Gerlinde Stobrawa
Appearances
3/15
3/18
3/23
3/27
3/29
3/31
3/36
3/38
3/40
3/46
3/67
3/69
3/74
3/75
3/78
3/85
3/90
3/91
3/93
3/96
3/97
3/99
Last Statements
Herr Minister, genau darauf bezieht sich meine Frage, wenn Sie davon sprechen, dass es um Sicherungsaufgaben geht. Neben der hier gestellten Frage sind natürlich auch die Probleme in Bad Saarow, Petersdorf, Neu Golm oder Diensdorf betroffen. Vor allen Dingen die fehlenden Radwege haben in den letzten Monaten und Tagen dazu geführt, dass Schülerinnen und Schüler auf sehr unwegsamen Straßen in ihre neuen Schulen kommen müssen, weil Schulstandorte geschlossen worden sind. Deshalb frage ich, ob in dieser Richtung an eine erneute Prioritätenverschiebung gedacht ist, um vor allen Dingen hier Sicherheit schaffen zu können.
Herr Minister, erinnern Sie sich erstens daran, dass die Koalition, die zurzeit die Regierungsverantwortung hat, vor wenigen Wochen und Monaten eine starke Reduzierung der Haushaltsmittel für die deutsch-polnischen Schulprojekte beschlossen hat, und zwar dergestalt, dass sie bis zum Jahre 2006 fast gegen null tendieren?
Eine zweite Frage daran anschließend: Gibt es neben der Lobpreisung und der guten Worte, die ich unterstützen möchte, zumindest in Ihrem Hause jetzt schon Überlegungen, wie man eventuell diesem an den Schulen vorhandenen Engagement durch eine kleine finanzielle Decke eine entsprechende Grundlage für die Weiterarbeit geben kann?
Zu Beginn des Jahres hat sich der Landtag zweimal damit beschäftigt, wie auch nach 2006 ein hohes Niveau der EU-Strukturförderung für Brandenburg gesichert werden kann. Dabei ist die Höhe des EU-Haushalts eine der zentralen Fragen. Nach Auffassung der EU-Kommission sind mehr Mittel im EUHaushalt notwendig, um die Lebensverhältnisse in den strukturschwachen Regionen sowohl der neuen als auch der alten Mitgliedsländer - und zu Letzteren gehört unser Land - umfassend zu fördern und an den europäischen Durchschnitt heranzuführen. Die Bundesregierung will aber - trotz der mit der Erweiterung enorm gewachsenen Aufgaben - den EU-Haushalt in den Jahren 2007 bis 2013 bei einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts „einfrieren“. Der Landtag war ungeachtet mehrerer Anträge der Opposition bisher nicht bereit, die Bundesregierung aufzufordern, ihre Position zu überdenken. Das Bundesministerium der Finanzen hat den Vorschlag der Europäischen Kommission für den EU-Haushalt 2007 bis 2013 dem Bundesrat zur Beratung übermittelt.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: Welche Position hat sie bisher in den Beratungen des Bundesrates über die Mitteilung der Europäischen Kommission eingenommen, die sehr zutreffend den Titel „Unsere gemeinsame Zukunft aufbauen: Politische Herausforderungen und Haushaltsmittel der erweiterten Union 2007 bis 2013“ trägt?
Frau Ministerin, unabhängig davon, wann im Bundesrat eine Entscheidung dazu fällt, stelle ich noch einmal die Frage: Hat die Landesregierung geplant, dem Landtag - ähnlich wie das in Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern geschehen ist - das Positionspapier der Landesregierung zuzuleiten?
Vor einigen Wochen wurde in Brüssel der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt vorgelegt. Dazu steht nunmehr die Entscheidung im Bundesrat an. Hinter dem scheinbar komplizierten Titel verbirgt sich eine auch für die Brandenburger Kommunen und ihre Unternehmen entscheidende Frage, nämlich die Frage danach, welche rechtlichen Möglichkeiten sie bei der Erbringung von Dienstleistungen für die Einwohnerinnen und Einwohner ihrer Kreise und Gemeinden künftig haben werden. Zudem kann der Richtlinienentwurf erhebliche Auswirkungen auf Zehntausende von Beschäftigten vor allem in kommunalen Unternehmen unseres Landes haben. In einer Veranstaltung des DGB Berlin-Brandenburg wurde dieser Richtlinienentwurf deshalb kürzlich als offensichtliches „Dynamit“ bezeichnet.
Angesichts dessen frage ich die Landesregierung: Mit welcher Position wird sie in die Verhandlungen des Bundesrates zum Vorschlag für eine Richtlinie für Dienstleistungen im Binnenmarkt gehen?
Herr Minister, habe ich Sie recht verstanden, dass es bereits
eine gemeinsame Stellungnahme der Länder zu dem Grünbuch gibt? - Gibt es auch schon Bemerkungen innerhalb des Kabinetts dahin gehend, welche Position die Landesregierung vertreten wird?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die PDS-Fraktion hätte heute auch andere EU-Themen auf die Tagesordnung setzen können, zum Beispiel die rückläufige Sprachausbildung in Polnisch, den Wegfall der Unterstützung der polnischen Studenten an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) oder die Auflösung der TWG in Gorzow. Die Begründung der Landesregierung ist immer gleich: weil die Ost-Erweiterung vollzogen wird. Ich gehe davon aus, dass diese wichtigen Aufgaben verstärkt fortgesetzt werden müssen.
Wir haben aber ein Thema auf die Tagesordnung gebracht, das in der vergangenen Landtagssitzung schon einmal auf der Tagesordnung stand. Warum? Mit diesem Antrag geht es um Geld, um sehr viel Geld. Ostdeutschland würde die Situation nach dem Herausfallen aus der Ziel-1-Förderung ab 2006 kaum verkraften. Darüber herrscht über Parteigrenzen hinweg Konsens. Entsprechende Forderungen haben die ostdeutschen Länder bereits gegenüber dem Bund erhoben. Das Herausfallen aus der Ziel-1-Förderung war politisch nicht beabsichtigt, sondern ergibt sich als statistischer Effekt in dem Moment, in dem die EU um eine Reihe wirtschaftlich und strukturell schwächerer Länder wächst. Allerdings dürfen statistische Effekte die Politik nicht knebeln. Im Gegenteil, kluge politische Gestaltung erkennt solche Effekte rechtzeitig und steuert gegen.
Die Bundesregierung allerdings mit ihrem inzwischen „hinlänglich bekannten Gespür“ für die Belange Ostdeutschlands hat das offensichtlich nicht für so wichtig gehalten. Die Landesregierung hingegen hat nun nicht etwa versucht, dem Bund Beine zu machen, sondern hat auf eine vermeintlich eigene, oberschlaue Lösung gesetzt: die Aufteilung des Landes in verschiedene Fördergebiete - ein typisches Beispiel eingegrenzter großkoalitionärer Kreativität, die vor allem eines beachten muss: Bloß kein Ärger mit dem Bund! Man wollte diese Auseinandersetzung in der Tat hier bei uns nicht.
Jeder im Plenum kann sich daran erinnern: Im September und Oktober 2002 hat es zwei Anträge aus unserer Fraktion gegeben. Diese korrespondierten mit Standpunkten aus der Mitte des Landtages, mit den Auffassungen der Landkreise und kreisfreien Städte wie mit denen der kommunalen Spitzenverbände. Diese beiden Anträge hatten ein einziges Ziel, nämlich das Ziel, die Landesregierung zu bewegen, die betreffende EU-Förderverordnung noch einmal in diesem Hause zu diskutieren. Damals, im Herbst 2002, hatte sich die EU-Kommission noch nicht entschieden. Die Verordnung lag lediglich als Entwurf vor.
Was aber tat die Landesregierung? Nichts. Sie hielt still, wie immer, wenn „da oben“ im Bund oder auch in Europa problematische Entscheidungen heranreifen. Das Ergebnis ist für Brandenburg wieder einmal beschämend. Setzt sich die Auffassung von EU-Kommissarin Schreyer durch, nach der es nicht angeht, die Ärmsten in Europa zulasten der Zweitärmsten zu fördern, dann hat die Landesregierung dafür gesorgt, dass genau dieser falsche Grundsatz in Brandenburg zur Geltung kommt. Im gespaltenen Land würden die ärmsten Regionen
zulasten der zweitärmsten und zulasten des gesamten Landes gefördert - eine Glanzleistung gestaltender, vorausschauender Politik auf der Höhe der Zeit, eine wahre Großtat für jene, die, wie auch der Herr Innenminister, nicht müde werden, das Land vor den vermeintlichen Risiken der EU-Erweiterung schützen zu wollen.
Allerdings könnte der Bundeskanzler nun dazu beigetragen haben, dass die Landesregierung ihr Gesicht wahren kann; denn Anfang des Jahres hat Herr Schröder gemeinsam mit fünf weiteren Staats- und Regierungschefs Herrn Prodi aufgefordert, den EU-Haushalt bei 1 % des Bruttoinlandprodukts der Union einzufrieren. Möglich ist allerdings bekanntlich eine Obergrenze von 1,27 %. Im Interesse des Landes war und ist es notwendig, den Bundeskanzler von diesem Spardruck auf Brüssel abzuhalten; denn der Haushaltsrahmen muss wohl schon weiter ausgeschritten werden, damit Ostdeutschland Ziel-1-Fördergebiet bleiben kann. Das klingt logisch, ist aber offensichtlich nicht im Interesse der Regierenden in Bund und Land. Berlin muss überall die Ausgaben drosseln, damit die riesigen Einnahmeverluste nach der fatalen Steuerreform nicht gar zu sehr auffallen und zu Buche schlagen, und Potsdam könnte seinen vorauseilenden Gehorsam gegenüber der für die Bürgerinnen und Bürger schlechtesten Lösung wieder als weitsichtig und schlau darstellen.
Sicher: Es bliebe die für unser Land schlechteste Lösung. Der Landtag muss jetzt nur entscheiden, worauf es ihm ankommt, auf die Standessolidarität mit den Parteifreunden in den Kabinetten oder auch auf ein bisschen Zivilcourage im Umgang mit der Obrigkeit und im Interesse der Menschen im Lande.
Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. Danke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ob Vorabend, helllichter Tag oder historischer Moment, wie es im
Antrag der SPD-Fraktion zu lesen ist - ich glaube, das, was die Bürgerinnen und Bürger vor allem interessiert, ist die Antwort auf die Frage: Was kommt, wenn am 1. Mai der Beitritt sozusagen vollzogen ist?
Eine grundsätzliche Bemerkung scheint mir in diesem Zusammenhang angebracht zu sein. Dabei kann ich nahtlos an Ihre Ausführungen, Herr Dr. Ehler, anschließen. Was wir als Bundesland erreichen können, hängt maßgeblich von äußeren Bedingungen ab. Deswegen ist es so wichtig, den Anspruch auf sozial gerechte Veränderung und auf größere Handlungsspielräume sowohl gegenüber dem Bund als auch gegenüber der Europäischen Union mit allem Nachdruck zur Geltung zu bringen. Genau das, meine sehr verehrten Damen und Herren, vermisst meine Fraktion im gegenwärtigen Regierungshandeln bis ins Detail.
