Protocol of the Session on September 15, 2011

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung und stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest. Ich begrüße Sie alle sehr herzlich mit einem frohen Glückauf und freue mich, dass wir zusammen sind.

Zur Tagesordnung: Noch offen sind die Punkte 12 bis 27, 29 bis 32, 34, 37 bis 41, 49 bis 54, 56 und 61 bis 64.

Noch eingegangen ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Familienzentren endlich voranbringen, Drucks. 18/4480. Wir die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 65 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, mit Tagesordnungspunkt 40 zu diesem Thema aufgerufen werden.

(Günter Rudolph (SPD): So machen wir es!)

Dann machen wir das so. Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph.

Noch eingegangen ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend für ein solidarisches Europa, Drucks. 18/4481. – Die Dringlichkeit wird ebenfalls bejaht. Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 66 und kann nach Tagesordnungspunkt 49, der Aktuellen Stunde zu diesem Thema, aufgerufen und ohne Aussprache abgestimmt werden. – Alle sind einverstanden.

Außerdem ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend geplante Streichung von Referendariatsstellen, Drucks. 18/4482, verteilt worden. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 67 und wird nach Tagesordnungspunkt 50, der Aktuellen Stunde zu diesem Thema, aufgerufen und ohne Aussprache sofort abgestimmt. Einverstanden? – Gut.

Zum Ablauf der Sitzung. Vereinbarungsgemäß tagen wir heute bis 18 Uhr bei einer Mittagspause von einer Stunde. Wir beginnen mit den Anträgen für eine Aktuelle Stunde, den Tagessordnungspunkten 49 bis 53.

Herr Kollege Schaus, zur Geschäftsordnung.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, guten Morgen! Wir beantragen für Tagesordnungspunkt 66, über den nach der Aktuellen Stunde abgestimmt werden soll, namentliche Abstimmung.

Es ist namentliche Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 66 beantragt. Wenn es beantragt wird, dann wird es so gemacht.

Ich teile Ihnen noch mit: Entschuldigt fehlen Herr Ministerpräsident Volker Bouffier ganztägig, Frau Staatsministerin Puttrich ab 11 Uhr, Herr Staatsminister Posch von 10 bis 12 Uhr und Herr Staatsminister Hahn von 13 bis ca. 15.30 Uhr.

Fußballnachrichten gibt es heute keine.

(Widerspruch)

Die Blamage haben wir gestern erlebt. Die 08er müssen besser werden.

(Zurufe)

Aber die Offenbacher Kickers haben gestern Abend mit 2 : 0 gewonnen. Das wollen wir festhalten.

(Zurufe)

Herr Kollege Klee, die Offenbacher Kickers, nicht Wehen 09.

(Heiterkeit – Horst Klee (CDU): Aber Biebrich 02 hat auch gewonnen!)

Also gut, auch Biebrich 02. – Ich weiß nicht, ob es Herr Kollege Schäfer-Gümbel mitbekommen hat: Die Bayern haben, ebenfalls mit 2 : 0, in Spanien gewonnen. Sie haben Deutschland insgesamt vertreten. Auch das können wir hier festhalten.

(Heiterkeit und Beifall – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD) – Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist umstritten!)

Die Bayern haben Deutschland insgesamt vertreten, nicht nur Hessen.

(Heiterkeit und Zurufe)

Sie können mich da gar nicht überzeugen. Sie wissen, für wen mein Herz schlägt.

Wir kommen zur Tagesordnung. Ich rufe Tagesordnungspunkt 49 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Euro-Urteil ernst nehmen – Hessen fordert Mit- sprache ein) – Drucks. 18/4456 –

Das Wort hat Herr Kollege Rentsch, Fraktionsvorsitzender der FDP.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat am 7. September 2011 mit seiner Entscheidung nicht nur den Bundestag in seinen Rechten gestärkt, wenn es um die Frage geht, wie mit Einnahmen und Ausgaben in diesem Land zu verfahren ist. Das Bundesverfassungsgericht hat auch die Bundesländer in dieser Frage gestärkt. Diese Kompetenzstärkung durch das Bundesverfassungsgericht ist für alle Parlamente in Deutschland ein wichtiger Schritt. Wir können dankbar sein, dass wir ein so verantwortungsvolles oberstes Gericht in Deutschland haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Es hat auf die Klage betreffend die Zukunft des Euro den Eurobonds eine klare Absage erteilt. Um die Diskussion aufzunehmen, die wir vor drei Wochen hatten: Die GRÜNEN sollten, wenn sie das Urteil lesen, zu dem Ergebnis kommen, dass Eurobonds vom Tisch sind. Schon allein das ist ein gutes Zeichen, das aus diesem Urteil zu lesen ist.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Das Gericht hat weiterhin ausgeführt, dass der Deutsche Bundestag seine Budgetverantwortung nicht durch unbestimmte haushaltspolitische Ermächtigungen anderen Akteuren übertragen darf. Insbesondere darf er ihnen

