Danny Eichelbaum

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt im Landtag sicherlich eine Menge strittiger Themen, wie wir heute auch schon gesehen haben. Es gibt aber auch politische Themen, bei denen fraktions- und parteiübergreifend Einigkeit bestehen muss. Dies gilt insbesondere dann, wenn es um den Schutz von Kindern geht.
Für die CDU-Landtagsfraktion sage ich ganz deutlich: Wir werden Kindesmissbrauch und Kinderpornographie entschlossen bekämpfen, wo immer wir das können.
Kinderpornographie ist ein abscheuliches Verbrechen. Hier werden mit dem Leid von Jugendlichen und Kindern, ja sogar von Kleinstkindern, Geschäfte gemacht. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden; denn Kinder und Jugendliche sind die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft. Sie verdienen daher den besonderen Schutz des Staates.
Seit Jahren verzeichnen wir bundesweit einen Anstieg der Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornographie. Die Polizei erfasste allein im Jahr 2012 in Deutschland 5 400 Fälle von Kinderpornographie. Die Dunkelziffer ist um ein Vielfaches höher, und jährlich werden weltweit rund 14 Milliarden Euro in der Szene umgesetzt.
Auch die Brandenburger Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Internetkriminalität in Cottbus verzeichnet eine hohe Anzahl
von Ermittlungsverfahren in diesem Deliktfeld. In 20 % der bearbeiteten Fälle der Internetkriminalität im Land geht es um Kinderpornographie.
Aufgrund der unsicheren Rechtslage schätzen die Staatsanwaltschaften in Deutschland die Strafbarkeit von Kindernacktbildern sehr unterschiedlich ein. Eine Aufnahme, die in München strafbar ist, kann in Brandenburg erlaubt sein. Und schon die Beamten, die tagtäglich mit der Unterscheidung zwischen strafrechtlich relevantem und irrelevantem Material beschäftigt sind, haben Schwierigkeiten mit der genauen Abgrenzung und Auslegung.
Dies ist eine Entwicklung, der man nicht länger zusehen darf. Es ist höchste Zeit, eine umfassende Novellierung der Regelungen im Strafgesetzbuch in Angriff zu nehmen. Dabei müssen bestehende Wertungswidersprüche umfassend beseitigt, europäisches in nationales Recht umgesetzt und Schutzlücken endlich geschlossen werden.
Es gibt im Strafgesetzbuch zudem gravierende Lücken im Bereich des Persönlichkeitsschutzes von Minderjährigen, die dringend der Schließung bedürfen. Diese Lücken betreffen in erster Linie den Schutz von Kindern vor dem marktmäßigen Austausch von Nacktaufnahmen. Dies hat sich nicht zuletzt an dem Anfang des Jahres 2014 bekannt gewordenen Fall einer kanadischen Firma gezeigt, die Foto- und Filmaufnahmen von zumeist unbekleideten minderjährigen Jungen an mehr als 800 Abnehmer in Deutschland versandt hatte. Die Staatsanwaltschaft hat in diesem Zusammenhang auch in Brandenburg 22 Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Neben kinderpornographischen Darstellungen soll auch eine Vielzahl von Schriften vertrieben worden sein, die unbekleidete Jungen vornehmlich im Alter zwischen 9 und 13 Jahren beim Toben und Spielen zum Gegenstand hatten. Nach § 184b Strafgesetzbuch macht sich jedoch nur derjenige strafbar, der Texte, Bilder und Videos, die sexuelle Handlungen an, vor und eben auch von Kindern zum Gegenstand haben, herstellt, besitzt, verbreitet oder öffentlich zur Schau stellt. Bloße Nacktfotos von Kindern sind hingegen nach der derzeitigen Rechtslage nicht strafbar. Das ist nicht einsehbar. Hier offenbart sich eine folgenschwere Strafbarkeitslücke, die natürlich geschlossen werden muss.
Auch für die betroffenen Minderjährigen bleibt es häufig nicht bei den scheinbar harmlosen Aufnahmen. Sie können den Einstieg in pornographische Aufnahmen oder Kinderprostitution bedeuten. Und es darf und kann nicht hingenommen werden, dass sich ein Marktplatz entwickelt, auf dem Nacktbilder von Kindern gehandelt oder getauscht werden. Auf diese Weise werden Kinder zur Ware und zu potenziellen Sexobjekten degradiert und kommerzialisiert. Dies verstößt ganz extrem gegen die Grundwerte unserer Gesellschaft und muss deshalb auch strafrechtlich geahndet werden.
Jeder, der Bildaufnahmen, die die Nacktheit von Kindern zur Schau stellen, gegen Entgelt oder über Tauschbörsen anbietet oder sich verschafft, muss mit einer Strafe rechnen.
Ich will auch das noch einmal ganz deutlich machen: Natürlich sollen der Besitz von Bildern aus dem letzten Sommerurlaub oder Bilder für das Familienalbum davon nicht erfasst werden. Ängsten vor einer zu starken Begrenzung der Handlungsfreiheit der Eltern oder sonstiger Dritter kann man mit entsprechenden Ausnahmeregelungen im Tatbestand begegnen.
Weitere Gesetzesverschärfungen sind unabdingbar. Unverständlich ist beispielsweise auch, warum nur der Besitz kinderpornographischer Schriften, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, strafbar ist. Der bloße Besitz von Zeichnungen oder Zeichentrickfilmen mit kinderund jugendpornographischem Material ist damit jedenfalls nicht von Strafbarkeit erfasst. Damit wird Kinderpornographie verharmlost und dem realen Missbrauch von Kindern der Weg bereitet. Es besteht schlichtweg kein nachvollziehbarer Grund für den Besitz kinderpornographischer Comics.
Weiterer dringender Regelungsbedarf ergibt sich auch aus der EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch und Kinderpornographie vom 13.12.2011, genauer: der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie.
Danach ist der Gesetzgeber aufgefordert, jedes Betrachten von Kinderpornographie im Internet unter Strafe zu stellen, unabhängig davon, was im Arbeitsspeicher des Computers gespeichert wird.
Zum anderen muss auch das sexuell motivierte Ansprechen von Kindern im Internet unter Strafe gestellt werden. Wer Kinder und Jugendliche gezielt im Internet anspricht, um sexuelle Kontakte zu knüpfen oder Bilder zu erhalten, muss bestraft werden. Wir begrüßen deshalb in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Gesetzesinitiative der Bundesregierung und des Freistaates Bayern. Bundesjustizminister Heiko Maas kündigte bereits an, den gewerbsmäßigen Handel mit Nacktbildern unter Strafe zu stellen; ein entsprechender Referentenentwurf befindet sich bereits in der Ressortabstimmung. Wir sollten den Bundesjustizminister dabei von Brandenburg aus unterstützen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit ergreifen, auf einige Wortbeiträge einzugehen.
Herr Kuhnert, Sie sagten, dass ein Entschließungsantrag des Bundesrates vorliege. Aber es ist nur ein Entschließungsantrag. Es ist auch nur ein Gesetzentwurf der Bundesregierung in der Ressortabstimmung. Deshalb kann ich die Behauptung nicht verstehen, Herr Minister, unser Antrag komme zu spät. Wir haben noch alle Möglichkeiten, darauf einzugehen bzw. Einfluss zu nehmen.
Richtig ist, dass die Bekämpfung der Kinder- und Jugendpornographie eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, die sich nicht nur mit den Mitteln des Strafrechts bewerkstelligen lässt. Aber ebenso ist eine Strafrechtsverschärfung notwendig, Frau
Kollegin Mächtig. Kein Mensch kann doch verstehen, dass es legal sein soll, von Verbrecherbanden Bilder und Videos nackter Jungs zu erwerben, dass es nicht strafbar sein soll, wenn die Käufer dieses abstoßenden Materials die Machenschaften von Kinderpornoringen mitfinanzieren, und dass es legal sein soll, Kinder und Jugendliche bewusst zu Objekten zu degradieren und ihr Alter und ihre Unbekümmertheit schamlos auszunutzen.
Kinder bedürfen eines besonderen Schutzes - nicht nur durch ihre Eltern, sondern auch durch den Staat. Deshalb müssen wir uns fragen: Haben wir alles getan, um die Schwächsten unserer Gesellschaft zu schützen? Wir haben die Pflicht, alle angemessenen und rechtsstaatlichen Mittel einzusetzen, um Kinderpornographie, in welcher Form auch immer, zu bekämpfen. Dazu gehört es sicherlich auch, für eine internationale Rechtsvereinheitlichung einzutreten. Es darf nicht sein, dass die Aufnahme von und der Handel mit Fotos nackter Kinder zum Beispiel in Rumänien weiter erlaubt sind, in Deutschland aber - zu Recht verboten werden sollen.
Wir stehen insoweit ganz klar an der Seite des Deutschen Kinderschutzbundes. Ich möchte hier den Präsidenten des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, erwähnen, der ebenfalls ein Verbot des Verkaufs von Kindernacktfotos gefordert hat. Es sei ein schwerer Verstoß gegen die Menschenwürde, wenn Fotos von nackten Kindern vermarktet oder gekauft würden, da diese nicht nach ihrem Einverständnis gefragt würden. Kauf und Verkauf von Fotos mit nackten Kindern sollten deshalb generell unter Strafe gestellt werden, so Hilgers.
Auch die Behauptung, Kollegin Mächtig, die vorherige Bundesregierung sei bei der Bekämpfung der Kinderpornographie untätig gewesen, weise ich entschieden zurück.
- Doch, Sie sagten das so. - Sie wissen genau, dass es in den vergangenen Jahren zahlreiche Novellierungen und Ergänzungen zur Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen im Sexualstrafrecht gegeben hat. Erinnert sei hier beispielsweise an die Initiative „Löschen statt Sperren“; Kollege Büttner hat es angesprochen. Das Bundeskriminalamt hat im Jahr 2012 97 % der gemeldeten kinderpornographischen Abbildungen im Internet innerhalb von vier Wochen gelöscht. Bei den im Ausland gemeldeten Fällen betrug die Löschquote nach 15 Tagen 94 %. Das zeigt, dass die zuständigen Behörden auch international gut zusammenarbeiten. Die Bundesregierung hat damit einen wesentlichen Beitrag geleistet, um die EU-Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie umzusetzen, wenn auch nicht in Gänze.