Im Einzelnen möchte ich auch mit Blick auf die Weiterführung der Arbeit auf europapolitischem Gebiet vor allem sechs Punkte nennen.
Erstens: Brandenburg muss - in Berlin wie in Brüssel - seine Stimme für ein soziales, demokratisches und friedliebendes Europa deutlich vernehmbar erheben. Dazu gehört vor allem das Ringen um eine Europäische Verfassung, die die Basis für ein vertrauensvolles Zusammenwirken von kleinen und großen, von alten und neuen Mitgliedstaaten auf gleichberechtigter Grundlage sein kann.
Zweitens: Zur Erfüllung der zentralen Zielstellungen der EU Stärkung der regionalen Wirtschaftskraft, Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit und Zusammenwachsen von neuen und alten Mitgliedsländern zu einer Gemeinschaft von Gleichberechtigten - sind ausreichende finanzielle Mittel notwendig. Dafür muss Brandenburg hörbarer streiten. Die Höhe des künftigen EU-Haushalts ist deshalb für unser Land ganz entscheidend. Deswegen stellt meine Fraktion heute Nachmittag einen Antrag, der die Bundesregierung veranlassen soll, ihre Haltung zu überdenken.
Ihr Entschließungsantrag macht allerdings deutlich, dass die Koalition nicht gewillt ist, Schröders obskure Pläne zur Begrenzung des Umfangs des EU-Haushalts anzugreifen. Würde die EU sich Schröders Plänen anschließen, wäre das sowohl für die neuen als auch für die alten Länder besonders bezüglich der Heranführung strukturschwacher Gebiete katastrophal. Das gilt besonders für Brandenburg.
Drittens: Brandenburg muss des Weiteren für eine EU-Strukturfondsförderung streiten, die sich in annähernd gleicher Höhe wie in den Jahren 2000 bis 2006 bewegt. Immerhin waren es 3 Milliarden Euro. Unser Land braucht auch in den Jahren 2007 bis 2013 in großem Umfang europäische Hilfe, um die immer noch bestehenden Entwicklungsrückstände aufzuholen. Dies ist wichtig, da die Bundesregierung bisher keine sichtbare Bereitschaft zur Kompensation ausfallender EU-Mittel zeigte.
Viertens: Brandenburg muss seine Politik stärker auf die deutsch-polnische Grenzregion ausrichten. Die PDS wird sich für einen Aktionsschwerpunkt „Grenzregion“ einsetzen, der als gemeinsame Aufgabe der Länder Berlin und Brandenburg sowie der Woiwodschaften Lebuser Land und Westpommern konzipiert und umgesetzt wird. Von der gemeinsamen Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik über die Regionalplanung und die Planung der Verkehrswege bis hin zum großen Bereich der
Bildung müssen gemeinsame Ansätze die Grundlage politischer Entscheidungen der Partnerregionen bilden.
Fünftens muss überlegt werden, wo Europapolitik als Querschnittsaufgabe künftig anzusiedeln ist. Die Kombination mit der Justiz war ja wohl bisher eher eine in der Person des Justizministers begründete Entscheidung. Angesichts der Verflechtung von Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik wäre eine Zuordnung zu diesem Ressort oder direkt zum Ministerpräsidenten die bessere Variante, um Politik aus einem Guss formulieren zu können.
Sechstens: Der Landtag und seine Ausschüsse müssen sich in stärkerem Maße im Vorfeld mit europapolitischen Fragen, die im Bundesrat oder in Brüssel zur Abstimmung stehen, beschäftigen.
Die PDS ist bereit, über diese Ansätze weitere Diskussionen im Parlament zu führen. Es ist höchste Zeit; denn der Vorabend der EU-Erweiterung geht am 30. April um 24 Uhr, also in gerade einmal 92 Tagen, zu Ende. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach großen Worten des heutigen Vormittags von den historischen Momenten und den großen Herausforderungen wollen wir Sie eigentlich nur noch einmal veranlassen, im Interesse unseres Landes mit uns gemeinsam die Bundesregierung davon abzubringen, den EU-Haushalt auf dem jetzigen Stand einzufrieren.
Natürlich sind der PDS-Fraktion die Löcher im Bundeshaushalt wie auch in den Landeshaushalten bekannt. Natürlich wissen auch wir, dass sich die Bundesrepublik Deutschland in Brüssel wegen der Nichteinhaltung des Wachstums- und Stabilitätspaktes verantworten muss. Dies alles wissend, steht dennoch die Frage: Wie wird der Angleichungsprozess zwischen den alten und den neuen Bundesländern bzw. strukurschwachen und strukturstarken Regionen der Bundesrepublik im Sinne des Grundgesetzes nach dem Ende der laufenden Förderperiode finanziert?
Unser aller Bundeskanzler hat auf diese Frage auf seine Art und Weise geantwortet, indem er zur Feder griff und gemeinsam mit den Regierungs- bzw. Staatschefs der Niederlande, von Großbritannien, Schweden, Frankreich und der Republik Österreich einen Brief an den Präsidenten der Europäischen Kommission, Herrn Romano Prodi, schrieb. Dieser Brief ist schon interessant, und zwar nicht nur wegen der Forderung, den EU-Haushalt künftig bei einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU zu begrenzen, sondern auch wegen der in diesem Brief genannten Schlüsselaufgaben der EU:
Erstens: Schaffung eines realen europäischen Mehrwerts und Beitrags zur Entwicklung der EU zur wettbewerbsfähigen und innovativsten Region der Welt.
Zweitens: Weitere Entwicklung der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik.
Drittens: Schutz der Außengrenzen der Europäischen Union.
Viertens: Steuerung der Migrantenströme.
Zu diesen Schlüsselaufgaben der Europäischen Union kann man die Kollegen Sozialdemokraten um Gerhard Schröder eigentlich nur beglückwünschen. Kein Wort von der Erweiterung, kein Wort zur Angleichung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zwischen den unterschiedlich entwickelten europäischen Regionen, kein Wort zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit! Das wundert angesichts der Unterschriften unter diesem Brief kaum. Gerhard Schröder befindet sich in illustrer Gesellschaft mehrheitlich konservativer Politiker, die zudem wirtschaftlich starke Länder der EU vertreten. Diese meinen nun: Wir geben schon genug Geld nach Brüssel.
Die Reaktion der Kommission steht noch aus; dem Vernehmen nach soll am 10. Februar ein Vorschlag unterbreitet werden. Doch Romano Prodi hat bereits eine erste Wertung vorgenommen, in der er feststellte:
„Wunder sind jedenfalls nicht meine Spezialität und sie scheinen auch in den Mitgliedsstaaten nicht so einfach zu geschehen.“
Ich will nicht verkennen, dass auch unsere Partei am gegenwärtigen Verfahren der Verteilung von Haushaltsmitteln der Europäischen Union ernsthafte Kritik hat. Einiges davon haben wir auch im Europawahlprogramm unserer Partei festgehalten - im Unterschied zu Ihrem Programm, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD, in dem ich derlei leider nicht finde.
Alle demokratischen Parteien in diesem Parlament stimmen sicherlich darin überein, dass ein enormer Handlungsbedarf in
Bezug auf die Entbürokratisierung europäischer Haushaltsund Förderpolitik besteht. Das ändert aber nichts daran, dass für das Aufbauwerk, vor dem wir angesichts des Beitritts zehn strukturschwacher Länder und angesichts einer weiterhin bestehenden großen Anzahl von strukturschwachen Regionen in den alten Mitgliedsländern stehen, enorme finanzielle Mittel erforderlich sind. Wer weiß das besser als wir in Ostdeutschland, speziell hier in Brandenburg, in einem Land, zu dem eine 250 km lange Grenzregion gehört, die die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Polen verbindet?
Wir werden, wenn diese Förderperiode im Jahr 2006 zu Ende sein wird, rund 3 Milliarden Euro allein aus den drei Strukturfonds bekommen haben. Diese Summe wird einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung unseres im Schnitt strukturschwachen Landes geleistet haben, darin inbegriffen die Mittel, die im Rahmen von INTERREG III A geflossen sind.
Wir wissen aber auch, dass die besondere Lage Brandenburgs als Bestandteil der deutsch-polnischen Genzregion für die Bundesregierung - nicht nur für die amtierende, sondern auch schon für die Vorgängerregierung - nie Anlass für Förderstrategien des Bundes war. Bis zum heutigen Tag bestreiten die politischen Mehrheiten auf Bundesebene, toleriert auch von der großen Koalition in Brandenburg, die Notwendigkeit eines speziellen Grenzlandprogramms der Bundesregierung für die Regionen vom Oderhaff bis in den Bayerischen Wald.
Wir wissen, dass über unserem Land die Gefahr des so genannten statistischen Effekts schwebt. Brandenburg könnte allein infolge des Beitritts der zehn neuen Länder über die Marke von 75 % des durchschnittlichen Bruttoinlandsprodukts der EU kommen und damit in eine niedrigere Förderkategorie rutschen. Davon, dass der Bund dafür einen finanziellen Ausgleich schafft, gehen auch Sie - den Eindruck habe ich - in der Koalition nicht aus. Damit steht Brandenburg mit seinem ohnehin defizitären Haushalt und einer Verschuldung, die jetzt schon über 16 Milliarden Euro ausmacht, vor einem Dilemma.
Würden Schröders Pläne in Brüssel auf fruchtbaren Boden fallen, dann würden wir hier in Brandenburg keinen Spielraum mehr für gestaltende Politik haben. Schuld daran wäre aber nicht das „böse“ Brüssel, sondern wären die Forderungen der Bundesrepublik, deren Regierung gegen die Wirkungen der eigenen Haushaltspolitik mit nie gekanntem Populismus vorgeht. Letztlich werden die Maastricht-Kriterien vorgeschoben, um über eigenes Fehlverhalten in der Bundesrepublik hinwegzutäuschen.
Was unter solchen Bedingungen mit den strukturschwachen ostdeutschen Ländern geschieht, kann sich eigentlich jeder Vernunftbegabte ausmalen. Es ist zu einfach, wenn man, wie der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelstages, den heilsamen Druck knapper Kassen hoch leben lässt. Ministerpräsidenten der neuen Bundesländer haben sich zu Wort gemeldet, auch der Ministerpräsident des Landes Brandenburg. Er sagte:
„So mancher im Westen macht keinen Hehl daraus, dass der Osten doch endlich einmal ruhig sein sollte. Der Westen habe schon genug in die neuen Länder gepumpt. Diese Stimmung spüren wir auch bei der Debatte um die EU-Osterweiterung. Die Ostsorgen werden im Westen inzwischen als lästig empfunden.“
Das stimmt, Herr Ministerpräsident, wir haben das der „Freien Presse Chemnitz“ entnommen.
