Mike Huster
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Last Statements
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist ja sowohl in der ersten als auch jetzt in der zweiten Lesung schon eine ganze Menge an Argumenten ausgetauscht worden. Manchmal stellt sich die Frage, ob in der zweiten Lesung noch neue Argumente eingeführt werden, über die es sich nachzudenken lohnt und die – wie von Herrn Kießling erwartet und gewünscht – dann eine Ausschussüberweisung rechtfertigen würden.
Ich konnte die nicht erkennen, habe aber ein Argument von Ihnen nur beispielhaft gehört, das Sie in der ersten Lesung mit Bezug auf diese Bevölkerungsstudie schon mal angewandt hatten und wo Ihnen die Finanzministerin schon etwas entgegnet hatte. Ich glaube, mit der geringen Geburtenzahl in Gera die Notwendigkeit zu begründen, die Grunderwerbsteuer zu senken, ist angesichts der Geraer Realitäten vergleichbar dem Vorhandensein von adäquatem Wohnraum
im Vergleich zu anderen Städten, vergleichbar geringes Mietniveau, vergleichbar gutes bis sehr gutes Betreuungsklima, Betreuungsangebot im Bereich der Kindertagesstätten. Das sind alles keine Gründe, zu sagen, man müsste, um die Geburtenzahl irgendwie nach oben zu bringen, die Grunderwerbsteuer senken. Ich finde das Argument einfach nicht stichhaltig, das Sie jetzt hier wiederholt vorgetragen haben.
Ja, Sie haben „eines von vielen“ gesagt. Aber ich darf hier sagen, dass das Argument, was Sie vorgetragen haben, vielleicht nicht eins von vielen glücklichen Argumenten für Ihren Gesetzentwurf war. Ich fand es halt nicht überzeugend
schön, dass ich das sagen darf in einer Parlamentsdebatte.
Die Grunderwerbsteuer hatte im Jahr 2017 ein Aufkommen von 144 Millionen Euro in Thüringen. Entgegen Ihrer Behauptung hat die vorangegangene Erhöhung der Grunderwerbsteuer in Thüringen nicht zum Einbruch des Steueraufkommens geführt, sondern das Steueraufkommen steigt stetig. Die Zahl der Fälle – trotz Bevölkerungsrückgang – bleibt vergleichsweise konstant, wenn man sich das über einen Zeitraum kurzfristig anschaut. Wenn man es sich über zehn Jahre anguckt, ist es in etwa genauso.
Ihr Gesetzentwurf suggeriert, dass Sie mit der von Ihnen vorgesehenen Senkung in etwa 20 Millionen Euro Einnahmeausfälle zu konstatieren hätten. Ich denke, es ist hinreichend ausgetauscht worden, dass es angesichts der tatsächlichen Zahlen mehr als 40 Millionen Euro wären. Dr. Pidde hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir einen beschlossenen Landeshaushalt haben, in dem diese Einnahmeausfälle erst einmal nicht mit Ihrem Gesetzentwurf in irgendeiner Form, weder faktisch noch rechtlich, kompensiert werden können. Sie haben Ihre Rede immer wieder genutzt, um mit kleinen Bemerkungen – „Stadtviertel, in denen man noch sicher sein kann“ und „Flüchtlingskosten“ –, in denen Sie immer so ein bisschen suggerieren und sagen, wegen der Flüchtlinge wurden die Bürger bei der Grunderwerbsteuer abgezockt. Ich halte es methodisch für perfide und will Ihnen sagen
das Argument habe ich schon in der ersten Lesung bringen dürfen –, dass die Erhöhung der Grunderwerbsteuer nicht aus Jux und Tollerei hier geschehen ist, sondern im Kontext des Sondergutachtens des Thüringer Rechnungshofs aus dem Jahr 2010 stand, wie mit Blick auf das Jahr 2020 und folgende – Auslaufen des Solidarpakts, Absenken der EU-Mittel und demografischer Wandel – die zu erwartenden Einnahmeausfälle kompensiert werden können. Es war immer eine Anforderung – auch des von Ihnen zitierten Bundes der Steuerzahler und vieler anderer Akteure – an die Politik, den Landeshaushalt langfristig zu konsolidieren. Das geht nur, indem alle Aufgaben und Ausgaben kritisch überprüft werden, aber indem natürlich auch über eigene Einnahmemöglichkeiten nachgedacht wird. Die einzige relevante eigene
Einnahmemöglichkeit des Freistaats Thüringen ist die Landessteuer, die Grunderwerbsteuer. Weil Thüringen damals wie heute Nehmerland war, sprich als finanzschwach einzustufen ist trotz der Überschüsse, die wir jetzt in den Landeshaushalten glückerweise erzielen können, und nach wie vor finanzschwaches Bundesland ist, gibt es auch aus dieser Sicht heraus abgeleitet für mich kein Argument, einer Senkung der Grunderwerbsteuer das Wort zu reden.
Herr Müller hat völlig recht, wir haben den guten Zustand, dass wir Landeshaushalte haben, die, wenn nichts Dramatisches passiert, auch in den nächsten Jahren die Chance haben, Überschüsse zu erwirtschaften. Mit diesen Überschüssen werden nicht nur alte Schulden und alte Verbindlichkeiten getilgt, sondern wird vor allen Dingen eine aktivere Rolle des Staates wahrzunehmen sein und es können Investitionen, die Jahrzehnte lang nicht getätigt wurden, in Schulen, in Kultur, in Straßen, in die gesamte Infrastruktur, getätigt werden. Dafür brauchen wir am Ende, meine sehr verehrten Damen und Herren, jeden Euro.
Danke, Frau Präsidentin. Herr Möller, das Argument hatten Sie in der ersten Lesung, ebenfalls verwendet. Ich habe mich noch mal mit den GoogleEinträgen beschäftigt. Deswegen habe ich Ihnen auch wiederholt eine andere Auffassung entgegengesetzt. Ich habe nämlich die Erhöhung der Grunderwerbsteuer in ein langfristiges Schema – in eine Notwendigkeit, den Landeshaushalt langfristig zu konsolidieren – gestellt. Es mag sein, dass in der Sondersituation, die im Jahr 2015 mit völlig unklaren Herausforderungen bestand – keiner wusste, wie in den Folgejahren Haushalte überhaupt nachhaltig aufzustellen sind –, das auch damit begründet wurde: Im Übrigen haben wir jetzt eine besondere Herausforderung. Das mag sein. Aber im Kontext der Notwendigkeit, den Landeshaushalt langfristig zu konsolidieren und Sonderherausforderungen zu lösen, die es auch in Zukunft immer geben kann, wurde das so begründet, wie Sie genannt haben. Es ist für uns kein hinreichendes Argument, wo weniger Flüchtlinge da sind, dass wir jetzt diese Steuern senken können. Im Gegenteil: Sie kritisieren auch die vielen Bedarfe mit der Forderung, Familien stärker zu unterstützen. Jede Fraktion, die hier im Haus ist, kann seitenweise Papier aufschreiben, wo als Nächstes dringend zu investieren ist. In diesem Kontext können wir die Notwendigkeit zur Senkung der Grunderwerbsteuer nicht erkennen. Ich bitte Sie, langfristig zu argumentieren, weil es darum geht, dass wir den Landeshaushalt langfristig konsolidieren und damit gestaltbar machen. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Grunderwerbsteuer ist die einzig relevante Landessteuer, die wir selbst regeln können. Das Aufkommen betrug 2017 144 Millionen Euro. In der Debatte wurde es schon erwähnt, dass in der Vergangenheit nicht nur eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer zum 01.01.2017 vollzogen wurde – von 5 auf 6,5 Prozent –, sondern dass es schon vorher, nämlich zum Jahr 2011, eine Erhöhung von 3,5 auf 5,0 Prozent gab. Schon damals haben die Kritiker – es war damals die FDP-Fraktion hier im Thüringer Landtag – die Befürchtung artikuliert, dass mit dieser Erhöhung der Grunderwerbsteuer das Immobiliengeschäft in Thüringen zum Erliegen kommt, dass es keine Familie mehr geben könne, die sich nach dieser Steuererhöhung noch um Wohneigentum bemühen würde. Die Annahmen damals waren genauso falsch, wie sie heute falsch vorgetragen werden. Tatsächlich ist in den letzten Jahren die Zahl der Fälle im Wesentlichen konstant geblieben, das Aufkommen in Thüringen allerdings trotz dieser Erhöhung stetig gestiegen.
Meine Damen und Herren, in den letzten Jahren hat nicht allein Thüringen die Grunderwerbsteuer erhöht, sondern den Steuersatz von 6,5 Prozent haben mittlerweile sechs Bundesländer. Es gibt mehrere Bundesländer, die haben 6,0 Prozent, aber viele Bundesländer haben auch von niedrigeren Steuersätzen auf 5,0 Prozent erhöht.
Herr Kießling, dann ist es wirklich perfide, wenn Sie die Flüchtlingsausgaben in einen Zusammenhang …
… wenn Sie die Flüchtlingsausgaben aus dem Jahr 2015 folgende mit der Erhöhung der Grunderwerbsteuer in Bezug bringen.
Nein. Ich habe ja nichts gegen Zwischenrufe, aber geben Sie mir die Möglichkeit, dass ich meinen Gedanken erläutere, und dann können wir Ihr Argument mit dem Argument gewichten, das ich hier vorzutragen versuche.
Mein Ausgangspunkt ist die Analyse des Thüringer Rechnungshofs aus dem Jahr 2010 und die Frage: Was wird mit den Landeshaushalten im Jahr 2020 passieren, wenn der Solidarpakt II ausläuft, wenn wir eine neue EU-Förderperiode haben und wenn der demografische Faktor in Thüringen ab 2010 beständig druckerhöhend auf die Einnahmen des Freistaats Thüringen wirkt. In diesem Sondergutachten, das der Rechnungshof damals im Jahr 2010 den Landtagsabgeordneten zugeleitet hat, war die Rede davon, dass sowohl die Ausgaben als auch die Einnahmen nach Möglichkeit so anzupassen sind, dass wir im Jahr 2020 pro Jahr mit circa 1,5 bis 2 Milliarden Euro weniger Einnahmen klarkommen werden müssen. So waren damals die Prognosen. Damit stand die Aufforderung an die Landespolitik, nicht nur alle Ausgaben zu überprüfen, sondern natürlich auch alle Einnahmemöglichkeiten danach zu prüfen, ob sie angemessen erhöht werden können. In diesem Haus gab es – trotz ganz anderer parteipolitischer Konstellation – am Ende einen Konsens darüber, dass zum Jahr 2011 die Grunderwerbsteuer mit erhöht werden sollte, weil Thüringen mit Blick auf das Jahr 2020 sonst gar nicht mehr in der Lage sein könnte – so war damals die Annahme –, seine Ausgaben zu erfüllen. Für diesen Gesetzentwurf 2011 fand sich damals nach kontroverser Debatte eine Mehrheit, sowohl in der damaligen Koalition aus CDU und SPD als auch auf den Oppositionsbänken Bündnis 90/Die Grünen und die Linke, die diesen Weg gegangen sind. Sie können mir glauben, dass nicht jede Bemerkung, die wir damals als Zuschrift bekommen haben, wirklich freundlich war. Trotzdem hat man das gemacht, durch alle Kontroverse hindurch.
Insofern, Herr Kießling, war das damals der Bezug; es ging damals um die Frage: Wie kann Thüringen im Jahr 2020 haushalts- und finanzpolitisch noch handlungsfähig sein? In diesem Kontext ist aus meiner Sicht auch die Erhöhung aus dem Jahr 2017 zu sehen. Wir müssen uns nämlich im Umkehrschluss fragen, wenn wir heute über sprudeln
de Steuereinnahmen reden, ob sich grundsätzlich an dieser Ausgangslage etwas verändert hat. Ich würde vielleicht dazu ein geteiltes Urteil ziehen. Einerseits ja, grundsätzlich hat sich verändert, dass gegenüber damals die Landeshaushalte grundsätzlich wieder politisch gestaltbar sind. Das ist eine ganz andere Ausgangslage, als wir sie im Jahr 2010 vorgefunden haben. Und ich würde aber die Frage auch mit Nein beantworten, weil Thüringen – das haben wir auch debattiert – nach wie vor Nehmerland im Länderfinanzausgleich ist und – ich komme zum Ausgangspunkt zurück – die Grunderwerbsteuer die einzig relevante Steuer ist, die wir selbst regeln können.
Insofern bleibe ich dabei, Herr Kießling, ich weise das ganz deutlich zurück, dass Sie hier einen Bezug herstellen und sagen: Weil die Flüchtlingskrise Ausgaben verursacht hat, musste in Thüringen die Grunderwerbsteuer erhöht werden. Das ist Ihre perfide Politik, diese Zusammenhänge herzustellen.
Im Gegenteil: Die Flüchtlingsausgaben sinken signifikant.