Richtig ist - darauf ist in den Ausführungen schon eingegangen worden -, dass im Bundesrat ein Entschließungsantrag auf den Weg gebracht worden ist. Einbringer waren die Bundesländer Hessen und Thüringen; die Landesregierung Brandenburg hat sich bei diesem Thema nicht mit Ruhm bekleckert. Im Gegensatz zu anderen Ländern setzt sie sich nicht - gerade beim Thema Opferschutz nicht - an die Spitze der Bewegung, sondern hinkt anderen Bundesländern hinterher. Sie haben es erwähnt: Bayern hat einen eigenen Gesetzentwurf in den Bundesrat ein
gebracht. Wo war der Antrag der Landesregierung Brandenburg, Herr Justizminister?
Dieses Thema ist nicht geeignet für ein Zurücklehnen oder ein Nichtstun. Ich würde mir wünschen, dass auch die Regierungsfraktionen diesem wichtigen Anliegen heute ihre Unterstützung geben und es nicht aus formalen Gründen ablehnen. Deshalb werbe ich noch einmal dafür, unseren Antrag anzunehmen. Handeln ist hier angesagt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, zunächst etwas Positives festzustellen: Wir begrüßen ausdrücklich, dass Sie unserer Forderung nachgekommen sind und die Pläne für den Neubau einer eigenen Jugendarrestanstalt im Land Brandenburg gestoppt haben. Es wäre kaum vermittelbar gewesen, wenn das Land für die Unterbringung von durchschnittlich 10 bis 15 Jugendarrestanten eine eigene Jugendarrestanstalt für über 5 Millionen Euro gebaut hätte. Es war und ist deshalb auch richtig, mit dem Land Berlin über eine gemeinsame Unterbringungsmöglichkeit zu verhandeln.
Leider sind Sie jedoch auf halber Strecke stehen geblieben. Wenn die Brandenburger Jugendarrestanten schon in Berlin untergebracht werden, dann sollte auch der Vollzug des Jugendarrestes in Berlin und Brandenburg einheitlich geregelt werden. Berlin und Brandenburg driften somit in der Justiz weiter auseinander. Es gibt kein abgestimmtes Strafvollzugsgesetz, es gibt kein abgestimmtes Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz und nun auch kein abgestimmtes Jugendarrestvollzugsgesetz.
Darüber hinaus haben Sie eine Mitarbeit in der länderübergreifenden Arbeitsgruppe zur Erarbeitung eines gemeinsamen Jugendarrestgesetzes abgelehnt. Sie isolieren damit das Land Brandenburg nun auch noch beim Jugendarrest.
Es stellt sich allein schon die Frage, ob das Land Brandenburg für durchschnittlich 10 bis 15 Jugendarrestanten ein eigenständiges Jugendarrestvollzugsgesetz benötigt oder nicht weiterhin mit der Jugendarrestvollzugsordnung arbeiten soll, wie es auch die Mehrheit der anderen Bundesländer praktiziert. Der Bund der Brandenburger Staatsanwälte kommt in seiner Stellungnahme jedenfalls zu dem Ergebnis, dass die Justiz des Landes Brandenburg dieses Jugendarrestvollzugsgesetz nicht braucht.
Ohne Not peitschen Sie ein umstrittenes Gesetz durch den Landtag, nur damit der neue Justizminister am Ende seiner Amtszeit wenigstens noch ein beschlossenes Gesetz vorweisen kann. Ihre ideologischen Alleingänge im Strafvollzug haben mit zu einem Flickenteppich im Strafvollzug in Deutschland geführt, der so von der Föderalismuskommission sicherlich nicht gewollt war.
Ihr Gesetzentwurf ist nicht nur ein Schnellschuss, er ist auch handwerklich schlecht. Sie haben beispielsweise in dem Gesetzentwurf keine Regelung zum Arrestbeginn getroffen. Eine
Sanktion muss gerade bei Jugendlichen der Tat auf dem Fuße folgen. In Brandenburg erfolgt die Zuführung der Jugendlichen zum Arrest durch die Polizei aber erst binnen 6 bis 8 Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung. Das ist auch Resultat Ihrer gescheiterten Polizeireform.
Wir halten deshalb im Gesetzentwurf die Einführung einer Berichtspflicht für alle Fälle, in denen zwischen rechtskräftiger Verurteilung und Eingang der Urteilsformel in der Arrestanstalt mehr als drei Wochen vergehen, für erforderlich, um hier eine Beschleunigung zu erzielen.
Klar ist - das wurde auch schon angesprochen -: Mit uns wird es keinen Kuscheljugendarrest geben. Mit Kletterausflügen und Dialogforen allein wird es uns nicht gelingen, Jugendliche von der Begehung neuer Straftaten abzuschrecken. Jugendlichen Straftätern muss in Brandenburg auch zukünftig wirkungsvoll die gelbe Karte gezeigt werden können; der Wortlaut des § 16a des Jugendgerichtsgesetzes ist eindeutig. Der Jugendarrest muss dazu dienen, den jugendlichen Straftätern die möglichen Folgen weiterer Taten vor Augen zu führen und ihnen einen Einblick in das zu verschaffen, was ihnen bei der Fortsetzung der kriminellen Laufbahn droht.
Selbstverständlich muss es auch Ziel des Arrestes sein, die Chancen der sozialen Integration nach der Entlassung zu erhöhen. Auch wir wollen, dass jugendliche Straftäter resozialisiert werden, das ist keine Frage. Aber an Ihrem Gesetzentwurf ist auffällig, dass beide Aspekte nicht gleichwertig nebeneinandergestellt werden, sondern der Gesetzentwurf einseitig auf die sozialpädagogische Betreuung abstellt. Insofern, Herr Minister Dr. Markov, haben Sie es leider versäumt, den Gesetzentwurf Ihres Vorgängers zu entideologisieren.
Bei allem Verständnis für die präventive und soziale Zielsetzung des Gesetzes: Der Jugendarrest muss in Brandenburg auch weiterhin dazu dienen, Jugendliche von der Begehung weiterer Straftaten abzuschrecken. Wir sind außerdem der Auffassung, dass dem Opferschutzgedanken im Jugendarrest mehr Rechnung getragen werden muss. Wir regen bereits heute an, die Möglichkeit des Opferempathietrainings in das Gesetz aufzunehmen. Im Rechtsausschuss haben wir uns bereits über die Anhörung verständigt. Insofern stimmen wir der Überweisung heute zu. - Vielen Dank.
Die Interessenvertretungen der Justiz laufen gegen die beabsichtigte Personalentscheidung Sturm. Vom Bund der Staats
anwälte über andere Vereinigungen bis hin zum Richterbund wird heftige Kritik geübt. Ich möchte beispielsweise den Vorsitzenden des Richterbundes Brandenburg zitieren:
„Ich bin entsetzt über diesen eigentlich ernsthaft nicht vorstellbaren Plan des Justizministers. (…) Das ist eine Missachtung und eine nicht absehbare Schwächung der Justiz.“
Ich frage die Landesregierung: Wie reagiert sie auf diese Kritik?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf betrifft ein eher unrühmliches Kapitel in der Brandenburger Geschichte nach der Wiedervereinigung. Ich denke, ich kann an dieser Stelle auf detaillierte Ausführungen zu den historischen Hintergründen, zur Bodenreform, zum sogenannten Modrow-Gesetz und zum Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz verzichten, denn darauf ist Herr Vogel vorhin bereits eingegangen.
Wichtig ist vielmehr, sich noch einmal das Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2007 ins Gedächtnis zu rufen. Dort wurde der Umgang der Brandenburger Behörden mit den Bodenreformgrundstücken bzw. deren Erben als sittenwidrig und eines Rechtsstaates unwürdig bezeichnet. Ich sage es noch einmal ganz deutlich: Wenn ein Bundesland vom obersten Gericht solch ein Zeugnis ausgestellt bekommt, dann ist das höchst bedenklich. Ein solches Urteil kann und darf nicht ignoriert werden.
Wenn es auch damals eine Debatte im Landtag dazu gab und die näheren Umstände in einem entsprechenden Untersuchungsausschuss noch einmal intensiv beleuchtet wurden, so ist dieses Kapitel noch lange nicht abgeschlossen. Bis heute sind noch viele Eigentumsfragen ungeklärt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Kollege Dierk Homeyer fand damals bei seiner Arbeit im Untersuchungsausschuss ein Schreiben des Finanzministeriums aus dem Jahr 2003 zum Stand der Durchsetzung von Landesansprüchen bei Bodenreformimmobilien, in dem es wörtlich heißt:
„Bevor es dann schließlich an die Verteilung der ‚Beute‘ geht, ist noch eine Hürde zu nehmen.“
Allein die Verwendung des Wortes „Beute“ in einem Vermerk der Ministerialverwaltung ist bezeichnend und unverantwortlich gegenüber den Betroffenen.
Zum damaligen Zeitpunkt besaß der Bund jedoch noch die Möglichkeit, die an das Land übergegangenen Bodenreformgrundstücke in Besitz zu nehmen. Das ist jetzt ausgeschlossen; denn durch den Staatsvertrag über die abschließende Aufteilung des Finanzvermögens der ehemaligen DDR, der in diesem Landtag Mitte des Jahres ratifiziert wurde, kann das Land uneingeschränkt und eigenverantwortlich mit den entsprechenden Grundstücken umgehen. Genau diese neue Rechtslage ist die Voraussetzung und der Anlass für den eingebrachten Gesetzentwurf.
Durch den Gesetzentwurf soll zum einen die Ungleichbehandlung von Bodenreformerben vor und nach dem Stichtag 2. Oktober 2000 beseitigt werden. Zum anderen geht es darum, die materiellen Verluste durch den Entzug des Eigentums und durch Verfahrens- und Gerichtskosten so weit wie möglich zu heilen. Eine gesetzliche Regelung, die versucht, ein höchstrichterlich festgestelltes Fehlverhalten des Landes zu korrigieren, ist ein redliches Ziel, dem sich ein verantwortungsvolles Parlament nicht verschließen darf.
