Karsten Wiebke

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Last Statements

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! 60 % aller Ostdeutschen lehnen den EU-Beitritt der zehn osteuropäischen Länder ab. Zu diesem Schluss kommt das so genannte „Mitteldeutsche Wirtschaftsmagazin“ aufgrund der Befragung von 1 012 Menschen in den ostdeutschen Ländern.
Nun mag man über die EU-Erweiterung urteilen, wie man will - positiv oder negativ, optimistisch oder pessimistisch, euphorisch oder gelassen -, in jedem Fall stehen wir vor einem geschichtsträchtigen Ereignis. In genau einem Monat wird aus dem Europa der Fünfzehn ein Europa der Fünfundzwanzig. Am 1. Mai macht Europa einen bedeutenden Schritt auf dem Wege zur europäischen Integration, zu mehr politischer und wirtschaftlicher Zusammenarbeit, zur Stärkung der gemeinsamen Werte, zur Erhöhung des allgemeinen Lebensniveaus und damit zu mehr Stabilität und Frieden in Europa.
Dieser Schritt ist nicht problemlos und bedurfte einer intensiven Vorbereitung für die Beitrittsländer wie für die Europäische Union, für das Nachbarland Polen wie für Deutschland, für die Nachbarregion Brandenburg wie für die angrenzenden Woiwodschaften in Polen, Lebuser Land, Westpommern, aber auch Masowien und Großpolen. Brandenburg hat sich dieser Aufgabe gestellt und in bisher zwei Berichten Rechenschaft darüber abgelegt.
Heute nun, 30 Tage vor der EU-Osterweiterung, liegt der Dritte Bericht der Landesregierung zur Vorbereitung der Landesstrategie vor. Ich möchte mit diesem Bericht nicht so streng umgehen wie meine Vorrednerin. Es ist aber anzumerken, dass der Bericht tatsächlich zu spät kommt, viel zu spät. Wir hätten uns gewünscht, diese Debatte spätestens im Herbst vergangenen Jahres führen zu können.
Um meine Kritik abzurunden, noch Folgendes: In der Kürze der Zeit zwischen der Zuleitung des Berichts und der heutigen Landtagsdebatte war der Bericht leider nicht umfassend auszuwerten. Schade eigentlich, Frau Ministerin. Natürlich kann ich darauf verweisen, dass sich die Ministerin diesem Bericht hier umfassend gewidmet hat. Deshalb kann ich mich als Abgeordneter eigentlich den politischen Aspekten des europäischen Integrationsprozesses zuwenden.
Da schon der Titel des Berichtes „Von der Vorbereitungsstrategie zur Integrationsstrategie“ in die Zukunft weist, schlage ich vor, den Bericht in einer der nächsten Sitzungen des Europaausschusses intensiver zu behandeln. Es gilt zu prüfen, ob die in diesem Bericht dokumentierten Handlungsfelder für ein weiteres Zusammenwachsen der Regionen von Polen und Brandenburg ausreichend sind.
Ein wichtiger Punkt der Vorbereitung des Landes Brandenburg auf die EU-Osterweiterung war der in dem Zweiten Fortschrittsbericht angekündigte und im März 2003 umgesetzte Workshop des Landes Brandenburg und der Woiwodschaften Lebuskie und Zachodniopomorskie in Frankfurt (Oder) und Slubice.
Unter dem Motto „Gemeinsam in der Europäischen Union: Aus Nachbarn werden Partner“ berieten Verwaltungen beider Länder unter Einbeziehung der Abgeordneten über eine strategische Partnerschaft und Zusammenarbeit auf dem Weg in die erweiterte Union. Die im Ergebnis entstandenen Handlungsempfehlungen sind in der Anlage des Berichts verzeichnet.
Meine Damen und Herren, der im Bericht ausgemachte Handlungsbedarf in den acht Kernbereichen ist sehr umfassend. Er stellt eine sehr genaue Analyse dar und unterbreitet Konzepte zur Bewältigung unserer Aufgaben. Wir als Abgeordnete werden die Umsetzung begleiten und gegebenenfalls, Frau Ministerin, Änderungen und inhaltliche Erweiterungen einbringen.
Wichtig für die Zukunft wird unter anderem die Einbindung Berlins in die Zusammenarbeit mit den polnischen Grenzregionen sein. Berlin-Brandenburg ist zwar noch kein gemeinsames Bundesland, Frau Ministerin, aber es ist unabweisbar eine gemeinsame Region, vor allem was die Darstellung nach außen betrifft.
Ab dem 1. Mai wird auch die Förderung von grenzüberschreitenden Projekten einfacher. Durch den möglichen Einsatz von Fördermitteln aus der Gemeinschaftsinitiative INTERREG III A auf beiden Seiten von Oder und Neiße können Regionen besser und komplexer entwickelt werden.
Meine Damen und Herren, in den vergangenen Landtagssitzungen haben wir bereits über die zukünftige Gestaltung der europäischen Strukturfonds nach 2006 gesprochen. Sowohl für Polen als auch für Brandenburg ist eine Höchstförderung auch nach 2006 nicht nur notwendig, sondern unverzichtbar, um die
Anpassung der Lebensverhältnisse realisieren zu können. Die Kohäsionsbemühungen der Europäischen Union dürfen nicht auf halbem Weg stehen bleiben. Für die Grenzregionen hat Brandenburg stets ein länderübergreifendes Grenzprogramm gefordert. Dieser Forderung wurde entsprochen, allerdings war die Mittelausstattung eher symbolischer Natur. Im Herbst 2003 hat die Europäische Kommission für die gesamte Grenzregion im Erweiterungsgebiet ganze 17 Millionen Euro Fördermittel bereitgestellt, um ein vorbereitetes Programm über die Auswirkungen der Erweiterung auf die Grenzregionen zu installieren. Damit werden kleinere Projekte in den Grenzregionen unterstützt. Wichtigstes Ziel bleibt es, die jahrzehntelange Trennung der Regionen östlich und westlich von Oder und Neiße zu beseitigen und somit eine homogene Wirtschaftsregion zu schaffen. Dabei können wir aus dem Zusammenwachsen anderer Grenzregionen lernen. Beispielgebend sind die Integrationserfolge der deutsch-französischen Grenzregionen.
Um in diesem größeren Europa erfolgreich zu sein, meine Damen und Herren, brauchen wir eine gemeinsame länderübergreifende Wirtschaftsregion. Wichtig ist auch künftig der öffentliche Diskussionsprozess im Land Brandenburg, damit bestehende Wissensdefizite und Vorbehalte bezüglich unserer Nachbarn weiterhin abgebaut werden können. Vor allem aber hierbei wende ich mich besonders an unsere jungen Menschen - müssen die Sprachbarrieren überwunden werden.
Hier müssen wir gerade unsere jungen Menschen motivieren, Polnisch zu lernen, um künftig die menschliche Integration, das menschliche, aber auch das wirtschaftliche Zusammenwachsen entscheidend mittragen zu können.
Auch 30 Tage vor der EU-Osterweiterung zeigen Diskussionen zur eingeschränkten Arbeitnehmerfreizügigkeit, zur Dienstleistungsfreiheit, zur Niederlassungsfreiheit und zu Fragen der inneren Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger auf beiden Seiten von Oder und Neiße, dass der Prozess der Erweiterung auch zukünftig von uns begleitet werden muss. Der Bericht zeigt aber auch deutlich, dass wir im Bereich Brandenburger Europapolitik auf dem richtigen Weg sind.
Nun ist dieser Bericht sicher der letzte im Vorfeld der Erweiterung der Union. Doch der Prozess der Integration der neuen Mitgliedsländer - hier vor allem Polens - wird uns auch in den nächsten Jahren begleiten. Deshalb freue ich mich als scheidender Landtagsabgeordneter darauf, demnächst aus diesem Hause über die Fortschreibung der Integrationsstrategie hoffentlich nur Positives zu hören.
Meine Damen und Herren, in der Gesamtschau jahrelanger Bemühungen und Aktivitäten unseres Landes komme ich zu der berechtigten Auffassung: Wir sind vorbereitet. Die osteuropäischen Länder können kommen: Wir, ich - ich hoffe, wir alle heißen sie willkommen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Bodenreformurteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte wie überhaupt die Bodenreform insgesamt haben drei Dimensionen: eine rechtliche, eine politische und eine zutiefst menschliche. Die Beschwerdeführer, so das Gericht in Straßburg, haben aufgrund des so genannten Modrow-Gesetzes vollwertiges Eigentum an ihren Bodenreformgrundstücken erlangt. Das hat übrigens auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 6. Oktober 2000 eingeräumt. Dennoch hatte es die Regelung zum Bodenreformrecht nach dem Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz als gesetzeskonform angesehen. Das sahen die Straßburger Richter anders. Sie erklärten die so genannte schwarze Enteignung nach der „roten“, auf die wir noch zu sprechen kommen, als rechtswidrig.
Wegen der komplizierten Rechtsmaterie, dem Spruch des Bundesverfassungsgerichts und des Einspruchs der Bundesregierung ist bei der rechtlichen Bewertung - für mich zumindest - Zurückhaltung geboten. Im Übrigen ist auch, Frau Wehlan, eine neue Rechtslage dadurch entstanden, dass der Bund Rechtsmittel eingelegt hat. Dadurch ist der Antrag der PDS in weiten Teilen gegenstandslos geworden. Auch der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen enthält im Punkt 3 eine Forderung, die die Landesregierung mit der Zusage, dass sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinerlei Boden einziehen wird, bereits erfüllt hat.