„Ihre Feststellung, meine ich, ist aber nur die halbe Wahrheit. Es geht nicht nur um die alten Bundesländer wie Bayern, Niedersachsen oder Nord-rhein-Westfalen, die für eine restriktive Aufgabenpolitik in Brüssel eintreten. Diese Länder haben vor allen Dingen eine starke Verbündete in einer von den alten Bundesländern dominierten rot-grünen Bundesregierung. Der Brief der sechs Regierungschefs, zu deren Unterzeichnern auch der ehemalige Ministerpräsident des Altbundeslandes Niedersachsen gehört, ist Beweis genug.“
Wie wir dem „Handelsblatt“ entnehmen konnten, haben wir aber auch in unserem Land Unterstützung, eigentlich auch für unseren Antrag.
„Die 1-%-Grenze ist problematisch, weil sie uns in einen Verteilungskampf mit den neuen EU-Staaten bringen würde, den wir nicht wollen,“
so konnten wir nachlesen. Heute konnten wir von Ministerin Richstein ähnliche Worte hören. Vielen Dank für diese klare Aussage, Frau Ministerin! Es ist im Landesinteresse, dass Brandenburg sich im Sinne unseres Antrages gegenüber der Bundesregierung positioniert. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, diese Position an die Bundesregierung weiterzuleiten. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Begründung unseres Antrages hatten wir absichtlich geschrieben:
„Nach wie vor gibt es große Unterschiede in der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung der Europäischen Union, sowohl zwischen den Mitgliedsstaaten als auch zwischen den Regionen, darunter auch innerhalb einzelner Mitgliedsstaaten.“
Genau darum geht es, Herr Lenz. Ich muss auch noch einmal ganz konkret sagen: Uns geht es nicht darum, mit unserem Antrag eine höhere Verschuldung der Bundesrepublik herbeizuführen. Es geht uns um die Erledigung der eigenen Hausaufgaben. Deshalb war unser Blick nicht so sehr auf Brüssel gerichtet nach dem Motto: „Sie geben uns zu wenig“, sondern es ging darum, in unserer Bundesrepublik zu schauen, wo denn eigentlich diejenigen sind, die uns bisher wenig Geld zur Verfügung gestellt haben. Die Bundesregierung hat zurzeit zum Beispiel für das Thema Grenzregion überhaupt keinen Nerv. Sie ist in dieser Beziehung nicht sensibel genug, obwohl wir aus dem Land Brandenburg dazu mehrfach Dinge gefordert haben.
Deshalb also ist die Frage, was die Ausweitung des Beitrages betrifft, natürlich ein Problem, dem wir uns jedes Mal aufs Neue stellen müssen. Aber erinnern Sie sich bitte, wie oft ich hier vorn stand und Sie bat, mit mir gemeinsam einen Antrag zu formulieren oder zu unterschreiben, der sich mit der Bitte an die Bundesregierung wendet, die aus Brüssel zurückfließenden Mittel doch endlich einmal in den Regionen einzusetzen, die es am allernötigsten haben, nämlich in den strukturell unterentwickelten. Strukturpolitik ist nötig. Das ist das, was dahinter
steht. Es geht nicht so sehr um den statistischen Effekt im Allgemeinen. Es ist uns bekannt, dass er - so oder so - eintreten wird.
Wenn die Bundesregierung für ausgefallene EU-Gelder eintreten würde, dann hätten sich manche Probleme hier von selbst erledigt. Deshalb sollte heute eigentlich ein klares Signal von diesem Landtag an die Bundesregierung und an den Bundeskanzler persönlich gehen. Wir sollten ihn gemeinsam auffordern: Entziehen Sie mit der Forderung nach Absenkung des Haushaltsrahmens der EU der Entwicklung in den neuen Bundesländern nicht den Boden! - Dazu fehlt Ihnen leider der Mut. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich erübrigt es sich fast, heute hier zu diesem Thema zu reden, weil ich seit gestern weiß, dass nach Meinung von Herrn Klein aus der SPD-Fraktion dieser Antrag einfach abgelehnt werden müsse, weil so etwas, wenn ich den Zeitungsbericht richtig verstanden habe, im Grundgesetz nicht vorgesehen sei.
Dazu muss ich Sie, Herr Klein, darauf hinweisen, dass in Artikel 29 des Grundgesetzes Volksabstimmungen sehr wohl vorgesehen sind. Zwar wollen auch wir erreichen, dass bestimmte Formalien im Grundgesetz geändert werden; im Unterschied zu Ihnen sind wir aber der Meinung, dass die Möglichkeiten dazu bereits bestehen. Wir sollten das also gemeinsam nachlesen. Ich weiß natürlich nicht, ob dieser Gedanke dazu beiträgt, Sie heute hier umzustimmen.
- Richtig, Herr Klein. An den haben wir uns auch ganz stark angelehnt.
Unser Anliegen ist eigentlich einfach und überschaubar. Der EU-Beitritt der mittel- und osteuropäischen Länder rückt immer näher. Hiobsbotschaften der Art, wie sie heute in manchen Zeitungen zu lesen sind, nach denen die EU die Osthilfen kürzen wolle und Ähnliches, tragen nicht unbedingt dazu bei, dass die Bürgerinnen und Bürger der Erweiterung der Europäischen Union oder Europa überhaupt aufgeschlossen gegenüberstehen.
Deshalb wollen wir, dass die Bürger der Bundesrepublik Deutschland, ähnlich wie die Bürger einer ganzen Reihe anderer Mitgliedsstaaten, die Möglichkeit erhalten, in einem Volksentscheid ihr Votum zu einer europäischen Verfassung abzugeben. Dazu soll gemäß unserem Antrag die Landesregierung eine Bundesratsinitiative starten.
Natürlich weiß ich, dass das so einfach, wie wir uns das vorstellen, für Sie schon lange nicht ist, für die einen - hiermit spreche ich die CDU an -, weil sie sich prinzipiell gegen Volksentscheide ausgesprochen haben, und für die SPD-Genossen, weil der Kanzler bereits sein Njet gesprochen hat. Warum er das getan hat, wird sicherlich sein Geheimnis bleiben.
Mir scheint, dass für beide Parteien in Brandenburg ein zusätzliches Trauma besteht, nämlich das des Volksentscheids über den Staatsvertrag zur Neugliederung der Länder Berlin und Brandenburg, kurz „Fusionsabstimmung“ genannt. Wie Sie sich sicherlich erinnern werden, hatten es SPD und CDU trotz einer großen Koalition nicht vermocht, die Bürger vor dieser Abstimmung von einer anderen, wie sie damals meinten, guten Idee zu überzeugen. Anders war es vier Jahre zuvor, wie Sie sich sicherlich auch noch erinnern können, als sich fast alle an der Abstimmung Teilnehmenden für die Verfassung des demokratischen Brandenburg ausgesprochen haben.
- Auch bei den Kommunalwahlen, Herr Klein, betrug die Beteiligung weniger als 50 %. - Damit bin ich bei dem Sinn, den speziell jene Referenden haben, bei denen Regierungen oder Parlamente dem Volk eine Frage zur Abstimmung vorlegen. Hierbei geht es in der Regel um grundsätzliche Fragen. Deshalb trifft die letztendliche Entscheidung nicht das Parlament, sondern das Volk, der Souverän. Während bei sonstigen Volksentscheiden eine bestimmte Gruppe außerhalb des Parlaments die Mehrheit der Bevölkerung von der Richtigkeit des Anliegens überzeugen muss, liegt die betreffende Aufgabe in diesem Fall bei einer Regierungsmehrheit.
Sie muss eine Mehrheit der Stimmbürger von der Richtigkeit des Ansatzes überzeugen.
In den anderen Mitgliedsstaaten der EU, aber auch im so genannten alten Europa ist so etwas nichts Besonderes. So haben in fast allen Kandidatenländern im ersten Halbjahr 2003 Referenden über die Mitgliedschaft in der EU stattgefunden. Referenden gehören in den gern als postkommunistisch bezeichneten Staaten zur demokratischen Kultur, die sich mit der politischen Wende im Jahre 1989 herausgebildet hat. Auch Dänemark, Frankreich, Irland, Portugal und Spanien haben jetzt bekanntlich Referenden zu einer europäischen Verfassung angekündigt.
Anders ist es in der Bundesrepublik, die in der Frage der direkten Demokratie immer noch auf dem Stand von 1949 verharrt, die sozusagen ein direktdemokratisches Entwicklungsland ist. Die Erfahrung der friedlichen Revolution in der DDR wie auch des Verfassungsentwurfs des Runden Tisches wurden ebenso wenig aufgenommen wie die positiven Erfahrungen, die zwischenzeitlich in fast allen Bundesländern dieser Republik mit Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden sowie mit direkter Demokratie auf kommunaler Ebene gesammelt wurden.
Sie werden möglicherweise entgegnen: Was heißt hier „positive Erfahrungen“? Es kommt immer darauf an, auf welcher Seite man steht, ob man Befürworter oder Gegner eines konkreten Anliegens ist. - Ich sehe das insgesamt etwas anders. Ich bin der festen Überzeugung: Wenn sich Bürgerinnen und Bürger, egal, auf welcher Seite sie stehen, in einer großen Zahl in einen Diskussionsprozess einbringen, in dem über die wirklich entscheidenden Fragen der Entwicklung eines Gemeinwesens gesprochen wird, dann gewinnt die Demokratie, dann gewinnt die Gesellschaft als Ganzes.
Die Europäische Union steht vor einer historischen Richtungsentscheidung: Betritt das wirtschaftliche erstarkte Europa als weltweit agierende Militärmacht die internationale Bühne oder schlägt es den Kurs auf eine soziale, demokratische und friedliche Entwicklung ein? Für die Beantwortung dieser Frage stellt eine europäische Verfassung wichtige Weichen. Über viele Monate bemühten sich Vertreter der alten und der neuen Mitgliedsstaaten, im Verfassungskonvent eine zeitgemäße Verfassungsgrundlage für die neue, für die größer gewordene europäische Staatengemeinschaft zu formulieren. Hinsichtlich des Ergebnisses gibt es unterschiedliche Auffassungen, was bei einem so komplexen Gegenstand wie einer Verfassung auch nicht anders sein kann. Aber gerade weil es um eine grundsätzliche Frage geht, sollten die Vertreter der Parlamente und Regierungen nicht nur ihrer eigenen Sicht trauen, sondern auch die Bevölkerung ihrer Länder befragen.
Worum geht es im Einzelnen? Bezogen auf die Wirtschaftsund Sozialpolitik gibt es hier vor allem eine Frage: Wie bewerten die Bürgerinnen und Bürger die in der Verfassung formulierten Grundwerte und Ziele der Union im Verhältnis zu jenen Bestimmungen, die im dritten Teil der Verfassung enthalten sind? Werden ausgehend von diesen Bestimmungen die neoliberale Ausrichtung des Binnenmarkts mit dem Grundsatz der
offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb und das Maastricht-Konzept der Wirtschafts- und Währungsunion vorherrschend sein oder sind mit der Verfassung tatsächlich Fortschritte hin zu einem sozialen Europa möglich?
