Rainer Schmeltzer
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Last Statements
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich weiß nicht, zum wievielten Male, aber wir haben das Thema Leiharbeit zum wiederholten Male auf der Tagesordnung: Aufnahme der Leiharbeit, Mindestlohn in das Entsendegesetz. Ich könnte es mir leicht machen und sagen: Machen Sie einfach das, was Minister Laumann auch immer sagt, nämlich die Leiharbeit endlich in das Entsendegesetz aufzunehmen. Dann sind wir endlich einer Meinung, und dann funktioniert das auch.
Ich erinnere daran, es war im Februar 2008, als Minister Laumann vor der iGZ und dann auch in der „WAZ“ das erste Mal auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit hingewiesen und in der „WAZ“ verkündet hat, dass er – ich zitiere – entschieden dafür ist, sie – die Leiharbeit – ins Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufzunehmen.
Das hat er mehrfach wiederholt. Wir haben ihm an der Stelle mehrfach recht gegeben. Wir haben mit seinen eigenen Worten Anträge gestellt, denen er in namentlicher Abstimmung widersprochen hat.
Im September vergangenen Jahres hat er dann kurz vor der Bundestagswahl noch einmal wiederholt – ich zitiere –: Da muss und wird es 2010 eine Regelung geben, egal wer regiert. – Ich habe Ihnen schon einmal gesagt Herr Laumann, mittlerweile haben wir die Zeit erreicht, es ist das Jahr 2010, Sie
regieren in Berlin, und es tut sich immer noch nichts.
In der Debatte im Januar dieses Jahres haben Sie nachdrücklich die Notwendigkeit bestätigt, die Zeit- und Leiharbeitsbranche mit dem Mindestlohn in das Entsendegesetz aufzunehmen. Sie haben aber auch zu Recht auf die Probleme hingewiesen, die sich tarifvertraglich ergeben haben. Das ist richtig. Wir haben in unserem Antrag auch darauf aufmerksam gemacht, dass sich dort einiges geändert hat.
Es hat mich erst mal nicht gewundert, dass die FDP im Januar wieder gegen eine Übernahme gesprochen hat. Aber was mich ein bisschen erstaunt hat – das müssen Sie in Ihren eigenen Reihen klären –, ist, dass Kollege Brakelmann Ihnen widersprochen hat, führte er doch in der Januar-Debatte aus – ich zitiere –: Den gesetzlichen Mindestlohn bei Leih- und Zeitarbeit halten wir für falsch.
Ich erinnere daran, es ging nicht um einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, wie Sie immer glauben, sondern es ging in diesem wie auch im heutigen Antrag um die Aufnahme in das Entsendegesetz.
Herr Minister, meine Damen und Herren, tarifliche Vorgaben liegen nunmehr vor. Wir haben das in unserem Antrag noch mal dargestellt. BZA und DGB haben eine tarifliche Einigung abgeschlossen. Auch AMP und die sogenannten Christlichen Gewerkschaften – ich sage bewusst: die sogenannten Christlichen Gewerkschaften, und damit befinde ich mich in guter Gesellschaft dessen, was Sie über diese Organisationen kundgetan haben – haben eine Vereinbarung getroffen. Diese Vereinbarungen bieten nunmehr eine gute Grundlage.
Aber was erklärt Frau von der Leyen in diesem Zusammenhang wie bei vielen anderen Dingen in der Arbeitsmarktpolitik auch? – Wir prüfen, prüfen, prüfen.
Im Übrigen, Herr Minister Laumann, für die am Freitag im Bundesrat stattfindende Debatte haben Sie einen Entschließungsantrag eingebracht, obwohl es einen sehr guten Entschließungsantrag gab. In dieser Entschließung, die am Freitag debattiert wird, haben Sie sich darauf zurückgezogen, auch wieder nur die Bundesregierung zu bitten, zu prüfen. Ich glaube, das ist insbesondere den Menschen in der Zeit- und Leiharbeit nicht würdig, dass Sie sich – auf Deutsch gesagt – zu Tode prüfen, obwohl Sie alle wissen, dass mittlerweile Handeln gefragt ist.
Die Große Koalition – wir erinnern uns – hat bei der Diskussion über die Erweiterung des Geltungsbereichs des Entsendegesetzes die Zeitarbeit auf Antrag der SPD aufgeführt. Die CDU/CSU war dagegen. Stattdessen hat man sich in einem Kompromiss geeinigt, die Einführung einer Lohnuntergrenze in das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
aufzunehmen. Das war die Einigung in der Koalition, die aber mal wieder am Widerstand der Union scheiterte.
Ich erinnere auch noch mal an die Bundesratsinitiative. Dort lag eine Entschließung vor, initiiert von Kurt Beck, in der unter anderem auch die Aufnahme in das Entsendegesetz zur Abstimmung stand. Dieser Bundesratsinitiative haben Sie, das Land Nordrhein-Westfalen, mit der Stimme von Herrn Rüttgers, der anwesend war, am 18. September die Zustimmung verweigert.
Ich komme zum Schluss: Die Grundlagen für das, was Sie medienwirksam immer gefordert haben, was wir immer gefordert haben, was wir seit zwei Jahren hier diskutieren, sind gegeben. Herr Minister, Sie haben jetzt letztmalig – 46 Tage vor der Landtagswahl am 9. Mai – die Möglichkeit, auf Bundesebene initiativ zu werden in eine Richtung, wie Sie es immer angekündigt haben. Zeigen Sie wenigstens einmal in diesen fünf Jahren, dass Sie auch initiativ werden können! – Herzlichen Dank.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich denke, bei einem solchen Antrag kann man es recht kurz machen: Was der Kollege Sagel aufgeschrieben und eben abgelesen hat, ist ein verwirrtes Zusammenstammeln von populistischen Überschriften und trifft den Kern dessen, was den Menschen hilft, überhaupt nicht.
Es ist das Nicht-zur-Kenntnis-Nehmen tatsächlicher Diskussionsinhalte; ansonsten würden Sie Frau Kraft nicht mit Herrn Westerwelle gleichsetzen. Das zeigt, dass Sie die Inhalte überhaupt nicht verstanden haben.
Es gibt eine Vermengung von Allgemeinplätzen: Sie fordern zum einen Änderungen im SGB II, zwei Punkte später fordern Sie die Abschaffung. Das war ein typischer Beweis dafür, dass Sie wirklich nicht regierungsfähig sind.
Ich denke, Herr Sagel, halten Sie es mit den Äußerungen Ihrer Spitzenkandidatin heute Morgen in den „Ruhr Nachrichten“, konzentrieren Sie sich auf die Opposition und – wenn es nach mir geht – am besten außerhalb dieses Hauses. – Danke sehr.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Eilantrag ist sicherlich begründet, Eile ist geboten. Wir haben mehrfach erlebt, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung, insbesondere in Person von Ministerpräsident Rüttgers und in Person des Arbeitsministers Karl-Josef Laumann, nicht in der Lage war, nordrhein-westfälische Interessen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Menschen und insbesondere auch für die Leistungsbezieher im SGB-II-Bereich in Berlin durchzusetzen.
Wir erinnern uns: Es gab Worte und keine Taten bei der Zukunft der Menschen in den Argen, wenn es um die Neuorganisationen des SGB-II-Bereichs ging. Ein guter Kompromiss wurde ausgearbeitet, Durchsetzungskraft seitens Nordrhein-Westfalens gleich null. Da bedurfte es schon des Briefes von Herrn Ministerpräsidenten Koch seitens der CDU, dass man auch auf die Linie eingeschwenkt ist, die gut und richtig ist, dass es eine Grundgesetzänderung gibt.
Wir erinnern uns: Verweigerung eines Ausbildungspaktes, obwohl man jetzt in wohlfeilen Wahlkampfreden etwas anderes hört. Wir erinnern uns: Die Landesarbeitsmarktpolitik wurde in den letzten viereinhalb Jahren um 60 % reduziert. Wir erinnern uns relativ zeitnah noch an die Situation, als es um die Zukunft der JobPerspektive ging, als wir fraktionsübergreifend hier im Haus einen Brief an die Bundesarbeitsministerin, Frau von der Leyen, geschrieben haben, dass gerade Nordrhein-Westfalen stark von ihrer neuen Gießkannenpolitik betroffen ist und dass viele Maßnahmen durch diese Umverteilungspolitik verhindert werden und neue Maßnahmen überhaupt nicht mehr möglich sind.
Wir haben diesen Brief am 4. Februar dieses Jahres geschrieben. Wir haben heute eine Antwort bekommen über unseren Ausschussvorsitzenden, Herrn Garbrecht, Datum 9. März; das ist etwas über einen Monat. Da verwundert es schon, dass, wenn die Kollegin Frau Middendorf an das BMAS am 17.02. schreibt, sie am 23.02. schon eine inhaltsgleiche Antwort bekommt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Vielleicht liegt das ja begründet in der Anrede „Liebe Claudia“, „Dein Ralf Brauksiepe“, dass das in fünf Tagen geht, dass man aber, wenn ein Ausschuss des größten Bundeslandes schreibt, für die Antwort einen Monat braucht.
Die Kritik von Frau von der Leyen bei der JobPerspektive war eine sehr plumpe, wenn man sie heute nachliest. Sie sagt ganz einfach: Die Argen, die da gut gearbeitet haben – gut hat sie nicht gesagt –, die viel gemacht haben, haben einfach zu viel gemacht. Das ist so nicht gemeint, und deswegen muss man das zurückschrauben. Das ist ein Schlag ins Gesicht für die Argen in Unna, in Dortmund, in Bochum, in Recklinghausen, in Bielefeld und in vielen anderen Städten, die wirklich ein gutes Instrument – Herr Laumann, an dem Sie mitgewirkt haben – umgesetzt haben. Zukünftig wird diesen Menschen keine Perspektive gegeben, neue Maßnahmen sind überhaupt nicht mehr möglich.
Jetzt komme ich zu dem Punkt, der zur Eile bedarf. In der letzen Woche, am Donnerstag, hat der Haushalts- und Finanzausschuss im Deutschen Bundestag einen FDP-Antrag vorliegen gehabt, aus dem hervorgeht, dass 900 Millionen € arbeitsmarktpolitische Mittel eingefroren werden sollen. Eingefroren passt ja zur FDP: Das sind die, die ohne Kosten zu verursachen, die Menschen zum Schneeschippen heranholen wollen. Dazu passt Einfrieren symbolisch als guter Vorgeschmack dieser weiteren Politik.
