betroffen ist, wobei sie eben nicht an aktuellen Konjunkturprogrammen beteiligt ist.
Wie die aktuellen Diskussionen zeigen, ist die Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU sicherlich keine kurzfristige Maßnahme. Eine sofortige Handlungsmöglichkeit der Bundesregierung ist aber gegeben bei der Aussetzung der Steuererhöhung für Biodiesel und Pflanzenölkraftstoffe und der Abschaffung der Agrardieselbesteuerung für große Agrar
betriebe, die vor vier Jahren mit dem Haushaltsbegleitgesetz eingeführt wurde, damals noch ausgehandelt, wie wir uns erinnern, zwischen dem Bundesfinanzminister und den ostdeutschen Ministerpräsidenten als Faustpfand für eine bessere BVVG-Bodenpolitik. Wo wir heute mit der BVVG-Privatisierungsrichtlinie zum Verkauf bzw. zur Verpachtung der Landwirtschaftsflächen stehen, machen die Proteste im Land deutlich. Auch wenn mit dem sogenannten neuen Privatisierungskonzept etwas mehr Rechtssicherheit bei Erwerbsansprüchen erreicht wurde, so werden diese Fortschritte durch die Maximalpreisvorstellungen der BVVG zum Erwerb wie zur Pacht wieder konterkariert.
Verehrte Damen und Herren der Landesregierung, Sie müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, mit Ihrer Zustimmung zur besonderen Agrardieselbesteuerung der großen Agrarbetriebe ihre eigene Koalitionsvereinbarung gebrochen zu haben. Seit 1998 hat sich die Steuerlast beim Agrardiesel vervielfacht, und zwar auf 40 Cent/l. Deutschland hat den höchsten Steuersatz in Europa und dadurch einen Wettbewerbsnachteil für die Landwirte von ca. 40 bis 50 Euro/ha. Ich bin Herrn Folgart dafür dankbar - das war ja sicherlich Ihre Initiative, Herr Kollege -, dass jetzt auch die - so hätte ich beinahe gesagt - vertrockneten Abgeordneten Argumentationsmaterial im Fach haben. Darin können Sie nachlesen, wie sich diese Wettbewerbsnachteile konkret für Deutschland und damit natürlich auch für Brandenburg darstellen.
Wir meinen, es muss insgesamt mehr Gerechtigkeit ins System der Agrardieselbesteuerung. Das betrifft auch Klein- und Nebenerwerbsbetriebe, die ja bis zu einem Selbstbehalt von 350 Euro ebenso die volle Dieselsteuer bezahlen müssen. Dadurch werden auch Klein- und Nebenerwerbsbetriebe diskriminiert, die oftmals gleich mehrfach durch das große Netz der EU-Agrarförderung fallen. Wir meinen aber, wer eine flächendeckende Landwirtschaft will - ich denke, das wollen wir -, muss auch diese Betriebe fördern.
Nun will die bayerische Staatsregierung den Landwirten im Freistaat Steuererleichterungen beim Agrardiesel in Höhe von insgesamt 34 Millionen Euro im Jahr gewähren. Dabei übernimmt Bayern nach einem Kabinettsbeschluss in Eigenregie den sogenannten Selbstbehalt von 350 Euro je landwirtschaftlichen Betrieb, und zwar befristet auf zwei Jahre. Damit gibt es jetzt bei der Agrardieselbesteuerung eine eigene Bundesländerregelung und damit nicht nur ein europäisches Wettbewerbsproblem, sondern auch ein entsprechendes nationales Problem. Wir unterstützen, so denke ich, die Forderung von Agrarminister Till Backhaus in Mecklenburg-Vorpommern, diesen Alleingang zu beenden, den gerade ärmere Länder nicht unternehmen können.
In Anbetracht dieser Entwicklung wird der Handlungsdruck für unsere Initiative besonders deutlich. Wir brauchen mehr Gerechtigkeit im System der Agrardieselbesteuerung, wobei wir uns wohl auch einig darüber sind, dass, längerfristig betrachtet, eine nachhaltige Landwirtschaft in Deutschland und Europa sinnvoll ist, bei der man Agrarbetriebe dabei unterstützt, ihre Landmaschinenflotte auf dezentral erzeugte Agrotreibstoffe wie Biodiesel, reines Pflanzenöl oder demnächst sogar Biogas umzustellen.
Wir haben mit dem Antrag die Initiative ergriffen; Sie haben die Einsicht in die Notwendigkeit mit Ihrem Entschließungsantrag
belegt. Damit haben wir heute mehr als positive Signale zu erwarten.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dass wir Sie hier noch einmal mit einem Antrag quälen, hat das Parlament selbst verbockt, auch mit dem Anspruch, dass wir uns in der letzten Landtagssitzung dieser Legislaturperiode noch einmal über den aktuellen Stand der Forstreform verständigen wollen.
„Verbockt“ deshalb: Im Dezember letzten Jahres wurde ein Gesetz zur Neuorganisation der Landesforstverwaltung auf den Weg gebracht. Wir haben gegenwärtig einen Zustand der Schwebe. Es fehlt der feste Boden unter den Füßen; Stichwort Struktur. Es fehlt die Richtung; Stichwort Aufgabenbeschreibung. Zumindest darf ich Ihnen an dieser Stelle versprechen, dass wir uns einig sind. Wir wollen sehr wohl auch, dass die Forstreform zu einem Abschluss kommt, der uns mit gutem Gewissen sagen lässt, dass unterm Strich für die Bürgerinnen und Bürger, für die Betroffenen, aber auch für die Aufgabenerfüllung in Anbetracht des Landeswaldgesetzes alles getan worden ist.
Mit der Auflösung der Landesforstverwaltung und der Errichtung des Landesbetriebes Forst Brandenburg wurden, ohne dass eine neue, bereits entwickelte Struktur überführt wurde, Unsicherheiten über Unsicherheiten produziert. Aus dem irgendwie laufenden Betrieb heraus arbeitet jetzt ein Aufbaustab zur Einrichtung des Landesbetriebes. Er arbeitet an einem Vorschlag zur strukturellen Ausrichtung und zur Aufgabenbeschreibung. Die ersten internen Ergebnisse wurden den Beschäftigten zur Kenntnis gegeben. Dass dabei keine Begeiste
rungsstürme ausbrechen, dürfte klar sein. Wenn Sie, Herr Minister Dr. Woidke, sich am 6. April in Paaren-Glien vor die Gesamtbelegschaft stellen, gibt es sicherlich auch kein Happyend.
Wir haben gegenwärtig noch mit ganz anderen Rahmenbedingungen zu tun als nur mit denen, die wir hier selbst beschließen. Ich erinnere an die Wirtschaftskrise, die ihren Anfang im Immobiliensektor nahm. Davon war insbesondere die Holzwirtschaft, die sich ja im Schlepptau dieser Immobilienkrise befindet, bzw. die Baubranche von Anfang an betroffen. Waren zuvor die Erlöse für Holz im Schatten der rasant gestiegenen Energiepreise nach oben geschnellt und konnte die Nachfrage nach Holz kaum befriedigt werden, ging es danach mindestens genauso schnell wieder in den Keller: Preise runter, Absatz zurück, und die ersten holzverarbeitenden Betriebe wie im Holzkompetenzzentrum Baruth gerieten ins Schlingern.
Damit sind für den Landesbetrieb die ehrgeizigen Finanzziele weitaus schwerer zu erreichen. Der Spielraum für Innovation und Investition engt sich ein. Es engt sich auch der Spielraum für die kreative Anwendung des Tarifvertrags über Maßnahmen zur Begleitung des Umbaus der Landesverwaltung ein, zumal nach unseren Informationen die Anwendung für die Beschäftigtengruppe der Waldarbeiter noch aussteht. Aber dazu kann Herr Dr. Woidke sicher noch einiges sagen.
Schon jetzt zeigt sich aber, dass sich die so schön klingenden Begriffe Mobilität und Flexibilität eher zum Nachteil der Beschäftigten auswirken - verbunden mit Herabgruppierungen und dem Wechsel des Arbeitsortes. So schreibt der Hauptpersonalrat an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Die Berichte von Beschäftigten aus bisherigen Informationsveranstaltungen zu alternativen Arbeitsplätzen in der Landesverwaltung durch das Ministerium der Finanzen lassen nur im begrenzten Umfang auf Lösungen zugunsten der Beschäftigten hoffen.
Die Beschäftigten als hohes Gut, das dem Land für eine kompetente, qualifizierte und engagierte Bewirtschaftung und Betreuung des Waldes zur Verfügung steht, müssen stärker in den Mittelpunkt der Strukturüberlegungen gestellt werden. Gleiches gilt natürlich für die Bürgerinnen und Bürger des Landes, für die Landbesitzer und für die Holzwirtschaft.
Ich frage Sie: Kann es wirklich im Interesse auch nur einer der vorgenannten Gruppen liegen, wenn in Doppelzuständigkeit 145 im Durchschnitt 1 860 ha große reine Landeswaldreviere und 210 im Durchschnitt 5 240 ha große Hoheits- und Gemeinwohlreviere neu gebildet werden? Welche Verbesserungen ergeben sich aus der Bildung von 26 Oberförstereien, sechs Regionalbetrieben und sechs Serviceeinheiten? Was bringt die Wiedergründung eines quasi Landesforstamtes, wie es erst 1997 abgeschafft wurde?
Um es noch einmal plastisch zu machen: Wir reden hier über 973 Beschäftigte, deren Stellen abgebaut werden sollen, und über 1 646 Beschäftigte, die in einer neuen Struktur ab 2015 den gleichen Umfang an Arbeit so bewältigen sollen, dass knapp 100 000 Waldbesitzer und eine ganze Schwerpunktbranche, die Holzwirtschaft, mit der Arbeit zufrieden sind.
Schließlich und endlich soll sich der Zustand der Brandenburger Wälder verbessern und allen Brandenburgerinnen und Brandenburgern die Sicherheit geben, dass auf einem Drittel der Landesfläche - so viel Wald ist gegenwärtig bestockt - alles im Lot ist.
Eine derart umfassende Strukturänderung wie vorgesehen bedeutet, dass faktisch für keinen Mitarbeiter im Landesforstbetrieb etwas bleibt, wie es gegenwärtig ist. Faktisch jede Stelle ist auf dem Prüfstand. Der vorliegende Verfahrensvorschlag zur Stellenbesetzung wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet, und führt - ich zitiere erneut den Hauptpersonalrat - zu erheblichen sozialen Spannungen innerhalb der Belegschaft. Derart umfassende Stellenbesetzungsverfahren gab es in Brandenburg wohl zuletzt unmittelbar nach der Wende, besser unter dem Begriff „Abwicklung“ bekannt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, das Parlament ist mehr als gut beraten, einen Prozess, für den wir, so wie er läuft, ein hohes Maß an Mitverantwortung haben, zeitnah zu begleiten. Letztlich setzt der Aufbaustab das um, was ihm Kabinett und Landtagsmehrheit vorgegeben haben. Lassen Sie mich daher noch Folgendes sagen: Die Kolleginnen und Kollegen, die - salopp gesagt - im Arbeitsstab die Suppe auslöffeln, sind nicht die schlechtesten und nicht zu beneiden. Nachdem sich die oberste Forstbehörde weitgehend im Reformprozess verschlissen und daraus verabschiedet hat, reorganisieren jetzt die Kollegen aus der Praxis den Betrieb neu - so gut es eben geht. Mit ihnen möchte wohl kaum einer tauschen. Ich hoffe, Herr Minister, dass man ihnen wenigstens den Rücken freihält und nicht in denselbigen fällt.