Bei der politischen Bewertung ist ein Rückblick in die DDRVergangenheit notwendig. Nach der Kollektivierung und Verstaatlichung der Landwirtschaft verlor das Grundeigentum, insbesondere solches an land- und forstwirtschaftlichem Grundvermögen, immer mehr an Bedeutung. Ein Drittel der 3,3 Millionen ha enteigneter Flächen gingen von vornherein als so genanntes Volkseigentum in staatliche Hand. Weitere Flächen wurden nach Betriebsaufgaben, durch Betriebswechselordnungen und blanke Willkür dem Volkseigentum zugeordnet. Kollektive Bewirtschaftung, sinkende Bodenanteile bei der Jahresendauszahlung und die Abwertung zum Arbeitseigentum ließen die Bindung zum Grundbesitz sinken. Hinzu kam der miserable Umgang mit den Grundbüchern, der ein Übriges tat.
Diese Praxis lief auf die völlige Verstaatlichung des land- und forstwirtschaftlichen Bodenreformvermögens hinaus. Damit waren schon zu DDR-Zeiten Tausende vor der Wende enteignet worden.
Die Modrow-Regierung hatte mit dem Gesetz vom 6. März 1990 und der Wirksamkeit vom 15. März versucht, diese Unrechtspraxis der DDR zu heilen, und hat die Besitzwechselordnungen von 1975 und 1988 außer Kraft gesetzt. Sie hat damit Bodenreformland zu vollwertigem Eigentum gemacht. Die letzte Volkskammer und die de-Maizière-Regierung haben den verstaatlichten Bodenfonds im Einigungsvertrag als bestandskräftig erhalten. Damit wurde für dieses Eigentum im Interesse der ostdeutschen Landwirtschaft das Prinzip „Entschädigung vor Rückgabe“ durchgesetzt. Beide Entscheidungen lagen im Interesse unserer Landbevölkerung und sollten daher respektiert werden.
Die Rückgabe der eingezogenen Flächen und die Verwertungserlöse dürften aus Sicht des Landes fiskalisch gesehen problemlos sein, da über die Aufteilung ein noch zu erlassendes Gesetz entscheiden wird. Insofern stimme ich mit Frau Wehlan überein. Bei den streitbefangenen 100 000 ha von 70 000 Betroffenen handelt es sich allerdings nur um einen Bruchteil der 2,2 Millionen ha verteilter Bodenreformflächen. So weit hat das Modrow-Gesetz schon seine Wirkung gezeigt. Betroffene, die am 15. März 2000 noch direkt oder indirekt in der Landwirtschaft tätig und Mitglied der LPG waren, konnten ihr Land behalten bzw. konnten es erben.
Weiteres Ungemach steht ins Haus. Vor der dritten Kammer des Europäischen Gerichtshofs klagen die Alteigentümer höhere Entschädigungen ein. Diese Forderungen werden an den Staat gestellt. Aber wer ist der Staat? - Das sind wir alle. Das wird alle Steuerzahler treffen. Das würde auch jene 8 Millionen Vertriebene treffen, die ihr Land, ihr Haus, ihren Hof, ihr Hab und Gut und ihre Heimat im Osten Deutschlands verloren haben. Soweit sie in der DDR lebten, haben sie ganze 4 000 Mark als Entschädigung bekommen. Sie alle werden weder auf angemessene Entschädigung noch auf Restitution hoffen können.
Lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen: Nach dem verlorenen, von Deutschland, von Hitler angefangenen Krieg, nach der Vertreibung von Millionen Menschen, nach 40 Jahren Unrechtspraxis in der DDR wird es kein Gesetz, keine Klage geben, wodurch unmenschliches Leid von Millionen Eigentümern oder Opfern gerecht wird entschädigt werden können. Das, meine Damen und Herren, sollten wir als Lehre für immer mit uns tragen.
Herr Ministerpräsident, Sie haben gerade von einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung gesprochen. Glauben Sie nicht auch, dass uns die ständige Wiederholung einer sich möglicherweise abzeichnenden negativen demographischen und wirtschaftlichen Entwicklung in den dezentralen Räumen nicht gerade dienlich ist in dem Bestreben, den Menschen Mut zu machen, dort weiter zu investieren und weiter auf die Region zu setzen? Es muss sicherlich auf Probleme hingewiesen werden, aber mir ist unverständlich, warum es ständig zum Thema gemacht wird, wie schwierig die dezentralen Regionen heute noch zu regieren sind.
Herr Minister, gibt es eine einzelbetriebliche Folgenabschätzung oder ist geplant, so etwas zu machen, um zu verifizieren, wie viele unserer Unternehmen möglicherweise von der Wirkung dieses Gesetzes so betroffen wären, dass sie in die Insolvenz gehen müssten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Abgeordnete, wieder einmal beschäftigt uns die PDS-Fraktion im Landtag mit einem Antrag, der im Ergebnis die Landesregierung weiterhin in die Pflicht nehmen soll. Sie eröffnet mit dem vorliegenden Antrag einen Reigen von fünf Anträgen dieser Art allein am heutigen Nachmittag.
Mit dem vorliegenden Antrag soll die Landesregierung verpflichtet werden, sich im Zusammenwirken mit anderen betroffenen Bundesländern beim Bund dafür einzusetzen, dass nicht verausgabte und zurückfließende Beiträge zum EU-Haushalt mittels eines Sonderprogramms in die grenznahen Regionen investiert werden können.
Die PDS steht bekanntermaßen immer sehr für das Wünschenswerte. In der Tat ist das schon ein löblicher Vorschlag, handelt es sich nach Information der EU-Kommissarin Schreyer doch um 6 bis 7 Milliarden Euro. Ein wahrer Goldregen, könnte man meinen, der die noch lockeren Nahtstellen zu den Beitrittsgebieten zu einer festen Schweißnaht werden ließe. Doch wie sieht es mit der Realitätsnähe dieses PDS-Vorschlags aus?
Zur Beantwortung dieser Frage habe ich Informationen beim Bundesfinanzministerium eingeholt. Danach sieht die Sachlage so aus:
Erstens: Die Minderausgaben der Europäischen Union von 6 bis 7 Milliarden Euro sind bisher nur eine vorläufige Schätzung.
Zweitens: Nach EU-Haushaltsrecht werden Überschüsse eines Haushaltsjahres grundsätzlich als Einnahmen in den EU-Haushalt des Folgejahres eingestellt. Es fließen also keine freien Mittel zurück, sondern es werden dadurch lediglich die Haushaltsansätze für die Beiträge der Mitgliedsländer für das Folgejahr reduziert. Die Höhe der Minderausgaben wird den Mitgliedsstaaten in einem Berichtigungsschreiben mitgeteilt.
Drittens: Da der Bundeshaushalt, ähnlich wie unser Haushalt, zum Teil durch Nettokredite finanziert wird, führt der genannte Sachverhalt automatisch zu einer Minderung der Nettokreditaufnahme. Somit würde sich der Antrag der PDS-Fraktion in jedem Fall auf die Nettokreditaufnahme im Bundeshaushalt beziehen. Hierzu wäre eine politische Entscheidung des Bundestags gefragt, dies übrigens unabhängig von verausgabten Beitragsmitteln.
Viertens: Die EU ist unter bestimmten Umständen frei, nicht verausgabte Mittel für Sonderaufgaben einzusetzen. Dafür gibt es bekannte Beispiele in der Vergangenheit: das Sofortpro
gramm für ostdeutsche Länder 1991/92 von 2 Milliarden DM sowie die Mittel zur Bekämpfung der BSE-Krise im Jahre 2000 und der Flutkatastrophe im Jahre 2002, die uns allen noch gut in Erinnerung ist.
So gesehen könnten sich die Länder und der Bund bei der Europäischen Union für die Finanzierung eines Grenzlandprogramms einsetzen. Das aber, meine Damen und Herren, ist ja, wie wir wissen, bereits mehrfach und nicht ganz ohne Erfolg geschehen. Das haben wir auch im Europaausschuss wiederholt sehr ausführlich behandelt. Weitere Anträge hätten angesichts der allgemeinen Haushaltslage des Bundes nach unserer Einschätzung wenig Erfolg. Aus diesen Gründen wird die SPDFraktion diesen Antrag ablehnen. - Schönen Dank, meine Damen und Herren.
Frau Stobrawa, ich hatte ja die Verfahrensweise, wie die Abläufe sind, zu erklären versucht und gesagt, dass die Mittel nicht zurückfließen. Das ist auch erklärlich.
Ich frage Sie: Glauben Sie wirklich, dass Geld, welches in der Nettokreditaufnahme gespart wird, weg ist und sich verflüchtigt hat? Ist nicht der Haushalt sowohl hinsichtlich der Kreditaufnahme als auch hinsichtlich der Eigenmittel ein einheitliches System?
Nach Artikel 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages unterliegt das öffentliche Vermögen der ehemaligen DDR, soweit es nicht für Verwaltungszwecke benötigt wird, der Treuhandverwaltung des Bundes. Ein Bundesgesetz bestimmt, dass dieses Finanzvermögen auf den Bund und die ostdeutschen Länder aufzuteilen ist. Die Länder sollen die Kommunen angemessen beteiligen.
Meine Frage ist daher: Wie definiert die Landesregierung in diesem Zusammenhang eine angemessene Beteiligung?
Wie Pressemitteilungen zu entnehmen war, hat das Oberverwaltungsgericht im Ergebnis einer Normenkontrollklage kreisliche Jagdsteuersatzungen aus formalen Gründen für ungültig erklärt. Das Gericht sieht Versäumnisse der Ministerien für Inneres und der Finanzen bei der ordnungsgemäßen Einführung der neuen Steuer, wie § 2 Abs. 3 des Kommunalabgabengesetzes des Landes Brandenburg vom 15.06.1999 es verlangt.
Ich frage daher die Landesregierung, ob sie die Möglichkeit und die Absicht hat, den formalen Mangel zu heilen.