Die Flüchtlingsausgaben sinken signifikant, aber die Aufgaben des Staates, die Sie auch beschrieben haben, im Bereich der Familienpolitik, aber auch im Bereich der Wohnungspolitik, in allen möglichen Bereichen, wo investiert werden muss, bleiben konstant hoch. Die bleiben aber nicht nur für eine Bevölkerungsgruppe hoch, sondern für alle Menschen, die hier leben wollen. Und auch deshalb wäre es falsch, diese Steuer jetzt zu senken, meine Damen und Herren.
Zu den fiskalischen Dingen haben meine Vorrednerinnen und Vorredner schon alles Wichtige gesagt. Ihr Gesetzentwurf ist fachlich völlig falsch. Sie gehen im Fall der Annahme Ihres Vorschlags von 20 Millionen Euro Mindereinnahmen aus. Tatsächlich, wenn Sie in den Haushalt schauen, den wir beschlossen haben, und die Mittelfristige Finanzplanung, wären mit Ihrem Vorschlag 44 Millionen Euro Einnahmeausfälle zu beklagen, für die Sie keinerlei Vorschlag machen. Sie greifen mit dem Vorschlag in einen beschlossenen Landeshaushalt ein, wo Sie sich nicht mal die Mühe gemacht haben, den Versuch zu unternehmen zu sagen, wie das finanziert werden kann.
Meine Damen und Herren, das sind für uns auch Gründe, Ihren Gesetzentwurf nicht zu unterstützen und keiner Verweisung zuzustimmen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie schon erwähnt, sind wir jetzt am Zielpunkt des jährlichen Entlastungsverfahrens von Landesregierung und Thüringer Rechnungshof – hier für das Jahr 2015. Sie wissen sicherlich auch, dass der Präsident des Rechnungshofs, Dr. Dette – heute ist der Vizepräsident Michael Gerstenberger anwesend –, neben diesen Entlastungsverfahren auch immer Wert darauf legt, dass seine Institution beratend oder prophylaktisch beratend tätig sein möchte. Insofern war es für mich sehr wohltuend, dass mit diesem Rechnungshofbericht, also mit den Positionen des Rechnungshofs und auch den Erwiderungen der Landesregierung und der Wertung wiederum durch den Rechnungshof sehr viele Beispiele im Bericht zu finden sind, wo Rechnungshof und Landesregierung miteinander um Lösungen gerungen haben. Sie sehen das zum einen im Bericht im Teil D, der insgesamt zwölf Textziffern enthält, in denen die Landesregierung den Empfehlungen des Rechnungshofs folgt. Sie finden es aber auch im gesamten Bericht in den anderen Teilen an verschiedenen Stellen.
Gestatten Sie mir dazu ein Beispiel aus dem Teil A, der uns bei der Beratung der künftigen Bund-Länder-Finanzbeziehungen alle in den letzten Jahren – auch hier im Haus – des Öfteren interessiert hat, nämlich die Frage, wie sich die Finanzbeziehungen an der Schwelle zum Jahr 2020 und darüber hinaus entwickeln werden. Mit anderen Worten: Wie viele Einnahmen werden der Freistaat Thüringen und seine Kommunen nach 2020 aus den bundesdeutschen Ausgleichssystemen erhalten? Jeder weiß und jeder versteht sicherlich auch, dass das natür
lich essentiell ist für die künftige Haushaltsplanung, auch auf der Ausgabenseite.
Da möchte ich zunächst mal feststellen, dass wir auch natürlich nach angeregten Debatten durch den Rechnungshof weit weg sind von Horrorszenarien aus den Jahren ab 2010, wo wir annehmen mussten, dass im Jahr 2020 Thüringer Landeshaushalte mit bis zu anderthalb/2 Milliarden weniger an Einnahmen auskommen müssen. Wir haben erfreulicherweise eine ganz andere Entwicklung, sowohl auf der wirtschaftlichen und konjunkturellen Entwicklung mit sehr hohen Steuereinnahmen, aber natürlich auch auf der politischen Ebene, indem mit der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen nicht weniger Geld für Thüringen herausgekommen ist, sondern wir stabile Einnahmen haben werden. Darüber sind wir sehr froh, dass wir damit natürlich auch die Gestaltungsfähigkeit im Landeshaushalt für die nächsten Jahre sichern konnten und für die Zukunft auch sichern können.
Aber um auf das Beispiel zurückzukommen und die Vorschläge des Rechnungshofs: Hier zu diesem Teil der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen hat der Rechnungshof im Bericht angeregt, dass künftig die Landesregierung bei der Erstellung Mittelfristiger Finanzplanungen auf eine detaillierte Darstellung der künftigen Bund-Länder-Finanzbeziehungen abheben sollte. Die Landesregierung hat an dieser wie an vielen anderen Stellen auch erklärt, dass sie das selbstverständlich für künftige mittelfristige Planungen aufnimmt. Ich finde, das ist ein treffendes Beispiel, um zu dokumentieren, dass die Beratungen hier insgesamt in einer sehr sachlichen Form stattgefunden haben und dass die Regierung Vorschläge des Rechnungshofs natürlich gern aufnimmt.
Meine Damen und Herren, zum Teil B möchte ich ebenfalls beispielhaft bemerken, auch angesichts der Debatten – Herr Kowalleck hat das schon ein bisschen angedeutet –, die wir hier wiederholt hatten, zuletzt bei der Beratung des Doppelhaushalts 2018 und 2019: Natürlich geht es bei positiver wirtschaftlicher Entwicklung und der Bildung von Überschüssen auch darum, dass politisch konträr diskutiert wird, was mit diesen Überschüssen gemacht wird. Wenn man erst mal steigende Investitionen hat, wie wir sie haben, wenn man dennoch am Jahresende Überschüsse hat, dann diskutiert man, was man mit dem Geld macht, und dann wird natürlich auch debattiert, wie stark der Schuldenabbau sein sollte. Auch die Schulden aus dem alten sogenannten Sondervermögen, was aber Sonderschulden sind, sei hier genannt. Das wird natürlich im politischen Raum konträr diskutiert. Hier im Teil B finde ich das exemplarisch dargestellt.
Ich will Ihnen aber auch sagen, dass wir seit 2014 – seit der Regierungsübernahme – die Möglichkeit hatten, sowohl dieses Land zu gestalten durch hö
here Investitionen, und dass wir andererseits genauso alte Schulden kontinuierlich tilgen konnten, beginnend mit dem Jahr 2015, dass wir Rücklagen bilden konnten für künftige Jahre und damit insgesamt einen sehr gesunden Mix, einen gesunden Gleichklang einer soliden Haushalts- und Finanzpolitik beginnen konnten und mit dem Beschluss zum Doppelhaushalt 2018/2019 auch fortsetzen konnten bis zum jetzigen Stand dieser Legislatur. Auch über diese Entwicklung, meine Damen und Herren, bin ich sehr froh.
Zum Teil C, meine Damen und Herren, und den Bemerkungen zu den Einzelplänen möchte ich ein Beispiel anführen. Sie wissen, das ist der Teil, in dem die Landesregierung konträre Auffassungen zu den Feststellungen des Rechnungshofs hat und wo insbesondere hier die Mitglieder im Haushaltsausschuss sich eine Meinung zu bilden haben und gegebenenfalls mit Beschlussanträgen der einen oder anderen Seite einerseits beizutreten, recht zu geben haben umgangssprachlich und Forderungen zu formulieren haben, wie künftig mit dem jeweiligen Gegenstand umzugehen sein sollte. Das hat die rot-rot-grüne Mehrheit an der einen oder anderen Stelle getan.
Ich möchte etwas zur Textziffer XI, zum Einzelplan 10, hier ausführen. In dem Beschlussantrag, der Ihnen vorliegt, heißt es: „Den Bemerkungen des Rechnungshofs wird beigetreten. Die Stellungnahme der Landesregierung wird zur Kenntnis genommen. Die Landesregierung wird aufgefordert, dem Haushalts- und Finanzausschuss bis zum 30. September 2018 über die Ergebnisse der eingeleiteten Veränderungen bei der Verwaltung des ÖPP-Projekts zu berichten.“ So weit der Antrag. Es geht also um die sogenannten Öffentlich-Privaten Partnerschaften, abgekürzt ÖPP oder in der englischen Version PPP. Diese ÖPP-Modelle stehen schon länger im Fokus der Finanzprüfer und hier im Bericht des Rechnungshofs geht es um das ÖPP-Projekt für 19,1 Kilometer Landesstraße im Saale-Holzland-Kreis. Dieses Projekt begann 2007 und soll 30 Jahre – also bis 2037 – laufen.
Der Rechnungshof hatte bereits 2010 festgestellt, dass die herkömmliche Realisierung der Baumaßnahmen günstiger gekommen wäre, und er sagte damals, dass bei korrekter Wirtschaftlichkeitsuntersuchung von Anfang an klar sein musste, dass dieses ÖPP unwirtschaftlich sei. Vor nunmehr sieben Jahren sprach die Abgeordnete Keller an diesem Pult zu genau diesem Thema und sie sagte damals – Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis würde ich gern die Abgeordnete Birgit Keller zitieren –: „PPP macht den Bau und den Betrieb nicht billiger, das hat es noch nie und das wird es auch nie“. Wie recht Sie doch damit hatte, meine Damen und Herren.
Nun hat der Rechnungshof im aktuellen Bericht erneut unnötige Kosten entdeckt, für die diese alternative Finanzierungsform ursächlich ist. Die heutige Landesregierung hat also mit den negativen Folgen von Entscheidungen einer Regierung von vor über zehn Jahren zu kämpfen, um die Kosten heute so weit wie möglich im Zaum zu halten.
Und, Herr Kowalleck, Sie hatten es ja erwähnt: An dieser Stelle möchte ich auch den geplanten Landeshaushalt 2020 erwähnen. Wir wollen als Koalition vor der nächsten Landtagswahl einen Haushalt für lediglich ein Jahr verabschieden. Dieser Haushalt wäre dann jederzeit wieder veränderbar – und das ist nach Ihrer Auffassung undemokratisch und unerträglich. Herr Mohring und Herr Kowalleck, angesichts dieses Arguments möchte ich Sie schon gern fragen: Wie undemokratisch und unerträglich waren Ihre Handlungen eigentlich, als Sie damals mit diesen ÖPP-Modellen den Landeshaushalt für 30 Jahre in Geiselhaft genommen haben, meine Damen und Herren?
Das Althaus‘sche Wahlversprechen von 2004 mit den Milliardenkosten zulasten ganzer Generationen vergessen Sie in diesem Zusammenhang auch allzu gern selbstkritisch mit zu erwähnen.
Danke noch mal an dieser Stelle an den Präsidenten des Thüringer Rechnungshofs, Dr. Dette, der dieser Polemik der CDU widersprach und einen Haushalt noch vor der Wahl 2019, einen Haushalt für das Jahr 2020, für legitim erklärte. Wir sehen das auch so, wir halten viel vom hohen Gut der Planbarkeit für alle Akteure, die von Zuweisungen aus dem Landeshaushalt abhängig sind.
Meine Damen und Herren, damit will ich es an dieser Stelle bewenden lassen und mich auch sehr herzlich bei den Erarbeitern des Berichts beim Thüringer Rechnungshof bedanken, bei allen Akteuren in der Landesregierung und hier in der Verwaltung und im Ausschuss, die sich sehr produktiv mit dem Stoff auseinandergesetzt haben. Wir empfehlen, dass sowohl Landesregierung als auch Thüringer Rechnungshof für das Haushaltsjahr 2015 entlastet werden. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, man kann das Thema sicherlich aus den verschiedenen parteiund koalitionspolitischen Perspektiven behandeln. Ich versuche, es mal eher aus der Perspektive zu behandeln, was im Zuge von Landtagswahlen gut für die Bürgerinnen und Bürger und gut für das Land Thüringen ist.
Herr Kowalleck, da scheint es so zu sein, egal was wir machen, es wird von Ihnen kritisiert und mit der größtmöglichen moralischen Keule wird auf uns eingeprügelt.
Deshalb versuche ich in der gegebenen Zeit, ein paar Argumente zu gewichten in der Hoffnung, dass wir am Ende dieser Debatte vielleicht alle miteinander ein bisschen klüger sind, vielleicht der eine oder andere auch reifer.
Die letzte Landtagswahl, erinnern Sie sich, fand am 12. September 2014 statt. Es ist also gar nicht so sehr die Frage, ob wir im November, im Oktober oder im September wählen. Wir haben damals im
September gewählt, hatten eine längere Phase von Sondierungen und Koalitionsverhandlungen, wir hatten keinen Haushalt beschlossen, sondern es lagen irgendwie Eckpunkte vor. Sie wissen alle, der nächste Landeshaushalt wurde im Mai 2015 beschlossen, also ein Dreivierteljahr nach der Landtagswahl.