Die CDU-Fraktion hält den vorgelegten Entwurf für einen guten Vorschlag, der zunächst in den Fachausschüssen konstruktiv und intensiv beraten werden sollte. Eine ernsthafte und ergebnisoffene Beratung in diesem Landtag ist allein schon aus Respekt vor den meist älteren Betroffenen geboten, die schmerzhafte finanzielle Einschnitte durch den Verlust ihres Familienbesitzes erleiden mussten. Wir werden deshalb einer Überweisung an die Fachausschüsse zustimmen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt wohl kaum ein Thema der deutschen Rechtspolitik, mit dem so sensibel umgegangen werden muss, das so umstritten ist wie die Sicherungsverwahrung. Es gibt bei diesem Thema in der Bevölkerung Ängste und Sorgen. Deshalb ist es wichtig, dass der Brandenburger Landtag über den richtigen Umgang mit Menschen mit extremem Gefährdungspotenzial diskutiert und heute entscheidet, ob das von der Lan
desregierung vorgelegte Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz erstens die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes erfüllt und zweitens die politischen Ziele umsetzt, die mit dem Gesetz verbunden waren.
Das Ziel der CDU war und ist es, einen bestmöglichen Schutz der Allgemeinheit vor rückfallgefährdeten Sexual- und Gewaltstraftätern zu erreichen, denn wir tragen als Gesetzgeber die Verantwortung, die Sicherheit der Menschen in Brandenburg zu gewährleisten.
Was die Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes angeht, möchte ich kurz auf zwei Dinge eingehen. Der erste Grundgedanke betrifft das Abstandsgebot. Zu Recht hat das Bundesverfassungsgericht angemahnt, dass sich die Sicherungsverwahrung vom Strafvollzug unterscheiden müsse. Auf den Punkt gebracht verlangt das Abstandsgebot größtmögliche Sicherheit nach außen bei größtmöglicher Freiheit des Untergebrachten nach innen. Ich habe jedoch Zweifel, ob der Gesetzentwurf diese verfassungsrechtlichen Erfordernisse hinreichend erfüllt, denn mit dem Gesetzentwurf werden die Rechte und Freiheiten der Sicherungsverwahrten übermäßig zulasten der Sicherheit ausgedehnt. Das wird von Ihnen auch so bezweckt, wie Aussagen Ihres Abteilungsleiters Manfred Koldehoff in der Anhörung im Abgeordnetenhaus von Berlin belegen:
„Was die Außenorientierung während des Vollzugs angeht, begründen wir da Rechtsansprüche auf Lockerung. Wir begründen auch - das ist das Entscheidende - vier Ausführungen im Jahr, selbst für Menschen, von denen wir sagen, dass sie bei der Ausführung möglicherweise Straftaten begehen werden - das ist die Wahrheit des Gesetzes (…).“
Das heißt, Sie nehmen billigend in Kauf, dass Sicherungsverwahrte beim Ausgang Straftaten begehen. Damit gefährden Sie die Bevölkerung - und das lehnen wir entschieden ab.
Aus Sicht der CDU bedeutet Resozialisierung nicht so viele Vollzugslockerungen wie möglich, sondern so viele Therapien wie nötig.
Ein zweiter Aspekt, der sich aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ergibt, lautet: Die erforderlichen therapeutischen Behandlungen müssen schon während des vorangehenden Strafvollzuges so zeitig beginnen und so intensiv durchgeführt werden, dass sie nach Möglichkeit bereits vor Strafende abgeschlossen werden und sich die Frage nach einer anschließenden Sicherungsverwahrung möglicherweise gar nicht mehr stellt.
Ob das alles angesichts der jetzt schon angespannten personellen Situation im Strafvollzug zu stemmen sein wird, ist mit mehreren großen Fragezeichen zu versehen. Auch die Anhörung im Rechtsausschuss hat das verdeutlicht. Ihr Gesetzentwurf strotzt vor Absichtserklärungen und Sollvorschriften hinsichtlich der vorgesehenen Therapie- und Behandlungsmaßnahmen. Wenn Sie aber nicht ausreichend qualifiziertes Personal für die Sicherungsverwahrung in Brandenburg zur Verfügung stellen, bleibt Ihr Gesetz nur eine wertlose Hülle.
Doch die negative Krönung des Ganzen ist, dass die Sicherungsverwahrten nach Ihrem Gesetzentwurf finanzielle Zuwendungen erhalten sollen, wenn sie an Behandlungsmaßnahmen teilnehmen. Das ist nicht vermittelbar! Wie wollen Sie das den Opfern von Straftaten erklären, die oft noch nicht einmal die Möglichkeit haben, kostenfrei therapeutisch behandelt zu werden?
Im Übrigen warne ich vor allzu großer Therapiegläubigkeit. Viele Sicherungsverwahrte - das wissen Sie - haben mehrere gescheiterte Therapien und Therapieansätze hinter sich. Viele von ihnen sind therapieunwillig oder sogar austherapiert. In einem solchen Fall können Sie mit neu angebotenen Therapien nichts mehr erreichen.
Auch das muss gesagt werden: Wir hätten uns auf dem Gebiet der Sicherungsverwahrung schon allein aus Kostengründen eine Zusammenarbeit auch mit Berlin gewünscht. Man muss nicht in Berlin und Brandenburg jeweils eine eigene Sicherungsverwahrungseinrichtung vorhalten. Andere Länder machen uns das vor. Hamburg und Schleswig-Holstein wie auch Thüringen und Hessen haben gemeinsame Einrichtungen zur Unterbringung von Sicherungsverwahrten, und das ist auch sinnvoll, weil das viel Geld spart.
Sie hingegen reden immer nur viel von Verbundlösungen. Es ist an der Zeit, dass Sie der Öffentlichkeit und dem Landtag auch einmal offenbaren, ob es nun wirklich einen norddeutschen Verbund geben wird, denn sowohl die Justizministerin von Mecklenburg-Vorpommern - Uta-Maria Kuder - als auch die Justizministerin von Schleswig-Holstein - Anke Spoorendonk haben dies bereits verneint. Es ist also die Frage, ob Sie nicht auf einen Zug warten, der längst abgefahren ist.
Ich komme zum Schluss. Wir lehnen den Gesetzentwurf ab, weil dieses Gesetz die Freiheitsrechte der Sicherungsverwahrten unverhältnismäßig zulasten der Sicherheit der Bevölkerung ausdehnt. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal bedanke ich mich beim Ministerium der Justiz für die Beantwortung der Großen Anfrage. Bei der einen oder anderen Frage hätte ich mir sicherlich noch konkretere Antworten gewünscht, aber insgesamt liefert uns die Antwort ein ziemlich realistisches Bild vom Jugendstrafvollzug in Brandenburg.
Ich glaube, bei allen noch vorhandenen Problemen kann man sagen: Die bisherige Praxis des Jugendstrafvollzugs in Brandenburg hat sich bewährt; das haben meine Vorredner schon festgestellt. Der Jugendstrafvollzug in Brandenburg schafft erstens die Voraussetzung dafür, dass die Gefangenen nach ihrer Entlassung ein Leben ohne Straftaten führen können, wie es Artikel 54 der Landesverfassung vorschreibt. Der Jugendstrafvollzug kommt zweitens dem gesetzlichen Erziehungsauftrag nach. Im Brandenburger Jugendstrafvollzug wird kein Jugendlicher verwahrt; hier werden Jugendliche dazu erzogen, nicht wieder auf die schiefe Bahn zu geraten.
Die Jugendhaftanstalten in Brandenburg verfügen über ein umfangreiches Angebot an schulischen und beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen sowie Behandlungsangeboten für besondere Problemgruppen. Diese Behandlungsangebote sollten ausgebaut und weiterentwickelt werden.
Eines kann man festhalten: Im Brandenburger Jugendstrafvollzug mangelt es nicht an Bildungs- und Ausbildungsmaßnahmen, aber enttäuschend ist - das haben die Vorredner auch schon festgestellt - die geringe Anzahl der Abschlüsse nach Beendigung der Maßnahmen. Wenn im Jahr 2012 beispielsweise 201 Gefangene an Bildungsmaßnahmen teilnahmen, aber nur 45 davon die Maßnahme erfolgreich beendeten, ist das besorgniserregend, und hier ist dann auch dringend Abhilfe erforderlich.
Erfreulich hingegen ist, dass die Anzahl der gewalttätigen Anund Übergriffe seitens der Gefangenen gesunken ist. Das ist auch ein Erfolg der Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendstrafanstalten, bei denen ich mich an dieser Stelle besonders bedanken möchte.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich warne aber auch davor, den Jugendstrafvollzug zu überfordern. Wir sollten jungen Menschen nicht vormachen, in der Jugendhaftanstalt werde es nicht so schlimm sein. Auch die Jugendhaftanstalt ist und bleibt ein Gefängnis. Es ist sicherlich so, dass es in der Gesellschaft - auch in Brandenburg - vielerlei Probleme gibt, die viel
leicht Ursache dafür sein können, dass junge Menschen auf die schiefe Bahn geraten und kriminell werden. Diese Probleme möchte ich gar nicht in Abrede stellen, aber eines sage ich auch ganz deutlich: Die Justiz ist nicht der Reparaturbetrieb der Gesellschaft.
In diesem Zusammenhang betone ich auch: Wir sollten hier nicht den Eindruck erwecken, als hätten wir es bei jugendlichen Straftätern mit Opfern zu tun. Sie sind nicht im Jugendstrafvollzug, weil sie Opfer sind, sondern weil sie Täter sind, weil sie anderen Menschen Leid angetan haben. Wenn die Rechte und Freiheiten eines Menschen durch einen anderen beschnitten werden, muss das Konsequenzen haben.
Die verhängten Strafen müssen spürbar sein und der Tat auf dem Fuße folgen.