Herr Minister, wäre es möglich, den Bund zu veranlassen - oder es zumindest zu versuchen -, infolge von Altschulden überschuldungsgefährdete Wohnungsbauunternehmen bilanziell zu entlasten? Mit diesem Verfahren haben wir in der Landwirtschaft auch sehr gute Erfolge erzielt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Lassen Sie mich zunächst den Fragestellern für diese Anfrage und dem Beantworter dafür danken, dass er die Antworten so komplex gegeben hat,
bietet uns das doch heute die Gelegenheit, zur rechten Zeit eine Art Generaldebatte über den ländlichen Raum zu führen, was anscheinend notwendig ist. Wir haben das aber auch in den vergangenen Jahren immer hinreichend getan.
Zunächst möchte ich herausstellen, dass viele Akteure an der Entwicklung der ländlichen Räume beteiligt waren und sind. Dabei denke ich zuerst an die Menschen vor Ort. Ich denke an die lokalen Akteure, die Investoren, Gemeindevertretungen, Ämter, Kreistage, Verwaltungen, an die Landesregierung, den Landtag, den Bund und die EU. Die Akteure sind Menschen, die sich vor Ort und auf höherer Ebene engagieren. Sie alle stehen in der Pflicht. Sie alle schultern eine Mammutaufgabe, die dem Kampf gegen den Strom der Zeit zu gleichen scheint. Dabei können nur Teilerfolge erzielt werden, um den unaufhaltsamen Strukturwandel erträglicher zu machen.
Als Erfolg unserer gemeinsamen Bemühungen muss gelten, dass am Schluss des Strukturwandels lebensfähige Räume erhalten bleiben, in denen das politische, wirtschaftliche, kulturelle und soziale Zusammenleben in kommunaler Selbstbestimmung dauerhaft möglich ist.
Ziel kann es nicht sein, den Status Quo 1 : 1 zu erhalten. Es bedarf einer neuen Zielbestimmung, die den neuen Herausforderungen gerecht wird und den weltweiten Konzentrationszwängen angemessen ist.
Was macht diese Aufgabe so schwierig, meine Damen und Herren? Unser Land ist - das haben wir immer wieder feststellen müssen - schmerzlicher als jedes andere deutsche Bundesland in zwei höchst unterschiedliche Entwicklungsregionen unterteilt. Es gibt auf der einen Seite den gut aufgestellten, prosperierenden engeren Verflechtungsraum um Berlin, der sich durch eine ausreichende Bevölkerungsdichte, Zuwanderung, geringere Arbeitslosigkeit und ein höheres Bruttosozialprodukt auszeichnet. Dem gegenüber steht auf der anderen Seite der äußere Entwicklungsraum, der durch eine extrem niedrige Bevölkerungsdichte, Abwanderung, hohe Arbeitslosigkeit und eine vergleichsweise geringe Wirtschaftskraft gekennzeichnet ist. Diese historisch vorgeprägte Zweiteilung birgt die Gefahr der dauerhaften Abkopplung ländlicher Räume und seiner Bewohner von der allgemeinen Wohlstandsentwicklung.
Deshalb haben Landtag und Landesregierung schon frühzeitig in der 1. Legislaturperiode mit folgenden Mitteln reagiert: mit den Mitteln der Landesorganisation, zum Beispiel dem zweistufigen Verwaltungsaufbau - also der politischen Nähe der verschiedenen Verantwortungsbereiche -, der Kreisgebietsreform mit der so genannten Tortenstückbildung, die den direkten Anschluss an die Entwicklungsregion des engeren Verflechtungsraums herstellte, und den Ämtern für Agrarordnung zur Umsetzung landespolitischer Ziele im ländlichen Raum.
Weitere Mittel, mit denen Landtag und Landesregierung reagiert haben, sind in der Landesplanung - lassen Sie mich kurz die dezentrale Konzentration ansprechen -: die dezentrale örtliche Gliederung, der Aufbau eines Städtekranzes, die kommunal verfasste Regionalentwicklung. Hinzu kommen eine angepasste Förderpolitik und wirksame Fördermittel, beispielsweise die Richtlinie ländlicher Raum, Urlaub und Freizeit auf dem Lande, ländlicher Wegebau und Dorferneuerungsrichtlinie als wichtigste Träger der Entwicklung unserer Dörfer. Mit landesgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Regelungen wie dem Raumordnungsgesetz und Artikel 44 der Landesverfassung ist - das kann ich nur wiederholen und bestätigen, meine Damen und Herren - das Verfassungsziel festgeschrieben, in allen Landesteilen gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen zu schaffen.
Wer diese entwicklungspolitischen Instrumentarien abschaffen will, muss sich eine Zweidrittelmehrheit beschaffen.
Darüber hinaus hat das Land durch seine Schwerpunktsetzung mit einer Milliardenförderung alte Industriestandorte erhalten - ich denke zum Beispiel an Schwedt und Eisenhüttenstadt - und für Neuansiedlungen gesorgt, zum Beispiel BASF in Schwarzheide.
Der Landtag hat über das jährliche Gemeindefinanzierungsgesetz seine Dörfer und Kleinstädte besser gestellt, als alle anderen neuen Bundesländer dies getan haben. Insbesondere hat die Landesinvestitionspauschale den Gemeinden eigene Gestaltungsspielräume eröffnet und so die Kofinanzierung für akquirierte Fördermittel gesichert. Sie darf im künftigen Finanzausgleichsgesetz nicht zur Disposition gestellt werden.
Mit diesem Bündel von Maßnahmen haben sich die ländlichen Räume, die Dörfer und Kleinstädte gut entwickelt. Zu den Erfolgen können wir, ohne auf Vollständigkeit pochen zu wollen, den Aufbau der kommunalen Selbstverwaltung, welche durch die Gemeindestrukturreform weiter gestärkt werden soll, zählen sowie den Erhalt der flächendeckenden Landnutzung durch vielfältig strukturierte Agrarbetriebe, die als multifunktionale Unternehmen nach wie vor das wirtschaftliche Rückgrat des ländlichen Raumes bilden. Das dürfen wir uns nicht durch diskriminierende Änderungen der Agenda 2000 wie Obergrenzen, Modulation und auslaufende Roggenintervention kaputtmachen lassen. Meine Damen und Herren, das wird für uns essenziell. Ich will das nicht weiter ausführen; das wäre eine Agrardebatte, aber dies ist eben auch Teil des ländlichen Raumes, weshalb ich es mit anschneiden wollte.
Zu den Erfolgen gehören des Weiteren der Aufbau des mittelständischen Dienstleistungssektors, von Gewerbe und Tourismus, die wesentliche Verbesserung der kommunalen Strukturen im Straßenbau, in der Wasser- und Abwasserversorgung, in der Telekommunikation und in vielen anderen Bereichen; dazu gehören deutliche Verbesserungen der Wohnbedingungen durch nahezu flächendeckende Sanierung der Wohnbausubstanz, die Modernisierung und der Ausbau der sozialen Infrastruktur, insbesondere von Altenpflegeheimen, Pflegediensten und Krankenhäusern. Dennoch bleiben Lücken.
Unsere bedrückenden Probleme heißen Arbeitslosigkeit und Abwanderung, Schieflagen kommunaler Haushalte und Wohnungsleerstand - Defizite, die alle miteinander korrespondieren. Ich frage Sie daher: Welche Dimensionen hätten diese Probleme ohne den Einsatz all unserer Kräfte erreicht? Sind nicht die Erfolge angesichts dieser Aufgabe doch riesengroß? Haben wir überhaupt eine Alternative zur Erhaltung der ländlichen Räume? Gibt es eine ökonomische und soziale Gesamtbilanz, die sich aus dem Zusammenbruch ländlicher Räume ergibt? Ich glaube nicht.
Mit der fortdauernden und verstärkten Abwanderung und Überalterung entwerten sich Grundvermögen. Ländliche Infrastruktur, Schulen und Kindergärten, öffentliche Gebäude und Versorgungseinrichtungen, Klärwerke müssten rückgebaut werden und Gewerbegebiete lägen brach. Rückbau von Wohn- und Sozialgebäuden, Sport- und Kultureinrichtungen, Strukturen, die anderswo wieder aufgebaut werden müssen - kann sich eine Gesellschaft so etwas leisten? Ich glaube nicht. Deshalb sind die Erhaltung des Leitbildes der dezentralen Konzentration mit Schwerpunktförderung prioritärer ländlicher Orte und der Bestand der Ämter für ländliche Entwicklung für uns essenziell.
Sie sind das erfolgreiche Instrument zur Umsetzung in landes
politische Entwicklungsziele. Vor diesem Hintergrund muss all jenen eine Absage erteilt werden, die unsere entwicklungspolitische Strategie und unsere Ziele verändern wollen. Zu ihnen gibt es keine Alternative, im Gegenteil: Wir müssen unsere Strategie effektiver und zielgenauer gestalten. Das betrifft die Förderrichtlinien und Entwicklungsprogramme, Fördersätze und -ziele, die Ausrichtung auf Arbeit und Wirtschaft und den konzentrierten Einsatz von Fördermitteln in prioritären Orten mit Umlandfunktionen.
Wir brauchen mit Sicherheit auch schärfere Erfolgskontrollen.
Meine Damen und Herren, der ländliche Raum kann also nicht zum Sparstrumpf des Landeshaushalts werden.
Lassen Sie mich zum Schluss das Problem des zunehmenden Leerstandes ansprechen, das in Ermangelung einer Frage nur am Rande der Großen Anfrage Erwähnung fand. Wie vielen bekannt ist, wurde mit Artikel 22 des Einigungsvertrages der gesamte staatliche Wohnungsbestand samt bestehenden Altschulden den Gemeinden zugeordnet. Aus damaliger Sicht war das richtig, um bei fortdauernder Wohnungsnot das Wohnen nicht der Spekulation und dem Mietwucher zu überlassen. Die Dörfer und kleinen ländlichen Städte begannen sehr bald nach der Wende den kommunalen Wohnungsbestand - zumeist mehrgeschossige Plattenbauten - zu sanieren und zu modernisieren. Mit großzügiger staatlicher Unterstützung wurde dieser Erneuerungsprozess gefördert und beschleunigt. Neben den Altschulden mussten die Gemeinden Sanierungskredite aufnehmen. Heute ist der übergroße Anteil der kommunalen Wohnungen saniert.