Nun ist es wenig wahrscheinlich – das zeigen auch die Verhandlungen auf Bundesebene und die Bundeskoalition, im Übrigen auch die Urteile des Thüringer Verfassungsgerichtshofs, die weiteren Druck auf die zeitliche Ebene des Verfahrens legen –, dass im Zuge von künftigen Landtagswahlen die zeitlichen Anforderungen geringer werden, sondern sie werden eher größer sein. Also sechs Monate und mehr sind wahrscheinlich. Deshalb ist es doch völlig legitim, zu überlegen, kann man mit der Haushaltsaufstellung und gegebenenfalls mit einem Beschluss im Jahr 2019 für das Jahr 2020 insofern Vorsorge treffen, als ab dem 01.01.2020 nicht nur eine vorläufige Haushaltsführung gilt, sondern der Landeshaushalt regulär bewirtschaftet werden kann,
damit natürlich gegebenenfalls eine andere Koalition mit einem Nachtragshaushalt auch noch ein Instrument hat, um für das Jahr 2020 andere Prioritäten zu setzen, aber dass ansonsten alles seinen Gang geht, die Leute, die beim Land beschäftigt sind, ihr Geld bekommen, damit klar ist, in welchen Bereichen Personal neu eingestellt werden kann, damit Investitionen neu begonnen werden können und damit natürlich alle Fördermittel von der EU und vom Bund gezogen werden und ausgereicht werden können an freie Träger, an die Kommunen, damit das Land nicht darunter leidet, dass ein Wahljahr ist, sondern dass der Freistaat Thüringen, seine Kommunen und seine Bürger handlungsfähig sind.
Herr Kowalleck, das muss doch auch im Interesse einer CDU-Fraktion liegen, ganz gleich wie die politische Konstellation nach 2019 sein möge.
Und weil Sie argumentieren, man würde unzulässig in die Rechte eines künftigen Landtags eingreifen, möchte ich mal im Verhältnis daran erinnern, es geht um den Übergang nach einer Wahl im darauffolgenden Jahr, wo wir ohnehin verpflichtet sind, Haushaltsrecht für 2020 herzustellen. Deshalb ist die Idee, nur einen Einjahreshaushalt zu machen, damit also ein neuer Landtag alle Rechte hat, nämlich in den vier darauffolgenden Jahren entweder mit vier Einzelhaushalten oder mit zwei Doppelhaushalten seine Prioritäten zu setzen – gegebenenfalls mit einer neuen Koalition oder in der Fortsetzung der alten Koalition, was auch immer, aber
der parlamentarische Wille würde in jedem Fall gewahrt werden. Man würde eben verhindern, dass wir monatelang hier überhaupt keine Haushaltslage hätten, die die Bürgerinnen und Bürger befriedigen würde. Das ist der Kerngedanke dieses Vorschlags, im Jahr 2019 noch einen Haushalt zu beschließen. Sie haben die Möglichkeit, sich mit Ihren Vorschlägen intensiv zu beteiligen und um Mehrheiten dafür zu werben. Dass dann Bürgerinnen und Bürger im Zuge einer Wahlentscheidung darüber befinden, was sie gut und was sie nicht gut finden, ist doch demokratischer Prozess und völlig legitim.
Ich komme zum Schluss. Herr Kowalleck, ich bitte Sie einfach darum, bei mancher Kritik, die Sie bzw. Ihr Fraktionsvorsitzender geneigt sind, sofort zu äußern, auch mal das Ding von der anderen Seite zu betrachten und sich einfach mal die Frage zu stellen, ob unser Vorschlag gut für das Land ist. Vielleicht ist Ihre Kritik manchmal nur aus der Parteibrille legitimiert und vielleicht ist es manchmal gut, man nimmt auch mal etwas zurück und sagt, Mensch, das ist gar nicht so schlecht für Thüringen, wenn wir im Jahr 2019 noch einen Haushalt haben. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf ist, wie Sie wissen, Teil der Modernisierungsstrategie der Landesregierung. Neben der Frage, wie wir künftig mit den Sondervermögen umgehen, stand natürlich auch die Frage, wie wir mit dem Pensionsfonds umgehen und der Tatsache, dass der Pensionsfonds nie in der Lage sein wird – dazu war er auch nicht gedacht –, die von nun an deutlich steigenden Pensionsverpflichtungen finanzieren zu können. Deshalb hat die Landesregierung sich Gedanken gemacht, wie diese finanzpolitische Vorsorge künftig besser zu regeln sein wird. Ergebnis war der Gesetzentwurf. Ich will das jetzt relativ kurz machen, weil zu den Positionen, die wir in der ersten Lesung und auch in der Grundsatzaussprache vorgetragen haben, es keine wesentlichen neuen Erkenntnisse gibt.
Mit dem Gesetz haben wir einerseits die Möglichkeit, heute reagieren zu können auf den verstärkten Wettbewerb um junge Menschen für den öffentlichen Dienst im Lehrerbereich, im Polizeibereich und andererseits haushalterisch Vorsorge zu treffen für die Jahre, in denen sehr hohe Pensionsausgaben zu erwarten sein werden. Das Nachhaltigkeitsmodell, das uns heute vorliegt, leistet dazu einen wesentlichen Beitrag. Wir steigen ein in einen verstetigten Schuldenabbau – wie ich finde, sehr moderat –, zwar so, dass wir im Haushaltsplan eher vorsichtig an die Sache herangehen können, und wenn uns das gelingt über eine längere Zeitachse, was uns jetzt mit den letzten Haushalten immer gelungen ist, mit einem guten konjunkturellen Umfeld im Rücken am Jahresende auch signifikante Überschüsse im Haushalt zu erzielen, dann ist es natür
lich auch immer möglich und auch beabsichtigt, höhere Beiträge zur Tilgung alter Schulden zu liefern.
Nichtsdestotrotz, denke ich, ist deutlich geworden, was mit diesem Gesetzentwurf beabsichtigt ist. Wir können besten Herzens nur Zustimmung zu diesem Gesetz empfehlen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Haushalt ist ein Zukunftshaushalt für Thüringen.
Es wird massiv investiert in die Menschen, in die Bildung, den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft, in die Kultur und in die Infrastruktur. Die Menschen im Land haben maßgeblich die derzeitigen Überschüsse der öffentlichen Haushalte erwirtschaftet. Wir sehen uns daher auch in der Pflicht, den weitaus größten Teil dieser Überschüsse wieder in die Haushalte fließen und dort den Menschen zukommen zu lassen,
beispielweise durch ein gebührenfreies letztes Kindergartenjahr – damit entlasten wir Familien um 1.440 Euro pro Jahr –,
durch steigende Investitionen unter anderem in Schulgebäude und Sportanlagen, Theater und Orchester,
Schiene und ÖPNV in einer Höhe von 1,7 Milliarden Euro Gesamtinvestition – zum Vergleich: 2014 standen nur 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung –, durch die Mehreinstellung von Lehrerinnen und Lehrern und die Erhöhung der Ausbildungszahlen für Polizistinnen und Polizisten oder auch durch die Abfinanzierung der CDU-verursachten Schulden aus den früheren Jahren.
Im Landeshaushalt und in den sogenannten Sondervermögen werden wir in dieser Legislatur mindestens 423 Millionen Euro getilgt haben,
und diese Zahl wird sich durch die Jahresabschlüsse 2017 bis 2019 sicher noch signifikant erhöhen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Haushaltsund Finanzpolitik von Rot-Rot-Grün bricht mit den alten Glaubenssätzen früherer CDUPolitik. Die bestand darin, permanenten Steuersenkungen im Bund das Wort zu reden und somit die öffentlichen Haushalte sukzessive auszutrocknen und ihnen damit auch Schritt für Schritt die Möglichkeit politischer Gestaltung zu nehmen. Jenseits aller – auch damals schon wie heute – sehr aggressiv vorgetragener parteipolitisch motivierter Polemik waren steigende Schulden und damit eine höhere Abhängigkeit von internationalen Kapitalmärkten und Spekulationen die Folge. Mit anderen Worten: Man hat Schulden verteufelt, eine Kürzungspolitik im Land gemacht und dennoch oder gerade deshalb mussten am Jahresende Schulden aufgenommen werden, meine Damen und Herren. Unsere Philosophie bricht mit dieser Haushaltspolitik der früheren CDU-Regierung, und das ist gut so.
Wir bauen mit Augenmaß und Verstand alte Schulden ab, beenden die CDU-Schattenhaushalte mit ihren inzwischen hunderte Millionen schweren Schulden und wir beginnen ein neues Kapitel zum Abbau der Landesschulden insgesamt. Mit dem Gesetz zur finanzpolitischen Vorsorge für die stei
genden Ausgaben der Beamtenversorgung wird ein verstetigter Abbau der Schulden Gesetzeskraft erlangen, und zwar so, dass heute eingegangene Verpflichtungen des Landes zur Verbeamtung mit einem Abbau alter Schulden einhergehen, damit in einigen Jahren und Jahrzehnten die aus dieser heutigen Verbeamtung folgenden Pensionen durch gesunkene Zinszahlungen aus dem Haushalt vernünftig finanziert werden können, ohne dass dann – also in fernerer Zukunft – für aktuellere Herausforderungen, beispielsweise im Bildungs- und Sozialbereich, kein Geld vorhanden ist unter dem Vorwand, es müssten ja zunächst mal die Beamtenpensionen finanziert werden. Es ist ein nachhaltiger Ansatz, den wir verfolgen.
Meine Damen und Herren, wir brechen damit mit der alten Nach-uns-die-Sintflut-Politik, so wie wir sie von CDU-Regierungen jahrzehntelang kennen.
Und wir sind auch bereit, Neuland zu betreten.
Meine Damen und Herren, Thüringen und seine Kommunen profitieren wie alle anderen Bundesländer von der robusten Konjunktur und den weiter stabilen und auf sehr hohem Niveau befindlichen Steuereinnahmen. Zudem konnte mit der Einigung über die Bund-Länder-Finanzen ein drohendes Mindereinnahmen-Szenario für die Bundesländer Ost ab 2020 vermieden werden. Zudem profitieren die öffentlichen Haushalte von dem historisch niedrigen Zinsniveau. Was für die einzelnen Sparer eher ärgerlich ist, ist für die öffentlichen Haushalte fast schon ein Segen. Thüringen gibt gegenüber 2007 300 Millionen Euro weniger für Zinsen aus – und das jährlich.
Zum Vergleich: 2007 waren wir in etwa bei 700 Millionen Euro jährlich, jetzt sind es in etwa 400 Millionen Euro jährlich. Dieses Geld steht uns nun zur Verfügung, um die Sünden der Vergangenheit von versäumten Investitionen aufzuholen und das Land zu modernisieren.
An dieser Stelle, Herr Kowalleck, möchte ich kurz auf Ihr Argument eingehen. Sie haben gesagt: Weil wir zu wenig Schulden tilgen, würden wir ein Zinsrisiko von 160 Millionen Euro in die Zukunft mitschleifen. Wenn ich das richtig verstehe, ich glaube, das war mal eine Rechnung, die aus dem Rechnungshof kam: Was würde passieren, wenn das Zinsniveau über Nacht um 1 Prozent höher wäre? Wie hoch wäre dann gemessen an der Gesamtverschuldung das Risiko? Das wäre dann so, wenn wir von heute auf morgen den gesamten Schuldenstand des Landes im Prinzip umschulden müssten.
Deswegen ist Ihre Zahl, wenn ich es mal so sagen darf, sehr infrage zu stellen, wenn nicht sogar unseriös. Also dieses Risiko haben wir in der Tat nicht.
Und zur Untermauerung anzuführen, dass wir zu wenig Schulden tilgen würden, ist aus meiner Sicht nicht ausreichend.
Meine Damen und Herren, alle drei Faktoren, die ich nannte – gute Konjunktur mit guten Einnahmen, stabile Bund-Länder-Finanzen mit stabilen Einnahmen und niedrige Zinspflichten – machen künftige Landeshaushalte jenseits einer in früheren Jahren destruktiven Kürzungslogik wieder gestaltbar. Darüber sollten zunächst mal alle Akteure hier im Haus sehr froh sein. Weil der Landeshaushalt wieder gestaltbar ist, andererseits aber ab 2020 die Schuldenbremse im Grundgesetz gilt, auch dann für uns schärfere und strengere Regeln somit für Kreditaufnahmen in konjunkturell normalen Zeiten vorgesehen sind, gilt es, Überschüsse neben der Tilgung alter Schulden sinnvoll in Rücklagen zu überführen. Genau dieses machen wir seit Jahren, meine Damen und Herren.
Während die CDU von der ersten bis zur letzten Minute ihrer Regierungszeit Schulden aufgenommen hat, tilgt Rot-Rot-Grün vom ersten Tag Schulden und wir gestalten auch noch dieses Land zum Beispiel mit diesem Investitionshaushalt.