Die meisten jugendlichen Straftäter in Brandenburg verbüßen eine Jugendstrafe, weil sie Gewalt- oder schwere Eigentumsdelikte begangen haben. Wenn Erziehungsmaßregeln, Verwarnungen, Auflagen und Jugendarrest oder auch der Warnschussarrest nicht mehr reichen, um sie auf den richtigen Weg zu führen, muss diese Erkenntnis leider in Jugendstrafanstalten durch Jugendstrafe vermittelt werden. Sie müssen dann befähigt werden, künftig ein Leben in sozialer Verantwortung und ohne Straftaten zu führen. Ich betone: Soziale Verantwortung ist nichts Kuschliges; soziale Verantwortung ist die Einhaltung von Regeln, denen alle hier im Land lebenden Menschen unterworfen sind.
Wir wollen jedenfalls, dass junge Gefangene zu einer Auseinandersetzung mit ihren Taten befähigt werden. Sie müssen begreifen, dass sie den Opfern Schaden zugefügt haben; sie müssen Einsicht in das Leid der Opfer gewinnen und die Fehler ihrer Tat erkennen und anerkennen. Wir brauchen deshalb vor allem besondere Bemühungen beim Täter-Opfer-Ausgleich, bei der Schadenswiedergutmachung, der Konfliktschlichtung, der Entlassungsvorbereitung und auch ein gewisses soziales Training.
Im Rechtsausschuss diskutierten wir unlängst den Entwurf des neuen Strafvollzugsgesetzes, welches die Untersuchungshaft, den Jugendstrafvollzug und den Erwachsenenstrafvollzug neu regelt. Ob der Jugendstrafvollzug in einem einheitlichen Strafvollzugsgesetz normiert werden sollte, ist verfassungsrechtlich umstritten - das hat die Anhörung noch einmal gezeigt. Ich würde es jedenfalls begrüßen, wenn wir mit dem neuen Gesetz einen Beitrag zum Schutz der Allgemeinheit vor Straftätern und auch zum Opferschutz leisten könnten. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Reform der Sicherungsverwahrung geht es um ein breit diskutiertes, sensibles und sicherlich auch schwieriges Thema. Es geht um die Sorgen und Ängste der Menschen, und hier sind auch Opferinteressen berührt, die natürlich auch berücksichtigt werden müssen. Es ist der Bevölkerung nicht einfach zu vermitteln, warum mit einem solchen Gesetzentwurf gerade die Haftbedingungen für Schwerverbrecher verbessert werden sollen.
Für mich bleibt es dabei, Herr Minister Schöneburg: Die hier zugrunde liegende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts sind für mich schwer nachvollziehbar, denn der Staat hat sowohl nach der Europäischen Menschenrechtskonvention als auch nach der Brandenburger Landesverfassung und dem Grundgesetz die Pflicht, das Leben und die Gesundheit seiner Bürger vor Übergriffen zu schützen und den Opfern und deren Angehörigen zu helfen.
Deshalb geht es bei der Sicherungsverwahrung um zentrale gesellschaftspolitische Fragen: Wie wichtig ist uns eigentlich der Opferschutz und wie wichtig sind uns die Interessen der Opfer? Welchen Stellenwert hat die Sicherheit der Bevölkerung? - Dabei ist für die CDU-Fraktion eines ganz klar: Opferschutz geht vor Täterschutz.
Oberstes Ziel der Sicherungsverwahrung ist und bleibt für uns der bestmögliche Schutz unserer Bevölkerung vor gefährlichen und rückfallgefährdeten Straftätern, und wir begrüßen es deshalb ausdrücklich, dass die Landesregierung unserer Forderung nachgekommen ist und zumindest den Schutz der Allgemeinheit als Vollzugsziel in das Gesetz aufgenommen hat.
Unsere ausdrückliche Zustimmung findet auch die vorgesehene Möglichkeit der freiwilligen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung. Diese Regelung entspricht einer Forderung der CDU-Fraktion. Wenn ein entlassener Sicherungsverwahrter sagt, er wolle lieber in der Einrichtung bleiben, weil er selbst merke, dass von ihm eine Gefahr ausgehe, dann dient das auch dem Schutz der Allgemeinheit und findet natürlich unsere Zustimmung.
Unsere Zustimmung findet ebenfalls die vorgesehene Erweiterung der therapeutischen Maßnahmen und der Diagnoseverfahren, die bereits im Strafvollzug beginnen sollen. Aber wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass es gefährliche Gefangene gibt, die therapieunfähig bzw. -resistent sind. Diese Personen gehören natürlich weiterhin in die Sicherungsverwahrung.
Außerdem wissen Sie, dass Sie für diese ehrgeizigen Behandlungen und Vollzugsziele mehr Fachleute und mehr Justizvollzugsbeschäftigte benötigen. Sie aber wollen in den nächsten Jahren nach der Personalbedarfsplanung der Landesregierung über 169 Stellen im Strafvollzug abbauen. Das passt nach unserer Auffassung nicht zusammen.
Nicht nachvollziehbar ist für mich auch, dass Sie - wie im Strafvollzugsgesetz - die Arbeitspflicht für Sicherungsverwahrte abschaffen wollen. Weder das Bundesverfassungsgericht noch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte haben die Abschaffung der Arbeitspflicht gefordert - ganz im Gegenteil. Fakt ist: Die Arbeitspflicht dient der Resozialisierung und muss erhalten bleiben.
Was uns in diesem Gesetzentwurf der Landesregierung völlig fehlt, das ist der Opferschutz. Er ist kein Widerspruch zur notwendigen Behandlung der Sicherungsverwahrten. Behandlung und Opferschutz sollten sich nach unserer Auffassung viel mehr ergänzen. Wir wollen, dass die Straftäter und Sicherungsverwahrten im Rahmen der Behandlung das Tatgeschehen aufarbeiten und lernen, tatgeneigte Situationen zu erkennen, zu vermeiden und eine Opferempathie zu entwickeln. Von all dem ist im Gesetzentwurf leider nichts zu lesen.
Wir wollen darüber hinaus, dass die Opfer und ihre Angehörigen umfangreiche Informations- und Beteiligungsrechte bei der Entlassung von Sicherungsverwahrten erhalten und die Haftentlassenenauskunftsdatei für Sexualstraftäter ausgebaut wird. Auch das sind sehr wichtige Maßnahmen, die wir im Verfahren noch einmal besprechen sollten. Der Rechtsausschuss hat ja bereits eine Anhörung zu dem Gesetzentwurf beschlossen. Ich freue mich auf die Beratung im Rechtsausschuss. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, ich bin etwas verwundert: Sie tun immer so, als ob es in den Justizvollzugsanstalten Brandenburgs überhaupt keine Resozialisierungsmaßnahmen gebe und dort für Gefangene nichts getan werde.
Damit diskreditieren Sie die Arbeit von über 1 000 Justizbeschäftigten, die tagtäglich unter schwierigen Bedingungen einen guten Job machen.
Wer die Justizvollzugsanstalten in unserem Land schon einmal besichtigt hat, der weiß, dass wir - anders als andere Bundesländer - über neue, moderne Gefängnisse verfügen, in denen bereits heute umfangreiche Qualifizierungs- und Therapiemaßnahmen angeboten werden.
Da wird nicht weggesperrt, da können junge Menschen ihre Schulabschlüsse und ihre Berufsausbildung nachholen. Das ist auch ein Verdienst der Politik von CDU-Justizministern!
Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es auch Straftäter gibt, die sich einer Therapie schlicht verweigern, die sich mit ihrer Straftat nicht auseinandersetzen oder die nicht therapier
bar sind. Deshalb kann man doch nicht das gesamte Strafvollzugssystem infrage stellen. Sicherlich gibt es Änderungsbedarf - das will ich gar nicht bestreiten -, aber wir benötigen keinen Paradigmenwechsel, Herr Minister, vor allen Dingen nicht bei den Vollzugslockerungen für Schwerverbrecher.
Herr Minister Schöneburg, Sie erwecken hier den Eindruck, als sei es das Normalste auf der Welt, dass ein Schwerverbrecher, der zu lebenslanger Haft verurteilt worden ist, bereits nach kurzer Zeit Langzeitausgang erhält.
Wir halten das für unverantwortlich - gegenüber den Opfern, in Bezug auf die Abschreckungswirkung der Freiheitsstrafe und gegenüber dem Rechtsempfinden vieler Brandenburger Bürgerinnen und Bürger.
Wir reden hier nicht von harmlosen Tätern, die auf einem offenen Hof behandelt werden können. Wir reden von Straftätern, die schwere Verbrechen begangen haben. Die Bürger können vom Rechtsstaat erwarten, dass diese Schwerverbrecher ihre gerechte Strafe absitzen. Freiheitsstrafe muss auch in Brandenburg Freiheitsstrafe bleiben.
Deshalb darf es keinen Kuschelvollzug geben. Wir stehen insoweit ganz fest an der Seite der Gewerkschaft der Polizei und der Opfervereinigung „Weißer Ring“.
Eines muss ich Ihnen auch sagen: Ich verstehe die Haltung der SPD-Fraktion nicht mehr. Vor einem halben Jahr haben wir hier im Landtag im Rahmen einer Aktuellen Stunde über den richtigen Umgang mit Schwerverbrechern gesprochen. Die SPD-Fraktion lobte vor allem den Musterentwurf, den zehn Bundesländer zum Strafvollzug erarbeitet hatten und der noch vorsah, dass Straftäter, die zu lebenslanger Haft verurteilt worden sind, frühestens nach fünf Jahren Langzeitausgang erhalten können. Kollege Kuhnert sagte damals, die SPD-Fraktion gehe davon aus, dass in der Frage des Langzeitausgangs für Schwerverbrecher die Zahl näher an der 10 als an der 5 liegen werde.
Tatsache ist, dass nach dem vorliegenden Gesetzentwurf Schwerverbrecher die Möglichkeit erhalten, bereits am ersten Hafttag Langzeitausgang zu beantragen - nicht, wie bisher, nach zehn Jahren, nicht nach fünf Jahren, nein, sofort. Diesem Gesetzentwurf haben auch die SPD-Minister im Kabinett zugestimmt.
Herr Kuhnert, entweder war Ihr Redebeitrag nicht ernst gemeint, oder die SPD ist vor der Linken eingeknickt.
