Heike Hofmann

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Last Statements

Herr Justizminister, dankenswerterweise haben Sie schon ausgeführt, seit wann es den Resozialisierungsfonds für Straffällige gibt. Können Sie auch noch ausführen, auf wessen Initiative der Resozialisierungsfonds zurückzuführen ist?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die jüngsten innenpolitischen Entwicklungen in Russland sind Grund großer Sorge für uns alle. Das betrifft insbesondere den Umgang mit Oppositionellen, Teilen der Zivilgesellschaft, insbesondere den Umgang mit Homosexuellen. Obwohl Russland die Europäische Menschenrechtskonvention und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte unterzeichnet hat, sind Übergriffe auf Aktivisten fast auf der Tagesordnung und widersprechen klar auch der dortigen Rechtsordnung. Besonders bedrückend ist für uns – das können wir über die Medien zum Teil hautnah nachvollziehen – die Gewalt, die dort zum Teil an der Tagesordnung ist. Schikanen gegen die Zivilgesellschaft in Form von Razzien, Einschüchterungsmethoden und zweifelhafte Gesetze wie das Versammlungsgesetz werfen Fragen der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Menschenrechte auf.
Auch können wir uns gut an die zweifelhaften Prozesse etwa gegen den Öl-Oligarchen Michail Chodorkowski erinnern. Viele von Ihnen werden sich an die Rockband Pussy Riot erinnern, die inhaftiert ist, und an den einen oder anderen spektakulären Prozess. Zu Recht hat insbesondere das Antihomosexuellengesetz international für große Erregung und Empörung gesorgt, das die bloße positive Äußerung über Homosexualität in Anwesenheit von Minderjäh
rigen unter Strafe stellt. Das verstößt eindeutig gegen EURecht und ist scharf zu kritisieren.
Selbst Aktivisten und Unterstützer aus dem Ausland werden durch dieses Gesetz auch unter Strafe gestellt und sanktioniert. Es ist deshalb ein gutes Zeichen, dass der Hessische Landtag mit diesem Dringlichen Entschließungsantrag, der von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP getragen wird, ein sichtbares Zeichen gegen diese Menschenrechtsverletzungen setzt.
Es muss unser aller Ansinnen sein, Menschenrechtsverletzungen zu ahnden und darauf hinzuweisen, dass die Wahrung der Menschenrechte als universelles, unteilbares, unveräußerliches Rechtsgut verteidigt werden muss. Deshalb ist insbesondere die Bundesregierung, aber auch die EU aufgefordert, sich über die wirtschaftlich-technologische Zusammenarbeit mit Russland für Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und die Wahrung der Menschenrechte in Russland einzusetzen.
Sehr löblich sind hierbei die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, aber auch die Aktivitäten des Europarats. Dabei darf es aber nicht bleiben. Es sind mehr internationale Anstrengungen erforderlich, um dieser Gesetzgebung, aber auch den Handlungen der Regierung in Russland Einhalt zu gebieten. Auch das Land Hessen kann sich über die Partnerregion Jaroslawl für die Wahrung und Implementierung der Menschenrechte in Russland starkmachen und einsetzen. Das sollten wir alle tun.
Mithin ist dieser Dringliche Entschließungsantrag auch ein Zeichen dafür, hinzusehen, nicht wegzuschauen, sondern sich für die Wahrung der Menschenrechte und insbesondere für die Rechte von Homosexuellen auch auf internationaler Ebene starkzumachen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vizepräsidentin Ursula Hammann: Vielen Dank, Frau Kollegin Hofmann. – Als nächster Red- ner spricht Herr Kollege Utter von der CDU-Fraktion. Bit- te schön. Tobias Utter (CDU):
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Menschenrechte müssen immer und überall gelten. Die Einhaltung der Menschenrechte und besonders die Frage, ob Minderheiten vor Diskriminierung und Gewalt geschützt werden, sind ein Indikator für den Zustand einer Demokratie. Daher verfolgen wir mit großer Sorge die Nachrichten aus Russland. Die Einhaltung der Menschenrechte und die Weiterentwicklung Russlands zu einem demokratischen Gemeinwesen sind uns ein großes Anliegen. Die Geschichte der russisch-deutschen Bezie
hungen zeigt, dass uns Entwicklungen in Russland nicht gleichgültig sein können. Für Hessen sind Russland und ganz besonders unsere Partnerregion Jaroslawl wichtige Partner. Wir wünschen uns, dass die Einhaltung von Menschenrechten, die Unabhängigkeit der Justiz, Meinungsund Pressefreiheit zu einer Selbstverständlichkeit, ja, zum Markenzeichen eines modernen Russlands werden.
Doch zurzeit sieht es so aus, als würde Russland nur noch Rückschritte in Sachen Demokratie machen. Besonders zu kritisieren, ja, zu verurteilen, ist das im Juni beschlossene – das sage ich in Anführungszeichen – Gesetz gegen Homosexuellenpropaganda. Kein Mensch darf aufgrund seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden. Aber besonders gefährlich wird es, wenn Minderheiten zu Sündenböcken erklärt werden. Mit Blick auf die dunkelsten Kapitel unserer Geschichte sind wir in dieser Frage besonders sensibel,
denn schnell wird aus Diskriminierung Verfolgung und dann Gewalt.
Ich bin dankbar, dass wir uns auch wenige Tage vor einer Wahl auf einen gemeinsamen Antrag haben einigen können. Diese Einigkeit macht deutlich, wie ernst uns diese Sorge ist. Wir suchen den Dialog mit unseren russischen Partnern, nicht um zu bevormunden und Besserwisser zu sein, sondern weil wir wirklich ernsthaft wünschen, dass Russland eine glückliche und friedliche Zukunft hat; doch die wird es ohne Demokratie und Menschenrechte nicht geben.
Ich frage die Landesregierung:
Wann wird sie den Entwurf für ein Hessisches Unterbringungsgesetz vorlegen?
Warum dauert es so lange, zumal Sie wahrscheinlich, ebenso wie ich, davon ausgehen, dass Sie dieses Gesetz nicht mehr umsetzen werden?
Herr Justizminister, wie können Sie sich erklären, dass nicht nur der Täter bekannt war, sondern darüber hinaus auch völlig unbehelligt von Hünfeld aus munter in Zeitungen inseriert und für seine Aktivitäten geworben werden konnte? Er konnte Beate Zschäpe auch brieflich kontaktieren. Was können Sie zum Sachstand des Netzwerks und der Ermittlungen sagen?
Herr Justizminister, können Sie bitte auch noch einmal darstellen, in welcher Höhe Umbaukosten bei dem aufnehmenden Gericht in Büdingen erforderlich waren, welche Auswirkungen die Gerichtsschließung für das rechtsuchende Publikum, also die rechtsuchenden Bürgerinnen und Bürger, hat und welche Leerstandszeiten zu verzeichnen waren?
Herr Justizminister, Sie haben eben die Einsparungen beim Personal beziffert. Wie erklären Sie sich die dargestellten Einsparungen beim Personal angesichts Ihrer Ankündigung bei den Gerichtsschließungen, es würde zu keiner Einsparung beim Personal kommen, weil Gerichtsstandorte geschlossen würden?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident Bouffier, ein Ministerpräsident dieses Landes, der nur noch Fragen stellt, aber keine Antworten mehr gibt, der ist in der Tat fertig.
Sie haben hier ganz schön herumgeeiert. Die Frage des Adoptionsrechts ist ja nicht vom Himmel gefallen; sie ist in der Tat nicht neu.
Deshalb haben die Wählerinnen und Wähler dieses Landes, die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes in der Tat ein Recht darauf, von Ihnen zu erfahren, wie Sie in dieser Frage stehen.