Die Bundesagentur hat reagiert und hat festgestellt, dass dadurch 100 Arbeitsgemeinschaften in der zweiten Jahreshälfte nahezu handlungsunfähig werden. Sie hat festgestellt, dass die Bestellgrößen für die Maßnahmen deutlich reduziert werden. Das geht zu Lasten der Leistungsempfänger. Sie hat festgestellt, dass die Personalstärke reduziert werden muss. Das ist für ein Land wie NordrheinWestfalen mit dem höchsten Bindungsgrad aller Maßnahmen, ein Land, das überproportional betroffen wird, eine Katastrophe, wenn es um die Zukunft der Arbeitsmarktpolitik geht.
Die Argen, die jetzt schon von den Maßnahmen betroffen sind, auch von der JobPerspektive, die jetzt einfrieren müssen, sind zum Großteil schon nicht mehr in der Lage, Bewilligungen auszusprechen. Sie sind jetzt zum Teil schon handlungsunfähig – neben den katastrophalen Auswirkungen wegen der JobPerspektive. Es geht jetzt darum, schnellstmöglich diese irrsinnige und schwachsinnige Sperre auf der Ebene des Bundes seitens der Regierungskoalition Schwarz-Gelb schnell wieder aufzulösen, damit in Arbeit wieder investiert wird und damit in die Menschen insbesondere im SGBII-Bereich investiert wird.
Herr Minister Laumann, Sie sind nicht mehr in der Verhandlungsgruppe für die Jobcenter, warum auch immer. Sie haben da offensichtlich keine Mitsprache mehr. Aber, bitte geben Sie hier Ihrem Wort ein Gewicht in Berlin!
Na ja, man hört anderes. Geben Sie Ihrem Wort in Berlin ein Gewicht und setzen Sie sich dafür ein,
dass diese Sperre aufgehoben wird! Denn das behindert auch die Verhandlungen bezüglich der Jobcenter. Leistungen aus einer Hand ohne Geld in der Hand – das ergibt keine Leistungen für die Menschen, das ist kontraproduktiv. Deswegen ist dringende Hilfe für die Menschen geboten. Deswegen müssen Sie sich einsetzen. – Herzlichen Dank.
Herr Kollege Post, Sie haben eingangs wieder einmal dargelegt, dass es sich um bundespolitische Themen handelt. Würden Sie zur Kenntnis nehmen und bestätigen, dass wir das größte Bundesland in Deutschland sind, dass wir mit dem höchsten Wirkungsgrad an Bindungen in Nordrhein-Westfalen überproportional von diesen Sperrungen auf Bundesebene betroffen sind und dass diese Reduzierungen tatsächlich bei Neubewilligungen einen Rückgang von 45 % auf 35 % ausmachen? Das heißt, dass Ihr Zahlengebilde an dieser Stelle zusammenbricht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Den Zwischenruf „Das bringt doch nichts!“ kann ich verstehen, weil Sie nicht für die Realitäten der Arbeitswelt in diesem Lande einstehen. Das haben Sie heute wieder gezeigt.
Herr Kern, so populistisch kenne ich Sie gar nicht. Den Antrag scheinen Sie gar nicht gelesen zu haben. Die Realität ist: Wenn man liest und nachvoll
zieht, um was es überhaupt geht, dann sind wir eigentlich nahe beieinander. Nur müssen Sie wohl 94 Tage vor dem Regierungswechsel eine andere Linie fahren. Das verstehe ich zwar, aber Sie werden mit Ihrem Populismus nicht weiterkommen.
Heute Morgen ging es im „Morgenmagazin“ von ARD und ZDF – im Hotelzimmer hat man die Möglichkeit, da beim Wachwerden kurz reinzuschauen – um Minijobs, Herr Minister. Es gab Anrufe von Zuschauern, die zum Beispiel gefragt haben: Warum bekomme ich keinen Urlaub? Warum bekomme ich als Minijobber keine Lohnfortzahlung? Stimmt es, dass ich nicht arbeiten darf und keinen Lohn bekomme, wenn mein Arbeitgeber in den Urlaub fährt? – Das sind Fragen, die tausendfach am Tag gestellt werden. Die Menschen haben teilweise Angst, diese Rechte durchzusetzen, selbst wenn sie wissen, dass sie sie haben, weil sie glauben, als 400-€-Jobber Arbeitskräfte zweiter Klasse zu sein.
Ich will ihnen das Beispiel eines Mannes nennen, dessen Betrieb in Insolvenz gegangen ist und der dann zu mir gekommen ist. Er sagte: Ich bin nur 400-€-Jobber und brauche mich gar nicht anzustrengen, noch einen Euro zu bekommen; ich stehe noch nicht einmal auf der Lohnliste. – Die Menschen wissen nicht, dass sie die gleichen Rechte haben. Genau darum geht es. Wir müssen ihnen verdeutlichen, dass sie keine Arbeitnehmer zweiter Klasse sind, sondern dass sie mit ihrem 400-€-Job alle Rechte haben, die alle übrigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land auch haben. Dazu sollen Sie beitragen, Herr Minister, aber da verweigern Sie sich!
Ich komme zu dem, was hier im Hinblick auf die Arbeitslosenzahlen unterstellt wurde. Herr Kollege Kern, dazu hat Frau Steffens Ihnen einiges gesagt. Das kleine Einmaleins ist manchmal ganz wichtig. Zählen Sie einfach all die Kurzarbeiter, für die Olaf Scholz eine gute Kurzarbeiterregelung auf den Weg gebracht hat, dazu, dann kommen Sie annähernd auf die Arbeitslosenzahl von 2005.
Lassen Sie mich noch etwas zu den Allgemeinverbindlichkeitserklärungen sagen. Herr Minister Laumann, eine Unwahrheit wird nicht wahrer, wenn Sie sie permanent in diesem Hause wiederholen.
Sie haben nicht mehr Allgemeinverbindlichkeitserklärungen erlassen als Ihre Vorgänger Harald Schartau und Ilse Brusis. Sie haben in der Masse der Branchen weniger erlassen. Nehmen wir doch das Beispiel des Hotel- und Gaststättengewerbes; das bietet sich bei dem Thema an. Sie propagieren überall, Sie hätten keine Allgemeinverbindlichkeitserklärung unter 7,50 € erlassen. Für das Hotel- und Gaststättengewerbe gelten aber 6,50 €. Wenn ich in der Schule richtig aufgepasst habe, ist das weniger als 7,50 €.
Oder nehmen wir doch einmal das Beispiel der Minijobber im Hotel- und Gaststättengewerbe.
Schütteln Sie nicht mit dem Kopf. Das trägt Ihre Unterschrift, und dazu haben Sie selbst eine Presseerklärung herausgegeben. Allerdings waren es damals noch 6,30 €; mittlerweile ist das angehoben worden.
Nehmen wir doch einmal das Hotel- und Gaststättengewerbe. Beschäftigung auf 400-€-Basis ist durchaus keine Seltenheit in diesem Gewerbe. Wenn wir das auf den Stundenlohn von 6,50 € umrechnen, kommen wir auf 14,3 Stunden in der Woche – wenn es denn regulär eins zu eins so umgesetzt werden würde. Aber, Herr Minister Laumann, es reicht nicht, in der Kneipe ein Bier zu trinken. Man muss auch sehen, wer es einem bringt und unter welchen Arbeitsverhältnissen. Die 14,3 Stunden sind unrealistisch. Die Menschen knechten für wesentlich weniger, als Sie uns glauben machen wollen.
Nehmen wir doch einmal die Höchststundenzahl. Im Übrigen ist im Antrag gar keine genannt. Abgesehen davon, dass Sie nur drei Forderungen erkannt haben, es aber vier sind, unterstellen Sie uns eine Höchststundenzahl von 15, aber es ist gar keine genannt. Lesen bildet nicht nur, Lesen ist auch eine Grundvoraussetzung für das Debattieren, Herr Minister.
Nehmen wir einmal die 15 Stunden …
Herr Palmen, endlich dürfen Sie einmal offiziell dazwischen schreien. Herzlich willkommen in den Abgeordnetenreihen!
Nehmen wir einmal die 15 Stunden, die wir immer fordern. Wenn wir die 15 Stunden als Höchstgrenze, die meines Erachtens noch zu hoch ist, unterstellen, dann liegen wir bei einem Stundenlohn eines 400-€-Jobbers von 6,16 €. Wenn wir aber 20 Stunden als Höchstgrenze nehmen – ich erinnere mich noch an die Milchmädchenrechnung von Herrn Brakelmann in diesem Hause –, dann liegen wir bei einem Stundenlohn von 4,62 €. Das nennen Sie ein ordentliches Arbeitsmarktinstrument. Sie fördern das Lohndumping und den Niedriglohnbereich. Deswegen ist das, was Sie hier abliefern, schäbig, Herr Minister. Tun Sie endlich einmal etwas, und zeigen Sie nicht immer nur mit dem Finger auf andere. – Herzlichen Dank.
Herr Minister, ich glaube, die Sache mit dem Abteilungsleiter Berger wird bei Ihnen noch nicht so ganz rund. Sie sind ja auch Medienminister. Von daher gehe ich davon aus, dass Sie noch intensiver Zeitung lesen, als es andere Kolleginnen und Kollegen tun. In der „Aachener Zeitung“ vom 1. Februar, also von vorgestern, steht nicht, dass irgendeine Wahrnehmung da ist, sondern hier steht wortwörtlich: „Der Wahlkampfmanager aus Rüttgers Staatskanzlei schaute während Rüttgers Auftritt... zu.“
Wenn Sie sagen, sie wüssten noch nicht einmal, in welcher Funktion er da war, wenn Sie sagen, Sie müssten das prüfen und die Antworten nachliefern, dann frage ich mich allerdings und jetzt Sie schon am 3. Februar, warum Sie dieser Presseberichterstattung als Staatskanzlei nicht entgegengetreten sind, um die unzulässige Vermischung von Partei- und Regierungsarbeit zu dementieren.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Leider kann ich nicht „lieber Arbeitsminister“ sagen; denn er ist noch nicht da.
