Protocol of the Session on March 5, 2003

Mit der Einladung ist Ihnen der Entwurf der Tagesordnung zugegangen. Gibt es von Ihrer Seite diesbezüglich Änderungswünsche? - Herr Abgeordneter Vietze, bitte.

Herr Präsident, wir haben uns gestern darüber verständigt, dass wir wegen der Abwesenheit von Minister Reiche auf die Behandlung des Antrags "Erhalt von Schulen im ländlichen Raum" verzichten. Wir werden den Antrag auf die Tagesordnung der Sitzung im April setzen.

Herzlichen Dank. Damit entfällt Tagesordnungspunkt 8. Ich bitte dies zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn es von Ihrer Seite keine weiteren Anmerkungen gibt, möchte ich noch einige machen.

Der Antrag „Die Einführung einer Zinsabgeltungssteuer zurückweisen - die Wiedererhebung der Vermögensteuer bekräftigen“, Drucksache 3/5381 - Neudruck -, ist vom Antragsteller zurückgezogen worden.

Die Gesamtredezeit zu Tagesordnungspunkt 2, 2. Lesung der Gesetze zur Gemeindegebietsreform, Drucksache 3/5550 - einschließlich Korrekturblatt -, in Verbindung mit dem Antrag der PDS-Fraktion, Drucksache 3/5565, ist auf Vorschlag der Parlamentarischen Geschäftsführer von 30 auf 35 Minuten pro Fraktion und Gesetz erweitert worden.

Der Tagesordnungspunkt 5, 2. Lesung des Gesetzes zur Herstellung von Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen im Land Brandenburg, Drucksache 3/5481, und in Verbindung damit die 2. Lesung des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetze des Landes Brandenburg, Drucksache 3/5482 - einschließlich Korrekturblatt -, soll zusätzlich behandelt werden. Es ist Redezeitvariante 1, das heißt fünf Minuten je Fraktion bzw. Landesregierung, vereinbart worden. Dies geht auf einen Vorschlag des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen sowie der Parlamentarischen Geschäftsführer zurück.

Dies waren die Anmerkungen von meiner Seite. Ich bitte Sie nunmehr um Ihr zustimmendes Handzeichen, damit wir nach der entsprechend geänderten Tagesordnung verfahren können. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit verfahren wir so.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Fragestunde

Drucksache 3/5540

Das Wort geht an den Abgeordneten Dellmann. Er formuliert

die Frage 1486 (Aufnahme der Strecke Berlin - Landesgrenze [Stettin] in den Bundesverkehrswegeplan [BVWP]).

Für die Region Berlin-Brandenburg ist die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur zu unseren polnischen Nachbarn von hoher Bedeutung. Derzeit befindet sich die Bahnstrecke Berlin Stettin in einigen wichtigen Bereichen nicht in einem leistungsfähigen Zustand. Bisher war die Strecke Berlin - Landesgrenze (Stettin) , insbesonders der Abschnitt Angermünde - Stettin, nicht Inhalt des Bundesverkehrswegeplanes, weder im „Vordringlichen Bedarf“ noch im „Weiteren Bedarf“. Ein Ausbau dieser Strecke wäre über die Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan realisierbar.

In diesem Zusammenhang frage ich die Landesregierung: Wie bewertet sie die Notwendigkeit und die Chance, dass die Strecke Berlin - Landesgrenze (Stettin) in den neuen Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wird?

Herr Minister Meyer, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dellmann, Sie haben Recht: Die Strecke Berlin - Angermünde Landesgrenze (Stettin) ist sehr wichtig. Sie hat für das Land Brandenburg eine große Bedeutung, vor allem vor dem Hintergrund der EU-Osterweiterung. Daher haben wir diese Maßnahme bereits vor drei Jahren beim Bund für die Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans angemeldet. Wir hatten die Maßnahme bereits 1992 für die Aufnahme in den ersten gesamtdeutschen Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Damals fiel das Vorhaben bei der Bewertung durch. Seinerzeit wurde die Strecke Berlin - Angermünde - Stralsund - Fährentransport nach Skandinavien als länderübergreifendes Projekt in den Bundesverkehrswegeplan eingeordnet.

Nach dem heutigen Stand wird der Ausbau des Streckenabschnitts Berlin - Angermünde für die Leitgeschwindigkeit von 160 km/h voraussichtlich bis 2006 realisiert. Es verbleibt der Ausbau des Streckenabschnitts Angermünde - Stettin, der nach vorläufigen Informationen des Bundesverkehrsministeriums in die Kategorie „Internationale Projekte“ des Entwurfs des Bundesverkehrswegeplans 2003 eingeordnet werden soll. Ich habe diesbezüglich ein Vorgespräch geführt, in dem dies bestätigt worden ist. Die Realisierung hängt von einer entsprechenden Vereinbarung mit der Republik Polen ab. - Danke schön.

Danke sehr. - Das Wort geht an den Abgeordneten Dr. Niekisch, der Gelegenheit hat, die Frage 1487 (Klosterstift Neuzelle) zu formulieren.