Es wurden kostendeckende Mieten - auf der Basis eines hohen Belegungsgrades errechnet - erhoben. Bei geringem Wohnungsleerstand ging die Rechnung auf und es schienen den Haushalt keine Probleme zu belasten. Heute sieht es anders aus.
Durch die demographische Entwicklung - geringe Geburtenraten, altersbedingter Rückgang der Zahl der Mieter -, durch Umzug in Eigenheime und sanierte Altbauwohnungen, vor allem aber durch Wegzug aus Gründen der Arbeitslosigkeit stehen zunehmend Wohnungen leer. Gemeinden und Wohnungsunternehmen reagieren mit Stilllegung einzelner Aufgänge und ganzer Blöcke, um die laufenden Unterhaltungskosten zu minimieren. Was bleibt, sind die Annuitäten, also Zinsen und Rückzahlungen. Die Schulden für den kommunalen Wohnungsbestand als auch für den Bestand der Wohnungsgesellschaften bleiben in letzter Instanz den Gemeinden. Für beide sind die Kommunen Kreditnehmer oder zumindest Bürge.
In meinem Wahlkreis gibt es Dörfer, deren Leerstand bei 40 % liegt. Wegen der außerordentlichen Haushaltsbelastung ist das auch ein innenpolitisches Problem, meine Damen und Herren. Reagiert werden müsste mit Rückbau und Abriss - aus finanzieller Sicht, aber auch wegen des Dorfbildes.
Im Gegensatz zu den Städten gibt es für die ländlichen Gemeinden bisher keine wirksamen Instrumente. Es gelten weder das Stadtumbauprogramm Ost mit seiner Richtlinie zur Sicherung
attraktiver Städte und Gemeinden noch § 6 a des Altschuldenhilfegesetzes bezüglich Entlastung von Altverbindlichkeiten nach Abriss von Wohngebäuden.
Auch die Dorferneuerungsrichtlinie kann nur in bescheidenem Maße wirksam werden. Bedauerlicherweise gibt es, wie mir gesagt wurde, zwischen dem Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung und dem Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr Abgrenzungsprobleme, denen wir Abgeordnete in den Ausschüssen intensiv nachgehen sollten. Ich kann von dieser Stelle aus nur auffordern, dieses Problem außerordentlich ernst zu nehmen. Es wird sich weiter dramatisieren und wir werden hier in Zugzwang geraten. Je eher wir reagieren, desto schneller werden wir des Problems Herr werden.
Herr Minister, Sie haben wiederholt Grenzen angesprochen. Entspricht es den Tatsachen, dass es eine Abgrenzungspolitik bei der Wohnungsbauförderung gibt?
Ich hatte meine Frage noch nicht gestellt. - Gibt es in Ihrem Ministerium Tendenzen, bezüglich der Wohnungsbauförderung oder auch der Abriss- und Rückbauproblematik eine Grenze im Hinblick auf Gemeinden mit ungefähr 5 000, 8 000 oder 10 000 Einwohnern einzuführen?
Herr Minister, könnte es sein, dass die Aufgeregtheit der Debatte doch dafür spricht, dass es Abgrenzungsprobleme gibt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag scheint so interessant zu sein, dass bei der Debatte eigentlich kaum noch jemand zuhört. Offensichtlich geht das also ein bisschen an den wirklichen Bedingungen vorbei.
Brandenburg ist Ziel-1-Gebiet im Rahmen europäischer Strukturförderung. Mit der Einstufung nach dem durchschnittlichen Bruttoinlandsprodukt aller europäischen Länder kann Brandenburg, das unter 75 % des EU-Durchschnitts liegt, seit 1992 Höchstfördersätze beanspruchen. Daran wird sich bis zum Jahre 2006 voraussichtlich nichts ändern. Nach dem Jahre 2006 werden die Kohäsionsbemühungen der Europäischen Union dazu geführt haben, dass Brandenburg als Ganzes die Einstufungsgrenze für Ziel-1-Gebiete unterschreitet. Es besteht daher die Gefahr, dass das gesamte Land in die Förderkategorie 2 eingestuft wird. Angesichts der höchst unterschiedlichen Wirtschaftsentwicklung einzelner Landesteile sah sich die Landesregierung in der Pflicht, im Rahmen der NUTS-2-Verordnung mit Billigung der EU vorsorglich, Herr Sarrach, ein einheitliches nichtadministratives Gebiet zu benennen, das mindestens 800 000 Einwohner umfasst, als gesetzlich definierte Planungs- und Verwaltungsregion gilt und ein geringeres Bruttoinlandsprodukt als 75 % des europäischen Durchschnitts aufweist. Der vorliegende Vorschlag erfüllt nach bisherigen Erkenntnissen die Bedingungen von Eurostat.
Wegen der hohen Wirksamkeit von Strukturförderungen im Ziel-1-Gebiet musste jede Änderung der Gebietskulisse zu erheblichen Kontroversen führen. Daher wäre die frühzeitige Einbeziehung aller Betroffenen hilfreich gewesen. Dass das nicht geschehen ist, hat die Landesregierung auch eingeräumt.
Dass Herr Sarrach bedauert, dass keine einheitliche Lösung
gefunden wurde, ist mir allerdings nicht verständlich, wenn es doch darum geht, im Sinne der Erhaltung einer Förderung nach Ziel 1 eine bestimmte Teilregion zu benennen.
Bei aller verständlichen Aufregung über dieses Thema meine ich doch, dass es sich um einen Sturm im Wasserglas handelt, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Erstens wäre selbst bei einer breiten Diskussion mit Abwägung aller Fakten dieselbe Variante präferiert worden, weil der Variantenvergleich nur die bekannte Lösung zuließ, die von der EU anerkannt wurde.
Zweitens: Auf europäischer Ebene ist die Zukunft der Strukturfonds nach 2006 vor dem Hintergrund der Osterweiterung noch in einem Diskussionsprozess, in dessen Verlauf die Förderkriterien auf eine völlig neue Basis gestellt werden können. Als Maßstäbe für die Bildung von Fördergebieten werden mindestens vier Varianten diskutiert. Ich will mich nicht in Einzelheiten verlieren, weil das den zeitlichen Rahmen sprengen würde. Aber wir haben das Thema im Ausschuss bereits weitgehend beraten.
Drittens: Mit dem Beitritt weiterer Länder steht die gegenwärtige Finanzstruktur der EU auf dem Prüfstand. So ist für die Erweiterung der EU im Jahr 2004 bisher keine Haushaltsfürsorge getroffen worden. Mit Beiträgen in Höhe von 5 Milliarden Euro stehen den Beitrittsländern im Strukturbereich 14 Milliarden Euro zu. Das kommt einem Defizit in Höhe von 9 Milliarden Euro gleich. In Bezug auf den Strukturfonds sind das annähernd 30 %. Jeder kann sich ausrechnen, welche Auswirkungen das auf die weitere Finanzierung der Strukturfonds haben wird.
Viertens: Beim Wegfall der Ziel-1-Förderung wird es lange Übergangsfristen geben.
Fünftens: Mit dem Erhalt der Ziel-1-Förderung wird ein Teil unseres Landeshaushalts entlastet, was dem Ganzen zugute kommt.
Abschließend möchte ich bemerken, dass die öffentliche Einvernahme von EU-Beamten durch reiselustige Abgeordnete für eigene politische Ziele spätestens nach dem brüsken Dementi aus Brüssel zu einem peinlichen Verlust an Glaubwürdigkeit geführt hat und dem Ansehen dieses Landtags schadete. - Schönen Dank.
Herr Abgeordneter, Sie haben gerade gesagt, dass durch mangelnde Krautung die Gewässer einen zu geringen Sauerstoffgehalt aufwiesen. Ist Ihnen klar, dass durch die Atmung der Pflanze, durch Assimilation Sauerstoff in die Gewässer gebracht wird?
Da Sie gestern bewiesen haben, dass Sie nicht nur bei Dauerfrost, sondern auch bei Dauerhitze ein guter Landwirtschaftsminister sind, frage ich Sie: Halten Sie es für richtig, dass - falls es stimmt, was in der Begründung des Antrages der PDS geschrieben wurde - ein seit 25 Jahren trockengefallenes Gewässer kürzlich mit einem Pegel versehen wurde?
Nach dem Kauf der Schöller AG durch den Nestlé-Konzern soll das Eiswerk in Prenzlau 2004 geschlossen werden und...
Nach dem Kauf der Schöller AG durch die Nestlé AG Deutschland soll 2004 das Prenzlauer Eiswerk geschlossen und die Kleineisproduktion verlagert werden. Mit der Schließung des Eiswerkes gehen 115 Arbeitsplätze an einem Standort verloren, der ohnehin unter hoher Arbeitslosigkeit und Strukturschwäche leidet. Das bestehende Eiswerk zählt zu den rentabelsten Unternehmen dieser Branche.
Ich frage die Landesregierung: Was wird sie tun, um die Schließung des Eiswerkes zu verhindern bzw. eine alternative Produktion am gleichen Standort zu befördern?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich Ihnen hier auch Ungemach zu später Stunde bringe, wenn ich noch einmal als letzter Redner an das Pult trete, wo doch eigentlich schon vieles oder fast alles gesagt ist, vor allen Dingen im Faktischen, möchte ich dennoch einmal eine umfassende politische Wertung geben und neben dem Midterm-review auch einmal einen Review auf die leidvolle Geschichte der Brandenburger Agrarlandschaft, so wie sie nach der Wende entstanden ist, werfen und auch zu Protokoll geben.