Hier geht es auch um die verfassungsmäßigen Grundlagen für die öffentliche Daseinsvorsorge, über die wir hier bereits mehrfach gesprochen haben.
Zweitens: Im Zuge der Vertiefung der europäischen Integration und der Erweiterung der EU auf 25 Staaten verlieren die einzelnen Mitgliedsländer, vor allem die kleineren, an Gewicht. Im Rat werden immer mehr Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit getroffen. Nach dem Verfassungsentwurf soll dieses Verfahren der Abstimmung zukünftig zur generellen Regel werden. Damit entfällt zugleich die bisher vorhandene Möglichkeit für das einzelne Mitgliedsland, als letztes Mittel ein Veto einzulegen.
Auch der einzelstaatliche Einfluss auf die Kommission wird nach den Vorstellungen des Verfassungskonvents zurückgehen. Die Kontroll- und Mitspracherechte der nationalen Parlamente werden nach dem Vorschlag nur unwesentlich gestärkt. So ist das vorgeschlagene Verfahren zur Subsidiaritätskontrolle durch die nationalen Parlamente aufgrund extrem kurzer Einspruchsfristen von nur sechs Wochen - ich wiederhole: sechs Wochen und der erforderlichen großen Anzahl von neun gleichzeitig Einspruch einlegenden nationalen Parlamenten faktisch kaum anwendbar. Man muss auch bedenken: Selbst für die Bundesrepublik als einem sehr großen Mitgliedsland ist das eine Frage, die bald öffentlich diskutiert werden sollte.
Drittens - Stichwort „Demokratisierung der Europäischen Union“ -: Zweifelsohne wurde eine Reihe von positiven Momenten in den Verfassungsvertrag aufgenommen. Die Aufnahme der Grundrechtecharta in verbindliches europäisches Recht, die Verankerung einer Kompetenzabgrenzung zwischen der europäischen und der nationalen Ebene sowie die Einführung - hört, hört! - europäischer Bürgerbegehren sind hier zu erwähnen.
Ja, bitte.
Nein, lieber Kollege, das ist im Moment noch nicht entschieden. Unabhängig davon habe ich nicht nur negative Dinge be
nannt, sondern - wenn Sie einmal im Protokoll nachlesen wollen - sage auch, was mir an dieser Verfassung sehr gefällt, sowohl persönlich als auch... Dabei befinde ich mich in Übereinstimmung mit Mitgliedern meiner Partei.
Aber da ich kritisch herangehe, setze ich das auch bei jedem anderen voraus, der in Zukunft mit einer solchen Verfassung leben will oder leben muss. Das ist für mich völlig normal.
Allerdings sollten die Bürgerinnen und Bürger schon mit entscheiden, ob die im Wesentlichen nicht geänderte Gewaltenteilung auf europäischer Ebene, ein in seinen Rechten immer noch erheblich eingeschränktes Europäisches Parlament, das einer nach wie vor starken Europäischen Kommission und den Gremien der Staats- und Regierungschefs gegenübersteht, ihren Vorstellungen von einem Europa des 21. Jahrhunderts entspricht.
Viertens und letztens schließlich zur neuen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik: Auch hier steht die Frage, ob die mit dem Verfassungsvertrag vorgegebene Linie, die einen großen Schritt in Richtung der weiteren Militarisierung Europas bedeutet, eine Mehrheit in Europa findet.
Bei der europäischen Verfassung geht es kurzum um Inhalte, Grenzen, Organisation und Verteilung politischer Macht. Das ist keine Frage, die allein von den Parlamenten und den im Bundesrat vertretenen Landesregierungen entschieden werden kann.
Lassen Sie uns gemeinsam aus der geringen Wahlbeteiligung bei den Kommunalwahlen lernen! Lassen Sie uns etwas tun gegen die zu erwartende Wahlverweigerung bei den Europawahlen! Leisten Sie Ihren Beitrag, damit sich die Brandenburgerinnen und Brandenburger ihre Meinung zur europäischen Verfassung bilden und ihr Votum zur Verfassung abgeben können! Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrter Kollege Habermann, das Leben ändert sich mit der EU-Osterweiterung vor allen Dingen auch für die Menschen im Land Brandenburg. Das ist eine unumstößliche Tatsache und es ist sicherlich auch wichtig und richtig, dass wir uns hier gemeinsam in die Pflicht nehmen und sagen: Neben den großen Worten, dass wir aufgrund der EU-Außengrenze fast zum Mittelpunkt Europas werden bzw. in die Mitte Europas hineinwachsen, ist es genauso wichtig und richtig, kleine Taten zu vollbringen und viele Antworten auf immer wiederkehrende Fragen der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zu geben.
Mit Blick auf die bevorstehende Erweiterung der EU würde sich meine Fraktion wünschen, dass die damit zusammenhängenden Fragen, egal, ob es die Infrastruktur oder die Bereitstellung von Wohnungen ist, ob es die deutsch-polnischen Schulprojekte sind, ob es die wirtschaftliche Zusammenarbeit oder der gemeinsame Katastrophenschutz ist, regelmäßig Gegenstand der Diskussion im Parlament und in seinen Ausschüssen und vor allen Dingen auch in der Kooperation mit den Partnerausschüssen in Berlin sind; denn im Zusammenhang mit den Regionen innerhalb eines geeinten Europas sind wir, BerlinBrandenburg und das Lebuser Land, natürlich eine Region.
Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal auf eine Initiative aus unseren Reihen verweisen. Der Initiative von drei Lausitzer Abgeordneten ist es zu verdanken, dass sich der Landtag seit mehr als einem Jahr immer wieder mit einem Thema beschäftigt, das auch Bürgerinnen und Bürger vor Ort, konkret: an der Grenze, beschäftigt. Ich spreche vom Stau an dem Grenzübergang Guben. Ich habe den Eindruck, dass nach langem, langem Zögern vielleicht nun endlich auch die Regierung verstanden hat, dass sich Parlamentarier nicht mit einfachen Antworten oder mit Antworten, die immer wieder Vertröstungen in sich bergen, zufrieden geben. Ich sähe es schon als einen sehr wichtigen Beitrag an, wenn uns das auch an anderen Stellen gelänge.
Aber, Kollege Habermann, ich gebe zu: Nachdem ich Ihren Antrag zu der heutigen Aktuellen Stunde gelesen und auch jetzt Ihre Rede gehört habe, war bzw. ist mir nicht richtig klar, was der aktuelle Anlass ist, um genau über dieses Thema zu reden. In der Überschrift heißt es: „Brandenburg vor der EU-Erweiterung“, in der Antragsbegründung hingegen fordern Sie eine Aussprache über die Erweiterung der Europäischen Union
und über die Zukunft des Europäischen Verfassungskonvents. Nun könnte man getrost sagen: Lasst alle Blumen blühen! Da aber der Präsident keinen Widerspruch gegen Ihre Antragsabfassung eingelegt hat, bietet sich auch für unsere Fraktion die Möglichkeit, in diesem Zusammenhang über mehrere Dinge zu sprechen.
Natürlich begrüßt die PDS-Fraktion - das haben wir hier schon mehrfach zum Ausdruck gebracht - den positiven Ausgang der Referenden in unserem Nachbarland Polen und auch in Tschechien, in denen bisher Volksabstimmungen über den EU-Beitritt stattgefunden haben. Sie werden sich sicherlich daran erinnern, dass wir prinzipiell auch eine positive Haltung zu Referenden eingenommen haben. Schon in Vorbereitung der EuroEinführung haben wir darum gerungen und es wäre für unser Land, für unsere Bundesrepublik nicht unbedingt von Schaden, wenn es uns gelänge, im Zusammenhang mit dem Verfassungsentwurf für Europa zu einem Referendum auch in der Bundesrepublik zu kommen.
Aber zurück zu Brandenburg. SPD, CDU und PDS in diesem Landtag haben in konstruktiv-kritischer Zusammenarbeit mit den Landesregierungen seit der Aufnahmeerklärung der EU vor rund zehn Jahren viel getan, um die betreffenden Prozesse in Brandenburg zu unterstützen. Dabei - das möchte ich in Erinnerung rufen - zeigen aber auch die Abstimmungsergebnisse in den Beitrittsländern deutlich, wie groß die Probleme sind, die noch immer vor uns stehen. Die Ängste, die Menschen in den Beitrittsländern bewegten, mit Nein zu stimmen oder gar nicht zur Abstimmung zu gehen, müssen auch wir sehr ernst nehmen.
Auch in den neuen Bundesländern gibt es, wie die jüngste Umfrage des Leipziger Instituts für Marktwirtschaft ausweist, große Skepsis gegenüber der Osterweiterung der EU. Eine Mehrheit von 60 % der Ostdeutschen sieht der Erweiterung mit Sorge entgegen. Auch im Land Brandenburg, in dem die geringste Zahl an Gegnern wohnt, sind es immerhin noch 51 %.
Wir in Ostdeutschland sind in den vergangenen 13 Jahren durch die schwere Schule der Transformation von einer planwirtschaftlichen hin zu einer marktwirtschaftlichen Ordnung gegangen. Die Erfahrungen aus dieser „Transformationsschule“ sind bei unseren Partnern in den Beitrittsländern gefragt und bisher auch dankbar angenommen worden. In vielen Gesprächen in Polen oder auch im Europaausschuss konnten wir uns davon überzeugen. Aber genauso wichtig erscheint mir, dass auch wir im Prozess der Vermittlung unserer Erfahrungen in Polen oder in anderen Ländern sehr viel dazugelernt haben.
Etwas anders scheint es um die Nutzung der spezifischen Erfahrungen von Mitarbeitern bestellt zu sein, die für das Land Brandenburg kurz- oder langfristig so genannte Entwicklungshilfe in den Beitrittsländern gegeben haben. Hinsichtlich der nationalen Experten Brandenburgs bei der Kommission hat der Europaausschuss wiederholt gefordert, dass die zurückkehrenden Experten entsprechend ihrer in Brüssel erworbenen Qualifikation eingesetzt werden. Leider mussten wir nun feststellen, dass die Spitze der Brandenburger Landesverwaltung offensichtlich der Auffassung ist, auch auf den Sachverstand von hoch motivierten und hoch qualifizierten Experten in Brandenburger Twinning-Projekten verzichten zu können. Dieser Fra
ge, Herr stellvertretender Ministerpräsident, sollte sich vielleicht auch einmal das Kabinett annehmen. Es reicht in meinen Augen nicht aus, wenn man in Zielona Góra den entsprechenden Mitarbeitern Dank ausspricht und sie dann hier im Land mit völlig anderen Aufgaben betraut.