Meine Damen und Herren, es ist bedauerlich, dass das Bundesverfassungsgericht die Politik, insbesondere die konservative Seite dieses Hauses, in Fragen der Gleichstellung immer wieder zum Jagen tragen musste. Zum sechsten Mal in Folge hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt: Gleiches muss gleich behandelt werden.
Nun sind in der Tat Sie gefordert. Wie zahlreiche andere Paare warten auch viele lesbische und schwule Paare seit Jahren darauf, ein Kind adoptieren zu dürfen, eine Familie gründen zu können.
Nun gibt es für den Gesetzgeber und für Sie keine Ausflüchte mehr. Wir begrüßen den Sinneswandel von Justizminister Hahn in dieser Frage ausdrücklich, der auf der letzten Justizministerkonferenz diesbezüglich einen Vorstoß unternommen hat. Ministerpräsident Bouffier ist dieser Frage selbst erst ausgewichen. Ich glaube auch, dass es in dieser Frage in der Tat einen richtigen Koalitionskrach gibt, der in den nächsten Wochen und Monaten ausgesessen werden soll.
So haben Sie, Herr Ministerpräsident Bouffier, in dieser Frage – das ist der „FAZ“ vom 13.06. zu entnehmen – gegenüber Ihrem Kollegen Hahn gesagt: „Das ist deine Auffassung, Jörg-Uwe.“ – Das ist nichts Neues, denn die CDU, gerade in Hessen, ist in dieser Frage seit Jahren aus rein ideologischen Gründen der Bremsklotz. Herr Hahn, wir erwarten in der Tat, dass diesen Absichtserklärungen von Ihnen auf der Justizministerkonferenz auch wirklich Taten folgen. Wir wollen jetzt Antworten bekommen. Deshalb müssen Sie Butter bei die Fische geben.
Aber Sie, Herr Ministerpräsident Bouffier, das ist auch die falsche Baustelle, argumentieren mit dem Wohl der Kinder. Richtig ist, dass das Kindeswohl immer im Einzelfall geprüft wird, sowohl bei gleichgeschlechtlichen Paaren als auch bei nicht gleichgeschlechtlichen Paaren.
Meine Damen und Herren, es geht hier im Kern um Diskriminierung und um nichts anderes.
Insbesondere der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung haben sich schon mit verschiedenen Studien auseinandergesetzt, auf die der Kollege schon eingegangen ist und die klar nachgewiesen haben, dass es eben nicht entscheidend ist, ob ein Kind in einer gleichgeschlechtlichen oder nicht gleichgeschlechtlichen Paarbeziehung aufwächst, sondern dass für die Kindeswohlentwicklung ganz andere Indikatoren – eine gute Erziehung, Liebe und eine gute Paarbeziehung – tragend sind. Es ist virulent, dass es nicht entscheidend ist, ob gleichgeschlechtliche oder nicht gleichgeschlechtliche Paare ein Kind erziehen, sondern dass ganz andere Punkte entscheidend sind.
Wir fordern Sie deshalb auf, hier nicht herumzueiern, sondern den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes klar zu sagen, wofür Sie stehen, ob Sie für das Adoptionsrecht sind und die Diskriminierung beenden wollen. Dazu fordern wir Sie heute auf.
Ich möchte an die Frage von Herrn Bocklet anschließen. Können Sie konkretisieren, durch wen bzw. durch welches Institut und in welchem Umfang die wissenschaftliche Begleitung vorgenommen wird? Inwieweit erfolgt eine entsprechende Evaluierung des Projekts?
Herr Justizminister Hahn, teilen Sie die Auffassung, dass der Einsatz von Drogenspürhunden auch in anderen Bundesländern und jetzt neu in Sachsen von Handy-Spürhunden zwar gewiss ein probates Mittel, aber kein Allheilmittel etwa beim Auffinden von Drogen und der Verhinderung von Drogeneinbringung in die Justizvollzugsanstalten oder gar Verbringung von Handys in die Anstalten ist?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Öffentlichkeit schaut nicht nur auf den Münchner Gerichtsaal, in dem demnächst die NSU-Morde juristisch aufgearbeitet und die Täter hoffentlich zur Rechenschaft gezogen werden. Nein, die Öffentlichkeit schaut auch auf Hessen, wo ein bekannter Neonazi in der JVA Hünfeld über Monate hinweg ungehindert ein eigenes rechtsradikales Netzwerk aufbauen konnte.
Dieses Netzwerk hat sich von der JVA Hünfeld aus in andere hessische Justizvollzugsanstalten – es konnte dort ausgebaut werden – und in acht weitere Bundesländer ausgebreitet. Der Neonazi T. konnte in Hünfeld ungehindert eine Satzung schreiben, mehrere Inserate schalten und auch sonst völlig unbehelligt agieren. Herr Justizminister Hahn, ich frage Sie: T. war ein in der Öffentlichkeit bekannter Neonazi. Haben Sie denn gedacht, dass er in der JVA Hünfeld plötzlich anfangen würde, zu häkeln?
Warum wurden angesichts dieses Hintergrunds bei T. nicht kontinuierlich die Post und die Zelle kontrolliert, und warum wurde er selbst nicht unter Beobachtung gestellt? Diese Fragen konnten Sie uns auch im Ausschuss nicht beantworten. Das zeigt uns, dass Sie auf dem rechten Auge blind sind.
Dabei hätten Sie vorgewarnt sein können. So hat der Bundesinnenminister erst im Jahr 2011 ein rechtsradikales Netzwerk in einem Gefängnis verboten. Immer noch ungeklärt ist, ob die Angehörigen dieses Netzwerks auch Kontakte zum NSU hatten; schließlich stand das NSU-Mitglied Beate Zschäpe auf der Adressliste des Bernd T., nicht mehr und nicht weniger. Wie konnte es sein, dass T. im Oktober 2012 in der Zeitschrift „Bikers News“ eine Anzeige schaltete und der Verfassungsschutz, wie wir später erfahren haben, diese Zeitschrift zwar abonnierte, aber die entsprechende Ausgabe wahrscheinlich lediglich abgeheftet und dann weggelegt hat? Oder wie sollen wir uns das vorstellen?
Erst durch einen Artikel der Zeitschrift „Neues Deutschland“ im Februar 2013 wurde der Verfassungsschutz wach. Vier Monate waren nach der Schaltung der Anzeige schon verstrichen, und es dauerte weitere zehn Tage, bis das Landesamt für Verfassungsschutz darüber informiert worden ist.
Wie kann es sein, dass Sie auf eine Große Anfrage im November letzten Jahres geantwortet haben: „Alles bestens; es gibt keinen Rechtsradikalismus in den Justizvollzugsanstalten“? Das war eine fatale Fehleinschätzung, wie sich nun gezeigt hat. Das ist umso verwunderlicher angesichts dessen, dass das Phänomen der Parallelgesellschaften hin
ter Gittern nichts Neues ist. Die Vorsitzende des Landesverbands der Vollzugsbediensteten, Frau Kannegießer, hat der „HNA“ gesagt – ich darf zitieren –:
Es gibt in unserer Gesellschaft rechtsradikales Gedankengut. Warum sollte das in den Justizvollzugsanstalten anders sein?
In der „Zeit“ war jetzt zu lesen – ich darf zitieren –:
Ein führender Neonazi sagt, im Gefängnis habe er besser arbeiten können als in Freiheit. Die Wärter ließen ihn in Ruhe.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es hatte dann schon einen gewissen Unterhaltungswert, wenn man im Ausschuss, aber auch in den Medien mitbekommen hat, dass der Innenminister und der Justizminister versucht haben, sich wechselseitig die Verantwortung in die Schuhe zu schieben.