Wie Sie sehen, liegt bereits heute eine Reihe von Zwischenergebnissen vor, die sich für eine Debatte lohnen. Es kann auch nicht schaden, wenn man den Einladungen der betroffenen Kolleginnen und Kollegen bzw. ihrer berufsständischen Vertretung folgt. Man erhält so mindestens einen Einblick, der sich durch den Filter der Potsdamer Ministerialverwaltung oftmals anders darstellt. Zu meinem Bedauern habe ich aber feststellen müssen, dass sich die Teilnahme an solchen Fachveranstaltungen aus den Reihen der die Regierung tragenden Fraktionen in den vergangenen Monaten „ziemlich übersichtlich“ gestaltet hat. Ein Grund mehr - so meine ich -, dass meine Fraktion zu der Auffassung gekommen ist, dass es sich lohnt, im Juli über einen Bericht zur Forstverwaltung zu debattieren - über einen Bericht, der dann im Kern die Vorgaben beinhaltet, die bis zum Jahr 2010 zur Umsetzung kommen sollen -, zum einzigen Zeitpunkt also, zu dem im Hinblick auf die anstehenden Landtagswahlen eine Einflussnahme des Parlaments auf den Verlauf der Forstreform überhaupt noch sinnvoll und möglich ist.
Ich erinnere: Wir haben im Dezember vergangenen Jahres ein Landesgesetz ohne Struktur- und Aufgabenbeschreibung mit dem an einen Arbeitsstab verbundenen Arbeitsauftrag, das bis Ende des Jahres zu tun, auf den Weg gebracht. Es ist mehr als an der Zeit, dass sich der dafür Verantwortung tragende Landtag wenigstens in der letzten Landtagssitzung dieses Arbeitspapier noch einmal auf den Tisch zieht und es dann als Zwischenzäsur dem neuen Landtag übergibt.
Wir denken, dass die Form eines Berichtes geeigneter ist als zum Beispiel das Stellen einer Großen Anfrage oder vieler Kleiner Anfragen. Letzteres haben wir dann noch als Möglichkeit, wenn es so wird, wie es aussieht. Ein Änderungsantrag liegt nicht vor. Ein Entschließungsantrag liegt nicht vor. Das ist immer ein mehr als deutliches Signal dafür, dass sich die Koalition verständigt hat, den Antrag abzulehnen. Insofern
weise ich an dieser Stelle darauf hin, dass es noch ein paar parlamentarische Möglichkeiten gibt, die notwendigen Informationen einzuholen. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gut, die Aufregung des Ministers versteht man vielleicht, wenn man die heutige Sondersitzung reflektiert. Ansonsten kann ich hier nur Gemeinsamkeit feststellen, nämlich die gemeinsame Feststellung, dass ein Bericht notwendig ist, nur, die Koalitionsfraktionen wollen ihn im Ausschuss. Da sage ich: Wenn ein Landtag, das politische Gremium, eine Forstreform auf den Weg bringt, Gesetze beschließt, und das ohne Struktur- und ohne Aufgabenbeschreibung, dann hat ein Landtag auch die Verantwortung, sich über die Konsequenzen
ins Bild zu setzen, und es nicht auf den Ausschuss zu verbringen, der noch dazu den Charme der Nichtöffentlichkeit hat und Beteiligten keine Möglichkeit gibt, wenigstens an diesen Debatten teilzuhaben.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu dem, was wir soeben von Herrn Folgart vernehmen durften, kann ich
nur anmerken, dass wir in der Debatte sicherlich große Einmütigkeit feststellen werden. Auch in den Anträgen, die zu einem späteren Zeitpunkt noch zur Abstimmung stehen, wird deutlich, dass wir uns in der Bewertung der Situation sehr nahe sind.
Die Beschlüsse des EU-Agrarrates über eine Kurskorrektur der Gemeinsamen Agrarpolitik in Europa sind ein Paradigmenwechsel in der Agrarförderung. Auch wenn uns dieser nun in dem Mäntelchen einer abgemilderten Kompromisslösung daherkommt, möchte ich für DIE LINKE deutlich feststellen: Ein Übel bleibt ein Übel, auch wenn es kleiner als erwartet ist. Es wäre mehr als richtig, wenn sich auch der Landtag zu einer solchen Feststellung durchringen könnte.
Erstmals werden durch EU-Agrarbeschlüsse Landwirtschaftsbetriebe wegen ihrer Größe ungleich und damit ungerecht behandelt. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wie klein dann der Weg dahin ist, zukünftig nur noch die Sätze anzuheben und gerade den Strukturen, die in Europa am ehesten wettbewerbsfähig sind, notwendige Gelder zu entziehen, dürfte mehr als deutlich sein. Es scheint, als gelte es, ausgerechnet dem Wirtschaftszweig im Osten nachträglich zu schaden, der sich mit seinen genossenschaftlichen Strukturen und den LPG-Nachfolgebetrieben erfolgreich im Ost-West-Gefüge behaupten konnte.
Von den insgesamt 1 787 betroffenen großen Agrarunternehmen in Deutschland befinden sich 1 738 in Ostdeutschland, davon, wie Herr Folgart schon sagte, 374 in Brandenburg. Ja, es ist eine Lex Ost, aber eben nicht die erste Lex Ost gegen unsere Brandenburger Agrarbetriebe. Denn diese hatten wir schon 2005, als der Bundesfinanzminister gemeinsam mit den ostdeutschen Ministerpräsidenten die stärkere Agrardieselbesteuerung für große Agrarbetriebe beschlossen hatte, die zu finanziellen Nachteilen von etwa 18 Euro je Hektar in diesen Betrieben führte.
Deshalb wären Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, mehr als konsequent in Ihrer Kritik, wenn Sie die Kraft fänden, in Wahrnahme Ihrer eigenen Verantwortung tätig zu werden, damit diese unzeitgemäße Entscheidung zurückgenommen wird. Würde das gelingen, wären die EU-Agrarbeschlüsse gegen die ostdeutsche Produktionsstruktur eins zu eins kompensierbar.
Wenn Sie den heutigen Pressespiegel schon gelesen haben, wissen Sie, dass gestern im Bayerischen Landtag ein Dringlichkeitsantrag beschlossen wurde, wonach selbst die Betriebe, die noch nicht einmal - wie unsere Betriebe - von dieser Degression betroffen sind, hinsichtlich der Steuer auf Agrardiesel entlastet werden sollen. Diesen Antrag hat der Landtag mit der generellen Forderung verbunden, die Agrardieselbesteuerung in Deutschland mit einem Umlenkungsprozess zu verbinden. Denn es ist nicht zu verstehen, warum in Deutschland der Agrardiesel für Betriebe in kleineren Strukturen mit 40 Cent, aber in anderen EU-Ländern - bei entsprechender Struktur nur mit 10 Cent besteuert wird. Daran sieht man, dass der entsprechende Punkt in unserem Antrag zur Harmonisierung der EU-Rahmenbedingungen mehr als auf der Tagesordnung steht. Überdies wäre das ein deutliches Zeichen der Unterstützung für unsere Brandenburger Agrarbetriebe in diesen besonderen Zeiten der internationalen Finanzkrise und einer drohenden Rezession.
Es ist nicht einzusehen, dass bei sämtlichen Diskussionen und Beschlüssen über Konjunkturprogramme und Finanzpakete der Agrarbereich - zumindest gegenwärtig - völlig außer Acht bleibt. Das ist auch deshalb unverständlich, weil in Zeiten einer offensichtlich unaufhaltsamen Verlagerung industrieller Arbeitsplätze ins Ausland die Agrarbetriebe mit ihrer Bindung an das Produktionsmittel Boden ein wichtiger Stabilitätsfaktor in Brandenburg sind. Das gilt vor allem in den peripheren, strukturschwachen Räumen wie Elbe-Elster, Uckermark, Prignitz und Ostprignitz-Ruppin, wo der Anteil der Erwerbstätigen in der Agrarwirtschaft überdurchschnittlich hoch ist.
Die Brandenburger Agrarbetriebe haben im aktuellen Planungszeitraum zu verkraften, dass ihnen 19 Millionen Euro weniger an Direktzahlungen zur Verfügung stehen. Nach dem aktuell vorliegenden Beschluss steigt die zu verkraftende Summe nun auf 40 Millionen Euro an. Herr Folgart hat schon erläutert, wie sich weitere Entwicklungen dieser Art vollziehen werden.
Dass das nicht ohne Auswirkungen bleibt, kann sich jeder an vier Fingern abzählen, auch weil diese Unternehmen im Vertrauen auf stabile Rahmenbedingungen im Planungszeitraum investiert und Kredite aufgenommen haben, für die sie Kapitaldienst leisten müssen. Die Direktzahlungen waren Bestandteil der Investitionsrechnungen. Ohne sie hätten viele Landwirte nicht investiert. Ein auch nur teilweiser Entzug gefährdet die Unternehmenskonzepte und stellt damit Arbeit und Einkommen im ländlichen Raum infrage.
Noch völlig unberücksichtigt ist dabei, dass mit der politischen Zielsetzung der EU, sich aus der Steuerung der Agrarmärkte zurückzuziehen, weitere Investitionsanforderungen auf die Betriebe zukommen, um sich auf den liberalisierten Agrarmärkten auch zukünftig behaupten zu können. Aber auch ohne diese Beschlüsse sind die Agrarbetriebe schon einem enormen Kostendruck ausgesetzt. Dafür stehen höhere Einkaufspreise für landwirtschaftliche Betriebsmittel sowie Energiepreise für Haushalte und Betriebe, die nirgendwo sonst in Europa so hoch sind wie in Deutschland.
Es stimmt eben nicht, dass die hohen Rohstoffpreise aus der Landwirtschaft die Verbraucherpreise ständig ansteigen lassen. In einem Expertenbericht vom April 2008 hat die Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig über alle erfassten Produktkosten hinweg festgestellt, dass der Anteil der Rohstoffpreise von 50 % in den 70er Jahren auf heute 25 % gesunken ist. Besonders die Brotpreise entlarven dieses Scheinargument der angeblich hohen Rohstoffpreise, das die Discounter in der aktuellen Diskussion meistens in Bezug auf die Milchpreise aus der Landwirtschaft benutzen. Beim Brot bestimmt das Getreide nur zu 4 % den Endverkaufspreis. Den Löwenanteil bilden Herstellungs-, Personal-, Vertriebs- und Werbungskosten.