Eine solche - täterfreundliche - Regelung gibt es jedenfalls in keinem anderen Bundesland.
Unabhängig von den Vollzugslockerungen hätte ich mir gewünscht, dass Sie in Ihrem Entwurf mehr als bisher den Fokus auf den Opferschutz gerichtet hätten. Herr Minister, Sie haben in Ihrem Redebeitrag die Opfer nicht mit einem Wort erwähnt. Ich darf an Folgendes erinnern: Der Europäische Rat und das Europäische Parlament haben im Oktober die Richtlinie über Mindeststandards für die Rechte und den Schutz der Opfer von Straftaten sowie für die Opferhilfe erlassen. Daran hätten Sie anknüpfen können. Insoweit können Sie übrigens noch einiges vom Berliner Justizsenator Thomas Heilmann lernen.
Aus unserer Sicht benötigen wir in Brandenburg vor allen Dingen eine Erweiterung der Informationsrechte der Opfer, einen Opferschutzbeauftragten und auch einen jährlichen Opferschutzbericht.
Opferschutz heißt aber auch: Weder durch die Verlegung in den offenen Vollzug noch durch Vollzugslockerungen darf eine Gefährdung der Öffentlichkeit riskiert werden. Es ist ein völlig falsches Signal, die Freiheit des Täters über die Sicherheit der Bürger zu stellen. Deshalb wird es Zeit, dass Opferschutz und Kriminalprävention in Brandenburg endlich Chefsache werden.
Sie haben Recht: Eine erfolgreiche Resozialisierung ist der beste Opferschutz. - Doch die linke Realpolitik in Brandenburg sieht ja wohl anders aus. Sie reduzieren die Lehrerstunden im Jugendstrafvollzug. Sie streichen Stellen für Pädagogen und Psychologen. Sie wollen die Arbeitspflicht für Gefangene abschaffen und in den nächsten Jahren noch einmal 169 Stellen im Strafvollzug abbauen. Wer soll denn bitte Ihre groß angekündigten Resozialisierungsmaßnahmen umsetzen?
Die Wahrheit ist: Ihr Gesetz ist bereits heute zum Scheitern verurteilt, weil Sie die selbst gestellten hohen Ansprüche schon personell nicht erfüllen können. Deshalb wäre es das Beste, wenn Sie Ihren Gesetzentwurf zurückzögen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir bitte, mich zunächst bei den Justizbediensteten im Land, bei den Wachtmeistern, den Rechtspflegern bis hin zu den Richterinnen und Richtern für ihre engagierte Arbeit, die sie im Interesse des Landes Brandenburg und im Interesse unseres Rechtsstaates verrichten, zu bedanken.
- Der Minister gehört zur Exekutive, wir reden hier über die Judikative.
Die Mitarbeiter gerade in der Justizverwaltung sorgen dafür, dass der Rechtsschutz im Lande funktioniert und die Rechtssicherheit gewährleistet wird. Doch dies setzt voraus, dass das Land Brandenburg als Dienstherr auch für eine gute personelle und sachliche Ausstattung der Justizbehörden sorgt. Beides ist durch diesen Haushalt nicht ausreichend gewährleistet. Hierfür gibt es hausgemachte Gründe, auf die ich jetzt näher eingehen möchte. Wir haben noch immer keine effektive Gerichtsstruktur im Land. Wie Sie wissen, hat der Landtag genau vor einem Jahr eine Gerichtsstrukturreform verabschiedet, die immer noch mit großen Mängeln behaftet ist. Es rächt sich nun, dass sich der Innenminister und der Justizminister nicht auf eine einheitliche Polizei- und Gerichtsstruktur einigen konnten. Die Folge ist eine anhaltend hohe Grenzkriminalität in Ostbrandenburg, die sich weiter zuspitzt. Herr Kollege Lakenmacher ist darauf gerade eingegangen.
Ich möchte ergänzen: Vor einigen Wochen haben die Handwerkskammern eine Studie vorgelegt, nach der 54 % der Brandenburger Handwerker sagen, die Sicherheitslage habe sich im Vergleich zu den letzten Jahren verschlechtert. Selbst der Justizminister musste bei einer Regionalkonferenz der Linken in Barnim einräumen, dass die Kriminalität an der Grenze problematisch ist. Es wird sich leider auch nicht bessern, weil Sie mit Ihrem Gesetz die Schwerpunktstaatsanwaltschaft „Organisierte
Kriminalität“ in Frankfurt (Oder) geschwächt haben und nun drei anstatt zwei Staatsanwaltschaften für die Bekämpfung der Grenzkriminalität zuständig sind.
Die Um- und Ausbaumaßnahmen in den Justizbehörden im Zuge der Gerichtsstrukturreform binden zudem finanzielle Mittel, die dringend für die Sanierung der Gerichte benötigt werden. Ich möchte nur daran erinnern, dass der Sanierungsstau allein bei den Gerichten im Land ca. 50 Millionen Euro beträgt, Sie aber gerade einmal Investitionsausgaben in Höhe von 9 Millionen Euro für die nächsten beiden Jahre veranschlagt haben.
Ob das vorgesehene Personal dann auch in den Landgerichtsbezirken Neuruppin und Cottbus ausreichen wird, werden wir sicherlich erst in den nächsten Jahren beurteilen können.
Wenn ich mir dann aber anschaue, dass ein einziger Richter am Amtsgericht Königs Wusterhausen für alle Verfahren über Fluggastrechte und für Entschädigungsklagen zuständig sein soll, sofern der Flughafen überhaupt einmal eröffnet wird, dann habe ich an der Personalpolitik des Justizministers erhebliche Zweifel. Diese Personalpolitik ist auch ursächlich für den Verfahrensstau an unseren Gerichten. Eine spürbare und wirksame Entlastung ist hier noch nicht eingetreten, und die von Ihnen vorgesehene Einstellung von zusätzlichen Proberichtern ist sicherlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die von Ihnen im Arbeitsministerium eingesetzte Arbeitsgruppe zu den Sozialgerichtsverfahren hat auch noch keine Ergebnisse vorgelegt.
Drei Jahre nach Ihrem Amtsantritt, Herr Minister Schöneburg, trägt Brandenburg immer noch bundesweit die rote Laterne bei der Verfahrensdauer in den Verwaltungsgerichten. Während ein Bürger oder ein Unternehmer bei Klagen gegen die Verwaltung in Bayern durchschnittlich fünf Monate wartet, sind es in Brandenburg durchschnittlich 20 Monate.
In den anderen Gerichtsbarkeiten sieht es nicht besser aus. Die Verfahrensdauer beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg beträgt in diesem Jahr durchschnittlich sage und schreibe 22 Monate, bei den Sozialgerichten sind es 16 Monate. Die Sozialgerichte hatten im II. Quartal einen Bestand von 32 781 Klagen. Allein im Sozialgericht Frankfurt gibt es mittlerweile 7 200 offene Verfahren. Leidtragende sind längst nicht mehr nur ALGII-Empfänger, sondern auch Kranke, Schwerbehinderte oder Rentner, und das, obwohl sich genau diese Landesregierung auf die Fahnen geschrieben hatte, die Verfahrenszeiten spürbar zu senken. Da kann ich nur sagen: Außer Spesen nichts gewesen.
Der Staat, so hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mehrfach entschieden, ist verpflichtet, sein Gerichtssystem so zu organisieren, dass Verfahren innerhalb einer angemessenen Frist erledigt werden können. Und nicht nur der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, nein, auch das Landesverfassungsgericht hatte im Jahr 2009 die Landesregierung aufgefordert, eine angemessene Verfahrensdauer durch eine entsprechende personelle und sachliche Ausstattung der Gerichte sicherzustellen. Denn nach Artikel 52 der Brandenburger Landesverfassung haben die Brandenburgerinnen und Brandenburger ein Grundrecht auf ein zügiges Gerichtsverfahren.
Die Missachtung dieser Verfassungspflicht hat natürlich auch spürbare finanzielle Auswirkungen für das Land. Nach dem Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfah
ren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren können auch die Brandenburger Bürger seit dem 1. Dezember 2011 Schadenersatzansprüche gegen das Land Brandenburg geltend machen, wenn sich Gerichtsverfahren grundlos in die Länge ziehen.
Allein 259 Schadenersatzklagen sind bei den Brandenburger Gerichten bereits anhängig, weil sich Prozesse über Jahre hingezogen haben. Es ist besonders makaber, dass der zuständige 11. Senat des OLG über die dort anhängigen Klagen frühestens im nächsten Jahr entscheiden kann, da er mit anderen Verfahren ausgelastet ist. Das ist leider die traurige Realität im Land Brandenburg. Das Land kostet dies im nächsten Jahr wahrscheinlich über 3 Millionen Euro, so viel hat zumindest Justizminister Schöneburg in den Haushalt eingestellt. Das ist das Dreifache dessen, was in diesem Jahr vorgesehen war. Anscheinend rechnet auch der Minister in den nächsten Jahren mit einem spürbaren Anstieg von überlangen Gerichtsverfahren in Brandenburg.
Hier muss endlich eine Kehrtwende eingeleitet werden. Wir müssen die Verfahrenslaufzeiten spürbar senken. Hierfür sind personelle, aber auch organisatorische Maßnahmen dringend notwendig. Mit Stellenstreichungen, wie Sie sie vorsehen, kommen wir hier nicht weiter. Das wird das Problem eher noch verschärfen.
Zunächst benötigen wir eine Aufgabenanalyse, eine Aufgabenkritik: Welche Herausforderungen kommen denn in den nächsten Jahren auf die Justiz in Brandenburg zu? Was soll die Justiz eigentlich leisten? Beispielsweise wissen wir doch heute schon, dass aufgrund der demografischen Entwicklung in unserem Land die Eingangszahlen in der freiwilligen Gerichtsbarkeit steigen werden. Es wird beispielsweise mehr Betreuungssachen geben. Dies führt dann auch zu einem steigenden Bedarf an Rechtspflegern, der sich auch im Stellenplan und in der Personalbedarfsplanung widerspiegeln muss.