So schiebt der Justizminister dem Verfassungsschutz die Schuld in die Schuhe. Im „Darmstädter Echo“ sagte der Innenminister – ich darf hier wörtlich zitieren –, „dass im Bereich der Justiz Fehler gemacht worden seien. Es gebe ‚Fragen zu erfolgten oder nicht erfolgten Postkontrollen‘“.
Zumindest hat Innenminister Rhein nun personelle Konsequenzen beim Verfassungsschutz angekündigt.
Dreist ist es aber, dass dieser Justizminister behauptet, er habe das Netzwerk frühzeitig aufgedeckt – und noch mehr –, er habe es sogar zerschlagen. Am 9. April, also vor genau 17 Tagen, haben Sie gegenüber der „Frankfurter Rundschau“ erklärt, „man befinde sich am Beginn der Ermittlungen“, und Sie hofften darauf, dass dies nicht die Spitze des Eisbergs sei.
Auf sieben der von uns gestellten Fragen im Ausschuss haben Sie geantwortet – das kann man nachlesen –: „Die Ermittlungen dauern noch an.“ Nun klopfen Sie solche Sprüche.
Nichts haben Sie aufgeklärt, nichts haben Sie zerschlagen. Sie haben geschlafen.
Herr Hahn, Sie gerieren sich wieder als Aufklärer der Nation. Stattdessen haben Sie hier selbst Ermittlungen ausgeplaudert. Ich hoffe, dass Sie damit die Ermittlungen nicht gefährdet haben. Nein, solch einen Justizminister hat unser Land nicht verdient.
Anstatt mit dem Finger auf andere Bundesländer zu zeigen, Herr Hahn, sollten Sie erst einmal Ihre eigenen Hausaufgaben in Hessen machen. Das Netzwerk hat sich nämlich in Hessen gegründet und von hier aus seine Aktivitäten auch in andere Bundesländer entwickelt.
Wir brauchen im Justizvollzug gut ausgebildetes Personal, das diese Sprache entziffern kann, das die Symbole erkennt. Wir brauchen auskömmliches Personal, das Zeit hat, die Postkontrollen durchzuführen. Wir brauchen Fachpersonal im psychologischen Dienst, bei den Sozialarbeitern, die, wenn Rechtsradikale erkannt werden, behandlerisch im Sinne des Resozialisierungsgebots des Strafvollzugsgesetzes auf sie einwirken können.
Wirklich skandalös ist, dass wieder einmal die Sicherheitsbehörden gepennt haben und nicht miteinander zusammengearbeitet worden ist.
Ich kann Ihnen nur sagen: Rechtsradikaler Terror muss in unserem Land endlich ernst genommen und ihm muss entschieden begegnet werden.
Rechte Gewalt hat bei uns nichts verloren und muss endlich im Keim erstickt werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Beuth, Sie haben sich so schön aufgeplustert. In Rechtsstaatsfragen sind Sie, wie wir wissen, der ganz große Spezialist. Ich darf Sie nämlich an den Fall Bergstedt erinnern, in dem Sie es zu verantworten hatten, dass Herr Bergstedt vier Tage rechtswidrig in Haft saß. Das ist eines von vielen Beispielen. Ich würde an Ihrer Stelle in Rechtsstaatsfragen etwas schmallippiger auftreten. Das gilt für Sie und Ihre CDUFraktion.
Außerdem würde ich Ihnen empfehlen: Genaues Lesen bildet. Wenn Sie hier schon aus dem Antrag der LINKEN zitieren, dann bitte auch die entscheidende Passage, Punkt 1, wo steht, „dass eine Hausbesetzung in Zeiten … eine notwendige Reaktion darstellt“. Also, wenn Sie schon zitie
ren, dann bitte auch die entscheidende und treffende Passage.
Aber beim Lesen brauchen Sie wahrscheinlich auch eine Nachhilfestunde. Sie haben ja skandalisiert: Zehn Jahre gab es eine Besetzung. Da frage ich mich: Was hat denn in diesen zehn Jahren Ihre frühere CDU-Oberbürgermeisterin in dieser Frage unternommen?
Vielleicht kehren Sie einmal vor der eigenen Haustür.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich kann Ihnen nur sagen: Die Räumung des IvI gehört wahrlich nicht zu den Glanzstunden der Frankfurter Stadtpolitik. Ich erkläre Ihnen auch, warum: Die Durchsetzung von Eigentumsrechten ist das eine. Die politische Auseinandersetzung mit dem IvI ist das andere. Genau das soll im Mittelpunkt meiner Rede stehen. Das ist auch das Entscheidende, nämlich die politische Auseinandersetzung mit dem IvI.
Es ist zutreffend, dass das Institut für vergleichende Irrelevanz ein Haus der Stadt im Kettenhofweg besetzt hat.
Dieses Haus hatte die Universität lange inne und hat auch lange geduldet – –
Die Universität hatte lange geduldet und akzeptiert, dass das IvI dort seinen Platz hat. Schließlich wurde das Gebäude von der Franconofurt AG erworben und die Räumung dieses Hauses gerichtlich durchgesetzt. Das ist richtig. Aber Fakt ist, dass das IvI seit vielen Jahren einen kritischen gesellschaftspolitischen Diskurs in vielerlei Hinsicht betreibt und ein Platz für die kritische Wissenschaft ist.
Das ist so, auch wenn Ihnen das nicht gefällt.
In den letzten Jahren haben dort renommierte Wissenschaftler Vorlesungen gehalten. Es wurden verschiedene Jugendprojekte durchgeführt. Und der Leiter des Instituts für Sozialforschung, Prof. Honneth, hat eingefordert und darum gebeten, dass diesem Projekt eine Chance gegeben wird.
Es kommt auch nicht von ungefähr, dass der Politikwissenschaftler Hirsch dem Rechtsstaat hier beitreten wollte. Das kommt nicht von ungefähr.
Ich frage Sie: Ist es nicht die Stadt Frankfurt am Main, die ganz in der Tradition der Sozialwissenschaft Adornos, Horkheimers und Habermas‘ steht? Ist das nicht die Stadt Frankfurt?
Ich möchte Bezug nehmen auf den Antrag, den Herr Dr. Wilken schon zitiert hat. Fragwürdig ist, dass eine Räumung vollzogen wurde und erst heute Abend im Römer über den Antrag entschieden wird, der auch von der SPD getragen wird, nämlich dem IvI eine Zukunft zu geben und zu überlegen, wie es weitergehen kann.
Das wird heute Abend erst im Römer beraten und entschieden. Mit dem Antrag wird beraten, ob nicht dem IvI eine neue Liegenschaft zur Verfügung gestellt werden kann und ob nicht das IvI als eingetragener Verein dort als Rechtsträger, als Pate zur Verfügung stehen kann.
Ich kann Ihnen nur sagen: Bei der Frage nach der Zukunft des IvI wie auch der Frage der Deeskalation hat sich Schwarz-Grün im Römer nicht mit Ruhm bekleckert.
Aber genau das wollte Oberbürgermeister Feldmann doch tun, und nichts anderes. Er wollte deeskalierend auf diese Auseinandersetzung wirken. Da kann ich mich wirklich nur anschließen. Auch gegenüber der Presse hat er wörtlich gesagt, die Frage der demokratischen Beteiligung sei für ihn äußerst wichtig. Frankfurt solle als offene liberale Stadt kennengelernt werden.