Entscheidend für die Lebensmittelpreise hat sich vor allem der Paradigmenwechsel auf den Weltmärken ausgewirkt. Besonders das rücksichtslose Agieren der Hedgefonds hat die Nahrungsmittelpreise explodieren lassen. Fondsmanager kaufen auf dem Papier riesige Getreideberge auf, obwohl sie kein Interesse daran haben, das Getreide jemals in Empfang zu nehmen. Es wird dann meistbietend weiterverkauft und massiv an der Preisspirale gedreht, was Gewinne für einzelne Spekulanten und gestiegene Getreidepreise für alle anderen bedeutet. Die Entwicklung, die wir gegenwärtig zu verzeichnen haben, hat Herr Folgart dargelegt.
Es wäre ein wirklich weiser Beitrag der EU und findet sich als Handlungsanforderung an die Politik im Antrag der Fraktion DIE LINKE wieder, die Stellung der Landwirte am Markt deutlich zu stärken und hier wirksam gegen diese Art der spekulativen Preistreiberei vorzugehen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Subventionen haben ihre Berechtigung, da der Markt allein nicht allen Interessen der Gesellschaft gerecht wird. So ermöglichen sie die Sicherung der Gemeinwohlleistung, die es auf keinem privaten Käufermarkt gibt, wie die Pflege der vielfältigen Kulturlandschaften. Aufgrund der hohen Kosten, die die Einhaltung der im internationalen Vergleich anspruchsvollen EU-Norm für Erzeugung, Lebensmittelsicherheit, Umwelt und Tierschutz verursachen und die durch die Erzeugerpreise nicht voll gedeckt werden, sorgen die unternehmensbezogenen Zahlungen, die Direktzahlungen, für die Einkommenssicherheit, die die Erzeuger benötigen, um weiterhin landwirtschaftlich tätig zu sein.
Sie erinnern sich vielleicht an unsere Große Anfrage zu den Auswirkungen der Agrarreform im Jahr 2007. Hier wurde von der Landesregierung deutlich vermittelt, dass der Hauptteil des Einkommens selbst in guten Wirtschaftsjahren auf unternehmensbezogene Direktzahlungen entfällt. Folglich tragen die staatlichen Zuwendungen dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit der EU- und auch der Brandenburger Landwirtschaft auf globalisierten Agrarrohstoff- und Lebensmittelmärken zu sichern und die Einführung von Innovationen zu ermöglichen. Allerdings wäre nach Auffassung der Linken anzustreben, dass die Gewährung der Prämie nicht nur an die Einhaltung von Cross Complience gebunden wird, sondern ebenso an die Einhaltung von Tarif- und Mindestlöhnen für die in den Agrarbetrieben abhängig Beschäftigten.
Die Verdrängung von lebendiger Arbeit ohne Ausgleich hat in vielen Regionen Brandenburgs zur Abwanderung aus den Dörfern und zur Verschlechterung der ländlichen Infrastruktur geführt. Diese Entwicklung birgt die Gefahr, dass mit dem schrumpfenden Anteil der in der Landwirtschaft Tätigen auch der Blick für diesen existenziell wichtigen Wirtschaftszweig in der Gesellschaft verlorengeht und die Landwirtschaft nur noch als Umweltfaktor wahrgenommen wird. Dem ist entgegenzuwirken; denn die Sicherung ausreichender gesunder Ernährung für alle Schichten der Bevölkerung ist eines der Grundanliegen sozialer Gerechtigkeit.
Landwirtschaft darf, so meinen wir, nicht ausschließlich aus dem Blickwinkel kurzfristiger Rentabilität gesehen werden. Wir brauchen Landwirtschaft in bestimmten Fällen auch dort, wo sie sich nicht rechnet. Die Linke verschließt sich nicht der Kürzung der Direktzahlungen durch eine lineare Modulation, wenn dafür eine nachvollziehbare ökonomische Begründung gegeben wird. Diese hat die Kommission bislang nicht geliefert. Wir erneuern deshalb unsere Forderung nach Analysen der differenzierten wirtschaftlichen Situation der Agrarbetriebe sowie nach fundierten Prognosen der Entwicklung der Märkte und Preise. Was bleibt, ist unser Fazit, dass Marktorientierung, umweltgerechte Produktionsverfahren, artgerechte Tierhaltung, Umsetzung der guten fachlichen Praxis, letztendlich aber auch die Arbeitsplatzbereitstellung keine Frage von Betriebsgröße und Rechtsformen sind.
Oft machen Degressionen europapolitisch wenig Sinn, weil die ostdeutschen Regionen gerade wegen ihres Entwicklungsrückstandes seit 1990 zu Recht von der EU als Höchstförderregionen eingestuft werden. In Brandenburg betrifft das immerhin 75 % der Fläche, die Ziel-1-Gebiete sind. Diese unterliegen einer besonderen Förderung der EU über den Kohäsionsfonds. Es ist deshalb kontraproduktiv, wenn auf der anderen Seite die oftmals einzigen Produktionsstrukturen, sprich: Landwirtschaftsbetriebe, in dieser Art zur Kasse gebeten werden. Diesen Widersinn hat man zumindest scheinbar erkannt. Man hoffe jedenfalls, dass es sich aus dieser Diskussion heraus ergab, weil die Kofinanzierungsmittel für diese Gebiete auf 10 % für die Länder festgelegt wurden.
So richtig es ist, dass mehr Mittel für die ländliche Entwicklung, namentlich zur Minderung des Klimawandels, für erneuerbare Energien, für Wassermanagement und für Biodiversität mobilisiert werden sollen, so scheinheilig ist es, dass gerade die Mittel für die ländliche Entwicklung für die laufende Finanzperiode 2007 bis 2013 durch die EU selbst gekürzt wurden. Über diesen Fakt haben wir schon einmal im Jahre 2006 oder 2007 hier im Landtag diskutiert.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir noch einige Anmerkungen zum Thema Milch. Die Milchquotenregelung soll im April 2015 auslaufen. Bis dahin wird die Quote über fünf Jahre von 2009/10 bis 2013/14 um jeweils 1 % aufgestockt. Wir meinen, dass diese Entscheidung komplett an der Marktsituation vorbeigeht. Es ist zu viel Milch auf dem Markt, und die Erzeugerpreise sind nach einem kurzen Zwischenhoch bereits wieder erheblich gesunken, aktuell durchschnittlich auf 34 Cent. Angesichts der Produktionskosten ist das bei 40 oder 45 Cent je Liter eindeutig nicht auskömmlich. Positiv ist, dass 2010/12 eine Überprüfung der Marktsituation vorgenommen werden soll. Das lässt hoffen, dass die Notwendigkeit von Regeln für den Markt zur Erhaltung der Milcherzeugung und damit der Versorgungssicherheit in Europa durchaus anerkannt wird. Konsequenterweise bedeutet das aber auch - hier haben wir als Landespolitiker sicherlich eine große Verantwortung, diesen Prozess zu begleiten -, dass bei übermäßiger Marktstörung die Quotenanhebung ausgesetzt bzw. sogar wieder gekürzt werden muss.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ein positives Signal bleibt hier im Landtag allemal. Die vom EU-Agrarrat im November getroffenen Beschlüsse zur besonderen Belastung der traditionell gewachsenen großen Agrarstrukturen in Brandenburg werden von der Landesregierung, den Koalitionsfraktionen und von der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen, gute und weniger gute Entscheidungen liegen oft dicht beieinander, und manchmal haben sie auch direkt etwas miteinander zu tun, bedingen einander vielleicht sogar. Wir werden Sie mit unserer Bewertung, dass der vorliegende Gesetzentwurf alles andere
als ein großer Wurf ist, nicht überraschen. Insofern ist die Nachricht über den Durchbruch beim Tarifvertrag über Maßnahmen zur Begleitung des Umbaus der Landesverwaltung durchaus ein gewisser Trost.
Bei beidem, Forstreform und Tarifvertrag, steckt der Teufel im Detail. Nun gut, der Tarifvertrag ist ein Anliegen der Tarifparteien, die Forstreform ist Angelegenheit des Landtages. Wofür trägt nun das Parlament die Verantwortung? Dafür, dass mit dem Wald sorgsam umgegangen wird, dass er die Schutz-, Nutzund Erholungsfunktion erfüllen kann. Dafür ist eine funktionsfähige Verwaltung mit ausreichendem und qualifiziertem Personal vorzuhalten. Über den Umfang der Aufgaben entscheiden wir, Sie, der Landtag eben. Dazu empfehle ich Ihnen im Übrigen auch die Lektüre des Landeswaldgesetzes.
Ohne dass ich hier den nie mehr endenden Prozess der Forstreform noch einmal vollständig Revue passieren lasse, werde ich Ihnen natürlich nicht ersparen können, auf den nach Auffassung der Fraktion DIE LINKE entscheidenden Fehler im jüngsten Reformprozess zu verweisen. Es ist die völlige Unterwerfung des Fachressorts unter ein Finanzdiktat, und das ohne Aufgabenkritik und ohne Beschreibung der zukünftigen Geschäftsfelder.
Gemeint sind die pauschalen drastischen Personalkürzungen und Budgetkürzungen sowie die willkürliche Auflösung von Strukturen. All das passt nicht zusammen und kreiden Ihnen, Herr Minister Dr. Woidke, die Beschäftigten zu Recht an.
Die Linke hat mit Unterstützung der SPD im Fachausschuss versucht - Herr Helm, dies war nur die ausgesprochene Frauenpower im Ausschuss; denn Sie hatten in der Anhörung auf den Beschluss verwiesen, dem Sie nicht zugestimmt haben -, diesen Prozess wieder in Gang zu setzen. Jedoch wurde dieser Beschluss bis heute nicht vollständig umgesetzt. Es wurde zwar ein Gutachten zu den verschiedenen Rechtsformen gefertigt, aber bis heute liegen keine abgeforderten Ergebnisse der Aufgabenkritik einschließlich der künftigen Strukturierung der Geschäftsfelder sowie der Darstellung der betriebswirtschaftlichen Effekte einer Rechtsformänderung vor.
Wie wollen wir jedoch eine Entscheidung über Rechtsform, Aufgabenspektrum, Personalzielzahlen und Finanzzuweisungen treffen, wenn nicht einmal die fundamentale Datenbasis dafür vorliegt, die eine Abschätzung der Folgen unserer Entscheidung ermöglicht, zumal mit einer Aufgabenkritik im Nachgang bereits formulierter Personalabbauzahlen die Beschäftigten in die Situation geraten sind, den künftigen Verlust des eigenen Arbeitsplatzes zu begründen? - Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, dass die aktuelle Forstreform kein ordentliches Verfahren bietet.
Erklären Sie mir bitte einmal, wer am 1. Januar 2009 Vorgesetzter von wem sein wird und wer wem gegenüber weisungsbefugt ist. Es gibt zwar einen Forstbetrieb auf dem Papier, jedoch keinen Leiter. Wenn behauptet wird, man müsse erst die Ämter auflösen, um den Forstbetrieb strukturieren zu können, ist dies wenig glaubwürdig. Herr Dr. Woidke, Sie müssen die Struktur zunächst klar ziehen, um anschließend nahtlos überführen zu können. Dies sind im Übrigen auch die Themen, die sich in der Anhörung als Kritikpunkte herauskristallisiert haben.