Wir brauchen ferner ein langfristiges Personalentwicklungskonzept für die Justizbeschäftigten im mittleren Dienst. Das Herz jeder Kammer und jedes Senats in den Gerichten sind die Geschäftsstellen. Hier muss es rundlaufen, damit Verfahren schnell abgeschlossen werden können. Wir müssen auch etwas tun, um die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Justiz zu erhöhen. Wozu haben wir ein bundeseinheitliches Personalbedarfsberechnungssystem, wenn dieses in der Praxis nicht beachtet wird?
Wir müssen endlich zur Kenntnis nehmen, dass auch in der Justiz der Kampf um die besten Köpfe zwischen den Bundesländern begonnen hat. Es kann doch nicht Sinn der Sache sein, dass wir gute Juristen in Potsdam und Frankfurt (Oder) ausbilden und dann hilflos zuschauen, wenn sie als Absolventen in die Ferne ziehen. Hier müssen Anreize zum Hierbleiben geschaffen werden.
Die zweitschlechteste Bezahlung von Richterinnen und Richtern im bundesweiten Vergleich ist ebenfalls kein günstiger Standortfaktor. Auch hier muss es ein Umdenken bei der Alimentation der Staatsdiener geben. Wenn es darum geht, die Verfahrensdauer zu senken, müssen wir aber auch Anreize
schaffen, um den Anteil der streitigen Verfahren zu senken. Der Berliner Justizsenator Thomas Heilmann hat gestern Vorschläge zur Reduzierung der Klageflut an den Sozialgerichten vorgestellt. Hiervon kann sicherlich Brandenburg noch lernen. In Rheinland-Pfalz hat man ebenfalls durch die persönliche Anhörung des Widerspruchsführers vor einem verwaltungsinternen Ausschuss die ALG-II-Klagen spürbar reduziert. Auch das könnte neben dem Pirmasenser Modell ein Ansatz für Brandenburg sein. Auch der Ausbau der Meditationsverfahren, der Adhäsionsverfahren und des elektronischen Rechtsverkehrs ist sicherlich ein geeignetes Mittel, um die Verfahrensdauer an den Brandenburger Gerichten deutlich zu minimieren. Das Gleiche gilt für den Täter-Opfer-Ausgleich. Auch hier ist ein weiterer Ausbau dringend geboten. Auch das kostet Geld. Aber insgesamt würden diese Kosten den Etat mittelfristig entlasten.
Lassen Sie mich abschließend noch kurz auf den Strafvollzug eingehen; wir haben ja morgen noch die Debatte zum neuen Strafvollzugsgesetz. Spät, hoffentlich nicht zu spät soll nun endlich auch in Brandenburg mit dem Bau der Einrichtungen für die Sicherungsverwahrung begonnen werden. Andere Länder sind da längst weiter. Bereits vor einem Jahr hatten wir Sie aufgefordert, auch in Brandenburg endlich für verfassungsgemäße Zustände zu sorgen und den Strafvollzug von der Sicherungsverwahrung zu trennen.
- Ja, auch vor zwei Jahren haben wir Sie schon dazu aufgefordert.
Sie sind unserer Aufforderung bisher nicht nachgekommen, und erst jetzt müssen Sie einsehen, was wirklich notwendig für Brandenburg ist und was auch die Verfassung gebietet.
Es ist mehr als fraglich - daran werden wir Sie dann auch messen -, ob Sie die Frist, die das Bundesverfassungsgericht bis zum Mai 2013 gesetzt hat, einhalten können. Wie Sie mit immer weniger Personal Ihre anspruchsvollen Resozialisierungsund Diagnoseverfahren sowohl im Strafvollzug als auch in der Sicherungsverwahrung umsetzen wollen, bleibt wahrscheinlich Ihr Geheimnis. Sie wissen, wir haben bei den Mitarbeitern im Strafvollzug einen hohen Krankenstand und einen hohen Altersdurchschnitt. Dennoch planen Sie in den nächsten beiden Jahren den Abbau von 169 Stellen im Strafvollzug. Darunter befinden sich auch Stellen für Psychologen und Pädagogen, die Sie eigentlich dringend für den von Ihnen angekündigten Behandlungsvollzug benötigen.
Auf der anderen Seite wollen Sie dann die Justizvollzugsanstalt in Frankfurt (Oder) schließen, um auf die dramatische Unterbelegung der Haftplätze in den Brandenburger Justizvollzugsanstalten zu reagieren. Sie wissen, dass das kaum zu Einsparungen führt. Das Einzige, was Sie einsparen, sind die Unterhaltungskosten. Sie haben kein Nachnutzungskonzept für das Gebäude und nehmen dann auch billigend in Kauf, dass die Region Ostbrandenburg weiter geschwächt wird, und das, obwohl die Landesregierung der Stadt Frankfurt (Oder) nach der Schließung von First Solar Unterstützung versprochen hatte. Daran sieht man, was Versprechen dieser Landesregierung wert sind.
Anstatt ein nicht ausgereiftes Papier über die Struktur des Strafvollzugs in Brandenburg auszuarbeiten, hätten Sie besser
die Zusammenarbeit mit dem Land Berlin suchen sollen. Es ist doch weder den Brandenburgern noch den Berlinern zu erklären, warum es zwischen den beiden Nachbarn beim Strafvollzug keine Zusammenarbeit gibt,
und das, obwohl in Berlin die Gefängnisse überfüllt und die in Brandenburg unterbelegt sind.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Haushaltsberatungen sind auch eine Stunde der Wahrheit. Es gilt, Ankündigungen in konkrete Politik umzusetzen oder, wie es einmal der ehemalige Brandenburger Innenminister sagte: „Nicht reden, sondern handeln!“ Genau das vermissen wir bei Ihnen, Herr Minister Schöneburg. Deshalb lehnen wir den Einzelplan 04 ab.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir sind uns heute fraktions- und parteiübergreifend einig, dass der vorliegende Staatsvertrag richtig und gut ist und hier und heute die Zustimmung fast aller Fraktionen finden kann.
Die CDU-Fraktion hat die elektronische Aufenthaltsüberwachung gefährlicher Schwerstverbrecher seit langem gefordert. Wir sind froh, dass nach einigem Zeitverzug nun auch die Landesregierung ihren Widerstand gegen die elektronische Fußfessel aufgegeben hat.
Ich weise darauf hin, dass die elektronische Aufenthaltsüberwachung bereits seit zwei Jahren geltendes Recht ist und sich Brandenburg damit in Verzug befindet. Umso dringender ist es, dass wir heute nun den Staatsvertrag ratifizieren. Die Justiz in Brandenburg braucht endlich Rechtssicherheit, um das neue Mittel der Führungsaufsicht auch anzuwenden.
An dieser Stelle darf ich daran erinnern, dass die Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ausgelöst wurde, der zum Teil die Sicherungsverwahrung infrage gestellt hat. Die elektronische Fußfessel schafft nunmehr die Voraussetzung dafür, entlassene Schwerst- und Sexualstraftäter, von denen eine konkrete Gefahr für die Bevölkerung ausgeht, weiterhin zu überwachen.
Was wäre die Alternative gewesen? Die Alternative wäre, dass entlassene gefährliche Sicherungsverwahrte weiterhin rund um die Uhr von der Polizei hätten überwacht werden müssen. Insofern war die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, die elektronische Aufenthaltsüberwachung im Rahmen der Führungsaufsicht einzuführen, richtig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die gemeinsame Anhörung im Hauptausschuss und im Rechtsausschuss im September verdeutlichte noch einmal, dass die elektronische Fußfessel ein Baustein für mehr Sicherheit sein kann. Sie ist kein Allheilmittel und kein Ersatz für den Strafvollzug oder den Maßregelvollzug, aber die elektronische Fußfessel kann dem subjektiven Sicherheitsinteresse der Bevölkerung und der objektiven Sicherheitslage in unserem Land Rechnung tragen. Sie verhindert Rückfälle und führt zu einem verbesserten Opferschutz. Gleichzeitig hat die Fußfessel auch resozialisierenden Charakter; denn die Wiedereingliederung der entlassenen Straftäter kann in der gewohnten Umgebung erfolgen. Insofern bringt die elektronische Fußfessel einen Mehrwert an Sicherheit.
Die Umsetzung dieser bundesrechtlichen Verpflichtung durch ein abgestimmtes Verhalten der Länder ist nicht nur zweckmäßig, sondern hat auch den Vorteil, dass sie für Brandenburg kostengünstiger ist, da die gemeinsame Überwachungsstelle der Länder gemeinschaftlich von allen beteiligten Ländern finanziert wird.
Auch den Belangen des Datenschutzes wurde in Verbindung mit § 463a StPO Rechnung getragen. Nach zwei Monaten werden nicht mehr benötigte Daten gelöscht. Wem das zu kurz ist, der kann gemeinsam mit uns für die Vorratsdatenspeicherung kämpfen - dann hätten wir eine Speicherungsfrist von sechs Monaten.
Was wir in Brandenburg auch benötigen, ist eine konzentrierte Zusammenarbeit aller beteiligten Behörden. Dies verdeutlichte noch einmal die Anhörung. Hier darf es keinen Behördenwirrwarr geben, sondern es muss von Beginn an alles rund laufen. Im Ernstfall benötigen wir einen schnellen Zugriff auf den Überwachten, abgestimmte Alarmierungspläne sowie eine gute Zusammenarbeit von Polizei, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten.
Weiterhin müssen Fallkonferenzen durchgeführt werden. Zudem sollten die Probanden dauerhaft begleitet werden. Ich hoffe, wir sind uns darüber einig, dass es nicht genügt, den Probanden nur etwas um den Fuß zu hängen, bis ein roter Punkt aufleuchtet. Wir müssen schon etwas mehr tun; denn es kann nicht unser Anliegen sein, einfach nur abzuwarten und nichts zu tun.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Einführung der elektronischen Fußfessel zu einem neuen und modernen Strafvollzug führen wird. Sie wird mittlerweile in vielen europäischen Staaten - unter anderem in Schweden, England, in der Schweiz und in Österreich - erfolgreich eingesetzt. Jedoch müssen wir gar nicht so weit schauen; denn auch das Land Hessen hat in den vergangenen Jahren diesbezüglich einige Pionierleistungen erbracht und bereits frühzeitig die Vorteile der Fußfessel erkannt. So wendet Hessen die Fußfessel bei sogenannten Bewährungsversagern oder zur Entlassungsvorbereitung im Jugendstrafvollzug an. Die Ergebnisse können sich sehen lassen: Mehr als 700 Probanden haben die Maßnahmen in Hessen bislang durchlaufen, wobei es lediglich in 10 % der Fälle zu Rückfällen kam.