Lassen Sie mich zum Schluss noch eines anmerken, was mir auch besonders wichtig ist. Es ist erfreulich und zu begrüßen, dass die Räumung friedlich verlaufen ist. Dank ist auch an die Polizeibeamtinnen und -beamten zu richten, die im Einsatz waren und angemessen und besonnen reagiert haben. Vielen Dank an diese Personen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Jugendarrest in Hessen muss besser werden. Dazu bedarf es einer gesetzlichen Grundlage. 70 % der jugendlichen Arrestan
ten werden nämlich rückfällig. Der hessische Steuerzahler wird nach dem Haushaltsplan im nächsten Jahr 13 Millionen € für den Jugendarrest ausgeben.
Bei jugendlichen Straftätern, deren Persönlichkeitsentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, haben wir die größten Einwirkungsmöglichkeiten dahin gehend, dass sie künftig ein Leben ohne Straftaten führen. Diese Chance müssen wir nutzen: im Sinne der Jugendlichen, aber auch im Sinne der Gesellschaft, die vor Straftaten geschützt werden muss.
Der Jugendarrest ist, wie Sie vielleicht wissen, ein Zuchtmittel. Er ist im Moment in der Tat nur rudimentär ausgestaltet – etwa in Verwaltungsvorschriften und in Rechtsverordnungen –, obwohl Hessen nach der Föderalismusreform dafür eine gesetzliche Zuständigkeit hat. So hat das Bundesverfassungsgericht selbst im Jahr 2006 angemahnt, dass Grundrechtseingriffe wie der Freiheitsentzug – damit haben wir es hier zu tun – einer gesetzlichen Grundlage bedürfen.
Meine Damen und Herren, da die Landesregierung wohl nicht mehr die Kraft und auch keine Konzeption für den Jugendarrest hat, haben wir als SPD-Fraktion nun einen Gesetzentwurf in den Hessischen Landtag eingebracht.
Darauf werde ich später eingehen. – Schwerpunkt unseres Gesetzentwurfs ist die Förderung des Jugendlichen, insbesondere die erzieherische Ausgestaltung des Jugendarrests und die Bildung des Jugendlichen. Wir wollen dies in ein pädagogisches Gesamtkonzept fassen, bei dem Förderung, Erziehung und Bildung der Jugendlichen im Vordergrund stehen. Konzeptionell wollen wir dabei einen Blick auf den Dauerarrest werfen, weil wir bei dem Dauerarrest die größte Möglichkeit haben – im Vergleich zu dem Kurzarrest –, auf die Jugendlichen einzuwirken.
Im Einzelnen soll im Jugendarrest mit den unterschiedlichen Professionen, dem allgemeinen Vollzugsdienst, Sozialarbeitern, Psychologen, direkt am Jugendlichen vernetzt zusammengearbeitet werden. Meine Damen und Herren, das wollen wir mit sozialen Trainingskursen, Angeboten der Jugendbildungsarbeit, aktiver Freizeitgestaltung, aber auch mit der Vermittlung von Anlaufstellen, Kontaktstellen für die Jugendlichen erreichen.
Ganz wichtig ist uns, dass in dieser denkbar knappen Zeit mögliche Leerlaufzeiten für die Jugendlichen begrenzt werden. Wir wollen in dieser Zeit im Arrest eng und effizient am Jugendlichen arbeiten. Wir wollen für jeden Jugendlichen einen sogenannten individuellen Förderplan aufstellen, ihm Verantwortungsbewusstsein für sein eigenes Leben, aber auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Straftat verschaffen. Wir wollen ihn dazu befähigen, sozial verträgliches Verhalten zu erlernen. Der Bildungsansatz unseres Gesetzentwurfs ist es, die Fähigkeiten und Begabungen jedes einzelnen Jugendlichen zu wecken und zu fördern.
Bei der Freizeitgestaltung wollen wir individuelle Angebote machen, aber auch Gemeinschaftsaktivitäten herausstel
len, Lern- und Bildungsangebote, Sportmöglichkeiten und Kreativitätsangebote schaffen.
Wir denken – das ist ganz, ganz wichtig – auch an die Nachsorge nach dem Arrest. Wir müssen schauen, dass es nicht mit dem Arrest aufhört, sondern die jungen Menschen müssen, wenn sie aus dem Arrest entlassen werden, in ein Netzwerk entlassen werden. Man muss ihnen Angebote für Anlaufstellen machen, Personen, Vereine, Bildungsstätten, die sich außervollzuglich mit dem Jugendlichen beschäftigen,
damit er eben nicht ins Leere fällt, sondern weitere, an den Jugendarrest anknüpfende Angebote erhält. Genau das ist unser Ansatz.
Herr Müller, Sie von der FDP werden jetzt wahrscheinlich gleich einwenden – Sie haben es schon über die Presse verlautbaren lassen –: „Dieser Gesetzentwurf ist ein Schnellschuss. Wir machen doch schon guten Jugendarrest in Hessen.“ Herr Müller, vorauseilend darf ich Ihnen dazu aber sagen: Die Zahlen – 70 % Rückfallquote – sprechen doch gegen Sie und sind ein Armutszeugnis. Sie zeigen uns, dass der Jugendarrest in Hessen viel, viel besser werden muss.
Herr Bauer, weil Sie das vorhin schon dazwischengerufen haben: In der Tat haben wir unseren Gesetzentwurf mit Experten aus Wissenschaft und Praxis ausführlich diskutiert. Unser Gesetzentwurf lehnt sich an die Eckpunkte der länderübergreifenden Arbeitsgruppe an. Es gibt bereits einen entsprechenden Gesetzentwurf in Nordrhein-Westfalen. Auch in Hamburg – hören Sie bitte einmal zu – hat die CDU-Bürgerschaftsfraktion einen entsprechenden Entwurf auf den Weg gebracht. Auch von dieser Seite hat man offensichtlich Handlungsbedarf gesehen.
Ich lade Sie deshalb, gerade die die Regierung tragenden Fraktionen, ein, unseren Gesetzentwurf als Grundlage für einen besseren Jugendarrest zu begreifen und ihn mit uns im Sinne der Sache zu beraten. Außerdem wissen alle Justizvollzugspraktiker: Wir brauchen endlich ein Konzept für den Jugendarrest. Wir brauchen endlich eine gesetzliche Grundlage. Danach lechzt der Jugendarrest.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, wir brauchen mehr denn je alle jungen Menschen. Wir sind völlig verrückt, wenn wir sie der Drogenszene, der Prostitution, dem Diebstahl und der Gewalt ausliefern. Helfen Sie, den jungen Menschen in unserem Land mit diesem Gesetz eine neue Perspektive zu geben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat ist es ein Skandal, dass Frauen in unserer Gesellschaft auch am heutigen Tag noch rund ein Viertel weniger verdienen als Männer in vergleichbaren Berufen.
Frauen müssen deshalb im Schnitt – das haben meine Kolleginnen schon deutlich gemacht – drei Monate länger ar
beiten, um die Gehaltsdifferenz zu den männlichen Kollegen auszugleichen.
Was diese Entgeltlücke anbelangt, ist Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern absolutes Schlusslicht.
Meine Damen und Herren, ich frage Sie wirklich: Wie viele Equal-Pay-Tage, wie viele Aktionstage brauchen wir noch, um diese schreiende Ungerechtigkeit in unserem Land zu beseitigen?
Die Ursachen für diese Ungerechtigkeit sind differenziert. Oft sind Frauen in Berufen tätig, die als minderqualifiziert gelten. Hinsichtlich der Führungschancen und der Qualifikation sind die Ungleichheiten besonders groß. Frauen – das ist das erste große Problem – sind oft teilzeitbeschäftigt bzw. arbeiten in Minijobs. Sie sind häufig geringfügig beschäftigt und in Branchen wie z. B. der Reinigungsbranche oder im Verkauf tätig, wo die Bezahlung besonders schlecht ist.