Um dieses ordentliche Verfahren zur Anwendung zu bringen
und in den nächsten Monaten Antworten auf die vielen offenen Fragen zu bekommen, haben wir einen Änderungsantrag eingebracht. Danach können Sie den Forstbetrieb formal errichten, eine Struktur und Aufgabenverteilung entwickeln und am Ende dieses Prozesses mit der Zustimmung des Parlaments in die neue Struktur überführen. Nur auf diese Weise wird ein Schuh daraus.
Auch die Linke - damit Sie mich nicht missverstehen - unterstützt eine finanzielle Konsolidierung und den Ansatz, für die Bewirtschaftung des Landeswaldes die Zuschüsse abzuschmelzen. Zudem sehen wir eine schwarze Null bis zum Jahr 2015 als möglich an. Das bedeutet aber auch, dass die Kosten für die Gemeinwohlaufgaben, die keinen Gewinn abwerfen, aus der Zuschussrechnung herausgerechnet werden müssen. Wenn wir wie im Waldgesetz vorgesehen - den Forstbediensteten unter anderem Aufgaben der Waldpädagogik, des Umweltschutzes, des Forstschutzes und des Monitorings abverlangen, müssen wir dafür auch das Geld bereitstellen.
Zumindest hinsichtlich der Übertragung bzw. Streichung von Aufgaben haben Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, und wir gemeinsam im Fachausschuss die Gesetzesvorlage der Landesregierung korrigiert. Nun sind sowohl tätige Mithilfe für Privat- und Kommunalwald als auch die Unterstützung der forstlichen Zusammenschlüsse als künftige Geschäftsfelder wieder in der Gesetzesvorlage enthalten. Was aber ist mit dem dafür notwendigen Personal? - Dazu gibt es keine Aussagen. Dies ist bedauerlich; denn man muss davon ausgehen, dass die Landesregierung mit Personal rechnet, obwohl die beiden Aufgabenfelder, in denen das Personal tätig sein soll, nicht mehr vorgesehen waren. Zudem ist bedauerlich, dass wir die Landesforstverwaltung in eine ungewisse Zukunft schicken. Schließlich ist und bleibt ein Personalabbau von 40 % ein Kahlschlag, den wir im Landeswaldgesetz bewusst ausgeschlossen haben.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, zu einem weiteren Antrag meiner Fraktion: Ein Drittel des Landes Brandenburg ist mit Wald bestockt. Das sind etwa 1,1 Millionen ha Waldfläche, wovon wiederum etwa ein Viertel Landeswald ist. Jedoch steht unser Landeswald ab dem Jahr 2009 nicht mehr unter dem im Preußenwald-Moratorium verfügten Verkaufsstopp des Bundes. Der Fortschreibung dieses Instrumentes dient der Entschließungsantrag der Linken. Derzeit ist eine Veräußerung des Landeswaldes gemäß § 4 des Grundstücksverwertungsgesetzes aus verschiedenen Gründen möglich. Mit seiner Fülle von Ausnahmetatbeständen zur Veräußerung landeseigener Grundstücke kollidiert dieses Gesetz unseres Erachtens mit Geist und Buchstaben des Artikels 40 der Landesverfassung.
In diesem Zusammenhang ist besonders problematisch, dass mit § 4 des Gesetzes gewissermaßen ein Freibrief für den Verkauf von Landeswald gegeben worden ist. Wir wollen ein grundsätzliches Veräußerungsverbot für den Landeswald gesetzlich regeln. Dazu ist zumindest eine diesbezügliche Änderung des Grundstückverkehrsgesetzes erforderlich. Selbstverständlich schließt das die Aufnahme eines Passus ein, dass der Verkauf von forstwirtschaftlichen Flächen aus übergeordneten wirtschaftlichen Gründen und zur Arrondierung mit Privat- und Kommunalflächen - wenn kein Flächenaustausch möglich ist - ausnahmsweise möglich sein soll. Bedingung dafür ist jedoch für uns, dass Verkäufe durch Zukäufe ausgeglichen werden müssen und somit das Prinzip der Nettobilanz gilt. Wir sind uns
darüber im Klaren, dass dies sehr wohl eine hohe Hürde ist. Jedoch soll dadurch gewährleistet werden, dass Ausnahmen auch Ausnahmen bleiben.
Kurzum: Wenn Sie sich für einen geordneten Forstreformprozess entscheiden, können Sie unseren Anträgen ruhigen Gewissens zustimmen. Brechen Sie nichts übers Knie, nur um die Forstreform vermeintlich rechtzeitig vor den Landtagswahlen vom Tisch zu haben. - Danke.
Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Woidke, wer in der heutigen Debatte ein Demagoge war, können die Betroffenen selbst bewerten. Sie werden mich nicht dazu locken können, auf einen groben Klotz noch einen gröberen Keil zu schlagen.
Herr Helm, Sie bringen hier zum Ausdruck, dass die IG BAU im Kampf um die Vertretung ihrer Interessen besonders hervorgetreten sei. Das verwundert mich ein bisschen, weil Sie eigentlich wissen müssten, dass die IG BAU die Angestellten und Waldarbeiter vertritt, die von diesen Forstreformprozessen über Gebühr betroffen sind. Wir haben möglicherweise ganz unterschiedliche Sichten auf die betreffende Anhörung, was bei Koalition einerseits und Opposition andererseits vorkommen soll. Aber der Vertreter von Nordrhein-Westfalen hat auf Ihre Nachfrage hin explizit dargelegt, dass weder die Waldbesitzerstrukturen noch die Waldzusammensetzung vergleichbar sind. Insofern verwundert es mich also ein bisschen, dass Sie hier Zahlen benutzen, die Sie eigentlich selbst schon infrage gestellt haben.
Gestatten Sie mir eine letzte Bemerkung. Ich habe in meiner Presseerklärung nicht von „Chaos“, sondern von „chaotischen Verhältnissen“ geschrieben. Davon muss ich auch nichts zurücknehmen. Sie brauchen nur einmal nachzuschauen, was bei Wikipedia bei „Chaos“ steht, nämlich „Unordnung“. Um einen ordentlichen Prozess handelt es sich hierbei jedenfalls nicht.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Folgart, Sie haben soeben noch einmal dargelegt, dass Sie mit Ihrem Gesetzentwurf erreichen wollen, dass das Fahren mit Kutschen - präziser ausgedrückt: mit nichtmotorisierten Gespannen - zu den Waldbetretungsarten gehören soll, die generell und ohne Einschränkung zulässig sind. Zumindest hinsichtlich des Reitens im Wald war das Parlament bereits im Jahr 2004 so weit, allerdings gegen den erklärten Willen der Linken. Sie erinnern sich vielleicht: Wir waren diejenigen, die für ein Waldwegekonzept plädiert haben.
Dem vorangegangen waren ein umfangreicher Prozess von Anhörungen, eine Demonstration von Pferdebesitzern vor dem Landtag, Beratungen im Fachausschuss und Lesungen zur Gesetzesnovelle. Nur, für das Gespannfahren hat man nie die passende Regelung in das Gesetz eingearbeitet. Das völlige Aus brachte dann die Gesetzesänderung im Jahr 2007, die Sie als Koalition so wollten bzw. mitzuverantworten hatten. In deren Folge wurde es faktisch nur noch für die Waldbewirtschaftung und die Jagd gestattet, mit Gespannen in den Wald zu fahren.
Heute, ein Jahr später, wird erneut eine Änderung vorgeschlagen. Ich frage mich, wie ernst Sie den Landtag und sich selbst noch nehmen, da wir uns mittlerweile über mehrere Jahre hinweg zu diesem Themenkomplex verständigen, immer die gleichen Betroffenheiten hören und nach wie vor das Problem des zugespitzten Interessenkonflikts haben.
Keine Beachtung findet in Ihrer Gesetzesnovelle, dass das Pferdekutschenproblem mit der Frage der Schranken an den Zufahrtswegen zum Wald und einer Reihe von nachteiligen Konsequenzen verbunden ist. Wenn nämlich das Kutschenfahren erlaubt ist, dürfen nicht gleichzeitig Schranken im Wald dies verhindern. Herr Folgart, Sie haben es vom Standpunkt der anderen Seite aus erklärt. Ich gehe von der Sicht derjenigen aus, die sozusagen Eigentumsrechte, aber auch Ansprüche an diese Art der Nutzung des Waldes, festgeschrieben im Landeswaldgesetz, in Bezug auf die Erholungsfunktion, deutlich artikulieren. Ergo müssen die Schranken geöffnet bzw. abgebaut werden, was wiederum Kfz-Verkehr einschließlich Müllablagerungen nach sich zieht - genau die Erscheinungen, die wir nun wirklich nicht im Wald haben wollen. Ich habe auch viele Signale aus dem Landkreis Havelland erhalten - Herr Dombrowski wird noch sprechen -, dass gerade die Vermüllung des Waldes ein großes finanzielles Problem für die Kommunen darstellen wird. Ich denke, man kann nicht einfach mit einem Federstrich eine sich so zuspitzende Situation, noch dazu im engeren Verflechtungsraum, vom Tisch wedeln.
Nun hat sich die Lobby der Fahrer von Pferdekutschen zu Wort gemeldet, und es soll ihren Wünschen entsprochen werden. Mit anderen Verbänden, zum Beispiel dem Waldbesitzerverband, dem Jagdverband oder dem ADFC, wurde gar nicht erst gesprochen. Es ist schon interessant, wie häufig sich das Parlament in den vergangenen Jahren mit der hier aufgeworfenen Fragestellung befassen musste. Dieses „Rin in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln!“ entfaltet eine deutliche Signalwirkung zu diesem Themenkreis. Das, denke ich, sorgt gerade dort für Unruhe, wo jetzt neue Betroffenheiten entstehen.
Fakt ist, dass sich die Lobby der Reiterinnen und Reiter durchgesetzt hat und dem Reiten gegenüber den berechtigten Interessen der Waldbesitzer, Waldbesucher und Jäger einfach der Vorzug gegeben wurde. Der Gesetzgeber und die Landesregierung laufen seit Jahren dem Problem der Interessenkollision verschiedener Eigentümer- und Nutzergruppen hinterher. Statt den zugegebenermaßen etwas aufwendigeren Weg zu gehen und mittels eines Waldwegekonzepts einen Interessenausgleich herbeizuführen, ergibt man sich seit Jahren den Sachzwängen mit immer neuen Gesetzesänderungen.
Für die Fraktion DIE LINKE bleibt es bei der Forderung, dass sich nur über die Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen und über die Einigung vor Ort eine tragfähigere Lösung herbeiführen lässt. Solche Lösungen können sich zum Beispiel im berlinnahen engeren Verflechtungsraum ganz anders darstellen als in den etwas weiter entfernt gelegenen bzw. peripheren Regionen Brandenburgs. Mit Pauschallösungen und einer Basta!-Politik werden Sie den unterschiedlichen Belastungen wirklich nicht gerecht.
