Protocol of the Session on June 7, 2011

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Plenarsitzung. Ich heiße Sie alle herzlich willkommen, stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest und darf Sie bitten, sich von den Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich von den Plätzen.)

Meine Damen und Herren, wir haben am heutigen Tag eines ehemaligen Kollegen zu gedenken. Am 7. Juni 2011 ist der ehemalige hessische Landtagsabgeordnete, unser Freund, Kollege und Staatssekretär Reinhold Stanitzek im Alter von 71 Jahren verstorben.

Reinhold Stanitzek wurde am 1. August 1939 in Guttentag, Oberschlesien, geboren. Er studierte Rechts- und Staatswissenschaften und war nach Abschluss des zweiten juristischen Staatsexamens Richter an den Landgerichten Kassel und Fulda sowie den Amtsgerichten Bad Hersfeld und Fulda.

Von 1974 bis 1987 und von 1991 bis 1992 war er Abgeordneter des Hessischen Landtags und Vorsitzender des Rechtsausschusses. Er war besonders aktiv im Haushaltsausschuss des Hessischen Landtags. Von 1987 bis 1991 ist er Staatssekretär beim Hessischen Ministerium des Innern gewesen.

Reinhold Stanitzek war ein Parlamentarier mit Leib und Seele, der sich mit großem Engagement für seinen Wahlkreis, aber auch insgesamt für unser Land Hessen eingesetzt hat. Er hat sich um das gemeine Wohl verdient gemacht. Er war uns immer, auch heute noch, sehr verbunden. Unsere Anteilnahme gilt seinen Angehörigen. Wir werden ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren. – Ich danke Ihnen.

(Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

Meine Damen und Herren, jetzt zur Tagesordnung. Die Punkte 13, 15 bis 17, 21 bis 32, 37, 57 bis 61, 63 und 66 sind noch offen.

Es ist noch ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Streiks in der hessischen Druckindustrie – 35-Stunden-Woche erhalten, Drucks. 18/ 4171, eingegangen. Wird die Dringlichkeit allseits bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 67, und wir können ihn nach Tagesordnungspunkt 57 zu diesem Thema aufrufen und direkt abstimmen. – Es widerspricht keiner, dann machen wir das so.

(Wortmeldung des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Bitte.

Herr Präsident, ich habe mich zur Geschäftsordnung gemeldet, und zwar ist es so, dass heute Vormittag der So zialpolitische Ausschuss getagt hat, um unter anderem die dritte Lesung zum OFFENSIV-Gesetz vorzubereiten. In der Übersicht ist das OFFENSIV-Gesetz auch heute Nachmittag zur dritten Lesung vorgesehen. In § 18 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung ist aber geregelt – ich zitiere –:

Die dritte Lesung findet frühestens am zweiten Werktag nach Verteilung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses statt.

Die Verteilung der Beschlussempfehlung für diese dritte Lesung wird, so nehme ich an, derzeit vorbereitet; sie liegt uns noch nicht vor. Nach der Geschäftsordnung wäre die Frist, um diesen Gesetzentwurf heute in dritter Lesung behandeln zu können, also nicht erfüllt. Ein ordnungsgemäßes Gesetzgebungsverfahren wäre nicht möglich, und deshalb muss dieser Gesetzentwurf unserer Meinung nach von der Tagesordnung genommen werden.

Herr Kollege Schaus, ich darf Sie darüber informieren, dass es den § 22 – „Verzicht auf Fristen“ – unserer Geschäftsordnung gibt:

Der Landtag kann im Einzelfall auf die Einhaltung der Fristen nach § 13 Abs. 1, § 15 Abs. 1 und § 18 Abs. 2 verzichten, wenn nicht wenigstens ein Drittel der anwesenden Abgeordneten widerspricht.