Frauen erfahren aber oft auch Benachteiligungen bei Beurteilungen, Höhergruppierungen oder Beförderungen. Das muss an dieser Stelle auch ganz deutlich gesagt werden, meine Damen und Herren.
Nach familienbedingten Unterbrechungszeiten wie dem Mutterschutz und Erziehungszeiten erfahren viele Frauen nicht nur eine schlechtere Entlohnung als Männer, sondern es folgt auch noch der befürchtete Karriereknick, meine Damen und Herren.
Wir brauchen in dieser Frage endlich einen gesellschaftspolitischen Wandel. Wir brauchen endlich ein Entgeltgleichheitsgesetz für mehr Lohngerechtigkeit in unserem Land.
Es ist jammerschade, dass ein entsprechender Gesetzentwurf auf Bundesebene gerade von Ihnen auf der rechten Seite des Hauses jüngst abgelehnt worden ist. Das ist eine Schande, meine Damen und Herren.
Eines kann ich Ihnen sagen: Die Zeit der warmen Worte ist vorbei. Wir brauchen endlich eine gesetzlich vorgeschriebene Quote, die vorsieht, 40 % der Spitzenpositionen in der freien Wirtschaft mit Frauen zu besetzen.
Denn an eines will ich Sie an dieser Stelle auch erinnern: Es ist zehn Jahre her, dass die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft eine entsprechende freiwillige Vereinbarung unterzeichnet haben. Was ist seitdem geschehen?
Nichts. Gerade einmal 3 % aller Führungsfunktionen in der freien Wirtschaft sind mit Frauen besetzt. Das ist doch gar nichts, meine Damen und Herren.
Auch deshalb ist der Vorschlag der EU-Kommission, den die Kollegin eben vorgetragen hat, genau der richtige Ansatz, der richtige Weg. Sie sollten endlich mit Ihrer Blockadepolitik aufhören, die versucht, das zu verhindern.
Ich kann Ihnen an diesem Equal Pay Day nur eines zurufen: Beenden Sie endlich diese schreiende Ungerechtigkeit. Frauen sind mehr wert.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beraten in zweiter Lesung einen Gesetzentwurf, der als Gesetz zum Ziel haben wird, dass die Sicherungsverwahrung durch das Land Hessen und das Land Thüringen in einer gemeinsamen Einrichtung, nämlich der in Schwalmstadt, erfolgen wird.
Die Fachpolitiker zumindest wissen das. Aber ich hoffe, dass es mittlerweile auch die Mitglieder des kompletten Hauses wissen. Denn wir haben über die Sicherungsverwahrung schon öfter gesprochen.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit einer bemerkenswerten Entscheidung vom 4. Mai 2011 bei der Sicherungsverwahrung völlig neue Standards gesetzt. Es geht hier also um die Schwerstkriminellen, die aufgrund der Sicherheitslage untergebracht werden müssen.
Es hat neue Standards im Hinblick auf die erforderlichen Therapieangebote aber auch im Hinblick auf das Abstandsgebot gesetzt. Das heißt, es muss eine strikte Trennung zwischen den Sicherungsverwahrten auf der einen Seite und den Strafgefangenen auf der anderen Seite geben.
Ich will einräumen, dass diese Aufgabe eine Herausforderung für alle Bundesländer, aber natürlich auch für den Bund selbst ist. Dieser Aufgabe hat sich natürlich auch das Land Hessen zu stellen gehabt. Der eigentliche Gesetzentwurf wurde während der letzten Plenarsitzungsrunde mit Mehrheit mit den Stimmen der die Regierung tragenden Fraktionen verabschiedet.
Die SPD-Fraktion hat von Anfang an kritisiert, dass es unsägliche und vollmundige Ankündigungen des Justizministers Hahn gegeben hat, der leider heute während dieser Debatte nicht anwesend ist. Erst wollte er einen „Superknast“ einrichten.
Jetzt aber wollen wir – und das ist zu begrüßen – wenigstens eine gemeinsame Einrichtung mit Thüringen auf den Weg bringen. Das ist deshalb zu begrüßen, weil es Synergien schafft und natürlich auch wirtschaftlicher ist.
Aber natürlich ist es völlig deplatziert, sich hier vonseiten der Landesregierung zu beweihräuchern oder zu loben. Denn, und daran muss ich an dieser Stelle erinnern, durch Ihr selbstverschuldetes Hin und Her zwischen den Standorten Weiterstadt und Schwalmstadt – glücklicherweise wird es Schwalmstadt – haben Sie wertvolle Zeit verloren. Die Zeit drängt. Zum 31.05. dieses Jahres müssen die neuen Standards umgesetzt werden.
Dabei hat diese Landesregierung sehr viel wertvolle Zeit verspielt.
Was die Kosten anbelangt, so stand zu befürchten, dass sie explodieren. Herr Müller, da brauchen Sie gar nicht den Kopf zu schütteln. Ich appelliere an Ihr Erinnerungsvermögen: Die Kosten schienen zu explodieren, weil Sie beispielsweise die falsche Zimmergröße angenommen hatten und auch falsche Energiekosten.
Wegen diesem Hin und Her und auch aus Gründen der Unprofessionalität müssen die Sicherungsverwahrten nun übergangsweise in Weiterstadt untergebracht werden. Das bedingt, dass in Weiterstadt zusätzliche Umbaukosten anfallen und natürlich auch weitere Zusatzkosten für das Personal; denn es werden professionelle Kräfte aus dem allgemeinen Vollzugsdienst der JVA Schwalmstadt übergangsweise in Weiterstadt Dienst tun und auch dort wohnen. Diese zusätzlichen Kosten wären hinfällig gewesen, wenn Sie hier von Anfang an professioneller gearbeitet hätten.
Eines aber kann ich Ihnen sagen: Herr Dr. Kriszeleit, Sie werden genügend Gelegenheit haben, dem zuständigen Fachausschuss Rechenschaft über diese Zusatzkosten abzulegen. Auf unseren Wunsch hin findet die nächste Sitzung des Unterausschusses Justizvollzug in der JVA Weiterstadt statt, und die SPD-Fraktion hat einen diesbezüglichen Berichtsantrag auf den Weg gebracht, in dem wir genau diese Zusatzkosten abfragen. Sie werden da also genügend Zeit und Raum haben, uns das im Detail darzulegen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, bei der Umsetzung der Neuregelung der Sicherungsverwahrung in Hessen sind seitens der Landesregierung viele Fehler gemacht worden. Aber es ist sinnvoll, hier eine gemeinsame Einrichtung mit Thüringen zu realisieren. Deshalb wird die SPD-Landtagsfraktion diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dem Bundesverfassungsgericht sei Dank, denn es hat bereits zum fünften Mal die Diskriminierung eingetragener Lebenspartnerschaften für verfassungswidrig erklärt. Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung – deswegen gab es da keine Überraschung – hat das Bundesverfassungsgericht auch diesmal deutlich gemacht, dass nach Art. 6 Grundgesetz andere Lebensgemeinschaften in Bezug auf die Ehe eben nicht pauschal abständlich behandelt werden oder etwa mit geringeren Rechten ausgestattet werden dürfen. Es war also die Rechtsprechung, nicht die Politik, die das mehrfach deutlich gemacht und die Ungleichbehandlung beseitigt hat. Im Gegenteil, Sie von der CDU und der FDP – insbesondere von der CDU – sind es doch, die seit Jahren die Gleichstellung torpedieren und verhindern.