Keine neuen Schulden aufnehmen, im Haushaltsplan vorsichtige Tilgung veranschlagen, Rücklagen in den Haushalt bringen, Investitionen finanzieren, am Jahresende hohen Überschuss feststellen, mehr Schulden tilgen als ursprünglich geplant, neue Rücklage bilden und in die nächsten Haushalte bringen, wieder für Investitionen und politische Gestaltung, für eine gerechtere, humanistische, innovative und moderne Politik, meine Damen und Herren, das ist verantwortungsvolle Haushaltspolitik. Das ist vorausschauend und das ist rot-rot-grüne Haushaltspolitik in Thüringen.
Meine Damen und Herren, ab 01.01.2018 gilt in Thüringen das beitragsfreie Kita-Jahr für das Jahr vor der Schuleinführung. Wir haben die finanzielle Entlastung der Eltern versprochen und wir haben geliefert. Ich danke allen, die uns kritisch, solidarisch dabei unterstützt haben, dass Familien heute jährlich um 1.440 Euro entlastet werden können.
Unser Ziel ist es, künftige Spielräume weiter dazu zu nutzen, um eine generelle Gebührenfreiheit im Land von Friedrich Fröbel und Geburtsland des Kindergartens zu erreichen.
Meine Damen und Herren, wir sorgen für mehr Personal in Thüringer Kindergärten. So wird ab 01.08.2018 der Personalschlüssel für Drei- bis Vierjährige von 1 : 16 auf 1 : 14 und ein Jahr später weiter von 1 : 14 auf 1 : 12 gesenkt.
Wir steigern die Qualität der Betreuung und sorgen für mehr Arbeitsplätze im sozialen Bereich unseres Landes. Damit wird Zukunft gestaltet, meine Damen und Herren.
Wir sorgen für zukunftsfähige Schulen. Exemplarisch möchte ich den schon in der Beschlussempfehlung von Herrn Geibert mit vorgetragenen Antrag von Rot-Rot-Grün auf Einführung eines Schulbudgets von 30 Euro pro Schüler ab 01.08.2018 erwähnen.
Ich komme zu den Schulinvestitionen. Rot-RotGrün wird in dieser Legislatur rund 300 Millionen Euro aus Landesmitteln für Schulinvestitionen aufgewendet haben – eine enorme Zahl, meine Damen und Herren. Rund 100 Millionen Euro Bundesmittel kommen noch dazu. Als die CDU noch regiert hat, gab es in Thüringen für Schulinvestitionen jahrelang 15 Millionen Euro jährlich plus 2 Millionen Euro für die freien Schulen; nicht für jeden Kreis, sondern für ganz Thüringen, sonst nichts.
Das war sehr wenig.
Der Sanierungsstau wurde auf 500 Millionen Euro geschätzt. Mit den erhöhenden Ergänzungsanträgen der Koalition steigen die Pauschalen für die Schulträger um 25 Millionen Euro pro Jahr und die Projektmittel auf 35 und 40 Millionen Euro 2018 nochmals an, meine Damen und Herren. Es bleibt in dem Bereich noch viel zu tun, aber wir können sagen: Rot-Rot-Grün hat in den Jahren seit 2015 gerade im Bereich der Schulinvestitionen enorm viel auf den Weg gebracht und dieser Doppelhaushalt wird diese Entwicklung weiter beschleunigen, meine Damen und Herren.
Wie Sie alle wissen, hat es in den letzten Jahren nicht nur investiv bei den Schulen geklemmt, viele
Kommunen können schon seit Jahren keine Eigenmittel zur Kofinanzierung von Förderprogrammen aufbringen. Wir haben seit 2015 versucht, auf diese Situation mit sehr vielen verschiedenen Maßnahmen zu reagieren, im letzten Jahr 2017 ein 100-Millionen-Investitionspaket für gezielte Maßnahmen beschlossen. Diese Gelder können auch für 2018 und 2019 eingesetzt werden und es können damit auch kommunale Eigenanteile übernommen werden.
Mit den Anträgen der Koalition wird morgen auch ein weiteres großes Investitionspaket für Thüringer Kommunen auf den Weg gebracht. Resultierend aus den Steuermehreinnahmen des Jahres 2017 werden 2018 und 2019 200 Millionen Euro – also 100 Millionen Euro pro Jahr – weitgehend pauschal an die Schulträger, an die Kreise und kreisfreien Städte, an die Mittel- und Oberzentren und an die Gemeinden ausgezahlt. Das wird den Thüringer Kommunen richtig helfen, meine Damen und Herren.
Beim Kommunalen Finanzausgleich verbessern wir die Hauptansatzstaffel und geben den Kommunen Geld für die Umsetzung des neuen Unterhaltsvorschussgesetzes. Hier möchte ich ganz deutlich sagen, dass die Mehrausgaben beim Unterhaltsvorschuss aufgrund der Gesetzesänderung durch den Bund im Land Thüringen vollständig von Bund und Land übernommen werden. Die Schlüsselmasse für Kreisaufgaben wurde schon im Entwurf der Landesregierung um 8 Millionen Euro erhöht. Nach neueren Schätzungen haben die Koalitionsfraktionen noch mal 4,8 Millionen Euro draufgelegt. Außerdem werden 2018 weitere 7 Millionen Euro als Ausgleich für den erhöhten Unterhaltsvorschuss im Jahr 2017 gezahlt und nicht wie behauptet, sondern im Gegenteil: Wir lassen die Kommunen eben nicht im Regen stehen, meine Damen und Herren.
Werte Kollegen, Opfer der jahrelangen Sparpolitik der CDU wurden auch die blinden Menschen im Land. Das Landesblindengeld wurde gekürzt und im Jahr 2006 ganz abgeschafft. Später wurde es wieder eingeführt mit knausrigen 220 Euro. Zuletzt betrug es 270 Euro. Rot-Rot-Grün hat das Blindengeld aktuell wieder auf 360 Euro und ab 1. Juli 2018 auf 400 Euro monatlich angehoben.
Und zusätzlich wird rückwirkend ab dem 1. Juli 2017 ein Gehörlosengeld in Höhe von 100 Euro monatlich eingeführt. Damit erhalten weitere 1.900 Menschen einen Nachteilsausgleich.
Ein weiteres Beispiel: Die Jugendpauschale wird – wie im Koalitionsvertrag festgeschrieben – von 12 auf 15 Millionen Euro erhöht. Weitere Punkte sind die Verstetigung des Landesarbeitsmarktprogramms und der öffentlich geförderten Beschäftigung und mit Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen, der Ihnen vorliegt, die Erhöhung der Mittel für Krankenhausinvestitionen um jeweils 10 Millionen Euro. Meine Damen und Herren, wir handeln sozial und tun viel für den Zusammenhalt der Gesellschaft.
Werte Kollegen, die Anhebung der Landeszuweisungen für die Theater und Orchester von rund 70 Millionen Euro 2017 über 74,4 Millionen Euro 2018 auf 76 Millionen Euro 2019 sichert das Angebot in Breite und Vielfalt. Sie wissen ja: Viele kommunale Zuwendungsgeber konnten ihre Zuweisung nicht erhöhen oder wollten dies nicht tun. Diese Erhöhung seitens des Landes ermöglicht tarifliche Verbesserungen an den Häusern, die noch mit Haustarifverträgen arbeiten. In Gera beispielsweise wird der Abstand zur Fläche von gegenwärtig 12 Prozent bis 2021 auf 5,6 Prozent halbiert. Mit der Erhöhung der Landeszuweisungen in diesem Bereich können aber auch strukturelle Verbesserungen umgesetzt und neue Impulse gesetzt werden. Einen erheblichen Aufwuchs gibt es auch bei den Investitionen bei den Theatern. Sie sollen von 1,2 Millionen Euro 2017
auf 4,5 Millionen Euro 2018 und im Jahr 2019 dann auf über 9 Millionen Euro ansteigen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass intakte Spielstätten natürlich Voraussetzung dafür sind, dass Konzerte und Theater stattfinden können. Unter anderem sind Investitionen geplant in Altenburg, Weimar, Nordhausen, Erfurt und Meiningen.
Die Denkmalfördermittel des Landes werden um 700.000 Euro erhöht auf dann 6,1 Millionen Euro. Damit wird die Landesregierung in der Lage sein, auch die Eigentümer von bedeutenden Burgen und Schlössern bei der Erhaltung ihrer Denkmale zu unterstützen.
Meine Damen und Herren, warum erwähne ich das, wenn es doch vergleichsweise eine geringe Position ist? Ich will Ihnen meine Meinung dazu sagen. Nicht alle dieser Vorhaben garantieren Erfolg. Aber für diese Landesregierung gilt: Wir packen an, gerade auch bei Themen, die die CDU jahrelang vergessen hatte oder aus Feigheit nicht in Angriff nahm.
Ich nenne Ihnen gerade ein Beispiel, Herr Mohring; Sie sind etwas ungeduldig.
Nein, auch das stimmt nicht.
Also, wenn ich den Fraktionsvorsitzenden der CDU richtig verstanden habe, möchte er einen Beleg für meine Behauptung haben. Den liefere ich Ihnen gleich nach.
Darauf war ich natürlich vorbereitet, na klar! Gerade der Umgang der Landesregierung mit diesen bisher sehr verunglückten Privatisierungen – ich nenne Ihnen die Stichworte Schloss Crossen und das neue Jagdschloss Hummelshain und das jahrelange Nichtstun in diesem Bereich. Und dass diese Landesregierung sagt, dass sie zwar nicht garantieren kann, dass sie erfolgreich ist, aber es anpackt und wir Verantwortung übernehmen und verhindern, dass diese Objekte weiter Gegenstand von Spekulationen sind bzw. was das Schloss Hummelshain betrifft, dass sie verfallen und damit als kulturelles Erbe verloren gehen, das zeichnet diese Landesregierung im Gegensatz zu den Vorgängerregierungen unter Ihrer Führung aus, Herr Mohring.
Darüber hinaus packen wir auch bei vielen anderen wichtigen Zukunftsinvestitionen in Thüringen an. Ich will die Stichworte kurz nennen. Frau Keller wird das dann sicherlich auch in der Einzelplandebatte an der einen oder anderen Stelle noch mit untersetzen können. Aber ich nenne die Stichworte Oberhof, Mitte-Deutschland-Schiene, Duale Hochschule Gera-Eisenach, die Volleyballhalle Wolfsgrube in Suhl, die Aßmann-Halle in Eisenach, die Halle in Bad Langensalza. Und dies nur genannt als einige Beispiele für den insgesamt doch sehr ambitionierten Haushalt 2018 oder 2019, aber auch für einen Haushalt, der ganz besonders im Bereich der Investitionen Schwerpunkte setzt, meine Damen und Herren.
Darüber hinaus sollte nicht vergessen werden, was wir schon mit den Haushalten 2015, 2016 und 2017 getan haben, was bisher im Regierungsentwurf 2018/2019 steht, was mit den Änderungsanträgen im Dezember 2017 für Schwerpunkte gesetzt werden und nun auch noch morgen mit den Änderungsanträgen für die kommunalen Investitionen in Höhe von 200 Millionen Euro sowie für die zusätzlichen Investitionen in Krankenhäuser, Abwasseranlagen und beim Mittagessen, was wir da taten und durch Mittelerhöhung noch verstärkt tun, um nur ei
nige Stichworte zu nennen, denn die Liste ließe sich fortsetzen.
Denken Sie daran, was seit Beginn dieser Legislatur im Bereich der Hochschulfinanzierung, der freien Schulen, des Hochwasserschutzes und der Feuerwehr getan wurde und was mit diesem Doppelhaushalt getan wird.
Meine Damen und Herren, wenn Sie den Querschnitt dieser Themen hören, dann wissen Sie auch, dass es eine Mär ist, dass wir den ländlichen Raum vernachlässigen. Sondern Sie sehen sehr wohl, dass all diese Investitionen sowohl den Städten und den Zentren als auch dem ländlichen Raum und damit ganz Thüringen zugutekommen, meine Damen und Herren, also flächendeckend.
Werte Kollegen, an dieser Stelle möchte ich dennoch die CDU loben, auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind, und zwar loben aus dem Grund, dass Sie dieses Mal doch tatsächlich Änderungsanträge gestellt haben.
Nun macht eine Schwalbe noch keinen Sommer und eine Klassenarbeit ist auch noch nicht deshalb bestanden, nur weil sie abgegeben wird.
Aber allerdings, und so weit gebietet es auch der Respekt, einmal zu sagen, gut, Herr Mohring, dass die CDU das tut, was man von einer Opposition auch erwarten kann, dass sie in eine Haushaltsdebatte auch Änderungsanträge einstellt. Bravo!
Uns ist natürlich aufgefallen, dass Sie dennoch nicht zufrieden sind. Mag sein, dass Ihre Erwartungen andere waren. Sie gingen doch von einem Scheitern von Rot-Rot-Grün gerade auch in der Haushalts- und Finanzpolitik aus. Dieser Haushalt wird Ihre Erwartungen wiederholt enttäuschen. Dieser Haushalt, so, wie wir ihn morgen beschließen werden, wird Thüringen weiter nach vorn bringen, meine Damen und Herren.