Zu einem zweiten Problem, der finanziellen Unterstützung für die deutsch-polnische Grenzregion. Ich bin sehr gespannt, was uns die Landesregierung im Herbst, wenn sie den nächsten Haushalt vorlegt, an Vorschlägen zur Unterstützung speziell der Grenzregion vorlegen wird. Unsere Position ist bekannt. Wir fordern nach wie vor ein Sonderprogramm des Bundes für die Grenzregion.
Wir haben mehrfach unterstrichen, dass wir gleichzeitig das Geld dazu liefern können. 1,5 Milliarden Euro weniger muss Deutschland an die EU zahlen. Dieses Geld war aber im Haushalt des Bundes eingeplant. Nun frage ich mich: Wohin verschwindet dieses dort eingeplante Geld? - In das große Haushaltsloch oder in die große Schatulle von Herrn Eichel. Trotzdem wäre es überlegenswert, tatsächlich zu sagen: „Das Geld wird dafür eingesetzt, wofür es ursprünglich einmal geplant war.“, oder ich muss die gesamte Planung des Haushalts auf Bundesebene infrage stellen.
Ich gehe - drittens - nach wie vor davon aus, dass auch die Entwicklung hin zu einer gemeinsamen Wirtschaftsregion - zugegebenermaßen - ein sehr schwieriges Unterfangen ist. Aber da haben wir schon unsere Erfahrungen, und zwar sowohl mit Polen als auch mit den benachbarten Bundesländern. Dennoch ist in den vergangenen Jahren dort manches gewachsen, was man nicht ohne Not aufgeben sollte. Nun werden Sie sagen: Wir haben eine Notsituation und da muss man sich, wie man so schön sagt, von Liebgewordenem trennen. - Wohl wahr, aber wenn ich an das denke, was zum Beispiel die Deutsch-Polnische Wirtschaftsfördergesellschaft im letzten Jahrzehnt gerade für Brandenburger Unternehmen geleistet hat, dann sind mir die Antworten aus dem Wirtschaftsministerium über den Fortbestand der Deutsch-Polnischen Wirtschaftsfördergesellschaft in der letzten Ausschusssitzung doch etwas zu schnell formuliert.
Ehe man sich von einer solchen Einrichtung trennt, die anerkannte Arbeit für kleine und mittelständische Unternehmen vor allen Dingen auch aus Brandenburg geleistet hat, müsste man doch erst einmal sagen, wer dann, wenn diese Einrichtung nicht mehr da ist, in gleicher Qualität, mit ähnlicher Förderung die betreffenden Aufgaben erfüllen kann. Diese Frage ist bisher nicht beantwortet. Ich gehe davon aus, dass hier noch nicht das letzte Wort gesprochen sein darf; denn die kleinen und mittelständischen Unternehmen in Brandenburg brauchen auch nach dem Beitritt - und gerade dann - große Unterstützung, wie sie sie bisher durch die Deutsch-Polnische Wirtschaftsfördergesellschaft auch erhalten.
Ein letzter Punkt: Meine Fraktion würde es sehr begrüßen, wenn von den demokratischen Parteien dieses Landtages heute ein unzweideutiges Ja zur Mitgliedschaft Tschechiens in der Europäischen Union gesprochen würde. Nach der Ablehnung der Mitgliedschaft Tschechiens durch Abgeordnete der CDU und der CSU im Europäischen Parlament, nach der Rede des
bayerischen Ministerpräsidenten, die er auf dem Sudetendeutschen Tag zur Eröffnung des Landtagswahlkampfes gehalten hat, und nach dem Beschluss des Bundesrates vom vergangenen Freitag wäre es angebracht, dass sich dieses Parlament auf den Boden der deutsch-tschechischen Erklärung von 1997 begäbe - einer Erklärung, die auf tschechischer Seite vom heutigen Staatspräsidenten Klaus und auf deutscher Seite durch den damaligen CDU-Vorsitzenden Helmut Kohl unterschrieben wurde. Schon damals wurde die „nationalsozialistische Gewaltpolitik“ als eine Ursache der Vertreibung benannt. Beide Seiten haben aber zugleich erklärt, dass sie weiterhin rechtlich unterschiedliche Standpunkte einnähmen, die Haltung der jeweils anderen Seite jedoch respektierten. Das wäre auch für uns eine Grundlage, auf der wir unsere Politik gegenüber der Tschechischen Republik weiterhin betreiben könnten. - Ich bedanke mich.
Herr Minister, haben die Pilotprojekte, von denen Sie sprachen, wirklich eine Entwicklungschance oder kann es ihnen unter Umständen so gehen wie zurzeit den deutsch-polnischen Schulprojekten, die im Grunde genommen fast vor dem Aus stehen?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Sonderprogramm des Bundes - Herr Schippel, Sie müssen darauf achten, sonst kommen Ihre Zwischenrufe nicht günstig - für die Grenzregion zu Polen und Tschechien ist überfällig. Die PDS-Fraktion hat sich deshalb entschlossen - wir wollen das in die Beratungen zum Nachtragshaushalt 2003 eingebettet wissen -, einen Antrag einzubringen, in dessen Folge der Landtag die
Landesregierung auffordern soll, sich bei der Bundesregierung für ein Sonderprogramm für die Entwicklung der deutsch-polnischen und der deutsch-tschechischen Grenzregion einzusetzen.
Bereits vor zwei Jahren hat die PDS-Fraktion, wie Sie sich sicherlich erinnern werden, einen etwa gleich lautenden Antrag gestellt. Dieser Antrag wurde damals von der großen Koalition mit ziemlich fadenscheinigen Argumenten abgelehnt. Die SPDFraktion hoffte damals noch auf das Aktionsprogramm der Europäischen Union. Der Koalitionspartner CDU beugte sich der Koalitionsräson und meinte, Rot-Grün werde natürlich schon zusammen mit der Bundes-CDU ein solches Programm auf den Weg bringen.
Inzwischen sind zwei wertvolle Jahre der Vorbereitung der Grenzregion auf die Osterweiterung vergangen, ein Programm des Bundes zur Stärkung des Zusammenwachsens der deutschpolnischen und der deutsch-tschechischen Grenzregion und zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit gibt es aber noch immer nicht.
Aus dem Aktionsprogramm der EU flossen nach Angaben des Europaministeriums vom Dezember bisher nur 3 Millionen Euro nach Brandenburg. Das Land selbst hat zwar zwei wohl formulierte Erweiterungsberichte, aber meiner Meinung nach kaum Geld, um die darin genannten Maßnahmen umzusetzen. Angesichts der extremen Haushaltslage des Landes Brandenburg, die gestern und heute auch hier im Landtag zur Diskussion stand, ist es meiner Meinung nach höchste Zeit, neben eigenen Konsolidierungsanstrengungen auch die Verantwortung des Bundes für die deutsch-polnische Grenzregion klar einzufordern.
Eine Finanzierung für ein solches Sonderprogramm gibt es. Nach Angaben der zuständigen EU-Kommissarin Schreyer wurden im Haushaltsjahr 2002 Mittel des EU-Haushalts in Höhe von rund 7 Milliarden Euro nicht verausgabt. Unter Einbeziehung dieser Mittel verschwanden seit Beginn der Förderperiode für die EU-Beiträge geplante Ausgaben des Bundeshaushalts in Höhe von rund 8 Milliarden Euro sang- und klanglos in Herrn Eichels Kassen. Der Hauptgrund dafür ist, dass EUFörderprogramme nicht in dem Maße abgerufen wurden, wie es der Bundestag geplant hatte. Daran hat, wie wir wissen, auch Brandenburg seinen Anteil.
Nach Auffassung der PDS-Fraktion sollten diese vor allem für benachteiligte Gebiete und Branchen bestimmten Mittel nunmehr tatsächlich gezielt für strukturschwache Gebiete in der Bundesrepublik, also auch für die Entwicklung der deutschpolnischen und der deutsch-tschechischen Grenzregion, eingesetzt werden.
Ich appelliere an die Koalitionsfraktionen: Formulieren Sie hier und heute endlich klar die Verantwortung des Bundes für die Grenzregion! Fordern Sie im Interesse unserer Grenzregion endlich das finanzielle Engagement des Bundes! Wenn Sie wollen, dann liefern wir Ihnen in der folgenden Debatte gern noch einmal eine Vorlage. Hüpfen Sie mit einem Entschließungsantrag auf unseren Antrag! Auch diese Möglichkeit kann ja überlegt werden.
Dass der Handlungsdruck in und für die Grenzregion groß ist, zeigen die bescheidenen Antworten auf die Große Anfrage der PDS-Fraktion zur Entwicklung der deutsch-polnischen Grenz
region. Brandenburg wird diese Probleme nicht allein schultern können.
Die EU hingegen wird - durchaus zu Recht - weiterhin darauf verweisen, dass Brandenburg auch im Jahre 2002 nicht einmal die Mittel, die zur Verfügung standen, ausgeschöpft hat. - Ich danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ehrt mich, wenn Sie den Antrag löblich finden, sie lehnen ihn aber trotzdem ab.
Ich gehe einmal davon aus, Dr. Wiebke, dass wir zu dem, was den Bundeshaushalt betrifft, sicherlich keine sehr abweichende Meinung haben. Nur müssen wir dann auch ganz klipp und klar sagen, dass dieses Geld nur genommen wird, um die Nettokreditaufnahme zu senken, und dass es damit für die Grenzregion weg ist, weg ist für den eigentlichen Part, für den es einmal gedacht war, nämlich für die Lösung von Aufgaben innerhalb der europäischen Integration. Das ist für meine Begriffe das Wichtigste, was wir hier deutlich sagen müssen. Es befremdet mich deshalb, dass wir nicht den Mut aufbringen, das einzufordern, was dem Land Brandenburg mit einer 250 km langen Grenzregion zumindest moralisch zusteht.
Bitte.
Herr von Arnim, das Geld war im Bundeshaushalt, als dieser in Kraft getreten ist. Ich stelle deshalb die Frage: Wohin hat es sich denn nun verflüchtigt? Es ist doch da gewesen. Ist das ein Null-Summen-Spiel, was wir machen? Oder wird in den Bundeshaushalt im Grunde genommen etwas eingestellt, was nicht vorhanden ist?
Auf diese Frage kann ich eigentlich nur die Antwort geben: Ich dachte bisher immer, dass in den Bundeshaushalt tatsächlich nur
Geld eingestellt wird, das vorhanden ist, und dass wir hier nicht über Spielgeld oder andere Sachen reden.
Dr. Karsten Wiebke, es hat doch sicherlich einen Grund, wenn in den Bundeshaushalt Geld für bestimmte Aufgaben innerhalb der EU eingestellt wird. Dieses muss aber, wenn es tatsächlich nicht zu 100 % ausgegeben werden kann, trotzdem vorhanden sein, sodass man gemeinsam darüber diskutieren kann, was mit diesem Geld geschehen soll. Wie gesagt: Das Geld an sich ist doch noch da.
- Nun sagen Sie, dass es eine Minderausgabe sei. Damit kann ich mich eben nicht anfreunden und bin auch nicht der Meinung, dass es so ist. Denn wenn das Geld von vornherein für diesen Zweck geplant war, dann muss doch zumindest die Frage erlaubt sein, wo das Geld jetzt ist.