keinen finanzwirksamen Mechanismus ausliefern – auch nicht durch Gesetz –, der zu unüberschaubaren, für den Haushalt bedeutsamen Belastungen führen würde. Das ist genau die Frage, über die wir aktuell diskutieren, ob nämlich – ohne dass die Parlamente vorher darüber entscheiden – die Möglichkeit besteht, dass sich Deutschland in einen europäischen Haftungsverbund begibt, der nationale Eingriffe nicht mehr ermöglicht. Immerhin sind jetzt die Eurobonds, die für Deutschland auch volkswirtschaftlich eine Katastrophe wären, letztendlich mit einer Roten Karte versehen worden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, man kann bei dieser Frage unterschiedlicher Auffassung sein. Aber jetzt zu negieren, was das Verfassungsgericht an dieser Stelle entschieden hat, wäre töricht. Das sollten auch Sie endlich verstehen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Nicht nur in Art. 114 Grundgesetz, sondern auch im Urteil des Verfassungsgerichts kann man lesen – ich bin der Landesregierung dankbar, dass sie das noch einmal klargemacht hat –, dass auch landespolitische Kompetenzen hier berührt sind, was das Haushaltsrecht angeht, und die Länder ein Mitspracherecht haben müssen. Herr Europaminister Hahn hat das für die Landesregierung dargestellt. Ich halte das für unglaublich wichtig, meine Damen und Herren. Bei den Entscheidungen, die anstehen, muss es doch darum gehen, dass wir alle unsere Verantwortung wahrnehmen. Wir haben dazu eine klare Position, aber man kann da unterschiedlich entscheiden. Es geht aber nicht, dass das Königsrecht der Parlamente auf Landesund auf Bundesebene einfach übergangen wird, wenn es um die Frage geht, wie wir uns in den nächsten Jahren und Jahrzehnten finanzpolitisch binden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wie einige Kommentatoren schreiben, ist das quasi eine Legaldefinition für Eurobonds: ein finanzwirksamer Mechanismus, der aufgrund seiner Gesamtkonzeption zu nicht überschaubaren haushaltsbedeutsamen Belastungen führen würde.

Wenn ich mir vor Augen führe, wie aktuell über Eurobonds gesprochen wird, bin ich erstaunt, mit wie viel – man kann schon fast sagen – Panik diese Diskussion geführt wird. Ich bin über die Panik erstaunt, die zum Ausdruck kommt, wenn es darum geht, öffentlich darüber zu diskutieren, welche Zukunft Europa haben darf und soll.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin erstaunt darüber, dass von einigen Kommentatoren, aber natürlich auch von der politischen Linken in diesem Land in der Diskussion über die Frage, welche Zukunft Europa hat, quasi Denkverbote verhängt werden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Für die Freien Demokraten kann ich jedenfalls sagen: Wir werden nicht zulassen, dass Denkverbote über uns verhängt werden, wenn es um die Zukunft unserer Volkswirtschaft geht.

Als ich mich vorbereitet und noch einmal etwas zu dem Thema „Mitgliederentscheid in der FDP“ gelesen habe, habe ich mir vorgestellt, dass Sie, Herr Kollege Al-Wazir, eigentlich der Erste sein müssten, der bei uns mitmacht. Zu den Initiatoren gehörte nicht nur Frank Schäffler, son

dern auch Burkhard Hirsch. Normalerweise ist Burkhard Hirsch doch der Maradona der GRÜNEN, wenn es um die Frage geht, wie Liberalismus auszusehen hat. Sie gehen gelegentlich ein bisschen selektiv vor.

Deshalb geht es letztendlich nicht nur um die Frage, ob ein geordnetes Insolvenzverfahren eine Möglichkeit ist. Schließlich stammt dieser Vorschlag nicht von Philipp Rösler allein, sondern er ist in der vergangenen Woche auch vom niederländischen Ministerpräsidenten ins Gespräch gebracht worden. Mark Rutte hat klar gesagt: Lasst uns darüber nachdenken, ob eine geordnete Insolvenz für die Griechen nicht eine sinnvolle Möglichkeit ist, um erstens ihre Situation zu konsolidieren und zu schauen, was sie überhaupt an Wertbeständen haben, und um sich zweitens zu überlegen, welches Geschäftsmodell sie in den nächsten Jahren wählen sollten, um aus dieser Krise herauszukommen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Rentsch, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich sage offen: Ich würde mich freuen – das richtet sich gleich an den Kollegen Al-Wazir –, wenn in der heutigen Debatte ein bisschen weniger Hochmut und ein bisschen weniger Diffamierung zum Ausdruck kämen und stattdessen Argumente wieder Geltung erlangen würden.

(Günter Rudolph (SPD): Das sagt der Richtige! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir vertreten die Auffassung, dass eine Insolvenz Griechenlands nicht auszuschließen ist. Ich freue mich über andere Konzepte. Aber legen Sie sie auf den Tisch, statt immer daran zu arbeiten, dass es eine Transferunion gibt, in der allein die Deutschen für die Schulden der anderen aufkommen.