Wir haben diesen Punkt am Dienstag dieser Woche geschäftsordnungsmäßig behandelt. Herr Kollege Blum hat für die Fraktionen von FDP und CDU beantragt, „dass Tagesordnungspunkt 14 heute Abend anstelle von Tagesordnungspunkt 8 zum Aufruf kommt. Der Gesetzentwurf kann“ – das ist das wörtliche Zitat – „an den Sozialpolitischen Ausschuss am Donnerstagmorgen zur Vorbereitung der dritten Lesung überwiesen werden, die am Donnerstag abgehalten werden kann...“

Ich habe daraufhin festgestellt: „Widerspricht jemand diesem Antrag? – Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich fest, dass diesem Antrag einstimmig Folge geleistet wurde.“ Damit ist sehr konkludent entschieden worden, dass diesem Verfahren insgesamt zugestimmt wurde, Herr Kollege Schaus. Ich stelle das jetzt fest. Wir können das gern noch lange erörtern, aber ich stelle fest, dass dies vom Hessischen Landtag so im Verfahren festgestellt wurde. – Bitte sehr, Sie bekommen noch einmal das Wort.

Herr Präsident, das stelle ich selbstverständlich nicht infrage. Die Interpretation des § 22 ist unserer Meinung nach aber so vorzusehen, dass wir jetzt einen entsprechenden Antrag stellen, das von der Tagesordnung zu nehmen und entsprechend § 22 hierüber abzustimmen.

Sie können geschäftsordnungsmäßig immer den Antrag stellen, etwas von der Tagesordnung zu nehmen. Das können wir, wenn Sie das gern hätten, gern abstimmen, und dann lasse ich auch darüber abstimmen.

Wer dem Anliegen des Kollegen Schaus – –

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was ist der Antrag?)

Der Antrag des Kollegen Schaus ist, dass der Punkt heute Mittag von der Tagesordnung kommt und heute nicht in dritter Lesung behandelt wird. – Kollege Rudolph.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liegt denn das vorläufige Protokoll der Plenarsitzung vom Dienstag vor?

Ich weiß nicht, ob Sie das Protokoll haben. Mir liegt der Auszug hier vor.

(Zuruf von der CDU: Es ist schon da!)

Dem Kollegen Müller liegt es vor. Dann müsste es auch jedem vorliegen. Ich habe es Ihnen jetzt im wörtlichen Zitat verlesen, Herr Abg. Rudolph, wie das am Dienstagnachmittag war.

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Dieses Verfahren wurde am Dienstag angesprochen und beantragt, und es hat keinen Widerspruch gegen das Verfahren gegeben. Ich werte dies so, dass dieses Verfahren in Ordnung ist. Jetzt gäbe es die Möglichkeit, wenn Sie dies wollen, dass Herr Kollege Schaus den Antrag stellt. Dann könnten wir über diesen Antrag noch zusätzlich abstimmen. Ich halte ihn nicht für erforderlich, kann ihn aber auch nicht verhindern.

Das Protokoll ist heute Morgen in den Fächern verteilt worden. Das wurde mir gerade gesagt.

Herr Kollege Schaus, Sie bleiben bei Ihrem Antrag. Wünscht noch jemand das Wort dazu? – Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich den Antrag des Kollegen Schaus zur Abstimmung, dass dieser Punkt in dritter Lesung heute Nachmittag nicht behandelt werden kann. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die LINKEN. – Wer ist dagegen? – Das ist das übrige Haus. Damit ist unzweifelhaft mit Mehrheit festgestellt, dass dies so gemacht wird und dass meine Interpretation auch Zustimmung gefunden hat.

Damit wäre das erledigt. Dann kann ich mir das hier schenken. Die Beschlussempfehlung von der Sitzung heute Vormittag wird dann verteilt, und die dritte Lesung kann heute Nachmittag stattfinden.