Das barocke Klosterstift Neuzelle im Südosten Brandenburgs braucht für seine Erhaltung als einmaliges Kulturdenkmal die

wirtschaftlich tragfähige Nutzung durch eine Schule bzw. einen Schulträger.

Ich frage daher die Landesregierung: Sind die Verhandlungen mit einem Schulträger, der wirtschaftlich dauerhaft das Stift Neuzelle mitträgt, in Abstimmung mit dem Landkreis OderSpree zum Abschluss gebracht worden?

Das Wort geht an den Minister für Bildung, Jugend und Sport. Bitte sehr.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Dr. Niekisch, dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport lag der Antrag der anerkannten Schulen für berufliche Bildung Annaberg-Buchholz vor, in Neuzelle eine Schule, beginnend mit der Jahrgangsstufe 7, neu zu errichten. Das Ministerium hatte die Unterlagen im Hinblick auf die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen gemäß § 121 Abs. 2 bis 6 Brandenburgisches Schulgesetz zu prüfen. Da diese Voraussetzungen mit einem innovativen Schulkonzept mit überregionaler Wirkung erfüllt waren, wurde mit Bescheid vom 4. Februar dieses Jahres die Errichtung einer freien Schule mit der Auflage genehmigt, dass der Schulträger bis zum 15. Mai 2003 einen Mietvertrag vorweist. Der Antrag der Rahnschulen wurde ebenso intensiv geprüft, konnte aber nicht positiv beschieden werden, weil dem Konzept eine Zahlung der Personalkostenzuschüsse schon vom ersten Jahr an zugrunde lag.

Beratungen mit dem derzeitigen Träger der öffentlichen Schule in Neuzelle, dem Landkreis Oder-Spree, sind nur dann in das Genehmigungsverfahren aufzunehmen, wenn die zu genehmigende pädagogische Konzeption des freien Schulträgers die weitgehende Übernahme einer Schule in öffentlicher Trägerschaft enthält. In diesem Falle liegt es in der Natur der Sache, dass eine dementsprechende Konzeption nur im Einvernehmen mit dem örtlichen öffentlichen Schulträger aufgeht und damit genehmigungsfähig wird. Zudem hat der Kreis jederzeit die Möglichkeit, seine eigene pflichtige Aufgabe, die Schulentwicklungsplanung, so vorzunehmen, dass die Möglichkeit besteht, für den Bereich Neuzelle ein Gymnasium in öffentlicher Trägerschaft zu führen.

Aspekte der Schulentwicklungsplanung sind nicht Bestandteil des Genehmigungsverfahrens. Gemäß § 102 Abs. 2 Satz 5 des Brandenburgischen Schulgesetzes kann eine Schule in freier Trägerschaft nur dann in die regionale Schulentwicklungsplanung einbezogen werden, wenn der Träger sein Einverständnis damit erklärt. Insoweit ergibt sich für ein „normales“ Genehmigungsverfahren keine Rechtsgrundlage. Es besteht auch keine inhaltliche Notwendigkeit für diesbezügliche Verhandlungen mit dem Landkreis.

Da bisher allein der Landkreis Mieter des Schulgebäudes des Stifts Neuzelle ist, ergibt sich jedoch für den freien Träger allein aus diesem Grund Verhandlungsbedarf mit dem Landkreis und mit der Stiftung Stift Neuzelle, da der Träger auf einem anderen Weg gar nicht zu einem Mietvertrag kommen kann.

Zudem sind im Falle der Vergabe eines Untermietvertrages vor allem das weitere Verfahren zur Aufnahme von Schülerinnen

und Schülern in die Jahrgangsstufe 7, die vorübergehende gemeinsame Nutzung von Fachräumen und der Umgang mit dem deutsch-polnischen Schulprojekt sowie viele weitere wichtige Fragen zum Übergangszeitraum miteinander zu verhandeln. Hierzu haben der Landkreis und die Stiftung Stift Neuzelle gegenüber dem Schulträger auch ihre Verhandlungsbereitschaft erklärt. Werden diese Verhandlungen bis zum 15. Mai erfolgreich abgeschlossen, ist die entsprechende Bescheidauflage erfüllt und damit die Errichtung des Gymnasiums in freier Trägerschaft in Neuzelle möglich.

Herr Minister, es gibt noch Klärungsbedarf. Wir beginnen mit dem Fragesteller. Bitte, Herr Dr. Niekisch.

Herr Minister, Sie haben die rechtliche Frage beschrieben, aber hier geht es um eine politische Frage. Sie können die Dinge genehmigen. Wenn Sie einer Schule, die in harter Konkurrenz zur Schulsituation im Landkreis steht, eine Genehmigung geben und diese Schule dann wirtschaftlich nicht tragfähig ist, ist das doch eine politische Frage, die vom Ministerium berücksichtigt werden muss.

Zweitens: Was bedeutet es, wenn das Schulkonzept nicht aufgeht und das Klosterstift Neuzelle als Leerstandsobjekt in die allgemeine Finanzverwaltung der Finanzministerin zurückgegeben werden muss? Was kostet das dann?

