Protocol of the Session on May 17, 2001

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie herzlich zur heutigen 36. Sitzung. Mein Gruß gilt gleichermaßen den Kolleginnen und Kollegen wie den Journalisten aller Metiers und unseren Gästen.

Die Geburtstage reißen nicht ab. Ich darf heute erneut einem 28Jährigen, dem Abgeordneten Vogelsänger von der SPD-Fraktion, herzlich gratulieren, ihm alles Gute, Gesundheit und viel Erfolg in seiner parlamentarischen Arbeit wünschen.

(Allgemeiner Beifall - Präsident Dr. Knoblich überreicht dem Abgeordneten Vogelsänger [SPD] Blumen.)

Vor Eintritt in die Tagesordnung darf ich Ihnen die Mitteilung des Vorsitzenden des Innenausschusses überbringen, dass sich der Antrag „Humanitäre Grundsätze in der Flüchtlingspolitik”, Drucksache 3/1701, erledigt hat.

Zum vorliegenden Entwurf der Tagesordnung empfiehlt der Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport dem Plenum, einen zusätzlichen Tagesordnungspunkt 4 aufzunehmen: 3. Lesung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes, Drucksache 3/2819.

Die Parlamentarischen Geschäftsführer wie der zuständige Ausschuss empfehlen die Aufnahme der 3. Lesung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Fischereigesetzes für das Land Brandenburg als Tagesordnungspunkt 5.

Gibt es von Ihrer Seite hinsichtlich der Tagesordnung zusätzliche Änderungs-, Erweiterungs- oder sonstige Wünsche? - Dann bitte ich um Ihr zustimmendes Handzeichen, dass wir den Entwurf in der Weise modifizieren, wie das soeben vorgeschlagen wurde. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann verfahren wir so.

Wenn die Regierungsbänke heute vielleicht nicht so wie an anderen Sitzungstagen gefüllt sind, dann hat das seine Ursache darin, dass es eine Reihe von Verpflichtungen gibt, die mir mitgeteilt wurden, die ich mir aber vorzulesen erspare.

Wir sind beim Tagesordnungspunkt 1:

Fragestunde

Drucksache 3/2736 Drucksache 3/2792

Das Wort geht an den Abgeordneten Warnick, der die Dringliche Anfrage 8 (Weiterführung des „Bauernmarktes Güter- felde”) stellen wird.

Vor wenigen Tagen ist die Schließung des Bauernmarktes Güterfelde verfügt worden. Damit sind etwa einhundert Arbeitsplätze unmittelbar zur Disposition gestellt bzw. stehen vor der Gefahr, vernichtet zu werden.

Vor dem Hintergrund denkbarer und möglicher Alternativen zu einer Schließung frage ich die Landesregierung: Welche Alternativen sieht die Landesregierung, um innerhalb einer absehbaren Frist die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen für einen Weiterbetrieb zu schaffen und die Schließung sofort auszusetzen?

Herr Minister Meyer, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte gestern die Gelegenheit, mit Händlern des Güterfelder Bauernmarktes zu sprechen. Ich habe Verständnis für die existenziellen Sorgen der Händler und der Angestellten, die dort einen Arbeitsplatz gefunden haben. Ziel muss es sein, die ansässigen Handelsunternehmen mit ihren etwa 80 Arbeitsplätzen zu erhalten. Hierfür werde ich mich einsetzen, da die Händler nicht wissen konnten, dass der Betreiber nicht über die notwendigen Genehmigungen verfügte.

Zum Gesamtverständnis der Umstände, die letztlich zu einer Schließung des Güterfelder Bauernmarktes führten, muss ich kurz auf die Chronologie der Ereignisse eingehen.

Der Markt wurde in einer Halle betrieben, in der bis 1990 eine Geflügelmastanlage gehalten wurde. Das Gelände liegt im Landschaftsschutzgebiet Parforce-Heide. Eine Baugenehmigung für diese Nutzungsänderung liegt bis heute nicht vor. Es dürfte auf der Hand liegen, dass die Notwendigkeit einer derartigen Nutzungsänderung nicht nur eine formelle Frage ist. Vielmehr hat der Landkreis als untere Bauaufsicht auch dafür Sorge zu tragen, dass eine dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit, beispielsweise im Hinblick auf den Brandschutz und auf notwendige Fluchtwege, ausgeschlossen werden kann.