Der Ablauf der Sitzung sieht folgendermaßen aus: Wir tagen heute bis zur Erledigung der Tagesordnung bei einer Mittagspause von einer Stunde. Wir beginnen mit den Anträgen für eine Aktuelle Stunde, Tagesordnungspunkte 57 bis 61. Nach § 32 Abs. 6 beträgt die Aussprache fünf Minuten. Das kennen wir alles. Nach Tagesordnungspunkt 57 wird Tagesordnungspunkt 67, Dringlicher Entschließungsantrag, ohne Aussprache aufgerufen und sofort abgestimmt.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Nach der Aktuellen Stunde geht es mit Tagesordnungspunkt 37 weiter.

Es fehlen heute entschuldigt: Herr Ministerpräsident Bouffier, Herr Staatsminister Wintermeyer, Herr Staatsminister Hahn ab 17:30 Uhr, Frau Staatsministerin Henzler bis 14 Uhr, Herr Abg. Görig und der Abg. Dr. Wilken, der einen leichten Verkehrsunfall mit seinem Motorrad hatte. Aber er ist schon wieder auf dem Weg der Besserung. Wir wünschen ihm trotzdem alles Gute und baldige Genesung.

(Allgemeiner Beifall)

Wir haben auch ein Geburtstagskind heute in unserer Runde. Das ist der Sprecher der Katholiken mittwochs vormittags im Gottesdienst. Unser Freund Alexander Bauer feiert heute seinen 39. Geburtstag.

(Allgemeiner Beifall)

Komm mal her.

(Vizepräsident Frank Lortz überreicht einen Blu- menstrauß. – Zurufe von der CDU: Küsschen! – Allgemeiner Beifall)

Die Gratulation ist mit der Bitte und Aufforderung versehen, dass er in Zukunft immer pünktlich mittwochs vormittags um 8:15 Uhr an der gemeinsamen Besinnungsfeier teilnimmt.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sehr gut!)

Jetzt sind wir beim Tagesordnungspunkt 57:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (Streiks in der hessischen Druckindustrie – die 35-Stunden-Woche erhalten) – Drucks. 18/4152 –

Anschließend wird der Dringliche Entschließungsantrag zur Abstimmung kommen. Das Wort hat Herr Kollege Schaus für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor über 27 Jahren, nämlich genau am 12. April 1984, begann der Streik in der Druckindustrie für die 35-StundenWoche. Am 14. Mai folgten dann die Kolleginnen und Kollegen der IG Metall in Baden-Württemberg und Hessen. Diese beiden Gewerkschaften wollten als Allererste den Einstieg in die 35-Stunden-Woche durchsetzen. 56.000 Beschäftigte in der Druckindustrie kämpften 13 Wochen lang Seite an Seite mit den Kolleginnen und Kollegen der IG Metall.

Der bis dahin längste und schwerste Arbeitskampf in der Nachkriegsgeschichte wurde erst am 6. Juli 1984 erfolgreich beendet. Der Einstieg in die geforderte Wochenarbeitszeitverkürzung war mit 38,5 Stunden bei vollem Lohnausgleich aufgrund eines Schlichterspruchs des früheren SPD-Bundesministers Georg Leber möglich.

In den folgenden Jahren wurde dann die tarifliche Wochenarbeitszeit schrittweise weiter reduziert, bis 1995 endlich die 35-Stunden-Woche durchgesetzt war. Schon damals behaupteten die Arbeitgeber und ihnen nahestehende Wirtschaftswissenschaftler, die 35-Stunden-Woche vernichte Hunderttausende Arbeitsplätze. Die Gewerkschaften hingegen belegten im Nachhinein, dass dadurch allein in der Metallindustrie zwischen 700.000 und 800.000 Arbeitsplätze gesichert und neu geschaffen werden konnten.

1984 betrug die Zahl der Arbeitslosen bundesweit rund 2 Millionen. Die heutige Diskussion hingegen über immer längere Arbeitszeiten mutet gespenstisch an. Denn niemandem ist plausibel zu machen, wie ausgerechnet längere Arbeitszeiten Arbeitslosigkeit abbauen sollen.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU: Junge, Junge!)