Ich stelle folgende These voran: Die im Rahmen der Halbzeitbewertung der Agenda 2000 erneut erhobene Forderung nach Obergrenzen bei Direktzahlungen im Marktfruchtbereich und bei Tierprämien haben nichts, aber auch gar nichts mit den Zielen der Agenda 2000 zu tun. Hier geht es eben nicht um die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit, der Nachhaltigkeit, der Multifunktionalität und der Kostensenkung für die EU. Nein, es geht in Wahrheit zum wiederholten Male um eine Agrarstrukturdebatte, um Bodeneigentum und Vermögen. Es geht um eine Kampfansage an die effizienteren, sozialeren und letztlich auch nachhaltigen Agrarbetriebsstrukturen in ostdeutschen Ländern. Folgerichtig titelte der „Spiegel“ zum Midterm-review mit „Angriff auf Ostbauern“ und jüngst die „MAZ“ mit „Ostdeutsche Landwirtschaft einseitig benachteiligt“.
Die Debatte begann schon 1990. Damals stimmten die Abgeordneten der frei gewählten Volkskammer fraktionsübergreifend dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, nämlich dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz, zu. Dieses Gesetz verhinderte den bloßen Austausch der ideologisch gegensätzlichen Agrarverfassungen West gegen Ost und die Umwandlung der de facto verstaatlichten Großbetriebe in bäuerliche Familienbetriebe. Die Kernbestimmungen des LAG waren - daran möchte ich erinnern - erstens eine gerechte Vermögensauseinandersetzung und zweitens die Möglichkeit des Rechtsformwechsels mit und ohne Auflösung. Damit war der Weg frei für bäuerliche Familienbetriebe, für GbR, Co.KG, GmbH, eingetragene Genossenschaften und Aktiengesellschaften. Die politischen Kernziele waren Privatisierung bei Erhalt der Agrarstruktur, die Werterhaltung des Anlagevermögens und eine selbstbestimmte bodenständige Landwirtschaft.
Während Agrarminister Kiechle den Ostdeutschen noch das hoch geförderte, an seine Grenzen stoßende Agrarmodell des bäuerlichen Familienbetriebes empfahl, entwickelte sich in Ostdeutschland eine vielfältig gestaltete pluralistische Agrarbetriebsstruktur mit Unternehmen, die sich trotz eklatanter Eigenkapitalschwäche, trotz hoher Kreditbelastungen, trotz geringeren Bodeneigentums, trotz Benachteiligung bei Quoten und Agrarsozialförderung zunehmend als wettbewerbsfähig erwiesen. Es sind Unternehmen, die den Zielen der Agenda schon heute überwiegend gerecht werden.
Das, meine Damen und Herren, ist der Sündenfall. Seither hat es an Versuchen nie gefehlt, über die Wiederbelebung der Vermögensfrage ostdeutsche Betriebsstrukturen wieder aufzubrechen. So genannte Nachbesserungen am Anpassungsgesetz und am Entschädigungsausgleichsgesetz wurden im wohlverstandenen Eigeninteresse immer wieder diskutiert und teilweise vollzogen. Erinnert sei an den Justizminister Schmidt-Jortzig, FDP, in der schwarz-gelben Koalition, der nichts unversucht ließ, den Kompromiss zum LAG zu revidieren.
Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht und Beschwerden bei der EU sollten die Ergebnisse der Bodenreform revidieren. Was sind dagegen die kleinen Sticheleien, von Unwissenheit geprägt, gegen die so genannten Agrarfabriken des Ostens? Sie werden auf Benachteiligung und mögliche Millionenverluste reagieren - durch Splittung der Betriebe, Einstellung wenig rentabler Tierhaltung und anderer Produktion und Entlassung von Beschäftigten. Wollen wir das? Wollen Bund und Europäische Union das? Meine Damen und Herren, ich glaube, nein.
Warum drängen wir denn auf Gleichbehandlung, wo doch die Betriebe scheinbar überlegen sind? Unsere Betriebe müssen dringend Überschüsse erzielen. Sie brauchen das Geld, um Kredite und Altschulden zu tilgen. Sie müssen ihre Eigenkapitaldecke erhöhen und sie müssen am Bodenerwerb teilnehmen. Sie müssen daran teilnehmen, weil nur 10 % der Betriebe auf eigenem Boden arbeiten und 90 % der Bodenfläche Pachtflächen sind. Das ist auf Dauer zu teuer und wenig zukunftsträchtig.
Meine Damen und Herren, Modulation und cross compliance sind zwei Begriffe, die nur Insider verstehen. Sie gehören in ihrer Anwendung zu den umstrittensten Neuerungen der gemeinsamen Agrarpolitik. Die Richtung stimmt, sagt Frau Künast, und ausnahmsweise - hier gehen wir nicht ganz konform stimme ich zu, bezweifle aber, ob wir dasselbe meinen. Richtig
ist, dass angesichts der dramatischen Entleerung ländlicher Räume mehr Geld für deren Stabilisierung freigesetzt werden muss. Obwohl unsere Agrarbetriebe immer noch Hauptarbeitgeber in den Dörfern sind, können sie immer weniger die Last für deren Erhaltung tragen. Neue Formen der Beschäftigung müssen gefunden und - auch zulasten der Direktzahlungen finanziert werden. Unsere Forderung muss aber sein, dass das abgezweigte Geld kofinanzierungsfrei orts- und betriebsnah für die ländliche Entwicklung, für neue, produktive Arbeit eingesetzt wird und nicht in irgendwelchen Agrarumweltprogrammen für den ländlichen Raum verschwindet.
Meine Damen und Herren, hier schließt sich der Kreis: Unsere großen Agrarunternehmen sind leistungsstark und zukunftsfähig genug, die so freigesetzten Mittel in diesem Sinne einzusetzen. Sie können durch den Ausbau ihrer Multifunktionalität für mehr Beschäftigung auf dem Lande sorgen, zum Beispiel bei nachwachsenden Rohstoffen, bei der regenerativen Energiegewinnung und beim ländlichen Tourismus. Voraussetzung dafür sind verlässliche Rahmenbedingungen: keine Veränderung der Förderbedingungen gemäß der Agenda 2000 bis 2006, keine Einführung der Obergrenzen bei Direktzahlungen, keine Einstellung der Roggenintervention, keine Abschaffung des förderunschädlichen Anbaus nachwachsender Rohstoffe. Diese Vorschläge schwächen unsere Agrarunternehmen und damit den ländlichen Raum. Sie konterkarieren die Kohäsionsbemühungen der Europäischen Union, ländliche Räume über milliardenschwere Strukturfonds am Leben zu erhalten, und stehen damit in eklatantem Gegensatz zu den Zielsetzungen der Europäischen Union. Was soll das, Herr Fischler?
Herr Minister, ist Ihnen klar, dass diese neue Richtlinie insbesondere die Kreise und die Träger sehr hart trifft, die außerordentlich finanzschwach und gleichzeitig außerordentlich bedürfti g sind
und dass speziell in der Uckermark statt bisher 40 nur noch 20 Stellen finanziert werden können und damit ein ganz bedeutender Teil der Aufgaben nicht mehr wahrgenommen werden kann, obwohl gerade dieser Kreis die Richtlinie bisher hat erfüllen können? Wäre es vor diesem Hintergrund nicht denkbar, dass man wenigstens das Budget. das man bisher gebunden an den Landkreis verteilt hat, weiterhin verteilt. sodass der Kreis nicht in doppelter Weise betroffen ist, das heißt. dass für diejenigen Stellen, die nicht kofinanziert werden können, dann nicht auch noch die Landesmittel verloren gehen und damit mö glicherweise nicht einmal die 20 Stellen finanziert werden können? Wir müssen gerade auf dem nächsten Kreistag dazu Rede und Antwort stehen,
Minister- Reiche:''
Jeder, auch wir im Landtag. muss seine Prioritäten setzen. Wenn hei dieser Prioritätensetzung Jugendarbeit zu einer solchen Posteriorität wird, das heißt nicht mehr mitfinanziert wird. dann ist das vor Ort zu verantworten.
Land und Kreise sind nicht in gleicher Weise bedürftig. Da haben Sie Recht. Wenn Sie sich angucken, in welchem Umfang das Land Brandenburg im bundesweiten Vergleich verschuldet ist und wie die brandenburgischen Kommunen verschuldet sind, dann werden Sie feststellen, dass die brandenburgischer] Kommunen dank der tätigen Mithilfe des Landes in diesen ganzen zwölf Jahren am alleruntersten Ende der Verschuldung liegen, weil wir eben in dieser Weise interveniert und geholfen haben. Insofern kann ich Ihrer Bitte nicht entsprechen.
Das 61 0-Stellen-Programm wird für alle Kreise in der gleichen Weise ausgewiesen. Das heißt, für eine Stelle gibt es in jedem Landkreis dieselben Zuschüsse, nicht mehr und nicht weniger. Sie müssen immer auch für eine Stelle verwendet werden, Ich kann nicht zulassen, dass die Kreise mit den Mitteln. die wir für zwei Stellen vorsehen, eine Stelle finanzieren.
Wenn allerdings Kreise sagen, bei ihrer eigenen Prioritätensetzung kämen Jugendstellen nicht in diesem Umfang vor, dann nehmen wir sie dankend zurück und geben sie den Kreisen. die eine entsprechende Priorität setzen wollen und können.
Vizepräsident 1-labermann:
Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, wir sind am Ende des Redezeitvolumens.
Ich schließe den Tagesordnungspunkt 2 und rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:
2. Lesung des Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Sparkassengesetzes
Gesetzentwurf der Landesregierung
Drucksache 3/4149
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushalt und Finanzen
Drucksache 3/4461
Zu diesem Tagesordnungspunkt wurde vereinbart. keine Debatte zu führen. sodass ich sofort zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung kommen kann. Wer der Beschlussempfehlung in der Drucksache 3/4461 seine Zustimmung geben möchte. den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist der Beschlussempfehlung mehrheitlich zugestimmt worden und das Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Sparkassengesetzes in der 2. Lesung verabschiedet.