Zweitens muss auch die Frage erlaubt sein, ob wir es nicht für genau den Zweck einsetzen können, für den es ursprünglich einmal geplant war.
Ich gehe zweitens von Folgendem aus: Dabei möchte ich mich auf Herrn Speer berufen, der vor einigen Tagen erklärt haben soll, dass Brandenburg seine Haushaltsprobleme nicht mehr allein lösen könne, sondern man werde an den Bund herantreten
- ich habe gesagt, er soll das erklärt haben; haben Sie das vernommen, Herr Schippel? -, um zu erreichen, dass sich dieser in stärkerem Maße an der Finanzierung von Landesaufgaben beteiligt. Es wurde zwar versucht, wie Sie, Herr Schippel, es jetzt auch tun, diese Meldung der Agentur zu entkräften, so richtig gelungen ist das aber immer noch nicht. Nun frage ich mich: Wie ernst ist eine solche Feststellung und wie weit reicht eigentlich Ihr Mut, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie nicht einmal bezüglich im Bundeshaushalt eingeplanter Mittel eine Forderung beim Bund erheben können?
Herr Bischoff, für Sie hatte ich auch etwas zum Mitschreiben vorgesehen: Ich rede also nicht von einer zusätzlichen Verschuldung des Bundes, sondern nur davon, dass seit dem Jahr 2000 sage und schreibe 8 Milliarden Euro in Eichels Sparbüchse verschwunden sind, ohne auch nur die geringste Wirkung für
die Grenzregion zu haben. Wir in Brandenburg freuen uns Frau Ministerin Ziegler, dabei gebe ich Ihnen natürlich Recht -, wenn das Grenzlandprogramm für uns gerade einmal zusätzliche schlappe 3 Millionen Euro für das Aktionsprogramm bereitstellt.
Ich bin der Meinung, das kann es nicht sein, und deshalb war unser Versuch der, Sie über diesen Antrag zumindest zu einer solchen Initiative anzuregen. - Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Controlling für die EU-Osterweiterung wollte die Landesregierung vornehmen. Das Ergebnis liegt uns auf 60 mit großen Buchstaben und vielen Leerzeichen gefüllten Seiten vor, im Schnitt 15 Zeilen für die Antwort auf durchaus schwergewichtige Fragen. Dagegen wären Allgemeinplätze und manche Sprechblase verzichtbar gewesen. Die Kollegen der Koalitionsfraktionen werden die Antwort der Landesregierung sicherlich erneut zum Anlass nehmen, um ihre Regierung über Gebühr zu loben. Ich halte mich mit solchem Lob eher zurück, nicht, weil sich das als Abgeordnete der sozialistischen Opposition in diesem Hause so gehört, sondern weil wir eine kritischere Haltung zu den Arbeitsergebnissen der Regierung haben.
Dies gilt umso mehr für die Antwort auf eine Große Anfrage, die sich nur knapp ein Jahr vor dem Beitritt Polens zur Europäischen Union und fast zehn Jahre nach der Erklärung der EU zur Öffnung gegenüber weiteren Ländern, darunter Polen, mit der Vorbereitung der deutsch-polnischen Grenzregion auf den Beitritt beschäftigt.
Ganz bewusst haben wir jene Begrifflichkeit in die Überschrift unserer Anfrage genommen, die die Arbeitsgemeinschaft der Wirtschaftskammern entlang der Grenzen zu den mittel- und osteuropäischen EU-Beitrittsstaaten nutzte, als sie bereits im Oktober 2000 ihre Forderungen an die Europa-, Bundes- und Landespolitik formuliert hat.
Auch der PDS-Fraktion ging es bei der Fragestellung um die vorausschauende Steuerung des Erweiterungsprozesses. Dass
die Landesregierung nun sechs Monate brauchte, um das aufzuschreiben, was sie alles angeblich längst so hervorragend macht, konnten wir natürlich nicht ahnen; aber Spaß beiseite, denn die Sache ist zu ernst, als dass man darüber scherzen könnte.
Was uns nun vorliegt, belegt eines trotz aller anderweitigen Erklärungen der Landesregierung und der Erklärungen des Ministerpräsidenten vor allem eines: Ein Jahr vor dem Beitritt Polens zur EU ist die deutsch-polnische Grenzregion noch immer kein herausragender Schwerpunkt des Brandenburger Regierungshandelns.
In Forderungen gegenüber Brüssel sind Sie geübt. Die Lücken und die Defizite bei der Vorbereitung der Grenzregion auf die Osterweiterung werden vor allem auf die zu geringe Unterstützung der EU zurückgeführt. Die kritische Sicht auf Ihr eigenes Agieren kommt bei Ihnen meiner Meinung nach zu kurz, ganz zu schweigen von den Auswirkungen Ihrer Spar- oder - besser gesagt - Streichliste, die Ihre bisherige Projektliste für die Grenzregion faktisch zur Disposition stellt. Nur 46,5 Millionen Euro im 1. Halbjahr für die Grenzregion zur Umsetzung des Programms im zweiten Erweiterungsbericht bei einem Haushalt von fast 10 Milliarden Euro ist doch arg wenig, oder? Dass die Regierung diese Fakten nicht selbstkritisch reflektiert, spricht für sich.
In die Kategorie Finanzen gehört auch Ihr Agieren oder - besser gesagt - Ihr Nichtagieren gegenüber dem Bund. Auf die Frage, welche Initiativen Brandenburg gegenüber dem Bund gestartet hat, haben Sie nicht geantwortet. Keine Antwort ist vielleicht auch eine Antwort, vor allem dann, wenn es um ein Sonderprogramm des Bundes für die Grenzregion oder um die finanziellen Rahmenbedingungen des Landes aufgrund der Förderpolitik nach 2006 geht.
Gestern erfuhren wir von der Finanzministerin, dass sich die Landesregierung bis zum 30. April dieses Jahres zur Förderpolitik gegenüber Brüssel äußern werde. Das geschieht wieder am Landtag vorbei, wie schon beim unsäglichen Beschluss der Landesregierung zur Zweiteilung des Landes nach 2006 praktiziert. Das ist also Ihre Vorstellung von Demokratie. Andere Landesregierungen - ich verweise dabei auf Rot-Rot in Berlin gehen anders heran. Dort gibt es Positionspapiere der Landesregierung, die dem Parlament und der Öffentlichkeit übergeben werden.
Man muss angesichts der von Ihnen verursachten Verschuldung des Landes in Höhe von 15 Milliarden Euro und des Defizits im Haushalt 2003 in Höhe von 1,3 Milliarden Euro schon über die Effizienz des Einsatzes vorhandener Mittel, wie ihn die Landesregierung praktiziert, sprechen. Trotz dieser Haushaltsprobleme ist immer noch Platz für Prestigeobjekte einzelner Minister und für unzählige Arbeitsberatungen, die aber leider zu keinen oder zu nur geringen Ergebnissen führen. Ich will mich auf einige Fragen beschränken.
Ich weiß gar nicht, wie oft ich in den Medien gehört habe, dass Brandenburg und Lubuskie eine gemeinsame Arbeitsmarktstrategie erarbeiten. Als uns das damals verkündet wurde, ist Kollege Ziel gerade Arbeitsminister geworden. Nun stellt sich
heraus, dass man einen Workshop veranstaltet hat, dem gerade einmal zwei Studien vorlagen. Wollen Sie so die Arbeitnehmer hier und in Polen auf die offene Grenze vorbereiten?
Es ist löblich, dass eine große Anzahl von Polizisten Polnisch lernt. Das meine ich ernst. Nur wenn die Polizisten im Rahmen dieser Lehrgänge - wie der ORB kürzlich berichtete - in eine polnische Nachbarstadt geschickt werden, um mit ihrem kargen polnischen Wortschatz unter anderem herauszubekommen, was SLD ist, dann zweifle ich sehr an der Sinnhaftigkeit solcher Sprachlehrgänge, von der Qualität einmal ganz zu schweigen.
Wortgewaltig wandte sich Herr Minister Meyer im Juni 2002 an meine Kollegin Kaiser-Nicht, die die PDS-Forderung nach einem grenzüberschreitenden Verkehrskonzept darlegte, das längst vorliegende Konzept der Regierung nun endlich einmal zu lesen. Die Hochglanzbroschüre zum integrierten Verkehrskonzept 2002 liegt zwar seit einigen Tagen vor, nur, Herr Minister Meyer, die zwei Seiten zum grenzüberschreitenden Verkehr sind noch spärlicher als die vorliegenden Antworten auf unsere Große Anfrage. Zwei Hände reichen nicht aus, um die Stellen zu zählen, an denen uns mitgeteilt wird, dass zur polnischen Seite der Grenzregion keine belastbaren Angaben vorliegen. Was heißt das? Heißt das, dass wir ins Blaue hinein planen und bauen und dass wir überhaupt nicht wissen, ob die polnische Seite zum Beispiel die Straße weiterführen will? Was muss man darunter verstehen?
- Stellen Sie mir eine Frage, dann beantworte ich sie. - Noch ernüchternder ist der Stand der drei mit riesigem PR-Aufwand der Kanzler stand höchst persönlich an der Oder - betriebenen Brückenprojekte. Peinlich, kann man dazu nur sagen.
Bezüglich des Grenzübergangs Guben/Gubinek gab es wieder einmal eine Begehung. Dieses Mal wurde sie vom Ministerpräsidenten vermittelt. Es wurden Hände geschüttelt. Das kennen wir bereits seit der Eröffnung des Übergangs. Wir kennen dieses Händeschütteln genauso wie die Probleme, denen inzwischen sogar ein Landtagsbeschluss gewidmet ist. Eine vernünftige Antwort gibt es aber immer noch nicht.
Erfreulich ist durchaus, was das Institut für Stadtentwicklung und Wohnen beim Aufbau der grenzüberschreitenden Stadtentwicklung leistet. In welchem Verhältnis steht dazu die von der Koalition geplante Auflösung des Instituts? Das müssten Sie uns ebenfalls erklären. In Ihrer Streichliste lese ich den offensichtlich ernst gemeinten Vorschlag: Auslauf der deutsch-polnischen Schulprojekte bis 2006 wegen des EU-Beitritts von Polen. Dazu kann ich nur sagen: Sie wissen nicht, was Sie tun. Warum sollen Projekte auslaufen, wenn Polen Mitglied der EU ist? Das ist, wenn man einen klaren Verstand besitzt, kaum zu fassen.