Entschuldigung, Herr Arbeitsminister. Herzlich willkommen bei dieser Debatte! Das war eine Punktladung. Es wäre schön, wenn dieser Arbeitsminister immer Punktlandungen hinlegen würde.
Ich fange auch gleich mit einem Zitat des Arbeitsministers an. Das ist immer am schönsten; denn zumindest in der Presse hat er gute Zitate. Am 14. Februar 2008 schrieb die Presse – mittlerweile dürfte das eines der in diesem Plenum am häufigsten verwendeten Zitate sein – mit Bezug auf den iGZ-Kongress der Zeitarbeitsbranche – ich zitiere –:
Wenn die Branche nicht ins Entsendegesetz aufgenommen wird, können Anbieter aus Osteuropa ab 2009 zu den Löhnen ihres Landes hier arbeiten. Die dadurch absehbaren sozialen Verwerfungen besonders im Helferbereich halten wir in Deutschland nicht aus.
Weiter schreibt die „WAZ“ in Bezug auf Herrn Laumann:
Um die Branche vor dem Lohndruck aus Osteuropa zu schützen, ist er deshalb „entschieden dafür, sie ins Entsendegesetz aufzunehmen“.
Recht hat der Minister. Das haben wir in diesem Haus mehrfach debattiert. Wenn er diese Aussage auch eine Woche später relativiert hat – bezüglich des Jahres 2009 hat er dann gesagt: oder 2011 –, so hat er doch anschließend in unserer Debatte seinen Wunsch zur Aufnahme des Mindestlohns ins Entsendegesetz der Zeitarbeitsbranche deutlich gemacht. Allerdings hat er das insofern wieder relativiert, als dass er anschließend in der namentlichen Abstimmung gegen seine eigene Meinung gestimmt hat.
In einem Artikel auf www.süddeutsche.de vom 17. September 2009 wird Herr Laumann mit folgenden Worten zitiert:
Da muss und wird es 2010 eine Regelung geben, egal wer regiert.
Jetzt regieren Sie ja, Herr Laumann.
Weil Sie das Jahr 2010 angesprochen haben, können wir an dieser Stelle auch Ihre Aussage bei un
serer Plenarsitzung am 11. September 2009 zitieren. Dort haben Sie ausgeführt:
Wir müssen alles dafür tun, dass die Zeitarbeitsbranche spätestens im Jahre 2010 ins Entsendegesetz aufgenommen wird.
Richtig, Herr Minister. Jetzt haben wir das Jahr 2010. Jetzt gilt es auch, endlich zu handeln. Die Zeit der Überschriften seit zwei Jahren ist auch an dieser Stelle endlich vorbei; denn Sie sind nach wie vor Arbeitsminister, wenn auch nur noch für 108 Tage hier im Lande Nordrhein-Westfalen. Die Arbeitsminister auf Bundesebene besitzen ja neuerdings das CDU-Parteibuch. Auf Bundesebene gibt es in der kurzen Legislaturperiode in diesem Ressort mittlerweile schon die zweite Besetzung.
Viele Überschriften wurden gesetzt – alle richtig. Viele Interviews wurden gegeben – alle richtig. Viele TV-Auftritte haben Sie zu diesem Thema absolviert – alle richtig. Immer haben Sie sich mit dem gleichen Tenor geäußert und gesagt, der Mindestlohn für die Zeitarbeitsbranche müsse ins Entsendegesetz aufgenommen werden. Das ist eine Forderung, die wir hier nachhaltig gestellt haben, die in diesem Haus aber nicht die Mehrheit gefunden hat.
Bei Ihnen finden wir auch immer wieder die öffentliche Kritik an den Tarifverträgen der sogenannten christlichen Gewerkschaften, die unter anderem das Hindernis dafür sind, dass es eben nicht so kommt, wie es sein muss. Sie sind Vertreter der CDU und kritisieren die christlichen Gewerkschaften. Ich teile Ihre Kritik. Ihre Kollegen auf Bundesebene, die auch Mitglieder der Christlich-Demokratischen Union sind – stellvertretend nenne ich hier einmal Herrn Dr. Brauksiepe –, gehen nach wie vor zu den Kongressen der christlichen Gewerkschaften, bauchpinseln diese Gewerkschaften und unterstützen sie bis zum Gehtnichtmehr. Wer hat eigentlich als Arbeitsminister, arbeitsmarktpolitischer Sprecher und Führer der christlich-demokratischen Arbeitnehmer in Ihrer Partei das Sagen? – Ist das der Bundesvorsitzende der CDA, der zum Schutze der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer etwas durchsetzen will, oder geht es um den Lobbyismus, um das „C“ vorne, damit christliche Gewerkschaften letztendlich nicht in Verruf kommen? Das ist der Punkt. Da müssen Sie sich durchsetzen.
Warum Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche? – Sie haben sich auf dem Kongress der iGZ 2008 für den Mindestlohn ausgesprochen. Ich habe die Begründung gerade genannt: die kommende Arbeitnehmerfreizügigkeit, der Lohndruck aus Osteuropa. Alles dies ist richtig. Ich frage mich nur, Herr Laumann: Ist dies Ihre persönliche Meinung, oder sprechen Sie hier für die Landesregierung? Denn Frau Thoben hat sich auf dem Kongress der iGZ am 19. November 2009 in Gelsenkirchen, also ein Jahr später, generell gegen diesen Mindestlohn im Entsendegesetz ausgesprochen.
Ich frage mich letztendlich: Spricht Frau Thoben für die Landesregierung, sprechen Sie für die Landesregierung, oder kann bei der Landesregierung draußen jeder sagen, was er will, weil das Handeln und das Sprechen sowieso unterschiedliche Dinge sind, wie wir es seit viereinhalb Jahren kennen.
Apropos Handeln: Als wir hier im Hause im Rahmen der Haushaltsberatungen über den Koalitionsvertrag auf der Berliner Ebene gesprochen haben, kam auch das Thema Mindestlohn und Allgemeinverbindlichkeitserklärungen zur Sprache, weil nämlich im Koalitionsvertrag neuerdings geregelt ist, dass solche Dinge nicht mehr der Bundesarbeitsminister bzw. jetzt die -ministerin alleine machen kann, sondern dass das grundsätzlich einvernehmlich im Kabinett geschehen muss. Da haben Sie gesagt: Das ist doch selbstverständlich. Das gilt für meine Allgemeinverbindlichkeitserklärungen auch. Das ist normales Vorgehen in einer Regierung. – Am Montag dieser Woche haben Sie im „Süddeutschen Fernsehen“ bei „2+LEIF“ gesagt, als Sie zur Allgemeinverbindlichkeitserklärung angesprochen wurden, dass dies eventuell nicht immer im Sinne Ihrer Kolleginnen und Kollegen aus Partei und Koalition sei. Ich zitiere – da antwortet Herr Laumann –: Da habe ich kein Problem mit in Nordrhein-Westfalen. Ich mach’ das einfach.
Ja, was ist denn jetzt richtig? Geht das ins Kabinett oder kann Herr Laumann hier in NordrheinWestfalen machen, was er will – ohne das Kabinett? Das wäre an dieser Stelle einmal die Frage. Antworten wie sie passen, das Kabinett wird in das Handeln offensichtlich nicht mit einbezogen!
Bleiben wir bei „2+LEIF“ am Montag. Ihr Halleluja auf die Allgemeinverbindlichkeitserklärungen hier in Nordrhein-Westfalen haben wir schon des Öfteren gehört. Ich habe Ihnen schon des Öfteren einiges darauf erwidert. Ich möchte das auch gerne wieder tun, wenn das Halleluja gleich wieder gerufen wird.
Ihr Job ist es, bei Antragstellung durch die Tarifvertragspartner diese Allgemeinverbindlichkeitserklärungen auf den Weg zu bringen. Da sagen Sie im Südwest-Fernsehen am Montagabend, dass kein einziger Ihrer Allgemeinverbindlichkeitserklärungen, die Sie in den viereinhalb Jahren abgeschlossen haben, kein einziger Tarifvertrag unter 7,50 € liege. Das ist sehr populär. Vor dem Fernseher kann man ja sitzen und schimpfen, das hört ja keiner. Ich will jetzt einmal hier laut schimpfen. Das stimmt nicht, Herr Minister Laumann! Das ist die Unwahrheit! Auch Sie schließen Allgemeinverbindlichkeitserklärungen unter 7,50 € ab.
Kollegin Kraft hat es heute Morgen schon einmal erwähnt: Bei der Unterzeichnung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung zum Tarifvertrag im Hotel- und Gaststättengewerbe ging es um 6,30 €; jetzt sind es immerhin schon 6,50 €. Es ist schlicht die
Unwahrheit, was Sie im Fernsehen sagen, der Öffentlichkeit vorgaukeln. Das ist nicht richtig. Sie müssen endlich dazu stehen, dass Ihr Handeln ein anderes ist als das, was Sie den Menschen draußen glauben machen wollen.
Allgemeinverbindlichkeitserklärungen sind nicht schlecht. Sie sind gut. Aber die Zeitarbeit ins Entsendegesetz aufzunehmen, ist besser. Sie wissen, am besten wäre es natürlich, wenn wir einen gesetzlichen Mindestlohn hätten. Schon heute hat, wie der BMAS ermittelt hat, der Steuerzahler Aufstockerleistungen ausschließlich an Zeitarbeiter für einen Zeitraum von Mai 2008 bis Mai 2009 in Höhe von sage und schreibe 531 Millionen € gezahlt. 531 Millionen € werden in einem Jahr ausgegeben nur an Zeitarbeiter, die Aufstockerleistungen nach dem SGB II bekommen müssen, weil sie von ihrem Geld alleine nicht leben können. Das ist Subventionierung von Billiglöhnen zugunsten der Unternehmen. Das muss endlich ein Ende haben.
Kurz und knapp: Es ist 2010. Setzen Sie Ihre unendlichen Ankündigungen endlich um! Bereiten Sie eine Initiative im Bundesrat vor, damit die Zeitarbeitsbranche endlich mit einem Mindestlohn ins Entsendegesetz aufgenommen wird!