Dabei ist das doch keine Rechtsfrage, sondern eine politische Frage, die wir endlich angehen müssen und die wir von der SPD seit Jahren anprangern. Sie von der CDU haben jüngst, in einem Parteitagsbeschluss vom April letzten Jahres und in einem Parteitagsbeschluss von Dezember letzten Jahres, mit Unterstützung der Bundeskanzlerin Merkel die Gleichstellung der Lebenspartnerschaften mit
der Ehe verhindert. Dabei hat der Ex-Verfassungsrichter Papier ganz klar attestiert – ich darf zitieren –:
Der Gesetzgeber hat nach geltendem Verfassungsrecht bei der Gleichstellung keine Wahl mehr.
Davon völlig unbeeindruckt zeigen Sie sich, Herr Fraktionsvorsitzender Dr. Wagner, als ewig gestriger Betonkopf.
Ich darf Sie zitieren. Sie haben verlautbaren lassen, dass eine Gleichstellung von Ihnen nicht mitgetragen werde, denn Ehe und Familie stünden nach Art. 6 Grundgesetz unter dem besonderen Schutz des Staates. Nur so bleibe der fortwährende Bestand der Gesellschaft gesichert.
Meine Damen und Herren, das ist doch absurd.
Die SPD fordert seit Langem eine Öffnung der Ehe für Paare gleichen Geschlechts. Es ist nicht länger hinnehmbar, dass gleichgeschlechtliche Paare nicht gemeinsam ein Kind adoptieren dürfen. Es ist nicht länger hinnehmbar, dass eingetragene Lebenspartnerschaften im Gegensatz zu Ehen steuerrechtlich, erbrechtlich und im Versorgungsrecht diskriminiert werden. Das ist nicht länger hinnehmbar.
Herr Dr. Wagner, ich spreche Sie noch einmal ganz gezielt an.
Sie befinden sich mit Ihren Positionen nicht nur gesellschaftspolitisch im Abseits, sondern Sie missachten auch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.
Meine Damen und Herren, was aber dem Fass den Boden ausschlägt, sind die Äußerungen der CDU-Bundestagsabgeordneten Frau Steinbach,
die mit den Worten – ich darf zitieren – „Wer schützt eigentlich unsere Verfassung vor den Verfassungsrichtern?“ unser höchstes Gericht und Verfassungsorgan auf eine unerträgliche Art und Weise angreift.
Das Bundesverfassungsgericht hatte in den letzten Jahrzehnten einen maßgeblichen Anteil an der Entwicklung
Deutschlands als demokratischem Rechtsstaat, und es hat über die Einhaltung des Grundgesetzes sowie über die Durchsetzung der Grundrechte gewacht. Es hat maßgeblich zum Ansehen und zur Bedeutung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung beigetragen.
Deshalb fordere ich Sie als Verantwortliche der hessischen CDU auf – insbesondere Sie als CDU-Landesvorsitzender, Herr Ministerpräsident Bouffier –, sich von diesen undemokratischen und diffamierenden Äußerungen Ihrer CDUBundestagsabgeordneten zu distanzieren.
Lassen Sie mich noch einmal eines klarstellen: Wer die Integrität des Verfassungsgerichts angreift, greift die Verfassung selbst an.
Letzter Satz. – Eine demokratische Partei muss deshalb ein solches Verhalten in den Reihen ihrer Mitglieder beenden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin über den Wortbeitrag des Justizministers schon etwas irritiert. Denn ich habe an dieser Stelle eine staatstragende Rede und nicht die Beschimpfung der Opposition erwartet.
Aber das können Sie wahrscheinlich nicht.
Nun komme ich auf das Thema zu sprechen. Um was es geht, wurde eben schon vom Justizminister dargestellt. Auch wir begrüßen als SPD-Fraktion in der Tat die gemeinsame Unterbringung der Sicherungsuntergebrachten aus Thüringen und Hessen in Schwalmstadt, zum einen deshalb, weil erhebliche Synergien genutzt werden können, aber natürlich auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Da können wir schon unterscheiden und differenzieren. Das, was hier mit dem Staatsvertrag vorgelegt wird, ist absolut sinnvoll und findet unsere Unterstützung.
Das, was Sie am 18. Mai 2011 vorgeschlagen haben, war aber absoluter Kappes. Es war in der „Bild“-Zeitung zu lesen. Da haben Sie – so kennen wir Sie ja – großkotzig einen Superknast gefordert.
Das muss man einmal so sagen.
Sie wollten einen Superknast in Hessen, am besten noch für die ganze Bundesrepublik Deutschland. Das ist Kappes, weil es fachlich überhaupt nicht sinnvoll gewesen wäre. Glücklicherweise ist, wie wir heute wissen, daraus nichts geworden.
Denn man kann natürlich nicht für ganz Deutschland in einem Bundesland so eine Einrichtung schaffen. Man sollte das auch nicht tun.
Was jetzt vorgelegt worden ist, ist vernünftig. Es sollen 60 Plätze für Thüringen und Hessen geschaffen werden.
Sie haben es selbst angesprochen. Natürlich muss auch noch einmal an Ihre Fehlplanung erinnert werden, die die Kosten nach oben getrieben hat. Glücklicherweise kommen wir jetzt davon etwas herunter. Es war Ihre Fehlplanung. Es waren fehlerhafte energetische Berechnungen und fehlerhafte Berechnungen hinsichtlich der Zimmergröße der Sicherungsuntergebrachten, die die ursprünglich vorgesehenen Kosten nach oben getrieben haben.
Das sieht jetzt glücklicherweise etwas anders aus. Ich muss an dieser Stelle trotzdem noch einmal etwas Wasser in den Wein gießen. Denn wir wissen in der Tat noch nicht, was die kurzfristige Unterbringung der Sicherungsuntergebrachten in der Justizvollzugsanstalt Weiterstadt den hessischen Steuerzahler kosten wird. Wie Sie alle wissen, müssen die Sicherungsuntergebrachten ein Jahr lang in der Justizvollzugsanstalt Weiterstadt untergebracht werden, da wir durch Ihre Fehlplanung viel Zeit verloren haben.
In der Justizvollzugsanstalt Weiterstadt muss natürlich auch umgebaut werden. Das kostet zusätzlich Geld. Das erfordert zusätzliche Strapazen für die Bediensteten, die aus Schwalmstadt kommen und in der Justizvollzugsanstalt Weiterstadt arbeiten müssen. Sie müssen hin- und herpendeln. Zum Teil sind sie trotz Familien in Weiterstadt interimsmäßig untergebracht. Das sind zusätzliche Strapazen.
Da wird natürlich auch zusätzlich Geld des Steuerzahlers benötigt. Das hätten wir auch anders haben können.
Aber zur Güte will ich noch einmal etwas zum Staatsvertrag sagen, dem wir zustimmen werden, weil er in die richtige Richtung geht. Ich habe schon gesagt, dass da Synergien genutzt werden, auch in wirtschaftlicher Hinsicht.
Es ist auch konsequent, dass er auf Dauer angelegt ist. Bei so einer Einrichtung muss man das auf Dauer anlegen. Das sieht man an der Kündigungsregelung oder auch an der Vertragslaufzeit.
Es ist auch konsequent, dass Thüringen 25 % der Kosten übernehmen wird. Denn Thüringen ist ein kleines Bundesland und wird weniger Sicherungsuntergebrachte haben. Es wird ca. 15 der 60 Plätze in Anspruch nehmen.
Wir wissen allerdings, dass das nur prognostizierte Zahlen sind. Denn wie viele Sicherungsuntergebrachte wir in der Tat in der Einrichtung unterbringen müssen, weiß heute noch keiner.