Aus diesem Grunde hat die Bauaufsichtsbehörde des Landrates ohne Mitwirkung des MSWV zu Recht bereits im November 2000 eine Nutzungsuntersagung ausgesprochen. Obwohl dieser Bescheid bestandskräftig ist, hat sich der Betreiber hieran nicht gehalten und den Betrieb im Dezember 2000 aufgenommen.

Die gutgläubigen, die getäuschten Händler, die mit dem Betreiber Verträge abgeschlossen haben, konnten keine Kenntnis von der fehlenden Genehmigung haben. Als das MSWV als oberste Bauaufsichtsbehörde im März 2001 feststellen musste, dass der Landkreis die von ihm selbst bereits ausgesprochene Nutzungsuntersagung nicht vollstreckte, erging eine entsprechende Weisung. Das Verwaltungsgericht Potsdam hat am 3. Mai 2001 die Zwangsgeldfestsetzungsbescheide des Kreises gegen den Betreiber bestätigt, da das Vorhaben illegal sei.

Trotz alledem führte der Betreiber den Markt weiter. Daraufhin musste das MSWV den Landkreis auffordern, den Markt zu schließen und zu versiegeln, um eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit auszuschließen.

Ich muss es hier auch noch einmal ganz deutlich sagen: Erstens: Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, wie sich eine öffentliche Diskussion gestalten würde, wenn beispielweise

nach einem Brand die berechtigte Frage gestellt würde, warum verantwortliche Behörden nicht zu einem früheren Zeitpunkt gehandelt hätten.

Zweitens: Eigenheimbauer und Investoren im Land, die ebenfalls im Widerspruch zu Planungs- und Baurecht liegen, verfolgen mit Interesse, ob eine Behörde einen solchen, in diesem Fall einen Schwarzbau - und ich habe selten einen schwärzeren gesehen - duldet. So weit zur Vorgeschichte.

Jetzt kommt es darauf an, dass die Gemeinde alle Kräfte darauf konzentriert, die bereits im Oktober 1996 beschlossene Aufstellung eines Vorhaben- und Erschließungsplanes endlich in Angriff zu nehmen. Nach meiner Kenntnis hat die untere Naturschutzbehörde gestern der landschaftsschutzrechtlichen Befreiung zugestimmt. Heute könnte die Gemeindevertretung die Auslegung der Pläne und die Trägerbeteiligung beschließen. Damit könnte bis September dieses Jahres Planungssicherheit hergestellt werden. Das MSWV bietet an, der Gemeinde mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, um ein schnelles Verfahren zu gewährleisten.

Da eine Aussetzung der Schließung aus Sicherheitsgründen ausscheiden muss, habe ich darüber hinaus meine Verwaltung gebeten, die Händler bei der Suche nach einem Ersatzstandort in Güterfelde zu unterstützen. Meine Mitarbeiter haben vorgeschlagen, übergangsweise eine ehemalige Gaststätte in Güterfelde für den Handel zu nutzen, bis die Genehmigung für den bisherigen Standort vorliegt. Nach meinem Kenntnisstand könnten für den Betrieb in der ehemaligen Gaststätte innerhalb kürzester Zeit die erforderlichen baurechtlichen Genehmigungen erteilt werden. Wenn die Gemeinde - das ist uns signalisiert diesen Vorschlag unterstützt, könnte sie heute Abend auch darüber einen Beschluss fassen. Die notwendigen zivilrechtlichen Vereinbarungen müssen dann natürlich zwischen dem Eigentümer und den Händlern getroffen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, es ist deutlich geworden, dass die oberste Bauaufsicht nicht nur rechtlich einwandfrei, sondern auch verantwortlich gehandelt hat. Sie wissen: Mir liegt die wirtschaftliche Entwicklung des Landes in besonderem Maße am Herzen. Notwendige gesetzliche Regelungen aber können und dürfen nicht durch die oberste Bauaufsichtsbehörde außer Kraft gesetzt werden. Ich habe meine Hilfe angeboten, damit die getäuschten Händler nicht als Verlierer dastehen. Mitarbeiter meines Hauses stehen gerne zur Beratung zur Verfügung. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, es gibt noch Klärungsbedarf. Bitte sehr, Herr Warnick.

Herr Minister, ich frage Sie, aber natürlich auch Herrn Minister Fürniß: Sehen Sie Möglichkeiten des Landes, über Finanzbeihilfen beziehungsweise über Fördermöglichkeiten den Weiterbetrieb vorübergehend an einem anderen Standort zu gewährleisten? Denn die Händlerinnen und Händler sind hierzu selbst finanziell nicht in der Lage.