Ich will mich ebenfalls sehr herzlich bedanken bei allen, die an der Erarbeitung des Haushalts beteiligt waren, bei der Regierung und den Mitarbeiterinnen, die in den oftmals sehr anstrengenden Sitzungen hier verharren mussten, die Zuarbeiten oftmals sehr
intensiv herbeibringen mussten. Ich will mich bei allen bedanken, die an der Debatte mit Kritik, mit Hinweisen, Vorschlägen und Zuarbeiten beteiligt waren und auch bei denjenigen, die für einen reibungslosen Ablauf in einer noch papier- und zeitintensiveren Form sorgten. Besonderen Dank daher auch der gesamten Landtagsverwaltung und den Haushaltsreferenten der Fraktionen, die seit August 2017 wirklich ein enormes Pensum zu absolvieren hatten und ohne die eine morgige Beschlussfassung des Haushalts nicht möglich wäre. Herzlichen Dank für die geleistete Arbeit!
Meine Damen und Herren, Rot-Rot-Grün baut die alten Schulden der früheren Jahre schrittweise ab und investiert stark in allen Bereichen des Landeshaushalts und in den Thüringer Kommunen. Diese Regierung und die sie tragenden Fraktionen nehmen die Herausforderungen der Zukunft an. Dieser Haushalt ist ein wichtiger Meilenstein für soziale Gerechtigkeit, für deutlich mehr Investitionen in Bildung, Kultur und Infrastruktur. Wir laden die Menschen ein: Gestalten Sie mit, gestalten Sie die Demokratie mit und tun Sie das solidarisch und ohne Ellenbogen und ohne Angst! Lassen Sie uns Thüringen weiter sozial gerecht, freundlich, mutig und einladend gestalten! Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, bekanntermaßen erwarten wir in den nächsten Jahren steigende Pensionsausgaben und die Finanzministerin hat es eingangs bemerkt: Auf der Suche nach Wegen, diese steigenden Pensionsausgaben abzufedern, betreten wir in Thüringen im Vergleich zu anderen Bundesländern mit diesem Gesetzentwurf Neuland.
Aktuell ist die Verbeamtung in Thüringen wieder möglich – und die korreliert mit diesem Gesetzentwurf, indem Schulden entsprechend getilgt werden, um künftig Spielräume im Haushalt zu haben, für Verpflichtungen, die wir heute durch die Verbeamtungen für morgen eingehen. Die Versorgungsausgaben werden in den nächsten Jahren in deutlich schnellerem Tempo steigen als bisher, Pi mal Daumen kann man sagen: alle drei Jahre um 100 Millionen Euro. Sie werden nach dem jüngsten Bericht geschätzt im Maximum, in der Spitze in etwa zwischen 700 und 800 Millionen Euro pro Jahr in den 2030er-Jahren erreichen.
Ich plädiere dafür, das nicht hysterisch zu betrachten, aber sehr ernst zu nehmen – hysterisch mit einem Argument nicht: Und zwar haben wir derzeit ja schon Ausgaben im Landeshaushalt für die Sonder- und Zusatzversorgungssysteme. Das sind in etwa 400 Millionen Euro, die man im Vergleich zu künftigen Ausgabeerwartungen im Ist heute annehmen sollte. Da wären wir im heutigen Bereich in etwa bei 550/600 Millionen Euro, die wir schon für Versorgungen aufwenden. Diese muss man in das Verhältnis zu künftigen Erwartungen von 700 und 800 Millionen Euro pro Jahr setzen, wenn man annimmt, dass irgendwann der Punkt erreicht ist, wo die Ausgaben für die Sonder- und Zusatzversorgungssysteme sinken müssen. Das ist bisher noch nicht so. Es ist immer schwierig, in diesen Prozess Transparenz zu bekommen, weil Thüringen da relativ wenig selbst steuern kann, sondern der Bund mit im Spiel ist. Aber rein logisch müsste zu einem Zeitpunkt, wo bei uns im Land steigende Pensionsverpflichtungen anfallen, irgendwann auch ein Sinken der Ausgaben für die Sonderzusatzversorgungssysteme einsetzen.
Warum ist das Thema dennoch wichtig? Wir können nicht in allen Fragen in die Zukunft schauen, wir können aber in etwa heute schon die Faktoren benennen, die künftige Landeshaushalte natürlich mit beeinflussen. Ich will noch mal einen Faktor nennen – er ist schon angeklungen –, nämlich die Frage: Was passiert eigentlich mit der Kreditierung des Landes unter Bedingungen von Nettoneuverschuldung Null? Nettoneuverschuldung Null wird in der Öffentlichkeit erst mal als eine positive Sache wahrgenommen. Aber das heißt ja nicht, dass wir zur Finanzierung des Freistaats nicht auch Kredite aufnehmen. Wir lösen alte ab und nehmen neue auf – und dann ist natürlich interessant, zu welchem Zinssatz das passiert. Befinden wir uns in etwa auf dem Niveau, wo wir uns jetzt befinden, dann haben wir natürlich eher noch in den nächsten Jahren die Chance, uns auch bei den Zinsausgaben noch signifikant nach unten zu entwickeln.
Nach dem Haushaltsplanentwurf für 2019 werden wir in etwa bei 400 Millionen Euro Zinsen landen. Wir sind von einem Niveau von 700 Millionen Euro Zinsen gekommen. Das heißt, in der Frage des
Landeshaushalts hilft uns das niedrige Zinsniveau sehr stark, weil wir zum Beispiel gegenüber der Zeit von vor sieben, acht Jahren 300 Millionen weniger für Zinsen ausgeben müssen. Das sind 300 Millionen, mit denen wir aktuell auch in diesem Land Politik gestalten können.
Aber – und da komme ich zurück zu dem Gedanken – wir können nicht davon ausgehen, dass das ewig so bleibt. Insofern gibt es natürlich auch in der langfristigen Betrachtung eine dringliche Notwendigkeit, die Zinsen insgesamt oder die Verschuldung des Freistaats insgesamt zu senken, weil wir langfristig natürlich auch bei den Zinsen ein Risiko mit haben. Das versucht der Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, indem er eine regelgebundene Schuldentilgung zum Ziel hat und das, wie ich finde, im Verhältnis zu allen anderen Zahlen des Haushalts zunächst mit Augenmaß betreiben möchte.
Herr Kowalleck, da sind wir möglicherweise in einem Dissens zu Ihrer Forderung, zu sagen, wir müssten schon im Plan viel stärker Schulden tilgen. Ich glaube, in den Jahren, wo diese Koalition es geschafft hat, Haushalte ohne Nettoneuverschuldung aufzustellen und im Vollzug darüber hinaus immer bessere Jahresergebnisse erreicht hat,
das heißt, wir haben am Anfang des Jahres bei der Planung der Haushalte die Haushalte atmen lassen und konnten somit auch eine Priorität für gestaltende Politik und für eine investive Politik wählen. Aber wir haben dann, wenn wir am Jahresende den Haushalt mit Überschuss abgeschlossen haben, diese Mittel entweder zur überplanmäßigen Schuldentilgung eingesetzt – einschließlich Sondervermögen – oder wir haben sie in die Rücklage gesteckt. Um das Verhältnis klarzumachen, Herr Kowalleck: Wir haben immer in dem Bereich von maximal einem Viertel zusätzlich Schulden getilgt, aber über den Plan hinaus. Und wir haben Pi mal Daumen das Geld zu drei Vierteln in eine Rücklage gesteckt. Die wurde also erst in den letzten Jahren aufgebaut, aber genau mit dem Ziel, sie möglichst in den nächsten Jahren – auch wieder der Gedanke, dass die Haushalte atmen können sollen – wieder in den Haushalt einzuspeisen, damit wir die Aufgaben machen, unter anderem im Doppelhaushalt 2018/2019 mit einer gewissen Priorität auf Investitionen.
Investitionen in diesem Sinne sind dann auch Ausgaben, die nicht zehn Jahre im Haushalt drin sind, sondern in aller Regel in zwei/drei/vier Jahren abgeschlossen sind, werden also tendenziell sogar den Landeshaushalt eher entlasten als belasten.
Meine Damen und Herren, warum sage ich das noch einmal? Mit diesem Gesetzentwurf plant die Landesregierung eine vergleichsweise geringe Regeltilgung, nämlich 2018 24,8 Millionen Euro und im Jahr 2019 34,7 Millionen Euro. Vergleichen Sie diese Zahl mit der zusätzlichen Schuldentilgung nach dem Jahresabschluss 2016 – da haben wir 166 Millionen Euro überplanmäßig getilgt, das war also das Fünffache dessen, was wir jetzt im Plan für 2019 haben, und das Sechsfache gegenüber dessen, was wir jetzt im Jahr 2018 haben –, dann sehen Sie, dass auch keiner Angst haben muss, dass wir im Plan zu stark in die Tilgung gehen, dass wir aber immer dann, wenn es uns die Lage im Landeshaushalt ermöglicht, sowohl den Blick haben, überplanmäßig Schulden zu tilgen, damit die Risiken zu minimieren, und als Zweites eine Rücklage zu bilden, mit der auch künftige Landeshaushalte atmen können.
Meine Damen und Herren, das ist ja eine sehr politische Debatte, aber in diesen Kontexten – langfristig etwas zu tun, regelgebunden etwas zu tun, was uns in den nächsten Jahren ermöglicht, die Risiken aus den steigenden Pensionslasten etwas abzufedern – ist dieser Gesetzentwurf erarbeitet. Ich finde, die Debatte in den Ausschüssen lohnt sich darum, weil wir ja wirklich, wie ich finde, ein sehr innovatives Modell für die nächsten Jahre haben und sich dieser Gesetzentwurf meiner Meinung nach auch sehr in das ganze Bündel von Maßnahmen für eine nachhaltige Finanzpolitik von Rot-Rot-Grün in Thüringen einordnet. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Verfahren auf Grundlage des Thüringer Abgeordnetenüberprüfungsgesetzes endet mit der Frage, ob jemand parlamentsunwürdig ist oder nicht. Das erweiterte Gremium kam im Falle von Herbert Wirkner einstimmig zu dem Ergebnis, dass Herbert Wirkner nicht parlamentsunwürdig ist. Wir hinterfragen nicht die Überprüfung, sondern wir hinterfragen das Verfahren, das am Ende genau zu dieser Frage führt, ob jemand als parlamentsunwürdig eingeschätzt wird oder nicht. Ich denke, alle Redner haben deutlich gemacht, dass sie ein Interesse daran haben, die Vergangenheit weiter kritisch aufzuarbeiten. Die Linke steht zu und stellt sich ihrer Verantwortung für während der DDR-Zeit begangenes Unrecht und hat sich kritisch mit der Vergangenheit auseinandergesetzt.
Dies gilt für die Verantwortung der Partei Die Linke insgesamt ebenso wie für den Landesverband Thüringen, und dies in besonderer Weise. Frau RotheBeinlich hat es erwähnt, mit dem Eintritt in die rotrot-grüne Regierung in Thüringen hat die Debatte 2014 nochmals an Fahrt aufgenommen und die Präambel des Koalitionsvertrags spricht eine klare Sprache. Es darf keinen Schlussstrich unter die Vergangenheit geben, Aufarbeitung bleibt auch weiterhin eine Aufgabe.
Meine Damen und Herren, was die Arbeit der Landesregierung betrifft, so meine ich, dass wir alle nachlesen können, welche Initiativen es seitens der Landesregierung in den letzten Jahren seit 2014 gab. Ich erwähne den ersten und zweiten Bericht der Landesregierung über die Arbeit der interministeriellen Arbeitsgruppe, in denen Sie sehr viele Themen/Projekte kurz-, mittel- und langfristiger Art nachvollziehen können. Aber auch der Thüringer Landtag hat sich dem Thema gestellt, unter anderem den 17. Juni künftig als Gedenktag des DDRUnrechts zu begehen. Ein anderes Beispiel: Mit dem Haushalt 2015 sowie dem Doppelhaushalt 2016/2017 wurden die …
Ja, Herr Präsident, das werde ich machen. Ich hätte nur, wenn Sie mir den einen Satz gestatten, gesagt, dass es auch seitens des Landtags mit den Haushaltsbeschlüssen viele Beschlüsse zur Stärkung von Aufarbeitungsinitiativen gab.
Meine Damen und Herren, die Aufarbeitung der Geschichte ist uns ein wichtiges Anliegen. Es hat nicht nur für die Vergangenheitsbewertung eine Bedeutung, sondern auch für die Demokratie der Gegenwart und der Zukunft. Transparenz und ein offener Umgang mit den Akten des MfS/AfNS sind auch weiterhin wichtig. Ich erinnere hierbei an die im Parlament intensiv diskutierte Frage, wie nach einer möglichen Überführung der Akten in ein Bundesarchiv auch weiterhin Transparenz gewährleistet werden kann.