Auch das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg kam beim hessischen Pilotprojekt zu dem Ergebnis, dass die Vorteile die Nachteile eindeutig überwiegen. In der Zusammenfassung der wissenschaftlichen Forschungsergebnisse heißt es: Die elektronische Überwachung bietet „allen Beteiligten Vorteile, die auch außerhalb des hessischen Modellprojekts genutzt werden sollten“.
Deshalb ist es gut und richtig, dass der uns heute vorliegende Staatsvertrag in Artikel 4 eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der elektronischen Fußfessel vorsieht. Das begrüßen wir ausdrücklich. Dennoch möchte ich noch einmal betonen das ist mir sehr wichtig -: Die Fußfessel ist kein Ersatz für Freiheitsstrafen. Das möchte ich noch einmal ganz klar unterstreichen. Freiheitsstrafe muss auch Freiheitsstrafe bleiben.
Mit unserem Antrag wollen wir im Rahmen eines Modellprojektes überprüfen lassen, ob die Fußfessel zum Beispiel bei Freigängen oder während des Hafturlaubs erfolgreich angewendet werden kann. Möglicherweise lassen sich so auch Entweichungen von Gefangenen verhindern; denn mittlerweile verzeichnen wir in Brandenburg den elften Gefangenenausbruch
seit 2009. Von dem Straftäter, der im Oktober 2012 aus dem Maßregelvollzug floh, fehlt bis heute jede Spur. Man hat ihn also noch nicht aufgefunden.
Wenn Sie darüber hinaus mit einem neuen Strafvollzugsgesetz weitere Vollzugslockerungen für Gefangene planen und den Hafturlaub bzw. Freigänge ausweiten wollen, sollten Sie zumindest auch Sicherheitsvorkehrungen für die Bevölkerung schaffen; denn die Bevölkerung hat ein Recht darauf, vor gefährlichen Straftätern geschützt zu werden. Insofern fordern wir Sie auf, unserem Antrag zuzustimmen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal bin ich froh darüber, dass sich die Brandenburger Landesregierung entschieden hat, dem Staatsvertrag zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung beizutreten. Das Thema beschäftigt den Landtag nicht zum ersten Mal. Die CDU-Fraktion hatte Sie mehrfach aufgefordert, endlich auch in Brandenburg die rechtlichen Voraussetzungen für die Überwachung von entlassenen gefährlichen Schwer- und Sexualstraftätern zu schaffen.
Sie haben Recht: Der Bundesgesetzgeber hatte die elektronische Aufenthaltsüberwachung im Rahmen der Führungsaufsicht bereits mit Wirkung zum 01.01.2011 in das Strafgesetzbuch aufgenommen. Wir debattieren also nicht mehr über rechtstheoretische Fragen, sondern wir sind bundesgesetzlich und verfassungsrechtlich verpflichtet, die elektronische Fußfessel einzuführen.
Wir müssen leider feststellen, Herr Minister - Sie selbst haben es schon gesagt -, dass Sie mal wieder mit der Umsetzung einer bundesgesetzlichen Regelung in Brandenburg seit einem Jahr in Verzug sind.
Durch diese Verweigerungshaltung haben Sie die Chance verpasst, sich inhaltlich in den Staatsvertrag einzubringen. Der Landtag kann heute nur entscheiden, den Staatsvertrag in Gänze zu billigen oder nicht zu billigen. Federführend waren hingegen die Länder Hessen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg.
Wir halten jedenfalls die elektronische Aufenthaltsüberwachung für einen wichtigen Baustein der Sicherheitsarchitektur. Herr Minister, Sie haben die nationalen - in Hessen - und die internationalen Modellversuche - in den USA, in England, Frankreich und der Schweiz - erwähnt. Es hat sich gezeigt, dass die elektronische Fußfessel eine erfolgreiche Sanktionsund Überwachsform darstellt.
Mit der elektronischen Fußfessel wird es künftig möglich sein, effektiv zu überwachen, ob sich entlassene Straftäter an die gerichtlichen Weisungen zum Nichtbetreten bestimmter Verbotszonen, zum Beispiel von Schulen und Kindergärten, halten. Wenn schon gefährliche Schwer- und Sexualstraftäter entlassen werden, dann muss der Staat alles dafür tun, Wiederholungstaten zu verhindern. Der Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Straftaten muss absoluten Vorrang haben.
Diesen Schutzauftrag kann aber nicht allein die Polizei erfüllen. Ich darf daran erinnern, dass in Brandenburg in der Vergangenheit für die Überwachung von zwei entlassenen
Sicherungsverwahrten allein 80 000 Arbeitsstunden der Polizei angefallen sind. Circa 20 Polizeibeamte sind notwendig, um einen Entlassenen rund um die Uhr zu beobachten. Ich bin davon überzeugt, dass die elektronische Aufenthaltsüberwachung insoweit auch zur Entlastung der Polizei führen wird.
Wenn man dann noch bedenkt, dass ein Haftplatz in Brandenburg den Steuerzahler ca. 46 000 Euro im Jahr kostet, die Anschaffung einer elektronische Fußfessel jedoch nur 7 500 Euro, dann zeigt das, dass die zentrale Überwachung von entlassenen Straftätern durch die Gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder die kostengünstigere Variante darstellt.
Umstritten ist, ob die elektronische Aufenthaltsüberwachung auch auf andere Bereiche ausgedehnt werden sollte. In Artikel 4 des Staatsvertrages werden explizit die Außervollzugsetzung des Haftbefehls, die Vermeidung der Vollstreckung kurzer Freiheitsstrafen oder von Ersatzfreiheitsstrafen, Bewährungsanweisungen und Gnadenerweise als weitere Einsatzmöglichkeiten aufgeführt.
Ich kann mir durchaus eine Erweiterung der Anwendungsmöglichkeiten der elektronischen Aufenthaltsüberwachung in Brandenburg vorstellen, zum Beispiel zur Durchsetzung von Platzverweisen und Stadionverboten gegenüber gewalttätigen Fußballrowdys. Wir unterstützen insoweit ausdrücklich den Vorschlag des Generalbundesanwalts Harald Range.
Was für unsere Fraktion aber nicht infrage kommt, ist der Einsatz von Fußfesseln zur Vermeidung von Freiheitsstrafen. Wer zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird, soll auch eine Freiheitsstrafe verbüßen. Man kann nicht auf dem Sofa in der gemütlichen Wohnstube sitzen und meinen, das sei eine Strafe. „Chips und Bier statt Strafe“ - das wird es mit der CDU nicht geben. Dazu sagen wir ganz deutlich Nein!
Ich fasse zusammen: Wir stimmen dem Staatsvertrag zu und sagen Ja zur Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung. Sie ist zwar kein Allheilmittel - der beste Schutz ist immer noch die geschlossene Unterbringung gefährlicher Schwer- und Sexualstraftäter -, aber ein Baustein in der Reform der Sicherungsverwahrung. Sie bringt mehr Sicherheit und führt zu Kosteneinsparungen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, Herr Kollege Baer, die Sozialgerichtsbarkeit in Brandenburg hat hohe Altbestände abzuarbeiten, und die Verfahrensbestände haben im letzten Jahr einen Höchststand verzeichnet. Dies hat natürlich Ursachen. Bloß machen Sie es sich ein bisschen zu einfach, wenn Sie einseitig nur Fehler bei den Bundesgesetzen suchen. Ich möchte darauf verweisen, dass Sie in Ihrer Regierungsverantwortung Zeit hatten, die entsprechenden Hartz-IVGesetze zu verbessern. Das haben Sie aber gerade nicht getan.
Im Übrigen - auch das muss man an dieser Stelle einmal sagen - haben die Sozialmarktreformen in Deutschland, die so heftig vor allem von der Linkspartei kritisiert werden, einen ganz wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass die Arbeitslosenzahlen in Deutschland und damit auch in Brandenburg auf den niedrigsten Stand seit 1991 gesunken sind.
Nein, die Probleme in der Sozialgerichtsbarkeit in Brandenburg sind zum größten Teil hausgemacht. Schuld ist auch die falsche Personalpolitik der Brandenburger Landesregierung. Viel zu spät sind den Sozialgerichten neue Stellen zugesprochen worden. Bis heute sind Richterstellen unbesetzt.
Hochproblematisch ist auch die Situation im nichtrichterlichen Bereich. Auch hier ist die Zahl der Beschäftigten gesunken.
„Weil Richter fehlen, müssen Betroffene immer länger auf ein Urteil warten.“
Das sind nicht meine Worte, das sind die Worte der Präsidentin des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, Monika Paulat, und dieser Einschätzung kann ich mich einfach nur anschließen.
Diese Landesregierung hatte zu Beginn ihrer Amtszeit eine komfortable Ausgangssituation. Das damalige SPD-geführte Finanzministerium und das damals von der CDU geführte Justizministerium haben sich auf den Aufwuchs der Sozialrichterstellen geeinigt. Aber der Justizminister hat es bis heute nicht geschafft, diese Richterstellen vollständig zu besetzen. Noch immer sind drei Planstellen in der Sozialgerichtsbarkeit in Brandenburg unbesetzt.
Diese Situation wird sich in den nächsten Jahren durch Ihre Politik noch weiter verschärfen. Finanzminister Helmuth Markov plant, der Justiz in Brandenburg weitere 452 Stellen zu streichen. Ich sage Ihnen jetzt schon: Sollte dies so umgesetzt werden, können wir uns auf noch längere Gerichtsverfahren in Brandenburg einstellen, da die Brandenburger Justiz dann in allen Gerichtsbarkeiten eine Personalunterdeckung von 10 % aufweisen würde. Der Brandenburger Richterbund sprach zu Recht schon von einer Kriegserklärung.