Ein letztes Wort als Nachtrag zu dem, was gestern in Ihrem letzten Wortbeitrag an Unsäglichem stattgefunden hat: Sie haben die Arbeiterwohlfahrt im westlichen Westfalen zum wiederholten Male unqualifiziert und unbegründet angegriffen.
Ich zitiere den Minister
aus der gestrigen Plenardebatte:
Ich möchte Ihnen als Sozialminister hier im Plenum des Landtags ganz klar sagen, dass ich die Einführung von Zeitarbeitsfirmen mit dem Grundgedanken eines Wohlfahrtsverbandes für unvereinbar halte. Ich finde, dass diese Vorgänge bei der Arbeiterwohlfahrt mein Ministerium veranlassen müssen zu prüfen, ob ein solcher Wohlfahrtsverband noch all die Vorteile genießen darf, die in diesem Land Wohlfahrtsverbände genießen.
Herr Altenbernd hat Ihnen gestern schon geantwortet; die entsprechende Pressemitteilung ist auch rausgegangen.
Sie haben heute Morgen beim Empfang des VdK einen allgemeinen Generalangriff auf die Wohlfahrtsverbände vorgenommen, wobei Sie die AWO nicht einzeln angesprochen haben. Seit zwei Jahren entziehen Sie sich der Diskussion zur Deregulierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Zum Schlecker-Kaufboykott haben Sie aufgerufen, was
letztendlich auch den Arbeitnehmerinnen und den Arbeitnehmern nicht hilft.
Denen, die zur ordnungsgemäßen Umsetzung ihrer Aufträge, zum Beispiel des Pflegeauftrags, Leiharbeitnehmer einsetzen, die gemäß DGB-Tarifvertrag vergütet werden, dazu noch außertarifliche Zulagen bekommen und Vermittlungsquoten von bis zu 60 % in den ersten Arbeitsmarkt haben, und zwar Vermittlungsquoten ohne Abschlussgebühr, wie es in der Zeitarbeitsbranche – leider Gottes – üblich ist, wiederum die Unterstützung des Landes vorenthalten zu wollen, ist ein Verhalten, das eines Sozialministers absolut nicht würdig ist.
Im Umkehrschluss Ihrer Wahrnehmung zu dem Sachstand, den Sie hier ausgeführt haben, wäre der nächste Schritt sicherlich die Durchleuchtung der kirchlichen Tarifverträge, um sich auch einmal genau die Löhne im Niedriglohnbereich anzusehen und ihnen anschließend die Landesunterstützung zu entziehen. Ehrenamt und Wohlfahrt in Sonntagsreden hervorzuheben und dann mit Füßen zu treten, ist blanker Zynismus. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich freue mich immer, wenn die Union sich freut, dass sie mit uns im Ausschuss diskutieren darf. Nur handeln tut sie nicht, Herr Kollege Tenhumberg.
Ich darf in Erinnerung rufen, dass dieser Antrag, der jetzt leider Gottes anhand des Beispiels Schlecker gestellt wurde – ich meine nicht, dass er leider Gottes gestellt wurde, sondern dass leider Gottes Schlecker so gehandelt hat –, einer in einer Folge von vielen Anträgen ist, die wir und Bündnis 90/Die Grünen zu dem Thema „Zeit- und Leiharbeitsbranche“ in den verschiedenen Facetten bereits gestellt haben.
Ich erinnere daran, dass wir diese Thematik der Leiharbeitsverhältnisse bereits im März 2008 an dem Fall Nokia diskutiert haben. Die Kollegin Steffens sagte, eigentlich müssten wir hier in dem gleichen Konsens handeln, weil ja auch dieser Antrag schlauerweise den Mindestlohn nach dem Entsendegesetz nicht beinhaltet. Den diskutieren wir dafür dann morgen noch einmal extra. Eigentlich müssten wir Konsens haben, Frau Kollegin Steffens, zumindest, wenn wir die Wortbeiträge der Koalitionäre zugrunde legen. Einer fehlt ja noch. Den klammern wir mal aus. Auch was die Wortbeiträge des Ministers und die Überschriften des Ministers betrifft, sollte das gelten. Aber das ist nur eigentlich ein Konsens. Denn das tatsächliche Handeln ist ja ein anderes, wie wir wissen.
Herr Minister Laumann suggerierte ja in der Presse des Öfteren, dass er wohl der einzige und der erste Politiker gewesen sei, der anhand von Beispielen dieses Leiharbeitsmissmanagement kritisiert. Ich glaube, er hat entweder verdrängt, dass wir das hier seit gut zwei Jahren diskutieren und ihn auffordern, tätig zu werden, oder aber er war sich der Schlagzeile in der Presse wieder einmal sehr bewusst.
Letzte Woche haben wir im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales den Antrag mit der Überschrift „Nokia“ – ich erspare mir jetzt, die gesamte Überschrift zu nennen – geschoben, weil wir wussten, dass wir heute wieder über Leih- und Zeitarbeit reden und dann gemeinsam in einer der nächsten Ausschusssitzungen dieses Thema noch einmal aufgreifen.
Es ist gut und richtig, wenn man dann auch in die alten Anträge noch einmal hineinschaut. Was war denn damals, Herr Minister Laumann, am 13. März? In der Debatte zu dem Thema haben Sie gesagt: Dies ist eine Verengung auf diesen Einzelfall. – Schon kurz darauf konnten wir Ihnen entgegenhalten, dass aufgrund der sich andeutenden Wirtschaftskrise bereits massive Entlassungen bei den Firmen Hella, DEUTZ, Ford, Porsche und TRUMPF die Regel waren und dass dies auf die misslichen Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zurückzuführen sei.
Herr Kollege Tenhumberg, ich wiederhole es hier auch gerne zum x-ten Mal, wenn Sie zuhören würden: Ja, der damalige Arbeitsminister hat dieses Arbeitnehmerüberlassungsgesetz geändert. Frau Kollegin Steffens hat dargelegt, warum dieses Gesetz geändert wurde. Ich sage, auch wenn der Minister meiner Partei angehörte: Das, was wir damit erzielen wollten, ist nicht eingetreten. – Wir haben das Kreuz und räumen ein: Das, was ein Sozialdemokrat damals eingeleitet hat, ist nicht eingetreten. Deswegen müssen wir das Gesetz wieder ändern,
damit nicht die Menschen die Dummen sind, die das ausbaden müssen, sondern wir müssen es ändern, damit die Menschen wieder in ordentlichen Arbeitsverhältnissen zu ordentlichen Löhnen und Gehältern arbeiten. Da verweigern Sie sich, Herr Laumann, und nicht die Sozialdemokraten, die das Kreuz haben, auch unter eigener Regie Entstandenes zu ändern, was falsch gewesen ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben hier bereits viele Anträge debattiert. Die Empörung des Ministers Laumann ist immer groß, zuletzt vorgestern im „Süddeutschen Fernsehen“ bei „2+LEIF“. Dort hat er unter anderem zu der gesamten Problematik gesagt – ich zitiere –:
Ich finde, man soll sich das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz anschauen. Ich habe in meinem eigenen Ministerium vor einigen Tagen den Auftrag erteilt: Ist das, was Schlecker gemacht hat, gedeckt vom Arbeitnehmerüberlassungsgesetz? Sollte es gedeckt sein, muss man es ändern.
Herr Minister, das haben wir Ihnen schon vor zwei Jahren gesagt. Wenn Sie zwei Jahre lang die Diskussionen, die hier im Parlament in NordrheinWestfalen geführt werden, ignorieren, die Missstände für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auf
die wir aufmerksam machen, ignorieren, wenn Sie unsere Aufforderung, im Bundesrat tätig zu werden, ignorieren, und wenn Sie eine Bundesratsinitiative von Kurt Beck noch im September letzten Jahres, die alles das beinhaltet hat, was wir ansprechen und was Sie jetzt nach zwei Jahren Diskussion prüfen wollen, damals ignoriert haben, dann ist es doch wieder nur Überschriftenhascherei, wenn Sie jetzt bei Schlecker
sagen: Wenn das alles so ist, dann müssen wir mal wieder nachdenken. –
Oder liegt das daran, dass am 18. September im Bundesrat der Bundesarbeitsminister noch Scholz hieß, dass damals die Sozialdemokraten noch in der Bundesregierung waren und dass Sie noch nicht das Wahlkampfthema für den nahen 9. Mai gefunden haben?
Herr Brakelmann, schreien Sie nicht so laut. Ihre Wortbeiträge zur Zeit- und Leiharbeit waren mehr als dünn, und das bei einem ehemaligen aktiven Betriebsrat. Das ist eine Schande für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn der Minister das jetzt nach einer zweijährigen Diskussion prüfen lassen will, dann ist das gegenüber den betroffenen Menschen zynisch. Noch in der vergangenen Legislaturperiode der Bundesregierung hat es dort Initiativen gegeben. Aber Sie, Herr Minister Laumann, sehen anscheinend dann, wenn in einem Antrag in der Überschrift oder in der Unterschrift „sozialdemokratisch“ oder „grün“ steht, nur rot. Sie lassen die Menschen in dieser Zeit im Regen stehen, und das ausschließlich aus Unionsräson. Das ist unverschämt. Das ist letztendlich schäbig. Sie wollen dann nur aufgrund von Überschriften wieder punkten.
Worum geht es denn bei Schlecker? – Es geht bei Schlecker ausschließlich um den billigen Profit. Es geht darum, Profit auf dem Rücken der Beschäftigten zu erzielen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Filialen zu entlassen, um sie dann in einer neuen XL-Filiale als Billigkräfte über eine hauseigene Zeitarbeitsfirma zu Dumpinglöhnen arbeiten zu lassen. Das ist übrigens – Frau Kollegin Steffens hat es gesagt, und man kann es nicht oft genug wiederholen – kein Einzelfall.
Das wiederum hat zur Folge, dass das Einkommen in der Regel nicht zum Leben ausreicht. Die nächste Folge ist dann der Gang zum Amt, zu welchem auch immer – auch da können Sie sich nicht durchdrücken –, um Aufstockerleistungen nach dem Sozialgesetzbuch II zu erhalten. Jeder achte vollbeschäftigte Leiharbeitnehmer ist derzeit schon Aufstocker. Da ist Schlecker nicht mitgerechnet.