Ich schließe den Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:
2. Lesung des Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Brandenburg
Gesetzentwurf der Fraktion der PDS
Drucksache 3/3508
Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses
Drucksache 3/4456
Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der Fraktion der PDS. Herr Abgeordneter Vietze, Sie haben das Wort.
Herr Minister, können Sie die Behauptung einiger Presseerzeugnisse entkräften, dass das Ministerium bereits am 28. März über die Vorgänge um die Nitrofenbelastung von Futtergetreide informiert worden sei?
Frau Kollegin Wehlan, Ihre Fraktion hat sich gerade so vehement für die Fortsetzung der Funktionalreform eingesetzt. Finden Sie nicht auch, dass die Gestattung durch das Landesgesetz, wonach den Kreisen überlassen bliebe, die Jagdsteuer abzuschaffen oder sie gar nicht erst einzuführen, auch im Sinne der Funktionalreform wäre, sodass man all die Postulate mit den Menschen, mit den Abgeordneten vor Ort in Kenntnis der loka
len und örtlichen Situation durchsetzen könnte, wenn man das so wollte? Oder muss der Landesgesetzgeber - möglicherweise sogar gegen gesetzessystematische Bedenken - diese Jagdsteuer von oben abschaffen?
Mit der Rückführung der Staatlichen Schulämter von 18 auf sechs plant die Landesregierung eine Kürzung der Verbundmasse um 21 Millionen DM und demzufolge auch eine Kürzung der Zuweisungen an die Landkreise und kreisfreien Städte. Diese Summe entspricht etwa den Einzelkosten der einzelnen Staatlichen Schulämter. Sie sind Teil der allgemeinen Zuweisungen des Landes, so dass eine Rückforderung bei wegfallenden Aufgaben logisch erscheint. Allerdings sind Einspareffekte in der neuen Struktur zu erwarten, die auch den Landkreisen zugute kommen müssen.
Ich frage daher die Landesregierung: Wie hoch sind die geplanten Einspareffekte durch die Zusammenlegung der Staatlichen Schulämter?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich hatte es eine kleine Novelle des Gesetzes werden sollen. Deshalb war zu vermuten, dass die seit langem diskutierten und angemahnten Veränderungen schnell umgesetzt werden könnten. Tatsächlich aber bedurfte es monatelanger Diskussionen über inhaltliche und rechtskonforme Lösungen.
Damit wird deutlich - das haben wir auch bei dem Beitrag der PDS soeben gehört -, dass ein reines Fachgesetz wie das der Fischerei einen hoch politischen Charakter erhalten kann. Denn erstens gehören das Fischen und Angeln ebenso wie das Jagen und Sammeln zu den Urbedürfnissen menschlicher Zivilisation, zweitens sind das Fischen und das Angeln für manche zu einer Lebensphilosophie geworden, mit der zudem noch Nährwerte und Mehrwerte erzielt werden können, drittens hat wohl fast jeder von uns in seiner Jugend einmal einen Wurm im Wasser gebadet oder gar Fisch gegessen, was Millionen zu Sachverständigen macht. Im Übrigen sind 100 000 organisierte Angler mit ihren Familien und Freunden an sich schon ein Politikum.
Dennoch kam es über die seit langem angemahnten und diskutierten Veränderungswünsche der Tourismusbranche, der Spreewaldfischer und der Behindertenverbände zu einer einvernehmlichen Lösung. Wir haben heute etwas anderes gehört. Aber wenn ich den Ausschussbericht lese, so ist er einstimmig angenommen worden, Frau Wehlan. Ich wundere mich schon sehr, dass Sie dieser kleine Streit, der irgendwann einmal entstanden ist und zu dem ich gleich noch etwas sagen werde, zu einem solchen Redebeitrag verführt hat.
Zentrales Thema kontroverser Diskussion blieb immer noch der Spagat zwischen Lockerungen und Sonderregelungen beim
Erwerb des Fischereischeines und der Sicherung des Tierschutzes sowie des Gleichbehandlungsgrundsatzes.
Mit der Novellierung der §§ 10 und 17 zur Fortführung der traditionellen Spreewaldfischerei konnte diese künftig gesichert werden. In Zukunft kann in einem Sonderlehrgang unter erleichterten Bedingungen ein Fischereischein B erworben werden, dessen Geltungsbereich auf die Spreewaldfischerei begrenzt ist. Diese Regelung hat es zuvor so nicht gegeben. Demzufolge war es dem Ministerium zwar möglich, Prüfungserleichterungen zu gewähren, es konnte aber nicht generell einen unterwertigen Fischereischein B herausgeben.
Mit der Veränderung des § 19 zur Anglerprüfung wird das Angeln auch für ausländische Gäste unseres Landes möglich. So können jetzt Menschen, die keinen Wohnsitz in Deutschland haben, bei einem Besuch in Brandenburg über vereinfachte Regelungen einen befristeten Fischereischein erhalten, sofern sie Fischereikenntnisse belegen können oder Mitglied einer ausländischen Anglervereinigung sind.
Kernstück dieser Regelung sind die Unterweisung des Antragstellers und das Aushändigen eines Merkblattes. Damit macht Brandenburg einen weiteren Schritt hin zu einem tourismusfreundlichen Land der Bundesrepublik.
Darüber hinaus soll es künftig auch geistig und physisch behinderten Menschen möglich sein, einen Fischereischein zu erwerben, der unter Aufsicht einer zur Fischerei qualifizierten Begleitperson zum Friedfischangeln berechtigt. Diese Regelung gilt gleichermaßen für Jugendliche und Erwachsene. Mit der durchgängigen Anwesenheit einer Aufsichtsperson soll durch ein tätiges Eingreifen beim Anlanden, Abködern und Heltern gefangener Fische der Tierschutz gewährleistet werden.
Meine Damen und Herren, dies ist genau keine Ungleichbehandlung, ebenso wie es keine Zurückstellung bedeutet, wenn ich beispielsweise einem blinden Behinderten das Autofahren nicht gestatte.
Frau Kollegin Wehlan, wir hatten darüber diskutiert: Den Gleichheitsgrundsatz in dieser Weise auszulegen ist nicht möglich. Im Übrigen würde durch diese Regelung ein Paradoxon festgeschrieben. Dann nämlich könnten nach dem Ersten Fischereigesetz Jugendliche unter 18 Jahren ohne eine Prüfung angeln und müssten, wenn sie 18 werden, plötzlich eine Prüfung ablegen. In gleichem Maße könnten jetzt jugendliche behinderte Menschen angeln, ohne den Tierschutz zu sichern, dürften später aber nur noch unter Aufsicht angeln.
Ich hatte versucht, Ihnen dieses Paradoxon zu erklären, bin aber leider nicht auf Resonanz gestoßen. Vielleicht war der Vortrag schon vorbereitet.
Dagegen konnte einer generellen Sonderregelung für körperlich Behinderte auch nicht entsprochen werden. Diese Personengruppe kann das notwendige Wissen in der Regel erfolgreich nachweisen und ohne Aufsicht angeln. Mit diesem Sonderfischereischein wäre dies eben nicht möglich. Wir stellen also diese Personengruppe, die Sie ebenfalls in Ihren Antrag einbezogen haben, besser. In besonderen Fällen kann durch Modi
fizierung der Prüfungsordnung immerhin noch Blinden, Analphabeten, Legasthenikern und anderen Personengruppen der Kenntnisnachweis zur Erlangung des Fischereischeines möglich gemacht werden.
Ich danke der tätigen Mithilfe des LELF, insbesondere Herrn Jurrmann, für die juristisch saubere Verarbeitung parlamentarischer Wünsche, und ich empfehle namens der Koalition die Annahme der Gesetzesnovelle in unveränderter Fassung. - Danke schön.
Unter Bezugnahme auf eine Erklärung des Umweltministers Birthler zur Wirkung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie titelte der „Uckermark-Kurier”: „Gemeindereform bringt Bürgern neue Kosten” und kommentierte gar:
„Eigentlich sollte die Gemeindereform kräftig Geld sparen.... Tatsächlich scheint das Pendel... als millionenschwerer Bumerang auf die Bürger zuzurasen.”
Nach der Abwasserbilanz der Landesregierung beträgt der Anschlussgrad von Orten mit mehr als 2 000 Einwohnern ohne die großen kreisfreien Städte nur 77,5 %. Das lässt den Schluss zu, dass besonders im ländlichen Raum Nachholbedarf bei der Abwasserentsorgung nach neuestem Stand der Technik besteht. Da mit der Gemeindegebietsreform die Zahl der Gemeinden mit mehr als 2 000 Einwohnern zunehmen wird, sollen sie, mutmaßt der „Uckermark-Kurier”, nach Maßgabe der EU-Richtlinie flächendeckend und kostenträchtig an die Kanalisation angeschlossen werden. - Dieser Zeitungsartikel hat große Unruhe in dieses sensible Thema gebracht.
Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet die Landesregierung die Auswirkungen der Gemeindegebietsreform auf die Träger und die Kosten der Abwasserentsorgung unter besonderer Berücksichtigung der EU-Richtlinie?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu Frau Wehlan habe ich nicht die Zeit, einen umfangreichen Exkurs in die gesamte Forstreform zu unternehmen.
Darum möchte ich gleich zum Antrag kommen und die wichtigsten Botschaften an den Anfang stellen.
Erstens: Die Landesregierung hat bekannterweise seit Jahren die Übernahme der staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe mit dem notwendigen Personalabbau sozialverträglich gestaltet und setzt diesen Kurs auch heute erfolgreich fort.