Herr Folgart, Sie haben die Problematik des Gestüts Neustadt/Dosse angesprochen. Ich erwidere einfach: Man stelle sich vor, man hätte diese vielen - mindestens sechs bis acht Jahre währenden - endlosen Debatten genutzt, um die Waldwegekennzeichnung vor Ort mit den Beteiligten vor Ort unter Berücksichtigung der Nutzerinteressen vor Ort auf den Weg zu bringen! Dann wären wir sicherlich einen Schritt weiter, und dieses Argument würde überhaupt nicht mehr bestehen. Insofern sehe ich mich hier in unserer Uraltforderung eines Waldwegekonzepts bestätigt, die nun mittlerweile die 2. Legislaturperiode überdauert, um diesen Nutzungskonflikten auch zu tragfähigen Lösungen zu verhelfen.
Den Clou bringen Sie jetzt damit, dass auf Antrag der Koalitionsfraktionen dieser Ihr Gesetzentwurf nicht einmal eine Chance haben soll, in den zuständigen Fachausschuss zu kommen. Man will wahrscheinlich alles schnell durchbringen, damit die Nutzer gar nicht erst hellhörig werden bzw. keine Interessenkonflikte zutage treten und man hinterher sagen kann: Na ja, eine Mehrheit des Landtags hat es doch so beschlossen. Das ist eine Art und Weise, die der guten Ordnung halber nicht Anwendung finden sollte. Das verwundert mich schon sehr. Meine Fraktion lehnt Ihren Gesetzentwurf deshalb ab.
Herr Minister, mir ist das schon bei der Rede von Herrn Dombrowski aufgefallen. Ich hoffe, uns liegt derselbe Gesetzentwurf vor. Nach dem mir vorliegenden Gesetzentwurf, der mir als Landtagsdrucksache zugeleitet wurde, geht es hier darum, dass im Wald jetzt auch nichtmotorisierte Gespannfahrzeuge fahren dürfen, also das Waldbetretungsrecht haben. Darin geht es also nicht um das, was Sie hier vortragen, nämlich dass eine Waldwegekonzeption vor Ort erst dadurch möglich wäre. In Wahrheit ist es so, dass eine solche Konzeption dadurch unmöglich wäre, weil das Betretungsrecht für nichtmotorisierte Gespannfahrzeuge ja jetzt sozusagen gegeben ist. - Deswegen möchte ich Sie fragen, ob Ihnen derselbe Gesetzentwurf vorliegt.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung werden die bisherige Landesforstverwaltung in einen Landesbetrieb Forst Brandenburg überführt und damit zugleich die Kabinetts-, sprich: Regierungsbeschlüsse, zu den Eckwerten der Forstreform bekräftigt. Sie kennen diese Eckwerte, verehrte Damen und Herren der Koalition, ganz genau, haben diesen ja auch nie wirklich widersprochen - im Gegenteil: Unsere Anträge zur Veränderung der Eckwerte wurden in den vergangenen Wochen und Monaten abgelehnt.
Mit dem Landesbetrieb werden der Stellenabbau um 1 100 auf zukünftig nur noch 1 500 Mitarbeiter, die Reduzierung des Zuschusses für den gemeinwohlorientierten und hoheitlichen Bereich von derzeit 78 Millionen auf zukünftig 42 Millionen Euro und die schwarze Null - Herr Dr. Woidke sprach davon - bis 2014 im Bereich der Landeswaldbewirtschaftung - Letzteres ist übrigens das Einzige, was auch von uns als unstrittig empfunden wird, also die schwarze Null bis 2014 im Bereich der Landeswaldbewirtschaftung - vollzogen. Die Gelehrten streiten sich übrigens darüber, ob das nicht auch mit der herkömmlichen Struktur möglich wäre. - Das nur als Anmerkung an dieser Stelle.
Das alles kommt im Gewand eines Gesetzes zur Neuorganisation der Landesforstverwaltung daher. Erstaunlich, wie wenig Papier erforderlich ist, um über 1 000 Arbeitsplätze abzubauen. Die wenigen Seiten haben es in sich, und die 2 500 Beschäftig
ten der Landesforstverwaltung empören sich zu Recht. Denn am Beginn Ihrer Forstreform stand nicht die Aufgabenkritik, nicht die Beschreibung der zukünftigen Geschäftsfelder und auch nicht die Einbeziehung der Beschäftigten und der Verbände. Am Beginn Ihrer Forstreform stand der Beschluss zum drastischen Personalabbau und zur Reduzierung des Landeszuschusses. Ihre Reform ist reiner Selbstzweck zur Konsolidierung des Finanzhaushalts mittels Kürzung des Personalbudgets.
Es wäre Ihre Aufgabe gewesen, Herr Minister, gegenüber dem Finanzminister deutlich zu machen, dass sich die Forstwirtschaft mit ihrer speziellen Bedeutung für das Gemeinwohl nur schwer in ein neoliberales Wirtschaftsmodell einbinden lässt. Das liegt, Herr Speer, in der Besonderheit des Wirtschaftens mit dem Naturgut Wald begründet.
Falls Ihnen das entgangen sein sollte: Gegenwärtig gibt es das Landeswaldgesetz noch, was in bestimmten Artikeln mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ausgehebelt werden soll. Im Landeswaldgesetz geht es um die Schutz-, Nutz- und Erholungsfunktion. Hier ist die Gemeinwohlleistung eingeschlossen. Noch im vergangenen Jahr hat der Minister abgelehnt zu sagen, es werden auch Aufgaben wegfallen. Da hatte er uns im Parlament und im Ausschuss erzählt, wir streichen einfach prozentual über alle Aufgaben hinweg. Dass das nicht möglich ist, haben wir schon vor einem Jahr gesagt. Heute haben wir die konkrete Auswirkung in dem vorliegenden Gesetzentwurf. Das ist einfach die Wahrheit. Da muss man sich auch einmal die notwendige Fachkompetenz einholen. Um nicht mehr und nicht weniger geht es.
Das dabei immer wieder ins Feld geführte Argument, bezogen auf die Gemeinwohlleistung, das europäische Wettbewerbsrecht fordere das geradezu ein, ist einfach falsch. Sie wissen das auch. Denn Entscheidungen auf europäischer Ebene zu Artikel 86 Abs. 2 des europäischen Gesetzes räumen den politischen Entscheidungsträgern auch in Zukunft erhebliche Freiheiten bei der Definition und der Finanzierung der Gemeinwohlleistungen im Forstbereich ein. Dieser Diskussion aber haben Sie sich bis heute verschlossen.
Mit Ihrem Gesetzentwurf wollen Sie den Gesetzgeber, das Parlament, uns Abgeordnete, aus dem, was noch kommt, heraushalten. Wir sollen hier faktisch die „Katze im Sack“ beschließen und Ihnen einen Freibrief geben, einen Freibrief für Personalabbau, für Destrukturierung und Aufgabenstreichung. Stichworte wie Waldumbau, Rat und Anleitung für Waldbesitzer, tätige Mithilfe und Waldpädagogik sollen an dieser Stelle genügen. Das alles sind Aufgaben, die der Gesetzgeber formuliert und wofür die Landesforstverwaltung einen klaren gesellschaftlichen Auftrag hat.
Da Sie sich erneut unserem Antrag zur Unveräußerlichkeit des Landeswaldes verwehrt haben, besteht nach wie vor die große Sorge, dass die Privatisierung des Landeswaldes am Ende dieses Prozesses steht. Es ist ein entscheidender Mangel, dass Sie keine Regelung zur Zuordnung des Forstgrundstocks - sprich: des Landeswaldes - treffen wollen, auch nicht mit diesem Gesetz, Herr Minister.
Sie wollen die tätige Mithilfe - immerhin eine Einnahmequelle in Höhe von über 1,3 Millionen Euro - und die Unterstützung
der forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse streichen. Für diese Politik zulasten des Kleinprivatwaldbesitzes werden Sie von der Linken keine Zustimmung bekommen. Wie wollen Sie das den Waldbesitzern und den holzverarbeitenden Unternehmen erklären? Es fand ja gerade die gemeinsame Beratung mit den forstlichen Dienstleistungsunternehmen statt. Für die sind die Förster bisher die vor Ort anerkannten Fachleute bei der Mobilisierung der Holzreserven und bei Auftragsvergaben.
Das Bundesland Thüringen geht genau den umgekehrten Weg und begreift die Landesforstverwaltung auf der Fläche als aktive Wirtschaftsförderung. Wir fordern ein ebensolches Herangehen. Nehmen Sie Ihr Branchenkompetenzfeld Holzwirtschaft endlich ernst!
Wir wollen erstens zukünftig die Einbeziehung des Parlamentes in den weiteren Reformprozess hinsichtlich der zukünftigen Aufgabenerfüllung - insbesondere bei den Gemeinwohlleistungen - sichern. Wir wollen zweitens eine klare gesetzliche Regelung über die Zuordnung des Forstvermögens - sprich: Landesvermögens - und dessen Unveräußerlichkeit. Drittens: Wir wollen die vollständige Sicherung aller sozialen Belange der Beschäftigten einschließlich des Ausschlusses betriebsbedingter Kündigungen, und wir wollen das auch in einer Anhörung vor dem zuständigen Fachausschuss mit den Betroffenen und Verbänden öffentlich diskutieren.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten zwölf Monaten drei parlamentarische Initiativen gestartet, um eine Gegenposition des Landtags zum Kabinettsbeschluss vom 27. Februar 2007 zu erwirken. Leider steht die hiesige Landtagsmehrheit von SPD und CDU hinter dem Ziel des drastischen Personalabbaus im Landesforstbereich und der Kürzung der Landeszuschüsse, die ohne vorherige Aufgabenkritik durch das Kabinett festgelegt wurden. Das haben wir zur Kenntnis nehmen müssen.
Wir haben auch zur Kenntnis nehmen müssen, dass Sie nicht die Frage beantworten wollen, wie mit 42 % weniger Personal die vom Parlament im Waldgesetz fixierten Aufgaben erfüllt werden sollen. Jetzt, im Nachhinein, eine Aufgabenkritik und eine Beschreibung der zukünftigen Geschäftsfelder von unten zu veranlassen, verkehrt unseres Erachtens das Mittel einer Aufgabenkritik ins Gegenteil. Sie dient nun vordergründig dazu, Aufgaben für nicht notwendig zu erklären, da dafür das Personal zukünftig sowieso nicht mehr zur Verfügung steht.
Unbeantwortet ist auch die Frage nach den zukünftigen Gemeinwohlleistungen im Forstbereich. Das ist insofern äußerst
bedenklich, als aus einem vom Finanzministerium vorgelegten Ländervergleich hervorgeht, dass Brandenburg eine äußerst geringe Finanzausstattung im Forstbereich hat. Von 66 Millionen Euro Minderausstattung im Vergleich der Flächenländer Ost und sogar 111 Millionen Euro im Vergleich der Flächenländer West ist die Rede. Hier ist das neue Einsparziel der Landesregierung von 36 Millionen Euro Landeszuschüssen bis 2015 noch nicht einmal eingerechnet.
Betriebsbedingte Kündigungen soll es nicht geben. Das unterstützen wir. Ob und wie aber im Rahmen des Tarifvertrags Überleitungsverträge für die schon in Diskussion gebrachten Landesforstbetriebsstrukturen - bis hinunter zum Waldarbeiter ihren Platz haben werden, steht in den Sternen.