Ergo: Profit bei Schlecker zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, und das alles noch öffentlich subventioniert. Herr Dr. Romberg, vielleicht sagen Sie auch etwas zu den Formen von Subvention.
Es reicht nicht, wie Sie, Herr Minister Laumann, es immer gerne machen, immer nur die Lippen zu spitzen. Pfeifen Sie endlich mal in Berlin. Es wäre schön, wenn Sie sich wenigstens an dieser Stelle einmal bei Ihren Parteifreunden in Berlin durchsetzen könnten.
Wir brauchen Änderungen, Änderungen bei der Konzernleihe, um die es hier eindeutig geht, um Sklaventum zu unterbinden. Das ist übrigens auch eine Forderung des Verbandes iGZ, vor dem Sie ja vor zwei Jahren gesprochen haben. Dass auch Frau Thoben vor dem Verband gesprochen hat, darauf kommen wir morgen zu sprechen.
Wir brauchen Änderungen, die gleichen Lohn für gleiche Arbeit garantieren, und Befristungen der Leiharbeit. Darüber hinaus brauchen wir endlich den Mindestlohn im Endsendegesetz, wie ihn Herr Laumann seit zwei Jahren ankündigt. Auch darauf kommen wir morgen zu sprechen.
Die „Zeit“ hat am 14. Januar geschrieben – ich zitiere –:
Ohne Reform der Reform dürfte es bald den nächsten Fall Schlecker geben.
Recht haben sie. Wir brauchen endlich wieder die für die Menschen verlässliche Arbeitsmarktpolitik auch in Nordrhein-Westfalen, damit in der Bertelsmann-Studie nicht wieder steht, wie gestern zu lesen war – ich zitiere –:
Betrachtet man das Ausmaß der Unterbeschäftigung im Land, sind stärkere Anstrengungen der Regierung jedoch dringend notwendig.
Das ist ein Zeugnis für Ihre Arbeitsmarktpolitik. Die Versetzung ist dringend gefährdet, und am 9. Mai wird die Versetzung auch nicht mehr ausgesprochen.
Einige wenige Sätze zu dem, was Sie, Herr Tenhumberg, gemeinsam mit Ihrem Minister permanent in Sachen Arbeiterwohlfahrt sagen: Es bringt Sie nicht in der Sache weiter, wenn Sie Unwahrheiten vertreten. Ja, die Arbeiterwohlfahrt in NordrheinWestfalen bedient sich auch des Instruments der Leiharbeit, aber ausdrücklich nicht, um Geschäftsbereiche oder Aufgabenfelder auszugliedern. Ausdrücklich werden nicht aus bestehenden Arbeitsverhältnissen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Leiharbeitsverhältnisse hinausgedrängt. Und ausdrücklich wird das Instrument der Leiharbeit nicht benutzt mit dem Ziel der Lohnkostensenkung.
Das haben bereits der Geschäftsführer und die Arbeiterwohlfahrt Westliches Westfalen dem Herrn Minister in einem Gespräch deutlich gemacht.
Das ist kein Quatsch. Hören Sie dem zu, was man Ihnen sagt, und nehmen Sie es nicht negativ, wenn Sie es nicht hören wollen, sondern nehmen Sie die Fakten zur Kenntnis.
Dann bleiben wir bei den Fakten, zum Beispiel bei dem von Herrn Tenhumberg angesprochenen Pflegedienst. Im Pflegedienst bei der Arbeiterwohlfahrt im Bezirk Westliches Westfalen werden 5,4 % Leiharbeiter beschäftigt. Hier werden mit dem Instrument der Leiharbeit lediglich krankheits- und kurbedingte Ausfälle kompensiert. Im Prinzip ist das genau das, Herr Tenhumberg, was Sie eben ausgeführt haben, nämlich wofür das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz da ist, nämlich um saisonale Spitzen oder Auftragsspitzen – in diesem Fall Krankheitsspitzen – auszugleichen. Setzen Sie sich mit den Fakten auseinander und hören Sie auf, in Richtung der Arbeiterwohlfahrt im Westlichen Westfalen permanent die Unwahrheit zu verbreiten. Das ist schäbig, und das steht Ihnen, Herr Minister Laumann, auch überhaupt nicht zu.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Minister Laumann, man merkt schon an Ihrer Wortwahl und an Ihrem Stimmenschwall, dass Sie näher bei uns sind als bei anderen.
Ja, er setzt sich nur nicht durch.
Es ehrt Sie, dass Sie bereits im Dezember einen Brief an die Belegschaft der Firma Schlecker geschrieben haben; ich habe das zur Kenntnis genommen. Bereits im Oktober haben wir eine öffentliche Stellungnahme zu den unsäglichen XL-Filialen von Schlecker abgegeben. Es ist aber egal, ob wir im Oktober eine Stellungnahme abgegeben haben oder Sie im Dezember die Belegschaft angeschrieben haben: Über den Missstand, über den wir hier reden – ich meine damit alle einzelnen Punkte im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz –, reden wir – im Übrigen gemeinsam mit Bündnis 90/Die Grünen – seit März 2008.
Es drängt sich einem schon der Eindruck auf, dass Sie seit März 2008 diese Inhalte allesamt ignoriert haben, weil der Absender nicht der richtige war. Denn sonst hätten Sie all die Punkte, die Sie jetzt prüfen wollen – jetzt, nachdem Schlecker die Überschriften beherrscht –, schon geprüft, nämlich spätestens nach Vorlage der Bundesratsinitiative am 18. September 2009. Ich bringe noch einmal in Erinnerung – es wird nämlich immer wieder gerne gesagt, dass wir das jetzt ankreiden, da wir nicht mehr in der Bundesregierung vertreten sind –, dass wir zu dem Zeitpunkt noch in der Bundesregierung waren. Damals hieß der Bundesarbeitsminister noch Olaf Scholz, und der Ministerpräsident, der es eingebracht hat, hieß Kurt Beck. Jetzt wollen Sie es prüfen. Vorher haben Sie es ignoriert.
Ein Satz zu den christlichen Gewerkschaften, Herr Minister. Den kann ich mir heute nicht verkneifen, obwohl wir morgen noch einmal intensiv darüber reden werden. Vielleicht hören Sie mir zu, Herr Minister; ich bin ja ganz nah bei Ihnen. Ich habe mehrfach zur Kenntnis genommen, dass Sie die Tarifflucht, die diese christlichen Gewerkschaften betreiben – das sind ja keine Tarifverträge, sondern das ist eher das Gegenteil –, verurteilen.
Es sind aber wieder die Überschriften, die Sie setzen. Ich glaube Ihnen das sogar. Aber wie kann es dann sein, dass sich der jetzige Parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium Brauksiepe beim Bundeskongress der CGM in Köln vor wenigen Monaten dort hinstellt und Lobeshymnen auf die christlichen Gewerkschaften niederprasseln lässt? Das ist doch die Wahrheit, wie in der Union mit diesen christlichen Gewerkschaften umgegangen wird. Insofern hat die Wahrheit doch nichts mit dem zu tun, was Sie in die Überschriften setzen, Herr Minister Laumann.
Ja, Sie stehen zur Zeitarbeit. Ich stehe auch dazu. Ich sage es in jeder Rede immer wieder: Ich befürworte Zeitarbeit zu den saisonalen Spitzen, zu den Auftragsspitzen, zu den krankheits- und kurbedingten Ausfallzeiten. Und ich sage auch immer wieder: Leiharbeit ist nicht unanständig, ab er es gibt unanständige Leiharbeit, und dagegen müssen wir vorgehen.
Ja, es ist so, Herr Minister: Es sind nicht massenhaft Stammbelegschaften, die verdrängt werden. Wenn das so wäre, dann wäre der Aufschrei noch größer. Aber jede einzelne Stammbelegschaft, die verdrängt wird, ist eine verdrängte Stammbelegschaft zu viel und bringt die Leute in den SGB-IIAufstockerbezug.
Sie müssen sich um jeden Einzelnen kümmern – und nicht erst um Zigtausende, wenn die Überschriften besser sind. Deswegen zeigt das Beispiel von Real – dort wurde es verhindert; das Problem haben wir aber bei etlichen Unternehmen in der Metallindustrie, und wir haben hier auch über die Unikliniken geredet –, dass das kein Einzelfall ist.
Ein letzter Satz zum Verweis auf den Bund. Das klappte bis September, Herr Minister. Das klappt heute nicht mehr. Sie haben uns in fast jeder arbeitsmarktpolitischen Debatte – es wird uns immer vorgehalten, dass es um Bundespolitik geht; das ist leider oftmals so – vorgehalten: Das ist Ihr Arbeitsminister Scholz. Gehen Sie zu ihm. Gehen Sie nach Berlin, und nehmen Sie bei Ihren Leuten Einfluss.
Herr Minister, das Rad hat sich gedreht. Das ist Ihre Frau von der Leyen. Sie haben sogar schon die zweite Besetzung auf diesem Posten. Ob sie verschlissen wurde oder nicht, lassen wir einmal dahingestellt. Das ist Ihre Arbeitsministerin Frau von der Leyen. Nehmen Sie endlich Einfluss. Sie sind CDA-Bundesvorsitzender. Sie sind Präsidiumsmitglied in der CDU. Wo ist eigentlich Ihr Einfluss? – Garantiert nicht in Berlin, sondern nur in den Schlagzeilen der Presse.
Daher will ich Ihnen auch sagen – Sie haben nämlich gerade nach Ihren Möglichkeiten als Arbeitsminister gefragt –: Wenn Ihnen das 2005 keiner vom Kabinett in die Gebrauchsanweisung geschrieben hat, dann will ich es Ihnen heute sagen, 109 Tage vor dem 9. Mai, ab dem Sie es nicht mehr sein werden.
Wir wissen, wie das funktioniert. Sie als Arbeitsminister haben ein Initiativrecht im Bundesrat. Machen Sie eine Bundesratsinitiative. Rheinland-Pfalz mit Kurt Beck hat es Ihnen gezeigt. Sie können die auch gerne abschreiben. Wir haben kein Copyright darauf. Nur: Machen Sie endlich etwas. Sitzen Sie es nicht aus, und füllen Sie nicht nur die Überschriften.