Sie wissen doch selbst, dass die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen die Probleme in der Sozialgerichtsbarkeit überhaupt nicht lösen werden. Sie hätten sich besser an den Maßnahmen des Berliner Justizsenators Thomas Heilmann orientieren sollen. In Berlin werden 10 zusätzliche Richterstellen geschaffen und 38 Verwaltungsfachangestellte eingestellt, um die Verfahrensbestände in der Sozialgerichtsbarkeit abzubauen. Die Verfahrensdauer soll in Berlin spürbar von 12 auf 8 Monate sinken. Dagegen sind die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Ihre Hilflosigkeit untermauert dann auch noch Punkt 2, in dem Sie die Landesregierung auffordern, eine entsprechende Arbeitsgruppe einzurichten. „Wenn ich nicht mehr weiterweiß, gründ’ ich einen Arbeitskreis“, das ist Ihr Motto bei der Bewältigung der Probleme in der Sozialgerichtsbarkeit.
Das Gleiche gilt für den Punkt 3 Ihres Antrages. Meinen Sie nicht, dass die Optionskommunen und die Kommunen mit Jobcentern selbst wissen, dass Qualitätsverbesserungen notwendig sind, um lange Sozialgerichtsverfahren zu vermeiden? Dazu brauchen sie keine Anweisungen und Belehrungen der SPD und der Linkspartei. Im Übrigen ist das eine Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung; da haben Sie sich überhaupt nicht einzumischen. Wenn Sie wirklich etwas für die Sozialgerichtsbarkeit in Brandenburg und für die Reduzierung der langen Gerichtsverfahren tun wollen, dann sorgen Sie für eine angemessene Personalausstattung der Gerichte und lassen Sie die Beschäftigten in der Sozialgerichtsbarkeit in Ruhe ihre Arbeit machen. Das hilft mehr als Ihr Placebo-Antrag.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Am 7. September 2011 kündigte Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg in einer Brandenburger Zeitung einen „Paradigmenwechsel im Brandenburger Strafvollzug“ an. Lange Zeit war unklar, was darunter gefasst werden soll. Aber spätestens seit Ostern wissen wir es: Der Justizminister möchte mehr Rechte für Schwerverbrecher, er möchte mehr Vollzugslockerungen, und er möchte einen staatlichen Erholungsurlaub für Schwerverbrecher bereits nach fünf Jahren Haftverbüßung.
Unter dem Deckmantel der Resozialisierung soll Mördern, Totschlägern, Räubern, Geiselnehmern, Kinderschändern
und Terroristen schon nach fünf Jahren Gefängnisaufenthalt Langzeitausgang gewährt werden. Das ist linke Strafvollzugspolitik, und eine solche täterfreundliche Rechtspolitik lehnt die CDU-Fraktion kategorisch ab.
Liebe Kollegen von der Linksfraktion, ich weiß nicht, ob das Ihr Weg zum Kommunismus ist - eine solche Politik lehnen wir jedenfalls ab!
Für die CDU-Fraktion gilt ganz klar der Grundsatz: Opferschutz geht vor Täterschutz.
Wenn es um die Sicherheit in diesem Land geht, stehen wir auf der Seite der Bevölkerung, die einen Anspruch auf Schutz durch den Staat hat. Das ist beim Thema Grenzkriminalität so, das ist bei der Reform der Sicherungsverwahrung so, und das ist selbstverständlich auch beim Umgang mit Schwerverbrechern so. Uns geht es erstens um die Sicherheit der Bevölkerung, zweitens um den Opferschutz und drittens um die Resozialisierung - und zwar genau in dieser Reihenfolge.
Bereits im letzten Jahr haben wir Sie in der Diskussion über unseren Antrag „Resozialisierung von Straftätern verbessern“ unmissverständlich aufgefordert, an den bewährten Normen und den grundsätzlichen Prinzipien des Bundesstrafvollzugsgesetzes festzuhalten. Hierzu gehört eben auch, dass es einen Langzeitausgang für zu lebenslanger Haft verurteilte Schwerverbrecher frühestens nach zehn Jahren und nicht - wie von Ihnen befürwortet - nach fünf Jahren geben soll.
Es ist doch ein fundamentaler Unterschied, ob ein Täter kurz vor seiner Entlassung mit Ausgangsgenehmigung auf ein Leben in Freiheit vorbereitet wird oder ob er sich bereits nach so kurzer Zeit wieder aus dem Gefängnis entfernen darf.
Freiheitsstrafe muss Freiheitsstrafe bleiben und darf auch nicht durch Resozialisierungsmaßnahmen ausgehebelt werden.
Wer das Leben seiner Mitmenschen zerstört, deren Gesundheit verletzt oder das Eigentum nicht achtet, zerstört grob das Vertrauen auf ein sicheres Zusammenleben innerhalb unserer Gesellschaft. Wer dies tut, muss mit einer Reaktion des Staates rechnen, und unser Rechtsstaat begegnet schwerwiegenden Rechtsgutverletzungen mit einer Strafe. Die schwerste strafrechtliche Reaktion auf strafbares Verhalten ist eine Freiheits
strafe. Wer einen Menschen tötet, der muss mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe rechnen. Wer so etwas getan hat, für den ist der beste Platz ein geschlossener Haftraum und eben kein Hotelzimmer.
Im Übrigen finde ich es schon zynisch, hier überhaupt von „Urlaub“ zu sprechen. Wenigstens wurde im Musterentwurf eine andere Formulierung gewählt, und das ist auch richtig so. Denn erstens: Kein Gefangener muss heute mehr bei Brot und Wasser für seine Taten büßen. Die Brandenburger Justizvollzugsanstalten gehören zu den modernsten Gefängnissen in Deutschland. Ich darf an dieser Stelle daran erinnern, dass es CDU-Justizminister in diesem Land waren, die mit einem millionenschweren Investitions- und Modernisierungsprogramm
die Justizvollzugsanstalten in Brandenburg sicherer gemacht und die auch viel für die Resozialisierung der Straftäter in Gang gesetzt haben. Wohin hingegen Ihre bisherige Resozialisierungspolitik geführt hat, Herr Minister Schöneburg,
haben wir bereits gesehen, nämlich zu mehr Ausbrüchen. Allein 2011 gab es fünf Entweichungen aus dem Strafvollzug das ist Ergebnis Ihrer Politik!
Zweitens: Urlaub steht rechtschaffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu, die sich von ihrer Arbeit erholen sollen, nicht aber Schwerverbrechern, die mit ihren menschenverachtenden Gewalttaten fürchterliches Leid über ihre Opfer und deren Angehörige gebracht haben.
Können Sie sich eigentlich vorstellen, wie sich eine Mutter fühlt, die ihr Kind durch einen Sexualmord verloren hat, wenn sie den Mörder ihres Kindes bereits nach fünf Jahren wieder durch die Fußgängerzone schlendern sieht? Wollen Sie zulassen, dass die Opfer und ihre Angehörigen jetzt Angst haben müssen, die Täter im staatlichen Erholungsurlaub in ihrer Nähe sehen zu müssen?
Was sagen Sie der Bevölkerung eigentlich, wenn ein Schwerverbrecher während seines Hafturlaubs rückfällig werden sollte? Beispiele hierfür gab und gibt es genug, und jeder Rückfall ist ein Rückfall zu viel. Hören Sie also auf, die Gefahr zu verharmlosen, die für die Bevölkerung besteht, wenn ein Mörder Ausgang hat.
Gerade wir in Brandenburg müssen hierfür sensibilisiert sein ich erinnere an den Fall des mehrfach wegen Vergewaltigung verurteilten Frank Schmökel: Immer wieder unterschätzten Ärzte offenbar seine Gefährlichkeit. Immer wieder bekam er deshalb Freigang, und immer wieder kam es dann zu neuen Straftaten, zu neuen Vergewaltigungen und sogar zu einem Mord.
Es ist die Kernaufgabe des Staates und unsere Pflicht auch als Mitglieder dieses Landtags, Leben und Gesundheit der Menschen vor Straftätern zu schützen.
Es wäre schon viel gewonnen, wenn diejenigen, die die Resozialisierung ganz groß schreiben und auf die Grundrechte der Täter hinweisen, auch zur Kenntnis nehmen würden, dass dieselben Grundrechte in ihren Schutzpflichtenfunktionen auch die Bürger schützen und den Staat zum Handeln verpflichten. Wir richten unsere Politik jedenfalls darauf aus, dass aus Bürgern keine Opfer werden, und wir sehen uns hier an der Seite der Opfervereinigung Weißer Ring e. V., der Polizeigewerkschaften, des Bundes der Strafvollzugsbediensteten und der Mehrzahl der Landesregierungen in Deutschland, die Ihren Vorschlag, Schwerverbrechern bereits nach fünf Jahren Langzeitausgang zu gewähren, in der Luft zerrissen haben.
Ich gebe einige Zitate zu Ihrem Vorschlag wieder: Der Bund der Strafvollzugsbediensteten sagte, Ihre Pläne seien ein „Hohn gegen die Opfer“, die Gewerkschaft der Polizei sprach von einem „Experiment auf Kosten der Sicherheit und auf dem Rücken der Bürger“. Der ehemalige sächsische Justizminister Mackenroth hält das Ganze sogar für eine „Schnapsidee“. Und der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern Erwin Sellering - ein Sozialdemokrat - sagte:
„Mit mir wird es in Mecklenburg-Vorpommern keinen Freigang für lebenslänglich Verurteilte schon nach fünf Jahren geben.“
Eine solch klare Aussage, Herr Ministerpräsident, hätten wir uns von Ihnen gewünscht. Die Bürger haben ein Anrecht darauf zu erfahren, ob der Vorschlag des Justizministers die Meinung der gesamten Landesregierung widerspiegelt oder lediglich die Einzelmeinung des Justizministers ist.
Vor dieser Antwort dürfen und können Sie sich nicht drücken!