Eine weitere grundsätzliche Frage schließt sich hier an, nämlich die nach einer landesgesetzlichen Regelung zur Unveräußerlichkeit des Landeswaldes. Auch diese Frage ist unbeantwortet und wird durch unseren Antrag nun konkret aufgegriffen; denn wir wollen vom Lippenbekenntnis weg hin zu einer Gesetzesinitiative, und das noch in dieser Legislaturperiode, weil 2009 das Preußenwaldmoratorium ausläuft. Nun werden Sie, meine Damen und Herren Vertreter der Landesregierung, auf Ihre Willenserklärung im Kabinett verweisen. Ja, dafür loben wir Sie an dieser Stelle ausdrücklich. Aber Sie wissen auch, dass eine Willenserklärung keinen Gesetzescharakter hat und dafür der Landtag zuständig ist.
Welch eine Einigkeit ließe sich also demonstrieren und wie viel Glaubwürdigkeit ließe sich an dieser Stelle gegenüber den Beschäftigten und Menschen in diesem Land erringen, wenn endlich eine landesgesetzliche Regelung auf den Weg gebracht werden könnte und wir als Landtag Ihrer Willensbekundung Folge leisten würden.
Sie erinnern sich sicherlich, dass wir im Juli 2000 beantragten, die Unveräußerlichkeit des Landeswaldes in die Landesverfassung aufzunehmen. Wir haben damals mit unserer Gesetzesinitiative dem progressiven Geist der Landesverfassung entsprochen. In Artikel 40 der Landesverfassung ist ja als Staatsziel benannt, dass die Nutzung von Grund und Boden, der dem Land gehört, vorzugsweise über Pacht und Erbbaurecht zu regeln ist. Das bedeutet, dass verfassungsrechtlich jede Veräußerung eine Ausnahme darstellt. So gesehen war schon unsere damalige Initiative dazu angetan, eine Missdeutung des Artikels 40 in seiner jetzigen Fassung auszuschließen und damit jeglichem Missbrauch vorzubeugen.
Sie haben das damals übrigens in gleicher Regierungszusammensetzung wie heute abgelehnt. Insofern verwundert es nicht, dass das Thema nach wie vor ganz oben auf dem Forderungskatalog der Betroffenen und der Bürgerinitiative „Brandenburger Wald“ steht und mit dem Auslaufen des Preußenwaldmoratoriums 2009 in den Fokus der Fortführung der Forstreform gerät.
Zur Erinnerung: Im Jahr 1998 bekam das Land Brandenburg, wie andere ostdeutsche Bundesländer auch, den sogenannten Preußenwald übertragen. Das war mit einer zehnjährigen Veräußerungssperre verbunden, dem Preußenwaldmoratorium. Der Bund selbst begründete damals das Preußenwald-Veräußerungsverbot mit Marktpflege. Es sollte also ausdrücklich vermieden werden, dass in Konkurrenz zum Verkauf des sogenannten Treuhandwaldes durch die BVVG und von WGT-Flä
chen durch die BBG auch noch Landeswald auf den Bodenmarkt geworfen wird. Das würde Preise verderben und könnte sie ins Bodenlose fallen lassen, war die damalige Auffassung der Bundesregierung. Man traf also Vorsorge, dass die Länder ihren Wald nicht sofort verkaufen konnten.
Bis heute liegt ein Beschluss des Landtages nicht vor, der klarstellt: Lieber Bund, wir akzeptieren das zehnjährige Veräußerungsverbot, aber es hätte eines solchen nicht bedurft. Wir denken im Traum nicht daran, in Brandenburg Landeswald jemals zu veräußern. - Immerhin handelt es sich mit ca. 260 000 ha Wald um fast den gesamten Landeswaldbesitz.
Nun läuft dieses Veräußerungsverbot im nächsten Jahr aus. Ob die Landesregierung es nun mag oder nicht, oder ob Sie es wollen oder nicht - jede Ihrer Forstreformbestrebungen wird argwöhnisch unter diesem Aspekt betrachtet werden. Man darf sich deshalb also nicht wundern, dass die Bestrebungen zur Ausrichtung von Aufgaben und Funktionen der Landesforstverwaltung hin zu einem erwerbswirtschaftlich orientierten Betrieb als ein erster Schritt hin zu einer materiellen Privatisierung, die auch Waldverkauf beinhalten würde, empfunden werden.
Umso wichtiger ist es, Verlässlichkeit dafür zu schaffen, dass der Landeswald als begrenzt verfügbares Natur- und Kulturgut auch nach Ablauf der zehnjährigen Veräußerungssperre grundsätzlich nicht veräußert werden darf. Damit wird gesichert, dass der nach Abschluss der Privatisierung des Treuhandwaldes und der WGT-Forstflächen ohnehin geringe Landeswaldanteil von 25 % am Gesamtwald dauerhaft erhalten bleibt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, nur damit Sie die Dimensionen unserer heutigen Debatte erkennen: Deutschland insgesamt hat heute 54 % Staats- und Körperschaftswald, das Land Brandenburg dagegen nur 38 %, und davon sind, wie gesagt, 25 % Landeswald. Auch deshalb ist es geboten, diese 25 % Landeswald dauerhaft zu sichern. Derzeit ist eine Veräußerung von Landeswald nach § 4 des Grundstücksverwertungsgesetzes aus vielerlei Gründen möglich. Mit seiner Fülle von Ausnahmetatbeständen zur Veräußerung landeseigener Grundstücke kollidiert unseres Erachtens dieses Gesetz mit Geist und Buchstaben des Artikels 40 unserer Landesverfassung. In diesem Zusammenhang ist besonders problematisch, dass mit § 4 des Gesetzes quasi ein Freibrief für den Verkauf von Landeswald geschaffen worden ist.
Wir wollen ein grundsätzliches Veräußerungsverbot für den Landeswald gesetzlich regeln. Dazu ist mindestens die Änderung des Grundstücksverkehrsgesetzes in diesem Sinne erforderlich. Natürlich schließt das die Aufnahme eines Passus ein, dass der Verkauf von forstwirtschaftlichen Flächen aus übergeordneten wirtschaftlichen Gründen und zur Arrondierung mit Privat- und Kommunalflächen, wenn kein Flächenaustausch möglich ist, ausnahmsweise möglich sein soll. Bedingung dafür ist für uns, dass Verkäufe durch Zukäufe ausgeglichen werden, also das Prinzip der Nettobilanz gilt. Das ist sehr wohl eine hohe Hürde. Dadurch soll aber gewährleistet werden, dass Ausnahmen auch Ausnahmen bleiben.
Der Landeswald stellt eine unschätzbare Ressource zur Sicherung der Daseinsvorsorge dar. Egal, ob es um den Rohstoff, die Klimafrage oder die Energieversorgung geht; egal, ob Umwelt und Naturschutz, Grundwasserbildung und Bodenschutz; egal,
ob Erholung und Umweltbildung; egal, ob es um Beschäftigung und Ausbildung im ländlichen Raum oder im ganzen Cluster Forst und Holz geht: Es wäre mehr als verantwortungslos, wenn dieses runde Viertel des Brandenburger Gesamtwaldes preisgegeben würde.
Dass die Begehrlichkeiten eher wachsen, zeigt folgendes Beispiel: Ein Raummeter Kiefernholz hat ein Energieäquivalent von 155 l Heizöl bzw. von 315 kg Braunkohlebriketts. Preislich stellt sich das so dar: Für einen Festmeter Kiefernholz zahlen Sie 100 Euro, das Äquivalent Öl kostet 238 Euro. - Insofern ist es nicht verwunderlich, dass die Waldholzvorräte in Deutschland als die zukünftigen Erdölfelder von Shell bezeichnet werden.
Ein weiterer Grund für unseren Antrag ist, dass durch die Sicherung des Anteils des Landeswaldes am Gesamtwald Waldfunktionen auch zukünftig dauerhaft erfüllt werden können. Würde der Landesforstverwaltung das Hauptproduktionsmittel, der Boden, entzogen werden, wäre sie auch kaum kompetenter Partner für den Privatwald vor Ort. Im Gegenteil: Gerade beim Privatwald hat sich meine Fraktion immer ein deutlicheres und stärkeres Engagement gewünscht. Strukturschwäche und Kleinparzellen haben dort immer wieder zu negativen Betriebsergebnissen geführt, die nur durch Zusammenschlüsse überwunden werden können. Die Forstfachleute gehen davon aus, dass sich eine stabile, nachhaltige Bewirtschaftung in sogenannten Nachhalteinheiten von 10 000 ha erreichen lässt. Die erreicht weder ein Privatwaldbesitzer noch ein forstlicher Zusammenschluss. Erst ab dieser Größenordnung lässt sich aber eine gewisse Kontinuität sichern.
Es ist genau diese Kontinuität, die sich jenseits von Börsenbewegungen, Haushaltsplänen, Rechtsformen und Legislaturperioden einstellt und für die wir die Verantwortung haben. Dann wäre es schön, wenn die Beschäftigten auf der Fläche irgendwann einmal wieder ihrer Arbeit nachgehen könnten und im Ministerium eine oberste Forstverwaltung wüssten, die nicht nur auf dem Papier über ihnen steht, sondern im übertragenen Sinne hinter ihnen, eine obere Forstverwaltung, die den Laden wieder führt und nicht dauerreformiert.
Anscheinend haben Sie dieses Problem selbst erkannt. Davon zeugt Ihr neuer Stellenpool im Forstbereich. Soweit ich gehört habe, ist jetzt Herr Staatssekretär Schulze kommissarischer Leiter der Abteilung „Forst und Naturschutz“.
Ihm zur Seite gestellt ist Abteilungsleiter Andrä. - Herr Schulze, ich wusste nicht, dass Sie Staatssekretär sind.
Welche Unruhe im System ist, zeigt auch...
- Herr Präsident, danke für die nette Hinweis-Lichtorgel hier vorn.
- Genau, und es ist zum Ende hin endlich einmal ruhig geworden.
Insofern, sehr geehrte Damen und Herren: Es sind genügend Argumente für eine landesgesetzliche Regelung zur Sicherung des Landeswaldes genannt worden. Ich bin gespannt auf die Argumente dagegen, denn in den Wahlprüfsteinen aller Parteien finden sich eigentlich Worte dieser Art. - Danke schön.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist nun schon 26 Monate her, dass das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zur Standortfrage des Flughafens Berlin Brandenburg International sein Urteil gesprochen hat. Der Ministerpräsident sagte damals deutlich, dass es nun nicht mehr um die Standortfrage gehe, sondern um ein „Bündnis am Boden“. Dieses Signal vom höchsten Brandenburger Amtsträger ist in der Region um den BBI als Hoffnungssignal für konkrete Initiativen der Landesregierung aufgenommen worden, um die negativen Auswirkungen abmildern zu helfen, die aus dem Flugverkehr resultieren. Mittlerweile ist das durchaus verstandene Hoffnungssignal konkreten Fragen der Betroffenheit gewichen, die im Rahmen des Dialogprozesses und der Ausgestaltung des im „Gemeinsames Strukturkonzept Flughafenumfeld Berlin Brandenburg International“ vereinbarten Vorteils-/Nachteilsausgleichs zu beantworten sind.