Ich will zum Schluss meiner Rede auf einen weiteren Aspekt eingehen, der in dem Gesetzentwurf beschrieben wird. Dabei geht es nämlich um die Frage der für eine Therapie Untergebrachten.
Sie wissen vielleicht, dass es ein Therapieunterbringungsgesetz gibt. Da geht es um die Menschen, die eigentlich nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht mehr eingesperrt sein dürften, zu denen aber der Gesetzgeber gesagt hat, sie würden an einer psychischen Störung leiden, und von ihnen gingen womöglich Gewalt oder Sexualstraftaten aus, sie seien demnach so gefährlich, dass sie aufgrund eines gesonderten Gesetzes, nämlich des Therapieunterbringungsgesetzes, separat in Einrichtungen untergebracht werden müssen. Wir wissen, dass das im Moment die Vitos GmbH unter Federführung des Sozialministeriums macht. Zukünftig sollen sie aber auch in der Haftanstalt in Schwalmstadt untergebracht werden.
Das ist nicht gerade unproblematisch. Wenn es so kommen sollte, müssen wir darauf achten, dass für sie entsprechend dem Therapieunterbringungsgesetz ausreichend Therapieangebote vorgehalten werden.
Insgesamt ist es absolut zu begrüßen, dass wir eine gemeinsame Unterbringung der Sicherungsuntergebrachten mit dem Land Thüringen auf den Weg bringen. Deshalb werden die Mitglieder der SPD-Landtagsfraktion diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nein, ich werde die LINKEN hier nicht außen vor lassen, sondern an der Frage noch einmal stellen. Der Wortbeitrag von Dr. Wilken hat deutlich gemacht, dass Sie glücklicherweise in der Frage hier im Hause alleine dastehen. Es ist abenteuerlich, was Sie eben vorgetragen haben.
Gefährlichste Menschen, von denen alle Gutachten sagen, sie sind so gefährlich, dass sie mit höchster Wahrscheinlichkeit wieder schwerste Straftaten verüben werden, sollen in Freiheit gelassen werden, aber dann machen wir etwas für die Opfer – das ist wirklich abenteuerlich und absolut inakzeptabel.
Nun zur Sache zurück. In der Tat ist es so, dass das Bundesverfassungsgericht in einer bemerkenswerten Entscheidung vom 04.05.2011 einen Paradigmenwechsel in der Frage eingeleitet hat, wie Sicherungsuntergebrachte – ich verwende ausdrücklich diesen Terminus – in Zukunft untergebracht werden sollen, mit neuen Standards im Hinblick etwa auf die Therapie. Und das ist auch gut so. Nun beraten wir in zweiter Lesung, wie das Land Hessen diesen gesetzlichen Auftrag ausfüllt. Herr Paulus, ich weiß nicht, ob wir auf verschiedenen Veranstaltungen waren, weil Sie gesagt haben, das Gesetz sei auf positive Resonanz gestoßen.
Wir haben zahlreiche Anregungen aus der Anhörung aufgenommen, Sie wohl auch. Ich möchte mich noch einmal bei Ihnen bedanken. Nachdem wir einen Änderungsantrag zu diesem Gesetzentwurf vorgelegt haben, sind Sie auch in die Puschen gekommen und haben einige Änderungen in unserem Sinn aufgenommen. Ich weiß zwar, dass Sie zum Jagen getragen werden müssen. Aber das haben Sie auf jeden Fall gemacht.
Ich möchte fünf zentrale Punkte aus unserer Sicht benennen. In der Tat ist es aus der Anhörung ersichtlich geworden, dass wir nicht immer zwingend zwei Gutachter brauchen, um vollzugsöffnende Maßnahmen zu gewähren. Warum nicht? – Weil der Erkenntniszuwachs gering ist. Die Sicherungsuntergebrachten, die in der Einrichtung sind, sind forensisch schon sehr gut erfasst. Auch die Gutachten, die zurate gezogen werden, werden von der Anstalt selbst, dem Justizministerium und der Vollstreckungskam
mer überprüft. Außerdem birgt die Zweitbegutachtung die Gefahr in sich, dass Verzögerungen entstehen.
Meine Damen und Herren, schließlich kostet es unnötig Steuergelder, wenn wir das immer zwingend vorschreiben würden. Insofern haben wir jetzt eine vernünftige Regelung in unserem Änderungsantrag vorgeschlagen.
Zweiter Punkt. Sie wollen die Freistellungsmöglichkeiten der Sicherungsuntergebrachten von drei auf sechs Monate verlängern. Das haben Sie übernommen. Drei Monate sind ein viel zu kurzer Zeitraum, um diejenigen wieder in die Freiheit zu bringen und sie in das Leben in Freiheit wieder einzugliedern. Das betrifft etwa die Arbeitsplatzsuche und die Wohnungssuche. Da ist es konsequent, das auf sechs Monate zu verlängern. Alles andere, so glaube ich, ist mit der Realität nicht vereinbar.
Dritter Punkt. Auch da handelt es sich um eine Anregung aus der Anhörung. Für uns ist es ganz wichtig, dass wir eine Supervision für die Bediensteten in das Gesetz schreiben. Denn wir wissen, dass es die Bediensteten mit einer höchst problematischen und höchst schwierigen Klientel zu tun haben. Die Bediensteten brauchen eine professionelle Begleitung. Deshalb muss eine Supervision Bestandteil ihrer Arbeit sein. Sie muss im Gesetz festgeschrieben werden.
Vierter Punkt. Herr Paulus, das sehe ich ganz anders als Sie. Das betrifft die Gewalt. Wir haben zu dem Thema Gewalt unter Gefangenen und Gewalt in der Sicherungsunterbringung einen Berichtsantrag in den Hessischen Landtag eingebracht. Denn wir wissen doch alle: Gewalt unter Gefangenen findet statt. Sie bleibt oft unerkannt und ist subtil. Wir haben eine unglaublich hohe Dunkelziffer. Deshalb ist es wichtig, dass wir den Schutz der Untergebrachten vor Übergriffen ausdrücklich in das Gesetz hineinschreiben.
Meine Damen und Herren, ich komme nun auf die zwei Punkte zu sprechen, bei denen wir einen Dissens haben. Zum einen geht es um die Frage der Therapieangebote.
Da will ich direkt zu Herrn Paulus etwas sagen: Da haben Sie uns wohl missverstanden. Unserer Ansicht nach geht es nicht um eine Einschränkung der Therapieangebote. Nein, es geht um eine Flexibilisierung der Therapieangebote, und zwar so, wie es die Praxis in der Anhörung gefordert hat.
Warum ist das so? – Auf der einen Seite haben wir diejenigen, die kaum wirklich erreichbar sind. In der Fachwelt spricht man davon, dass sie therapieunfähig seien.
Auf der anderen Seite haben wir diejenigen, die sich irgendwann völlig verschließen, die zumachen. Für die brauchen wir eine größtmögliche Flexibilisierung der Therapieangebote. Wir brauchen die Möglichkeit, dass eine Therapiemaßnahme einmal beendet wird, ohne dabei die gesamte Maßnahme zu gefährden. Es geht hier um eine Flexibilisierung und um praxistaugliche Regelungen. Deshalb haben wir das vorgeschlagen.
Ich komme nun zum letzten Punkt aus meiner Sicht. Das betrifft den zentralen Dissens, den wir haben. Dabei geht es um die Frage des Arbeitsgebotes. Ich bitte Sie, da sprachlich genau zu bleiben. Es geht uns um ein Arbeitsgebot.
Herr Kollege Honka hat gesagt, wir würden da einen Sonderweg beschreiten. Das ist mitnichten der Fall. Die Regelung, die wir aufgenommen haben, ist an den bayerischen Gesetzestext angelehnt.