Frau Ministerin, unabhängig davon, dass ich sehr wohl eine große Differenz zwischen gymnasialer Oberstufe und Berufskolleg sehe, und unabhängig davon, dass die Berufskollegs von dieser Landesregierung wesentlich mehr Aufgaben bekommen haben, möchte ich gerne wissen, ob Sie nach den 250 und den jetzt von Ihnen genannten 480 Lehrerstellen definitiv ausschließen können, dass es sich nicht doch nur um die 200 Unterdeckung handelt. Denn wie Sie ausgeführt haben, haben Sie bei den 9.745 nicht differenziert. Ich glaube aber, die Berufkollegs bedürfen eines besonderen Augenmerks.
Unabhängig davon, dass ich das Gefühl habe, dass hier nicht Äpfel mit Birnen, sondern ganze Obstsalate hergestellt und verglichen werden, habe ich noch einmal eine Frage zu den differenzierten Zahlen, Frau Ministerin. Sie sprachen ursprünglich von 250 – das ist geklärt –, sind dann hochgegangen auf 480. Wir sprechen von einer Unterdeckung von 200.
Bei der detaillierten Betrachtung sagen Sie, bei den Gymnasien gebe es 1.763 Schülerinnen und Schüler mehr, das mache 108 Stellen mehr, bei den Berufskollegs – wenn ich die Zahl auf die Schnelle richtig mitgeschrieben habe – gebe es 11.222 Schülerinnen und Schüler mehr. Das macht einen Stellenmehrbedarf von 626 Stellen.
Wie steht das alles im Verhältnis zu den Zahlen 480 und der Unterdeckung von 200? Mir erschließt sich, ehrlich gesagt, diese Systematik der Zahlen, die Sie uns gerade genannt haben, noch nicht.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Nachdem wir das Rednerpult wieder um 30 cm nach unten gefahren haben, Herr Kollege Brakelmann, zur Sache: Heute vor exakt zwei Wochen haben wir an dieser Stelle schon einmal über dieses Thema diskutiert. Grundlage unserer damaligen Debatte war der ASMKBeschluss vom 26. November 2009. Herr Minister Laumann, ich sage nach wie vor: Das war ein guter Beschluss.
Kollegin Steffens hat in ihrem Wortbeitrag einiges richtigerweise zu der Frage ausgeführt, wohin die Reise gehen könnte und wohin die Reise geht.
Unsere Debatte am 3. Dezember dieses Jahres war dann doch etwas kurios. Laumann und Schmeltzer waren einer Meinung, was selten genug der Fall ist. Bei der anschließenden Abstimmung zu unserem Entschließungsantrag ist die Union der Handschrift von Arbeitsminister Laumann nicht gefolgt. Lediglich Herr Laumann, Herr Kern, Herr Brakelmann und Frau Kastner haben sich der Stimme enthalten. An dieser Stelle sage ich noch einmal: Hut ab.
Sie argumentieren immer wieder, der ASMKBeschluss vom 26. November 2009 trage unter anderem Ihre Handschrift. Wie ich schon am 3. Dezember dieses Jahres deutlich gesagt habe, haben Sie Rückgrat bewiesen – Rückgrat zum ASMK-Beschluss vom 26. November 2009. Dieses Rückgrat haben Sie zumindest in öffentlichen Darstellungen und in unseren Debatten im Ausschuss bis zum 14.12. weiter bewiesen.
Einige Ihrer Argumente haben wir schon gehört. Gleich kommen alle Ihre Argumente bezüglich des ASMK-Beschlusses vom 14. Dezember, dass alles offen sei. Wer das wirklich alles im Detail nachliest – Kollege Brakelmann hat das an der einen oder anderen Stelle nicht getan, befürchte ich –, wird feststellen, dass viel im Konjunktiv steht. Eins ist aber auch klar, Herr Minister Laumann: Zu dem, was in der Vergangenheit Ihre Handschrift getragen hat, ist das, was im ASMK-Beschluss vom Montag dieser Woche steht, eine 180-Grad-Kehre dessen, was Sie bisher in der Öffentlichkeit dargelegt haben. Das hat nämlich mit einer gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung und Hilfen aus einer Hand nichts, aber auch überhaupt nichts mehr zu tun.
Sie haben somit zumindest dadurch, dass Sie einen ganz neuen Beschluss gefasst haben, am Montag den geordneten Rückzug aus Koalitionsräson eingeleitet und üben sich jetzt im Ausharren auf der Zeitschiene. Für Sie gelten – das lesen wir nach wie vor – nach wie vor die Hilfen aus einer Hand. Sie sind gegen eine getrennte Aufgabenwahrnehmung ebenso wie die Sozialdemokraten hier im Haus und im Deutschen Bundestag.
Doch deutlich ist auch immer wieder geworden, dass der Kompromiss von Rüttgers, Scholz und Beck vom Februar dieses Jahres die Handschrift aller drei Beteiligten trägt. Nachdem die CDU/CSUBundestagsfraktion erstmalig gemauert hat, hat Herr Rüttgers nachgebessert und die Optionskommunen gesichert. Deutlich ist, dass der Kompromiss, an dem Sie maßgeblich beteiligt waren, die Unterstützung aller 16 Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland bekommen hat.
Die Unterstützung für diesen Kompromiss haben sie bekommen, weil das gut ist für die Leistungsempfänger, weil der Kompromiss gut war für die Kommunen, gut für die Beschäftigten, und zwar unabhängig davon, dass an der einen oder anderen Stelle jeder Beteiligte oder jedes Bundesland sicherlich das eine oder andere gerne anders gefasst hätte. Aber bei Kompromissen ist das halt so.
Dass diese Geschichte von Baden-Württemberg mehr oder weniger als erstem Bundesland torpediert wurde, weil Baden-Württemberg im eigenen Land nicht so glorreich dasteht, zeigt sich, wenn wir die Presse nachlesen: Mannheim sagt zum Beispiel ganz klar, es wolle keine Optionskommune werden, sondern für das Jobcenter Mannheim und das Jobcenter Junges Mannheim – als Arge, Arbeitsgemeinschaft zwischen Arbeitsagentur und Kommune – hat die CDU-Fraktion für die Gemeinderatssitzung am 22. Dezember einen Antrag eingebracht, der genau auf der Grundlage des ASMK-Beschlusses vom 26. November fußt, diese Argen weiter fortzuführen. Ein CDU-Antrag im Gemeinderat der Stadt Mannheim in Baden-Württemberg!
Dass auch hier in Nordrhein-Westfalen nicht alles so glorreich ist, wie es überall diskutiert wird, belegt die Pressemitteilung vom 16.12, also vom gestrigen Tage, aus der Region Aachen. Mit einer Ausnahme sind es überwiegend Christdemokraten, angeführt vom Städteregionsrat Helmut Eschenberg, Oberbürgermeister Marcel Philipp und Bürgermeister Willi Linkens, die deutlich darauf aufmerksam machen, dass sie keine getrennte Aufgabenwahrnehmung haben wollen, sondern deutlich das Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales als schlecht empfinden, und zwar insbesondere für die Kommunen.
In ihrer Pressemitteilung sprechen sie davon, dass die Verwaltungschefs ihre Haltung gegenüber den
Bundestagsabgeordneten aus der Region deutlich machen wollen. Ich hoffe dabei inständig auf den Kollegen Rudolf Henke, der meines Wissens aus der Region Aachen kommt. Der kann jetzt zu seinem Wort stehen. So weit ist er noch nicht von den kommunalen und den Landesinteressen entfernt.
Heute hatten wir die Diskussion im Deutschen Bundestag. Herr Kollege Brakelmann, vielleicht ist es bei Ihnen noch nicht angekommen. So lange ist das ja auch noch nicht her. Gewundert hat mich – nachzulesen ist das in den Agenturmeldungen –: Die Union lenkt dort ein. Eine Verfassungsänderung ist nicht mehr gänzlich abzulehnen, sagt der Abgeordnete Dörflinger. Von der FDP gibt ihm der Abgeordnete Kolb an dieser Stelle recht.
Ich hoffe, dass sie das nicht nur meinen, weil sie erkannt haben, dass eine Verfassungsänderung notwendig ist bezüglich der Absicherung und Erweiterung der Optionskommunen, sondern ich hoffe, sie meinen tatsächlich, dass es darum geht, dass wir wieder auf der Kompromisslinie vom Februar agieren, und zwar auch mit dem Hinweis von Hubertus Heil aus der Debatte heute im Deutschen Bundestag, dass man auch über eine moderate Erhöhung der Optionskommunen in der Bundesrepublik Deutschland reden kann.
Wenn die Kollegen von CDU und FDP im Deutschen Bundestag das gemeint haben, Herr Minister Laumann, habe ich immer noch Hoffnung, dass sich dort etwas tut. Herr Weise zumindest hat in einer Presseerklärung heute deutlich gemacht, dass für ihn die Optionskommunen in Gänze abgeschafft werden müssen. Das widerspricht dem wiederum völlig. Die Diskussion wird also absolut spannend bleiben.
Jetzt kommen wir zum ASMK-Beschluss vom Montag: Ich verstehe, dass Sie sich darauf beziehen, weil ich vermute, dass Sie das mitformuliert haben: In Punkt 4 steht weiterhin, dass in Bezug auf eine Verfassungsänderung weiterhin Gesprächs- und Kompromissbereitschaft vorhanden ist. Wenn das auf der dritten Seite in den letzten drei Zeilen steht, aber zweieinhalb Seiten davor ausgeklügelt im Konjunktiv genau das Gegenteil beschrieben wird, glaubt in dieser Republik doch kein Mensch mehr, dass Sie bezüglich dieser Verfassungsänderung, der Gesprächs- und Kompromissbereitschaft auch nur noch ein Deut etwas gegenüber Frau Merkel und Frau von der Leyen erreicht werden kann.
Vor zwei Wochen habe ich es schon betont und betone es heute wieder: Für Frau von der Leyen steht der Koalitionsvertrag auf der gleichen Ebene wie das Grundgesetz. So wie sie es immer wieder darlegt – behaupte ich – geht der Koalitionsvertrag sogar vor das Grundgesetz. Sie ist stolz darauf, dass sie die Linie beibehält und nicht kompromissbereit ist, wie sie es immer wiederholt. Ich hoffe, Herr Laumann, Sie haben den Mut, ihr an der Stelle Paroli zu bieten.