Es ist unserer Auffassung nach an der Zeit, für ein wirkliches „Bündnis am Boden“ zu handeln. Aus Sicht der vom Flughafen negativ Betroffenen sind dabei folgende Forderungen zu berücksichtigen: strenge Einhaltung des Nachtflugverbotes in der Zeit von 22 bis 6 Uhr; Wertausgleich für Grundstücke im verlärmten Bereich, wenn diese bei einem Verkauf nicht mehr den Bodenwert von 1996 erzielen; ein Dialogprozess in Anlehnung an das Wiener Modell, das einen Nachteilsausgleich für stark betroffene Gemeinden zum Ziel hat; Erarbeitung einer Konzeption, einschließlich Darstellung entsprechender Finanzierungsmöglichkeiten für ein umfassendes Gesundheitsprogramm zum Schutz der Anwohner vor Gesundheitsgefährdungen infolge des Flugverkehrs. Zum letzteren Themenkreis war auch der Kreistag Teltow-Fläming mit einer Beschlussfassung für ein Gesundheitsuntersuchungsprogramm und ein Gesundheitsumbaukonzept aktiv, welche unter Federführung der Landesregierung mit den betroffenen Gemeinden, Bürgerinitiativen und Sachverständigen zu erarbeiten sind.
Früherkennung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Anwohner, Aufzeigen von Gegenmaßnahmen, Verlagerung von
Gemeinschaftseinrichtungen für Kinder im Tagschutzgebiet, wie Kindertagesstätten, Horte, Schulen und Sportplätze in weniger lärmbelastete Gebiete sind einige Stichworte dafür, die Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sicherlich, hoffentlich - vielleicht auch nicht - Ihre Fraktionskollegen Christoph Schulze, Klaus Bochow und Carola Hartfelder bekannt gemacht haben - wie überhaupt Herr Schulze sehr rührig ist, auch wenn er jetzt leider nicht mehr da ist. In Anbetracht der enormen Fluglärmbelastung durch die ILA hat er auf seiner Internetseite ein entsprechendes Formular „Fluglärmbeschwerde“ für Betroffene zum Herunterladen abgelegt. Das Formular ist an den Fluglärmbeauftragten der Landesregierung gerichtet, eine Institution, die zukünftig sicherlich noch mehr Arbeit erhalten wird. Die Landesregierung ist aufgefordert, selbst Einfluss zu nehmen, dass das nicht so wird.
Zurück zum Schreiben des Kreistages Teltow-Fläming. Die Landesregierung ist vom Vorsitzenden des Kreistages, Herrn Klaus Bochow, am 17. März 2008 aufgefordert worden, die Umsetzung des Kreistagsbeschlusses zu unterstützen. Das sehen wir ebenso, und nicht nur bezogen auf den Landkreis Teltow-Fläming, sondern insgesamt für die betroffene Region. Die Landesregierung, meinen wir, ist sehr wohl aufgefordert, alle notwendigen Schritte zur Entlastung der Bürger von den negativen Auswirkungen zu unternehmen, die aus dem Flugverkehr resultieren. Mit unserem Antrag wollen wir die parlamentarische Begleitung sichern.
Im Übrigen sind wir als Vor-Ort-Landespolitiker dazu auch konkret aufgefordert worden.
Der Ball liegt jetzt bei der Landesregierung. Seit dem Beschluss des Kreistages Teltow-Fläming sind mehr als zwei Monate vergangen. Vielleicht gibt es heute bereits einen ersten Sachstandsbericht zu den Forderungen des Kreises; zumindest sollte jedoch eine zeitnahe Information im zuständigen Fachausschuss erfolgen.
Um die mit dem BBI zu erwartenden Vor- und Nachteile für die Region auszugleichen, haben die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg im Jahr 2006 mit zwölf brandenburgischen Kommunen, drei Berliner Bezirken sowie weiteren regionalen Akteuren und Fachverwaltungen einen Dialogprozess zur Flughafenumfeldentwicklung begonnen. In diesem Zusammenhang wurde von den am Dialogprozess Beteiligten bis zum 31. März 2007 eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, in der unter anderem festgelegt ist, dass für die unterschiedliche Verteilung von Vor- und Nachteilen für die Gemeinden im engeren Wirkungsbereich des BBI ein Ausgleich stattfinden soll. Sie können das in Punkt 4 dieser Erklärung nachlesen.
Das „Dialogforum Flughafenumfeld BBI“ dient der stärkeren Berücksichtigung der gemeindlichen Interessen bei der Förderung des Flughafenumfeldes. Teilnehmer sind die Kommunen und Landkreise sowie die Flughafengesellschaft, unterstützt aber durch die Länder Berlin und Brandenburg. Es wurden Arbeitsgruppen zu folgenden Maßnahmenbereichen gebildet: Integriertes Verkehrskonzept, Landschaftsplanung, Natur- und Erholungsraum, städtebauliche Rahmenplanung und soziale Infrastruktur, Zusammenarbeit Flughafen und Gemeinden.
Das Flughafenforum soll sich nun in der BADC als kommunales Forum fortsetzen. Dies ist auch notwendig, um ein gemeinsames Auftreten der Gemeinden und Kreise gegenüber den
Landesregierungen, der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH und anderen zu sichern.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die vielen offenen Fragen erfordern geradezu ein aktives Handlungsempfinden der Landesregierung. Wir wollen deshalb die Teilschritte des Dialogprozesses, seine Ergebnisse sowie die Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung über eine Berichterstattung im Ausschuss für Infrastruktur und Raumordnung begleiten und hinterfragen.
Ihre Antwort, Herr Schönbohm, leitet zu meiner Nachfrage über. Würden Sie mir zustimmen, dass das von Herrn Schulze angemahnte Vorgehen, mittels eines Runderlasses die Versorgungsträger anzuhalten, keine Beitragsbescheide rauszuschicken, nicht das grundsätzliche Problem Rückgriffsrecht auf Altanschlüsse behebt?
Eine zweite Frage: Der Presse war zu entnehmen, dass sozusagen der Ball zwischen Ihrem Haus und dem Haus des Ministers Dr. Woidke hin- und hergerollt wird. Das ist weniger wichtig. Wichtiger war die Information, dass eine Arbeitsgruppe eingerichtet wurde, um das gesamte Themenfeld noch einmal zu recherchieren und möglicherweise Schlussfolgerungen zu ziehen. Wie ist der aktuelle Stand der Arbeit der Arbeitsgruppe? Sind die in die Öffentlichkeit gebrachten Diskussionen zum Paket Sachsen-Anhalt oder Verjährungsfrist Dinge, die Sie gegenwärtig auch aus Sicht der Landesregierung für notwendig erachten?
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag meiner Fraktion wendet sich einem Thema zu, das uns mit den Stichworten „Wildschäden, Unfallgeschehen, Artenvielfalt“ schon über viele Jahre bewegt. Der Landtag selbst hatte sich zuletzt im Jahr 2002 mit diesem Thema befasst. So traurig es ist, aber ich könnte fast 1 : 1 die Beschreibung des Problems wiederholen, und das fünf Jahre später.
Immer noch geht es darum, Wilddichten zu erreichen, die ein auf den Lebensraum bezogen vertretbares wildkökologisches Maß erfüllen. Das Ursachengeflecht, das dem entgegensteht, hat sich hingegen weiter zugespitzt.
Denken Sie an die schneisenfreien Schlaggrößen, an das veränderte Tag-Nacht-Verhalten unserer jagdbaren Arten, an den fortgeschrittenen Waldumbau mit Zäunen, dichtem Unterstand und künftig vermehrter Mast, an Zerschneidungseffekte durch die Zunahme des Verkehrs usw. usf. Insbesondere der Anstieg des Energiepflanzenanbaus mit seinen nicht ungefährlichen Monokulturen trägt zu einer weiteren Zuspitzung des Problems bei. Dabei wird eines deutlich: Die Jägerschaft allein wird nicht Herr der Lage, aber ohne die Jäger geht es nun einmal nicht.
Die Wildschäden nehmen in einem Ausmaß zu, das die Jagd zu einem unkalkulierbaren finanziellen Risiko werden lässt. In der Regel sind nach den langjährigen Pachtverträgen die Jäger für Wildschäden verantwortlich. Wenn sich aber die Rahmenbedingungen derart ändern, wie eben beschrieben, dann ist eine vernünftige Bejagung kaum möglich und ein Vertrag, vor allem das finanzielle Risiko, wird zum Grund für die Aufgabe der Pacht.
Die Bestände der Schalenwildarten haben sich in den letzten Jahrzehnten rapide erhöht. Für die detaillierte Information habe ich noch im Jahre 2002 hier im Landtag das Studium des Jagdberichts des Landes Brandenburg empfehlen können. Die letzte Ausgabe für das Jahr 2003/04 liegt aber nunmehr schon einige Zeit zurück. Ich möchte an dieser Stelle daher eine diesbezügliche Kritik des Landesjagdverbandes aufgreifen und an
den Minister weitergeben. Auch wir erwarten, dass es zeitnah wieder einen aktuellen Landesjagdbericht gibt.
Einzige verlässliche Informationsquelle ist derzeit eine Veröffentlichung der Landesforstanstalt über die Jagdstrecke im Jagdjahr 2005/06. Demnach stagnieren die Abschüsse auf hohem Niveau. „Hohes Niveau“ bedeutet überschläglich eine Verdoppelung bei den Schalenwildbeständen im Vergleich zu den 80er Jahren. Lapidarer Satz am Ende dieses Tabellenwerks: Die ausnahmslos hohen Streckenergebnisse bei den ausgewählten Wildtierarten verdeutlichen das Bemühen der Jägerinnen und Jäger Brandenburgs um verantwortungsvolle Regulierung überhöhter Bestände bzw. Besätze.
Gleichzeitig klagen die Landwirte über hohe Wildschäden, die Waldbesitzer über Verbiss- und hohe Zaunkosten, Autofahrer und Versicherungen über die wachsende Zahl an Wildunfällen. Dass sich die Jägerschaft müht, können Sie an den ebenfalls kontinuierlich gestiegenen Abschusszahlen ablesen. Offensichtlich ist es jedoch nicht gelungen, den Kreislauf der Zunahme der Population zu durchbrechen.
Ja, bitte.
Da haben Sie Recht, Herr von Arnim. Wir können dazu gern gemeinsam mit dem geschätzten Kollegen Helm in einen Trialog eintreten. Der Kollege Helm und ich hatten nämlich kürzlich dazu eine Diskussion, die wir Ihnen dann auch verfügbar machen würden.
Dass sich die Jägerschaft müht, habe ich gerade schon deutlich vermittelt. Aber leider sind andere Notwendigkeiten zu berücksichtigen, um den aktuellen Gegebenheiten verstärkt Rechnung zu tragen.
Natürlich müssen neue Jagdmethoden entwickelt und die Jagdbehörden bei der Abschussplanung mit anderen Befugnissen ausgestattet werden. Einige Änderungen konnte der Fachausschuss auf seiner letzten Beratung zur Jagddurchführungsverordnung schon zur Kenntnis nehmen.