Alles in allem scheint mir die Landesregierung trotz aller europapolitischen Programme und Erweiterungsberichte keine abgestimmte Strategie zu haben, die auf diese Region des Landes gerichtet ist. Zu viel wird nebeneinander ausschließlich ressortgebunden gemacht. Bemühungen in den Regionen selbst werden nur lückenhaft zur Kenntnis genommen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an das Netzwerk der Euro-Textilregion, das mit
keinem Wort erwähnt wird. Selbst das, was die ZukunftsAgentur Brandenburg oder die LASA tun, kommt in Ihren Antworten nicht vor. Potenzielle Partner werden nicht eingebunden. An den Anfang der 90er Jahre geschaffenen Instrumenten wird festgehalten wie an etwas Heiligem. Das ist selbst dann der Fall, wenn durch Private nachweisbar mehr und bessere Ergebnisse etwa in Bezug auf die Unternehmenskooperation - erreicht werden konnten. Wettbewerbsverzerrungen infolge staatlicher Förderung werden von Ihnen - das wundert mich ganz besonders bei der CDU-Fraktion - nicht einmal thematisiert.
Die Antworten der Landesregierung werden für meine Fraktion Anlass sein, nicht nur im Europaausschuss, sondern auch in den Fachausschüssen nachzufragen. Eine weitere Große Anfrage, die man eigentlich stellen müsste, macht bei Ihrem Tempo der Beantwortung von Großen Anfragen keinen Sinn, denn dann ist Polen wirklich schon Mitglied der EU. - Ich danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Lektüre des Berichtes fragte ich mich immer wieder, was uns die Landesregierung eigentlich mitteilen wollte; das frage ich mich auch jetzt noch. Sollte mit den als Bericht getarnten fünfeinhalb Seiten den Abgeordneten einfach Nachhilfeunterricht erteilt werden? Oder wird uns hier suggeriert, es gehe um etwas ganz Neues?
Das Twinning-Programm der EU ist eine besondere Form der Verwaltungshilfe und soll die Beitrittsländer unterstützen, sich voll und ganz auf die Bedingungen der EU einzustellen und dabei - Frau Ministerin, Sie erwähnten es eben - vor allem das breite Spektrum der Fördermöglichkeiten zügig und umfassend für die eigene Entwicklung zu nutzen. Insoweit ist unsere Beteiligung eine Konsequenz aus dem europapolitischen Programm des Landes; aber das galt auch schon vor mehreren Jahren.
Unsere prinzipielle Kritik mache ich erstens daran fest, dass uns hier ein ziemlich technokratischer Bericht ohne politische Wertung vorliegt, der zudem oberflächlich ist. Ich kann im Moment nur darüber spekulieren, warum die Probleme und die Reserven, die es ganz offensichtlich gibt, „verklärt“ werden. Die Mitglieder des Europaausschusses müssten sich daran erinnern, dass wir bereits im Oktober 2000 in Bezug auf Twinning-Projekte viele der Probleme von denjenigen aufgezeigt bekamen, die in Twinning-Projekten arbeiteten. Im Bericht der Landesregierung fehlt völlig die von uns erwartete kritische Auseinandersetzung und Wertung der Twinning-Projekte, an denen Brandenburg beteiligt ist. Damit hätten wir eine analytische Basis für die künftigen Handlungsempfehlungen, die in dem jetzigen Bericht fehlen. Das ist meine entscheidende Kritik. Da Twinning-Projekte auch nach dem Beitritt neuer Länder, wie er gerade in Kopenhagen beschlossen wurde, weitergeführt werden, wären solche konkreten Handlungsempfehlungen sinnvoll gewesen. Was lesen wir darüber in Ihrem Bericht?
„Eine stärkere Konzentration auf bereits bestehende regionale Kooperationsschwerpunkte des Landes sollte angestrebt werden.“
Das sagen wir schon lange; wir versprechen uns dies eigentlich auch schon lange. Welche Konsequenzen wird die Landesregierung aber daraus ziehen? Werden die einzelnen Ressorts neue Aufträge unter diese Prämisse stellen oder wird man sich wie bisher munter auf alle möglichen Ausschreibungen bewerben?
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Frau Ministerin, dann haben Sie eben alle Ressorts gerade ermutigt, sich auf alle möglichen Ausschreibungen zu bewerben. Wie steht es in dieser Hinsicht eigentlich mit der Abstimmung zwischen den Ressorts? Ist etwa die Qualität des heute diskutierten Berichts vor allem Ausdruck des diesbezüglich erreichten Standes oder besser gesagt - des nicht erreichten Standes?
Im Bericht heißt es weiter:
„Die Landesregierung unterstützt die Beteiligung von Behörden und anderen Stellen aus ihrem Geschäftsbereich an der Durchführung von Twinning-Projekten in jeder möglichen Weise... Dabei kann auch auf jüngst in den Ruhestand getretene Beamte zurückgegriffen werden.“
Dies werte ich sehr positiv, denn über diese ehemaligen Bediensteten könnten zumindest die spezifischen Transformationserfahrungen aus Ostdeutschland den Beitrittsländern mit vermittelt werden. Allerdings sah die bisherige Praxis wohl etwas anders aus, Frau Ministerin. Uns wurde bereits im Jahr 2000 im Ausschuss berichtet, dass nur ein bis zwei Mitarbeiter an einem Twinning-Programm des Wirtschaftsministeriums aus diesem Ministerium stammten, während die anderen 18 Beteiligten in Nordrhein-Westfalen, Hessen und anderen alten Bundesländern beheimatet seien. Ich nehme wohlwollend an, dass Sie das jetzt ganz anders machen und deshalb die Erfahrungen aus der Transformation nach Ostdeutschland tatsächlich in die TwinningProjekte übernommen werden können.
Im Bericht lesen wir, insbesondere das von den Langzeitexperten gewonnene Wissen über das Partnerland sowie die Partnerverwaltung und die dortige Wirtschaft solle künftig besser genutzt werden. Es ist sicher vernünftig, das Wissen der Langzeitexperten für die Arbeit der Landesregierung insgesamt besser zu erschließen, doch Sie verschweigen exakt, was Sie konkret tun wollen. Vielmehr werden Prüfaufträge angeregt. Hier sehe ich einen Zusammenhang zum Beispiel zu den nationalen Experten; Vorlagen dazu, wie mit deren Erfahrungen umgegangen werden kann, stehen uns immer noch nicht zur Verfügung.
Das Fazit der Lektüre des Berichtes lautet: Viele Bekenntnisse, aber zu wenig konkrete Schlussfolgerungen. Deshalb haben wir per Entschließungsantrag versucht, von der Landesregierung bis zum März eine Neuvorlage zu diesen Sachverhalten zu fordern. Sie von der Koalition tun sich und diesem wichtigen Anliegen keinen Gefallen, wenn Sie diesen Antrag ablehnen. Wir brauchen eine Analyse. Angesichts der unmittelbar bevorstehenden Erweiterungen muss die Regierung auf Worte wie „hätte“, „könnte“ und „sollte“ verzichten; vielmehr sollte sie sagen, wer was bis wann verändern wird. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, ich habe an Herrn Habermann zwei Fragen. Die erste Frage: Hatten Sie mich richtig verstanden, dass ich meinen Beitrag damit begonnen hatte zu betonen, dass das TwinningProgramm der EU eine besondere Form der Verwaltungshilfe für die Beitrittsländer ist, damit sich diese auf die Bedingungen der EU einstellen können? Deshalb möchte ich, was Sie gesagt haben, etwas entkräften. Haben Sie mich diesbezüglich richtig verstanden?
Die zweite Frage: Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie die Bürgerinnen und Bürger Osteuropas in der CDU begrüßen wollen? Oder wollen Sie sie in der EU begrüßen?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche vor allen Dingen Sie, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, an und bitte Sie inständig, falls Sie es noch nicht
getan haben, sich noch einmal anzuschauen, worum es bei den vorliegenden Volksinitiativen geht.
Sozusagen als „Weiterbildung” will ich Ihnen erläutern, was Ihr Landesvorsitzender Matthias Platzeck mit unterstützt hat, der diesem Parlament zu einer Zeit angehörte, als der Begriff „direkte Demokratie” im Brandenburger Landtag noch groß geschrieben wurde.
In der Volksinitiative „Für Volksentscheide im Grundgesetz” steht nicht mehr und nicht weniger, als dass sich Brandenburg im Bundesrat für die Aufnahme von Bestimmungen über Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide in das Grundgesetz einsetzen soll.
Sie von der SPD haben sich nun, natürlich - das ist mir klar nur aus Koalitionsdisziplin, denn Sie sind ja eigentlich die wahren „Direktdemokraten”, im Hauptausschuss dazu entschlossen, diese Volksinitiative abzulehnen. Ist Ihnen eigentlich auch bekannt, dass die rot-grüne Koalition in Berlin gegenwärtig in Umsetzung des Koalitionsvertrages dabei ist, eine Initiative zur Einführung von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden auf Bundesebene vorzubereiten? Und dabei bewegt sie sich auf dem Boden nicht nur des Grundgesetzes, sondern auch eines Beschlusses des Parteivorstandes der SPD im März dieses Jahres.
Ich gehe davon aus, dass nicht nur Matthias Platzeck und Regine Hildebrandt, sondern auch der Ministerpräsident des Landes Brandenburg diesem Beschluss aus vollem Herzen zugestimmt haben. Aber ich bemerke auch seit dem SPD-Parteitag in Nürnberg: Die Haltbarkeitswerte von Parteitags- oder Parteivorstandsbeschlüssen in der SPD sind im Moment wahrscheinlich genauso viel wert wie die Wählerversprechen der SPD an einigen Stellen.
Uns liegt auch eine zweite Volksinitiative vor. Sie trägt den Titel „Für faire Abstimmungsrechte in Brandenburg”, Herr Schippel. Diese Volksinitiative ist, ausgehend von den fast zehnjährigen Erfahrungen mit unserer Landesverfassung, darauf gerichtet, dass einige der Kinderkrankheiten - nicht des Kommunismus, sondern unserer Volksgesetzgebung - geheilt werden. Entstanden noch bevor das Landesverfassungsgericht zur Zulässigkeit der Volksinitiative „Für unsere Kinder” entschieden hatte, versucht diese Volksinitiative den mit dem Urteil zweifelsohne enger gewordenen Spielraum für die Volksgesetzgebung auszufüllen. Die Initiatoren wollen die Hürden für die Volksgesetzgebung senken. Wie bei Wahlen soll auch hier das Mehrheitsprinzip gelten.
Ich weiß, dass Ihnen diese Forderung Kummer bereitet. Wenn aber ein Bürgermeister mit nur 15 % aller Wahlberechtigten gewählt wird, dann ist das in Ihren Augen rechtens. An dieser Stelle stellen sich mir natürlich Fragen.
Die Volksinitiative bleibt zum Schutz unserer Landesverfassung ausdrücklich bei speziellen Hürden für Verfassungsänderungen. Haben Sie sich das genau angeschaut und haben Sie das überhaupt gemerkt?
Von den Initiatoren wird auch angestrebt, die Rahmenbedingun
gen für den Erfolg von Volksinitiativen zu verbessern. Eine minimale, aus öffentlichen Mitteln finanzierte Öffentlichkeitsarbeit soll gewährleistet werden.