Zweitens: Die PDS hat diesen schwierigen Prozess bisher mit allen parlamentarischen Mitteln bekämpft. Auch mit diesem Antrag behindert sie die Anpassung der personellen Ausstattung an die schrumpfenden Wirtschaftsaufgaben, obwohl die Landesregierung auf gutem Wege zu einer einvernehmlichen Lösung mit dem Hauptpersonalrat und der Gewerkschaft ist.
Drittens: Deshalb lehnt meine Fraktion in Verantwortung für die finanzielle Handlungsfähigkeit unseres Landes diesen Antrag ab.
Meine Damen und Herren, werfen wir einen Blick auf die Vergangenheit. Im Zuge der allgemeinen Kollektivierung in der DDR wurde der gesamte Wald unabhängig vom Eigentum der staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe eingegliedert, verwaltet und bewirtschaftet. De facto war das eine Enteignung des privaten, kommunalen und landeseigenen Waldbesitzes, auch wenn das im Grundbuch nicht nachvollzogen wurde.
Deshalb gingen nach der Wende zunächst 1,1 Millionen Hektar Wald und 10 000 Beschäftigte in die Verantwortung des Landes über. Seither steht die Forstverwaltung in einem permanenten Reformprozess. Größte Herausforderung ist die Anpassung des forstwirtschaftlichen Personals an die strukturellen Veränderungen des Eigentums und der Wirtschaftsweise. Von den ehemals 10 000 Beschäftigten stehen heute insgesamt noch 3 000 Bedienstete im Landesdienst.
Die Landesregierung hat trotz aller Schwierigkeiten dieses dramatischen Anpassungsprozesses betriebsbedingte Kündigungen ausdrücklich vermieden. Der PDS-Antrag soll nun die Waldarbeiter unter das Dach der Rahmenvereinbarung der Forstbediensteten holen, was betriebsbedingte Kündigungen auch für
Waldarbeiter rechtlich weitgehend ausschließt. Obwohl die Landesregierung betriebsbedingte Kündigungen bisher vermieden hat und auch das Däubler-Gutachten solche für Waldarbeiter ausschließt, könnte dieser Antrag unschädlich sein und lediglich einen Misstrauensantrag darstellen.
Dennoch, meine Damen und Herren, hat der gegenwärtige Rechtsstatus der Waldarbeiter ohne Sonderkonditionen der Rahmenvereinbarung eine Funktion. Die Landesregierung garantiert einen konditionierten Kündigungsschutz, der an die Annahme zumutbarer Arbeitsverhältnisse und an die Zustimmung des Hauptpersonalrates gebunden ist. Auf diese Weise bleibt ein gewisser Druck zur Annahme von Angeboten der Landesregierung oder zumutbarer Arbeitsplätze in der freien Wirtschaft wie der „goldene Handschlag”. Ohne diese Regelung müssen die Bemühungen der Landesregierung für einen sozialverträglichen Personalabbau erfahrungsgemäß erfolglos bleiben.
Meine Damen und Herren von der PDS, Sie machen mit diesem Antrag ein Schaulaufen vor den Wählern; glauben Sie mir das. Die Koalition, die Landesregierung muss aber in der Verantwortung für die Haushaltsstabilität eine Pflichtkür laufen.
- Ich habe gesagt, diese Verantwortung nimmt die Landesregierung wahr. Oder haben Sie schon von betriebsbedingten Kündigungen gehört?
- Ja, die kenne ich. Ich kann sie auch zitieren. Diese Stellungnahme ist durchaus widersprüchlich. Ich weiß nicht, ob ich die Zeit habe, dazu noch etwas zu sagen.
Die Gewerkschaft BAU hat ausdrücklich gesagt: Wir halten diese Reform für zustimmungsfähig, weil bei einer Umsetzung die bewährten Strukturen der Brandenburger Landesforstverwaltung erhalten bleiben. Das war unser aller gemeinsamer Ansatz. Der im Abschlussbericht zur strategischen und strukturellen Ausrichtungsphase A der Forstreform des Brandenburger Modells konzipierte Arbeitsplatzabbau wird halbiert, bis zum Jahre 2010 gestreckt und bleibt auf dieser Zeitschiene sozialverträglich gestaltbar. Trotzdem möchten Sie natürlich diese zusätzliche Sicherung. Wer möchte das für seine Klientel nicht? Ich habe Ihnen gesagt, dass die Landesregierung diesen Kurs weiter fortführen wird - darauf werden wir genauestens achten und dass Sie auch ein Instrument braucht für diejenigen, die die Beschäftigung in der Landesverwaltung als sichersten Arbeitsplatz ansehen, was ja auch so ist, und daher entsprechende Angebote in der freien Wirtschaft nicht annehmen. Dann muss die Landesregierung letztendlich auch einmal eine solche Kündigung aussprechen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Frau Kollegin, die von Ihnen beklagten Probleme treffen nur in gewisser Weise oder zum Teil überhaupt nicht auf Brandenburg zu. Ich denke, unsere Besatzdichte an Tieren auf der Fläche gewährt eigentlich eine sehr umweltverträgliche Produktion und führt ganz gewiss auf dem Sektor zu keinen Überproduktionen, die zu so wesentlichen Steuerungselementen führen.
Meine Damen und Herren, ich räume ein, dass diese etwas trockene Materie, eine weitere Berichtspflicht einzufordern, selbst vor dem Hintergrund der BSE-Wohlstandskrise nur schwer die Aufmerksamkeit der Abgeordneten fesseln kann. Dennoch, dieser Antrag berührt unsere parlamentarischen Rechte und Pflichten im Verhältnis zur Landesregierung. Sie soll nämlich dem Landtag ein weiteres Mal berichten.
Die Berichtspflicht spannt den Bogen über finanzielle Auswirkungen der BSE-Krise, Arbeitsplatzverluste, Futtermittel-,
Lebensmittelproben, Forschung, Förderprogramme, Liquiditätshilfen, politische Aktivitäten in Bund und Europäischer Union, Verbraucherschutz, gesundheitliche Risiken hin bis zu Tier- und Lebensmitteltransporten. Das ist ein wichtiges und umfassendes Thema, in Wahrheit aber ein dicker Brocken, meine Damen und Herren, der bis zur nächsten Landtagssitzung bearbeitet werden sollte - nach Ihrem Änderungsantrag nun zur übernächsten Sitzung - und dem Umfang nach eine Große Anfrage übersteigt. Neben der Berichtspflicht beinhaltet dieser Antrag auch eine umfassende Aufgabenstellung, die zuvor abgearbeitet werden muss.
Ganz nebenbei soll die Landesregierung für den Landtag Dienstleistungen erbringen, Mündliche Anfragen, Große Anfragen, Kleine Anfragen, Anträge, Gesetzentwürfe, Briefverkehr mit Abgeordneten, Zuarbeit für Ausschüsse, landesweite VorOrt-Aktivitäten usw. Das ist nur ein Teil der Gesamtpalette der Aufgaben, die eigentlich Zusatzaufgaben dieser Landesregierung sind.
Das alles sind ohne Zweifel unverzichtbare parlamentarische Instrumente, aber sie binden in dieser schwierigen Situation Arbeitsplatzkapazitäten und schmälern die Leistungsfähigkeit. Das ist besonders deshalb schmerzlich, weil Nachtragshaushalt, Verwaltungsreform und für dieses Fachministerium noch die BSE-Krise eine besondere Herausforderung darstellen.
Der Fachausschuss hat vor wenigen Tagen einen umfassenden Bericht entgegengenommen und ausreichend Fragen stellen können. Wir sollten dieses Thema auch weiterhin auf Arbeitsebene - und das ist eigentlich der Dissens -, einschließlich ressortübergreifender Themen wie Haushalt, Gesundheit und Wissenschaft, behandeln und die vorliegenden beschlussfähigen Entscheidungen, die daraus erarbeitet werden, dem Landtag zuführen.
Meine Damen und Herren von der PDS, ich lade Sie ein, sich trotz Ihres Änderungsantrages und trotz Ihrer anderen Meinung unserem Entschließungsantrag anzuschließen. Es geht um den Erfolg, es geht darum, wie wir dieses Thema am besten bearbeiten.
Dennoch ist es gut, dass die PDS dafür sorgt, dass dieses Thema im Gespräch bleibt. Schon wieder wird Europa von einer neuen Seuche bedroht, der MKS. Sie ist sicherlich für den Menschen nicht so relevant, aber für die Leistungsfähigkeit und Gesundheit unserer Tierbestände schon von außerordentlicher Brisanz. Lassen Sie mich daher die Gelegenheit nehmen, Folgendes festzustellen: Die 6 500 BSE-Testungen haben meine Prognose bestätigt, dass Brandenburg bisher nur wenig von positiven Befunden betroffen ist. Die Bundesrepublik insgesamt ist von positiven Befunden gegenüber England mit 180 000 klinisch erkrankten Fällen und gegenüber anderen EU-Staaten bisher äußerst gering betroffen.
Die Erkrankungsrate des Menschen an der neuen Variante Creutzfeldt-Jacob liegt in England bei fast vollständiger Durchseuchung der Rinderbestände bei 1 : 2 Millionen pro Jahr. Rein rechnerisch läge das Risiko, in Brandenburg durch den Genuss von Rindfleisch an dieser Seuche zu erkranken, weit jenseits der Größe von 1 : 10 Millionen pro Jahr.
Daher stehen die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der BSEKrise mit all ihren irrationalen Komponenten in keinem realen Verhältnis zur tatsächlichen Gesundheitsgefährdung. Sie ist ungleich geringer als andere Risiken für die Gesundheit und das Leben von Menschen. Ich sehe daher in der gegenwärtigen Situation in Brandenburg keinen Grund - das sage ich auch an die Verbraucherinnen und Verbraucher gerichtet -, Rindfleisch heimischer Herkunft von unseren Speisezetteln zu streichen.