Natürlich ist Fakt, dass insbesondere beim Schwarzwild das Verhältnis des Abschusses zwischen weiblichen und männlichen Stücken nicht stimmt. Fakt ist aber auch, dass Schwarzwildrotten, die erst einmal ihren Einstand in endlosen Feldern
gefunden haben, ohne Unterstützung der Landwirte kaum sinnvoll zu bejagen sind. Das vielleicht auch noch als Hinweis zu Ihrer Frage, Herr von Arnim.
Welche Möglichkeiten sind nun in der Praxis gegeben? - Dazu möchte ich auf unseren Antragsgegenstand, die Langenweddinger Erklärung aus Sachsen-Anhalt, verweisen, in der Vereinbarungen zwischen Landwirten und Jägern anregt werden und die eine Reihe von Maßnahmen beinhaltet, die eine effektive Bejagung unterstützen. Die Unterzeichner verpflichten sich dazu, auf Flächen, die von einem Landwirtschaftsbetrieb bewirtschaftet werden und zugleich Jagdflächen sind, Präventivmaßnahmen durchzuführen. Bis zum Beginn des Jagdjahres am 1. April sollen dazu auf lokaler Ebene geeignete Maßnahmen abgestimmt werden. Der dortige Landesjagdverband hat gemeinsam mit den anderen Unterzeichnern dazu eine Mustervereinbarung vorbereitet. Diese dient als Handreichung und Empfehlung.
Die Langenweddinger Erklärung zur Verhütung von Wildschäden ist deutschlandweit beispielhaft und begründet sich im notwendigen gemeinsamen Handeln von Jägern und Bauern, von Flächeneigentümern und verschiedenen Flächennutzern, von Politik und Verbänden. Die Landwirtschaftsministerin von Sachsen-Anhalt, Frau Wernicke, hatte die Langenweddinger Erklärung angeregt und sagte damals, sie sei sich sicher, dass dieses Vorgehen auch auf andere Bundesländer ausstrahle.
Nun können wir also nicht mehr Vorreiter sein, aber zumindest als zweite Sieger gelten; denn immerhin handelt es sich um eine Initiative, die im Nachbarbundesland aus dem Hause einer CDU-Ministerin stammt. Also enttäuschen Sie Ihre Amtskollegin bzw. Parteifreundin nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition. Es geht hierbei wirklich um das inhaltliche, sachliche Anliegen.
Worum geht es? - Die Bestände von Schwarz-, Rot-, Dam-, Muffel- und Rehwild werden in erster Linie durch die Jagd reguliert. Wildschäden lassen sich durch ein geschicktes Biotopund Anbaumanagement reduzieren. Welche Maßnahmen am besten geeignet sind, soll von Bauern und Jägern vor Ort geklärt werden, weil die Anbaustrukturen in der Landwirtschaft und die Verteilung des Wildbestandes regional sehr unterschiedlich sind. Ich denke, dass der Kollege Helm aus praktischer Erfahrung hierzu sicherlich noch einiges einzubringen hat.
Jäger, Landwirte und Forstwirte fühlen sich einer nachhaltigen Nutzung verpflichtet. Dazu gehört auch, dass sich Land- und Forstwirte sowie Bodeneigentümer in der Erreichung dieser Ziele gegenseitig angemessen unterstützen bzw. ohne Verwischung von Zuständigkeiten in Problemfällen gesamtwirtschaftlich und natürlich auch in gemeinsamer Verantwortung zusammenwirken.
Lassen Sie mich zur Veranschaulichung nur kurz zwei Beispiele aus der Mustervereinbarung heranziehen. Der Fruchtfolgeund Anbauplan des Landwirtschaftsbetriebs - Herr von Arnim, auch das ist ein Beispiel, bei dem es um Menschenhandeln geht - wird mit den Revierinhabern jährlich bis zum 15. März erörtert. Darin enthalten ist eine Aufstellung speziell über die gefährdeten Kulturen nach Standort und Schlaggröße. Der Anbau besonders gefährdeter Kulturen erfolgt möglichst in der Nähe größerer zusammenhängender Wildeinstände. Im Interesse der Bejagbarkeit des austretenden Wildes werden an zwei
Feldgrenzen nach Möglichkeit niedrigwachsende Kulturen angebaut bzw. Schussschneisen frei gelassen.
Eine Reihe weiterer Maßnahmen für die Jäger und die Jagdgenossenschaft folgen. Das ist nachlesbar, weil schon längst keine geheime Verschlusssache mehr.
Auf dem Landesjägertag in Eberswalde vor zwei Wochen wurde wie auch schon zuvor auf den Kreisjägertagen über diese Probleme gesprochen. Manche meinen, dass das alles keiner Diskussion bedürfe, wenn sich Landwirt und Jäger beim Bierchen einmal darüber unterhalten würden. So einfach ist es aber nicht. So hat sich die Struktur der Jägerschaft inzwischen deutlich verändert. Waren anfangs oft noch die Landwirte selbst Pächter des Bodens für landwirtschaftliche und jagdliche Nutzung, stehen sich heute zunehmend Verpächter und Jagdpächter ohne näheren Bezug im Sinne der dörflichen Gemeinschaft gegenüber. Gleichzeitig fehlt es der Jägerschaft an Nachwuchs. Auch das war ein großes Thema auf dem Landesjägertag.
Inzwischen wollen selbst die Jagdgenossenschaften bei der Verpachtung deutlich höhere Pachtpreise erzielen. Offenbar regelt der Markt also nicht alles. Umso wichtiger ist es, dass die Interessenverbände und die Politik vermittelnd und moderierend Unterstützung gewähren und deutliche Signale in die Fläche senden. Dazu gehört für uns, dass sich auch die Politik, der Landtag, an die Spitze der Bewegung stellt. Diesen Gedanken sehen wir auch durch Ihren Entschließungsantrag unterstützt. Wir haben also wieder einmal für die Initiative gesorgt. Sie haben sich das Anliegen über einen Entschließungsantrag zu eigen gemacht. Diesem Entschließungsantrag werden wir zustimmen.
Auf Vorschlag der Landesregierung wurde mit der gesetzgeberischen Mehrheit hier im Landtag die Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 1. Februar 2004 vorgenommen und damit das Erfordernis einer wirksamen Satzung geschaffen. Damit wurde einer Kehrtwendung der Rechtsprechung Bahn bereitet dahin gehend, dass eine Verjährung der Ansprüche der Aufgabenträger gegenüber dem Bürger in der Regel nicht eingetreten ist. Deswegen frage ich - auch unter Beachtung dessen, was Sie auch jetzt noch einmal zum Anspruch der Landesregierung gesagt haben, dass all das, was sich an Änderungen ergeben hat, so nicht mit einer Absicht der Landesregierung
und der gesetzgeberischen Mehrheit verbunden war -: Warum haben Sie Ihren Vorschlag zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes damals nicht mit einer Stichtagsregelung versehen, um die Beitragspflicht lediglich auf Grundstücke zu erstrecken, die nach dem 3. Oktober 1990, dem Tag der Deutschen Einheit, an die öffentliche Abwasseranlage angeschlossen wurden?
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich gleich zu Beginn sagen: Die Fraktion DIE LINKE wird der vorliegenden Gesetzesänderung zum Gestütsstiftungsgesetz zustimmen, und das aus folgenden Gründen:
Erstens: Die bisher definierten Stiftungszwecke - Leistungsprüfungen durchzuführen, die kulturelle Tradition und das historische Erbe zu wahren sowie die denkmalgeschützten Gestütsanlagen wiederherzustellen bzw. zu erhalten - müssen
weiterentwickelt und ausgebaut werden, dies vor allem im Hinblick auf den bereits 2001 mit der Stiftungsgründung verfolgten Ansatz, die Sanierung der Gestütsanlagen aus europäischen Fördermitteln zur ländlichen Entwicklung zu unterstützen. Damit einher geht nämlich die Verpflichtung, die Ausreichung der Fördermittel an die Umsetzung der strategischen Ziele der EUFörderung zur nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raumes zu binden. Im Übrigen gab es dazu eine Empfehlung des Landesrechnungshofes. Nunmehr auch im Wortlaut des Gesetzestextes deutlich zu machen, dass es diesen Zusammenhang gibt, halten wir natürlich für den richtigen Weg.
Gestatten Sie mir, einen kurzen Blick zurück auf die Landtagssitzung vom 21. Juni 2001 zu werfen. Damals haben wir mit dem Gesetz über die Errichtung der Stiftung „Brandenburgisches Haupt- und Landgestüt Neustadt (Dosse)“ die Überführung des Gestüts aus der öffentlichen Verwaltung in die Stiftung beschlossen. Es ging uns darum, das Gestüt in seiner Gesamtheit und mit seinen bis dahin erfolgreichen klassischen Gestütsaufgaben zu sichern. Aber auch 2001 klangen bereits ich zitiere den damaligen Minister Wolfgang Birthler - „die Chancen für ein flexibleres Management und der Neuaufbau eines Bereiches Freizeit, Erholung und Tourismus“ an.
Wenn wir im nun vorliegenden Änderungsgesetz die ländliche Entwicklung und die regionale Entwicklung explizit aufnehmen, ist das nur mehr als konsequent. Damit verbunden ist die Aufgabenstellung, das Brandenburgische Haupt- und Landgestüt zu einem Zentrum einer nachhaltigen ländlichen Entwicklung von nicht nur regionaler, sondern auch überregionaler Bedeutung auszugestalten. Dafür bilden die hohe kulturhistorische Bedeutung der 1788 von König Friedrich Wilhelm II. gegründeten größten Gestütsanlage in Deutschland sowie die züchterischen Erfolge des Gestüts einen hervorragenden Rahmen.
Ländliche Entwicklung im Sinne des strategischen Ansatzes der EU ist ein Erlebbarmachen des ländlichen Raumes mit konkreten, für den Bürger greifbaren Projekten, die zugleich zu einer wirtschaftlichen Wertschöpfung in der geförderten Region führen müssen. Dieser Ansatz wird durch die bisherigen Stiftungszwecke nur ungenügend aufgegriffen. Darüber hinaus sind in diesem Gesamtkontext die geförderten Einrichtungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und mit den regionalen Angeboten im ländlichen Raum zu vernetzen. Unter Ausnutzung aller Potenziale kann es so gelingen, das Brandenburgische Haupt- und Landgestüt zu einem Wirtschaftsfaktor mit Wertschöpfung in einer strukturarmen Region zu entwickeln.
Zweitens: Mit der Erweiterung der Aufgabenstellung der Stiftung als Zentrum der nachhaltigen ländlichen Entwicklung von regionaler und überregionaler Bedeutung ist auch eine veränderte Zusammensetzung des Stiftungsrates verbunden. Dieser muss logischerweise der erweiterten Aufgabenstellung Rechnung tragen und über einen kommunalen Vertreter die Vernetzung mit den Potenzialen in der Region sichern helfen. Auch die Neufassung des § 7 zu Zusammensetzung, Aufgaben und Arbeitsweise des Kuratoriums dient vorrangig dieser angestrebten Veränderung.
Drittens: Die §§ 8 und 9 regeln die Trennung zwischen dem primär wirtschaftlich orientierten Geschäftsführer und der tra