Meine Damen und Herren, zum Abschluss der Arbeit des erweiterten Gremiums bekräftigen wir: Unsere beiden betroffenen Abgeordneten, Ina Leukefeld und Frank Kuschel, haben sich zu ihrer Verantwortung bekannt und einen seit Jahren offenen Umgang mit ihrer Vergangenheit gepflegt. Die erneute Überprüfung der beiden Abgeordneten unserer Fraktion ergab keine neuen Erkenntnisse. An deren parlamentarischer Integrität und ihrem demokratischen Engagement besteht kein Zweifel. Auch die wiederholte Wiederwahl in den Thüringer Landtag ist dafür ein Argument, ebenso wie ihr langjähriger kommunalpolitischer Einsatz. Darüber hinaus sind die Kandidaten der Linken für Landtagswahlen verpflichtet, vor einer Wahl Rechenschaft über ihre etwaige Zusammenarbeit mit dem MfS/AfNS abzulegen.
Ja, okay.
Meine Damen und Herren, ich bin schon am Schluss. Die Linke steht für das Ziel einer weiteren ehrlichen Aufarbeitung der Vergangenheit. Die Kategorisierung von gewählten Abgeordneten als parlamentsunwürdig leistet für uns keinen geeigneten Beitrag zur notwendigen Aufarbeitung der Geschichte. An dieser Stelle teilen wir die Position, die
hier die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgetragen hat, ausdrücklich. Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Mohring, den Stil, den wir von Ihnen
erleben konnten, den durften wir in den letzten Jahren wiederholt erleben. Ich glaube bzw. bin davon überzeugt, dass Sie damit nicht durchkommen, Herr Mohring.
Ich bin überzeugt, dass die Menschen ein sehr gutes Gespür dafür haben, was wir bei Rot-Rot-Grün richtig machen, auch dafür, was uns nicht gelingt,
aber ich glaube auch und ich bin davon fest überzeugt, dass Sie auch ein sehr gutes Gespür dafür haben, dass eine Opposition sich nicht nur als eine Dagegenpartei gerieren kann, sondern dass sie auch konstruktiv an der Zukunft dieses Landes mitarbeiten muss.
Ich kann Sie nur auffordern, konstruktiv an den Problemen dieses Landes mitzuarbeiten und Vorschläge zu machen, wie Sie dieses Land besser als wir gestalten würden. Das haben Sie nicht gemacht.
Wir können Ihren Anträgen zustimmen? Herr Mohring, Sie haben beim Doppelhaushalt 2016/ 2017 gezeigt, dass dann, wenn es darauf ankommt, ein schlüssiges Gesamtkonzept vorzulegen, Sie das nicht wollen oder Sie das nicht können. Deshalb glauben wir hier nicht, dass Sie es besser können.
Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Regierung, auch wenn ihr nicht alles gelingt, die besseren Antworten auf die Bewältigung der Herausforderungen für diesen Freistaat Thüringen und auch für die Kommunen hat, egal ob es sich um Gemeinden in Ballungsräumen handelt oder auch im ländlichen Raum. Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie alle haben die Herausforderung um das Jahr 2020 und folgende im Kopf. Untersucht man die hier angesprochene Fragestellung idealtypisch, kann man es vielleicht in drei Zeitperioden tun.
Das erste Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts bestand vor allen Dingen darin, dass wir hier versucht haben, Haushalte unter dem Spar- und Kürzungsdiktat aufzustellen, um uns auf das Jahr 2020 vorzubereiten; Investitionen, neue Leistungen wurden im Wesentlichen vernachlässigt.
Ab dem Jahr 2013 vielleicht, in der zweiten Phase, hatten wir Überschüsse im Landeshaushalt, und seitdem es Überschüsse gibt, gibt es die Debatte darüber, wann, zu welchem Zeitpunkt, für was – mehr für Tilgung oder mehr für neue Investitionen, für neue Ausgaben – dieses Geld eingesetzt werden soll. Die damalige CDU-dominierte Regierung hat dieses Geld, diese Überschüsse zu zwei Dritteln in die Tilgung alter Verbindlichkeiten gesteckt und maximal zu einem Drittel in neue Investitionen und neue Ausgaben.
Und idealtypisch die dritte Phase seit 2014: Die Überschüsse im Landeshaushalt kann man als verstetigt bezeichnen und seitdem wird circa ein Drittel dieser Überschüsse für die Tilgung alter Ver
bindlichkeiten eingesetzt, während zwei Drittel den Menschen direkt zugutekommen: durch Investitionen in die Familienpolitik, durch Investitionen in die Bildungspolitik – ich erinnere hier an das umfassende Schulinvestitionsprogramm –, durch Mehrausgaben beispielsweise für die Jugendpauschale, die Schulsozialarbeit und, meine Damen und Herren, in diese Reihe gehört natürlich auch das angekündigte beitragsfreie Kita-Jahr, das zum 01.01.2018 starten wird. Insofern, meine Damen und Herren, liegen wir auch ganz klar bei der Erfüllung des Koalitionsvertrags.
Meine Damen und Herren, was den Überschuss des Jahres 2016 betrifft, so setzt sich diese Haushaltspolitik, die, wie ich finde, vorausschauend ist, auch fort. 166 Millionen Euro werden getilgt. Der größere Teil – etwa zwei Drittel, 416 Millionen Euro – ist der Rücklage zugeführt worden, die man technisch verstehen muss. Sie ist praktisch das Transportmittel dafür, dass Haushalte künftig bereinigt um konjunkturelle Risiken und ohne neue Schulden gestaltet werden können und gleichzeitig in Zukunftsbereiche investiert werden kann.
Das werden wir mit dem Haushalt 2018/19 genau in den Bereichen, die angesprochen worden sind, machen. Wir werden den Bereich Kindertagesstätten stärken. Wir werden den Bereich Familien stärken. Wir werden am Ende dieser Legislatur Haushalte ohne neue Schulden aufgestellt haben. Nicht nur das, sondern wir werden auch alte Schulden getilgt haben. Aber vor allem, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden wir den überwiegenden Teil von Überschüssen aus den Haushaltsjahren in maßgeblich wichtige gesellschaftspolitische Bereiche investiert haben, und zu denen gehört nach unserer Überzeugung gerade auch die Familienpolitik. Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, für die Entscheidung über die Entlastung der Landesregierung für das Haushaltsjahr 2014 haben wir ein wichtiges Hilfsmittel zur Hand, das ist der Jahresbericht des Rechnungshofs 2016 mit ausgewählten Beispielen. Darin findet man Beispiele, was aus Sicht des Rechnungshofs bei der Bewirtschaftung des Haushalts 2014 falsch gelaufen ist. Vereinfacht gesagt stellt die Landesregierung in der Erwiderung ihre Meinung zu den angesprochenen Themen dar, tritt dem Rechnungshof bei oder stellt eine abweichende Meinung fest. Im weiteren Diskussionsprozess wägen die Abgeordneten des Landtags ab, ob sie jeweils der Stellungnahme des Rechnungshofs oder der der Landesregierung beitreten und nehmen zur Kenntnis, ob die Landesregierung Schlüsse aus den angesprochenen Dingen zieht. Alles führt in eine Beschlussempfehlung, die der Vorsitzende des Ausschusses ja hier in Teilen vorgetragen hat, nämlich, wo die Abgeordneten des Landtags die Regierung beauftragen, dieses oder jenes zu besagten Fristen zu tun und im weiteren Verfahren zu berichten.
Beispielhaft, werte Kollegen, möchte ich das an zwei Beispielen jeweils unterschiedlicher Art kurz darstellen. Zum ersten Beispiel: Dort geht es um den BOS-Funk, das heißt, den Digitalfunk für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben. Dazu schreibt der Rechnungshof Folgendes: „Die Einführung des Digitalfunks dauerte erheblich länger, ist deutlich teurer als geplant und im nichtpolizeilichen Bereich längst nicht abgeschlossen“. Beim Versuch des Rechnungshofs, hier einen „Schuldigen“ zu ermitteln, gibt er zwar zu, dass an den Verzögerungen auch der Bund und seine Auftragnehmer eine Mitschuld hatten, aber für das Thüringer Innenministerium findet der Rechnungshof dennoch harte Worte. Bevor ich jetzt zwei dieser Sätze des Rechnungshofs verlese, möchte ich Sie daran erinnern, dass hier das Innenministerium der Jahre 2009 bis 2014 gemeint ist. Wer in dieser Zeit Innenminister war, ist hierbei nicht wichtig. Ich zitiere aus dem Bericht: „Die Leitungsebene des Innenministeriums hat die notwendigen Entscheidungen hierzu immer wieder hinausgeschoben“. An anderer Stelle steht: „Die notwendigen Entscheidungen zur Einrichtung einer Landesstelle Objektversorgung wurden seit 2011 verschleppt“. Meine Damen und Herren, „hinausgeschoben“ und „verschleppt“, das sind schon Vorwürfe oder Begriffe, die man ernst nehmen muss. Deshalb, wie schon angedeutet, wollen wir uns im September im Haushalts- und Finanzausschuss über den aktuellen Stand informieren lassen.
Meine Damen und Herren, nun zu einem zweiten Beispiel, wo wir der Auffassung des Rechnungshofs widersprechen wollen. Es geht um das Studierendenwerk. Hier ist der Rechnungshof nämlich der Meinung, dass Essensgeld und Wohnheimmieten zu niedrig sind und erhöht werden müssten. Wir halten die Leistungen des Studierendenwerks, die es für die Studierenden erbringt, für angemessen. Ob die Vergünstigungen, die Nichtstudierende erhalten, verkleinert werden können, um Einnahmen zu erhöhen, sollte allerdings von den zuständigen Kollegen untersucht werden.
Meine Damen und Herren, der Rechnungshofbericht enthält neben diesen konkreten Hinweisen, Kritiken und Vorschlägen einen viel größeren allgemeinen Teil, sodass die Gefahr besteht, dass hier im Plenum auch sehr allgemein über die große Haushalts- und Finanzpolitik diskutiert wird und weniger über das konkrete Entlastungsverfahren für das Haushaltsjahr 2014. In diesem Kontext, meine Damen und Herren, haben wir auch den Entschließungsantrag der CDU zu bewerten. Herr Kowalleck, nachdem Sie in den letzten beiden Jahren schwerpunktmäßig die Steigerung des Ausgabevolumens an sich kritisiert haben, argumentieren Sie jetzt auf die Darstellung der Ausgabenentwicklung pro Kopf und beziehen sich dabei auf Hinweise des Rechnungshofs im Bericht. Wir unterstützen diese Forderung in ihrer Diktion nicht, und nicht so wie dargestellt. Ich möchte eher eine wichtige Frage dagegen stellen. Wir hatten in einer der letzten Sitzungen nachgewiesen, dass die Ausgabensteigerung der letzten Jahre nicht nur im Thüringer Landeshaushalt zu konstatieren war, sondern in allen Bundesländern und auch im Bund, und das maßgeblich auch ein Spiegel der sehr guten konjunkturellen Entwicklung und der Stärkung der Einnahmeseite war. Das heißt, die öffentlichen Haushalte konnten sich konsolidieren, weil die Einnahmen sich sehr gut entwickelt haben und demgegenüber auch auf der Ausgabenseite Geld ausgegeben wurde, zur Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur, zur Finanzierung von Zukunftsaufgaben oder natürlich für alle anderen Bereiche, die in den letzten Jahren viel zu kurz gekommen sind. Das war bei uns auch nicht anders. Man könnte sagen, Herr Kowalleck, die CDU-Landesregierungen haben Überschüsse, die sich infolge dieser guten konjunkturellen Entwicklung gebildet haben, zu drei Vierteln in die Tilgung alter Schulden gesteckt und nur zu einem vergleichsweise kleineren Teil in die Refinanzierung der öffentlichen Daseinsvorsorge. Wir machen das, seitdem die Landeshaushalte Überschüsse haben, genau im anderen Verhältnis. Im Kern geht es immer darum, wie Überschüsse zur Modernisierung des Landes eingesetzt werden. Wenn man in diesem Sinne Modernisierung des Landes als einen Dreiklang aus Vorsorge, Investiti
on und Tilgung alter Verbindlichkeiten versteht, dann hätte man vielleicht sogar über die Breite, wie ein Land modernisiert werden muss, zumindest einen Konsens, welche Bestandteile betrachtet werden müssen. Was wir aber zumindest als RotRot-Grün immer gemacht haben, ist, dass wir Überschüsse im Landeshaushalt zu drei Vierteln für Investitionen und zur Risikovorsorge eingesetzt haben und auch zu einem Viertel für die Tilgung alter Verbindlichkeiten aus Ihrer Zeit. Dazu muss man sagen, dass diese Verbindlichkeiten so angelegt sind, dass sie dynamisch steigen, sprich, dass sie pro Kopf bei Einwohnerrückgang in den nächsten Jahren dynamisch ansteigen werden. Weil Teil einer Modernisierung des Freistaats Thüringen auch sein muss, dass die Pro-Kopf-Belastung der Thüringer Bürgerinnen und Bürger in den nächsten Jahren nicht steigt, bedienen wir den Strang der Tilgung alter Schulden genauso mit, aber wir machen es in dem Verhältnis, dass ein Großteil der Überschüsse aus den Landeshaushalten direkt in den Folgejahren in den Haushalten auch wieder den Thüringerinnen und Thüringern zugutekommen. Das sollen sie nicht bloß in den Jahren 2016 und 2017, sondern das soll auch maßgeblich in den Jahren 2018 und 2019 gelten. Dafür sehen wir insbesondere bei den Rahmenbedingungen auch für den Doppelhaushalt 2018/2019 sehr gute Voraussetzungen. Vielen Dank und noch mal allen herzlichen Dank, die an der Erarbeitung des Rechnungshofberichts und am Entlastungsverfahren mitgewirkt haben. Wir bitten um Zustimmung zu beiden Vorlagen, Entlastung der Landesregierung und Entlastung des Rechnungshofs.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was Höcke und Kollegen hier vortragen, war, denke ich, sehr exemplarisch. Es wird jedes Thema benutzt, um Katastrophenszenarien zu beschreiben, den Untergang des Landes
oder der Währung herbeizureden, und dann durften natürlich die Rhetorik gegen die Flüchtlinge, das Verbreiten von Hass nicht fehlen. Ich hoffe, dass viele Menschen das hören und darüber nachdenken, wie einfach gestrickt eigentlich dieses Schema ist, das wir bei jedem Tagesordnungspunkt immer wieder hören.