Herr Niekisch, ich finde es - gerade von einem Abgeordneten im Landtag Brandenburg - nicht verantwortungsbewusst, wenn Horrorszenarien aufgemacht werden. Zudem muss ich, Herr Niekisch, auch politische Fragen - das ist in einem Rechtsstaat so - im Rahmen des vorgegebenen Rechts entscheiden.

Die Solvenz des Nutzers ist natürlich durch das Stift zu prüfen. Wir haben sie auch geprüft und sind zu keinem negativen Ergebnis gekommen. Insofern ist Annaberg-Buchholz eine solvente Schule, die ein tragfähiges Konzept hat und im Rahmen der gesetzlichen Grundlagen ihren Antrag gestellt hat. Zum einen ist es an der Stiftung Stift Neuzelle zu entscheiden. Zum anderen hat der Landkreis jederzeit die Möglichkeit, die Initiative wieder an sich zu ziehen und in seiner Schulentwicklungsplanung diesen Standort für sich auszuweisen.

Herr Niekisch, Sie waren noch nicht im Landtag, als ich mit Abgeordneten hier diese Stiftung gegründet habe. Sie dürfen versichert sein, dass ich alles, aber auch wirklich alles an der Seite von Kollegin Wanka und gemeinsam mit ihr unternehmen werde, dass wir die Stiftung Stift Neuzelle in eine gute Zukunft führen. Das kann nur gelingen, wenn der Standort - so wie jetzt auch - in Zukunft ein Bildungsstandort ist. Wenn ich Sie dabei an meiner Seite wüsste, wäre mir noch wohler.

Frau Hartfelder, bitte.

Herr Minister, ist es richtig, dass sich der Landkreis in dieser Frage anders positioniert hat als die Landesregierung?

Ist es des Weiteren richtig, dass sich der Landkreis nur in einem der beiden Fälle finanziell beteiligen möchte?

In keinem der beiden Fälle will sich der Landkreis daran beteiligen, weil es sich immer um eine Schule in freier Trägerschaft handelt. Mir ist auch nicht bekannt, dass sich derzeit ein Landkreis an einer Schule in freier Trägerschaft beteiligt bzw. beteiligen will.

Sie haben Recht, der Landkreis hat eine Präferenz für die Rahnschulen zu erkennen gegeben, vor allem deshalb, weil diese schon eine Schule im Kreis betreiben. Deshalb kennt man sich schon. Dies ist im Übrigen, Frau Hartfelder - das wissen Sie als Ausschussvorsitzende bestens -, eine Rechnung zu Lasten eines Dritten, nämlich des Landeshaushalts. Das finde ich nicht fair.

Es gibt eine Möglichkeit für den Kreis. Er kann sich aus seiner eigenen politischen Verantwortung heraus jederzeit dafür entscheiden, in Neuzelle weiter eine Schule in öffentlicher Trägerschaft, in Kreisträgerschaft, zu betreiben. Dafür muss man natürlich auch in Eisenhüttenstadt werben; denn dann müssten dort die Frequenzen und Zügigkeiten entsprechend herabgesetzt werden. Derzeit gibt es in der Region elf Klassenzüge. Wir werden wegen der zurückgehenden Schülerzahlen nur zwischen vier und fünf Klassenzüge haben.

Danke. - Jetzt möchte ich Gäste ganz herzlich begrüßen, und zwar zunächst die, die treu und dauerhaft unter uns sind, nämlich die beiden Vertreter der großen Kirchen, aber auch die Vertreter aus den Kommunen und ganz besonders die Gymnasiasten aus dem Einstein-Gymnasium Angermünde.

(Allgemeiner Beifall)

Frau Kaiser-Nicht, Sie haben nun Gelegenheit, Ihre Frage 1488 (Unterstützung des Innenministers für Polizeifolter) zu formulieren.

Wie den Pressemeldungen vom 26. Februar zu entnehmen war, hat sich der stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister des Landes Brandenburg dafür ausgesprochen, dass unter bestimmten Voraussetzungen von der Polizei Foltermethoden angewendet werden dürfen. Damit stellt er sich auf eine äußerst umstrittene Position, die dem geltenden Recht widerspricht. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion stellte sogar eine entsprechende Bundesratsinitiative in Aussicht.

Ich frage die Landesregierung: Wie steht sie zu diesen befürwortenden Äußerungen zur Anwendung von Foltermethoden durch die Polizei?

Frau Ministerin Richstein, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kaiser-Nicht, ich möchte vorausschicken, dass ich zu dem konkreten Einzelfall in Frankfurt am Main, der nunmehr auch von der dortigen Staatsanwaltschaft im Rahmen ihrer Zuständigkeit untersucht wird, nicht Stellung beziehen kann.

Ihre Annahme, dass der Innenminister des Landes Brandenburg unter bestimmten Voraussetzungen die Anwendung von staatlichen Foltermethoden befürwortet, halte ich für unzutreffend. Der Innenminister hat sich nicht für eine gesetzliche Änderung, die eine Aufweichung des staatlichen Folterverbots beinhaltet, ausgesprochen.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Bisky [PDS])

Das gilt auch für das immer wieder erwähnte Interview vom 23. Februar 2003, auf welches dann in der Presseveröffentlichung vom 26. Februar 2003 Bezug genommen wurde.