Herr Warnick, Sie sind nicht ganz neu im Geschäft. Sie wissen, dass man weder Förderbescheide implizieren noch die Händler durch eine populistische Fragestellung in einer Sicherheit wiegen sollte, die nicht angemessen ist.

(Beifall bei SPD und CDU)

Da ich im Namen der Landesregierung antworte, denke ich, auch im Namen von Herrn Fürniß sagen zu können: Nicht nur die Mitarbeiter meines Hauses, sondern auch die Mitarbeiter des Hauses Fürniß stehen den Händlern zur Beratung gern zur Verfügung.

Nunmehr heiße ich unsere jungen Gäste von der Gesamtschule Beelitz herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Die Frage 715 (Abwanderung brandenburgischer Lehrkräfte) wird vom Abgeordneten Kliesch gestellt.

Um die Abwanderung von brandenburgischen Lehrkräften zu verhindern, hat das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport am 17. Januar 2001 die Vereinbarung zur Übernahme von Lehrkräften mit der Berliner Senatsschulverwaltung geschlossen. Dabei ist es vorrangiges Ziel, die Abwanderung qualifizierter Lehrkräfte zumindest im laufenden Schuljahr zu unterbinden. Insbesondere im engeren Verflechtungsraum hat die Abwanderung von Lehrern zu erheblichen Problemen in der Unterrichtsversorgung geführt und die Planungssicherheit in den Schulen erheblich erschwert.

Ich frage die Landesregierung: Wie hat sich die mit der Berliner Senatsschulverwaltung abgeschlossene Vereinbarung zur Übernahme von Lehrkräften bewährt?

Herr Minister Reiche, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Kliesch, obwohl das Schuljahr 2000/2001 noch nicht zu Ende ist, kann ich schon jetzt sagen, dass sich die auf meine Initiative hin vom Kollegen Böger und mir unterzeichnete Erklärung zur Übernahme von Lehrkräften eindeutig bewährt hat. Hätte es die Vereinbarung nämlich nicht gegeben, dann hätte, gemessen an den in den brandenburgischen Schulämtern während des laufenden Schuljahres noch eingegangenen Kündigungen, eine Vielzahl Brandenburger Lehrkräfte während des laufenden Schuljahres den Schuldienst in Brandenburg verlassen. Diese Lehrkräfte haben aber ihre Kündigung nachweislich zurückgezogen, nachdem das Landesschulamt in Berlin, entsprechend der Vereinbarung, eine Einstellung erst zum 1. August 2001 in Aussicht gestellt hat.

Gerade die Abwanderung qualifizierter Lehrkräfte aus dem von Ihnen, Herr Kliesch, angesprochenen engeren Verflechtungsraum nach Berlin konnte also auf der Grundlage der Vereinbarung verhindert werden. Nach den einhelligen Rückmeldungen der Staatlichen Schulämter, insbesondere der Schulämter, die sich im engeren Verflechtungsraum befinden, wie zum Beispiel Oberhavel und Barnim, hat sich diese zwar mühevolle, aber wirksame Verfahrensweise bewährt.

Sicherlich hat es nach Abschluss der Vereinbarung zum Schuljahresbeginn in der Umsetzung einige Schwierigkeiten gegeben, sodass die eine oder andere Lehrkraft doch noch in den Schuldienst des Landes Berlin eingestellt wurde. Jedoch ist es uns dann binnen kürzester Zeit gelungen, mit dem Landesschulamt ein Verfahren zu verabreden, das auch in der tatsächlichen Umsetzung der Vereinbarung sicherstellt, dass die Einstellung einer Brandenburger Lehrkraft in den Berliner Schuldienst, wenn überhaupt, erst zum Schuljahreswechsel, also zum September dieses Jahres, erfolgt. Somit konnte für die Schulämter und für die einzelnen Schulen die Planungssicherheit im Wesentlichen wieder hergestellt werden und es war möglich, das Schuljahr entsprechend der vorbereiteten Organisation durchzuführen.

Trotz dieser guten Meldung will ich es nicht versäumen, Sie darauf hinzuweisen, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Vielzahl von Brandenburger Lehrkräften zum Schuljahreswechsel die Möglichkeit nutzen wird, ein Arbeitsverhältnis zu den Ihnen bekannten, in einzelnen Bereichen auch besseren finanziellen Bedingungen im Land Berlin aufzunehmen. Als eine ganz wichtige und zentrale Maßnahme dagegen habe ich nach einer Vereinbarung mit den Gewerkschaften und den Berufsverbänden 850 bislang befristete Beschäftigungsverhältnisse in eine unbefristete Beschäftigung umgewandelt beziehungsweise den Lehrkräften eine solche Umwandlung angeboten.