Dazu passt, dass das mit den unterlegten Fakten dann in den Sachdebatten doch nicht so genau genommen wird, sondern man sich irgendwas aus Einzelworten und Einzelbruchstücken zusammenreimt. Es reicht offenbar auch, was parlamentarischen Anstand betrifft, nur seine Meinung hier vorzutragen und dann den Saal zu verlassen und gar nicht mehr zu hören, ob wir hier im Austausch von Argumenten vielleicht das Gesagte auch infrage stellen oder widerlegen können.
Das sind Zustände hier, also da wundert man sich manchmal. Das geht ganz klar als Kritik an die AfD, meine Damen und Herren.
Werte Kollegen, zur Mittelfristigen Finanzplanung vielleicht folgender Einstieg: Wir alle wissen, dass die deutsche Einheit im Jahr 2020 dann 30 Jahre her sein wird, und es gab verschiedene größere Perioden, wie die neuen Bundesländer insgesamt in diesen Zeiten finanziert wurden. Idealtypisch kann man drei Phasen unterscheiden. Es gab nach 1990, nach der deutschen Einheit, vielleicht die erste Phase, die ging dann über die Etappe 1995, als die neuen Länder in den Länderfinanzausgleich einbezogen wurden. Die zweite Phase begann dann 2005 mit dem Solidarpakt II und damit war klar – ab 2005 wussten wir das alle –, dass umfangreiche Hilfen, die wir seitdem erhalten haben, im Jahr 2020 auslaufen werden.
Da zeitgleich der Länderfinanzausgleich von finanzstarken Bundesländern wie Bayern, Hessen und Baden-Württemberg beklagt wurde, weil man insgesamt weniger Geld in das Ausgleichssystem für ärmere Bundesländer geben wollte, war ebenfalls klar, dass das Jahr 2020 auch in dieser Hinsicht noch einmal ein wichtiges Schlüsseljahr sein wird. Jetzt stehen wir kurz davor, demnächst einen Doppelhaushalt für die Jahre 2018 und 2019 aufzustellen, die direkt in das Jahr 2020 münden werden. Da der Bundestag in der Zwischenzeit im Grundgesetz die Schuldenbremse beschlossen hat, wird diese im Jahr 2020 auch für alle Bundesländer gelten und demnach werden Kredite in konjunkturellen Normalzeiten nicht mehr möglich sein.
Das heißt ganz klar: Ab 2020 müssen auch die Länder viel stärker, als das bisher der Fall war, eine Haushalts- und Finanzwirtschaft vorweisen, die auf Deutsch gesagt mit dem vorhandenen Geld auskommen soll. In diesem Rahmen finde ich es überhaupt nicht ungewöhnlich, dass die jetzige Landesregierung und Ministerin Frau Taubert genau das machen, was ihre Vorgänger ebenfalls gemacht haben, nämlich vor der Beratung eines Haushalts einen Konsolidierungsbedarf aufweisen, der allen signalisiert: Wir müssen noch eine ganze Menge Gespräche führen mit den Ministerien und den Fachbereichen, um die Haushalte auszugleichen. Da ist ein Katastrophenszenario, sehr geehrte Kollegen der Opposition, überhaupt nicht angebracht.
Schaut man sich die Zahlen an, dann sieht man, dass es für die Jahre 2018 und 2019 bei ungefähr 10 Milliarden Euro Haushaltsvolumen um eine Größenordnung von circa 200 Millionen Euro geht, das heißt, es geht pro Jahr um circa 2 Prozent des Haushalts, die jetzt noch nicht untersetzt sind. Aber wir sind mit der Mittelfristigen Finanzplanung in einem Planungsinstrument, das wir üblicherweise zur Kenntnis nehmen. Wir sind jetzt noch gar nicht in den Haushaltsberatungen für den Haushalt 2018 und 2019.
Insofern darf ich an Herrn Dr. Dette und sein Sondergutachten aus dem Jahr 2010, glaube ich, erinnern – da waren wir kurz aus der weltweiten Finanzkrise heraus, die dann zur Wirtschaftskrise wurde –, und im Jahr 2010 hat der Rechnungshof in dem Sondergutachten prognostiziert und gesagt: Wenn sich nichts ändert, dann müssen wir im Jahr 2020 mit circa anderthalb Milliarden weniger Einnahmen einen Haushalt gestalten. Von damals 9 Milliarden Haushaltsvolumen standen 1,5 bis 2 Milliarden Euro an Einnahmen infrage. Wir haben im Prinzip jahrelang Haushalte unter der Maßgabe diskutiert: Wo kann man kürzen, um am Ende auf dieses Ausgabeniveau von 7,5 Milliarden zu kommen. Nun ist da erfreulicherweise eine Entwicklung eingetreten, lange Zeit stabile Steuereinnahmen, von der insbesondere wir auch hier profitiert haben, sodass das Ziel ausgeglichener Haushalte auch nach dem Jahr 2020 ohne massive Kürzungen in Leistungsgesetzen, beispielsweise Zerstörung von kultureller Vielfalt in Thüringen und von sozialen Einrichtungen, im Kern nicht nötig sein wird, weil wir eine stabile Steuerentwicklung haben.
Auch das an die Adresse der AfD-Kollegen, die heute Morgen gegen den Euro gesprochen haben aufgrund der Zinspolitik der EZB: Sie kommen zu einem politischen Ergebnis, das ich so überhaupt nicht teile. Ich will Ihnen zumindest...
Ja, Sie sind doch jetzt seit 1 Minute hier. Was stören Sie denn meinen Vortrag?
Nein, ich will mein Sachargument sagen; ich komme ja nicht dazu, weil Sie hier von draußen reinkommen und mich hier anmachen.
Ich wollte ein Argument mit den Zinsen nennen. Die Kehrseite der niedrigen Zinsen ist nämlich, dass auf diese Art und Weise auch der Thüringer Landeshaushalt in den letzten Jahren erhebliche Ausgaben einsparen konnte. Wir waren mal bei circa 750 Millionen Euro und sind jetzt bei circa 450 Millionen Euro. Das heißt, auch diese 300 Millionen Euro pro Jahr sind dauerhafte Minderausgaben, die natürlich dann auch an anderer Seite, an anderer Stelle nicht gestrichen werden müssen. Es ist überhaupt nicht so einfach. Deswegen aus dieser Politik der EZB zu folgern, dass der Euro falsch wäre, ist aus meiner Sicht ein völlig falscher Schluss. Es handelt sich hierbei eher um das Korrigieren oder um das Behandeln der nach wie vor vorhandenen Finanzkrise im europäischen Maßstab.
Ja, ist gut jetzt.
Dann will ich noch was zur Frage sagen, wie hoch man tilgen sollte, weil das Herr Kowalleck, glaube ich, kritisiert hat auch nach den üblichen Ritualen, wir würden zu wenig nachhaltig wirtschaften. Denken Sie an das Jahr 2015. Im Haushaltsplan waren vergleichsweise geringe Beiträge zur Tilgung alter Schulden veranlagt. Ich halte es auch für wichtig, aber ich glaube, das hat auch der Vorgänger von Frau Taubert begonnen, gerade in diesen konjunkturell unsicheren Zeiten nach der Finanzkrise nicht im Haushaltsplan sehr aggressiv Tilgung zu planen, sondern Rücklagen im Haushalt zu bilden – sagen wir mal 2 Prozent des Haushaltsvolumens, da wären wir so bei 200 Millionen Euro –, um konjunkturelle Schwankungen, Extremausschläge abzufedern, ohne dass sofort über Nachtragshaushalt mit Sparprogramm etc. geredet werden muss, und wenn die Schwierigkeiten nicht eintreten – sprich: wenn das Haushaltsjahr besser gelaufen ist als geplant –, zu sagen, jetzt tilgen wir signifikant alte Schulden. Das Paradebeispiel dafür ist das Jahr 2015. Die Finanzministerin hatte in etwa 25 Millio
nen Schuldentilgung geplant, das Haushaltsjahr wurde erfolgreich abgeschlossen und es wurden zusätzlich knapp 75 Millionen Euro getilgt, sodass insgesamt 100 Millionen weniger Schulden da waren. Das war nämlich genau die Höhe, Herr Kowalleck, die zusätzlich in den Sondervermögen aufgelaufen ist, die wir vor allen Dingen aus der CDUZeit von CDU-Finanzministern geerbt haben, meine Damen und Herren. Deshalb meine ich, wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Wir haben zum ersten Mal die Aussicht, auch über das Jahr 2020 hinaus eine gute Planbarkeit zu haben. Mit der Einigung der Ministerpräsidenten mit dem Bundesfinanzminister besteht die Aussicht, dass nach 2020 auch ein Thüringer Haushalt gestaltbar ist. Da muss ich ganz ehrlich sagen, Herr Dr. Dette, das hätte sicherlich auch 2010 so keiner erwarten können.
Ich plädiere nachhaltig dafür, dass man schaut, Rücklagen zu bilden und damit auch einen gesunden Mix zwischen der Tilgung alter Verbindlichkeiten und der entsprechenden Vorsorge im Haushalt zu machen. Dass wir auf der Ausgabenseite etwas machen müssen, dass Strukturen verändert werden müssen, das dürfte ja nun hier in den letzten Tagen hinreichend diskutiert worden sein. Strukturreformen sind natürlich notwendig, damit auch in den nächsten Jahren die Mittel des Landes sachgerecht und effektiv eingesetzt werden können.
Zum Antrag der CDU möchte ich noch so viel sagen – Dr. Pidde und Herr Müller haben dazu ja schon Stellung genommen –: Ein wichtiges Argument, Herr Kowalleck, das, was jetzt in Berlin vereinbart worden ist, ist noch kein Gesetz. Es ist unüblich in der Finanzplanung, obwohl es sich um eine große strukturelle Frage handelt, aber es wird nicht jede Wasserstandsmeldung zu einer neuen Finanzplanung aufgebaut, sondern die Dinge, wie zum Beispiel auch die Steuerschätzungen, werden einfach mit aufgenommen. Insofern ist es sachgerecht, dass wir die jetzige Finanzplanung mit dem Stichtag September dieses Jahres zur Kenntnis nehmen und dann die neuen Fakten, so sie denn Fakten sind, mit in die neu zu erarbeitende Mittelfristige Finanzplanung einarbeiten.