Sie sind auf Thüringen eingegangen. Wir haben heute Morgen erst den Staatsvertrag zusammen besprochen. Sie hätten in den Gesetzentwurf etwas genauer hineinschauen sollen. Natürlich findet für die thüringischen und die hessischen Untergebrachten das hessische Gesetz Anwendung.
Ich darf Ihnen die Regelung, die wir vorschlagen, noch einmal vorlesen. Sie ist natürlich verfassungskonform. Sie lautet:
Sicherungsverwahrte sind verpflichtet, eine ihnen aus behandlerischen Gründen zugewiesene, angemessene Arbeit oder arbeitstherapeutische Maßnahme auszuüben und das vorhandene schulische oder berufliche Bildungsangebot zu nutzen, soweit sie dazu in der Lage sind.
Praktiker aus dem Vollzug wissen es doch: Mancher Verwahrte, der sich ansonsten vollständig zurückziehen würde, kann durch solche Arbeitsangebote erreicht und in einen strukturieren Tagesablauf integriert werden.
Das will ich ausdrücklich noch einmal sagen – alle, die sich in der Materie auskennen, wissen das –: Die Arbeit ist der Kernbestandteil der Resozialisierung. – Das Bundesverfassungsgericht hat bei den Sicherungsuntergebrachten die Arbeit als geeignete Resozialisierungs- bzw. Handlungsmaßnahme anerkannt.
Sie wissen das doch bestimmt auch: Viele Untergebrachte wollen ohnehin arbeiten. Die Nachfrage nach Arbeit ist unter den Sicherungsverwahrten oft größer als das tatsächliche Arbeitsangebot. Vor dem Hintergrund der unbedingten Verpflichtung – –
Das mache ich gleich.
Zum Schluss meiner Rede möchte ich noch einmal auf den Beschluss des Landgerichts Marburg eingehen. Meine Damen und Herren, da muss ich Ihnen ganz klar sagen, dass das wirklich – –
Ich komme jetzt zum Schluss meiner Rede. – Der Beschluss des Landgerichts Marburg, auf den Sie verwiesen haben, stellt doch wirklich einen Zirkelschluss dar. Denn dieser Beschluss verweist wiederum auf den Entwurf des
Landesgesetzgebers. Damit zu kommen, war absolut peinlich.
Insofern werden wir uns bei diesem Gesetzentwurf der Stimme enthalten.
Ich frage die Landesregierung:
Warum wurde entgegen ihrer Aussage in der Beantwortung auf die Kleine Anfrage Drucks. 18/6010 das vom Netzwerk gegen Gewalt für das Jahr 2012 geplante Medienethikcamp nicht durchgeführt?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieser Selbstbeweihräucherungsantrag von CDU und FDP ist nicht nur
peinlich, sondern er zeigt auch, wie groß die Not bei FDP und CDU sein muss.
Dieser Antrag ist ein untauglicher Versuch der Regierungskoalition, den gebeutelten Justizminister mit seiner Selbstbedienungsmentalität bei der Eintracht und angesichts niedriger Umfragewerte in ein gutes Licht zu stellen.
Es ist völlig daneben, den Vorsitz Hessens bei der Justizministerkonferenz besonders hervorzuheben oder ihn gar in besonderes Licht zu stellen; denn die Ergebnisse in diesem Jahr des Vorsitzes waren wirklich kein Ruhmesblatt, sondern sehr dünn.
Ich kann nur eines konstatieren: dass Sie hier viel heiße Luft produziert haben. Aber das ist wahrscheinlich das Einzige, was Sie noch können.
Ein Beispiel haben Sie selbst angeführt, dass mit viel Tamtamtam die Tochter von Frau Timoschenko einflogen worden ist. Es kam fast zu einem Eklat bei der Justizministerkonferenz. Eines muss man Ihnen lassen: Die PR war ganz nett. Aber zentrale Fragen der Menschenrechte, der Sicherung von Demokratie und Rechtsstaat haben Sie mit dieser Aktion nicht beantwortet.
Nun zu den Themen, bei denen wir uns in der Tat fragen: Was haben Sie in diesem Jahr nicht bewegt, oder wo hätte etwas geschehen müssen? Wie sieht es etwa aus mit Ihrer Initiative aus der Justizministerkonferenz zum Anstieg der Betreuungskosten? Wir bräuchten endlich neue Regelungen, um die immer weiter steigenden Betreuungskosten zu begrenzen. Wo bleibt da Ihre Initiative? Wo bleibt Ihre Initiative unter Wahrung des Zugangs des Rechts, die Einnahmesituation der Justiz endlich zu verbessern? Das sind drängende Fragen, Herr Müller, und keine anderen.
Wo bleibt Ihre Initiative, die Wirtschaftskriminalität effektiv zu bekämpfen? Sie sind doch der Bremser bei der Reform des Wirtschaftsstrafrechts. Da ist Hessen doch der Bremser.
Genauso sind Sie der Bremsklotz bei der Regelung der Abgeordnetenbestechung. Das wollen Sie doch nicht.
Nein, meine Damen und Herren, Sie haben sich wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert.
Nun zu den inhaltlichen Aspekten Ihres Antrags. Es ist unbestritten, dass die Fahndung in sozialen Netzwerken enorme Chancen für die Arbeit der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden bietet. Die sozialen Netzwerke – ich
glaube, das ist Usus – gehören für viele Menschen wie selbstverständlich zum Alltag. Die gehören zur Kommunikation der Menschen untereinander. Bereits heute betreibt die Polizei auf Facebook ein eigenes Profil, und regelmäßig wird dies von 2.200 Nutzern besucht.
Auch wir sind der Auffassung, dass es sinnvoll ist, im Rahmen polizeilicher Fahndungsmaßnahmen die neuen Medien mit sozialen Netzwerken einzubeziehen, aber unter rechtsstaatlichen und datenschutzrechtlichen Aspekten.
Meine Damen und Herren, Hessen ist hier aber nicht vorne. Machen Sie sich doch nicht lächerlich. Wir wissen, dass die Facebook-Fahndung schon seit Langem erfolgreich in Niedersachsen praktiziert wird. Da sind Sie nicht vorne, sondern vollziehen nur eine Entwicklung nach. Sie haben jetzt eine Arbeitsgruppe gegründet, die entsprechende Regelungen überprüfen soll.
Es ist auch wichtig, dass wir uns die rechtlichen Rahmenbedingungen einer solchen Facebook-Fahndung genauer anschauen und etwa auch problematisieren, was passiert, wenn jemand zu Unrecht an den Pranger gestellt wird. Wir wissen, dass entsprechende Daten sich in den Netzwerken im Internet viel schneller verbreiten und eine ganz andere Dynamik haben als bei anderen Kommunikationswegen. Was ist mit den Fällen der Selbstjustiz? Auf gar keinen Fall wollen wir Lynchjustiz. Solche tragischen Fälle gibt es leider schon in den USA.
Meine Damen und Herren, Pannen müssen natürlich vermieden werden, etwa wie beim Fallbeispiel aus Niedersachsen, wo die Internetadresse einer Kinderpornoseite publiziert worden ist. All dies zeigt, was ich eben schon gesagt habe: Wir müssen hier entsprechend sensibel vorgehen, Datenschutz, rechtsstaatliche und persönlichkeitsrechtliche Bestimmungen ganz klar normieren und festhalten.
Ich möchte hier drei zentrale Punkte benennen, die ich eigentlich von Ihnen, Herr Müller, wenn Sie schon solch einen Antrag geschrieben haben, erwartet hätte.