Darf ich Sie in diesem Zusammenhang noch einmal daran erinnern, dass Sie weit über 4 Millionen DM ausgegeben haben, als Sie 1996 dem brandenburgischen Steuerzahler Ihre unselige Fusionskampagne mit Berlin auf das Auge - oder besser: ins Portemonnaie - gedrückt haben?
Warum sollen Gruppen von Menschen, die in einem Volksbegehren 80 000 Brandenburger für ihr Anliegen gewonnen haben, nicht wenigstens ein paar tausend Mark für eine solide Öffentlichkeitsarbeit erhalten?
Ich will es bei der Aufzählung dieser Beispiele bewenden lassen. Jeweils fast 30 000 Brandenburgerinnen und Brandenburger haben ihre Unterschrift unter die beiden Volksinitiativen, über die wir jetzt reden, gesetzt. Nun können Sie natürlich sagen: Diese 30 000 Unterschriften interessieren uns genauso wenig wie die 150 000 Unterschriften, die für die Volksinitiative „Für unsere Kinder” geleistet wurden.
Was denken Sie eigentlich, weshalb sich Bürgerinnen und Bürger in unserem Land zunehmend nicht nur der demokratischen Mitwirkung, sondern generell der Demokratie verschließen?
Wollen Sie nicht endlich etwas gegen die geringe Wahlbeteiligung, wie wir sie erst am vergangenen Sonntag wieder erlebt haben, tun? Ich verweise nur auf Nauen, wo im ersten Wahldurchgang nur ganze 34 % der Stimmberechtigten zur Wahlurne schritten. Im südbrandenburgischen Großräschen waren es auch nur 37 %.
Mit der Ablehnung der Volksinitiativen am heutigen Tag setzen Sie mit Sicherheit das falsche Signal. Sie gefährden nicht nur die direkte Demokratie, nein, Sie treiben auch die repräsentative Demokratie in eine Legitimationskrise.
Herr Schippel, damit Sie sich jetzt ordnungsgemäß auf die Abstimmung vorbereiten können und recht viel Zeit haben, um darüber nachzudenken, wie Sie abstimmen, habe ich für meine Fraktion eine namentliche Abstimmung beantragt. - Ich bedanke mich.
Auch ich bin einverstanden, Herr Präsident. - Da sich aber meine Frage auch auf das Stammwerk, nämlich auf Hornitex und nicht nur auf die Zulieferbetriebe bezieht, möchte ich davon ausgehend, dass der Sitz Hornitex sozusagen die Zukunft und als Grundlage für die Unternehmen zu sehen ist, die Frage stellen:
Welche Maßnahmen werden bzw. sind eingeleitet, um das Beeskower Hornitex-Werk und die damit verbundenen Arbeitsplätze zu retten?
Trotzdem hat der Kreistag vor zwei Tagen Hilfsmaßnahmen und Unterstützung für das Werk beschlossen. Genau das war die Intention des Antrages der PDS-Fraktion, die so in der Presse formuliert worden ist.
Herr Minister, ich habe folgende Frage an Sie: Sie sagen - was ich akzeptiere -, dass die Landesregierung nicht für Dinge die Verantwortung übernehmen kann, die das Unternehmen zu verantworten hat. Wird der ständige Kontakt zwischen der Landesregierung und den Unternehmen in der jetzigen Art und Weise solange bestehen bleiben, bis das Unternehmen tatsächlich als gerettet angesehen werden kann?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich begrüßt meine Fraktion die Vorlage dieses ersten Berichtes der Landesregierung zur Vorbereitung des Landes auf die Erweiterung der Europäischen Union, auf welchen wir lange gewartet haben. Meine Fraktion war, wie Sie wissen, Herr Minister, besonders „lästig”: Immer wieder fragte sie nach dem Termin der Vorlage dieses Berichts. Der Beschluss des Landtages stammt bekanntermaßen bereits vom Juli des vergangenen Jahres.
Die Kollegen von SPD und CDU wird es wahrscheinlich nicht verwundern, dass wir der Mehrzahl der Aussagen in diesem Bericht zustimmen.
Ich kann namens der PDS an das anknüpfen, was ich zum Beispiel schon zu dem Papier über die vordringlichen Maßnahmen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Grenzregionen Brandenburgs gesagt habe, welches der Kommission von der Landesregierung im Mai übergeben wurde.
Trotz dieser grundsätzlichen Wertung hält sich unsere Begeisterung für das vorliegende Papier in Grenzen. Möglicherweise treffe ich mich da sogar mit Einzelnen in der Landesregierung oder in den beiden Fraktionen. Oder ist es etwa Zufall, dass sich im Titel des Berichts die ursprüngliche Aufgabenstellung des Landtages nicht wiederfindet, dass nur von Chancen und Herausforderungen gesprochen wird, obwohl, Herr Minister, Sie soeben auch von der Heranführungsstrategie sprachen? Der Landtag hatte in seinem Beschluss bekanntlich von der Landesregierung die Entwicklung einer „Heranführungsstrategie” für die besonders betroffenen Regionen und Wirtschaftszweige des Landes Brandenburg gefordert, um die Brandenburger auf die Herausforderungen der Erweiterung intensiv vorbereiten zu können. Außerdem sollte die Landesregierung eine „Informationsoffensive” zur Vermittlung dieser Heranführungsstrategie in Gang setzen, allerdings unter Berücksichtigung der im Land vorhandenen Ängste im Hinblick auf die Einführung des freien Personenverkehrs und die Gefährdung der inneren Sicherheit so im Landtagsbeschluss sinngemäß vermerkt.
Die gewisse Unvollkommenheit des Titels könnte man verschmerzen. Was ich aber besonders bedaure, ist folgender Umstand: Wir stehen mit einiger Wahrscheinlichkeit circa zwei Jahre vor der ersten Erweiterungsrunde der EU. Die demokratischen Parteien in diesem Haus gingen bisher - und tun dies wahrscheinlich weiterhin - davon aus, dass unser Nachbarland Polen zu den potenziellen Beitrittsstaaten der ersten Runde gehören wird, also der Staaten, die bis zu den Europawahlen 2004 Mitglied sein werden. Das heißt, wenn wir über eine Strategie für die Heranführung besonders betroffener Regionen sprechen, reden wir vor allem über die Periode, für die die Landesregierung dem Landtag in absehbarer Zeit den Entwurf des Landeshaushaltes 2002/2003 vorlegen wird.
Angesichts dessen, werte Kolleginnen und Kollegen der Koalition, ist für mich und meine Fraktion der Haushaltsvorbehalt,
unter den Sie Ihren gesamten Bericht stellen, doch sehr durchschaubar. Ich will nicht bestreiten, dass ein Strategiepapier der ständigen Fortschreibung bedarf, so, wie das Leben sich halt entwickelt. Herr Minister, Sie kündigten eben schon an, dass es so sein wird.
Wie Sie den von uns gestellten Anträgen entnehmen konnten, sehen wir mit Blick auf die Osterweiterung natürlich auch die Europäische Union und die Bundesrepublik mit ihrer Bundesregierung in der Verantwortung für die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Grenzregionen und des gesamten Landes. Wir bleiben selbst dann bei dieser Auffassung, wenn Sie unsere Anträge in dieser Richtung weiterhin ablehnen sollten.
Wenn Sie aber all das, was Sie richtigerweise in Ihren Bericht aufgenommen haben, von vornherein dadurch entwerten, dass Sie die Realisierung unter den Vorbehalt der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln stellen, dann stellen Sie von vornherein Ihr eigenes Arbeitsergebnis grundsätzlich infrage, zumal die Frage gestattet sein muss: Können Sie nach Abschluss der Haushaltsberatungen innerhalb der Landesregierung wirklich nicht sagen, welche der von Ihnen angesprochenen Aufgabenstellungen mit den Ihnen gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln in den Jahren 2002 und 2003 finanzierbar sind? Können Sie wirklich nicht beziffern, für die Umsetzung welcher Maßnahmen Sie ein zusätzliches finanzielles Engagement der Europäischen Union und des Bundes brauchen? Oder wollen Sie sich einfach nicht festlegen, aus welchen Gründen auch immer?
Dann stellt sich natürlich auch die Frage: Was wird, wenn die Europäische Union auf die vordringlichen Maßnahmen zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Grenzregionen und andere Forderungen aus den Grenzländern nur mit solchen Maßnahmen reagiert wie der Erhöhung der Fördersätze für transeuropäische Netze von 10 auf 20 %, die Verbesserung des Zusammenspiels von INTERREG und PHARE durch Übergang vom Territorial- zum Nutzensprinzip oder die Nutzung von Teilen der technischen Hilfe im Rahmen von INTERREG für grenzüberschreitende Kooperation, wie es sich gegenwärtig in Brüssel abzuzeichnen scheint?
Was wird, wenn aus dem von Verheugen großartig angekündigten Grenzlandprogramm eine blanke Umverteilungsnummer wird, die dem Land kaum mehr Mittel bringt, wie es zurzeit schon als Vorabmeldung in mehreren Zeitungen nachzulesen ist? Wie wollen Sie dann die vordringlichen Maßnahmen finanzieren? Welche von den im Bericht genannten Aufgabenstellungen sind dann vorrangig? Auf diese und weitere Fragen finde ich in Ihrem Papier keine Antwort, so sehr ich auch suche.
Was aber, frage ich Sie, nutzt dem Land Brandenburg und insbesondere den Menschen in der Grenzregion dann ein Wunschanbauplan der Regierung, wenn dieses Parlament, wie Sie der PDS immer wieder ins Stammbuch schreiben wollen, kein Geld beschließen kann? Meine Fraktion geht also davon aus, Herr Minister, dass die Landesregierung spätestens mit der Vorlage des Entwurfs des Landeshaushaltes entweder einen zweiten Bericht oder - wie Sie es angekündigt haben - eine Fortschreibung des Berichtes vorlegt, in dem jene Maßnahmen aufgelistet sind, die mit Mitteln des Landeshaushaltes 2002 und 2003 untersetzt sind. Dann können wir auch im Detail über die von Ihnen gewählten Prioritäten reden. - Ich bedanke mich.
Nach Äußerungen von verschiedenen Mitgliedern der Landesregierung müsse Brandenburg prüfen, ob künftig noch alle Mittel aus EU- und Bundesprogrammen durch das Land kofinanziert werden können. Diese öffentlichen Statements sind - wenn man sie als Hinweis auf die komplizierte Finanzsituation des Landes und als Auftrag zur Umsetzung strikter Sparsamkeit beim Umgang mit öffentlichen Mitteln versteht - vielleicht noch nachvollziehbar. Auf der anderen Seite rufen sie nicht nur bei denen, die künftig Anträge auf Förderung stellen wollen, sondern auch in Europas Hauptstadt Brüssel mehr als nur Verwunderung hervor. Es steht zu befürchten, dass solcherlei missverständliche Äußerungen negative Auswirkungen auf das Herangehen der Europäischen Kommission an die Förderung von Maßnahmen in Brandenburg haben könnten.