Beherrschen werden wir die Probleme des Tierschutzes, der Tierseuchensicherheit, des Verbraucherschutzes nur - und da sind wir uns ganz sicher einig, Frau Kollegin -, wenn wir im Rahmen einer Umsteuerung die Produkthaftung verstärken, den Tier- und Lebensmittelhandel von der Urproduktion bis zur Ladentheke mehr an regionalen Kreisläufen und im gesamten Produktionsprozess orientieren, dem Verbraucherschutz absolute Priorität vor dem Preis, vor dem Profit, vor Exportinteressen, vor Globalisierung einräumen. Nur das wird der Weg sein, der uns auf diesem Sektor Frieden bringt. - Schönen Dank.
Einem Schreiben des Landrates der Uckennark konnte ich entnehmen, dass offenbar sowohl die Landkreise als auch der
Landkreistag Befürchtungen hegen. die Landesregierung könnte unterhalb der Landesregiening und oberhalb der Kreise eine Behördenstruktur planen. die einer - sage ich einmal - MitteBehörde gleichkäme.
Um öffentliche Aufklärung und Klarheit zu schaffen. frage ich die Landesregierung: Plant die Landesregierung dem Landtag eine Gesetzesnovellierung des Landesorganisationsgesetzes vorzulegen. die eine solche Struktur zum Inhalt hat?
Herr Minister, stehen Sie denn, wenn es jetzt zu keiner isolierten Novellierung des Waldgesetzes bezüglich der Reitwegekonzeption kommt, dazu, dass hier im Zuge der Gesamtnovel
lierung dieses Gesetzes als auch im Landesnaturschutzeesetz eine einheitliche kompatible Lösung gesetzlich fixiert wird?
Gegenwärtig befindet sich die Bundeswehr in einem tief greifenden Strukturwandel. in dessen Folge es zu zahlreichen Standortschließungen kommen soll. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Prenzlau und des gesamten Uckerrnarkkreises bemühen
sich zurzeit gemeinsam mit dem ABC-Abwehrbataillon 805. diese Standortschließung abzuwehren.
Beschlüsse der Stadt- und Kreistagsabgeordneten. zahlreiche Briefe an Verteidigungsminister Scharping und an Ministerpräsident Stolpe sowie Innenminister Schönbohm seitens des Landrates Dr. Benthien und des Bürgermeisters Hoppe geben darüber Auskunft, wie sich die Bürgerinnen und Bürger uni diesen Standort bemühen.
Das Bataillon ist durch die hervorragende kommunale Einbindung in das politische, wirtschaftliche und soziale Leben ein unverzichtbarer Bestandteil der Stadt geworden, die seit 300 Jahren Garnisonsstadt ist. Auch aufgrund der tiefen Verwurzelung und der hohen Akzeptanz in der Bevölkerun g findet das Bataillon in Prenzlau beste Bedingungen. um seinen Verteidigungsauftrag zu erfüllen.
Ich frage die Landesregierung: Was hat sie bisher getan. uni Bundeswehrstandorte im Allgemeinen und den Standort Prenzlau im Besonderen vor einer Schließung zu bewahren?
Präsident [)r. K
Herr Minister Schönbohm, Sie haben das Wort. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich den Ausführungen meiner Vorrednerin und meines Vorredners in wesentlichen Punkten anschließen. Ich will das Thema auch nicht fachlich überfrachten, sondern noch etwas politisch beleuchten.
Darum möchte ich zum Anfang meiner Ausführungen überhaupt keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass der Weg der Europäischen Kommission richtig war und richtig ist, das europäische Pflanzenschutzrecht auf strenge Einzelindikationen auszurichten. Pflanzenschutzmittel sollen künftig nur noch zugelassen werden, wenn ihre Wirkungen auf die Kulturen und Schaderreger spezifisch begrenzt bleiben. Das ist aus Gründen des Verbraucherschutzes, aber auch des Naturschutzes und des Artenschutzes unverzichtbar und alternativlos.
Dieses Prinzip der so genannten Indikationszulassungen wurde folgerichtig schon 1991 mit einer mehrjährigen Übergangsfrist zur Umsetzung durch die Mitgliedsstaaten festgeschrieben. Leider haben die Mitgliedsstaaten und auch die Erzeuger von Pflanzenschutzmitteln diesen Auftrag über ein Jahrzehnt verschlafen und ihn bisher nicht umgesetzt.
Der Deutsche Bundestag hat daher vom Grundsatz zunächst einmal richtig gehandelt, als er das deutsche Pflanzenschutzgesetz drastisch verschärfte und für über 800 Anwendungen die Zulassung auslaufen ließ. Verheerend allerdings in dieser Angelegenheit ist, dass für die landwirtschaftliche und gärtnerische Produktion mit der Anpassung des Landschaftsschutzgesetzes an die Vorgaben der EU rechtlich durchaus mögliche Übergangsfristen einseitig verkürzt wurden, ohne dadurch entstandene Indikationslücken zu schließen.
Nach Darstellung des Parlamentarischen Staatssekretärs Thalheim auf eine Anfrage im Bundestag vom 13. März dieses Jahres soll der Lückenschluss bei der Hälfte der Anwendungen gelungen sein. Zwischenzeitlich sollen weitere 100 Anwendungen vor der Zulassung stehen. Auch könne bei Gefahr im Verzuge, so der Staatssekretär, die Biologische Bundesanstalt nach dem Pflanzenschutzgesetz im Ausnahmefall Einzelzulassungen erteilen.
Dennoch bleiben nach Informationen des Gartenbauverbandes Brandenburg bei uns etwa 4 000 ha gartenbauliche Kulturen ungeschützt. Besonders gefährdet sind beispielsweise Kirschen
durch die Kirschfruchtfliege, Erdbeeren durch Spinnmilben, Gurken durch Wanzen und Spinnmilben, übrigens auf 550 ha im Spreewald. Möhren sind auf 600 ha akut gefährdet.
Die Bundesregierung und der Bundestag sind aufgefordert, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen - ich beziehe mich auch auf Ihre Aussagen, dass das rechtlich möglich ist -, durch eine gesetzliche Verlängerung der Übergangsfristen den vollständigen Lückenschluss für den Schutz der Kulturen herzustellen.
Meine Damen und Herren, unser Antrag soll die Landesregierung bei ihren bisherigen Bemühungen unterstützen, direkt bei der Bundesregierung zu intervenieren und über den Bundesrat in Abstimmung mit anderen Bundesländern eine Gesetzesänderung durchzusetzen.
Außerdem schlage ich vor, weil es ja im legislativen Bereich angesiedelt ist, dass wir wenigstens den Agrarausschuss noch einmal bemühen und an den Bundestag direkt schreiben, dass wir uns noch einmal sachlich-fachlich mit der Frage auseinander setzen und den Abgeordneten dort das ganze Ausmaß der Konsequenzen vor Augen führen. Sollte es nicht gelingen, die restlichen Indikationslücken rechtzeitig zu schließen, erleiden die einheimischen Produzenten erhebliche Wettbewerbsnachteile gegenüber ausländischen Erzeugern für die kommenden Jahre, möglicherweise auch Marktverluste.
Es muss also verhindert werden, dass unsere Gärtner gezwungen werden, hier zum Schutz ihrer Kulturen in die Illegalität zu gehen. Es muss auch aus Gründen des Verbraucherschutzes gesichert werden, dass durch Verbrauchernähe überschaubare Märkte erhalten bleiben. Ich sage hier ganz eindeutig: Die beste Sicherheit für den Verbraucher geben uns die Erzeuger im eigenen Lande.
Dieses Prinzip haben wir in allen bisherigen Bemühungen des Verbraucherschutzes immer wieder einzuhalten und durchzusetzen versucht.
Zum Antrag der PDS: Ich habe, Frau Wehlan, lange darüber nachdenken müssen, was "weiter gehende Unterstützung" heißt. Es bleibt wohl nur die Frage: Machen wir hier finanziell etwas? Sie kennen unseren Haushalt. Ich meine, es ist, wie Herr Helm schon sagte, auch nicht unsere Aufgabe und liegt nicht in unserer Befugnis, Geld auszugeben für den Ausgleich von Schäden oder Nachteilen, die durch einen anderen Gesetzgeber entstanden sind. Wir sollten also vorbeugend wirken, solange noch etwas getan werden kann, und uns nicht darauf verlegen zu sagen: Wir kompensieren das, was den Landwirten und den Gartenbauern an Schäden ins Haus stehen könnte. - Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! BSE-Krise und kein Ende! Kein Thema hat die Emotionen höher schlagen lassen, die Schlagzeilen so fett gemacht wie die Vorstellung des schleichenden, qualvollen Todes aus dem Trog über die Theke in die Töpfe der Verbraucher. Es herrscht Hochkonjunktur - Hochkonjunktur für Schuldzuweisungen. Spekulationen und Ängste. In Talkshows und Politikmagazinen tummeln sich Promis, Reporter. Politiker und Lobbyisten. Sie alle wollen schon immer gewarnt. es gesagt und gewusst haben, welches die Ursachen sind. wer Schuld beladen und wer betroffen ist. Da wird im Trüben gefischert und mit imperativem.,Basta" Unabsehbares entschieden, obwohl oder weil die Wissenschaftler vor mehr Fragen als Antworten stehen.
Ökofreaks und Tierschützer, Ästheten und Vegetarier aller Länder sind vereinigt im Glauben ihrer Lebensphilosophie. Ursache sind die als Agrarfabriken diffamierten großen Betriebe. Sie müssen weg! Wird hier etwa der Boden für eine neue Degressionsdebatte vorbereitet? Die scheinbar einfache Formel lautet: Wir brauchen flächendeckend Kleinbauern und Biolandwirte. obwohl die Seuche bei den Kleinbauern in England ihre Wurzeln hat.