Dann möchte ich letztlich noch sagen, Herr Kowalleck, Sie hatten ja in den letzten Monaten immer das Argument aufgebaut, Rot-Rot-Grün fährt den Haushalt gegen die Wand, und haben als Beispiel genommen, dass das Haushaltsvolumen signifikant steigt. Ich meine, dass die Anhörung gezeigt hat, dass Sie mit diesem Argument überhaupt keinen Blumentopf gewinnen können. Ich möchte Ihnen zumindest mal ein paar Bundesländer nennen, die ebenfalls eine Entwicklung des Haushaltsvolumens in den letzten Jahren haben, und dann bewerten Sie mal Ihr vorgetragenes Argument, ob das wirklich gegen uns spricht oder ob es sich nicht vielmehr um ein Spiegelbild einer positiven konjunkturellen Entwicklung in ganz Deutschland handelt,
das sich dann natürlich in den öffentlichen Haushalten, vorzugsweise in den Landeshaushalten, niederschlägt. In Baden-Württemberg war im Jahr 2014 das Haushaltsvolumen bei 41 Milliarden Euro und im Jahr 2016 bei 46 Milliarden Euro. In Bayern stieg das Haushaltsvolumen im selben Zeitraum von 50 auf 55 Milliarden Euro, in Brandenburg als einem neuem Bundesland von 10,2 auf 11,4 Milliarden Euro und in Sachsen von 17 auf 18,4 Milliarden Euro. Die Sachsen gehen sogar noch weiter. Wenn Ihre These stimmt, dann müssten die Sachsen eine ganz schreckliche Politik machen und das Land gnadenlos gegen die Wand fahren. Die beschließen jetzt einen Haushalt für 2018 und der sieht ein weiteres Wachstum der Ausgaben auf 18,7 Milliarden Euro vor. Also ich glaube, Herr Kowalleck, Sie sehen, dass Sie mit dem Argument wirklich nicht weit kommen. Ganz im Gegenteil, wir freuen uns, dass sich die Einnahmen insgesamt positiv entwickelt haben und dass damit eine Gestaltung, auch eine sozialverträgliche Gestaltung, von Landespolitik und auch ein Fokus auf bessere Investitionen als in der Vergangenheit wieder möglich ist, und das alles mit dem Ziel, Haushalte ohne neue Schulden aufzustellen. Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Hoffnung auf eine ruhige, nüchterne Debatte, die den anderen ausreden lässt, die Argumente abwägt und die damit auch einen Beitrag zu einer wünschenswerten politischen Kultur im Land leistet, hat sich wieder mal nicht erfüllen können. Wir schreien hier wieder mal herum. Wir lassen Dampf ab, Wolfgang Fiedler.
Wir pauschalieren. Es werden Vorwürfe in den Raum gesetzt und es wird sich vonseiten der Opposition kaum sachlich mit dem Thema auseinandergesetzt. Das finde ich äußerst bedauerlich.
In den Vorwürfen, die erhoben werden, wird gesagt, wir würden den ländlichen Raum plattmachen. Wolfgang Fiedler, du warst als Bürgermeister am Dienstag mit in unserer Veranstaltung in Tröbnitz.
Ja, auch das zeigt, wes Geistes Kind du bist. Eine Veranstaltung, wo wir mit den Bürgern ins Gespräch kommen und froh sind, wenn der Bürgermeister daran teilnimmt, die bezeichnest du hier als „Lügenveranstaltung“.
Das zeigt, dass die CDU nichts gelernt hat. Ihr habt nichts begriffen.
Ihr habt nicht begriffen, warum ihr 2014 abgewählt wurdet.
Meine Leute! Ein Vorwurf, der im Raum war, ist, wir würden uns an dem ländlichen Raum vergreifen. Wir haben am Dienstag ein Argument dagegengesetzt, Wolfgang Fiedler. Im Gegensatz zu Sachsen verfügt Thüringen nicht über die Struktur klassischer großer Städte und großer Mittelstädte. Solche Städte wie Dresden oder Leipzig mit 550.000 Einwohnern haben wir nicht. Die Sachsen haben deswegen nach 1990 ihr Land ganz anders aufgebaut.
Sie hätten nie eine Entwicklung gemacht, die sich im Kern gegen Dresden und gegen Leipzig richtet,
weil sie begriffen haben, dass diese Städte genauso wichtig für die Entwicklung im ländlichen Raum sind wie der ländliche Raum selbst.
In Thüringen haben wir eine ganz andere Struktur. Da haben wir nur eine Stadt, die 200.000 Einwohner hat. Wir haben einen Großteil Kleinst- und Kleingemeinden und dazwischen sind noch ein paar Städte. Einer hat mal 20.000 Einwohner. Jemand hat mal 30.000 Einwohner, mal 50.000, 60.000 oder eine Stadt Gera, die um die 100.000 Einwohner hatte.
Lass mich doch jetzt mal ausreden, verdammt noch mal! Das ist doch keine Kultur, dass man hier nur rumschreit von da hinten!
Danke, Herr Präsident. Herr Fiedler, wenn Sie das nicht aushalten, was ich sage, gehen Sie doch raus. Aber lassen Sie mir doch die Chance, dass ich in den verbleibenden Minuten meine Position hier darlegen kann.
Was ich sagen wollte, Wolfgang Fiedler, was die CDU Thüringen in den 25 Jahren nur ungenügend – und ich behaupte, aus ideologischen Gründen – geschafft hat, nämlich eine Antwort darauf zu finden, wie wir einerseits den kleinsten und kleinen ländlichen Raum entwickeln, aber genauso dafür Sorge tragen, dass die Städte, die von 20.000, 30.000 bis 100.000 Einwohner haben, die wenigen Städte, sich auch adäquat entwickeln können und dass sie eine Umlandfunktion wahrnehmen können, die ihrer Funktion gerecht wird.
Es ist doch nicht umsonst, dass Städte wie Gera, Eisenach und Suhl de facto finanz- und haushalts
politisch seit Jahren vom Land abhängig sind. Dass sie handlungsunfähig sind, das ist doch nicht nur auf eigene Fehler zurückzuführen.
Doch, ich glaube das. Sonst würde ich das hier nicht vortragen. Wenn Sie eine andere Meinung haben, dann gehen Sie doch hier vor und tragen Sie es vor, aber schreien Sie doch nicht ständig rein!
Meine Damen und Herren, als zweites Argument, was uns immer auch bei den Veranstaltungen vor Ort entgegengebracht wird, wenn man über die demografischen Herausforderungen redet, heißt es dann: Na ja, wir müssen im Kindergarten eine neue Gruppe aufmachen; wir wachsen doch, wir haben doch mehr Kinder. Das mag sogar örtlich so sein. Aber man muss sich die großen Zahlen ansehen, damit man die Entwicklung versteht und die Herausforderung, vor der wir stehen. Wir haben zu DDR-Zeiten in etwa in Thüringen 35.000 Geburten gehabt. Wir sind nach der Wende aufgrund der Strukturbrüche abgebrochen in Richtung von 12.000 im absoluten Minimum. Viele kommunale Planungen – Schulnetzplanung, Kitabedarfsplanung – haben diese Entwicklung mit einer deutlichen Reduzierung der Plätze nachvollzogen. Jetzt haben wir eine erfreuliche Stabilisierung und sind mit dem Jahr 2015 auf 18.000 Geburten gewachsen. Und jetzt ist klar, dass mancher Bürgermeister und mancher Gemeinderat natürlich sagt, wenn sie auf Thüringen sehen: 12.000/18.000, das ist eine Entwicklung nach oben – wir wachsen doch. Aber es wird außer Acht gelassen, dass wir immer noch eine Entwicklung haben von ehemals 35.000 Geburten auf jetzt 18.000 Geburten. Es ist immer noch eine Halbierung und damit keine Reproduktion.
Das bedeutet doch, wenn man sich das mal mit den Alterungsprozessen in der Gesellschaft anschaut, dass man sich dem stellen muss, dass wir älter und dass wir weniger werden und dass wir darauf hier eine Antwort geben müssen, wie wir künftig die Ressourcen, die uns im Landeshaushalt zur Verfügung stehen, so einsetzen, dass sie nicht alle in der Verwaltung gebunden werden, sondern dass wir noch eigentliche Landespolitik gestalten können im Bereich der Bildungspolitik,
im Bereich der Sozialpolitik, im Bereich der Kulturpolitik und im Bereich der Infrastrukturpolitik für eine älter werdende Gesellschaft. Zum Beispiel, wenn ich nur an das Thema „Barrierefreiheit in der Wohnungswirtschaft“ denke,
da werden wir in den nächsten Jahren deutlich mehr Mittel aufwenden müssen. Deshalb haben wir die Verantwortung, hier über diese Verwaltungsstrukturen nachzudenken, meine Damen und Herren.
Weil es angesprochen ist – ich nenne nur ein Beispiel, wo ich mir ein Urteil anmaße: Man kann darüber unterschiedlicher Auffassung sein, aber was die Kreisfreiheit von Gera betrifft, das muss man einfach mal sehen. Es ist nicht mal die Verschuldungssituation das Problem der Stadt, sondern es ist die schwierige Sozialstruktur, es ist die schwierige Demografie und es ist ein Sterbefallüberschuss von circa 700 pro Jahr. Den müssten Sie durch Wanderung ausgleichen. Schaut man weiter in den Landkreis Greiz und Landkreis Altenburg, stellen Sie fest: Der Sterbefallüberschuss ist derselbe. Das heißt, die gesamte Region im östlichen Ostthüringen verliert pro Jahr 2.000 Einwohner und sie wird eine der ältesten Regionen in Europa sein. Und um überhaupt mit Blick auf das Ziel für Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen sorgen zu können, da muss man doch sehen, dass die in der jetzigen Struktur zu dritt so überhaupt nicht weiterleben können, nicht weiterwirtschaften können. Die Kreisfreiheit der Stadt Gera, das mag für einige Akteure nur ideeller Wert sein. Aber man muss sehen, die haben einen Kassenkredit von 49,5 Millionen Euro. Die haben in den letzten vier Jahren vom Land Thüringen 35 Millionen Euro Bedarfszuweisungen bekommen, so viel wie keine andere Gemeinde in Thüringen. Da muss man sich doch auch mal vor Ort die Frage stellen, wenn man jetzt Veränderungen nicht möchte, wie möchte man denn überhaupt noch mal in einem Jahr nur einen genehmigungsfähigen Haushalt bekommen, sodass die Wirtschaft spätestens im Februar die Aufträge bekommt und die Region voranbringt? Das beantwortet keiner der Kritiker, meine Damen und Herren.
Nun lassen Sie mich an dieser Stelle noch sagen: Natürlich ist man, wenn man öffentlich sagt: „Überlegt euch das mal, es gibt sehr gute Argumente gegen die Kreisfreiheit!“, nicht unbedingt Mamas Liebling und wird von allen hofiert. Das muss man auch aushalten, wenn man eine Reform will und Veränderungen will. Aber dort wird mit Begriffen agiert und da wird mit Vorwürfen agiert, die jenseits jeglicher Realität sind.
Herr Henke, zu Ihrem Vorwurf: Ich weiß nicht, woher Sie das haben, dass in der letzten Erklärung des Stadtrats drei Landtagsabgeordnete zugestimmt hätten. Das ist schlichtweg falsch, es gibt im Geraer Stadtrat nur zwei Landtagsabgeordnete, nämlich Herrn Hausold und mich. Herr Hausold war in der letzten Woche krankheitsbedingt abwesend und ich habe vorher erklärt, dass ich keinem Stadtratsantrag zustimmen werde, in dem das Wort „kreisfrei“ in Bezug auf Gera drin ist. Mit anderen Worten: Aus Ihrer Behauptung, dass drei MdL zugestimmt hätten, wird am Ende in Wirklichkeit: Es hat kein einziger zugestimmt.
Sie sind nicht mal seriös und korrekt, wenn Sie hier Behauptungen in den öffentlichen Raum bringen.
Meine Damen und Herren, auf Thüringen bezogen: Wir haben immer gesagt, Herr Mohring, es wäre wünschenswert, dass es bei diesem schwierigen Thema einen parteipolitischen Konsens unter den demokratischen Fraktionen und Parteien in Thüringen gäbe.
Wir haben darum geworben und wir haben Ihnen, als wir in der Opposition waren, dieses Angebot gemacht. Machen Sie diese Reform, machen Sie sie mit uns. Wir sind bereit, auch diese schwierigen Themen anzugehen. Wir haben deshalb auch darauf verzichtet, den Leuten wohlfeile Antworten, populistische Antworten zu geben, sondern wir haben gesagt, dass für dieses Land diese Reform notwendig ist. Sie haben sich diesem Konsens verweigert aus rein parteipolitischen Erwägungen. Und ich spitze zu: Sie haben Ihre damalige Ministerpräsidentin im Regen stehen lassen. Die Einsicht, dass diese Strukturreformen wichtig sind, die war nämlich auch bei einigen Akteuren von Ihnen dagewesen. Sie – Leute wie Herr Fiedler und Frau Schweinsburg – haben Ihre Ministerpräsidentin im Regen stehen lassen. Deshalb ist der Druck noch größer geworden, meine Damen und Herren.
Und wir wissen, werte Kollegen, dass auch wir parteipolitisch nicht unbedingt Blumen dafür bekommen, zumindest, dass es ein Risiko gibt. Aber wir haben Sie seit zehn Jahren dafür kritisiert, dass Sie diesen Mut nicht haben, dass Sie das parteipolitische Wohl über das Wohl des Landes stellen.
Deshalb sage ich Ihnen, ich bin sehr stolz auf diese Truppe, dass sie bereit ist, ihr eigenes parteipolitisches Ego zurückzustellen und diese Strukturreform für das Land anzuregen.
Nein, es tut mir leid, mir fehlt die Zeit dafür.
Ja, dann am Ende meiner Rede.