Ganz ohne Zweifel müssen weitere Anstrengungen unternommen werden, um ein Beschäftigungsverhältnis im Schuldienst des Landes Brandenburg attraktiver zu gestalten. Mit den damit verbundenen schwierigen Fragen wird sich auf meinen Vorschlag hin das Kabinett am 29. Mai beschäftigen. Ebenfalls auf unsere Initiative hin hat sich bereits die Kultusministerkonferenz mit diesem Thema befasst. Wir haben dort gemeinsam festgestellt, dass die Unterrichtskontinuität ein zu hohes Rechtsgut ist, als dass sie während des laufenden Schuljahres zugunsten der Berufswahlfreiheit hintangestellt werden dürfte. Die große Herausforderung dieser Legislaturperiode im schulischen Bereich ist und bleibt der demographische Wandel, dass heißt die Halbierung der Schülerzahl in den nächsten sechs Jahren. Dies wird sich natürlich in der Ihnen bekannten Weise auf die Beschäftigungssituation an den Schulen in unserem Lande auswirken. - Vielen Dank.

Es gibt noch Klärungsbedarf. Bitte sehr.

Herr Minister, Ihren Ausführungen konnte ich entnehmen, dass zum Schuljahresende durchaus mit einer Verschärfung der Situation zu rechnen ist und dass der Weggang von Lehrern nicht ausgeschlossen werden kann.

Ich frage Sie: Welche Initiativen gehen von Brandenburg in der Kultusministerkonferenz aus, um Quereinsteigern in den Beruf des Lehrers die entsprechenden Möglichkeiten zu eröffnen beziehungsweise eine erhöhte Ausbildung von Studenten zu initiieren?

Herr Kliesch, zum Ende des Schuljahres wird es keine erhöhte Abwanderung geben - die Lehrer sind bei uns bis zum Ende des Schuljahres beschäftigt -, sondern erst mit dem Wechsel zum neuen Schuljahr. Aber dann können wir im Rahmen der Unterrichtsorganisation diese Probleme relativ einfach ausgleichen. Denn dass es von einem Schuljahr zum anderen Lehrerwechsel gibt, ist schon seit langem allen bekannt. Ich bedaure diese zwar, aber die Situation ist so.

Wir haben als Land in der KMK, aber auch alleine eine Vielzahl von Initiativen gestartet, um die Attraktivität zu erhöhen. Es gibt ein Schreiben von mir an die Schulleiterinnen und Schulleiter und an verschiedene andere, die in der Frage der Berufsorientierung mit Schülern zusammenkommen, also an die Arbeitsämter, in dem ich darum gebeten habe, mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass Schülerinnen und Schüler nach der 10., aber auch nach der 12. beziehungsweise nach der 13. Klasse stärker als bisher den Lehrerberuf wählen sollten. Nach einer Verabredung mit der Universität Potsdam und auch mit Unterstützung meiner Kollegin Wanka ist es gelungen, mehr Menschen die Möglichkeit anzubieten, beispielsweise an ein Ingenieurstudium ein Pädagogikstudium anzuschließen und auf diese Weise als Quereinsteiger für die Berufsausbildung in Brandenburg zur Verfügung zu stehen. Ebenso ist es uns gelungen, Leute, die in der Industrie tätig waren - zu günstigen Konditionen und immer mit 100-%-Verträgen -, in unsere Berufsschulen und in unsere Oberstufenzentren hineinzuziehen und für einen dauerhaften Schuldienst zu gewinnen.

Nunmehr hat der Abgeordnete Karney Gelegenheit, die Frage 716 (Novelle der Verpackungsverordnung) zu stellen.

Die Bundesregierung hat die Veränderung der Verpackungsverordnung mit dem Ziel der Einführung von Zwangspfand auf ökologisch nicht vorteilhafte Verpackungen beschlossen. Mit dem In-Kraft-Treten der durch den Bundesrat zustimmungspflichtigen Zweiten Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung muss ein Pflichtpfand von mindestens 0,25 Euro und ab einer Abfüllmenge von mehr als 1,5 Litern von mindestens 0,50 Euro erhoben werden. Von Wissenschaftlern wird die Einführung des Zwangspfandes als „ökonomisch nicht zu rechtfertigen und ökologisch nutzlos” eingestuft.