Zweieinhalb Seiten vorher wird der Ausstieg aufgezeigt, und dann heißt es am Anfang – Herr Brakelmann, das haben Sie falsch zitiert ; ich sehe Ihnen das nach –, die ASMK habe den Eckpunkten nicht zugestimmt, sondern sie haben gesagt, es sei ein diskussionswürdiger Ansatz. Das hatten Sie eben anders gesagt.
Wenn die Länderminister hinter vorgehaltener Hand – man hört sie schon wieder auch auf den Fluren ihrer eigenen ASMK – sagen, das Eckpunktepapier sei Mist, frage ich: Warum haben die 16 Länder nicht das Kreuz, das auch Frau von der Leyen zu sagen? Wir wissen, dass das Eckpunktepapier Mist ist und die getrennte Aufgabenwahrnehmung den Kommunen, den Leistungsempfängern und den Beschäftigten in den Argen schadet. Außerdem hat Ihnen das Professor Wieland auch in das Gutachten geschrieben, das an der Stelle klar sagt, dass das Eckpunktepapier klar verfassungswidrig ist.
Die getrennte Aufgabenwahrnehmung ist rechtlich klar und für die Betroffenen transparent zu regeln, steht in Ihrem ASMK-Beschluss. Wie denn? Über die Freiwilligkeit? – Es bleibt bei der getrennten Aufgabenwahrnehmung oder bliebe dabei unter einem Dach. Und „unter einem Dach“ ist auch noch fragwürdig, deutet doch die BA in einigen Landkreisen schon an, die Jobcenter im Einzelnen – wie zum Beispiel bei mir im Kreis Unna – seien nicht aufrechtzuerhalten. Dann haben wir die getrennte Aufgabenwahrnehmung unter getrennten Dächern. Das hat mit Abstand überhaupt nichts mit Leistung aus einer Hand zu tun, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die Beschäftigtensicherung durch die Angebote der BA erzeugt nichts anderes als ein Lachen in den Argen bei den kommunalen Beschäftigten. Ich habe noch von keiner Stadt gehört – und ich habe seit Montag mit vielen geredet –, wo irgendjemand auch nur ansatzweise gesagt hat: Das mag ja ein gutes Angebot sein; ich überlege mir das mal. Das Gegenteil ist der Fall. Der Tenor geht eindeutig dahin: Annahme gen Null. Vielleicht auch deshalb, weil die FDP letztendlich immer für die Abschaffung der BA gewesen ist.
Die Mehrkosten sind vom Bund zu tragen, steht in diesem Papier. Das höre ich gerne. Das lese ich auch gerne. Ich frage mich nur, ob Sie auch mit Herrn Schäuble schon darüber gesprochen haben. Denn spätestens, wenn er gerechnet hat, wird er Ihnen einen großen Strich durch die Rechnung machen, und letztendlich werden die Kosten – wenn es dann so weit kommt – bei den Kommunen verbleiben.
Dann kommt der Punkt, warum die Kommunen, insbesondere in Nordrhein-Westfalen, gesagt haben, wir wollen optieren. Weil sie auch nicht ansatzweise auf gleicher Augenhöhe Einfluss auf die
Arbeits- und Sozialpolitik in ihren Kommunen, in ihren Regionen nehmen können.
Dann steht in dem ASMK-Beschluss: Es müssen Spielräume ausgeschöpft werden, und es muss Mitwirkungsmöglichkeiten geben. Herr Minister Laumann, es ist ja schön formuliert. Aber wenn es um die Zukunft von Langzeitarbeitslosen geht, wenn es um die Zukunft, die Perspektiven und um die Existenz der Menschen geht, die zur Arge müssen, dann geht es hier nicht um Spielräume und Mitwirkungsmöglichkeiten, sondern es geht um verbindliche Mitgestaltung der Kommunen bei der Arbeits- und Sozialpolitik in ihren Städten, und zwar auf gleicher Augenhöhe. Es ist schon ziemlich hämisch, wenn man dann von Spielräumen spricht. Die Spielräume sind nämlich nicht da. Mitwirkung hat nichts mit tatsächlicher Mitsprache zu tun, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Unabhängig von den Punkten, die Kollegin Steffens beim Thema IT-System angesprochen hat, ist es schon merkwürdig und auch traurig, dass so etwas formuliert wird, dass die BA den städtischen Bediensteten Leserechte einräumt. Ja, wo sind wir denn? Wir sind doch hier nicht in der Stadtbibliothek, wo der städtische Verwaltungsbedienstete zur BA hinübergehen kann und sagt: Darf ich mal bitte auf deinen Bildschirm schauen; ich habe ein Leserecht.
Hier geht es tatsächlich darum, in den Verwaltungen menschliche Existenzen zu sichern. Die Kommunen werden nicht darum herumkommen, eigene IT-Systeme in Hard- und Software zu haben. Herr Schäuble wird sich bedanken, wenn Sie dann sagen, der Bund hat die zu bezahlen. Er wird es nämlich nicht tun. Es ist schon lächerlich. Zumindest haben Sie den Punkt angesprochen, aber haben nicht damit gerechnet, was Sie damit auslösen.
Es ist mittlerweile – nach diesem Beschluss – kein Geheimnis mehr, dass die Koalitionsräson vor den Interessen von Kommunen, Beschäftigten und bundesweit rund 7 Millionen Leistungsempfängern geht. Sie, Herr Minister Laumann, wissen, dass ich recht habe. Sie teilen alle inhaltlichen und fachlichen Punkte mit Kollegin Steffens und mit mir, weil Sie sie oft angesprochen haben, weil Sie sie oft verschriftlicht haben, weil Sie dazu oft Interviews gegeben haben, weil Sie hier im Parlament auch oft genau in dem Sinne gesprochen haben und weil Sie natürlich auch stolz sind auf Ihre Handschrift in dem Kompromiss von Februar und auf Ihre Handschrift in dem ASMK-Beschluss von November. Von daher glaube ich nicht, dass Sie sich weiter verbiegen werden und können.
Sie wissen, dass sich mit diesem katastrophalen Szenario der getrennten Aufgabenwahrnehmung auch Herr Rüttgers innerparteilich nicht hat durch
setzen können und Herr Rüttgers sich letztendlich, wenn dieser ASMK-Beschluss so umgesetzt wird, gemeinsam mit Ihnen und der CDU ganz deutlich vom überparteilichen damaligen Konsens der Reform verabschiedet.
Wenn das passiert, dann müssen Sie zur Kenntnis nehmen, dass die SGB-II-Reform nicht mehr die damaligen überparteilich getroffenen Reformen sind, sondern dann sprechen wir von der Merkel/Westerwelle-Reformwelle, die wir dort haben, gegebenenfalls auch unter Assistenz von Rüttgers und Laumann,
und dies alles – die Wiederholung muss sein – zulasten der Menschen, der Kommunen und der Beschäftigten.
Wenn die Eckpunkte konkretisiert in einem Gesetzentwurf formuliert werden, dann sprechen wir von Ende März. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Ende März beginnt bei uns die sitzungsfreie Zeit, weil wir Wahlkampf bis zum 9. Mai haben.
Dann wird Frau von der Leyen keinen Zweifel daran lassen, wie sie es immer wieder gesagt hat, dass sie es zu dieser getrennten Aufgabenwahrnehmung kommen lässt. Dann passiert nichts anderes, als dass die Jobcenter zu Dienststellen der BA, der Bundesagentur, degradiert werden und sie – wie Kollegin Watermann-Krass eben schon im Zwischenruf mitgeteilt hat – reine Zahlstellen bei der SGB-II-Diskussion werden.
Dass es so ist, dass die Kommunen nun Beauftragte der BA werden und dann zum Schwarzen Peter dieser Bundesregierung abgestempelt werden, haben Sie am 20. November in Ihrem Interview in der „Aachener Zeitung“ bestätigt. Sie sind – wie Ihre anderen B-Länder-Kollegen – von Frau von der Leyen im Vorfeld der Montagssitzung eingenordet und dazu verpflichtet worden, koalitionstreu zu sein.
Sie stellen die Koalitionsinteressen in Berlin deutlich vor die Landesinteressen. Weil das so ist, hat die B-Seite auch die Aufnahme dieses wichtigen Punktes der Neuorganisation in die Tagesordnung der gestrigen Ministerpräsidentenkonferenz abgelehnt. Denn wie hätte sich Herr Rüttgers dort auch geben sollen: als Ministerpräsident, der sich für die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung einsetzt, oder als CDU-Vize von Frau Merkel, der der Koalitionsräson unterworfen ist?
Ich komme zum Schluss. – Hier in NordrheinWestfalen sind die Kommunen deutlich orientierungslos. Sie haben die Pflichtaufgabe nach Weisung eingeführt, Herr Minister Laumann. Was sagen Sie jetzt den verunsicherten Kommunen, bzw. wie nehmen Sie an dieser Stelle Ihre Pflichtaufgabe nach Weisungsrecht wahr? Das müssen Sie dem Haus noch einmal erklären.
Ich würde mich freuen, wenn die CDUBundestagsfraktion über ihre Schiene, über Herrn Schiewerling, der sich auch schon geäußert hat, jetzt endlich den Einfluss nimmt, den NordrheinWestfalen dort braucht. Den Einfluss haben Sie bisher vermissen lassen. Herr Rüttgers hat sich dort einbuckeln lassen müssen. Sie haben sich nicht durchgesetzt. Setzen Sie sich endlich durch. Sie bekommen ja vielleicht ein bisschen Rückendeckung; Sie können sie gebrauchen.
Herr Minister, ich habe Ihnen sehr andächtig zugehört. Ich habe Folgendes daraus entnommen und knüpfe daran eine Frage an:
Erstens. Sie stehen uneingeschränkt zu dem, was Sie zur Verfassungsänderung ausgehandelt haben. Zweitens. Sie wollen jetzt auf der Grundlage des Eckpunktepapiers, von dem Sie glauben, dass es schlecht ist, einen Gesetzentwurf machen. Drittens. Sie haben gesagt, man muss auch ein bisschen auf die Parteibuchfarbe achten. Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihre Kollegen in den anderen BLändern das gleiche Parteibuch haben wie Sie?
Haben Ihre Kollegen in den zehn Länder, die mit Ihnen gestimmt haben, das gleiche Parteibuch? Ich frage mich ganz einfach: Wie sieht es bei diesen zehn Bundesländern mit Herrn Koch, mit Herrn Wulff, mit Herrn Rüttgers und anderen an der Spitze mit der Durchsetzungskraft auf Bundesebene aus? Dann würde das mit dem Parteibuch stimmen; so stimmt es nicht.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich versuche, weniger
als fünf Minuten zu reden. Das Ladenöffnungsgesetz ist ein Thema, das uns alle Monate wieder beschäftigt. Diesmal ist die Grundlage das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Berliner Ladenöffnungsgesetz.
Ich sage vorweg: Natürlich haben wir nicht die Problematik, die die Berliner mit den Adventssonntagen hatten, aber wir haben auch in unserem Ladenöffnungsgesetz in Nordrhein-Westfalen spezifische Ausnahmeregelungen. Wir sprechen von vier Sonn- und Feiertagen, an denen geöffnet werden darf.
Zudem haben wir in unserem Ladenöffnungsgesetz sehr wohl die Klausel, dass dies bezirks- und ortsteilbezogen stattfinden kann. Ich erinnere an die Kleine Anfrage des Kollegen Wolfram Kuschke aus dem Jahre 2007. Es stellte sich heraus, dass wir immerhin in der Stadt Köln von 63 geöffneten Sonntagen im Jahr sprechen konnten.
Ich sage gleich dazu: Die Kölner Politik hat sich zwischenzeitlich eines wesentlich Besseren belehren lassen. Das liegt unter anderem auch daran – das ist bei einigen Kolleginnen und Kollegen in der Koalition noch nicht angekommen –, dass sich die Kirchen aus der Konsensrunde dort verabschiedet haben. Ich habe leider in der letzten Woche im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales feststellen müssen, dass dies noch nicht angekommen ist. Die Kölner Politik ist auf einem Weg und zieht ihn auch durch, die verkaufsoffenen Sonntage drastisch zu reduzieren. Die Kölner begründen das unter anderem damit, dass sie sehr wohl die Argumentationen der Beschäftigten und der Kirchen im Auge haben.
Leider ist es immer noch so, dass der Einkauf an Sonntagen gerade in den größeren Städten mittlerweile die Regel wird. Frau Ministerin Thoben wird gleich wohl daran erinnern, dass es auch im Ladenschlussgesetz schon einmal eine ähnliche Regelung gegeben hat. Ich sage ganz deutlich: Das steht dem Wildwuchs von verkaufsoffenen Sonntagen, wie wir ihn immer mehr erleben, nicht entgegen. Deswegen müssen wir dort auch tätig werden.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts sagt dies auch mit Blick auf den verankerten Schutz der Arbeitsruhe und der Möglichkeit zur seelischen Erhebung an Sonn- und Feiertagen. Auch Ministerpräsident Rüttgers ist in seiner Bewertung dieses Urteils darauf eingegangen. Unter anderem sagte er – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –:
Nicht alle Bereiche unseres Lebens dürfen unter rein geschäftlichen Gesichtspunkten gesehen werden.
Da hat er Recht. Nichts anderes stellt nämlich dieser verkaufsoffene Sonntag dar, insbesondere wenn man sieht, dass es in Köln durch den Einzelhandelsverband Aachen/Düren/Köln einen Antrag
gegeben hat, direkt nach dem zweiten Weihnachtsfeiertag, am 27.12., also übernächste Woche Sonntag, sofort wieder die Geschäfte zu öffnen. Das hat der Rat sehr weitsinnig und sehr klug abgelehnt.
Leider ist es auch in der Region, aus der ich komme, so, dass der Rat der Stadt Unna morgen über einen Antrag des City-Werbe-Rings entscheiden soll, ob am 27.12., also einen Tag nach Weihnachten, direkt geöffnet werden soll. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist schon ein Stück weit pervers, unabhängig von der Argumentation, dass der Euro nur einmal ausgegeben werden kann. Was passiert denn einen Tag nach Weihnachten? Da werden Gutscheine eingetauscht, da wird Papas Krawatte umgetauscht. Das sind unzweifelhaft Dinge, die auch ab dem 28.12. unbegrenzt möglich sein sollten.
Bezüglich der Anlässe wird es irgendwann einmal so sein, dass die City-Ringe und die Werbe-Ringe, die wir alle in den Städten haben, demnächst noch einen weiteren verkaufsoffenen Sonntag aufgrund des Bestehens des zehnjährigen verkaufsoffenen Sonntags in der Stadt fordern.
Ruhe und Besinnung hat Ministerpräsident Jürgen Rüttgers nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes deutlich hervorgehoben. Das war in seiner Stellungnahme zu lesen. Ich denke, Teilhabe an dieser Ruhe und Besinnung müssen auch die über 300.000 Beschäftigten im nordrhein-westfälischen Einzelhandel haben. In der Tat ist es so, dass das mittlerweile überschwappt auf die Einzelhändler. Denn viele Einzelhändler machen bei diesen verkaufsoffenen Sonntagen nur sehr widerwillig mit, um dann am Montag vor leeren Geschäften zu stehen und dann letztendlich nicht mehr in der Kasse zu haben, sondern aufgrund der erhöhten Kosten am Sonntag letztendlich weniger.
Ruhe und Besinnung gehen – das ist für uns ganz deutlich – vor Kommerz. Deswegen sind die Beschlusspunkte, die wir gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen formuliert haben, einen detaillierten Bericht über den IstStand vorzulegen, Auswirkungen aus dem Urteil für Nordrhein-Westfalen an die Kommunen weiterzugeben und gemäß dem Urteil einer dort formulierten Ausnahmeregelung Rechnung zu tragen, Punkte, die sogar die Koalition mittragen kann. – Ich danke Ihnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Besucher! Alle Jahre wieder stehen wir hier und beraten den Haushalt. Das geschieht in der Regel alle Jahre wieder kurz vor Weihnachten – mit wenigen Ausnahmen.
Alle Jahre wieder hören wir die Begründungen dafür, warum im Land Nordrhein-Westfalen seit der Regierungsübernahme von Schwarz-Gelb die Arbeitsmarktpolitik finanziell zurückgefahren wird: gekürzte ESF-Mittel – durchaus nachvollziehbar –, Verweis auf Bundesprogramme und Verweis auf die Förderung von der Bundesagentur für Arbeit.
Das Zauberwort von Herrn Laumann lautet „Programmlinien“. Sie verbergen sich hinter der großen Überschrift des Europäischen Sozialfonds. Diese Programmlinien werden in jedem Jahr zu Recht insbesondere von der Kollegin Steffens von Bündnis 90/Die Grünen immer wieder angesprochen. Dabei wird gefragt, wo die Details in diesen Programmlinien stecken, wohin das Geld fließt und wo die Mittel tatsächlich aufzuführen sind.
Jedes Jahr wird Aufklärung zugesagt. Das war auch in diesem Jahr im Ausschuss der Fall – eben alle Jahre wieder.
Lassen Sie uns schauen, was war und was ist. Der Haushalt für die Landesförderung der Arbeitsmarktpolitik in Nordrhein-Westfalen ist seit der gelbschwarzen Regierungsübernahme 2005 um sage und schreibe 61 % reduziert worden. Eigenes Geld, insbesondere eigenes Geld für Innovationen, spielt nur noch eine nahezu untergeordnete Rolle. Ich erinnere an die kritischen Anmerkungen im zuständigen Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales zu diesem Punkt der innovativen Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik durch den Kollegen Garbrecht. Da wurden auch keine sehr weit reichenden Informationen als Antwort geliefert.
Innovativ wäre es, Linien nicht für einige wenige, die natürlich auch gefördert werden müssen, sondern für die breiten Schichten der betroffenen Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Hieran mangelt es eindeutig; das tendiert gegen null.
In Ihrer Pressemitteilung, Herr Minister Laumann, vom 1. Dezember 2009 schreiben Sie, dass von Entwarnung keine Rede sein könne. Dafür haben Sie unsere ausdrückliche Zustimmung, wie es öfters bei Pressemitteilungen oder Überschriften der Fall ist. Zustimmung haben Sie aber nie für das Handeln, das Sie auf den Weg bringen.
Weiter heißt es in dieser Pressemitteilung:
Wir müssen weiterhin verstärkt auf unsere arbeitsmarkt- und konjunkturpolitischen Maßnahmen setzen.
Sie sagen: auf unsere arbeitsmarkt- und konjunkturpolitischen Maßnahmen. – Welche Maßnahmen denn, Herr Minister? Sie verweisen in den Debatten, wenn es um den Einsatz von Geld für die Arbeitsmarktpolitik in Nordrhein-Westfalen geht, nachdrücklich auf andere. Eigenes Geld für Arbeitsmarktpolitik gibt es seit 2005 nicht mehr. Ihr steter Verweis in der Vergangenheit: „Das ist doch Ihr Bundesarbeitsminister; nehmen Sie da Einfluss“, ist jetzt endgültig vorbei.
Unabhängig davon ist festzustellen, dass wir tatsächlich Einfluss geltend gemacht haben. Er hat sich auch in erfolgreichen Bundesinitiativen bei Bundesarbeitsminister Olaf Scholz wiedergefunden.
Wenn eigene Maßnahmen, die Sie dort ansprechen, tatsächlich genutzt werden sollten, müssen Sie gerade im Haushalt auch sagen wie. Der Vorschlag zur Wochenarbeitszeitverkürzung, den die IG Metall gemeinsam mit dem Arbeitgeberverband Metall auf den Tisch gelegt hat, wurde in großen Lettern von Ministerpräsident Rüttgers unterstützt.
Wir sagen grundsätzlich zu einem solchen Ansatz: Er ist überlegenswert, und man muss da in die Tiefe gehen. Sie sagen in der eben zitierten Pressemitteilung, dass Sie den Vorschlag positiv finden. Sie sagen sogar: positiv bewerten. Sie haben ihn sogar schon bewertet.
Sie sind aber nicht Bewertungsminister, sondern Arbeitsminister des Landes Nordrhein-Westfalen und müssen dementsprechend handeln.